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Vorlesung “Einführung in das Bank-, Kapitalmarkt- und Kreditsicherungsrecht“
Teil 2: Kredit- und Kreditsicherungsrecht
Wintersemester 2017 / 18
Prof. Dr. Dr. Jan-Hendrik Röver, LL.M. (LSE), FRSA
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Einleitung 1: Kursleiter
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Einleitung 2
• Gegenstand der Vorlesung
Kreditrecht
Kreditsicherungsrecht
vergleichende Behandlung der Kreditsicherheiten
• Vorlesungszeit:
Freitag, 27.10., 14.15 Uhr bis 17.30 Uhr (Pause gegen 15.45 Uhr)
Samstag, 28.10., 9.15 Uhr bis 12.30 Uhr (Pause gegen 10.45 Uhr)
Samstag, 11.11., 9.15 Uhr bis 12.30 Uhr (Pause gegen 10.45 Uhr)
Samstag, 18.11., 9.15 Uhr bis 12.30 Uhr (Pause gegen 10.45 Uhr)
Raum 1013
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Einleitung 3
• Lernziele
Übersicht über das Kredit- und Kreditsicherungsrecht
Bearbeitung kredit- und kreditsicherungsrechtlicher Fragestellungen
Technik der Falllösung
handwerkliche Fertigkeiten (Zitierweise, Rechtsmethodik usw.)
• Didaktik
ausgehend von den im juristischen Studium vermittelten Strukturen
Lösung zahlreicher Fälle
im Zusammenhang mit Vorlesung Andreas Früh „Einführung in das Bank- und Kapitalmarktrecht“
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Einleitung 4
• Vorlesungsunterlagen werden für die vorangegangene Vorlesung im Internet bereitgestellt
http://www.jura.uni-augsburg.de/de/prof/honorarprofessoren bzw. Lehrstuhl Prof. Möllers
2 Folien bzw. Skriptseiten auf einer Seite ausdrucken!
• Prüfung Diplomstudiengang/LL.M./Schwerpunktbereich
beachte: zweistündige Veranstaltung
4 Leistungspunkte
Tutorium voraussichtlich am Samstag, 18.11., 12.45 Uhr bis 13.15 Uhr (Raum 1013)
schriftliche Prüfung von 120 Min. Dauer
am 21.12.2016, 10.00-12.00 Uhr
Raum 1009
beachte: keine Wiederholungsklausur!
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Formen rechtsmethodischer Argumentation 1
• Rechtsnatur der klassischen Logik und der juristischen Methodenlehre
Gewohnheitsrecht
Robert Alexy: zugeordnete Normen
• Vier Denk“gesetze“ (de lege lata und de lege ferenda)
Identitätsprinzip (Äquivokation): ein Wort muss innerhalb eines Arguments immer dasselbe bedeuten
Satz vom (ausgeschlossenen) Widerspruch (= kontradiktorischer (logischer) Widerspruch): für eine beliebige Aussage kann nur die Aussage selbst oder ihr Gegenteil gelten; von zwei einander widersprechenden Urteilen ist notwendig eines falsch
Satz vom ausgeschlossenen Dritten (tertium non datur): eine Aussage und ihr Gegenteil können nicht gleichzeitig gelten; von zwei kontradiktorisch entgegengesetzten Urteilen (= zwei Urteile gekennzeichnet hinsichtlich ihrer Quantität und Qualität) sind nicht beide falsch, d.h. eines ist notwendig wahr
Satz vom zureichenden Grund: jedes Sein oder Erkennen kann und soll in angemessener Weise auf ein anderes zurückgeführt werden
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Formen rechtsmethodischer Argumentation 2
• Argumentation mit Denk“gesetzen“ (logischer Schluss)
argumentum e contrario (Umkehrschluss, Beweis durch Widerspruch)
Gegenteil der Analogie; Falsifizierung des Gegenteils (indirekter Beweis)
– Schluss von der Regelung eines geregelten Falles auf die umgekehrte Regelung für einen nicht geregelten Fall, d.h. aus der Tatsache, dass ein Paragraph in einem bestimmten Fall anwendbar ist, folgt, dass er in einem anderen eben nicht anwendbar sein kann
