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Vorlesung „Schadenversicherungsmathematik“ · SAJ = Scandinavian Actuarial Journal MSVVM =...

Date post: 05-Aug-2019
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Vorlesung „Schadenversicherungsmathematik“ von Dr. Thomas Mack 1. Grundlagen 1.1. Allgemeines 1.1.1. Was ist Versicherung? Im Versicherungsvertrag (Police , „Risiko“) verpflichtet sich das Versicherungsunternehmen gegen Erhalt eines im voraus fälligen Geldbetrags (Prämie ), bei Eintritt von im Vertrag näher definierten ungewissen Ereignissen (Schäden ) bestimmte, in ihrer Höhe meist vom betreffenden Ereignis abhängende Zahlungen an den Vertragspartner (Versicherungsnehmer ) zu leisten, die den aus dem Ereignis resultierenden wirtschaftlichen Nachteil des Versicherungsnehmers reduzieren oder ausgleichen sollen. Kurz gesagt, das Versicherungsunternehmen übernimmt ungewisse Zahlungen gegen feste Prämie. Für den Versicherungsnehmer ist der Tausch von ungewissen Kosten gegen planbare Kosten schon ein Vorteil an sich; dazu kommt, dass ruinös hohe Schäden mit kleinen Ein- trittswahrscheinlichkeiten durch Versicherung überhaupt erst tragbar werden. 1.1.2. Überblick über die wichtigsten privaten Versicherungszweige (nach Beitragseinnahme 2004 in Deutschland in Mrd. €) 70,0 Leben (ca. 80 % Sparanteil) 26,5 Kranken 13,8 Kfz-Haftpflicht (KH) 6,6 Kfz-Vollkasko 1,7 Kfz-Teilkasko 6,5 Allg. Haftpflicht HUK (R) 6,0 Unfall 2,9 Rechtsschutz 4,4 Industrielle Sachvers. Schaden-Vers. 2,5 Gewerbliche Sachvers. 3,8 Verbundene Wohngebäude Sach 2,5 Verbundene Hausrat 1,1 sonstige Sach 1,9 Transport, Luft- und Raumfahrt 1,4 Kredit
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Vorlesung „Schadenversicherungsmathematik“ von Dr. Thomas Mack 1. Grundlagen 1.1. Allgemeines 1.1.1. Was ist Versicherung? Im Versicherungsvertrag (Police, „Risiko“) verpflichtet sich das Versicherungsunternehmen gegen Erhalt eines im voraus fälligen Geldbetrags (Prämie), bei Eintritt von im Vertrag näher definierten ungewissen Ereignissen (Schäden) bestimmte, in ihrer Höhe meist vom betreffenden Ereignis abhängende Zahlungen an den Vertragspartner (Versicherungsnehmer) zu leisten, die den aus dem Ereignis resultierenden wirtschaftlichen Nachteil des Versicherungsnehmers reduzieren oder ausgleichen sollen. Kurz gesagt, das Versicherungsunternehmen übernimmt ungewisse Zahlungen gegen feste Prämie. Für den Versicherungsnehmer ist der Tausch von ungewissen Kosten gegen planbare Kosten schon ein Vorteil an sich; dazu kommt, dass ruinös hohe Schäden mit kleinen Ein-trittswahrscheinlichkeiten durch Versicherung überhaupt erst tragbar werden. 1.1.2. Überblick über die wichtigsten privaten Versicherungszweige (nach Beitragseinnahme 2004 in Deutschland in Mrd. €) 70,0 Leben (ca. 80 % Sparanteil) 26,5 Kranken 13,8 Kfz-Haftpflicht (KH) 6,6 Kfz-Vollkasko 1,7 Kfz-Teilkasko 6,5 Allg. Haftpflicht HUK (R) 6,0 Unfall 2,9 Rechtsschutz 4,4 Industrielle Sachvers. Schaden-Vers. 2,5 Gewerbliche Sachvers. 3,8 Verbundene Wohngebäude Sach 2,5 Verbundene Hausrat 1,1 sonstige Sach 1,9 Transport, Luft- und Raumfahrt 1,4 Kredit

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1.1.3. Historisches zur Schadenversicherungsmathematik 1909 F. LUNDBERG „Zur Theorie der Rückversicherung“, TICA erfand die „Kollektive Risikotheorie“ 1926 H.CRAMER „Review of F.Lundberg“, SAJ schrieb auch „Math. Methods of Statistics” 1958 1930 F.LUNDBERG „Über die Wahrscheinlichkeitsfunktion einer Risikenmasse“, SAJ 1930 H.CRAMER „On the Mathematical Theory of Risk“, Skandia Jubilee Volume 1932 F.ESSCHER „On the Probability Function in the Collective Theory of Risk“, SAJ

1933 A.N.KOLMOGOROFF Axiomensystem

1936 P.RIEBESELL „ Einführung in die Sachversicherungsmathematik“ 1939 C.O.SEGERDAHL „On Homogeneous Random Processes and Collective Theory of

Risk“, Diss. 1940 O.LUNDBERG „On Random Processes and their Application to Sickness and

Accident Statistics“, Diss. 1948 H.AMMETER „A Generalization of the Collective Theory of Risk in /49 Regard to Fluctuating Basic Probabilities“, SAJ/MSVVM 1957 Gründung von ASTIN = Actuarial Studies in Non-life Insurance 1969 BEARD/PENTIKÄINEN/PESONEN „Risk Theory“ 1969 H.SEAL „Stochastic Theory of a Risk Business“ die ersten Lehrbücher 1970 H.BÜHLMANN „Mathematical Methods in Risk Theory“ 1978 Gründung der deutschen ASTIN-Gruppe innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Versicherungsmathematik (DGVM, 1903) 1993 Gründung der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) als echter Berufsverband mit Standesregeln etc. 1994 Deregulierung der bisher staatlichen Tarifgenehmigung in Leben und KH _____________ TICA = Transactions of the International Congress of Actuaries SAJ = Scandinavian Actuarial Journal MSVVM = Mitt. der Schweizer Vereinigung der Versicherungsmathematiker

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Bemerkungen: (1) Non-life Insurance = General Insurance = Schadenversicherung (USA) (UK) (2) Unterschied zwischen Risikotheorie und SchadenVMathematik: Versicherungsprobleme von Anwendung bekannter und neuer math. eigenständigem math. Interesse Methoden auf Versicherungsprobleme

Schadenzahlprozess Tarifkalkulation Gesamtschaden-Verteilung Schadenreservierung Ruintheorie Risikoteilung Prämienprinzipien Credibilitytheorie

(3) Aktuar (actuary) = Versicherungsmathematiker

Der actuarius im alten Rom schrieb die Senatsbeschlüsse mit. Die erste LebensVGes. Equitable Life (1762) gab ihrem chief official die Bezeichnung „actuary“.

1.1.4. Prüfung zum Aktuar DAV Vorauss.: Mathe-Studium mit Grundkenntnissen in W-Theorie und Statistik Grundwissen Finanz-M (4 SWS),

Statist. Methoden / Risikotheorie (3 SWS), Personen-VersM (4 SWS), Schaden-VersM (3 SWS) Modellierung (2 SWS), Informationsverarbeitung (1 SWS, keine Prüfung), Vers.Wirtschaftslehre (3 SWS), Rechnungslegung für Aktuare (2 SWS), Wertorientiertes Risikomanagement (3 SWS), Rechtsgrundlagen u. berufsständische Fragen (2 SWS ohne Prüfung)

Spezialwissen in demjenigen der folgenden Gebiete: LebensVM, SchadenVM, PensionsVM, KrankenVM, BausparM, FinanzM, wo man mind. 2 Jahre Praxiserfahrung hat.

Im Studium (vor dem Diplom) erworbene Scheine werden von der DAV anerkannt!

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1.1.5. Unterschied zwischen Lebensversicherung und Schadenversicherung

max. 1 Schaden pro Risiko mehrere Schäden pro Jahr möglich feste Schadenhöhe variable Schadenhöhe

=> niedrige Variabilität => hohe Variabilität

lange Policenlaufzeit kurze Policenlaufzeit (1 Jahr)

=> hohes Gewicht des Zinsertrags => niedriges Gewicht des Zinsertrags

===> Finanzmathematik ===> Stochastik 1.1.6. Stoffplan zur Vorlesung „Schadenversicherungsmathematik“ zugleich Überblick über die wichtigsten Tätigkeitsgebiete des Aktuars 1. Grundlagen 1.1. Allgemeines 1.2. Grundüberlegungen zum Versicherungsprinzip 1.3. Individuelles Modell 2. Tarifkalkulation = Berechnung der Prämie pro Risiko 2.1. Problemstellung 2.2. Ausgleichsverfahren bei mehrfacher Klassifikation 2.3. Bildung von Ausprägungsklassen pro Risikomerkmal 2.4. Auswahl der Tarifmerkmale 3. Schadenreservierung = Prognose der künftigen Schadenzahlungen 3.1. Problemstellung 3.2. Zuwachsquoten-Verfahren 3.3. Chain-Ladder-Verfahren 3.4. Kreuzklassifizierte parametrische Verfahren 3.5. Verfahren von Bornhuetter/Ferguson 4. Risikoteilung und Rückversicherung 4.1. Kollektives Modell 4.2. Formen und Gründe der Risikoteilung 4.3. Einfluss der Risikoteilung auf die Schadenvariablen 4.4. Entscheidung über Form und Umfang der Risikoteilung 5. Credibility-Modelle für Prämien und Schadenreserven 5.1. Das Poisson-Gamma-Modell zur Erstellung von Bonus-Malus-Systemen 5.2. Der verteilungsfreie Credibility-Ansatz zur Erfahrungstarifierung 5.3. Die Credibility-Modelle von Bühlmann und Bühlmann/Straub 5.4. Anwendungsbeispiele Voraussetzungen: Grundbegriffe von W-Theorie und Math. Statistik, insbesondere: Test- und Schätztheorie, Maximum-Likelihood-Theorie, Kleinste-Quadrate-Methode, bedingte Erwartungswerte

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1.1.7. Bücher von Praktikern zur Schadenversicherungsmathematik DGVM-Schriftenreihe „Angewandte Versicherungsmathematik“, Verlag Versicherungswirtschaft, Karlsruhe Heft 28: Schadenversicherungsmathematik von Th. MACK 1. Aufl. 1997, 2. Aufl. 2002, 412 Seiten, € 32,- Heft 22: Beiträge zur Credibility-Theorie, 1989, 178 Seiten Heft 19: Mathematische Verfahren der Rückversicherung, 1988, 125 Seiten Heft 18: Ausgewählte Themen der kollektiven Risikotheorie, von G.DRUDE, 1988, 230 Seiten Heft 12: Beiträge zum versicherungsmathematischen Grundwissen, 1987, 138 Seiten Hefte 12, 19, 22 sind unabh. Einzelartikel versch. Autoren HART/BUCHANAN/HOWE, Actuarial Practice of General Insurance, Institute of Actuaries of Australia, 1996 592 Seiten DAYKIN/PENTIKÄINEN/PESONEN, Practical Risk Theory for Actuaries, Chapman & Hall, London 1994, 546 Seiten, relevant insbesondere Part One = S.1-207. CASUALTY ACTUARIAL SOCIETY, Foundations of Casualty Actuarial Science, Casualty Actuarial Society, Arlington/USA 1989, 1993 und 2002, ca. 600 Seiten, unabhängige Einzelartikel verschiedener Autoren Neuauflage 2002 STRAUB, Erwin, Non-Life Insurance Mathematics, Springer, Berlin 1988, 136 Seiten. “Surveys of Actuarial Studies” Nr.1: Loss Reserving Methods, 1981, 124 Seiten Nr.2: Rate Making, 1983, 138 Seiten Nr.3: Solvency, 1986, 127 Seiten Nationale-Nederlanden, Rotterdam BEARD/PENTIKÄINEN/PESONEN, Risk Theory, 1.Auflage Methuen & Co, London 1969, 2.Auflage Chapman and Hall, London 1977, 3.Auflage Chapman and Hall, London 1984, 408 Seiten

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1.1.8. Allgemeines zur Modellbildung Ein Modell ist ein stark vereinfachtes Abbild der Realität, das in allen für das Untersuchungsziel wesentlichen Aspekten der Realität möglichst genau entsprechen soll. Realität Modell spezifizieren Daten Parameter schätzen N Daten Anpassung testen Prognose berechnen N Prognose validieren (Plausi.kontr.; Sensitivitätsprüf., Ausreißereinfluss; ...) Prognose anwenden Schwierigster Schritt: Modellspezifikation 1.1.9. Bezeichnungen P, E, Var, Cov, Sta = Var , Vko = Sta/E, Φ = Vert.Fkt. der Std.Normal-Vert. Risiko = Zufallsvariable R ≥ 0 mit 0 < E(R) < ∞, 0 < Var(R) < ∞ • (kleinste) Einheit, die Gegenstand eines V-Vertrags sein könnte • R gibt die Höhe des vom VU [unter diesem Vertrag] zu bezahlenden Jahresgesamtschadens an • Die Realisationen von R in verschiedenen Jahren werden als unabhängig angenommen. Police = Vers.Vertrag für ein oder mehrere Risiken eines VN Risikogruppe = Menge von Risiken mit ähnlichen äußeren Merkmalen („Kollektiv“) (z.B. Einfamilienhäuser in München in der Feuervers.) Portefeuille = Menge von beliebigen Risiken (z.B. alle Risiken eines VU)

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1.2. Grundüberlegungen zum Versicherungsprinzip 1.2.1. Ausgleich im Kollektiv und vers.techn. Risiko Wieso funktioniert V? Für VN ist Tausch variabler Kosten gegen fixe Kosten ein Vorteil. Aber für VU? Satz 1 vom Ausgleich im Kollektiv Für den Gesamtschaden SΙ = R1 + ... + RΙ einer Folge von iid Risiken R1, R2, ... gilt (1) II

lim Vko(S ) = 0→∞

d.h. Sta(SI) wächst bei wachsendem Kollektiv langsamer als E(SI)

(2) Ι Ι

ΙI

S - E(S )lim P > = 0E(S )→∞

⎛ ⎞∈⎜ ⎟

⎝ ⎠ für jedes ∈>0

d.h. das Überschreiten einer prozentualen Maximalabweichung vom Erwartungswert wird bei wachsendem Kollektiv immer unwahrscheinlicher.

Beweis

(1) ( )( ) ( )

( )22 1I 1

I 2 2I 1

Vko(R )Var(S ) I Var(R )Vko(S ) = = =IE(S ) I E(R )

⋅⋅

(2) ( )I II I I

I

S - E(S )P > = P S - E(S ) > E(S )E(S )

⎛ ⎞∈ ∈⋅⎜ ⎟

⎝ ⎠

I1 1

S= P - E(R ) > E(R )I

⎛ ⎞∈ ⋅⎜ ⎟⎝ ⎠

→ 0 lt. schwachem Gesetz der großen Zahlen

bzw. mit Tschebyscheff

( )

( )2II

2 2I

Vko(S )Var(S ) =E(S )

≤∈∈⋅

→ 0 nach (1)

d.h. (2) verwendet schwächere Voraussetzung. Beachte: Absolut werden die Abweichungen immer größer! (Vgl. im folgenden Beispiel die Standardabweichung, die aber langsamer wächst als der Erwartungswert) Aus bwl. Sicht ist aber die relative Abweichung relevant!

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Beispiel: I Würfel, Würfeli = Risikoi, Augensummei = Ri

I E(SI) Var(SI) Sta(SI) II

I

0,1 E(S )z =Sta(S )

⋅ 2⋅Φ(-zI) exakte P

1 3,5 6

2 2

1

3516 12n 3,5− =∑ 1,71 0,205 (0,84) 1

10 35 35012 5,40 0,648 0,517 0,522

100 350 3500/12 17,1 2,05 0,040 = 1000 3500 35000/12 54,0 6,48 1E-10 =

I I I I I

I I I

S E(S ) S E(S ) E(S )P PE(S ) Sta(S ) Sta(S )

⎛ ⎞ ⎛ ⎞− − ∈⋅> ∈ = >⎜ ⎟ ⎜ ⎟

⎝ ⎠ ⎝ ⎠

I

I

ZGWS E(S )2 Φ -Sta(S )

⎛ ⎞∈⋅⋅ ⎜ ⎟

⎝ ⎠≈

In der Realität sind die Risiken nicht iid insbes. nicht identisch verteilt (z.B. versch. große Häuser in der Feuervers.), aber auch manchmal (benachbarte Häuser in Feuer, Sturm, Erdbeben) nicht unabhängig. Definition: Eine Folge R1, R2, ... von Risiken genügt dem Ausgleich im Kollektiv, wenn für SI = R1+...+RI gilt:

Ι Ι

ΙI

S - E(S )lim P > = 0E(S )→∞

⎛ ⎞∈⎜ ⎟

⎝ ⎠ für jedes ∈>0

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Satz 2 vom Ausgleich im Kollektiv (BÜHLMANN) Eine Folge R1, R2, ... von Risiken mit i 0E(R ) 0≥ μ >

2i 0Var(R ) ≤ σ < ∞

i j 0Cov(R , R ) 0 für | i j | n≤ − > (d.h. nur endlich viele sind positiv korreliert)

genügt dem Ausgleich im Kollektiv. Beweis:

( )I I I

I I

2S - E(S ) Var(S )P >

E(S ) E(S )⎛ ⎞

∈ ≤⎜ ⎟∈⋅⎝ ⎠

(Tschebyscheff)

I

I i 0i=1

E(S ) = E(R ) μ I≥∑

I i j

i, j

Var(S ) = Cov(R , R )∑

0

0 i jj: j-i ni

max(2n +1) Cov(R ,R )≤

≤ ∑ (Weglassen nichtpositiver Summanden)

( )0

0 i jj-i ni

max(2n +1) Sta(R ) Sta(R )≤

≤ ⋅∑ („Schwarz“)

2 2

0 0 0 0i

(2n +1)σ = (2n +1)σ I≤ ∑

⇒ I I

I

20 0

22 20

S - E(S ) (2n +1)σ IP > 0E(S ) μ I

⎛ ⎞∈ ≤ →⎜ ⎟

∈⎝ ⎠

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Fazit 1. Ein gewisser Ausgleich findet also fast immer statt. Natürlich bei pos. Korrelation langsamer als bei Unabhängigkeit Ideal wären neg. korrel. Risiken, was es aber prakt. nicht gibt. 2. Im Gegensatz zum VN bleibt der Gesamtschaden S eines VU stets zufallsabhängig = variabel: - Zufallsrisiko - Schätz-, =Diagnose-, =Irrtumsrisiko vers.techn. Risiko - Änderungs-, =Prognoserisiko

Gefahr, dass S > E(S) ausfällt Zufallsrisiko = Abweichung von S gegenüber E(S)künftig bei bekannter Verteilung

Prognoserisiko = Änderung von E(S)künftig gegenüber E(S)bisher

Schätzrisiko = Abweichung von E(S) gegenüber E(S)bisher

1.2.2. Prämienkalkulation und Sicherheitskapital Seien R1, R2, ... iid Risiken. Dann gilt das starke Gesetz der großen Zahlen

1 I1I

R ... RP lim E(R ) 1 .I→∞

+ +⎛ ⎞= =⎜ ⎟⎝ ⎠

(*)

Dies lässt sich auf zweierlei Weise interpretieren. 1. R1, R2, ... sind unabh. Wdhg. (= Vers.Jahre) eines festen Risikos bei unveränderten äußeren Bedingungen (Sch.EintrittsW., monetäre Beding.). Dann besagt (*), dass die durchschnittliche Sch.Zahlung pro Jahr fast sicher gegen E(R1) konvergiert, d.h. E(R1) ist die theoretisch richtige (Jahres-)Nettoprämie = Festbetrag für die Übernahme von R1, deren wahrer Wert stets unbekannt bleibt. „Äquivalenzprinzip”

2. R1, R2, ... sind iid Risiken im gleichen Jahr. Dann ist das arithm. Mittel ∑=

I

1iiRI

1 lt. (*)

ein konsistenter Schätzer für E(R1), d.h. man kann E(R1) schätzen, indem man eine möglichst große Gruppe von wie R1 verteilten unabh. Risiken bildet und deren Durchschnittsschaden ∑ iRI

1 bildet. In der Praxis bilden die VU daher oft Gemeinschaftsstatistiken zur Schätzung von E(R1).

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Bemerkungen (1) Wenn VU zur Bezahlung des Jahres-Gesamtschadens iS R= Σ seines Portefeuilles nur die theoret. Prämie E(S) hätte, wäre VU insolvent, sobald S E(S)> (d.h. mit ca. 50% W.!). => (2) VU braucht Sicherheitskapital (Eigenkapital) c derart, dass die Insolvenz-W. ( ) ( )P S E(S) c 1 G E(S) c∈ = > + = − + „genügend klein“ ist. ( ) ( )1 P S E(S) c G E(S) c− ∈ = ≤ + = + heißt SicherheitsW.

Die Ermittlung der Gesamtschaden-Vert. G eines VU ist daher eine wichtige Aufgabe der SchVMath. (→ 4.1). Allgemeiner: bei Planungshorizont von J Jahren soll gelten

P( ( )k

j jj 1

c S E(S ) 0=

− − <∑ für mindestens ein k ≤ J) = ∈

→ Ruintheorie. In der Praxis: Berechnung mittels Simulationen (3) c sollte „risikofrei“ angelegt werden (z.B. bei 3% Zins). Da c aber dennoch unter Verlustrisiko steht (durch S), verlangt der Kapitalmarkt/Geldgeber mehr Ertrag (Zins, Dividende), z.B. 20%. => (4) Dieser Zusatzzins (von z.B. (0,2–0,03)c = 0,17c) muss von den VN erbracht werden, da sie den Schutz des Sicherheitskapitals genießen: => Sicherheits- oder Schwankungszuschlag (= Gewinnzuschlag) Beispiel: Die EU-Solvabilitäts-Richtlinien verlangen, dass (rund) c 0,23 E(S)( ) ⋅>

Der Zusatz-Zins = Schwankungszuschlag hat also die Größenordnung von 0,04 ⋅ E(S). Satz 3 (Sicherheitskapital und Schwankungszuschlag) Zur Reduktion der Insolvenzwahrscheinlichkeit auf ein vertretbares Niveau benötigt das VU ein Sicherheitskapital. Da dieses unter Verlustrisiko steht, verlangen die Geldgeber (der Kapitalmarkt) einen über dem „risikofreien“ Zins liegenden Ertrag. Dieser Zusatzzins (= Sicherheitszuschlag = Schwankungszuschlag = Gewinnzuschlag) muss von den VN erbracht werden, da sie den Schutz des Sicherheitskapitals genießen. (Wenn VU kein Sicherheitskapital aufnähme, sondern nur Schwankungszuschlag, müsste dieser viel höher sein und bei Nichtgebrauch zurückgezahlt werden.)

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Genauere Aussagen zur Größe des SiKap ermöglichen die Ungleichungen von CANTELLI:

(C1) P(X ≥ E(X) + a) ≤ 2a)X(Var)X(Var

+ für a > 0

P(X – E(X) ≥ a) ≤ P( |X – E(X)| ≥ a) ≤ 2a)X(Var (Tschebyscheff)

(C2) P(X ≥ E(X) - a) ≥ 2

2

a)X(Vara

+ für a > 0

Beweis von (C1): Sei Y:= X – E(X), σ²:= Var(Y) = Var(X), dann ist

}{ 22

2

222

2242

22

2

aY a)a()Y(Ea0

aaYE)1(E)aY(P

+σσ

=+σ

++σ=

⎟⎟

⎜⎜

⎛⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛+σ+σ

≤=≥ ≥ ,

wobei das ≤ sich durch die Fallunterscheidung in Y≥a und Y<a ergibt. Folgerungen für das Sicherheitskapital:

(1) P(SI ≥ E(SI) + c) ≤ 2I

I

c)S(Var)S(Var

+ = ε ==> )S(Var1c I

2

εε−

=

d.h. zur Einhaltung einer fest vorgegebenen Insolvenz-W ε sollte das SiKap c parallel zu Sta(SI) wachsen (gemäß Cantelli).

(2) Im iid-Fall gilt

)S(Var1c I2

εε−

= ==> )R(VarI1)Ic( i2

i εε−

= ==> I

)R(Sta1c ii ⋅

εε−

= ,

d.h. bei wachsendem Portefeuille kann der Schw.Zuschlag pro Risiko reduziert werden oder es ergibt sich eine höhere Sicherheits-W (gemäß Cantelli).

(3) Wenn alle Risiken untertarifiert sind (negativer Schw.Zuschlag), d.h. Nettoprämie bi = E(Ri) - δ, δ > 0, dann gilt im iid-Fall

P(SI ≥ E(SI) - Iδ) ≥ 1)R(VarII

I I

122

22

⎯⎯ →⎯⋅+δδ ∞→ ,

d.h. Insolvenz ist asymptotisch sicher.

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Satz 4 (Prämienkomponenten) Die Bruttoprämie besteht also aus - einem Schätzer für E(S) bzw. E(R) (der künftigen Verteilung) - dem Schwankungszuschlag - dem Betriebskostenzuschlag (Durchlaufposten ca. 20-40%) - Vers.Steuer (MWSt) Die VN sind i.a. bereit, diesen zusätzlichen Betrag zum Erwwert zu zahlen dafür, dass ihnen Unsicherheit abgenommen wird (Risikoaversion) (z.B. lieber 4.000 Euro nehmen als eine 50%-Chance auf 10.000 Euro bzw. lieber € 400 zahlen als eine 1%-Verlustchance auf € 25.000 (Auto-Kasko-Vers.)). Fazit: Die Leistung eines VU besteht also - im Erreichen eines möglichst ausgeglichenen Portefeuilles (beachte: RV!) - im Bereithalten eines möglichst hohen (optimalen! wegen Schw.Zuschlag) Sicherheitskapitals. 1.2.3. Aufteilung des Schwankungszuschlags = Sicherheitskapitals auf die einzelnen Risiken

Gegeben sei ein Portefeuille {R1, R2, ..., RI} von Risiken mit Jahresgesamtschaden S = ∑=

I

1iiR

und Sicherheitskapital c. Eine Abbildung

(I, c) → (c1, c2, ..., cI) mit ci > 0, ∑=

=I

1ii cc

heißt Kapitalallokation. Dies bewirkt automatisch auch eine Aufteilung des insgesamt erforderlichen Schwankungszuschlags auf die einzelnen Risiken.

Beispiele: E ii

E(R )c cE(S)

= ,

A ii I

jj 1

Sta(R )c cSta(R )

=

=

∑ ,

V ii I

jj 1

Var(R )c cVar(R )

=

=

∑ .

Dagegen definiert i ii i

Sta(R ) Var(R )c c bzw.c cSta(S) Var(S)

⎛ ⎞= =⎜ ⎟

⎝ ⎠ im allgemeinen keine KA,

da ic c=∑ nur für vollständig korrelierte (bzw. für unabhängige) Risiken gilt.

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Ein Teilportefeuille ist eine Teilmenge { }iR | i M I *∈ ⊂ von { }1 IR ,..., R ; es kann mit einer

Teilmenge { }M I * 1, 2, ..., I⊂ = identifiziert werden. Bezeichnungen: M i M i

i M i M

S R , c c∈ ∈

= =∑ ∑

Eine Kapitalallokation heißt stabil, wenn für jedes Teilportefeuille M ⊂ I* ( ) ( )M M MP S E(S ) c P S E(S) c≤ + ≤ ≤ + gilt, d.h. die Sicherheitswahrscheinlichkeit im Teilportefeuille ist nicht größer als die Sicherheitswahrscheinlichkeit im Gesamtportefeuille bzw. das Teilportefeuille bekommt nicht mehr Kapital zugeordnet, als es für sich allein zum Erreichen der gleichen Sicherheitswahr-scheinlichkeit wie das Gesamtportefeuille bräuchte (sonst würde sich M von I * M− lossagen wollen). Eine Kapitalallokation heißt fair, wenn für Teilportefeuilles L, M ⊂ I* mit SL, SI*-L unabhängig und SM, SI*-M unabhängig und ( ) ( )L L M MP S E(S ) x P S E(S ) x≤ + ≥ ≤ + für alle x > 0 gilt, dass cL ≤ cM, d.h. bei ungefährlicherer Gesamtschaden-Verteilung wird weniger Kapital allokiert (falls die Teilportefeuilles vom Rest unabhängig sind). Bemerkungen: (1) E

ic ist weder stabil noch fair: Sei S = R1 + R2 mit unabh. R1, R2 und R1 ~ Normal(μ,σ2), R2 ~ Normal(3μ,σ2).