– außerdem: aus einer offenbar geplanten Regelungslücke wird gefolgert, dass der ungeregelte Sachverhalt nicht durch eine Analogie mit der gleichen Rechtsfolge wie die vorhandene Norm geregelt werden darf
Ableitung aus Satz vom (ausgeschlossenen) Widerspruch
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Formen rechtsmethodischer Argumentation 3
argumentum ad absurdum/reductio ad absurdum
ein Urteil wird durch die Widerlegung seines kontradiktorischen Gegenteils (= Verneinung des gesamten Satzes) bewiesen, d.h. Nachweis eines Widerspruchs bei gegenteiliger Annahme
Ableitung aus Satz vom (ausgeschlossenen) Widerspruch
• Schlussfehler (de lege lata und de lege ferenda)
Begriffsverschiebung (quaternio terminorum)
im Syllogismus wird ein vierter Begriff als Mittelbegriff versteckt eingeführt
– ob dieser Fehlschluss in der Rechtswissenschaft vorliegt, ist zumeist eine Wertungsfrage und davon abhängig, ob eher die Relativität der Rechtsbegriffe oder die Einheit der Rechtsordnung betont wird
Verstoß gegen Identitätsprinzip (Äquivokation)
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Formen rechtsmethodischer Argumentation 4
Zirkelschluss (petitio principii)
Verwendung eines unbewiesenen, erst noch zu beweisenden Satzes als Beweisgrund für einen anderen Satz, d.h. Konklusion wird als Prämisse gebraucht
– Zirkelschluss insbesondere bei bloßer Ableitung aus Begriffen (Scheindeduktion; Beispiel: Begriffsjurisprudenz)
Verstoß gegen Satz vom zureichenden Grund
• Argumentation de lege lata
Rechtsquelle und (vollständige und unvollständige) Rechtsnorm
insbesondere Gewohnheitsrecht/Richterrecht
Anwendbarkeit einer Norm
insbesondere Konkurrenzen
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Formen rechtsmethodischer Argumentation 5
Anwendbarkeit der Methodenregeln
beachte Vielzahl nationaler, ausländischer und internationaler Methodenregeln
Anwendbarkeit selten explizit festgestellt!
Rechts-(„Gesetzes-“)anwendung
generelle Rechtsanwendung
– Regeln: Subsumtion / Justizsyllogismus
– Prinzipien: Abwägung
– besondere Normstrukturen (unbestimmte Rechtsbegriffe, Generalklauseln, Blankettnormen, bewegliches System, Rahmenrechte)
– Begriffsbildung (u.a. Typus) und Definition
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Formen rechtsmethodischer Argumentation 6
Rechts-(„Gesetzes-“)auslegung
Auslegungsziel (objektive/subjektive/Kombinationstheorie)
Wortlautauslegung
[logische Auslegung – s.o.]
systematische Auslegung
historische Auslegung
– andere Materialien (z.B. amtliche Begründung, Parlamentsberatungen, Kommissionsberichte)
– Entstehungsgeschichte
teleologische Auslegung
grundrechtskonforme Auslegung i.e.S.
europarechtskonforme Auslegung i.e.S.
– Primärrecht
– Sekundärrecht
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Formen rechtsmethodischer Argumentation 7
sonstige Auslegungsmethoden
– ökonomische Analyse?
– Folgenorientierung?
– rechtsvergleichende „Auslegung“ [= eigentlich Argumentation]?
Rangordnung der Auslegungsmethoden?
Rechts-(„Gesetzes-“)fortbildung
gesetzesimmanente Rechtsfortbildung (praeter legem)
– Zulässigkeit der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung
– Analogie
– teleologische Reduktion
– teleologische Extension
– sonstige teleologische Umbildung
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Formen rechtsmethodischer Argumentation 8
– grundrechtskonforme „Auslegung“ i.w.S.