Dann ist S ~ N(4μ,2σ2) und E E1 2

c 3

4 4c c c,= = und ( ) c cP S E(S) c .

Sta(S) 2⎛ ⎞ ⎛ ⎞≤ + = Φ =Φ⎜ ⎟ ⎜ ⎟σ⎝ ⎠⎝ ⎠

Aber wegen 2 22

3

4

c4 / 3

3c / 4 cP R E(R ) cSta(R ) 2σ

⎛ ⎞ ⎛ ⎞⎛ ⎞ ⎛ ⎞≤ + = Φ = Φ > Φ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟σ⎝ ⎠ ⎝ ⎠ ⎝ ⎠⎝ ⎠

ist die individuelle Sicherheitswahrscheinlichkeit von R2 größer als im Portefeuille mit R1 zusammen, so dass R2 sich allein besser stellen würde. Die KA ist also nicht stabil. Sie ist aber auch nicht fair, denn wegen

( ) ( )1 1 2 21 2

x x xP R E(R ) x P R E(R ) xSta(R ) Sta(R )

⎛ ⎞ ⎛ ⎞⎛ ⎞≤ + = Φ = Φ = Φ = ≤ +⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟σ⎝ ⎠⎝ ⎠ ⎝ ⎠

für alle x > 0 sind beide Verteilungen gleich gefährlich (und jeweils unabhängig vom Rest), aber dennoch bekommt R1 weniger Kapital allokiert als R2.

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15

(2) A Vi ic und c sind nicht fair:

Sei S = R1 + ... + R5, L = {1, 2, 3}, M = {4, 5}, R1, R2, R3 ~ N(μ,σ2) unabhängig => SL ~ N(3μ,3σ2), R4, R5 ~ N(μ,σ2) vollständig korreliert und unabhängig von R1, R2, R3 => SM ~ N(2μ,4σ2).

Dann ist A V A VL L M M

3 2

5 5c c c, c c c= = = = ,

obwohl ( )L LL

x xP S E(S ) xSta(S ) 3

⎛ ⎞ ⎛ ⎞≤ + = Φ = Φ >⎜ ⎟ ⎜ ⎟σ⎝ ⎠⎝ ⎠

( )M M

M

x x P S E(S ) x ,2 Sta(S )

⎛ ⎞⎛ ⎞> Φ = Φ = ≤ +⎜ ⎟ ⎜ ⎟σ⎝ ⎠ ⎝ ⎠

d.h. L bekommt mehr Kapital allokiert, obwohl seine Verteilung ungefährlicher ist. Satz 5 (Kapitalallokation gemäß Kovarianzprinzip) Die Kapitalallokation

*i

iCov(R ,S)Var(S)c c= („Kovarianzprinzip“)

im Portefeuille {R1, R2, ..., RI} nicht-negativ korrelierter Risiken mit Gesamtschaden S = ΣRi und Sicherheitskapital c ist unter Normalverteilungsannahmen stabil und fair. Beweis:

*ic ist eine Kapitalallokation wegen ΣCov(Ri,S) = Cov(ΣRi,S) = Cov(S,S) = Var(S) und wegen

Cov(Ri,S) ≥ Cov(Ri,Ri) = Var(Ri) > 0.

*ic ist unter Normalverteilungsannahmen stabil:

Bei Sicherheitskapital c besteht im Gesamtportefeuille die kollektive Sicherheitswahrscheinlichkeit

( ) ⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛Φ=+≤

)S(Stacc)S(ESP .

Sei {Ri|i∈M} mit M ⊂ {1,...,I} ein Teilportefeuille und S, Ri (i∈I*) normalverteilt. Das zugeordnete Kapital beträgt

i M M MM M M

i M M

Cov(R ,S) Cov(S ,S) Sta(S ) Cov(S ,S)c c c (S ,S) c mit (S ,S) : 1Var(S) Var(S) Sta(S) Sta(S )Sta(S)∈

= = = ρ ⋅ ρ = ≤∑ .

Auf sich allein gestellt hätte das Teilportefeuille bei Sicherheitskapital cM die individuelle Sicher-heitswahrscheinlichkeit

( ) M MM M M

M

c (S ,S)P S E(S ) c cSta(S ) Sta(S)

⎛ ⎞ ⎛ ⎞ρ≤ + = Φ = Φ ⋅⎜ ⎟ ⎜ ⎟

⎝ ⎠⎝ ⎠ ,

d.h. SM hätte allein keine höhere Sicherheitswahrscheinlichkeit.

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*ic ist unter Normalverteilungsannahmen fair:

Seien L, M Teilportefeuilles mit

( ) ( )L L M MP S E(S ) x P S E(S ) x≤ + ≥ ≤ + für alle x > 0.

Dann ist L ML M

x x , d.h. Sta(S ) Sta(S )Sta(S ) Sta(S )

⎛ ⎞ ⎛ ⎞Φ ≥ Φ ≤⎜ ⎟ ⎜ ⎟

⎝ ⎠ ⎝ ⎠.

Wenn SL und SI*–L unabhängig sind, ist Cov(SL,S) = Cov(SL,SL+SI*–L) = Var(SL) und ebenso Cov(SM,S) = Var(SM) für unabhängige SM, SI*–M . Insgesamt ist also

L L M ML M

Cov(S ,S) Var(S ) Var(S ) Cov(S ,S)c c c c c cVar(S) Var(S) Var(S) Var(S)

= = ≤ = = .

Spezialfälle: (1) R1 und T = S-R1 unabhängig => Cov(R1,T) = 0

=> Cov(R1,S) = Cov(R1,R1+T) = Var(R1)

=> *1c =

)S(Var)R(Varc 1⋅ „Varianzprinzip“ (hier identisch mit v

ic )

(2) R1 und T = S-R1 vollst. pos. korr. => Cov(R1,T) = Sta(R1)Sta(T)

=> Cov(R1,S) = Var(R1) + Cov(R1,T) = Var(R1) + Sta(R1)Sta(T) = Sta(R1) (Sta(R1) + Sta(T))

Var(S) = Var(R1) + 2Cov(R1,T) + Var(T) = ( )2

1 )T(Sta)R(Sta +

=> * 1 1i

Cov(R ,S) Sta(R )c c cVar(S) Sta(S)

= = ⋅ „Std.Abw.-Prinzip“ (hier identisch mit Aic )

Bemerkung:

Das Kovarianzprinzip ist auch additiv, d.h. wegen

* *Mi M

i M

Cov(S ,S)c c : cVar(S)∈

= =∑

kann die Kapitalallokation auch schrittweise erfolgen, indem das Sicherheitskapital c zuerst vom Gesamtportefeuille auf Teilportefeuilles (z.B. Versicherungsbranchen) M1 ∪ M2 ∪ ... ∪ MK = I* gemäß *

Mc verteilt wird und anschließend innerhalb jedes Teilportefeuilles nach demselben Prinzip.

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17

1.3. Das Individuelle Modell für den Gesamtschaden von [Risiken und] Risikogruppen 1.3.1. Problemstellung Lt. 1.2.2. (starkes Gesetz der großen Zahlen) bilde man zur Prämienkalkulation Gruppen von möglichst vielen iid Risiken. In der Praxis wird • „iid“ durch „ident. äußere Merkmale und ident. Gefährdung“ ersetzt und • „möglichst viele“ durch Bildung von Marktstatistiken und Heranziehung mehrerer Beobach-

tungsjahre (nach Inflationskorrektur!) umgesetzt. Um möglichst wenig Details über ihr Portefeuille preiszugeben, stellen die VU für Marktstatistiken häufig nur aggregierte Daten zur Verfügung, d.h. pro Risikogruppe die Anzahl Risiken, ggfs. deren Gesamt-VS sowie Zahl und Gesamtbetrag der Schäden. Dann ist die Verteilung von einzelnen Ri nicht beobachtbar. => S = ∑ iR pro Risikogruppe und Jahr beobachten, aber Volumen und Verteilung ändern sich laufend => Quantifiziere den Volumeneinfluss auf die Verteilungsparameter von S. Ziel (für statistische Analyse):

einfaches parametrisches Modell für den (Jahres-)Gesamtschaden S = ∑=

I

1iiR einer Risikogruppe

1.3.2. Modellierung des Volumeneinflusses auf die Varianz (A) Idealfall einer vollständig homogenen Risikogruppe (~ KH für Pkw) Ri iid, 1 ≤ i ≤ I, m: = E(Ri), s2: = Var(Ri)

S = ∑=

I

1iiR => E(S) = Im, Var(S) = Is2

„Schadenbedarf“ Z = IS => E(Z) = m, Var(Z) =

Is2

• eliminiert Volumeneinfluss bei E • zeigt den Ausgleichseffekt bei Var

Verteilungsfreie, erwartungstreue Parameterschätzer

• auf Basis von Realisierungen ri von Ri

2I

1ii

2I

1ii )mr(

1I1s,r

I1m ∑∑

==

−−

==

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18

• auf Basis von jährlichen Beobachtungen zj = sj/Ij von Z bei Anzahl Ij, 1 ≤ j ≤ J:

jJ

j jjJ

j 1 jj j

j 1

sI

m zII=

=

= =∑

∑ ∑∑ (volumengewichtetes Mittel)

2j

J

1jj

2 )mz(I1J

1s −−

= ∑=

( m minimiert s2(m))

Wieso nicht ∑=j

jzJ1m ?

Beachte: Jedes zj ist ein erwartungstreuer Schätzer von m mit Var(zj) = j

2

Is ,

d.h. unterschiedliche Genauigkeit. Satz 6 (Konstruktion von Schätzern mit minimaler Varianz) Seien T1,...,TJ unabhängige erwartungstreue Schätzer für t,

d.h. E(Tj) = t, 1 ≤ j ≤ J, und T:=∑=

J

1jjjTw mit ∑

=

=J

1jj 1w , d.h. E(T) = t.

Dann hat T genau dann minimale Varianz, wenn wj umgekehrt proportional zu Var(Tj) ist, d.h. wenn 1

j jjj )T(Var

1cmit,Jj1,)T(Var

cww :*j

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛=≤≤== ∑ .

Beweis:

"=>" Var(T) = !

)T(Varw jj

2j =∑ min unter 1w j =∑

Lagrange=>

jw∂∂ Jj1,0)w1()T(Varw

jjj

2j ≤≤=⎟⎟

⎞⎜⎜⎝

⎛∑−λ+∑

2wjVar(Tj) - λ = 0 => wj = )T(Var

2/

j

λ

"<=" Var(T*) = 1

j jj j

2

jj

2*j )T(Var

1)T(Var

1c)T(Varwc.v.Defw.v.Def *

j−

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛== ∑∑∑

zu zeigen: )T(Var)T(Varw)T(Var *j

j

2j ≥= ∑ für alle ∑ =1w j

<=> ⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛∑

jj

2j )T(Varw ⎟⎟

⎞⎜⎜⎝

⎛∑

jj)T(Var

1 ≥ 1

Schwarz ( )∑ 2jx ( )∑ 2

jy ≥ ( )2jjyx∑

xj = wjSta(Tj) , yj = )T(Sta

1j

, j j jx y = w =1∑ ∑ q.e.d.

Anschaulich klar: Genauerer Schätzer soll höheres Gewicht bekommen.

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19

Anwendung: Wegen Var(zj) = j

2

Is hat j j

j

w z∑ mit wj = Ij ( ) 1

jI−

∑ minimale Varianz.

(B) Unterschiede in Dauer oder Größe (Sachversicherung) BA. Unterjährige Versicherungsdauer Bei einer ansonsten homogenen Risikogruppe werden Risiken mit gleichlanger unterjähriger

Versicherungsdauer (z.B. 1.1. – 30.6., 1.2. – 31.7.) als identisch verteilt angenommen. Genauer wird jede Dauer als Summe unabhängiger Tage angenommen. „Homogenität in der Zeit“ (etwaige Saisoneffekte bei einzelnen Risiken gleichen sich innerhalb einer größeren Gruppe weitgehend aus) Bezeichnet R(t) ein Risiko mit Versicherungsdauer t ≤ 1, so lautet das Modell also

Stück.unabhn

)()()1( n1

n1

R...RR ++= => E(R(1)) = )R(En )( n1

⋅ => 1n( )E(R ) = 1

nE(R(1))

Var(R(1)) = )R(Varn )( n1

⋅ => 1n( )Var(R ) = 1

nVar(R(1)) ,

d.h. allgemein E(R(t)) = t ⋅ E(R(1)) Var(R(t)) = t ⋅ Var(R(1)) . Beachte: R(t) ≠ t ⋅ R(1), sonst wäre Var(R(t)) = t2 ⋅ Var(R(1)).

In der Praxis wird daher statt der Anzahl I der Risiken ( )itii RR = die Anzahl ∑

=

I

1iit der

„Jahreseinheiten“ gezählt. BB. Ri habe VS ui, 1 ≤ i ≤ I, z.B. Hausratversicherung. Analog zu BA modelliert man

)R(Euu)R(E 1

1

ii =

)R(Varuu)R(Var 1

1

ii =

d.h. Ri besteht aus 1

i

uu -vielen unabhängigen „Stücken“ R1.

Danach sind 2 Risiken je mit VS 100.000 verteilt wie 1 Risiko mit VS 200.000. Dies kann allenfalls approximativ richtig sein, da beim Eintritt eines Totalschadens von 200.000 beide „Stücke“ betroffen sind, d.h. keine Unabhängigkeit.

(Beachte: Ri ≠ 11

i Ruu , aber manchmal wäre Ri = 1

1

i Ruu ein besseres Modell.)

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20

Sei nun 1

12

1

1

u)R(Var:s,

u)R(E:m == , ∑∑

==

==I

1ii

I

1ii u:v,R:S

=> E(Ri) = uim, E(S) = vmmu)R(Ei

ii

i == ∑∑

Var(Ri) = uis2, Var(S) = ∑ ∑ ==i i

22ii vssu)R(Var

Und für den Schadensatz Z := S/v gilt E(Z) = m, Var(Z) = s2/v.

Der homogene Fall A ist als Spezialfall ui ≡ 1 enthalten. (C) Zusammenfassung

Definition

Die Modellannahmen des Individuellen Modells einer Gruppe R1,...,RI von Risiken mit bekannten VSn (JEn) u1,..., uI lauten:

(1) R1,...,RI sind unabhängig,

(2) E(Ri) = mui, 1 ≤ i ≤ I,

(3) Var(Ri) = s2ui, 1 ≤ i ≤ I,

mit unbekannten Parametern m, s2, die bei Inflationsbereinigung der Schäden als über mehrere Jahre konstant angenommen werden, aber von Risikogruppe zu Risikogruppe verschieden sind. v = u1+...+uI heißt Jahres-Gesamt-VS (bzw. Anzahl Jahreseinheiten). Satz 7 (Erwartungswert und Varianz des Gesamtschadens im Individuellen Modell)

Im Indiv. Modell gilt für den Schadensatz Z = S/v des Gesamtschadens S = R1+...+RI E(Z) = m, Var(Z) = s2/v Erwartungstreue Parameterschätzer aus jahrweisen Beobachtungen zj = sj/vj bei Volumen vj:

j

jJ

1jj

j

j

vs

zv

vm

ΣΣ

= ∑=

, J

2 2j j

j 1

1ˆ ˆs v (z m)J 1 =

= −− ∑

Beachte: Hat v die Dimension €, so ist m dimensionslos, 2s hat die Dimension €. Ist v dimensionslos, so hat m die Dimension €, 2s die Dimension €2.

Das Ind. Modell modelliert den Volumeneinfluss auf E und Var, so dass nur die über mehrere Jahre konstanten Parameter m und s2 geschätzt werden müssen. (D) Modellüberprüfung Die Modellannahme E(Zj) = m für mehrere Jahre j = 1, 2, ... J wird mittels eines Plots der Realisierungen zj gegen j bzw. gegen vj geprüft.

Die Modellannahme Var(Zj) = s2/vj könnte man analog durch einen Plot gegen vj prüfen, wenn man Schätzer der Var(Zj) hätte, die nicht auf den Modellannahmen beruhen (sondern z.B. auf Einzelrisikodaten).

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Ansonsten könnte man mehrere J-Jahres-Perioden der Risikogruppe betrachten und de-

ren Streuung ( )2jj

vV : Z z

v+

= −∑ mit j jz : v Z / v+= ∑ und jv : v+ = ∑ . Unter den Mo-

dellannahmen ist E(V) = (J–1)s2/v+, d.h. plottet man für mehrere (disjunkte) J-Jahreszeiträume V gegen v+ bzw. ln(V) gegen ln(v+), sollten die Punkte um eine Hyper-bel bzw. eine Gerade mit Steigung –1 streuen. Allerdings kann man die dazu nötige Konstanz von s2 über so viele Jahre kaum unterstellen. Daher wird hier ein 10-Jahreszeitraum für mehrere Risikogruppen i = 1, ..., I betrachtet und ln(Vi) gegen ln(vi+) geplottet. Obwohl nun gemäß Modell für jede Risiko-gruppe E(Vi) = (J–1)si

2/vi+ gilt mit möglicherweise unterschiedlichen si2, zeigt sich in

Abb. 1.3.2.1, dass die Punkte trotzdem gleichmäßig um eine Gerade mit Steigung –1 streuen.

Bemerkung zur Abb. 1.3.2.1.:

Die Gerade ist keine Regressionslinie, d.h. es geht nicht um ein gemeinsames s2, sondern nur um den exakten Wert –1 der Steigung, der die umgekehrte Volumenproportionalität impliziert.

Abb.1.3.2.1. Volumenabhängigkeit der Schadensatzvarianz in Feuer-Industrie

-3

-2

-1

0

1

2

3

4

5

4 4,5 5 5,5 6 6,5 7 7,5 8 8,5

log(Versicherungssumme/1000)

log(

Scha

dens

atzv

aria

nz)

Gerade mit Steigung -1

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1.3.3. Modellierung des Gesamtschadens mit der Gamma-Verteilung

(A) E(S) = vm Volumen v bekannt Var(S) = vs2 => 2 freie Parameter m, s2 Aber nicht irgendeine 2-param. Verteilung nehmen (Normal-V, Rechteck-V), sondern ein „gutes“ Modell: A priori bekannt ist

• Def. Bereich [0, ∞)

• HauptWMasse der Einzelrisiken Ri liegt auf Ri = 0 (pro Jahr gesehen sind die meisten Risiken schadenfrei)

• R1,R2,... sind unabhängig

Um von der Verteilung von Ri zu der von S = ∑Ri zu kommen, muss man Faltungspotenzen berechnen können.

Bekanntestes Beispiel (außer NormalV): GammaV mit Dichte

( ) 1α-

αμα

αxg(x) = x exp -(α) μ

⎛ ⎞⎜ ⎟Γ ⎝ ⎠

, 0 < x < ∞, μ > 0, α > 0, Γ(α) = 1 t

0

t e dt∞

α− −∫

Erw.wert ∫∞

μ=0

dx)x(xg

Varianz =μ−∫∞

dx)x(g)x( 2

0

μ2/α => VarE2

μ ist Skalenparameter, d.h. mit G(x) gehört auch ( )μ

xG zur V-Familie, d.h. Währungs- oder Einheiten-Änderung ändert nur den Skalenparameter. α ist Formparameter: α = 1 Exponential-V g(x) = ( )μμ − x1 exp , g(0) = 1

α < 1 hyperbelartig, g(0) = ∞ α > 1 unimodal, Modus α

μ−μ , rechtsschief, g(0) = 0

Es gilt α=∫μ

für91,0dx)x(g200/

0

= 0,01,

z.B. ist in KH 200μ ≈ € 2, d.h. es macht in der Tat Sinn, dies als kein Schaden anzusehen!

Siehe Abb. 1.3.3.1.

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23

(B) Anpassung einer Gamma-V an Momente von Ri gemäß Individuellem Modell ergibt

Ri ∼ Gamma (μi, αi) mit

μi = E(Ri) = mui, αi = ( )2 2i i

2i

E(R ) m uVar(R ) s

= (!« 1 für spätere Validierung )

Verteilung von S = ∑Ri mittels Faltung:

Char.Fkt. E ( ) 2i

i

iiit tstRe 1 1

m

−αα−⎛ ⎞ ⎛ ⎞ι μ ιι = − = −⎜ ⎟ ⎜ ⎟α ⎝ ⎠⎝ ⎠

, t reell, 1ι = −

( ) ( )I Ii i

i 1 i 1

UnabhtR tRtSE e E e E e= =

ι ιι ⎛ ⎞= =⎜ ⎟⎝ ⎠∏ ∏

2 2I

i 1

2

2 2i im v

t s1ts ts s1 1

mm m=

α α −− −Σι

= −⎛ ⎞⎛ ⎞ ⎛ ⎞ι ι

= − = − ⎜ ⎟⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟⎝ ⎠ ⎝ ⎠ ⎝ ⎠∏ mit v = ∑ui

(Faltung ergibt nur bei ZV mit gleichem i

i

αμ wieder Gamma-V)

=> S ∼ Gamma ⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛=⋅ 2

2

2

22

svm,mv

svm

ms

Abb. 1.3.3.1. Dichten der Gammaverteilung mit Erwartungswert 1

0

1

2

3

4

5

6

7

0 0,5 1 1,5 2 2,5

A

B

CE

F

A: α = 0,04B: α = 0,2C: α = 1D: α = 5E: α = 25F: α = 125

D

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24

Formparameter muss ja = ( ) 2

2

2

vs)mv(

)S(Var)S(E

= sein.

Z = S/v ∼ Gamma ⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛2

2

svm,m mit gleichem Formparameter

gemäß Transformationssatz gz(t) = vgs(vt)

Künftige Parametrisierung: Z ∼ Gamma (μ, vα), wobei Volumen v bekannt; Parameter μ, α in homogener Risikogruppe nach Inflationsbereinigung über mehrere Jahre konstant Satz 8 (Eignung der Gamma-V im Individuellen Modell) (a) Die Gamma-V ist ein a priori in Betracht kommendes Modell für den Gesamtschaden eines Einzelrisikos, da • Def. Bereich (0, ∞) • Gestalt der Dichte ermöglicht viel Wahrscheinlichkeit nahe 0 • die beiden Parameter ermöglichen Anpassung an Erwwert und Varianz gemäß Indiv. Modell, d.h. für Ri ~ Gamma (uiμ, uiα) ist E(Ri) = uim, Var(Ri) = uis2 mit μ = m und α = m2/s2

(b) Sind die Einzelrisiken Ri im Indiv. Modell gammaverteilt wie in (a), so auch ihr Gesamtschaden S = ΣRi und der Schadensatz Z = S/v mit v = Σui, genauer ist S ~ Gamma (vμ, vα) und Z ~ Gamma (μ, vα) (c) Der ML-Schätzer von μ anhand von unabh. Beobachtungen zj von Z bei Volumen vj

ist j j jˆ v z vμ = ∑ ∑ (minimale Varianz!) und erfordert nicht die Kenntnis von α bzw. α .

Tabelle 1.3.3.2. Die Gamma-Verteilung als Modell für den Gesamtschaden einer Risikogruppe gemäß dem Individuellen Modell Dichte: Einzelrisiko R=r: g(r|µ,α) = (rα/µ)α exp(-rα/µ)/(r · Γ(α)) , r > 0 ,

Gesamtschaden S=s bei Volumen v: g(s|vµ,vα) ,

auf bekanntes Volumen v bezogener Schadensatz Z = S/v = z: g(z|µ,vα) .

R S Z

Parameter µ, α vµ, vα µ, vα

Erwartungswert µ vµ µ

Varianz µ2/α vµ2/α µ2/(vα)

Variationskoeffizient 1/√α 1/√ (vα) 1/√ (vα)

Schiefe 2/√α 2/√ (vα) 2/√ (vα)

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25

Parameterschätzer bei unabhängigen Beobachtungen vj, zj, 1 ≤ j ≤ J:

Momentenschätzer μ = j j jj 1 j 1

v z v≥ ≥∑ ∑ hat minimale Varianz lt. Satz 6 in 1.3.2.

α = 2μ j jj 1

(J 1) v (z≥

− −∑ 2ˆ )μ wegen s² =vjVar(Zj) = µ²/α

Likelihoodschätzer μ = j j jj 1 j 1

v z v≥ ≥∑ ∑

α = jj 1

J v≥∑ (ψ( jˆ vα +1) – ln( j jˆ ˆv z /α μ ))

iterativ lösbar mit Startwert α

oder Newton (mittels Approx. für Trigamma ψ') Loglikelihood ln(L) =

j 1

ln≥∑ ( j j ˆˆg(z | , v )μ α )

= j 1≥∑ { jˆ vα (ln( j jˆ ˆv z /α μ ) – 1) – ( ))vˆ(zln jj αΓ }

= j 1≥∑ { jˆ vα (ψ( jˆ vα ) – 1) – ln(zjΓ( jˆ vα )) }

Numerik:

ψ (x) ≈ ln(x) – x–1/2 – x–2/12 + (x–4 – 0,46x–6)/120 , x > 5,

ψ (x) = ψ (x+1) – 1/x , wobei ψ (x): = '(x)(x)

ΓΓ

(Digamma-Funktion)

ln(Γ(x)) ≈ x12

11x30

11x72)

x321(x)xln(x

x2ln

21

222 ⎟⎠

⎞⎜⎝

⎛ +⎟⎠⎞

⎜⎝⎛ −−+−⋅+⎟

⎠⎞

⎜⎝⎛ π

für x > 3,

ln(Γ(x)) = ln (Γ(x+1)) – ln(x).

siehe J. SPANIER, K.B. OLDHAM, An Atlas of Functions, Springer Berlin 1987

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26

2. Tarifkalkulation 2.1. Problemstellung Ziel: Schätzung von E(R) pro Einzelrisiko R (Basis für Prämie) Weg: Bildung möglichst großer Gruppen von jeweils möglichst ähnlichen Risiken zur Anwendung des Gesetzes der großen Zahlen Wann sind 2 Risiken ähnlich/gleich? Bei gleichen bzw. ähnlichen Ausprägungen ihrer Risikomerkmale (RM). Risikomerkmale sind solche von außen a priori feststellbare Eigenschaften von Risiken, die mit dem künftigen Schadenverlauf korreliert sind, z.B. Alter in Leben Raucher/Nichtraucher Jahresfahrleistung in KH Anfänger/Nicht-Anfänger Bauart in Gebäude-Feuer Betriebsart Geographische Lage in Sturm Bauform Sind aus Intuition und Erfahrung weitgehend bekannt. Es gibt metrisch oder nominal skalierte Risikomerkmale. Was heißt „ähnlich“ bei nominal skalierten Risikomerkmalen? => Kap. 2.3 Es gibt meist mehr als nur 1 Risikomerkmal. Nicht alle sind gleich wichtig bzw. unabhängig => Kap. 2.4 Da die Risikogruppen dann immer noch keine idealen Voraussetzungen zur Anwendung des Gesetzes der großen Zahlen bieten => Kap. 2.2 2.2. Ausgleichsverfahren bei mehrfacher Klassifikation 2.2.1. Problemstellung Deutscher KH-Tarif 1998 hat 3 Berufsgruppen 16 Typklassen (bzw. 11 kW-Klassen) 12 Regionalklassen 22 Bonus/Malus-Klassen, d.h. 3·16·12·22 = 12.672 Zellen/Tarifklassen/Risikogruppen (und viele Gesellschaften unterteilen noch weiter). => Viele Zellen sind extrem schwach besetzt (z.B. 1996 wiesen 2000 Zellen weniger als

10 JE auf!!) und haben daher sehr instabilen Schadenverlauf, so dass Prämienkalkulation mittels starkem Gesetz der großen Zahlen nicht klappt.

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27

=> Schadenerfahrung „benachbarter“ Zellen sollte mit herangezogen werden, z.B. mittels

Marginalfaktoren/-summanden, z.B. y1 ... yk ... yK x1 : (im Fall zweier Tarifmerkmale, : auf den wir uns im folgenden xi ... E(Zik) = xiyk bzw. = xi+yk konzentrieren) : xI

=> Reduziert die Anzahl zu schätzender (Erwartungswert-)Parameter

von I·K auf 1+(I-1)+(K-1) dimensionslos – inflationsunabh. 12672 1+2+15+11+21 = 50

( ) ki k i

yx y x cc

⎛ ⎞= ⎜ ⎟⎝ ⎠

, eind. Darstellung ( ) ( ) i kik 11

1 1

x yE Z E Z , i 1, k 1x y

= ⋅ ⋅ > >

=> Ergibt zugleich einfach darstellbaren Tarif

(→ Tabelle 2.2.1.1. des schwedischen Autotarifs) und Tariforganik, d.h. zwischen 2 Ausprägungen eines Tarifmerkmals besteht ceteris paribus überall dieselbe Größer/Kleiner-Relation.

Bem.:

In der Praxis werden Marginalfaktoren bevorzugt, da Marginalsummanden evtl. einzelne negative Nettoprämien ergeben können. Tabelle 2.2.1.1: Marginalfaktoren des schwedischen Autotarifs Jahresfahrleistung (km) Schadenfreiheit – 10.000 0,8 keine 1,0 10.001 – 15.000 0,9 1 Jahr 0,8 15.001 – 20.000 1,0 2 Jahre 0,7 20.001 – 25.000 1,1 3 Jahre 0,6 25.001 – 1,2 4 Jahre 0,5 5 Jahre 0,4 6 Jahre 0,25 Fahrzeugmodell Fahrgebiet 10 Modellklassen mit 7 Gebiete mit Faktoren Faktoren von 1,0 bis 2,0 von 0,81 bis 1,14

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28

=> Aufgabenstellung:

Schätze xi, yk aus Realisierungen zik = ik

ik

sv

, 1 ≤ i ≤ I, 1 ≤ k ≤ K

bei bekannten Volumina vik (in KH Jahreseinheiten). Falls Realisierungen aus mehreren Jahren verwandt werden sollen, betrachtet man die Jahre als zusätzliches Merkmal. 2.2.2. Tarifierung mittels der Marginaldurchschnitte

Naheliegend ii

i

sxv

+

+

= [€, wenn JE dimensionslos ]

k kk

s / vyz

+ += mit szv

++

++

= ,

d.h. ikE(Z ) = i i k ki k

s / v s / vˆ ˆx y zz z

+ + + += ⋅ ⋅ .

Tabelle 2.2.2.1: Einfaches Beispiel einer zweifach klassifizierten Autohaftpflicht-Statistik (Gesamtschaden sik, Volumen vik, Schadenbedarf sik/vik) Verwendungsart Gewicht privat beruflich gesamt 1.800.000 69.000 1.869.000 leicht 9.000 300 9.300 200 230 201,0 1.320.000 177.100 1.497.100 mittel 6.000 700 6.700 220 253 223,4 720.000 276.000 996.000 schwer 3.000 1.000 4.000 240 276 249 3.840.000 522.100 4.362.100 gesamt 18.000 2.000 20.000 213,3 261,1 218,1

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29

Im Zahlenbeispiel von Tabelle 2.2.2.1. ergibt dies die Schätzer ix 196,6 240,5 201 statt der 200 230 218,6 267,5 223 Realisierungen 220 253 243,6 298,0 249 240 276

ky 213/218 261/218 218,1 Diese Lösung ist schlecht, da es hier (zufällig) eine exakte Lösung gibt:

1 1 1,1 bzw. 1,1 1,2 1,2 1 1,15 200 200 200

218,1 218,1 1,15⋅ 218,1 2.2.3.A Das Verfahren von Bailey und Simon R.A. BAILEY, L.J. SIMON, Two Studies in Automobile Insurance Ratemaking, AB I, 1960, 192-217 dt. Version: MEHRING, Ein math. Hilfsmittel für Statistik und Tariffragen in der Kraftfahrtvers. BDGVM 1964, 111-126 Erst 1960 wegen aufwendiger Numerik / elektron. Rechner

Bestimme i kˆ ˆx , y durch Minimieren von 2 2

ik ik i k ik i kik

i,k i,kik i k i k

(s v x y ) (z x y )vv x y x y− −

=∑ ∑

(analog Chi-Quadrat-Test) 2

ik ik kk

ii ik k

k

ˆv z / yˆ0 x

ˆx v y∂

= => =∂

∑∑

, 1 ≤ i ≤ I

2ik ik i

ik

k ik ii

ˆv z / xˆ0 y

ˆy v x∂

= => =∂

∑∑

, 1 ≤ k ≤ K

• Gemeinsam iterativ alternierend lösbar (Start: alle ky = 1)

• Konvergiert rasch!

• Ergibt im Beispiel von Tabelle 2.2.2.1 die exakte Lösung!

• Wurde 1962-1994 in BRD eingesetzt

• Ausreißerempfindlich

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• Überschätzt Marginal- und Gesamtschaden:

2 2

2ik i k i ik k

k k

ˆ ˆ ˆ ˆv x y x v y⎛ ⎞ ⎛ ⎞=⎜ ⎟ ⎜ ⎟⎝ ⎠ ⎝ ⎠∑ ∑

2ik ik k ik k

k k

ˆ ˆv z / y v y⎛ ⎞⎛ ⎞= ⎜ ⎟⎜ ⎟⎝ ⎠⎝ ⎠∑ ∑

(Schwarz) 2 2

ik ik ikk k

v z s⎛ ⎞ ⎛ ⎞≥ =⎜ ⎟ ⎜ ⎟⎝ ⎠ ⎝ ⎠∑ ∑

• Als gewichteter KQ-Schätzer akzeptabel, wenn Gewicht ik i k

1v x y

umgekehrt proportional

zu Var(Sik), d.h. Var(Sik) = cvikxiyk = cE(Sik) (vgl. Satz 6)

(KQ-Methode: Ausgleichsverfahren durch Abstandsminimierung: Rechtfertigung durch ML bei Normal-V)

2.2.3.B Das Marginalsummenverfahren (BAILEY 1963, JUNG 1968)

i kˆ ˆx , y , so dass ik i k ikk k

ˆ ˆv x y s ,=∑ ∑ 1 ≤ i ≤ I

ik i k iki i

ˆ ˆv x y s ,=∑ ∑ 1 ≤ k ≤ K

ist eine für die Praxis sehr attraktive Bedingung

=> ik ik

k ii k

ik k ik ik i

s sˆ ˆx , y

ˆ ˆv y v x= =

∑ ∑∑ ∑

• Gemeinsam alternierend iterativ lösbar (Start yk ≡ 1) • Konvergiert rasch • Ergibt im Beispiel die exakte Lösung • Weniger ausreißerempfindlich als B/S • Wird seit 1995 in der BRD eingesetzt 2.2.3.C Beide Verfahren sind nicht stochastisch: • Keine Angabe zur Genauigkeit der Schätzer (Sind die Parameterschätzer benachbarter Zellen so verschieden, dass verschiedene Prämien gerechtfertigt sind? Muss eine etwas abweichende Prämie vom letzten Jahr angepasst werden?) • Keine Angabe zur Anpassungsgüte (Modellüberprüfung der Kreuzklassifikations-Annahme oder Entscheidung xiyk gegen xi+yk) • Keine Angabe zur Prognosegenauigkeit (Konfidenzintervall für den Schadenbedarf des nächsten Jahres)

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31

2.2.4. Ein stochastisches Ausgleichsverfahren für die Anzahl Schäden Sei jetzt speziell (für eine feste Periode, z.B. 1 Jahr) Sik bzw. sik die Anzahl Schäden in Zelle (i, k).

ikik

ik

SZv

= heißt dann Schadenfrequenz.

Bem.:

Tarifierung auf Basis der Schadenzahl ist besonders relevant in KH, da dort die mittlere Schadenhöhe von Zelle zu Zelle nur wenig variiert.

Beachte: Schadenbedarf = JE.Anz

Schäden.AnzSchäden.AnzSchaden.Ges

JE.AnzSchaden.Ges

⋅=

mittl. Schadenhöhe mittl.Sch.Frequenz Def.:

N ~ Poissonn

( ) P(N n) e , n 0, 1, 2, ...n!

−λλλ <=> = = =

=> E(N) = λ = Var(N)

Modell: E(Sik) = vikxiyk, E(Zik) = xiyk

Sik ~ Poisson (vikxiyk), unabhängig

Bem.:

Modell muss für Sik formuliert werden, da Zik ∉ IN0. Exkurs:

4 Methoden zum Schätzen von Parametern:

• Momentenmethode (Beispiel in Tabelle 1.3.3.2) • Maximum-Likelihood-Methode (siehe nächste Seite) • Minimum-Chi-Quadrat-Methode (asymptot. äquivalent zu MLM) • Kleinste-Quadrate-Methode (≡ MLM bei Normal-V)

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32

MAXIMUM-LIKELIHOOD-THEORIE Gegeben: unabhängige Beobachtungen x1,...,xI

deren Dichte g(xi|ϑ1,...,ϑK) von denselben unbekannten Parametern ϑ1,...,ϑK abhängt (K ≤ I). Der ML-Schätzer Θ von Θ = (ϑ1,...,ϑK) ist definiert als dasjenige Θ, welches die

L-Funktion (gemeinsame Dichte) I

ii 1

L g(x | )=

= Θ∏ maximiert

(oder gleichwertig die Loglikelihood I

ii 1

ln L ln g(x | )=

= Θ∑ ) .

Unter gewissen Regularitätsbedingungen gilt

1) Der ML-Schätzer Θ existiert und ist eindeutig durch die Likelihood-Gleichungen

k

ln L 0, 1 k K,∂= ≤ ≤

∂ϑ bestimmt.

2) Θ ist konsistent (= konvergiert n.W. gegen Θ) ,

effizient (= asymptot. minimale Varianz) und

asymptot. normalverteilt: as.Θ∼ Normal (Θ, Ω)

mit Kovarianzmatrix ( )( )k lk,l

ˆ ˆasCov( , )Ω = ϑ ϑ , wobei

2

1

k l k,l

ln LE−⎛ ⎞⎛ ⎞⎛ ⎞∂

Ω = −⎜ ⎟⎜ ⎟⎜ ⎟⎜ ⎟∂ϑ ∂ϑ⎝ ⎠⎝ ⎠⎝ ⎠ = „Informationsmatrix“

3) Bei Parametertransformation Z = T(Θ) = (T1(Θ),...,TJ(Θ)) ist der ML-Schätzer gegeben durch

as.ˆZ T( )= Θ ∼Normal

tT TT( ),⎛ ⎞∂ ∂⎛ ⎞ ⎛ ⎞Θ ⋅ Ω ⋅⎜ ⎟⎜ ⎟ ⎜ ⎟⎜ ⎟∂Θ ∂Θ⎝ ⎠ ⎝ ⎠⎝ ⎠

JxK KxK KxJ

4) Bei Verkleinerung des Parameterraums von (Θ, H) auf Θ

ist ( )1 I 2

dimH1 I

as.

ˆ ˆL x ,..., x | ( ,H)2 ln ˆL(x ,..., x | )

Θ⋅

Θχ∼

„Likelihood-Quotienten-Test“

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33

Beispiel: xi ~ Normal (μ,σ2)

1) I

ii 1

1ˆ xI =

μ = ∑ erw.treu, I

2 2i

i 1

1ˆ ˆ(x )I =

σ = − μ∑ as.erw.treu

2) 1 2

24

4

II

I 2I2

0 000

− σσσ

σ

⎛ ⎞ ⎛ ⎞Ω = =⎜ ⎟ ⎜ ⎟⎜ ⎟ ⎝ ⎠⎝ ⎠

d.h. 2

ˆ ˆasVar( ) Var( ) ,I

σμ = = μ

2ˆ ˆasCov( , ) 0μ σ = , ( 2ˆ,ˆ σμ unabh. nach Satz von Student)

4 4

2 22

2 2(I 1)ˆ ˆasVar( ) ; Var( )I Iσ − σ

σ = σ =

3) Sei jetzt xi ~ Normal 2

i 0( , )μ σ mit bekanntem 20σ

=> Θ = 21 I i i i 0 iˆ ˆ( ,..., ) , x , asVar( ) Var(x )μ μ μ = μ = σ =

T(Θ) = 1 Ii

1 T 1( ... )I I

∂μ + + μ => =

∂μ

T( )Θ = 1 I1ˆT( ) (x ... x )I

Θ = + +

( )20 2

0

20

1I

1I

01 1asVar T( ) ,...,I I I

0

⎛ ⎞⎛ ⎞σ ⎟⎜⎟⎜ ⎟⎜⎟⎜ ⎟⎛ ⎞ σ⎜⎟ ⎟⎜⎟⎜ ⎜⎟ ⎟Θ = =⎜⎟ ⎟⎜ ⎜ ⎟⎟ ⎜⎜ ⎟ ⎜ ⎟⎝ ⎠ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟⎜ ⎟ ⎟⎟ ⎜σ⎜ ⎟⎝ ⎠ ⎜⎝ ⎠

in Übereinstimmung mit dem 2ˆasVar( ) Iμ = σ von 2)

4) 2 2I

21 I 1 I 0 iI 12 2

i 11 I 0 0

ˆ ˆ ˆL(x ,..., x | ,..., , ) (x )2 ln ~ˆL(x ,..., x | , ) −

=

μ μ σ − μ= χ

μ σ σ∑

( 20σ bekannt) (sogar ohne „as“)

ergibt Test auf Gleichheit der Erwartungswerte μ1 = ... = μI .

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34

ML-Schätzung von xi, yk im Poissonmodell von 2.2.4: Likelihoodfunktion

( ) ( ) ik

ik i k

sv x yik i k

i k ik iki,k ik

v x yL x , y | s , v e

s !−

⎛ ⎞= ⎜ ⎟⎜ ⎟

⎝ ⎠∏

( )ik ik i k ik i k iki,k

ln L s ln(v x y ) v x y ln(s !)= − −∑

( )ikik k ik ik i k

k ki i i

ln L s 10 v y s v x yx x x

⎛ ⎞∂= = − = −⎜ ⎟∂ ⎝ ⎠

∑ ∑

=> ik i k ikk k

v x y s , 1 i I= ≤ ≤∑ ∑

analog: ik i k iki ik

ln L0 v x y s , 1 k Ky

∂= => = ≤ ≤

∂ ∑ ∑

≡ Marginalsummenverfahren!! d.h. bei poissonverteilter Schadenzahl ist das MS-Verfahren ein ML-Schätzer. Chi-Quadrat-Anpassungstest

22ik ik i kIK (I K 1)as

i,k ik i k

ˆ ˆ(s v x y )ˆ ˆv x y − + −

−χ∑ ∼

2ik ik i k ik i k IKexakt

i,k

Heuristik : Wäre S Normal(v x y , v x y ), dann⎛ ⎞⎟⎜ ⎟χ⎜ ⎟⎜ ⎟⎜⎝ ⎠

∑∼ ∼

Bemerkung: Hier ist MCQ-Schätzer = Bailey/Simon. Beispiel (siehe Anhang 1 + 2): KH 89 ergibt 81,5 < 2

70;95% 90,5χ =

KH 96 ergibt 277,4 > 2165;95% 196χ =

Beachte: Parameterschätzer sind nur bis auf gemeinsamen Faktor eindeutig. Bei Ablehnung passt eine oder mehrere der Modellannahmen nicht: − Poisson-Annahme − mult. Kreuzklassifikation − Unabhängigkeit der Sik 2.2.5. Das auf der Gamma-Verteilung beruhende Ausgleichsverfahren A. Modell und Schätzung der Parameter xi, yk

B. Schätzung von α C. Genauigkeit der Parameter; Beispiel D. Genauigkeit des Schadenbedarfsschätzers, Konfidenzintervall E. Anpassungstest

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2.2.5. Das auf der Gamma-V beruhende Ausgleichsverfahren für den Schadensatz

Modell: Zik = ik

ik

Sv

~ Gamma (xiyk, vikα) (Schadensatz, Schadenbedarf)

und alle Zik sind unabhängig, 1 ≤ i ≤ I, 1 ≤ k ≤ K.

Modell entspricht den Überlegungen von 1.3.3.,

enthält zusätzlich zur Kreuzklassifikation E(Zik) = xiyk die Annahme eines in allen Zellen gleichen α (prüfen: ⊞) (d.h. die Einzelrisiken aller Zellen haben den gleichen Formparameter). A ML-Schätzung der Parameter xi, yk:

{ }( )

ikik ik

vs s

ik ik ik ik

i k i k

i k ik iki,k ik ik

z v z vexpx y x y

L x , y , | z , vz (v )

α⎛ ⎞ ⎛ ⎞⎜ ⎟ ⎜ ⎟α α−⎜ ⎟ ⎜ ⎟⎜ ⎟ ⎜ ⎟⎝ ⎠ ⎝ ⎠α =

Γ α∏

ik ik iki,k

L(... | s , v ) v= ⋅∏

( )ik ikik ik ik

i,k i k i k

s sln L v ln ln z (v )x y x y

⎧ ⎫⎛ ⎞α α= α − − Γ α⎨ ⎬⎜ ⎟

⎝ ⎠⎩ ⎭∑

ik ik ikik i2 2

k ki i ki k i

ln L v s s0 v xx x yx y x

⎧ ⎫ ⎛ ⎞∂ α α α= = − + = −⎨ ⎬ ⎜ ⎟∂ ⎝ ⎠⎩ ⎭

∑ ∑

=> ik ikiki ik

k k kk i k

v zsx v , 1 i I ,ˆ ˆy v y+

= = ⋅ ≤ ≤∑ ∑ ∑

ik ikk

i k i

analog v zˆSymmetrie y , 1 k K .ˆv x+

=> = ⋅ ≤ ≤∑

• gemeinsam alternierend iterativ lösbar (Startwert yk ≡ 1)

• konvergiert rasch (5 Iter.)

• liefert im Beispiel 2.2.2.1 die exakte Lösung

• α wird nicht benötigt

• Höhe von L ermöglicht Entscheidung mult/add (mit α )

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• Dasselbe Gleichungssystem ergibt sich auch bei

Minimieren der quadrierten prozentualen Abweichungen ∑ ⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛−

k,i

2

ki

ikik 1

yxzv .

B ML-Schätzung von α Entweder direktes Maximieren von L durch Probieren oder

ik ik ikik ik ik

i,k i k i k ik

i,kik0 (v ) Digamma Funktion

ln L s s '(v )0 v ln v vˆ ˆ ˆ ˆx y x y (v )

siehe Tab. 1.3.3.2= =ψ α −

⎛ ⎞∂ α Γ α= = + − −⎜ ⎟∂α Γ α⎝ ⎠

( )ikik ik

i,k i k

sv ln v : f ( )ˆ ˆx y

⎛ ⎞⎛ ⎞α= − ψ α = α⎜ ⎟⎜ ⎟

⎝ ⎠⎝ ⎠∑

Newton αn+1 = αn n

n

f ( )f '( )

α−

α

mit Startwert α0 = Momentenschätzer Momentenschätzer

2

i kik

ik

(x y )Var(Z )v

=> ik ik2

i k

v Var(Z ) 1(x y )

=> 2

ik ik i k2

i k

v (z x y )(x y )

− schätzt 1α

(erwartungstreu)

=> 2

ik ik i k2

i,k i k

ˆ ˆ1 v (z x y )ˆ ˆIK (x y )

−∑ schätzt 1α

− evtl. durch df = IK−(I+K−1) ersetzen (aber Nenner ist auch geschätzt)

=> MM 2ik ik i k

2i,k i k

IKˆˆ ˆv (z x y )

ˆ ˆ(x y )

α =−∑

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C Genauigkeit der Parameter

( )( )1

2

i ji j

ln Lˆ ˆasCov( , ) E−

⎛ ⎞⎛ ⎞⎛ ⎞∂⎜ ⎟θ θ = −⎜ ⎟⎜ ⎟⎜ ⎟⎜ ⎟⎜ ⎟∂θ ∂θ⎝ ⎠⎝ ⎠⎝ ⎠ oEdA x1 festgesetzt für eind. Lösung

z.B. x1 = 1 1 n 2 I 1 K

ˆ ˆ ˆˆ ˆ ˆ ˆ( ,..., ) (x ,..., x , y ,..., y , )θ θ = α

2

ik ikij 2 3

ki j i i k

ln L v 2sx x x x y

⎧ ⎫∂− = − δ α −⎨ ⎬∂ ∂ ⎩ ⎭

=> 2

ijik ik i kij ik2 3 2

k ki j i i k i

ln L v 2v x yE vx x x x y x

⎛ ⎞ δ α⎧ ⎫∂− = − δ α − =⎜ ⎟ ⎨ ⎬⎜ ⎟∂ ∂ ⎩ ⎭⎝ ⎠

∑ ∑

2

ik2 2

i k i k

ln L sx y x y

∂ α− = +

∂ ∂ => E(...) ik

i k

vx y

α=

2

klik2

ik l k

ln LE (Symmetrie) vy y y

⎛ ⎞∂ δ α− = =⎜ ⎟∂ ∂⎝ ⎠

∑ (Summation über alle i)

2

ikik i2

ki ki

ln L 1 s v xx yx

⎛ ⎞∂− = − −⎜ ⎟∂ ∂α ⎝ ⎠

2ki

1E(...) 0 0x

= − =∑

2

k

ln LE (Symmetrie) 0y

⎛ ⎞∂− = =⎜ ⎟∂ ∂α⎝ ⎠

2

ik ik ik2i,k

ln L 1v v '(v )∂ ⎛ ⎞− = − − ψ α⎜ ⎟∂α α⎝ ⎠∑

2 3

1 1 1'(x) ...x 2x 6x

ψ = + + +

( ) 2ik 2 32 3

i,k i ik k

1 1E ... v ...2v 6v

⎛ ⎞= + +⎜ ⎟

α α⎝ ⎠∑

2i,k ik

IK 1 11 ...2 IK 3v

⎛ ⎞= + +⎜ ⎟α α⎝ ⎠

2

> ΙΚ≈

2α (denn für die meisten Zellen gilt vikα > 10)

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ohne x1 (o.EdA) I-1 K 1 zur Eindeutigkeit x2 ... xI y1 ... yK α x2

∶ I-1 2

i j

ln LEx x

⎛ ⎞∂−⎜ ⎟⎜ ⎟∂ ∂⎝ ⎠

2

i k

ln LEx y

⎛ ⎞∂−⎜ ⎟∂ ∂⎝ ⎠

2

i

ln LEx

⎛ ⎞∂−⎜ ⎟∂ ∂α⎝ ⎠

xI

Inf.Matrix = y1

∶ K 2

k i

ln LEy x

⎛ ⎞∂−⎜ ⎟∂ ∂⎝ ⎠

2

k l

ln LEy y

⎛ ⎞∂−⎜ ⎟∂ ∂⎝ ⎠

2

k

ln LEy

⎛ ⎞∂−⎜ ⎟∂ ∂α⎝ ⎠

yK

α 1 2

i

ln LEx

⎛ ⎞∂−⎜ ⎟∂α∂⎝ ⎠

2

k

ln LEy

⎛ ⎞∂−⎜ ⎟∂α∂⎝ ⎠

2

2

ln LE ⎛ ⎞∂−⎜ ⎟∂α⎝ ⎠

= ij i2

i

vx

+δα ik

i k

vx y

α 0

ik

i k

vx y

α kl k2

k

vy

+δα 0

0 0 2

IK2

≈α

= α⋅M 0

0 2

IK2α

i j

ˆ ˆas Cov( , )θ θ = (Inf.Matrix)-1 = (αM)-1 0

0 22

IKα

=> 2 2ˆ2 2ˆVar( )

IK IKα α

α ≈ ≈

d.h. ˆ 11 13ˆSta( ) 8,5

2IK2

α ⋅α ≈ = im Zahlenbeispiel

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D1 Letztlich interessiert aber die Genauigkeit (Schätzfehler) des Prämienschätzers i kˆ ˆx y Nach dem Parametertransformationssatz für ML-Schätzer gilt für die Transformation

T(xi,yk) = xiyk i kx y = i k i k i kˆ ˆ ˆ ˆT(x , y ) T(x , y ) x y= = ⋅ und (asymptotisch)

i kVar(x y ) = ( )( )t

i kT Tˆ ˆCov(x , y )∂ ∂⎛ ⎞ ⎛ ⎞⋅ ⋅⎜ ⎟ ⎜ ⎟∂θ ∂θ⎝ ⎠ ⎝ ⎠

= ( ) i i k kk i

k i k i

ˆ ˆ ˆVar(x ) Cov(x , y ) yy ,x

ˆ ˆ ˆCov(y ,x ) Var(y ) x⎛ ⎞ ⎛ ⎞⎜ ⎟ ⎜ ⎟⎝ ⎠ ⎝ ⎠

= 2 2

i k i i k k i kˆ ˆ ˆ ˆVar(x ) y 2 x Cov(x , y )y x Var(y )⋅ + + Beispiel (KH-Gesamtstatistik 1989, beste Bonusklasse, siehe Anhang 3)

enthält unter Vk(XiYk)

i kVko(x y ) = i k

i k

Sta(x y ) (0,01; 0,11)ˆ ˆx y

d.h. Zelle (RL3, 45) hat i kx y = 292 ± 6 ( ± 2 Stand.Abw.)

Zelle (BS2, 1) hat i kx y = 163 ± 36 Dieser Schätzfehler ist relevant für die Frage • ob zwei Zellen signifikant verschiedene E-Schätzer haben

• ob man eine etwas abweichende „alte“ Prämie beibehalten kann.

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40

D2 Ebenso wichtig ist die Abweichung der künftigen (nächstjährigen) Realisierung *ikZ vom

Schätzer i kx y , d.h. der sog. mittlere quadratische (Prognose-)Fehler

( ) ( )2

*i k ik i kmse x y E Z x y= −

( ) ( ) ( ){ }2

* * *ik ik ik i k i k i kE Z E(Z ) E(Z ) E(x y ) E(x y ) x y= − + − + −

(da *

ik i kCov(Z , x y ) = 0 , da aus verschiedenen = unabhängigen Jahren)

( )2

* *ik ik i k i kVar(Z ) E(Z ) E(x y ) Var(x y )= + − +

Zufallsfehler Bias Schätzfehler ≈ 0 Wegen ( )* *

ik i k ikZ ~ Gamma x y , v α ist der Zufallsfehler

2

* i kik *

ik

(x y )Var(Z )v

Im Beispiel KH89 ist

( )* *ik ik ik

ik

1Vko Z | v v (0,017; 1,034)ˆv

= = ∈α

d.h. eher etwas größer als der Schätzfehler.

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41

E Anpassungstest durch Vergleich mit der Likelihood L1 des vollen Modells mit lauter individuellen

E(Zik) = μik . Hierzu muss α bekannt sein (z.B. aus Einzelrisikodaten), sonst ist L1 überparametrisiert.

{ }( ) ( )ik ik1 ik ik ik ik ik ik

i,k ik ik

s sln L | z , v , v ln ln z (v )⎧ ⎫α α

μ α = α − − Γ α⎨ ⎬μ μ⎩ ⎭∑

(wie ln L aus A, nur μik statt xiyk)

1 ik ik ikik ik2

ik ik ik ik

ln L v s sˆ0 zv

∂ α α= = − + => μ = =

∂μ μ μ

{ }( ) ( ){ }1 ik ik ik ik ik ik

i,k

ˆln L v ln(v ) v ln z (v )μ = α α − α − Γ α∑

{ }( ) ( )ik iki k ik ik ik

i,k i k i k

s sˆ ˆln L x , y v ln ln z (v )ˆ ˆ ˆ ˆx y x y

⎧ ⎫⎛ ⎞α α= α − − Γ α⎨ ⎬⎜ ⎟

⎝ ⎠⎩ ⎭∑

( )ikik ik ik ik

i,k i k

sv ln v ln z (v )ˆ ˆx y

⎧ ⎫⎛ ⎞α= α − α − Γ α⎨ ⎬⎜ ⎟

⎝ ⎠⎩ ⎭∑

wegen iki ik

k kk

sx vy

= ∑ ∑

=>

( )1 ik i k1 ik

i,k ik

ˆ ˆL v x y2ln 2 ln L ln L 2 v lnL s

⎛ ⎞α= − = α⎜ ⎟α⎝ ⎠

i kik

i,k ik

2IK (I K 1)

ˆ ˆx y2 v ln ~z − + −= α χ∑

Anzahl eingesparter Parameter

Im Beispiel KH 89 erhält man 1L2ln 19989L

= α bei 11 ⋅ 13 – 23 = 120 df, d.h. keine

Ablehnung der Kreuzklassifikation für 146,5 0,007319989

α ≤ = mit 95% stat. Sicherheit.