– europarechtskonforme „Auslegung“ i.w.S.
» Primärrecht
» Sekundärrecht
gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung (contra legem)
– Zulässigkeit der gesetzesübersteigenden Rechtfortbildung
Innovation (juristische Theorien und juristische Entdeckungen)
nach Prüfung einer vollständigen Norm: Anwendung weiterer Normen (Dogmatik), d.h. beginne wieder am Anfang der Argumentation de lege lata
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Gesetzestechnik 1
• Rechtspositionen
Anspruchsgrundlagen (Wortlaut: „kann verlangen“, „ist verpflichtet“)
schuldrechtliche Ansprüche
dingliche Ansprüche
Beweislast trägt grds., wer Anspruchsgrundlage im Prozess geltend macht, es sei denn Beweislastumkehr
(dingliche) Verwertungsrechte (Wortlaut: „Verfügungsgegenstand kann so belastet werden, dass bestimmte Geldsumme aus Verfügungsgegenstand zu zahlen ist“)
Gestaltungsrechte (§§ 119 I, II, 120, 123 I BGB) (Wortlaut z.B. „kann anfechten“)
gesellschaftsrechtliche Akte, z.B.
Verschmelzungsvertrag, §§ 4-6 UmwG (organisationsrechtliche und schuldrechtliche Natur)
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Gesetzestechnik 2
Verschmelzungsplan, § 122c I UmwG (nur Organisationsakt ohne schuldrechtliche Wirkung)
Prozesshandlungen (nur prozessuale Natur)
Prozessvergleich, § 794 I Nr. 4 ZPO (prozessuale und materiellrechtliche Natur)
• Gegenpositionen
Einwendungen
rechtshindernde Einwendungen: „ist nichtig, ist unwirksam“
rechtsvernichtende Einwendungen: „ist erloschen“
rechtshemmende Einwendungen (Einreden, Leistungsverweigerungsrecht): „kann geltend machen“
– beachte: Entscheidung zwischen Einwendung und Einrede vielfach rechtspolitisch zweifelhaft (Medicus AT Rn. 97)
Beweislast trägt, zu dessen Gunsten Einwendung gilt
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Gesetzestechnik 3
abzugrenzen von Ausschlussregelungen
Ausschlussregelungen bei Anspruchsgrundlagen (§§ 323 VI, 399 HS 1, 2, 442 I 1, 2, 502 II, 504 I 2, 529 BGB)
Ausschlussregelungen bei dinglichen Rechten (§ 399 BGB)
Ausschlussregelungen bei Gestaltungsrechten (§§ 121 II, 144 I BGB)
Ausschlussfristen bei Gestaltungsrechten (z.B. § 124 BGB)
abzugrenzen von Gegeneinwendungen und Gegenrechten
Gegeneinwendungen bei Anspruchsgrundlagen (z.B. §§ 494 II 1 BGB, 350, 377 II HGB)
Gestaltungsgegenrechte (§ 574 I BGB)
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Gesetzestechnik 4
• Legaldefinitionen
ausgeschrieben, z.B. §§ 90, 90a S. 1, 276 II BGB
Klammerdefinitionen (§§ 121 I 1, 184 I, § 1192 Ia[Sicherungsgrundschuld], 1922 I, 1937 BGB)
• Auslegungsregeln (Auslegung von Willenserklärungen; „im Zweifel“)
gesetzlich, §§ 125 S. 2, 449 I, 632 II BGB
Gewohnheitsrecht/Richterrecht (Schuldbeitritt ggü. Darlehen bzw. Schuldbeitritt ggü. Bürgschaft/Garantie: „eigenes, unmittelbares, wirtschaftliches Interesse“ an der Erfüllung der Schuld)
• prozessuale Beweislasterleichterungen, insbesondere
gesetzliche Vermutungen (Hilfsmittel bei Beweisführung; führt zu Beweislastumkehr; „wird vermutet“)
nur anwendbar, wenn ein Tatbestandsmerkmal nicht feststeht
– Tatsachen- bzw. tatsächliche Vermutungen: Schluss auf Tatsachen
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Gesetzestechnik 5
– Rechtsvermutungen: Schluss vom Vorliegen einer Tatsache auf Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechts
grundsätzlich widerleglich (Regelfall; s. § 292 S. 1 ZPO), z.B. §§ 891 I, II, 1006 I 1, II, 1065, 1227 i.V.m. § 1006 I 1, II, 1362, 2365 BGB
unwiderleglich (Wortlaut: „unwiderlegbar“), z.B. § 1566 I, II BGB
Beweislastumkehr (Beweislastverteilung):
gesetzlich, §§ 892 I, 932 I („es sei denn“), 936 II BGB (eigener Absatz, „erlischt nicht“; Palandt/Bassenge § 936 Rn. 4), § 280 I 2 BGB (eigener Satz, doppelte Verneinung)
Gewohnheitsrecht/Richterrecht (Arzthaftung)
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Gesetzestechnik 6
• Verweisungen („gilt entsprechend“)
auf andere Vorschriften, z.B. § 1192 I BGB
auf andere Anspruchsgrundlagen
Rechtsfolgeverweisung (Regelfall!)
Rechtsgrundverweisung (z.B. § 951 I 1 i.V.m. §§ 812 ff. BGB)
auf einzelne Tatbestandsvoraussetzungen oder Rechtsfolgen, z.B. Gutgläubigkeit in § 932 I 1 BGB
beachte: entsprechend = analoge Anwendung
• Fiktionen (unterstellen, was tatsächlich nicht der Fall ist; „gilt“)
verdeckte Verweisungen i.S. Rechtsfolgenverweisung, d.h. Rechtsfolgener-streckung (Larenz/Canaris Methodenlehre, S. 83; Josef Esser, Wert und Bedeu-tung der Rechtsfiktionen, 2. Aufl. 1969, S. 26-33; Christian Felix Fischer, Die zweifelhafte Abnahmefiktion des § 640 Abs. I S. 3 BGB, Frankfurt 2010, S. 303)
stets unwiderleglich, z.B. §§ 142 I (ex tunc!), 892 I 1, 1138 Fall 1 BGB
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Klage- und Anspruchsaufbau (auch bei Verwertungsrechten) 1
• Zulässigkeit einer Klage
• Begründetheit einer Klage
Anspruchsnorm(en) (Wortlaut: „kann verlangen“)
Entstehung Anspruch
Anwendbarkeit Norm
Anspruchsvoraussetzungen
Ausschlussregelungen bei Anspruchsgrundlagen, z.B. §§ 323 VI, 399 HS 1, 2, 442 I 1, 2, 502 II, 504 I 2, 529 BGB
rechtshindernde Einwendungen (Wortlaut: „nichtig“, „unwirksam“, z.B. §105 I BGB; auch § 986 (h.M.; str.); § 142 I BGB (h.M.))