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42

2.2.6. Großschadenproblematik und Kupierung Im Beispiel KH89 ist Zelle (RS3, 111kW) ein Ausreißer (zik = 604, ki yx = 431): E (Sik|Nik=2426) = 2426 m⋅ = 2426⋅4000 ≈ 10 Mio, Tatsächlich ist aber sik = vikzik = 23188⋅604 ≈ 14 Mio. Dies kann an einem einzigen Großschaden liegen. Noch extremer ist die Situation in der Feuer-V, siehe Tabelle 4.1.1, wo 50% des Gesamtschadens von den 1% größten Schäden stammt. Wenn Großschäden zufällig über die Risikogruppen verteilt sind, sollte man sie kupieren = zensorieren (aber nicht ganz eliminieren!). Wahl der Kupierungsgrenze: - Nicht ein in allen Risikogruppen gleicher Betrag, sondern das gleiche Perzentil der Verteilung der Einzelschadenhöhen, z.B. 99,9%. - Da dies bei kleiner Schadenzahl nicht praktikabel ist,

wird die Grenze mittels Cantelli 1 (oder Tschebyscheff) ermittelt (für ein kleineres Perzentil, zB 99%):

2a)X(Var)X(Var

+ = 0,01 ==> a² = 99⋅Var(X) ==> a = 10⋅Sta(X) ,

d.h. Kupierung der Schadenhöhen in jeder Risikogruppe bei s10m + .

Der Gesamtbetrag der durch Kupierung weggefallenen Schadenteile (10-25%) muss durch eine einheitliche prozentuale Erhöhung der Erwartungswertschätzer nach Kupierung wieder eingerechnet werden. 2.2.7. Einsatz von Verallgemeinerten Linearen Modellen (GLMs) Ein lineares Modell besteht aus unabh. Beobachtungen zn, 1 ≤ n ≤ N,

mit (dem linearen Prädiktor) E(zn) = ∑=

βξM

1mmnm , Var(zn) = σ² ,

mit bekannter „Design“- Matrix X = ((ξnm)), (meist ist ξn1=1) und unbekannten Parametern β1, …, βM. Ziel ist es, viele Beobachtungen {zn} durch wenige Merkmale {m} zu erklären, d.h. M<<N.

Nach Gauß-Markov ist zX)XX(ˆ t1t −=β BLUE (best linear unbiased estimate).

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Sind die zn normalverteilt, so sind auch die Verteilungen von β und den Teststatistiken für diverse lineare Hypothesen angebbar. In der Praxis ist die Verteilung der zn öfters nicht-normal und die Linearität erst nach Transformation von E(zn) gegeben (zB ln(xiyk) = ln(xi) + ln(yk)). Außerdem hätte man gerne eine Software für die komplexen Kalkulationen wie in 2.2.5. Dies alles leisten die GLMs. Ein verallgemeinertes lineares Modell besteht aus

unabh. Beobachtungen zn, 1 ≤ n ≤ N, mit einer Verteilung aus einer Unterfamilie der Exponentialfam. (statt nur Normal-V), mit E(zn) = µn , Var(zn) = φV(µn)/vn (statt nur Var(zn) = σ²/vn), mit bekannten Volumen-Gewichten vn und unbekannten φ, V,

mit g(µn) = ∑=

βξM

1mmnm mit monotoner „Link“-Funktion g (statt nur g(µ) = µ),

und bekanntem Design ((ξnm)) und unbekannten Parametern β1, …, βM. Zugelassen sind ZV Z aus der Exponentialfamilie, wenn mit E(Z) = µ für die Dichte f gilt:

( ))Z(Var

x)x(fln μ−=

μ∂∂ und Var(Z) = φV(μ),

z.B. Normal-V: φ = σ² , V(μ) = 1 , Poisson-V: φ = 1 , V(μ) = μ , Gamma-V: φ = 1/α , V(μ) = μ² . ML-Schätzung der GLM-Parameter β1, …, βM :

L = ∏=

N

1nn )z(f , ln(L) = ( )∑

=

N

1nn )z(fln , ∑

=

βξ=ηM

1mmnmn : = g(µn) ,

∑∑== μ

ξ⋅

μ−=

β∂η∂

μ∂η∂μ∂∂

=β∂∂

=N

1n n

nm

n

nn

m

nN

1n nnnm )('g)z(Varz

/1)fln()Lln(0 , 1 ≤ m ≤ M,

Es gibt Softwarepakete für die GLMs. Dort werden diese ML-Gleichungen wie üblich mit dem Fischer-Scoring-Algorithmus gelöst (Im allgemeinen Fall kann man nicht so einfach ite-rieren wie im kk Fall!). Als Ergebnis erhält man u.a. die Schätzer für die βm sowie deren Ko-varianzmatrix. Anwendung auf das kk-Ausgleichsproblem

Linearisierung durch log-Link: ln(xiyk) = ln(xi) + ln(yk) =: βi + βI+k = ∑=

βξM

1mmm),k,i(

==> g(µ) = ln(µ) , g′(µ) = 1/µ , (β1,…, βI, βI+1,…, βI+K) := ( ))yln(),...,yln(),xln(),...,xln( K1I1 ,

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⎧ 1 falls m=i oder m=I+k ξ(i,k),m = ⎨ ⎩ 0 sonst d.h. die Regressoren (Design) sind Dummy-Variable, die nur das Zutreffen einer bestimten Merkmalsausprägungskombination anzeigen. ==> Damit werden die ML-Gleichungen

kmk mk

kmmk yx)z(Varyxz

⋅−∑ , m ≤ I ,

0 = =ξ⋅⋅−∑ m),k,i(ki

k,i ik

kiik yx)z(Var

yxz

Imii Im,i

ImiIm,i yx)z(Var

yxz−

−− ⋅−

∑ m > I.

Im Poisson-Fall Var(zik) = xiyk/vik ergeben sich so dieselben Gleichungen wie in 2.2.4. Im Gamma-Fall Var(zik) = (xiyk)2/(vikα) dieselben wie in 2.2.5.A. Bem: Zur richtigen Berechnung der Kovarianzmatrix sollte von vorneherein die eindeutige Para-metrisierung

)exp(yy

xx)yx(yx 1kIi1

1

k

1

i11ki −+β+β+β==

benutzt werden. Verteilungswahl und Modellüberprüfung:

(1) Wegen viVar(zi) = φμiζ mit ζ ∈ {0, 1, 2, 3} kann die Wahl von ζ (d.h. der Verteilung

der zi) mittels eines Plots von ( )2iii )ˆz(vln μ− gegen )ˆln( iμ plausibilisiert werden:

Die Steigung der resultierenden Regressionsgeraden sollte gleich dem ζ der zugrunde gelegten Verteilung sein.

(2) Wenn man µi = E(zi) und Var(zi) innerhalb jeder Risikogruppe i schätzen kann (z.B. aus Einzelrisikodaten oder aus mehreren Jahren), dann sollte man die Geeignetheit ei-nes GLM und die Schätzwerte der Parameter φ, ζ aus der Regression

( ) )ˆln()ln()z(arVvln iii μ⋅ζ+φ= entnehmen.

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2.3. Bildung von Ausprägungsklassen bei einem nominal skalierten Risikomerkmal 2.3.1. Problemstellung Gegeben: nominal skaliertes Risikomerkmal mit vielen Ausprägungen z.B. geographische Regionen (PLZ, Zulassungsbezirke) Betriebsarten (Apotheke bis Zeitschriftenhandel) Autotypen Ziel: Zusammenfassen von Ausprägungen zu Ausprägungsklassen └ mit ähnlichem Schadenpotential E(Z) = Erw.wert des Schadenbedarfs/-satzes Bem.: Ist bei metrisch oder ordinal skalierten Merkmalen einfach; evtl. sogar überflüssig, wenn funktionaler Zusammenhang angenommen werden kann z.B. zwischen Jahresfahrleistung und Schadenbedarf. Problem: Manche Ausprägungen können extrem schwach besetzt sein und daher z.B.

zufällig schadenfrei (in allen Jahren). Diese müssen von fachmännischer Hand zugeordnet werden. Prinzipiell ≡ Aufgabenstellung der Clusteranalyse ≡ Zusammenfassung von Objekten zu Klassen/clusters, wobei Objekte derselben Klasse möglichst ähnlich, Objekte verschiedener Klassen möglichst verschieden sein sollen. Entscheidend: Quantifizierung des Ähnlichkeitsbegriffs Durchrechnen aller Möglichkeiten von Klasseneinteilungen nicht möglich, da deren Anzahl viel zu groß (auch wenn man ein Optimalitätskriterium hätte). => induktives Vorgehen heuristische Verfahren Bei uns: Objekte = Ausprägungen (Gruppe der Risiken mit gleicher Merkmalsausprägung) Ähnlichkeitskriterium = Erw.wert des Schadenbedarfs/-satzes Besonderheiten: Objekte sind verschieden groß Wert des Ähnlichkeitskriteriums ist nicht exakt bekannt, d.h. muss geschätzt werden und ist daher zufallsabhängig. => Quantifizierung der Ähnlichkeit nicht durch Euklid. Distanz i kˆ ˆμ − μ , sondern durch Test auf Gleichheit der Erwartungswerte μi, μk .

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Warum nicht k lˆ ˆ| |μ −μ als Distanzmaß? 1μ 2μ 3μ 4μ 2% 98% 2% 98% 2% 98% Zwar ist 3 4 1 2ˆ ˆ ˆ ˆ| | | |μ − μ < μ − μ , aber dennoch sind offenbar μ3, μ4 signifikant verschieden, μ1, μ2 dagegen nicht. Die Teststatistik berücksichtigt die unterschiedlichen Varianzen. 2.3.2. Agglomerative Klassenbildung mittels eines Tests auf Gleichheit von Erwartungswerten Gegeben: I Ausprägungen eines Risikomerkmals (d.h. I Risikogruppen) mit je J Beobachtungen zij des Schadensatzes bei bekanntem Volumen vij Gesucht: K disjunkte Klassen C1, ..., CK mit kC∪ = {1, 2, ..., I} und K ≪ I, die „besser“ sind

als andere K Klassen. Modell: Zij ~ Gamma (zij | μi, vijαi) Ähnlichkeits- bzw. Distanzmaß d (i, k) zwischen Ausprägungen i und k durch LQ-Test

d(i, k) ( )( )

1 i i k k

0

ˆ ˆˆ ˆL , , ,2 ln

ˆˆL ,⎛ ⎞μ α μ α

= ⎜ ⎟μ α⎝ ⎠

auf Gleichheit der Parameter (μi, αi) = (μk, αk) = (μ,α) .

( ) ( ){ }J

1 ij i ij i kj k kj kj 1

ˆ ˆˆ ˆL Gamma z | , v Gamma z | , v=

= μ α ⋅ μ α∏

mit i ij ij ijj j

ˆ v z vμ = ∑ ∑

und iα so, dass ( )J

ij ij iij ij i

j 1 i

ˆv zˆv ln v 0

ˆ=

⎧ ⎫α⎛ ⎞− ψ α =⎨ ⎬⎜ ⎟μ⎝ ⎠⎩ ⎭

∑ (vgl. 2.2.5.B)

analog für k kˆˆ ,μ α

( ) ( ){ }J

0 ij ij kj kjj 1

ˆ ˆˆ ˆL Gamma z | , v Gamma z | , v=

= μ α ⋅ μ α∏

mit ( ) ( )ij ij kj kj ij kjj j

ˆ v z v z v vμ = + +∑ ∑

und ( ) ( )J

ij ij kj kjij ij ij kj kj kj

j 1

ˆ ˆv z v zˆ ˆv ln v v v ln v v 0

ˆ ˆ=

α α⎧ ⎫⎛ ⎞ ⎛ ⎞− ψ α + − ψ α =⎨ ⎬⎜ ⎟ ⎜ ⎟μ μ⎝ ⎠ ⎝ ⎠⎩ ⎭

μ

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Damit geht man agglomerativ vor, d.h. reduziert schrittweise die Anzahl Ausprägungsklassen durch Fusion der Ausprägungen/Klassen mit der jeweils kleinsten Distanz d und stoppt, sobald d ~ 2

4 2−χ das zuvor festgelegte Signifikanzniveau übersteigt (d.h. der Test die Gleichheit der Verteilungsparameter ablehnt). Bem.: (1) Gilt (μi,αi) = (μk,αk) = (μ,α), so ist

( )ij ij kj kjj ij kj

ij kj

v Z v ZZ : ~ Gamma | , (v v )

v v+

= ⋅ μ + α+

,

d.h. der Schadensatz der durch Fusion entstandenen Klasse ist wieder gammaverteilt. (2) Man kann beim erstmaligen Überschreiten des Signifikanzniveaus meist durch einen

Umordnungsversuch noch etwas weiter kommen: Dazu prüft man für die Fusion mit dem kleinsten (aber über der Signifikanzschranke liegenden) Wert d, ob die beiden Klassen wenigstens dann eine zulässige Fusion ergeben, wenn man nur eine einzige Ausprägung herausnimmt und mit einer dritten Klasse fusioniert (wobei auch diese Fusion zulässig, d.h. unter der Signifikanzschranke sein muss). Dass solche Umordnungen in der Regel möglich sind, zeigt den heuristischen Charakter des Vorgehens.

(3) Betrachten wir nur die Schadenhäufigkeit, d.h. modellieren z.B. Sij ~ Poisson (vijμi) (beachte, dass dann Sij = vijZij modelliert werden muss und nicht Zij), so vereinfachen sich

die Rechnungen erheblich und die Testgröße (Distanzmaß) d(i,k) 1

0

L2lnL

= kann explizit

angegeben werden:

d(i,k) 21 i k i ki k 1

0

ˆ ˆ ˆ ˆL ( , )2 ln 2s ln 2s ln ~ˆ ˆ ˆL ( ) + +

⎛ ⎞ ⎛ ⎞μ μ μ μ= = + χ⎜ ⎟ ⎜ ⎟μ μ μ⎝ ⎠ ⎝ ⎠

(4) Im Modell Zij ~ Normal (zij|μi, σ2/vij) mit einem bei allen Ausprägungen gleichen und bekannten (!) σ2 erhält man als LQ-Test

dw(i,k) = ( )2i k

2 2i kv v

ˆ ˆ

+ +σ σμ − μ

+ ,

wobei der überall gleiche Faktor σ-2 auch weggelassen werden kann, d.h. doch nicht bekannt sein muss. Allerdings hat man dann kein Stopp-Kriterium. Die so entstehende sog. WARD-Distanz

σ2dw(i,k) 2i ki k

i k

v v ˆ ˆ( )v v

+ +

+ +

⋅= μ − μ

+

kann auch bei Daten aus nur einem Jahr (J=1) angewandt werden und ist daher recht populär.

Will man auf das Stopp-Kriterium nicht verzichten, muss man σ2 durch

{ }J

2 2 2ij ij i kj kj k

j 1

1ˆ ˆ ˆv (z ) v (z )2(J 1) =

σ = − μ + − μ− ∑

schätzen und erhält durch Einsetzen in dw(i,k) das Quadrat der wohlbekannten Testgröße des t-Tests mit 2(J-1) Freiheitsgraden.

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2.4. Auswahl der Tarifmerkmale 2.4.1. Problemstellung In den meisten Versicherungsbranchen gibt es viele Risikomerkmale, z.B. KH Fahrzeug: kW Typ Gewicht Alter

Fahrgebiet Zulassungsbezirk Stadt/Land

Fahrer Alter Beruf Geschlecht

Familienstand Anzahl Fahrer Dauer des Führerscheinbesitzes

Garagenbesitzer Nationalität

Fahrintensität Jahres-km Nutzungsart (privat/beruflich) Aber es bestehen gegenseitige Abhängigkeiten, z.B. Stichprobe 1978 in KH 25% überw. Nutzer = weiblich, SB = 90% (40 kW) 75% überw. Nutzer = männlich, SB = 103% (53 kW) tatsächlich ist bei gleichen kW SB männl. ≡ SB weibl. (siehe Grafik in Anhang 4) => Analysen eines einzelnen Merkmals können irreführend sein.

kW und Geschlecht sollten nicht gleichzeitig Tarifmerkmal sein. Ziel: Auswahl der effizientesten Risikomerkmale für Tarif

Ist auch Standardthema von Regressionsanalyse und Diskriminanzanalyse

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Grundidee: Gegeben: Volumen v und Schadenbedarf/-satz z für jede Ausprägungskombination der verfügbaren M Risikomerkmale Ein Risikomerkmal ist (als erstes) offenbar umso eher als Tarifmerkmal geeignet, je verschiedener die erwarteten Schadenbedarfe/-sätze in seinen Ausprägungsklassen sind. => Test auf Gleichheit mehrerer Erwartungswerte. Nach der Auswahl von t ≥ 1 Tarifmerkmalen zerlegen diese die Daten in I Zellen = Ausprägungsklassenkombinationen. Ein weiteres Risikomerkmal mit K Ausprägungsklassen zerlegt jede der I Zellen in K Teilzellen. Neues Risikomerkmal differenziert nicht, wenn die entstehenden K I-tupel sich praktisch nicht unterscheiden. Wenn die je K Teilzellen für viele der I Zellen deutlich verschiedene Erw.werte bezüglich Schadenbedarf/-satz haben, ist das Merkmal als zusätzliches Tarifmerkmal geeignet. => D.h. die Nullhypothese der Gleichheit der K Vektoren ( )1k 2k IkE(Z ), E(Z ), ..., E(Z ) , 1 k K,≤ ≤ soll möglichst deutlich abgelehnt werden, also Test auf Gleichheit von Erwartungswert-Vektoren. Bei Normalverteilungen wäre die Varianzanalyse das geeignete Testverfahren, stattdessen konstruieren wir hier einen entsprechenden LQ-Test. Bemerkung: Möglich wäre zur Merkmalsauswahl auch ein Test auf Unabhängigkeit von Risikomerkmal und Jahresschadenhöhe pro VN (Kontingenztafel).

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2.4.2. Die Vorgehensweise der schrittweisen Merkmalsauswahl Mit Hilfe eines Tests auf Gleichheit mehrerer Erw.werte kann man folgendermaßen vorgehen:

S Auswahl des signifikantesten Risikomerkmals keines

− − − − − > Ende A Hinzunahme des gegenüber den derzeitigen TMs signifikantesten RM (egal, ob über Sign. Schranke oder nicht) B Ist jedes TM [immer noch] signifikant gegenüber den jeweils anderen TMs? (über Schranke)

Ja Ist diese Menge der TM erstmals entstanden?

Ja A

Nein

Ende

Nein

Elimination des am wenigsten signifikanten TM Ist dies dasjenige TM, das beim letzten A –Schritt hinzukam?

Ja Ende

Nein

B

2.4.3. Beispiel für die Konstruktion der Teststatistik Die bisherigen I Tarifzellen (aus t Merkmalen) werden durch zusätzliches RM mit K Auspr.Klassen kreuzklassifiziert: 1 ... k ... K 1 ∶ i vik, Zik ∶ I Modell: ( )ik ik ikZ ~ Gamma | , v⋅ μ α mit bekanntem α (aus Einzelrisikostatistiken) (einfachstes Modell)

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Wir testen 0 ik i(H ) μ = μ für alle k gegen (H1) bel. ikμ Rückblende: in 2.2.5. (Anp.Test) ik i kx yμ = gegen bel. ikμ

Teststatistik 0

2i kIK (I K 1)ik Hi,k ik

ˆ ˆx y2 v ln ~z

− + −α χ∑

Also jetzt: Teststatistik 2iik IK I

i,k ik

ˆ2 v ln ~

z −μ

α χ∑

mit ML-Schätzer K K

i ik ik ikk 1 k 1

ˆ v z v= =

μ = ∑ ∑

Speziell bei der Auswahl des 1. Tarifmerkmals ist I=1:

K

2k K 1 k k k

k 1 k kk

ˆ ˆ2 v ln ~ , v z vz −

=

μα χ μ =∑ ∑ ∑

Ginge nicht auch

( )K

22k k

k 1

1 ˆs v zK 1 =

= − μ− ∑

zur Auswahl des 1. TM?

Unter 2

0 k kk

H : E(Z ) , Var(Z )vμ

= μ =α

(wie beim Gamma-Modell)

ist tatsächlich 2

2E(s ) μ=

α unabhängig von K,

d.h. man würde das RM mit dem größten s2 für das signifikanteste RM halten. Aber: Var(s2) hängt von K ab, z.B. unter Normalvert.Annahme für Zk ist

4 2

2 2 2 2K 12

(K 1) 2s ~ d.h. Var(s ) mitK 1−

⎛ ⎞− σ μχ = σ =⎜ ⎟σ − α⎝ ⎠

Wenn nun z.B.

s2 = 5σ2 für ein RM mit 3 A-Klassen s2 = 4σ2 für ein RM mit 9 A-Klassen

so wäre wegen 2 2 2 2

2 2

s E(s ) s K 1Sta(s ) 2− − σ −

bei den 3 Klassen der Wert von s2 um K 14 4Std.Abw.2−

⋅ = ,

bei den 9 Klassen der Wert von s2 um K 13 6 Std.Abw.2−

⋅ =

über dem Erw.wert, d.h. das kleinere s2 wäre signifikanter! Daher dürfen Risikomerkmale mit verschieden vielen A-Klassen nur mittels des Perzentils der Testgröße eines Hypothesentests verglichen werden.

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2.4.4. Dichotomisieren mittels Dummyvariablen Wenn die zuerst ausgewählten TMe eher viele Ausprägungsklassen haben, entstehen rasch sehr viele Tarifzellen (siehe 2.2.1.), so dass nicht mehr gut auf Signifikanz weiterer Merkmale getestet werden kann. Daher ist es besser, nur RM mit nur je 2 A-Klassen zu benutzen. Auf diese Weise wird die Zellenzahl bei jedem Schritt nur verdoppelt. Dazu muss jedes Risikomerkmal auf verschiedene Weise in je 2 Gruppen von Ausprägungsklassen aufgeteilt werden, um herausfinden zu können, welche Aufteilung am signifikantesten ist. z.B. Alter – 20, 21 – 25, 26 – 30, 31 – 40, 41 – 60, 61 –

Dummyvar. A1 0 1

" " A2 0 1

" " A3 0 1

" " A4 0 1

" " A5 0 1

Ist problematisch bei nominal skalierten R-Merkmalen (Regionen, Betriebsarten etc.), wo man im Prinzip alle möglichen Teilmengen der Menge aller A-Klassen (und deren Komplement) betrachten müsste. Vorteil: Datenmaterial wird nicht so rasch atomisiert und man erhält automatisch weitere Clusterung, d.h. es entstehen nicht so viele Zellen. Hat man schon I Zellen (durch 1 oder mehrere DV), so kann man

• entweder alle I Zellen zugleich durch eine weitere DV aufteilen

• oder jede der I Zellen individuell durch eine weitere DV aufteilen (wobei man evtl. I verschiedene DV erhält). Letzteres ist zwar besonders ökonomisch bezüglich der Datenatomisierung, ergibt aber einen komplizierteren Tarif und verhindert kreuzklassifizierte Ausgleichsverfahren. Bem.: Sowohl hier als auch in 2.3. haben wir als statist. Verfahren einen Test auf Gleichheit

von Erwartungswerten eingesetzt. Bei der Variablenselektion muss der Test möglichst signifikant ablehnen, bei der Klassenbildung möglichst wenig signifikant sein.

Bei Verwendung von Dummy-Variablen hat man nur 2 Ausprägungsklassen, daher ergibt sich genau dieselbe Testgröße wie bei der Klassenbildung in 2.3.

Wenn in 2.3.2. mit i=0, k=1 die beiden A-Klassen eines Dummy-RMs bezeichnet werden, so prüfen die in 2.3.2. angegebenen LQ-Teststatistiken die Signifikanz dieses Dummy-RMs (innerhalb der betrachteten Zelle)

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3. Schadenreservierung bei lang andauernder Schadenabwicklung 3.1. Problemstellung Schadenabwicklung: Verursachung – Eintritt – Manifestierung – Meldung – Prüfung –

Quantifizierung – Regulierung = Entschädigung des Geschädigten. Lange (bis zu ca. 20 Jahren) dauern kann

A) Prüfung/Quantifizierung wegen Gerichtsprozess, medizinischer Behandlung

B) Zeit bis Manifestierung, z.B. bei Fehler von Statiker (Bauwerk), Notar (Testament), Hersteller (Produkt)

insbesondere in der Haftpflicht-Versicherung. 2 Arten von Reserven am Ende jedes Geschäftsjahres:

A) Einzelfallreserven für IBNER-Schäden incurred but not enough reserved

B) Spätschadenreserve für IBNYR-Schäden incurred but not yet reported

nötig für (externe und interne) Erfolgsrechnung und Prämienkalkulation Abwicklungsdreieck AbwJ 1 ⋅⋅⋅⋅ k ⋅⋅⋅⋅ Abw.J. n Anfalljahr 1 S11 ⋅⋅⋅ ⋅ S1k ⋅⋅⋅⋅ S1n

(Eintrittsjahr) ∶ ∶ i Si1 Sik => Gesamtbetrag der in Abw.J. k geleisteten ∶ ∶ Zahlungen für in Anf.Jahr i eingetretene Schäden Anfalljahr n Sn1 Bekannt sind die Sik für i+k ≤ n+1, gesucht ist die Vervollständigung zum Quadrat : Sik, i+k > n+1 Lösungsweg: Übertrage die Erfahrungen früherer Anfalljahre auf die späteren. Bezeichnungen: Cik: = Si1 + ⋅⋅⋅ + Sik kumul. Zahlungen, Stand Cin: = Endstand (Dafür muss n genügend groß sein.) Ri: = Cin – Ci,n+1–i IBNR-Reserve, (Schaden)reserve = Si,n+2–i + ⋅⋅⋅ + Si,n

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Datenarten: • Zahlungen

• angefallene Schäden = Zahlungen + Einzelfallreserven

• Trennung nach Anzahl Schäden und Schadendurchschnitt gemeldete Schadenhöhe regulierte Regulierungshöhe offene Einzelfall-Reserve geänderte Änderungsbetrag Wichtig ist • die Bildung möglichst homogener Kollektive = Dreiecke (wie bei Tarifkalkulation),

• die vorherige Elimination der monetären Inflation,

• die Verwendung eines guten Volumenmaßes vi (nur fürs ganze Anfalljahr): (Soll-)Prämie, Policenzahl, Anzahl Schäden im 1. Abwicklungsjahr,

• die vorherige Elimination von Großschäden.

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3.2. Zuwachsquoten-Verfahren Annahme: Anfalljahre sind bis auf Volumen (und Zufall) identisch Modell: E(Sik/vi) = mk , 1 ≤ i, k ≤ n (unabh. vom Anf.Jahr i) Var(Sik/vi) = 2

k is / v , " alle Sik unabhängig , " => Abw.Jahr k ≙ Risikogruppe mit Beob. i = 1, 2, ..., n+1–k (Indiv. Modell) Erwartungstreue Schätzer (wie in 1.3.2.)

n 1 k n 1 k

k ik ii 1 i 1

m S v , 1 k n+ − + −

= =

= ≤ ≤∑ ∑

ik i kˆ ˆS v m , i k n 1= + > +

i i n 2 i nˆ ˆ ˆR v (m ... m ), i 1+ −= + + >

2n 1 k

2 ikk i k

i 1 i

1 Sˆ ˆs v m , 1 k n 1n k v

+ −

=

⎛ ⎞= − ≤ ≤ −⎜ ⎟− ⎝ ⎠

{ } ( )4

2 2 2 2n 1n k n 1 n 22

n 2

sˆ ˆ ˆ ˆs min s |1 k n 1 oder min , min s ,ss

−− −

⎛ ⎞= ≤ ≤ − ⎜ ⎟

⎝ ⎠ nicht erw.treu

Genauigkeit von iR 0

( )22i i i i i i i

ˆ ˆ ˆ ˆmse(R ) E(R R ) Var(R R ) E(R R )= − = − + −

i i i iˆ ˆVar(R ) 2Cov(R , R ) Var(R )= − +

Prognosefehler Schätzfehler 0 Zufallsfehler Var(Ri) = Var(Si,n+2–i) + ... + Var(Si,n) = 2 2

i n 2 i nv (s ... s )+ − + +

( )2i i n 2 i n

ˆ ˆ ˆVar(R ) v Var(m ) ... Var(m )+ −= + + 2 n 1 k

2k ik i k i

i i i 1

ˆVar(m ) Var(S ) v s v+ −

=

⎛ ⎞= =⎜ ⎟⎝ ⎠

∑ ∑ ∑ (analog zu 2)x(Var σ= /n )

Einsetzen von 2ks ergibt erwartungstreuen Schätzer ( )2

iˆs.e.(R ) für i

ˆmse(R )

Der Schätzfehler liefert ein Konfidenzintervall für E(Ri) , der Prognosefehler eines für Ri .

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Tabelle 3.2.1 Zahlenbeispiel zur Schadenreservierung

Anf.Jahr i Prämie Vi Ci1 Ci2 Ci3 Ci4 Ci5 Ci6 1 13085 4370 6293 10292 12460 13660 143072 14258 2701 5291 7162 8945 9338 3 16114 4483 6729 10074 11142 4 15142 3254 5804 8351 5 16905 8010 12118 6 20224 5582

1 Fik 1,440 1,635 1,211 1,096 1,047 2 1,959 1,354 1,249 1,044 3 1,501 1,497 1,106 4 1,784 1,439 5 1,513

Fk (alpha=1) 1,588 1,488 1,182 1,074 1,047 Sigma(k) 12,951 9,073 7,025 3,779 2,033

Anf.Jahr i Ci1/Vi Ci2/Vi Ci3/Vi Ci4/Vi Ci5/Vi Ci6/Vi 1 33,4% 48,1% 78,7% 95,2% 104,4% 109,3%2 18,9% 37,1% 50,2% 62,7% 65,5% 3 27,8% 41,8% 62,5% 69,1% 4 21,5% 38,3% 55,2% 5 47,4% 71,7% 6 27,6%

Anf.Jahr i Si1/Vi Si2/Vi Si3/Vi Si4/Vi Si5/Vi Si6/Vi

1 33,4% 14,7% 30,6% 16,6% 9,2% 4,9%2 18,9% 18,2% 13,1% 12,5% 2,8% 3 27,8% 13,9% 20,8% 6,6% 4 21,5% 16,8% 16,8% 5 47,4% 24,3% 6 27,6%

Mk 29,67% 17,77% 20,07% 11,55% 5,83% 4,94% Sk 12,86911234 5,235670567 8,748432119 6,053871576 5,298502186 5,235670567 Additiv vervollständigtes Zuwachsquotendreieck

Ri s.e.(Ri) Si1/Vi Si2/Vi Si3/Vi Si4/Vi Si5/Vi Si6/Vi 0 0 33,4% 14,7% 30,6% 16,6% 9,2% 4,9%

705 904 18,9% 18,2% 13,1% 12,5% 2,8% 4,94%1736 1306 27,8% 13,9% 20,8% 6,6% 5,83% 4,94%3380 1518 21,5% 16,8% 16,8% 11,55% 5,83% 4,94%7166 2088 47,4% 24,3% 20,07% 11,55% 5,83% 4,94%

12167 2504 27,6% 17,77% 20,07% 11,55% 5,83% 4,94% Multiplikativ vervollständigtes, kumuliertes Abwicklungsdreieck

Ri s.e.(Ri) Ci1 Ci2 Ci3 Ci4 Ci5 Ci6 0 0 4370 6293 10292 12460 13660 14307

442 255 2701 5291 7162 8945 9338 9780,291396 599 4483 6729 10074 11142 11971,21 12538,222760 992 3254 5804 8351 9873,58 10608,39 11110,86

11868 2332 8010 12118 18028,02 21314,95 22901,25 23985,9511964 2851 5582 8864,22 13187,35 15591,71 16752,08 17545,53

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Tabelle 3.2.2 Rechenregeln für bedingte Erwartungswerte Definitionen: Seien X, Z ZV und FX|Z=z(x) = P(X≤x | Z=z) = P(X≤x, Z=z) / P(Z=z) die bedingte Verteilung von X unter der Bedingung Z=z. Dann heißt der zugeh. Erwartungswert E(X|Z=z) „bedingter Erwartungswert von X unter der Bedingung Z=z“. Läßt man z variieren, erhält man eine von Z abhängende ZV E(X|Z), die „bedingte Erwartung“ heißt.

( ) ( )( )Cov(X, Y | Z): E X E(X | Z) Y E(Y | Z) | Z E(XY | Z) E(X | Z) E(Y | Z) ,= − ⋅ − = − ⋅

( )( )2Var(X | Z): Cov(X, X | Z) E X E(X | Z) | Z .= = −

Regeln: (1) ( )E E(X | Y, Z) | Y E(X | Y)= bzw. E[E(X |A ) |B ] = E(X |B ) für σ-Algebren A ⊃ B

(Satz vom iterierten Erwartungswert), insbesondere ( )E(X) E E(X | Z) ,=

( ) ( )Var(X) E Var(X | Z) Var E(X | Z) ,= +

( ) ( )Cov(X, Y) E Cov(X, Y | Z) Cov E(X | Z), E(Y | Z) .= +

(2) ( )E X f (Z) | Z f (Z) E(X | Z)⋅ = ⋅ für eine beliebige Funktion f von Z, insbesondere

( )E f (Z) | Z f (Z) ,= E(aX b | Z) aE(X | Z) b+ = + für konstante a, b .

(3) E(X | Z) E(X | Y, Z)= für unabhängige Y, (X, Z) [oder X, Y bedingt unabh., gegeben Z] insbesondere E(X | Z) E(X)= für unabhängige X, Z .

Beispiel: diskret ik kP(X i, Z k) p P(Z k) p+= = = => = =

=> ik

k

P(X i, Z k) pP(X i | Z k)P(Z k) p+

= == = = =

=

iki

i ik

pE(X | Z k) i i p E(X)p +

+

= = = =∑ ∑ , wenn X,Z unabh. <=> pik = pi+p+k

[ ] ik

k i k

pE E(X | Z) i P(Z k)p+

⎛ ⎞= =⎜ ⎟

⎝ ⎠∑ ∑

ik ik,i i

i p i p E(X)+= = =∑ ∑

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3.3. Chain-Ladder-Verfahren 3.3.1. Methode und Modell Statt Cin = Si1 + ... + Sin (additiv, 3.2.)

jetzt Cin = Ci1 ⋅ Fi1 ⋅ ... ⋅ Fi,n–1 (mult.) mit Fik = i,k 1ik

ik

C(C 0)

C+ ≠

Übertragen früherer Erfahrungen heißt hier E(Fik) = fk unabhängig von i. (*)

n k

iki 1

1 F ,n k

=− ∑ α = 0

n kik

k ikn ki 1

jkj 1

Cf FC

α−

−α=

=

= =∑∑

n k n k

i,k 1 iki 1 i 1

C C ,− −

+= =∑ ∑ α = 1 (Volumen Cik)

n k n k

2ik i,k 1 ik

i 1 i 1

C C C ,− −

+= =∑ ∑ α = 2 (Regression von Ci,k+1 nach Cik durch 0)

„durchschnittlicher Steigerungsfaktor von Abwicklungsjahr k auf k+1“

inC = Ci,n+1–i ⋅ n 1 i n 1ˆ ˆf ... f ,+ − −⋅ ⋅ („Chain Ladder”)

iR = in i,n 1 iC C + −− Probleme: Fik, Fi,k+1 bzw. k k 1

ˆ ˆf , f + erscheinen neg. korreliert,

inC benutzt nicht Ci1, ..., Ci,n–i und nicht E(Ci,n+1–i) ∑−+

=−⋅⋅

−+≈

i1n

1kinkik f...fC

i1n1 .

Zahlenbeispiel siehe Tabelle 3.2.1.

Modell (CL1) E(Fik|Ci1, ..., Cik) = fk , 1 ≤ k ≤ n–1, (Spezialfall von (*)) ( oder gleichwertig E(Ci,k+1|Ci1, ..., Cik) = Cikfk ) (CL2) Anf.Jahre {Ci1, ..., Cin} , 1 ≤ i ≤ n , sind unabhängig (Keine Unabhängigkeit der Zuwächse Sik innerhalb eines Anfalljahrs!) Ziel: Schätze E(Ri|Di) mit Di = {Ci1, ..., Ci,n+1–i} und nicht E(Ri) (waren in 3.2. identisch, siehe Bem. (1) unten), denn E(Ri) = E[E(Ri|Di)] mittelt zusätzlich über alle Abwicklungen Di, die auch noch möglich gewesen wären, aber nicht eingetreten sind.

In Extremfällen ist E(Cin) < Ci,n+1–i möglich, auch wenn stets Ci,n+1–i < Cin gilt.

Entsprechend ist der mean squared error von iR definiert durch 2i i i i

ˆ ˆmse(R ) : E (R R ) | D⎡ ⎤= −⎣ ⎦ .

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Bem. (1) Gemäß dem Modell von 3.2. ist E(Ri|Di) = E(Si,n+2–i|Di) + ... + E(Sin|Di) = E(Si,n+2–i) + ... + E(Sin) = E(Ri) (2) E(Ri|Di) = E(Cin – Ci,n+1–i|Di) = E(Cin|Di) – Ci,n+1–i Satz 1 (CL1) => E(Cin|Di) = Ci,n+1–i f n+1–i ⋅ ... ⋅ fn–1 Beweis: Mit Dik: = {Ci1, ..., Cik} ist E(Cin|Di) = in i,n 1 iE(C | D )+ −

= in i,n 1 i,n 1 iE E(C | D ) D− + −⎡ ⎤⎣ ⎦ (wegen Di,n–1 ⊃ Di,n+1–i)

i,n 1 n 1 i,n 1 i

CL1E C f D− − + −

⎡ ⎤= ⋅⎣ ⎦

= i,n 1 i,n 1 i n 1E C D f− + − −⎡ ⎤⎣ ⎦

= usw. = i,n 1 i i,n 1 i n 1 i n 1E C D f ... f+ − + − + − −⎡ ⎤ ⋅ ⋅⎣ ⎦

= Ci,n+1–i fn+1–i ⋅...⋅ fn–1 Satz 2 (CL1), (CL2) => 1 n 1

ˆ ˆf ,..., f − sind erwartungstreu und unkorreliert

mit ( )n 1 i n 1 n 1 i n 1 i n 1ˆ ˆE f ... f |B f ... f+ − − + − + − −⋅ ⋅ = ⋅ ⋅

wobei Bk: = {Cij | j ≤ k, i+j ≤ n+1} , 1 ≤ k ≤ n . k

Beweis : ik k ik i1 ik k

CL2 CL1E(F | B ) E(F |C , ...,C ) f= =

Bk

n k

ikk k ik k kn k

i 1jk

j 1

CˆE(f | B ) E(F | B ) fC

α−

−α=

=

= =∑∑

k k k

ˆ ˆE(f ) E E(f | B )⎡ ⎤= ⎣ ⎦ [ ]k kE f f= = => erwartungstreu

j < k => j k j

ˆ ˆE(f f | B ) j k k jˆ ˆE E(f f | B ) | B⎡ ⎤= ⎣ ⎦

j k k jˆ ˆE f E(f | B ) | B⎡ ⎤= ⎣ ⎦

j j k j kˆE f | B f f f⎡ ⎤= ⋅ =⎣ ⎦ => unkorreliert

Daraus folgt auch sofort n 1 i n 1 n 1 i n 1 i n 1ˆ ˆE(f ... f | B ) f ... f+ − − + − + − −⋅ ⋅ = ⋅ ⋅

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Satz 3: Die Chain-Ladder-Reserve iR ist Di-bedingt erwartungstreu Beweis: i i

ˆE(R | D ) ( )i,n 1 i n 1 i n 1 i,n 1 i iˆ ˆE C f ... f C | D+ − + − − + −= ⋅ ⋅ −

( )i,n 1 i n 1 i n 1 iˆ ˆC E(f ... f | D ) 1+ − + − −= ⋅ ⋅ −

( )i,n 1 i n 1 i n 1 n 1 i iˆ ˆC E E(f ... f | B ) | D 1+ − + − − + −

⎡ ⎤= ⋅ ⋅ −⎣ ⎦

n 1 i n 1f ... f+ − −⋅ ⋅

( )i,n 1 i n 1 i n 1C f ... f 1+ − + − −= ⋅ ⋅ − in i i,n 1 iE(C | D ) C + −= − i iE(R | D )= 3.3.2. Genauigkeit von iR Hinter k ik ik ikf C F Cα α= ∑ ∑ steckt die Varianzannahme (vgl. Satz 6 in 1.3.2.)

(CL3) Var(Fik|Ci1, ..., Cik) 2k

ik

1 i n ,,

1 k n 1Cα

≤ ≤σ=

≤ ≤ −

d.h. Cik dient als bekanntes Volumenmaß für Ci,k+1 bzw. Fik. Analog zu Satz 7 von 1.3.2 gilt:

n k2 2k ik ik k

i 1

1 ˆˆ C (F f )n k 1

−α

=

σ = −− − ∑ , 1 ≤ k ≤ n-2,

ist ein (Bk-bedingt) erwartungstreuer Schätzer für 2kσ .

(Beweis durch Nachrechnen unter Verwenden von CL1, CL2, CL3)

Problem: 4

2 2 2n 2n 1 n 2 n 32

n 3

ˆˆ ˆ ˆmin , min ( , )ˆ

−− − −

⎛ ⎞σσ = σ σ⎜ ⎟σ⎝ ⎠

Satz 4: (CL1), (CL2), (CL3) =>

( )2 2 2n 1 n 12 2 2 2 2k k k

i i ik k 1 n 1 inn k n k2k n 1 i k n 1 iik ikk

jk jkj 1 j 1

ˆ ˆ ˆ 1 1ˆ ˆˆ ˆˆ ˆs.e.(R ) mse(R ) C f ... f Cˆ ˆ ˆC CfC C

− −

+ −− −α αα α= + − = + −

= =

⎛ ⎞ ⎛ ⎞⎟ ⎟⎜ ⎜⎟ ⎟⎜ ⎜⎟ ⎟⎜ ⎜⎟ ⎟σ σ σ⎜ ⎜⎟ ⎟⎜ ⎜= = + ⋅ ⋅ = +⎟ ⎟⎜ ⎜⎟ ⎟⎜ ⎜⎟ ⎟⎟ ⎟⎜ ⎜⎟ ⎟⎜ ⎜⎟ ⎟⎜ ⎜⎟ ⎟⎜ ⎜⎝ ⎠ ⎝ ⎠

∑ ∑∑ ∑

mit ik i,n 1 i n 1 i k 1

ˆ ˆC : C f ... f+ − + − −= ⋅ ⋅

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Beweis von Satz 4

2 2i i i i in in i in

ˆ ˆˆ ˆmse(R ) E (R R ) | D E (C C ) | D mse(C )⎡ ⎤⎡ ⎤= − = − =⎣ ⎦ ⎣ ⎦

( ) 2in in i in i in i in i in i

ˆ ˆ ˆE C E(C | D ) E(C | D ) E(C | D ) E(C | D ) C D⎡ ⎤= − + − + −⎣ ⎦

( )2

in i in i in i in iˆ ˆVar(C | D ) E(C | D ) E(C | D ) Var(C | D )= + − +

= 0 wegen Satz 3 Schätzfehler Zufallsfehler

in iVar(C | D ) in i,n 1 i in i,n 1 iVar E(C | D ) D E Var(C | D ) D− −= +⎡ ⎤ ⎡ ⎤⎣ ⎦ ⎣ ⎦

i,n 1 n 1 i i,n 1 i,n 1 i,n 1 i

CL1Var C f | D E Var(C F | D ) D− − − − −= +⎡ ⎤ ⎡ ⎤⎣ ⎦ ⎣ ⎦

2 2i,n 1 i n 1 i,n 1 i,n 1 i,n 1 iVar(C | D )f E C Var(F | D ) D− − − − −⎡ ⎤= + ⎣ ⎦

2 2

in i i,n 1 i n 1 i,n 1 i,n 1 i,n 1ˆ ˆVar(C | D ) : Var(C | D ) f C Var(F | D )− − − − −= + (Rekursion 1)

in i i,n 1 n 1 n 1 i i,n 1 n 1 n 1 iˆ ˆˆ ˆ ˆVar(C | D ) Var E(C f | B ) D E Var(C f | B ) D− − − − − −

⎡ ⎤ ⎡ ⎤= +⎣ ⎦ ⎣ ⎦

2i,n 1 n 1 n 1 i i,n 1 n 1 n 1 i

ˆ ˆˆ ˆVar C E(f | B ) D E C Var(f | B ) D− − − − − −⎡ ⎤ ⎡ ⎤= ⋅ +⎣ ⎦ ⎣ ⎦

fn–1

2 2i,n 1 i n 1 i,n 1 n 1 n 1 i

ˆˆ ˆVar(C | D ) f E C Var(f | B ) D− − − − −⎡ ⎤= + ⎣ ⎦

2 2in i i,n 1 i n 1 i,n 1 n 1 n 1

ˆ ˆˆ ˆ ˆVar(C | D ) : Var(C | D ) f C Var(f | B )− − − − −= + (Rekursion 2)

Der Schätzer 2

n 1f − für 2n 1f − hat einen Bias

wegen ( )22n 1 n 1 n 1 n 1 n 1 n 1

ˆ ˆ ˆE(f | B ) E(f | B ) Var(f | B )− − − − − −= + = 1n,12

1n2

1n Cf −−− σ+ .

Daher besser n k

2 2 2k k k ik

i 1

ˆ ˆf : f C−

=

= −σ ∑ .

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=>

( )2

i i in in i in iˆ ˆˆ ˆs.e.(R : mse(R ) mse(C ) Var(C | D ) Var(C | D )= = = +

( )2 2i,n 1 n 1 i,n 1 i,n 1 i,n 1 n 1 n 1

ˆ ˆˆ ˆmse(C ) f C Var(F | D ) Var(f | B )− − − − − − −= + +

( )n 1

2 2 2ik ik ik k k k 1 n 1

k n 1 i

rekursiv ˆ ˆ ˆC Var(F | D ) Var(f | B ) f ... f−

+ −= + −

= + ⋅ ⋅∑

ik

2kˆ

Cασ

2k

n k

jkj 1

ˆ

C−

α

=

σ

wegen 2i,n 1 i i,n 1 i i,n 1 i i

ˆ ˆmse(C ) E (C C ) | D 0+ − + − + −⎡ ⎤= − =⎣ ⎦

" Ci,n+1–i qu.e.d. Die Gesamtreserve 2 nR R ... R= + +

wird natürlich durch 2 nˆ ˆ ˆR R ... R= + + geschätzt.

Satz 5: Unter (CL1), (CL2), (CL3) ist

( ) ( )2 2n n n 12 2k k

i in jn n ki 2 j i 1 k n 1 i

lkl 1

ˆˆ2 / fˆ ˆˆ ˆs.e.(R) s.e.(R ) C CC

−α= = + = + −

=

⎧ ⎫⎪ ⎪⎛ ⎞ σ⎪ ⎪= +⎨ ⎬⎜ ⎟

⎝ ⎠⎪ ⎪⎪ ⎪⎩ ⎭

∑ ∑ ∑∑

(ohne Beweis)

Beachte, dass ( )2

2

i ii i

ˆ ˆs.e.( R ) s.e.(R )⎛ ⎞ >⎜ ⎟⎝ ⎠

∑ ∑

wegen der Korrelation der iR über die kf . Bem.: Entscheidung bzgl. α z.B. mittels Residuenplots (vgl. 3.3.3) oder der Höhe von s.e. i

ˆ(R )

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63

3.3.3 Überprüfung der Modellannahmen (CL1) E(Ci,k+1|Dik) = Cikfk , 1 ≤ i ≤ n, k fest d.h. Ci,k+1|Dik = Cikfk + εi , E(εi) = 0, vgl. mit Yi = a + xib + εi , 1 ≤ i ≤ n , => (CL1) ist eine lineare Regression durch Ursprung (a = 0) (CL3) => Var(εi) = Var(Ci,k+1|Dik) = 2 2

ik kC −α σ d.h. gewichtete Regression für α ≠ 2 Der übliche KQ-Schätzer

kf so, dass ( )2

n k i,k 1 ik k

2i 1 ik

!ˆC C fmin

C

− +

−α=

−=∑

n k2

ik ik ki 1

ˆC (F f )−

α

=

= −∑

ist identisch mit dem Schätzer von 3.3.1 . Prüfung der Regressionsannahmen (CL1), (CL2)

wie üblich durch Datenplot und Residuenplot:

(gewichtetes) Residuum i,k 1 ik k i,k 1 ik kik 1 / 2 1 / 2

ik ik

ˆ ˆC C f S C (f 1)r

C C+ +

−α −α

− − −= = , 1 ≤ i ≤ n – k

Prüfung auf Kalenderjahreffekte (Verletzung von (CL2))

durch Plot der standardisierten Residuen ik

k

gegen i + k .

Prüfung auf Signifikanz des y-Achsenabschnitts, d.h. gegen i,k 1 ik ik k kE(C | D ) C f g+ = + mittels t-Test k kˆ ˆ| g | 2 s.e.(g )> ⋅ insbesondere bei mindestens 10 Beobachtungen n – k ≥ 10 <==> k ≤ n – 10 .

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64

3.3.4 Reduktion der Parameterzahl Die 2

kˆln( )σ sind häufig approx. linear fallend in k d.h. 2 2 ck

kˆ e , 1 k n 1−σ = σ ⋅ ≤ ≤ − bzw. 2 2 ck

i,k 1 ik ikVar(C | D ) C e , 1 i n−α −+ = ⋅ σ ⋅ ≤ ≤ .

Beeinflusst nicht die Schätzung von fk .

Schätze σ2 und c durch gewichtete lineare Regression von 2kˆln( )σ nach k.

Reduktion von n – 1 Parameter 2

kσ auf 2 Parameter σ2, c .

n 1 n 2 n 3 n 4ˆ ˆ ˆ ˆf , f , f , f− − − − beruhen auf nur 1; 2; 3; 4 Datenpunkten

und kf 1− sind für k ≥ k0 ebenfalls häufig loglinear

z.B. 1,01; 1,02; 1,05; 1,10

d.h. fk = 1 + ae-bk , k ≥ n – 4 . Schätzung von a, b durch

Minimieren von ( )2bkn 1 n k

i,k 1 ikˆ2 ck

k n 4 i 1 ik

C C (1 ae ): Q(a,b)

C e

−− −+

−α −= − =

− +=∑ ∑

Reduktion von 4 Param. fk auf 2 Param. a, b bei 10 Beobachtungen

Mit F-Test ( )f

f

Q(a,b) Q 2~ F(2,6)

Q / 6−

wobei 2n 1 n k

i,k 1 ik kf ˆ2 ck

k n 4 i 1 ik

ˆ(C C f )Q

C e

− −+

−α −= − =

−= ∑ ∑

(Qf hat 10 – 4 = 6 df, Q(a,b) hat 8 df) prüfen, ob Modelle fk = 1 + ae–bk bzw. fn–1, fn–2, fn–3, fn–4

sich nicht signifikant unterscheiden. Bem.: 3.3.3 und 3.3.4 lassen sich völlig analog auch auf das Modell 3.2 übertragen.

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65

3.3.5 Verfahrensauswahl

3.2. => i,k 1ik ikk

i i i

!CC S mv v v

−− = ≈ unabhängig von i

d.h. Schadenquoten-Steigungen in Abwicklungsjahr k möglichst gleich für alle i

3.3.1 => i,k 1ik ikk 1

i i i,k 1

!CC Cln ln ln ln fv v C

−−

− = ≈ unabhängig von i

d.h. [Schadenquoten]-Steigungen in ln-Skalierung möglichst gleich für alle i Also prüfe, welcher Plot approx. „parallel“ aussieht.

• ik

i

Cv

≈ mk

i,k 1

i

Cv

− •

• ik

i

Clnv

≈ k 1ln (f )−

ln i,k 1

i

Cv

− •

k-1 k

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3.4. Kreuzklassifizierte parametrische Verfahren Satz 6: Alle Cik seien positiv. Dann sind die beiden folgenden Modellklassen (A) und (B) identisch: (A) Es gibt Parameter f1, f2, …, fn-1 mit fk = E(Ci,k+1)/E(Cik)

für 1 ≤ i ≤ n , 1 ≤ k ≤ n–1 . (B) Es gibt Parameter xi > 0 , 1 ≤ i ≤ n , und yk , 1 ≤ k ≤ n , mit y1 + ...+ yn = 1 und E(Sik) = xiyk für alle i, k . Beweis: (A) => (B): (A) => E(Cin) = E(Cik) fk ⋅ ... ⋅ fn–1 E(Sik) = E(Cik) – E(Ci,k–1)

= i k

1 1in k n 1 k 1 n 1

x y

E(C ) (f ... f ) (f ... f )− −− − −⎡ ⎤⋅ ⋅ − ⋅ ⋅⎣ ⎦ für 1

n n 1k 1; y 1 f −−> = − .

1 1i1 i1 in 1 n 1 1 1 n 1E(S ) E(C ) E(C ) (f ... f ) , d.h. y (f ... f )− −

− −= = ⋅ ⋅ = ⋅ ⋅ und y1 + ... + yn = 1 . (B) => (A): E(Cik) = E(Si1) + ... + E(Sik) = xi(y1 + ... + yk)

=> i,k 1 kk 1

i,k 1 1 k 1

E(C ) y ... y : fE(C ) y ... y −

− −

+ += =

+ +

Bem.: (1) Die Modellklassen (A) bzw. (B)

enthalten das additive (3.2.) und das mult. (3.3.) Verfahren!

(2) Bei zusätzlich angenommener Unabhängigkeit (und Positivität) der Sik, 1 ≤ i, k ≤ n, kann (B) wie die kk Ausgleichsverfahren von 2.2. behandelt werden (vik = 1), denn die Parameter xi, yk können auch auf Basis des Dreiecks mit ML geschätzt werden.

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67

Beispiel zu Bem. (2):

Modell: Sik ~ Poisson (xiyk) (d.h. Anzahl Schäden)

Sik unabhängig => Likelihoodgleichungen = Dreiecks-Marginalsummenbedingungen

(Hi) n 1 i n 1 i

i k ik i,n 1 ik 1 k 1

ˆ ˆx y S C , 1 i n+ − + −

+ −= =

= = ≤ ≤⎡ ⎤⎣ ⎦∑ ∑

(Vk) n 1 k n 1 k

i k iki 1 i 1

ˆ ˆx y S , 1 k n.+ − + −

= =

= ≤ ≤∑ ∑

Satz 7: Sei n k

jkj 1

C 0 , 1 k n−

=

> ≤ <∑ . Dann lautet die Lösung der Dreiecks-Marginalsummen-

bedingungen (Hi), (Vk)

i i,n 1 i n 1 ix C L , 1 i n+ − + −= ⋅ ≤ ≤ k 1

1Ly = für k = 1

k k 1

1 1L L −

− für k > 1

mit k k k 1 n 1 n

ˆ ˆ ˆ ˆL : f f ... f f , 1 k n+ −= ⋅ ⋅ ⋅ ≤ ≤

n k n k

k j,k 1 jkj 1 j 1

f : C C für k n− −

+= =

= <∑ ∑

1 für k = n

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Beweisskizze: Man zeigt

i

i 1 i j,n 1 i n 1 ij 1

ˆ ˆ(X ) x ... x C L , 1 i n++ − + −

=

⎛ ⎞+ + = ⋅ ≤ ≤⎜ ⎟

⎝ ⎠∑

k 1 kk

1ˆ ˆ(Y ) y ... y , 1 k nL

+ + + = ≤ ≤

induktiv in der Reihenfolge n 1 n 1 2Y , X , Y , X , ...+ + + +−

wobei n 1 nˆ ˆY : y ... y 1+ + + = oEdA stets möglich ist.

1X+ folgt dann direkt aus H1 und nY+ usw. Schließlich wird

i,n 1 ii i n 1 i,n 1 i

1 n 1 i

i n 1 iH YCx C L , 1 i n

ˆ ˆy ... y+ −

+ −+ −+ −

++ −== ≤ ≤

+ +

( )k 1 k 1 k 1k k 1

kY 1 1ˆ ˆ ˆ ˆ ˆy y ... y (y ... y ) , k 1L L−

+

== + + − + + − >

11

1Y 1yL

+

=

Satz 8: Im obigen Poissonmodell ist die Chain-Ladder-Reserve mit α = 1 der Maximum- Likelihood-Schätzer. Bem.: Dies gilt nur bei vollständigem Abwicklungsdreieck,

d.h. n 1 i

ik i,n 1 ik 1

S C+ −

+ −=

=∑ ist erforderlich, d.h. alle Zuwächse müssen bekannt sein.

Beweis: in i,n 1 i i,n 2 i in

ˆ ˆ ˆC C S ... S+ − + −= + + +

n 1 i

i k i n 2 1 i nk 1

iHˆ ˆ ˆ ˆ ˆ ˆx y x y ... x y

+ −

+ −=

= + + +∑

i 1 nˆ ˆ ˆx (y ... y )= + +

i

Satz 7x=

i,n 1 1 n 2 i n 1

Satz 7ˆ ˆC f ... f+ − + − −= ⋅ ⋅ ⋅ .

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3.5. Das Verfahren von BORNHUETTER/FERGUSON (PCAS 1972) Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass die CL-Reserve )f...f(CR ninin,i

CLi 1111 −⋅⋅= −−+−+

ein unsinniges Ergebnis liefert, wenn Ci,n+1-i = 0 (oder sonst untypisch ist), was in der Rückversicherung nicht ungewöhnlich ist für i = n, n-1. Dies vermeidet die B/F-Reserve ii1n

BFi U)b1(R −+−= ,

wobei Ûi ein Schätzer für den Schadenendstand Ui nach vollständiger Abwicklung ist und

kb ∈ [0; 1] ein Schätzer für den nach k Abw.Jahren bekannten Anteil von Ui ist. Ui berücksichtigt, dass manchmal nach Abw.Jahr n noch weitere Änderungen möglich sind. Wie kommt man zu Ûi?

- Aus der Prämienkalkulation ist der Anteil E(Ui)/vi des erw. Schadens an der Soll-Prämie vi bekannt.

- Darüber hinaus müssen noch konkurrenzbedingte Prämienabriebe und zwischen-zeitliche Änderungen der Schadentrends (zB Inflation) berücksichtigt werden.

Wieso dann nicht i1n,iii CUR −+−= ?

Wenn Ci,n+1-i untypisch ist, sagt es insbesondere auch nichts über den noch ausstehen-den Teil der Schäden aus.

Wie kommt man zu kb ?

ii1nBFi U)b1(R −+−= ==>

i

i1n,i

i

ii

i

ii1n U

CU

RUUR1b −+

−+ ≈−

=−= (im Schnitt).

Also: ∑∑−+

=

−+

=

=i1n

1ii

i1n

1iikk UCb .

Aber, um ungewollte Inversionen 1kk bb +> zu vermeiden,

nimmt man besser die Zuwächse ∑∑−+

=

−+

=

=βk1n

1ii

k1n

1iikk USˆ und k1k

ˆ...ˆ:b β++β= .

iU ist ein sog. A-priori-Schätzer (d.h. vor Berücksichtigung der Schadenerfahrung),

denn mit BFiR ergibt sich natürlich BF

ii1n,ii RCU += −+ (A-posteriori-Schätzer).

Beachte: ii1ni1n,iii UbCUU −+−+ =⇔= . Zusammenhang mit dem Verfahren aus 3.2 Def: Das ZQ-Verfahren mit Tail ergibt sich aus dem ZQ-Verfahren von 3.2

durch Anfügen einer weiteren Spalte Si,n+1 := Ui – Cin und analoger Erweiterung von Modell und Reserveschätzer: E(Si,n+1) = vimn+1, Var(Si,n+1) = 2

1nisv + , )m...m(v)m},v({RR 1ni2ni1nj

ZQTi

ZQTi +−++ ++== .

Der Schätzer 1nm + für die Tailquote muss exogen festgelegt werden.

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Satz 9: (A) })mv({R)m},v({R jBFi1nj

ZQTi ++ = mit 1nn1 mm...m:m ++ +++= .

(B) )ˆ1},U({R})U({R jZQTij

BFi +β−= mit n1

ˆ...ˆ:ˆ β++β=β+ . Beweis: (A) )m...m(v)m},v({R 1ni2ni1nj

ZQTi +−++ ++=

( ) })mv({Rm/)m...m(1mv jBFii1n1i ++−++ =++−=

wegen ++ ===β ∑∑∑∑ m/mmvSUSˆkiikiikk .

(B) ( ) ( )+−+−+ β−+β++β=β++β−= ˆ1ˆ...ˆU)ˆ...ˆ(1U})U({R ni2nii1n1ijBFi

)ˆ1},U({R jZQTi +β−=

wegen kiikiikkˆUSvSm β=== ∑∑∑∑ , 1 ≤ k ≤ n. □

Durch diese Äquivalenz mit dem ZQT-Verfahren ergibt sich folgendes stochastisches Modell für BF: (BF1) Alle Sik, 1 ≤ i ≤ n, 1 ≤ k ≤ n+1, sind unabhängig. (BF2) E(Sik) = uiβk mit unbekannten Parametern ui, βk mit oEdA β1+…+βn+βn+1 = 1. (BF3) Var(Sik) = uisk

2 mit unbekannten sk2.

Gemäß der tradierten B/F-Vorgehensweise hat man für ui externe A-priori-Schätzer Ûi , mit deren Hilfe man auch Schätzer ∑∑ −+

=

−+

==β

i1n

1i ii1n

1i ikk USˆ , 1 ≤ k ≤ n, erhält. Wegen E(Ri) = E(Si,n+2-i+…Si,n+1) = ui(1 – (β1+…+βn+1-i)) ergibt sich damit

( ) ,ˆ...ˆb,b1UR k1ki1niBFi β++β=−= −+ wie bisher.

Der Zufallsfehler Var(Ri) = ( )2

1n2

i2ni s...su +−+ ++ kann mittels

( )∑−+

=

β−−

=k1n

1iikiik

2k UˆUS

kn1s 1 ≤ k ≤ n-1,

und Extrapolation von 21n

2n s,s + geschätzt werden. Der Schätzfehler

( ) )b(VarU)b1)(U(Var)b1(UVar)R(Var i1n2i

2i1nii1nii −+−+−+ +−≈−=

benötigt externe Schätzer für Var(Ûi) und Var( kb ). (Die kβ sind negativ korreliert ==> ))b(Var)ˆ(Var...)ˆ(Var kk1 >β++β

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4. Risikoteilung 4.1. Das Kollektive Modell 4.1.1 Das Kollektive Modell für den Gesamtschaden eines Portefeuilles von Risiken Def.: Gegeben sei ein beliebiges Portefeuille von Risiken in einer festen Periode. Die Modellannahmen des Kollektiven Modells lauten:

(1) Die Schadenhöhe Xn jedes Schadenfalls n, 1 ≤ n ≤ N, ist unabhängig von der (zufälligen) Gesamtzahl N der Schadenfälle.

(2) Die Schadenhöhen X1, X2, ..., XN sind iid. Bez.: S = X1 + X2 + ... + XN heißt Gesamtschaden (S = 0 falls N = 0). X habe dieselbe Verteilung F wie X1, ..., XN. Bemerkungen: zu (1): Die Unabhängigkeit ist evtl. verletzt bei Naturgefahren- oder Konjunktur-Einflüssen, die Schadenzahl und -höhe zugleich beeinflussen, z.B. Winter mit viel Glatteis in KH. zu (2): Die Unabhängigkeit ist weitgehend unproblematisch, ggfs. Zusammenfassung abhängiger Policen (z.B. Gebäude/Inhalt) zu 1 Risiko. Die identische Verteilung erscheint irreal angesichts unterschiedlich großer Risiken (VSn), aber es geht hier nicht um die Verteilung der Schäden zu bestimmten Risiken, sondern um die Mischverteilung

der Schadenhöhen aller im Portefeuille befindlichen Risiken. F ist die Verteilung, die man beobachtet, wenn man die Schadenhöhen der Reihe nach notiert, also nicht weiß, welches Risiko den nächsten Schaden verursacht, vgl. Tabelle 4.1.1 und Abbildungen 4.1.2 – 4.1.3.

Relevante Verteilungsmodelle für die Schadenhöhe X sind die Lognormal-V (ln(X) ist nor-malverteilt), die Pareto-V (ln(X/b) ist exponentialverteilt) und die Nullpunkt-Pareto-V (X+b ist paretoverteilt), vgl. Tabelle 4.1.4. Relevante Verteilungsmodelle für die Schadenzahl N sind die Poisson-V und die Negative Binomial-V, vgl. Tabelle 4.1.5. Die NBV entsteht aus der Poisson-V, wenn der Poisson-Parameter θ von Jahr zu Jahr (oder von Risiko zu Risiko) gemäß einer Gamma-V variiert, d.h. N|θ ~ Poisson (θ) und θ ~ Gamma (μ,α) => N ~ NegBin (α,p) mit p = α/(μ+α). Bei Poisson ist Var(N) = E(N), bei NBV Var(N) > E(N).

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Tabelle 4.1.1 Schadenhöhenverteilung aus der Feuerversicherung Intervall- Anzahl mittlere Schaden- Untergrenze Schäden Schadenhöhe Dichtigkeit ci Ai Mi Ai/(ci+1−ci) 0 305 0,23 610

0,5 259 0,74 518

1 374 1,47 374

2 264 2,47 264

3 199 3,49 199

4 163 4,51 163

5 125 5,54 125

6 178 7,01 89

8 139 9,04 69,5

10 98 11,0 49

12 112 13,5 37,3

15 111 17,6 22,2

20 141 25,0 14,1

30 147 39,0 7,35

50 152 71,1 3,04

100 93 136 0,93

200 64 310 0,213

500 20 705 0,04

1.000 13 2.346 0,00325

5.000 4 8.317

2.961 47,6

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Abb. 4.1.2 Schadendichtigkeit zu Tabelle 4.1.1 (Feuerversicherung)

-8-6-4-202468

-2 0 2 4 6 8 10

ln(Schadenhöhe)

ln(S

chad

endi

chtig

keit)

Abb. 4.1.3 Lognormalverteilung zu Abb. 4.1.2 (Parameter µ = 1,61, σ = 1,96)

-8

-6

-4

-2

0

2

4

6

8

-2 -1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9

ln(Schadenhöhe)

ln(S

chad

endi

chte

)

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Tabelle 4.1.4 Verteilungsmodelle für die Schadenhöhe Lognormal-Verteilung (Formparameter σ, Skalenparameter b = eμ)

F(x) ln(x) 1 xln , x 0b

− μ ⎛ ⎞⎛ ⎞ ⎛ ⎞= Φ = Φ >⎜ ⎟ ⎜ ⎟⎜ ⎟σ σ⎝ ⎠ ⎝ ⎠⎝ ⎠

f(x) ( )2

22

ln(x)1 exp2x 2

⎛ ⎞− μ= −⎜ ⎟

⎜ ⎟σπσ ⎝ ⎠

E(Xk) 2 2 k 2 2exp(k k / 2) b exp(k / 2)= μ + σ = ⋅ σ , k = 1, 2, ... Pareto-Verteilung (Formparameter α, Skalenparameter b)

F(x) b1 , x b, 0x

α⎛ ⎞= − > α >⎜ ⎟⎝ ⎠

f(x) 1b xα −α−= α ==> ln(f(x)) = ln(αbα) – (α+1)ln(x)

E(Xk) kb , kk

α= ⋅ < α

α −

Nullpunkt-Pareto-Verteilung (Formparameter α, Skalenparameter b)

F(x) b1 , x 0, 0b x

α⎛ ⎞= − > α >⎜ ⎟+⎝ ⎠

f(x) 1b (b x)α −α−= α +

E(Xk) k

1k

b , k( )α−= < α

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Tabelle 4.1.5 Verteilungsmodelle für die Schadenzahl Poissonverteilung (Parameter θ) Zähldichte P(N = n) = e–θ θn/n! , n = 0, 1, ...

Rekursion P(N = n) = P(N = n–1) ⋅ θ/n ,

E(N) = θ , Var(N) = θ , E(N–E(N))3 = θ Negative Binomialverteilung (Parameter α, p) N = Anzahl Misserfolge vor dem α-ten Erfolg

Zähldichte P(N = n) = nn 1n p (1 p) ,( ) αα+ − − n = 0, 1, ...

Rekursion P(N = n) = P(N = n–1) ⋅ (1–p) ⋅ (n+α–1) /n

E(N) = α(1–p) /p , Var(N) = E(N) /p , E(N–E(N))3 = Var(N) (2–p) /p Hauptziel des Kollektiven Modells ist die Berechnung der Gesamtschadenverteilung G(s) von S aus den Verteilungen von X und N, insbesondere für s >> E(S), denn S ist wegen ständiger Volumenänderung des Portefeuilles praktisch nur ein einziges Mal beobachtbar. Man braucht G insbesondere zur Bestimmung des Sicherheitskapitals und für bestimmte Formen der Risi-koteilung. Die (zweiparametrischen) V-Modelle des Individuellen Modells (z.B. Gamma-V) liefern nur in der Nähe des Erwartungswerts eine brauchbare Approximation, und auch das nur bei homogenen Risikogruppen. Eine etwas bessere Approximation von G liefern nach rechts verschobene, rechtsschiefe Verteilungen, z.B. S ≈ b + Y mit Y ∼ Gamma. Zur Bestim-mung der 3 Parameter verwendet man dabei E(S), Var(S) und die Schiefe von S. Satz 1: Im Kollektiven Modell gilt:

(1) E(S) = E(E(S|N)) = N N

nn 1 n 1

E E(X |N) E E(X)= =

⎛ ⎞ ⎛ ⎞=⎜ ⎟ ⎜ ⎟⎝ ⎠ ⎝ ⎠∑ ∑ = E(N ⋅ E(X)) = E(N)E(X)

(2) Var(S) = Var(E(S|N)) + E(Var(S|N))

= Var(N ⋅ E(X)) + E(N ⋅ Var(X))

= Var(N) ⋅ (E(X))2 + E(N)Var(X)

(3) G(s): = P(S ≤ s) = 1 nn 0 n 0

P(N n, S s) P(N n, X ... X s)∞ ∞

= =

= ≤ = = + + ≤ =∑ ∑

*n1 n n

n 0 n 0

P(N n) P(X ... X s) p F (s)∞ ∞

= =

= = + + ≤ =∑ ∑

mit pn: = P(N = n), { }*n *(n 1) *1 *0

x 0F (s) F (s x)dF(x), F (x) F(x),F (x) 1−≥= − = =∫ .

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4.1.2 Das Verfahren von PANJER Die Berechnung der Gesamtschadenverteilung gemäß Formel (3) von Satz 1 ist wegen der unendlichen Summe problematisch. Eine beliebig genaue Approximation der Gesamtschaden-V liefert das Verfahren von PANJER: Dazu muss zuerst F durch eine arithmetisch diskrete Verteilung F einer Zufallsvariablen X approximiert werden, d.h.

k 0 1 KP(X kh) : f , f f ... f 1,= = + + + = mit Diskretisierungsschrittweite h > 0. 1. Schritt: Diskretisierung von F Es gibt viele Möglichkeiten, F arithmetisch zu diskretisieren. Man sollte dies aber möglichst so machen, dass auch Erwartungswert und Varianz von F und F übereinstimmen. Dies ist weder bei fk = f(kh) (mit der Dichte f von F) noch bei fk = F((k+0,5)h) – F((k–0,5)h) der Fall. Daher das nachstehend beschriebene local moment matching-Verfahren: Bestimme W-Gewichte ai, bi, ci, i = 0, 2, 4, ..., K-2 (K geradzahlig) so, dass

i i ia b c+ + (i 2)h

ih

dF(x)+

= ∫

( )i i ih ia (i 1)b (i 2)c+ + + +

(i 2)h

ih

xdF(x)+

= ∫

( )2 2 2 2i i ih i a (i 1) b (i 2) c+ + + +

(i 2)h2

ih

x dF(x)+

= ∫ .

Dies ist ein lineares Gleichungssystem in ai, bi, ci und daher stets eindeutig und explizit lösbar. Der etwa verbleibende Vert.Schwanz rechts von Kh kann durch ein einziges zusätzliches Atom z > Kh berücksichtigt werden. Setze f0: = a0

fk: = bk–1 falls k ungerade ck–2 + ak falls k gerade und 0 < k < K

fK: = cK–2 . a0 b0 c0 a4 b4 c4 ... a2 b2 c2 ... 0 1 2 3 4 5 6 ...

Letztlich ist K K K

2 2 2k k k

0 0 0

f 1, h kf E(X), h k f E(X )= = =∑ ∑ ∑ .

Die Verteilung 1 NG von S X ... X= + + ist dann ebenfalls arithmetisch diskret mit Schritt- weite h, d.h. { }k kG g mit g P(S kh), k 0, 1, 2, ...= = = =

2. Schritt: Rekursionsformel für N Für die relevanten Schadenzahl-V Poisson und Neg.Binomial gilt die Rekursion

( )n n 1bnp a p , n 1:−= + ≥

N ~ Poisson ( )θ => a = 0, b = θ N ~ NegBin (p, α) => a = 1–p, b = (α–1) (1–p) .

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Dies ist die entscheidende Voraussetzung für den folgenden Satz 2: (PANJER 1980) Gilt für die Verteilung ( )n n 0

p P(N n) ∞

== = der Schadenzahl N

die Rekursion n n 1bnp (a )p , n 1,−= + ≥ und ist die Verteilung ( )k k 0

f ∞

= der Schadenhöhen

nX arithmetisch diskret, d.h. n k kk 0

P(X kh) f , k 0; 1; ..., f 1∞

=

= = = =∑ , so kann die

ebenfalls arithmetisch diskrete Verteilung ( )k k 0g P(S kh)

== = des Gesamtschadens

N

nn 0

S X=

= ∑ rekursiv berechnet werden gemäß

( )k

k j k jj 10

b jk

1g a f g , k 11 af −

=

⋅= + ≥− ∑

p0exp(bf0) falls a = 0 (d.h. g0 = exp(– θ (1–f0)))

00 1 b / a

0

pg(1 af ) +=

− falls a ≠ 0

(Falls bei großem Portefeuille p0 nicht computer-darstellbar ist, so einfach mit einer belie-bigen sehr kleinen Zahl g0 anfangen und später normieren auf 1)

Beweis: Für die erzeugenden Funktionen

N nn

0

u(z) : E(z ) p z∞

= = ∑

X / h kk k

0

v(z) : E(z ) f z , (f 0 für k K)∞

= = = >∑

S/ h kk

0

w(z) : E(z ) g z∞

= = ∑

gilt w(z) = ( ) ( )N1 X / hX / hS / h S / hE(z ) E E(z | N) E E(z ... z | N)= = ⋅ ⋅ =

= ( ) ( )X / h N NE E(z ) E v(z) u v(z) .( ) ( )= =

=> g0 = w(0) = u(v(0)) = u(f0) = nn 0

0

p f∞

∑ ergibt z.B. im Poissonfall n

np en!

−θ⎛ ⎞θ=⎜ ⎟

⎝ ⎠

0 0n

n 0n 0

0 0

f (1 f )( f )p f e en!

e∞ ∞

θ −θ −θ −−θθ= = =∑ ∑ wie oben

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78

Wegen npn = n 1 n 1 n 1(na b)p a(n 1)p (a b)p− − −+ = − + + ist

u'(z) = ( )n 1 n 1n n 1

0 1

np z a(n 1) a b) p z∞ ∞

− −−= − + +∑ ∑

= ( )n nn n

0

anp z (a b)p z au '(z)z (a b)u(z)∞

+ + = + +∑

=> w'(z) ( )u ' v(z) v '(z)= ⋅

( ) ( )a u ' v(z) v(z) v '(z) (a b) u v(z) v '(z)= ⋅ ⋅ ⋅ + + ⋅ ⋅ a w '(z) v(z) (a b) v '(z) w(z)= ⋅ ⋅ + + ⋅ ⋅ oder in Potenzreihenschreibweise

k kk k k

k 1 m 1 k m m 1 k mk 0 k 0 m 0 m 0

(k 1)g z a (m 1)g f z (a b) (m 1)f g z∞ ∞

+ + − + −= = = =

⎛ ⎞+ = + + + +⎜ ⎟⎝ ⎠

∑ ∑ ∑ ∑

und Koeffizientenvergleich ergibt die Rekursions-Behauptung. Für den Startwert schreiben wir u ' (z) = azu ' (z) + (a+b)u(z) in der Form

( )d u '(z) a bln u(z)dz u(z) 1 az

+= =

und erhalten durch direkte Integration

ln(u(z)) – ln(u(0)) z

0

a + b dt1 at

= =−∫ bz falls a = 0

a b ln(1 az)a+

− − falls a ≠ 0

d.h. a b

abzu(z) u(z)e für a 0 bzw. (1 az) für a 0u(0) u(0)

+−= = = − ≠

woraus sich wegen u(0) = p0 der Startwert g0 = w(0) = u(v(0)) = u(f0) für z = f0 wie behauptet ergibt. Beispiel siehe Grafiken

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79

4.2. Formen und Gründe der Risikoteilung X = Einzel- oder Gesamtschaden prop. RT nichtprop. RT X = cX + (1–c) X X = min (X,a) + max (X–a,0) 0 < c < 1 a > 0 Formen für RT zwischen VN und VU:

Prozenttarife (PKV) (Abzugs)Franchise (z.B. Autokasko) Unterversicherung Erstrisikodeckungen (Haftpflicht) Mitversicherung Jahresfranchise (PKV ambulant) Gründe für RT zwischen VN und VU:

• Ausschluss von Kleinschäden (nur nichtprop.) • Beeinflussung des moralischen Risikos • Kostenreduktion (wenn VN sich für ein überdurchschnittlich gutes Risiko hält) Gründe und Formen für RT zwischen VU und RVU = RückV = RV, Erst-Vr = EVU, Rück-Vr = RVU zur Verringerung des versicherungstechnischen Risikos (vgl. 1.2.1 und 1.2.2) Entstehung der RV durch Städtebrände = Kumulschäden Quoten-RV Einzelschadenexzedenten-Rückversicherung Summenexzedenten-RV Kumulschadenexzedenten-Rückversicherung Jahresüberschaden-Rückversicherung (Stop Loss)

bel. (z.B. Höchstschaden-RV) Definition der RV-Formen

Sei I N

i ni 1 n 1

S R X= =

= =∑ ∑ der Jahresgesamtschaden des EVr (in einer Branche)

Ind.Mod. Koll.Mod. Quoten-RV

Selbstbehalt (SB): S c S, 0 c 1= ⋅ < <

RV: S (1 c)S≈

= −

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80

Summenexzedenten-RV (SX)

SB I

i ii 1

S c R=

= ∑ mit ci = 0

i

umin ,1u

⎛ ⎞⎜ ⎟⎝ ⎠

, ui = VS von Ri

u0 = „Maximum des SB“

RV I

i ii 1

S (1 c )R=

≈= −∑

in praxi limitiert, d.h. I

i ii 1

S min(1 c ,d)R=

≈= −∑ mit 0 < d < 1

Bem.: (1) 0 0i i

0i i

iu u u u

uS R Ru≤ >

= + ⋅∑ ∑

(2) RVr übernimmt also einen umso größeren Teil, je höher die VS des Risikos ist. Er bezahlt daher bei hoher VS auch von kleinen Schäden einen hohen Anteil. Einzelschadenexzedenten-RV (XL)

SB N

nn 1

S min(a,X )=

= ∑ mit „Priorität“ a > 0

( )N N

n n nn 1 n 1

S X min(a,X ) max(X a,0)= =

≈= − = −∑ ∑

in praxi limitiert, d.h. ( )N

nn 1

S min max(X a,0),h=

≈= −∑ mit h > 0

Bem.: (1)

n n

nX a X a

S X a≤ >

= +∑ ∑

(2) Layeridentität min(max(X–a,0),h) = min(X,a+h) – min(X,a) = max(X–a,0) – max(X–(a+h),0)

Kumulschadenexzedenten-RV (Cat XL)

S = N N

n mn 1 m 1

**X X

= =

=∑ ∑

(zeitl.Numerierung)

durch Zusammenfassen all der Xn, die zum gleichen Ereignis gehören, zu einem m

m

m 1

nn n

n 1*X X

+

=

= ∑

N

mm 1

**S min (X ,a*)

=

= ∑

N

mm 1

**S max (X a*,0)

=

≈= −∑ in praxi limitiert, d.h. ( )

N

mm 1

**S min max(X a*,0),h *

=

≈= −∑

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81

Stop Loss RV (SL)

S = min (S, s0,)

S max≈

= (S – s0, 0), in praxi limitiert, d.h. ( )0 1S min max(S s ,0),s≈

= −

Problemstellungen

• Auswirkung auf Schadenverteilung → 4.3. • Entscheidung über Form und Umfang der RT → 4.4. 4.3. Einfluss der Risikoteilung auf die Schadenverteilungen im Koll. Modell 4.3.1. prop. RV Quote: S cS= s s

c cG(s) : P(S s) P(cS s) P(S ) G( )= ≤ = ≤ = ≤ = ( ) ( )d s s1c c cdsg(s) : G '(s) G g= = = k k kE(S) c E(S) , E(S ) c E(S )= = 2Var(S) c Var(S) , Sta(S) cSta(S)= = Vko(S) Vko(S)=

( )

3

3E(S ES)Sch(S) Sch(S) :

Sta(S)−

= = „Schiefe“

aber

( ) ( )bcP(S E(S) b) P S E(S) P S E(S) b> + = > + < > +

Sicherheitskapital

d.h. die einjährige Ruinwahrscheinlichkeit wird kleiner bzw. die Sicherheitswahrscheinlichkeit wird größer.

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82

SX: bewirkt Vko(S) Vko(S), Sch(S) Sch(S)< < (ohne Beweis) Beispiel: 1.000 unabhängige Unfalltod-Policen Ri mit p = 1 ‰ Todesfall-W, d.h. E(N) = 1: 600 à 30.000 VS ui 300 à 50.000 100 à 100.000

E(Ri) = pui => E(S) = 600 · 30 + 300 · 50 + 100 · 100 = 43.000

=> Selbst bei N = E(N) = 1 und Nettoprämie = 43.000 ergibt sich Verlust, falls der Schaden eine der 400 hochsummigen Policen trifft.

SX mit u0 = 30.000

=> E(S) = 0

ii i

0 0i iu u u u

uu

E(R ) E(R )≤ >

+∑ ∑

= 600 · 30 + 300 · 30 3050 10050 100 100⋅ + ⋅ ⋅

= 18.000 + 9.000 + 3.000 = 30.000

Bei Nettoprämie 30.000 kann der rechnungsmäßige Schaden bezahlt werden, egal welche Police er trifft.

SX hat Variabilität der Schadenhöhe voll eliminiert!

Var(Ri) = p(1–p)ui2

Var(S) = 999 · (600 · 302 + 300 · 502 + 100 · 1002) = 47.8302

=> Vko(S) = 47.83043.000 = 1,11

Var(S) = 999 · (1.000 · 302) = 29.9852 => Vko(S) = 1,00

Var(S)≈

= 999 · (300 · 202 + 100 · 702) = 24.6862 => Vko(S)≈

= 1,90 Wenn jeder Schaden Xn in einem Bestand mit unterschiedlich hohen Versicherungssummen ein Totalschaden ist, d.h. = der zugeh. V.S.,

d.h. Xn = Ri(n) = ui(n), z.B. Unfalltod-Versicherung, Risiko-Lebensversicherung

dann fallen SX und XL zusammen:

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83

0SX(u )S = I

i ii 1

c R=∑

= N

i(n) i(n)n 1

c R=

= N

0i(n)

n 1 i(n)

umin ,1 uu=

⎛ ⎞⋅⎜ ⎟⎜ ⎟

⎝ ⎠∑

= N

0 i(n)n 1

min (u ,u )=

= 0

N

0 n XL(u )n 1

min (u ,X ) S=

=∑

4.3.2. Schadenzahl bei nichtprop. RT der Schadenhöhe X

S = N

nn 1

X , X min(X,a), X max(X a,0)=

≈= = −∑

N = N

N≈

= N

nn 1

B=

∑ mit { }nn X aB I >= Indikator-Variable

(Schäden der Höhe 0 zählen nicht!) E(Bn) = 0 · P(Bn = 0) + 1 · P(Bn = 1) = P(Xn > a) =: pa Var(Bn) = pa(1–pa)

E(N)≈

= E(N)E(Bn) = E(N)pa (gemäß Satz 1)

Var(N)≈

= E(N)Var(Bn) + Var(N)(E(Bn))2

= pa(1–pa) E(N) + pa2 Var(N)

Var(N) E(N)≈≈

− = pa2 (Var(N) – E(N)) (Interpretation!)

P(N k)≈

= = n 0

P(N k und N n)∞

=

≈= =∑ (Satz von der totalen W.)

= n 0

P(N k | N n) P(N n)∞

=

≈= = =∑ (Def. der bed. W.)

= ( ) k n ka a

n k

nkP(N n) p (1 p )

∞−

=

= −∑

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84

Satz 3: N ~ Poisson (θ) => N≈

~ Poisson (θpa)

N ~ NegBin (μ, α) => N≈

~ NegBin (μpa, α) mit μ = E(N)

N ~ logarithmisch => N≈

nicht logarithmisch

P(N = n) = np

nr , n = 1, 2, ..., 0 < p < 1 .

Beweis durch Einsetzen in die obige Gleichung für P(N k)≈

= 4.3.3. Nichtprop. RT der Schadenhöhe X

X = min (X,a) , X≈

= max (X–a,0) Stets echte RT mit 0 < F(a): = P(X ≤ a) < 1. Erstrisiko: F(x) P(X x)= ≤ = F(x) = P(X ≤ x) falls x < a 1 falls x ≥ a hat keine stetige Dichte, auch wenn F eine hatte.

kE(X ) = k

0

x dF(x)∞

∫ = ( )k

0

min (x,a) dF(x)∞

∫ Lebesgue-Stieltjes

= ( )a a

k k k k

0 a 0

x dF(x) a dF(x) x f (x)dx a 1 F(a)∞

+ = + −∫ ∫ ∫

(falls F Dichte f hat)

kE(X ) < min ( )k kE(X ), a

Vko(X) < Vko(X) (monoton wachsend in a) (Beweis durch Ableiten nach a) Sch(X) < Sch(X)

anders als bei prop. Teilung von X

Zweitrisiko: X≈

: = aX|X~~ > = X–a|X > a , denn Schäden der Höhe 0 zählen nicht

F(x)≈

= P(X x) P(X a x | X a)≈

≤ = − ≤ >

= P(a X x a) F(a x) F(a)P(X x a | X a)P(X a) 1 F(a)< ≤ + + −

≤ + > = => −

f (x)≈

= f (a x)1 F(a)

+−

, )xa(F)x(F~~ +=

Exponential-Verteilung: 1 xb bf (x) exp( ) f (x) f (x)

≈= − => =

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85

( )

kk

kk a

E X(x a) dF(x)E X E (X a) | X a

1 F(a) 1 F(a)

∞ ≈

⎛ ⎞− ⎜ ⎟⎛ ⎞ ⎝ ⎠= − > = =⎜ ⎟ − −⎝ ⎠

E(X)≈

heißt mittlerer Überschaden x / bF(x) 1 e E(X) b−

≈= − => = konstant, unabhängig von a

a+b1F(x) 1 b (b x) E(X)α −α

α−= − + => = monoton wachsend in a für α > 1 4.3.4. Gesamtschaden bei nichtprop. RT der Schadenhöhe X (im Kollektiven Modell)

N N

n nn 1 n 1

S min (X ,a) X= =

= =∑ ∑

E(S) E(N) E(X)=

( )2Var(S) E(N) Var(X) Var(N) E(X)= +

N N N

nn mn 1 n 1 m 1

S max (X a,0) X X= = =

≈≈≈ ≈

= − = =∑ ∑ ∑

aE(X)E(S) E(N) E(X) E(N)p E(N) E(X)

1 F(a)

≈≈ ≈ ≈ ≈

= = ⋅ =−

2 2

Var(S) E(N) Var(X) Var(N) E(X) E(N) Var(X) Var(N) E(X)≈ ≈ ≈ ≈ ≈ ≈ ≈⎛ ⎞ ⎛ ⎞= + = +⎜ ⎟ ⎜ ⎟

⎝ ⎠ ⎝ ⎠

Satz 4: Vko(S) und Vko(S)≈

sind monoton nichtfallend in a mit

Vko(N) Vko(S) Vko(S) Vko(S)≈

< < < .

Beweis durch Ableiten von Vko(S), Vko(S)≈

nach a . z.B. X ~ Lognormal mit Vko(X) = 4 N ~ Poisson (0,1)

=> ( ) ( ) ( )2

2 2 2Vko(X)Vko(S) Vko(N) 170 13

E(N)= + = ≈

aE(X)

0,01 0,1 1 10 100 ∞

Vko(S) 3,2 3,3 4,3 7,0 10,9 13,0

Vko(S)≈

13,2 14,1 20,8 61,9 466

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86

4.3.5. Der Entlastungseffekt bei nichtprop. RT der Schadenhöhe X Satz 5: Der Entlastungseffekt

r(a):= a

0

E(S) E(X) 1 xdF(x) a 1 F(a)E(S) E(X) E(X)

( )⎛ ⎞= = + −⎜ ⎟

⎝ ⎠∫

hängt nicht von der Schadenzahl N ab, ist stetig und diffbar mit

r(0) = 0 , r(v) = 1 , wobei v = sup{x|F(x) < 1} der Höchstschaden ist

r'(a) = 1 F(a)E(X)− (> 0 für a < v), r''(a) ≤ 0

r'(0) = 1 ,E(X)

r'(v) = 0 , falls F(v-0) = 1

Abschätzung ar(a)E(X)

≤ (insbes. für kleine a)

Abb. 4.3.5.1 Beispiel einer Entlastungseffektfunktion

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1

Abzugsfranchise a (in Relation zum Höchstschaden v)

Entla

stun

gsef

fekt

r(a)

E(X)

r

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87

Man kann SchadenhöhenVert. r '(x)F(x) 1r '(0)

= − zurückgewinnen!!

Flächendarstellung:

E(X) = ( )a

0

xdF(x) a 1 F(a)+ −∫

= ( )a

a0

0

[xF(x)] F(x)dx a 1 F(a)− + −∫

= ( )a a

0 0

a F(x)dx 1 F(x) dx− = −∫ ∫

Insbes. ist ( )∫∞

−==a

dx)x(F1)N(E)X~~(E)N(E)S

~~(E .

Abb. 4.3.5.2 Flächendarstellung des 1. Moments von Erst- und Zweitrisiko

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

Abzugsfranchise

Frak

til F

0 a v

FE(X)

E(X)≈

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88

4.3.6. Risikoteilung und Inflation

Wächst die Schadenhöhe inflationsbedingt von X auf X(1+i), so wird der EE

)a(ri1

ar)X(E

))i1

a,X(min(E

))i1(X(E))a),i1(X(min(E)a(ri <⎟

⎠⎞

⎜⎝⎛

+=+=

++

= ,

d.h. bei np RT genügt eine inflationsgemäße Anpassung der Grundprämie nicht,

es muss auch die Schadengrenze a inflationsparallel erhöht werden!

Beispiel 1:

XL-Priorität 1.000 Nach 3 Jahren (alle Zahlen in 1.000) ist alles z.B. 20% teurer Schadenhöhe EV RV Schadenhöhe EV RV 100 100 - 120 120 - 500 500 - 600 600 - 900 900 - 1.080 1.000 80 1.000 1.000 - 1.200 1.000 200 1.500 1.000 500 1.800 1.000 800 4.000 3.500 500 4.800 3.720 1.080 Zuwachs: 20% 6% 116% Wenn Schäden und Priorität um 20% höher sind:

vor Inflation: nach Inflation: XL-Priorität 1.000 XL-Priorität 1.200 Schadenhöhe SB RV Schadenhöhe SB RV 100 100 - 120 120 - 500 500 - 600 600 - 900 900 - 1.080 1.080 - 1.000 1.000 - 1.200 1.200 - 1.500 1.000 500 1.800 1.200 600 4.000 3.500 500 4.800 4.200 600 Zuwachs: 20% 20% 20%

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89

Beispiel 2:

Für die RV-relevanten Großschäden X ist die Pareto-V F(x) = 1 – (b/x)α, x > b > 0, α > 0,

ein gutes Modell. Bei unlimitierter XL-RV mit Priorität a > b und α > 1 wird

))0,aX(max(E)N(E)X~~(E)N(E)S

~~(E −==

∫∞

−=a

dx))x(F1()N(E

aab

1)N(E

1xb)N(Edxxb)N(E

a

1

a

α∞α−α∞ α−α ⎟

⎠⎞

⎜⎝⎛

−α=⎥

⎤⎢⎣

⎡α−

== ∫ .

Bei Inflation X → X(1+i) bleibt der V-Typ wegen

( )α

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛+

=⎟⎠⎞

⎜⎝⎛

+>=>+=−

)i1/(xb

i1xXPx)i1(XP)x(F1 i

erhalten mit gleichem Formparameter α, aber Skalenverschiebung b → b(1+i). Also

aa

)i1(b1)N(E)S

~~(E )i(

α

⎟⎠⎞

⎜⎝⎛ +

−α= , d.h. α+= )i1(

)S~~(E

)S~~(E )i( .

Ein typischer Wert ist α = 2, d.h. der RVr hat doppelt so viel Inflation wie Original.

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90

4.3.7. Praxis der Prämienkalkulation bei XL-RV Bei Differenzierung nach Risik(oklass)en k erhält man

∑=

−=K

1kkk )( )0,aXmax(E)N(E)S

~~(E

= )S(E)X(E)N(E

)0,aXmax(E)N(Ek

K

1k kk

kk )(∑=

= ∑=

−K

1kkk )S(E)a(r1 )(

d.h. der RVr braucht nur die EE rk und die Nettoprämie E(Sk) zu kennen. Problem: Der RVr kennt in der Regel nur die Schäden X > a/2. Zur Schätzung von F bzw r braucht man aber alle Schäden. Wenn der RVr sich diese Daten mal beschafft/ausgewertet hat, möchte er sie für möglichst viele Länder (Währungen) und Jahre (Inflation) anwenden. In der Sachversicherung (Feuer, …) ist dies tatsächlich möglich, denn dort ist innerhalb einer Risikoklasse k für die Schadenhöhe Xk,i eines einzelnen Risikos i mit VS vi die Annahme Xk,i = viYk,i mit identisch wie Yk verteilten Schadensätzen Yk,i = Xk,i/vi durchaus realistisch. Daher ist dort auch die EV-Prämie für jedes Risiko derselbe %o-Satz der VS. (Der zusätzliche Index k wird jetzt wieder weggelassen.) Damit wird

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛=

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

==i

i

i

ii v

ar)Y(E

va,YminE

)X(E)a,Xmin(E)a(r )(

mit

)Y(E))y,Y(min(E:)y(r = für 0 ≤ y ≤ 1 , und r(y) : = 1 for y ≥ 1 ,

d.h. Y und r sind währungs- und inflationsunabhängig. In der Haftpflicht-V ist das Modell Xi = viY nicht realistisch, da vi hier vom VN frei gewählt wird und eher dessen Risikoaversion widerspiegelt als die objektive Maximalgefährdung. Realistisch ist eher Xi = min(X, vi) mit einer für alle Risiken derselben Klasse gleichen Scha-dengefährdung X. Also

⎪⎩

⎪⎨

≤≤==

i

iiii

va,1

,va0,)v(r~)a(r~

)v,Xmin(E)a,Xmin(E

)a(r )()(

Mit dem EE )a(r~ = E(min(X, a))/E(X) von X. Aber hier sind X und r~ voll währungs- und inflationsabhängig. Entsprechendes gilt natürlich auch für die Original(netto)prämie b(vi) = E(Ni)E(min(X, vi)). Daher benutzen die deutschen Erst- und Rückversicherer in dieser Situation eine Methode, die schon 1936 von Paul Riebesell in seinem Buch “Einführung in die Sachversicherungsmathe-matik” vorgeschlagen wurde. Sei b0 = b(v0) die Nettoprämie für die Standard-VS v0. Für höhere VS empfiehlt Riebesell

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91

b(2v0) = b0(1+z) mit z.B. z = 20% (!). (Beachte: b(2v0) < 2b(v0) nach Satz 5) b(4v0) = b0(1+z)2 , b(2kv0) = b0(1+z)k , b(tv0) = b0(1+z)ld(t) .

Für beliebiges v ergibt sich mit z ∈(0; 1) also die Riebesell-Formel

b(v) = )z1(ld

00

)v/v(ld0 v

vb)z1(b 0

+

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛=+ . (R)

Wenn dies mit dem Kollektiven Modell verträglich ist, müsste wegen b(v) = E(N)E(min(X,v)) gelten

ri(a) = )z1(ld

iii va

)v(b)a(b

)v,Xmin(E)a,Xmin(E)()( +

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛==

und man hätte tatsächlich eine währungs- und inflationsunabhängige Formel (Spezialfall des obigen ri(a) = r(a/vi)). Unter den Annahmen des Kollektiven Modells können wir auf die zugrunde liegende Vertei-lung zurückschließen (vgl. Satz 5):

dx)x(F1)N(E)v,X(min(E)N(E)v(b )(v

0∫ −== ,

( ))v(F1)N(E)v('b −= ,

)N(E)v('b1)v(F −= .

Riebesells Formel ergibt

1)z1(ld

00

0

vv

vb

)z1(ld)v('b−+

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛⋅+= .

Wenn dies für alle v > 0 gilt, lautet die Schadenhöhenverteilung

1)z1(ld

00

0

vv

vb

)N(E)z1(ld1)v(F

−+

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛⋅

+−=

α−

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛−=

1vv1

mit α : )z1(ld1 +−= , α ∈(0; 1) wegen z ∈(0; 1),

v1 : α

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛α−⋅=

/1

0

00 )1(

vsv > 0 , v1 << v0 wegen s0 ≤ v0 ,

s0 : = b0/E(N) = E(min(X,v0)) . Aber: F ist keine Verteilung, da < 0 für v < v1. Und man rechnet leicht nach, dass für die reine Pareto-V

⎪⎩

⎪⎨

>⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛−=

α−

.vxfor0

,vxforvx1)x(*F

1

11

Riebesells Formel nicht gilt, auch nicht im Bereich v > v1.

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92

Satz 6: Für jede stetige Schadenhöhenverteilung F (mit per def. endlichem Erwartungswert) und jedes α = 1–ld(1+z) ∈(0; 1) gibt es ein u > 0, so dass Riebesells Formel (R) in [u; ∞) gilt nach Ersetzen von F(x) durch einen Pareto-Schwanz Fu(x) für x ∈(u; ∞). Beweis: Sei

⎪⎩

⎪⎨

≥⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛⎟⎠⎞

⎜⎝⎛−−+

=α−

.uxfürux1)u(F1)u(F

,uxfür)x(F)x(F )(u

Für v ≥ u gilt

dx)x(F1v

0u )(∫ − = dx

ux)u(F1dx)x(F1

v

u

u

0

)()(α−

∫∫ ⎟⎠⎞

⎜⎝⎛−+−

= α−

−−⎟⎠⎞

⎜⎝⎛

α−−+−

α−

∫ 1u)u(F1

uv

1u)u(F1dx)x(F1 )()()(

1u

0

.

Gemäß Riebesell muss dies proportional zu v1-α = vld(1+z) sein. Daher muss u folgende Bedin-gung erfüllen:

α−

−=−∫ 1u)u(F1dx)x(F1 )()(

u

0

. (*)

Mit

∫ −

−−=α u

0

F

dx)x(F1

)u(F1u1:)u(

)()(

ist also ein u gesucht, so dass αF(u) = α

gilt für gegebenes F und α ∈(0; 1). Tatsächlich ist αF(u) ∈[0; 1] wegen

)()()( )u(F1udx)u(F1dx)x(F1u

0

u

0

−=−≥− ∫∫ .

Partielle Integration von E(min(X, u)) ergibt

∫∫∫∫∞∞

==−≤−=−+00

u

0

u

0

)x(xdF)X(Edx)x(F1dx)x(F1)u(F1u)x(xdF )()()( ,

weswegen u(1–F(u)) → 0 gilt für u → ∞. Also gilt αF(u) → 1 für u → ∞.

Schließlich folgt aus udx)x(F1u

0

)( ≤−∫ die Ungleichung

( ) 1dx)x(F1

)u(F1u)u(F1 u

0

)(≤

−≤−

und damit αF(u) → 0 für u → 0. Insgesamt ist damit gezeigt, αF(u) jeden Wert α ∈(0; 1) annimmt, wenn F stetig ist. Damit gibt es ein u, so dass für v > u die Riebesell-Formel gilt.

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Tabelle einiger Werte von αF(u) für einige Verteilungen F: u/E(X)

Exponential Gamma α = 0.1

Lognormal σ = 1.8

Nullpunkt Pareto α = 1.5

0.01 0.1 1 3 10 30 100

0.005 0.049 0.418 0.842 0.9996

0.092 0.151 0.294 0.442 0.709 0.952 0.9999

0.028 0.185 0.5 0.663 0.815 0.914 0.972

0.0147 0.127 0.545 0.740 0.867 0.928 0.962

Beispiel: Sei z = 20%, d.h. α = 1–ld(1+z) = 1–ln(1+z)/ln(2) = 0.737, und F lognormal mit σ = 1.8. Dann müssen wir gemäß Tabelle die Lognormal-V oberhalb von u mit αF(u) = 0,737, d.h. u ≈ 5⋅E(X) durch eine Pareto-V ersetzen. In der Haftpflicht-V ist E(X) deutlich unter € 50,000, und die VS beginnen bei € 500,000. Also kann Riebesells Formel in dem für EVr und RVr relevanten Bereich eingesetzt werden, zumal Fu oberhalb des (rück-)versicherten Bereichs ohne Auswirkungen auf (R) wieder so abgeändert werden kann, dass der Erwartungswert end-lich bleibt. Zur Überprüfung dieser so genannten „Exposure“-Tarifierung verwenden die RVr die sog.

„Burning-Cost“- oder Erfahrungs-Tarifierung. Hierfür wird die eigene Schadenerfahrung jS~~

des RV-Vertrags in den letzten ca. 5 Jahren j („as-if“, d.h. nach entsprechender Indexierung) verwendet in der Form

∑∑

=

=

+

+ = m

1j j

m

1j j

2m

2m

v

S~~

v)S

~~(E

mit einem geeigneten Volumenmaß vj (z.B. der zugrunde liegenden Originalprämieneinnah-me des EVr) und/oder durch Anpassung einer Schadenhöhenverteilung (z.B. Pareto) an die Schäden X > a/2 in der Form

)X~~(E)N

~~(E)S~~(E 2m2m ++ = ,

wobei )N~~(E 2m+ aus der wie zuvor )S

~~(E 2m+ geschätzten Schadenfrequenz oberhalb a/2 mit Hilfe der Schadenhöhenverteilung auf die Priorität a hochgerechnet wird.

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4.4. Entscheidung über Form und Umfang der RT (am Beispiel der RV) 4.4.1. Synergieeffekt der Rückversicherung

EVr S = Gesamtschaden (pro Jahr für eine beliebige Sparte)

b = zugehörige Prämie (Bruttoprämie minus EV-Verwaltungskosten)

RV R = RV-Schaden, 0 ≤ R ≤ S

b(R) = RV-Prämie (> E(R)) betriebswirtschaftliches Ergebnis:

EVr vor RV: b – S

nach RV: b – S – (b(R) – R) – k1

RVr vor RV: 0 (aus diesem Vertrag)

nach RV: b(R) – R – k2 RV-Kosten k1, k2 sind die durch RV verursachten Verwaltungskosten bei EVr bzw. RVr, die beim

RVr auch seine Gewinnmarge beinhalten, d.h. b(R) ≈ E(R) + k2 . Beispiel, dass die zusätzlichen Kosten k1 + k2 durch Synergieeffekte wettgemacht werden können: S = S0 + S1 mit S0 ~ Normal (μ, σ2) unabhängig S1 ~ Normal (9μ, 2σ2) Sicherheitskapital Sta(S) 3β ⋅ = βσ , z.B. mit β = 3 R = S0/2 => Bedarf an Sicherheitskapital nur noch 2,25βσ Angenommen, es gibt K solche EVr (unabhängige), die alle S0/2 beim gleichen RVr rückversichern.

=> RVr braucht K2σ

β ⋅ Sicherheitskapital (bei gleichem Sicherheitsniveau)

wenn er sonst kein Portefeuille hat

und die K EVr sparen ( )K 3 2,25βσ −

( )( )2

1K 3 2,25 K K 4,642 4 3 2,25

σβσ − > β <==> > =

−,

d.h. der Gesamtbetrag des Sicherheitskapitals wird durch RV reduziert.

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95

Angenommen Schwankungszuschlag E(S)

z 3 0,04 10βσ = ⋅ μ (mit Zusatzzins z, vgl. 1.2.2)

=> z = 0,43

μβσ

Angenommen, k1 + k2 = 0,03

E(R)

2μ⋅

Beide Annahmen sind realistische Werte. Gesamt-SZ EV-SZ RV-SZ RV-Kosten

Dann ist 0,4μK > z 2,25 Kβσ ⋅ + z K2σ

β + 0,03 K2μ

<==> K > 4,9 0,4bei z3

⎛ ⎞μ=⎜ ⎟βσ⎝ ⎠

Satz 7: RV reduziert den Bedarf an Sicherheitskapital (Diversifikation), wodurch ein Teil des Schwankungszuschlags frei wird, der in der Regel zur Deckung der RV-bedingten

Transaktionskosten k1 + k2 ausreicht. 4.4.2. Modelle zur Bewertung verschiedener RV-Varianten (aus EV-Sicht):

Wesentliche Kriterien des EVr sind:

• das für den EVr resultierende Sicherheitsniveau. Es hängt vom SB-Schaden Q = S – R und dem vorhandenen Sicherheitskapital c ab.

• die verbleibende erwartete Gewinnhaltigkeit b – b(R) – k1 – E(Q)

: = b(Q)

Normalerweise sind beide Kriterien gegenläufig, d.h. Erhöhung des Sicherheitsniveaus nur auf Kosten der Gewinnhaltigkeit. Quantifizierung des Sicherheitsniveaus:

• mittels einjähriger Verlust-W P(Q > b(Q) + c) bei Sicherheitskapital c

bzw. P(Q > E(Q) + c) falls b(Q) – E(Q) ausgeschüttet wird

╚ c1Sta(Q)

⎛ ⎞− Φ ⎜ ⎟

⎝ ⎠ bei Normal-V, d.h. rein varianzabhängig

• mittels Var(Q)

• mittels Ruin-W (→ Risikotheorie)

• mittels Nutzenfunktion u:IR → IR

u'(x) > 0

u''(x) < 0, r(x) = u"(x)u '(x)

− (Risikoaversion)

z.B. u(x) = ( )rx1 1 er

−− , r(x) = r

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Varianzmodell

Maximiere b(Q) – E(Q) unter Var(Q) ≤ v0 <==> Minimiere Var(Q) unter b(Q) – E(Q) ≥ e0 Nutzenmodell

Maximiere den erwarteten Nutzen E[u(c + b(Q) – Q)] Im folgenden konzentrieren wir uns auf das Varianzmodell. Im Nutzenmodell gelten aber ähnliche Aussagen. 4.4.3. Einseitige Optimierung bei gegebenen Transaktionskosten Transaktionskosten k(R): = b(R) – E(R) + k1 = b – E(S) – (b(Q) – E(Q)) Bruttogewinn Nettogewinn

(der im Mittel durch RV abfließende Betrag)

2 RV-Varianten mit gleichem k(R) haben gleiches b(Q) – E(Q). Satz 8: Sind die Transaktionskosten eine bei allen RV-Varianten gleiche Funktion

k(R) = g(E(R)) von E(R), so ist gemäß Varianzmodell die unlimitierte Stop-Loss-RV optimal für den EVr. (z.B. g(x) = α0 + α1 x)

Beweis siehe Mack, Schadenversicherungsmathematik, Seite 380/383 Satz 9: Sind die Transaktionskosten eine bei allen RV-Varianten gleiche monoton wachsende

Funktion h von Var(R), d.h. k(R) = h(Var(R)), so ist gemäß Varianzmodell die Quoten- RV optimal für den EVr.

(z.B. h(x) = 0 1 2x x)β + β + β

Beweis: Sei R bel. RV mit k(R) = h(Var(R)) OEdA Var(R) ≤ Var(S); sonst vollst. Quote R1 = S günstiger als R. Wegen Var(R) ≤ Var(S) gibt es q ≤ 1 mit Var(qS) = Var(R).

Die Quoten-RV Rq = qS hat dieselben TAK wie R. Var(Q) = Var(S–R) = Var(S) – 2 Cov(S,R) + Var(R) ≥ Var(S) – 2 Sta(S) Sta(R) + Var(R) = Var(S) – 2 q Var(S) + q2 Var(S) = (1–q)2Var(S) = Var((1–q)S) = Var(S–Rq)

wegen Cov(S, R)Sta(S) Sta(R)

≤ 1 stets.

=> Quoten–SB (1–q)S hat kleinere Varianz bei gleichen TAK = gleichem Gewinn.

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Bemerkung: (1) Opt RV-Form hängt nicht von Verteilung von S ab!

(2) TAK k sind i.a. weder = g(E(R)) noch = h(Var(R))

denn k(R) = b(R) – E(R) + k1

enthält Betriebskosten des RVr abhängig von Form + Volumen

RV-Kosten des EVr abhängig von Form + Volumen

Schw.Zuschlag des RVr abhängig von Var(R)

Bias E(R) – E(R) abhängig von ? 4.4.4. Abstaffelung des Selbstbehalts bei gleicher RV-Form Satz 10: Werden mehrere voneinander unabhängige Teilportefeuilles (bi, Si), 1 ≤ i ≤ I, mit

Nettoprämien b1 + ... + bI = b und Gesamtschäden S1 + ... + SI = S durch getrennte Quoten-Rückversicherungen geschützt, so sind die Selbstbehaltsquoten ci, 0 ≤ ci ≤ 1,

gemäß dem Varianzmodell proportional zu i i

i

b E(S )Var(S )

− zu wählen.

Beweis: Wegen Q = c1S1 + ... + cISI und b(Q) = c1b1 + ... + cIbI ergibt sich aus dem Varianzmodell die Extremwertaufgabe

2i i

!Var(Q) c Var(S ) min= =∑

unter der Nebenbedingung b(Q) – E(Q) = ( )i i i 0c b E(S ) e− =∑ . Die Langrange’sche Multiplikatorenmethode ergibt die notwendige Bedingung

( )I I

2i i 0 i i i

i 1 i 1i

0 c Var(S ) e c b E(S )c = =

⎛ ⎞∂ ⎛ ⎞= + λ − −⎜ ⎟⎜ ⎟∂ ⎝ ⎠⎝ ⎠

∑ ∑

= ( )i i i i2c Var(S ) b E(S )− λ − . Bem.: (1) Sind (bi, Si) Einzelrisiken, so ist oft die Annahme Si = viYi mit der VS vi und

identisch wie Y verteilten Yi akzeptabel. Dann ist E(Si) = viE(Y) und Var(Si) = vi

2Var(Y). Gilt zusätzlich bi = (1+z)E(Si), so sind die ci proportional zu 1/vi (SX!). (2) Will man das Problem von Satz 10 mit (unlimitierten) Schadenexzedenten statt der

Quoten lösen, so muss man die Abhängigkeit der SB-Prämie ib von der Priorität

ai spezifizieren, z.B. i i 0 1 ib b E S≈⎛ ⎞− = β + β ⎜ ⎟

⎝ ⎠.

In diesem Fall ergibt sich für die ai die implizite Gleichung

( )ii 1 i i

i

Var(N )a 1 E min(X , a )E(N )

⎛ ⎞= β λ − −⎜ ⎟

⎝ ⎠

wobei Ni, Xi das Kollektive Modell für Si beschreiben. Im Poissonfall ergibt sich also eine überall gleiche Priorität, d.h. Schadenexzedent.

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4.4.5. Suboptimale und pareto-optimale RT Bem.: Für 2 RT S = Q1 + R1 = Q2 + R2 mit E(Q1) = E(Q2), E(R1) = E(R2) gilt normalerweise Var(Q1) < Var(Q2) => Var(R1) > Var(R2) z.B. Quote und XL: Vko(Quote)

wegen Vko(S) Vko(S) Vko(S)≈

< < nach Satz 4 für bel. XL 1 1S S S Q R≈

= + = +

ist E(S)Var(S) Var SE(S)

⎛ ⎞< ⋅⎜ ⎟

⎝ ⎠

XL-SB Quote XL-RV

E(S)Var SE(S)

≈⎛ ⎞⎜ ⎟⋅⎜ ⎟⎝ ⎠

< Var(S)≈

Erwartungswerte sind gleich wegen E(S)E(S) E SE(S)

⎛ ⎞= ⎜ ⎟

⎝ ⎠

Def.: Eine Risikoteilung S = Q0 + R0 heißt pareto-optimal, wenn für jede andere Risikoteilung

S = Q + R aus E(Q) = E(Q0) und Var(Q) < Var(Q0) folgt, dass Var(R) > Var(R0). d.h. eine Verbesserung zugunsten des EVr geht stets zu Lasten des RVr. Def.: S = * * *

a a aQ R mit Q+ = S falls S ≤ a 0 falls S > a

heißt Integralfranchise (auf Jahresbasis) Satz 11: Die Integralfranchise ist nicht pareto-optimal, genauer gibt es eine Stop-Loss-Priorität a a< mit ( ) *

aE min(S,a) E(Q )=

( ) *aVar min(S,a) Var(Q )<

( )Var max(S a,0)− < *aVar(R ) .

(Beweis siehe Mack, Schadenversicherungsmathematik, Seite 392/395)

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Satz 12: Summenexzedent und Schadenexzedent sind nicht pareto-optimal, d.h. es gibt im Varianzmodell eine für EVr und RVr bessere RT. Beweis: Sei S = Q + R eine RT, bei der Q und R keine Funktionen von S sind, z.B. SX oder XL. Q0: = E(Q|S) => E(Q0) = E(Q) R0: = S – Q0 = E(S|S) – E(Q|S) = E(R|S) => E(R0) = E(R) Var(Q0) = Var(E(Q|S)) < Var(E(Q|S)) + E(Var(Q|S)) = Var(Q) Var(R0) = Var(E(R|S)) < Var(E(R|S)) + E(Var(R|S)) = Var(R)

d.h. die RT S = Q0 + R0 hat gleiche Erwartungswerte und niedrigere Varianzen als S = Q + R. Unter Q0,R0 werden die bei festem S = s je nach Höhe der Einzelschäden unter einem XL möglichen unterschiedlichen Aufteilungen von S auf SB und RV durch ihre Mittelwerte Q0(s) = E(Q|S = s) bzw. R0(s) = E(R|S = s) ersetzt. In der Praxis sind diese bedingten Mittelwerte aber i.a. nicht genau genug schätzbar. Der Beweis zeigt, dass bei einer pareto-opt. RT Q und R Funktionen von S sein müssen. Dies allein ist aber noch nicht hinreichend, wie Satz 11 zeigt. Genauer gilt: Satz 13: Eine Risikoteilung S = Q + R ist im Varianz- oder Nutzenmodell genau dann pareto-optimal, wenn Q und R monoton nichtfallende Funktionen von S sind. Beweis: M. PESONEN, SAJ 1984, 65-90 Beachte: Q und R müssen sowohl Funktion von S als auch monoton sein! Quote und StopLoss sind also pareto-optimal.

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100

5. Credibility-Modelle für Prämien und Schadenreserven

5.1. Das Poisson-Gamma-Modell zur Erstellung von Bonus-Malus-Systemen

Die Axiome des Poisson-Prozesses

(1) Die Schadenanzahlen in disjunkten Zeitintervallen sind unabhängig.

(2) Keine zwei oder mehr Schäden treten im exakt gleichen Zeitpunkt ein.

(3) Die Schäden treten nicht bevorzugt an bestimmten Zeitpunkten ein.

erscheinen in der KH-Versicherung erfüllt,

d.h. für die (Jahres-)Schadenzahl N eines Autos gilt:

P(N = n) = !nen θ−⋅θ , n = 0, 1, 2, ….

Das ist pro Auto praktisch nicht nachprüfbar, aber in einer homogenen Risikogruppe (d.h.

gleiche θ):

n

Anzahl Risiken

an

erwartet gemäß Poisson

en = 23589⋅P(N=n)

Chi-Quadrat-Abw.

(an-en)2/en

0 20592 20258,1 5,4

1 2651 3083,8 60,8

2 297 234,7 16,5

3 41 11,9

4 7 0,45 108,4

≥5 1 0,014

3403 23589 23589 191,1

Der Test lehnt deutlich ab: 2%95;2χ = 5,99 trotz Minimum-Chi-Quadrat-Schätzer θ = 0,152

(erst recht für θ = 3403/23589 = 0,144).

==> Keine Poisson-V oder unterschiedliche θ ?

Letzteres, denn tatsächlich beobachtet man bei einer Gruppe von Risiken, die im letzten Jahr

schadenfrei waren, auch im nächsten Jahr eine deutlich unterdurchschnittliche Schadenfre-

quenz.

Sei also F die (unbek.) Verteilung der Poisson-Parameter θ im Portefeuille und Θ die zugehö-

rige Zufallsvariable.

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101

==> P(N = n) = [ ] ∫∞

θ− θθ

=Θ=0

n

)(dFe!n

)|nN(PE

= durchschnittliche W. eines Risikos mit unbekanntem θ.

Diese Misch-Verteilung ist explizit berechenbar, wenn F = Gamma(α/β, α):

)(/ed/)(dF 1 αΓθβ=θθ βθ−−αα mit Erwartungswert µ = α/β.

==> ≡+β

⋅+ββ

== α

α−α+

n1n

n )1(1

)1()()nN(P Negative Binomial-V mit p =

1+ββ

E(N) = E(E(N|Θ)) = E(Θ) = α/β ,

Var(N) = E(Var(N|Θ)) + Var(E(N|Θ))

= E(Θ) + Var(Θ) = )N(E12 β

+β=

βα

+βα > E(N).

n

Anzahl Risiken

an

erwartet gemäß Neg.Bin.

en = 23589⋅P(N=n)

Chi-Quadrat-Abw.

(an-en)2/en

0 20592 20595,1 0,00

1 2651 2630,8 0,15

2 297 319,7 1,62

3 41 38,2 0,20

4 7 4,5 1,61

≥5 1 0,6

3403 23589 23589 3,58

Die Minimum-Chi-Quadrat-Schätzer sind: 144,0ˆ.h.d,67,7ˆ,107,1ˆ =μ=β=α .

Hier ergibt sich keine Ablehnung: 2%95;2χ = 5,99.

Beachte:

Die Einzelrisiken sind nach wie vor Poisson-verteilt, ebenso die Schadenzahl des gesamten

Portefeuilles (als Summe unabhängiger Poisson-Variabler).

Die NBV modelliert die Schadenzahl N eines zufällig aus dem Portefeuille gegriffenen Risi-

kos, dessen Poisson-Parameter nicht bekannt ist (Varianzvergrößerung durch die Unsicherheit

bzgl. θ).

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102

Schätzung von θ mit der Bayesschen Umkehrformel:

θ überdurchschnittlich ==> n eher überdurchschnittlich

n überdurchschnittlich ==> θ vermutlich überdurchschnittlich

P(A|B)⋅P(B) = P(A∩B) = P(B|A)⋅P(A) (BAYES)

P(Θ=θ|N=n)⋅P(N=n) = P(N=n|Θ=θ)⋅P(Θ=θ)

==>

P(Θ=θ|N=n) = ( ) n1n

n

1n

)1()(e

!ne

α−α+

βθ−−ααθ−

+ββ

αΓθβ

⋅θ

= )n(e)1( )1(1nn +αΓθ+β θ+β−−+α+α

= Gamma((α+n)/(β+1), α+n).

Satz 1: (Bayessche Schätzung des Poissonparameters aus Strukturfunktion und Schadenerfah-

rung): Sei N|Θ ~ Poisson(Θ) und Θ ~ Gamma(α/β, α). Dann ist die unbedingte oder Misch-

Verteilung von N negativ-binomial und die A-posteriori-Verteilung Θ|N ~ Gam-

ma((α+N)/(β+1), α+N).

==> E(Θ|N=n) = 1n

+β+α (A-posteriori-Erwartungswert eines Risikos mit n Schäden)

Da Θ wegen Θ = E(N|Θ) hier direkt die Schadenerwartung (= Nettoprämie) eines Risikos mit

Poisson-Parameter Θ ist, ergibt Satz 1 folgende Bonus-Malus-Tabelle (für obige Parameter):

beobachtete Schadenzahl: 0 1 2 3 … n

Prämienfaktor E(Θ|N)/E(Θ): 0,88 1,68 2,48 3,28 … 144,067,8

n107,1⋅

+

Bemerkung: Insgesamt ergibt sich wegen E(E(Θ|N)) = E(Θ) dieselbe Gesamt-Nettoprämie

wie die Einheitsprämie E(Θ).

Bei mehrperiodischer Beobachtung n1, n2, …, nJ eines Risikos (mit festem θ) ergibt sich ana-

log (durch iteratives Verwenden des jeweiligen Posterior als nächsten Prior):

P(Θ=θ | N1=n1, …, NJ=nJ) = Gamma((α+n1+...+nJ)/(β+J), α+n1+...+nJ)

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103

E(Θ | N1=n1, …, NJ=nJ) = J

n...n J1

+β+++α ,

d.h. die Bonus-Faktoren für mehrjährig schadenfreie Risiken lauten:

J 1 2 3 13

)Jˆ/(ˆ +ββ 0,88 0,79 0,72 0,37

Der A-posteriori-Erwartungswert lässt sich wie folgt als gewichtetes Mittel

E(Θ | N1=n1, …, NJ=nJ) = βα

⋅+ββ

+++

⋅+β JJ

n...nJ

J J1

zwischen individueller Schadenerfahrung und kollektiver Schadenerwartung umschreiben.

JJ+β

heißt Credibility-Faktor (→ 1 für J → ∞).

5.2. Der verteilungsfreie Credibility-Ansatz zur Erfahrungstarifierung

In 5.1 haben wir die individuelle Schadenerwartung Θ = E(N|Θ) eines Risikos mit Poisson-

Parameter Θ durch E(Θ|N1, …, NJ) = E(E(N|Θ)|N1, …, NJ) geschätzt, d.h. durch den Mittel-

wert aller Risiken mit der gleichen Schadenerfahrung. Allgemeiner nehmen wir nun an, die

Schadenvariable (Schadenzahl, Gesamtschaden) R eines Individuums (Risiko, Risikogruppe)

in einem Kollektiv (Risikogruppe, Portefeuille, genauer Menge der Individuen, wo diese An-

nahme zutrifft, d.h. Individuen bei gleichem Θ die gleiche Verteilung haben) hänge von ei-

nem unbekannten Verteilungsparameter-Vektor Θ ab, der – da er übers Kollektiv variiert – als

Zufallsvariable („Verteilungsqualität“) modelliert wird. Analog zu 5.1 wollen wir die eigent-

lich interessierende (künftige) individuelle Schadenerwartung E(R|Θ) mit Hilfe der Beobach-

tungen R1, …, RJ durch E(E(R|Θ)|R1, …, RJ) schätzen.

E(E(R|Θ)|R1, …, RJ) ist die im Quadratmittel beste Approximation von E(R|Θ) durch eine

Funktion von R1, …, RJ, denn

Hilfssatz: X, Y, h(Y) seien quadratintegrierbar. Dann gilt:

E(X – E(X|Y))2 ≤ E(X – h(Y))2

Beweis: E(X – h(Y))2 = E(X – E(X|Y) + E(X|Y) – h(Y))2

= E(X – E(X|Y))2 + E((X|Y) – h(Y))2 ,

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104

da der gemischte Erwartungswert = 0 ist.

Bemerkungen:

(1) ( ) ( ) )R,...,R|R(ER,...,R)R,...,R,|R(EER , ,R|)|E(RE J1J1J1J1 =Θ=…Θ

wenn R, R1, …, RJ aus verschiedenen Jahren und daher Θ-bedingt unabhängig

sind, d.h. der bed. Erw.wert ist auch die beste Prognose für ein künftiges R.

(2) R, R1,…, RJ sind aber nicht (unbedingt) unabhängig, sondern über Θ positiv korre-

liert.

(3) Zur Prämienkalkulation müssen wir die Konstanz der Individual“prämie“ E(Rj|Θ)

= µ(Θ) = E(R|Θ) über den relevanten Zeitraum annehmen. Daher schreiben wir

künftig nur noch µ(Θ).

Also Ziel: Berechnung/Schätzung von E(µ(Θ)|R1, …, RJ)

Das ging in 5.1, weil die Verteilungen von Rj|Θ und Θ bekannt waren und (zufällig) explizit

rechenbar sind („konjugierte Verteilungen“). Letzteres geht nur in wenigen Fällen, aber auch

da ergibt sich meist eine lineare Form

E(µ(Θ)|R1, …, RJ) = J1 RJ

1.....RJ

1J +β

+++β

++βα

wie in 5.1 für den a-posteriori-Erwartungswert. Daher kam BÜHLMANN 1967 auf die Idee,

die Linearität einfach per definitionem zu erzwingen:

Definition: Die Verteilung der Schadenvariablen R1, …, RJ verschiedener Perioden eines je-

den Individuums sei von einem unbekannten Parametervektor θ abhängig („Verteilungsquali-

tät“). Die Werte von θ variieren über die Individuen des Kollektivs, so dass das individuelle θ

der Realisierung einer ZV Θ entspricht; die Rj hängen also von einer unbekannten ZV Θ ab.

Außerdem sei E(Rj|Θ) = µ(Θ) für alle j. Dann ist der Credibilityschätzer )(ˆ c Θμ der indivi-

duellen Schadenerwartung µ(Θ) definiert als die im Quadratmittel beste lineare Approximati-

on von µ(Θ) durch die Schadenerfahrung R1, …, RJ, d.h.

)(ˆ c Θμ = a0+a1R1+…+aJRJ

mit a0, …, aJ so, dass E(a0+a1R1+…+aJRJ – µ(Θ))2 minimiert wird.

Satz 2: Für die Koeffizienten des C-Schätzers )(ˆ c Θμ gelten die „Normalgleichungen“

a1Cov(R1, Rk) + … + aJCov(RJ, Rk) = Cov(µ(Θ), Rk) , 1 ≤ k ≤ J,

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105

a0 = (1 – a1 – … – aJ)⋅E(µ(Θ)),

oder kurz: E( )(ˆ c Θμ ) = E(µ(Θ)), Cov( )(ˆ c Θμ , Rk) = Cov(µ(Θ), Rk).

Beweis: Sei T:= µ(Θ) und R:= a1R1 + … + aJRJ, dann haben wir E(T – a0 – R)2 zu minimie-

ren:

0 = )RaT(E2)RaT(Ea 0

20

0

−−−=−−∂∂ ==> a0 = E(T) – E(R) (*)

( )k02

0k

R)RaT(E2)RaT(Ea

0 −−−=−−∂∂

= ==> a0E(Rk) = E(TRk) – E(RRk) .

Hiervon subtrahieren wir die mit E(Rk) multiplizierte Gleichung (*):

Cov(T, Rk) = E(TRk) – E(T)E(Rk) = E(RRk) – E(R)E(Rk) = Cov(R, Rk) .

5.3 Die Credibilitymodelle von Bühlmann und Bühlmann/Straub

Dies sind die einfachsten Fälle, in denen die Normalgleichungen explizit gelöst werden kön-

nen. Das Bühlmann-Modell ist die direkte Umsetzung von 5.1:

Satz 3 (BÜHLMANN 1967): Es gelte

(C1) Die Schadenvariablen R1, …, RJ verschiedener Perioden jedes Individuums im Kollek-

tiv hängen vom (zufälligen) Parametervektor Θ ab („Verteilungsqualität“).

(CB) R1, …, RJ sind Θ-bedingt iid mit E(Rj|Θ) = µ(Θ), Var(Rj|Θ) = σ2(Θ) mit für alle Indi-

viduen gleichen µ, σ2.

Dann ist )(ˆ c Θμ = ))((Var))((Et,

tJJcmit))((E)c1(R

J1c

2J

1jj Θμ

Θσ=

+=Θμ⋅−+⎟⎟

⎞⎜⎜⎝

⎛⋅ ∑

=

.

Beweis: Satz 3 ist Spezialfall von Satz 4.

Bemerkungen:

(1) Im Poisson-Gamma-Fall ergibt sich der exakte Bayessche A-posteriori-Schätzer:

Rj|Θ ~ Poisson(Θ) ==> E(Rj|Θ) = Θ = Var(Rj|Θ) ==> µ(Θ) = Θ = σ2(Θ),

Θ ~ Gamma(α/β, α) ==> β=βαβα

Θ= 2/

/)(Var

)(Et , E(R) = E(Θ) = α/β.

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(2) Auch ohne Verteilungsannahme für Θ kann man im Poissonfall die benötigten Para-

meter E(Θ)und Var(Θ) aus Daten aller Individuen aus nur einer Periode (!) schätzen

mittels Schätzern ∑∑≥≥

⋅=μ0n

n0n

n aanˆ für E(R1) = E(Θ) und ( )1a)ˆn(a0n

2n −μ− +

≥∑ für

Var(R1) = E(Θ) + Var(Θ) mit an = Anzahl Individuen mit n Schäden. Das ergibt für

die Daten aus 5.1 ein t = 7,34 im Vergleich zum dortigen β = 7,67, d.h. praktisch die-

selbe Bonus/Malus-Tabelle (Momentenschätzer statt MCQ-Schätzer).

(3) Im allgemeinen verteilungsfreien Fall braucht man zur Schätzung aller drei „Struktur-

Parameter“ E(µ(Θ)), E(σ2(Θ)), Var(µ(Θ)) die Schadendaten aller Individuen des Kol-

lektivs aus mehreren Perioden, siehe Satz 5.

Wegen der Voraussetzung CB muss jedes Individuum in allen Jahren die gleiche Schadenver-

teilung haben. Daher kommt das B-Modell nur für genormtes Massengeschäft in Betracht, zB

für KH. Das Bühlmann/Straub-Modell hingegen lässt pro Individuum und Jahr ein unter-

schiedliches Volumen zu. Wir schreiben daher wieder Zj (statt Rj) für die volumenbezogene

Schadenvariable (Schadensatz bzw. Schadenbedarf).

Satz 4 (BÜHLMANN/STRAUB 1970): Es gelte

(C1) Die Schadenvariablen Z1, …, ZJ verschiedener Perioden jedes Individuums im Kollek-

tiv hängen vom (zufälligen) Parametervektor Θ ab („Verteilungsqualität“).

(C2) Z1, …, ZJ sind Θ-bedingt unkorreliert, d.h. Cov(Zj, Zk |Θ) = 0 für j ≠ k.

(CBS) E(Zj|Θ) = µ(Θ) und Var(Zj|Θ) = σ²(Θ)/vj mit bekannten Volumina vj und unbekannten,

aber nicht von j abhängenden, für alle Individuen gleichen Funktionen µ und σ².

Dann ist ))(µ(E)c1(Zvv

c)(ˆJ

1jj

jc Θ⋅−+⎟⎟

⎞⎜⎜⎝

⎛⋅=Θμ ∑

= +

mit ∑=

+ =J

1jjv:v ,

tvv:c

+=

+

+ , ))((Var))((E:t

2

ΘμΘσ

= ,

und es gilt ( ) ))((Var)c1()()(ˆE 2c Θμ−=Θμ−Θμ , d. h. kleinerer mse als m oder Z .

.

Bemerkungen:

(1) Satz 3 ist ein Spezialfall (vj = 1) von Satz 4.

(2) Das „Credibility-Volumen“ vj ergibt sich aus der Varianzannahme in (CBS) und ist

nicht zwingend identisch mit dem in Zj steckenden Volumenmaß!

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107

Beweis von Satz 4 siehe Buch „Schadenversicherung“, Abschnitt 2.5.4.

Bis jetzt haben wir ein zufällig herausgegriffenes Individuum mit Verteilungsqualität Θ und

Schadenerfahrung R1, …, RJ betrachtet. Um die Strukturparameter zu schätzen, müssen wir

die Schadenerfahrung aller Individuen heranziehen und bezeichnen daher deren Verteilungs-

qualitäten zur Unterscheidung mit Θ1, Θ2, …, wobei alle Θi dieselbe Verteilung haben.

Satz 5 (Kollektive Schätzer der Strukturparameter): Es gelte

(C1) Die Schadenvariablen Zi1, …, ZiJ verschiedener Perioden j jedes Individuums i im

Kollektiv hängen vom (zufälligen) Parametervektor Θi ab („Verteilungsqualität“).

(C2) Zi1, …, ZiJ sind Θi-bedingt unkorreliert, d.h. Cov(Zij, Zik |Θi) = 0 für j ≠ k.

(C3) Die Vektoren (Θi, Zi1, …ZiJ) verschiedener Individuen i, 1 ≤ i ≤ I, des Kollektivs sind

unabhängig.

(C4) Die Verteilungsqualitäten Θ1, …, ΘI sind identisch verteilt.

(CBS) E(Zij|Θi) = µ(Θi), Var(Zij|Θi) = σ²(Θi)/vij mit überall gleichen µ und σ².

Dann sind m := E(Zij) = E(µ(Θi)), u := E(σ²(Θi)) und w := Var(µ(Θi)) unabhängig von i und j

und haben folgende erwartungstreue Schätzer:

∑= ++

+=I

1ii

i mvvm mit ∑

= +

=J

1jij

i

iji Z

vv

m ,

∑ ∑= =

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛−

−=

I

1i

J

1j

2iijij )mZ(v

1J1

I1u ,

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛ −−−= ∑

= ++++

+I

1i

2i

i uv

1I)mm(vv

K1w mit ∑

= ++

+−=I

1i2

2i

vv1:K .

Beweis: Nachrechnen.

Bemerkungen:

(1) Falls 0w ≤ , so liegt es nahe, w = 0 anzunehmen, d.h. ein homogenes Kollektiv, in

dem eine Differenzierung der individuellen Erwartungswerte µ(Θi) nicht sinnvoll ist.

(2) Wenn man im C-Schätzer )(ˆ ic Θμ die Strukturparameter durch Schätzer ersetzt,

spricht man vom „empirischen C-Schätzer“.

(3) Letztlich beinhaltet die BS-Annahme E(Zij) = m, Var(Zij) = w + u/vij .

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Wenn man für die Parameterschätzer ohnedies die Beobachtungen aller Individuen benutzen

muss, liegt es nahe, die Individualmittel µ(Θi) nicht nur durch ihre eigenen Beobachtungen

ai0 + ai1Zi1+…+aiJZiJ zu approximieren, sondern gleich durch ( )∑ =+++

I

1k kJkJ1k1k0i Za...Zaa .

Dies ergibt den „homogenen“ C-Schätzer

ci

J

1jij

i

ijiich m)c1(Z

vv

c)(ˆ ⋅−+⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛⋅=Θμ ∑

= +

mit ∑= +

=I

1kk

kc m

ccm

sowie ci und t wie in Satz 4 (Beachte, dass c vom Volumen des Individuums abhängt, daher

ci). Dies zeigt, dass das sog. Credibilitymittel cm eine ernstzunehmende Alternative zu m

ist, zumal cm auch noch die nahe liegende Forderung

∑∑∑ ==Θμ= += + j,i ijij

I

1i iiI

1i ichi Zvmv)(ˆv

einer exakten Schadenumverteilung erfüllt.

Außerdem kann man mit Hilfe von cm auch für w einen erwartungstreuen Schätzer kons-

truieren, der stets nichtnegativ ist, nämlich

∑=

−−

=I

1i

2ciic )mm(c

1I1w ,

der allerdings iterativ berechnet werden muss, da cw ja über t auch in ci steckt (Startwert ci =

0,5).

Die in der Praxis kritische Modellannahme ist C4, d.h. a priori (d.h. vor Kenntnis der Scha-

denerfahrung) dürfen die Schadenverteilungen der Individuen des Kollektivs nicht unter-

scheidbar sein (bei gleichem Volumen), d.h. insbesondere darf nicht klar sein, welches Indi-

viduum einen niedrigeren/höheren Erwartungswert hat. Das scheint die Anwendbarkeit des C-

Modells auf bisher gleich tarifierte Risiken einzuschränken. Doch dies kann mit Hilfe einer

Idee von GISLER überwunden werden, indem man das Modell auf die Abweichungen gege-

nüber der A-priori-Erwartung ti einsetzt, bzw. diese in das Modell mit einbaut:

E(Zij|Θi) = ti⋅µ(Θi) und iji2

iiij v/)(t)|Z(Var Θσ⋅=Θ β mit }2;1{∈β .

Denn dann erfüllen die transformierten Variablen Yij := Zij/ti wieder die Voraussetzungen des

BS-Modells: E(Yij|Θi) = µ(Θi), Var(Yij|Θi) = )tv()( 2iiji

2 β−Θσ mit neuem Volumen β−2iijtv

(vgl. Bem. 2 nach Satz 4). In dieser Form kann das BS-Modell immer dann als Ausgleichsver-

fahren angewandt werden, wenn keine kreuzklassifzierte Struktur vorliegt.

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5.4 Anwendungsbeispiele

5.4.1 Beispiel aus der Feuerversicherung von Industriebetrieben

i 1 2 3 4 5 6

vi+ (Mrd.) 56,05 15,74 33,97 9,69 3,47 1,37

im (%o) 1,24 1,27 1,30 1,78 2,54 4,08

)|m(arV ii Θ 0,086 0,22 0,11 0,30 0,94 2,07

m = 1,37

u = 1,90

w = 0,100

t = 19,02

ic 0,75 0,45 0,64 0,34 0,15 0,067

)(Θμ ic 1,28 1,33 1,33 1,51 1,55 1,56

s.e. = u)c1( i− 0,16 0,23 0,19 0,26 0,29 0,31

cm = 1,50

)(Θμ ihc 1,31 1,39 1,37 1,59 1,66 1,67

ic (iterativ) 0,93 0,78 0,88 0,68 0,43 0,23

cm = 1,66

cw = 0,42

)(Θμ ihc 1,27 1,36 1,34 1,74 2,04 2,23

Bemerkung: ∑∑ ⋅=<=⋅ ++ i iii ici mv165,38159,64)(Θμv

5.4.2 Beispiel aus der Schadenreservierung

In 3.2 hatten wir angenommen, dass sich die Anfalljahre (Si1, …, Sin), i=1, …n, nur durch

unterschiedliches Volumen unterscheiden. Es gibt aber auch Jahre mit systematisch besserem

oder schlechterem Schadenverlauf, d.h. mit unterschiedlicher Anfalljahrqualität.

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Mit den Modellannahmen

(C1) Jedes Anfalljahr (Si1, …, Sin) hängt von einem zufälligen Verteilungsparameter Θi ab.

(C2) Si1, …, Sin sind Θi-bedingt unkorreliert, d.h. Cov(Sij, Sik | Θi) = 0 für j ≠ k.

(C3) Die Anfalljahre (Θi, Si1, …, SiI), 1 ≤ i ≤ I, sind unabhängig.

(C4) Die Anfalljahrqualitäten Θ1, …, ΘI sind identisch verteilt.

(SR) E(Sik | Θi) = vi µ(Θi) mk, Var(Sik | Θi) = ki2

i m)(v Θσ

mit bekannten vi, mk und unbekannten µ, σ² (mk wird später geschätzt).

wird sichergestellt, dass Zik := Sik/(vimk) die Voraussetzungen der Sätze 4 und 5 erfüllt (mit

„Credibility-Volumen“ vimk.

==> ( )iikc |ZE Θ = b)c1(mv

Sc ii1I

1j ji

i1I

1j iji −+

⎟⎟⎟

⎜⎜⎜

∑∑

−+

=

−+

= mit b:= E(µ(Θi))

Beachte: ( ) )(µ|ZE iciikc Θ=Θ ist für alle k gleich.

==> ( )iikc |SE Θ = bm)c1(bm

vCcv kii1I

1j j

ii1I,iii ⎟⎟

⎜⎜⎜

⎛−+

∑ −+

=

−+

Wegen E(Sik/vi) = mkb ist ∑∑ −+

=

−+

==

k1I

1i ik1I

1i ikk vSm ein erwartungstreuer Schätzer für mkb.

Damit lautet der „empirische“ C-Schätzer für die Reserve

( ) ∑∑−+=−+=

−+=Θ=I

i2Ikkiiii

I

i2Ikiikc

ci mc1rcv)|S(ER mit

∑ −+

=

−+= i1I

1k k

ii1I,ii

mvC

r .

Das entspricht formal der B/F-Reserve aus 3.5 mit Pattern βk = +m/mk und

a-priori-Endstandsschätzer +−+= m)c1r(cvC iiiiiI .

Allerdings sollte hier das Volumen vi „stimmen“ im Sinne der Annahme (SR), während B/F

kein Modell benötigt und ein evtl. „falsches“ Prämien-Volumen bei der a-priori-

Endstandsquote berücksichtigt.

ci = 1 ergibt ein Chain-Ladder-ähnliches Hochrechnen des Schadenstands Ci,I+1-i mit dem (ad-

ditiven) Abw.Pattern {mk}.

ci = 0 ergibt das Zuwachsquotenverfahren. ENDE

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