– beachte: Anfechtung (§ 142 I BGB) kann als rechtsvernichtende Einwendung, auf-grund der Rückwirkung (ex tunc) aber auch als rechtshindernde Einwendung ein-geordnet werden (str.); bereicherungsrechtlich entweder condictio indebiti (§ 812 I 1 Fall 2 BGB bei rechtshindernder Einwendung) oder condictio ob causam finitam(§ 812 I 2 Fall 1 BGB) (bei rechtsvernichtender Einwendung); Kondiktionssperre § 814 Fall 1 BGB wegen Kenntnis Nichtschuld nur auf condictio indebiti anwendbar (vgl. auch Medicus, AT, Rn. 726; methodisch: Auslegung § 142 I BGB [„nichtig“])
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Klage- und Anspruchsaufbau (auch bei Verwertungsrechten) 2
prozessual: Klageabweisung (Unbegründetheit)
Erlöschen Anspruch: rechtsvernichtende Einwendungen (Wortlaut: „erlischt“, z.B. § 362 I BGB)
prozessual: Klageabweisung (Unbegründetheit)
Durchsetzbarkeit Anspruch: rechtshemmende Einwendungen (Einreden)
Wortlaut: „kann verweigern“
– Ausnahme: § 986 I 1 BGB; trotz des Wortlauts nach h.M. eine von Amts wegen zu beachtende Einwendung; BGHZ 82, 13 (18) (methodisch: teleologische Umformung)
teilweise nicht ausdrücklich im Gesetz bestimmt: „Leistungsverweigerungsrecht ist das Äquivalent (besser: Korrelat) des Rückgewähranspruchs [nach § 62 AktG]“ (Diem, Akquisitionsfinanzierung, 1. Aufl., § 46 Rn. 27)
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Klage- und Anspruchsaufbau (auch bei Verwertungsrechten) 3
dilatorische (vorübergehende) Einreden und peremptorische (dauernde) Einreden (z.B. § 214 I BGB)
– beachte: Arglisteinrede, § 242 BGB („dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“) bei Gegenanspruch
– Rechtsfolge: keine Auswirkung auf Bestand Recht; nur Rechtsausübung (vorübergehend oder dauernd) gehemmt
– prozessual: Klageabweisung
besondere dilatorische Einreden - anspruchsbeschränkende Einreden (Schlechtriem, Schuldrecht AT, Rn. 134): Zurückbehaltungsrechte (§§ 273 I, II, 1000 S. 1 BGB) oder Einrede des nichterfüllten Vertrags (§ 320 I 1 BGB)
– Rechtsfolge: keine Auswirkung auf Bestand Recht
– prozessual: Verurteilung zur Leistung Zug-um-Zug
– vgl. Wortlaut Vorschriften und §§ 274, 322 BGB
Gegeneinwendungen bei Anspruchsgrundlagen
Rechtsfolge(n)
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Klage- und Anspruchsaufbau (auch bei Verwertungsrechten) 4
Vgl. kritisch zum „Anspruchsaufbau“ Matthias Fervers, Anspruch entstanden – Anspruch untergegangen – Anspruch durchsetzbar –keine gute Idee, in: ZJS 2015, S. 454-460 (www.zjs-online.com/dat/artikel/2015_5_936.pdf)
Fervers befürwortet zutreffenderweise einen „normbezogenen [und implizit sachverhaltsbezogenen] Prüfungsstil“
er verweist zu Recht auf § 277 ZPO und diesem zugrundeliegenden Einteilung in Anspruch – Einwendung –Replik – Duplik usw. hin, die eine klare Verteilung der Beweislast ermöglicht
allerdings wird durch seine Darstellung die Unterscheidung von rechtshindernden, rechtsvernichtenden und rechtshemmenden Einwendungen nicht obsolet, sondern nur verfeinert
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Zitierweise
• Paragraph / Artikel: § / Art. – Mehrzahl: §§ / Artt.
• folgende / fortfolgende: f. / ff. (besser: genaues Zitat)
• Absatz: Abs. 1 / I
• Satz: S. 1 / 1
• Halbsatz: HS 1
• Nummer: Nr. 1
nicht: Ziff. 1 (es gibt nur 10 Ziffern!)
vgl. Fritz Baur, Etikettenschwindel?, in: JZ 1965, S. 109 = Hanjo Hamann/Martin Idler (Hrsg.), Zeitgeistreiches. Scherz und Ernst in der Juristenzeitung. Glossen aus sechzig Jahren, Tübingen 2015, S. 50
• Fall: Fall 1
nicht: Alt. 1 (es gibt nur 2 Alternativen!) / nicht: Var.
• Buchstabe / littera: lit. a
• in Verbindung mit: i.V.m.
• Grundregeln: Konsistenz (nicht: I S. 1) und Genauigkeit
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Erstellung von Sachverhaltszeichnungen
• Aufzeigen der beteiligten Personen
Anspruchsteller links, Anspruchsgegner rechts (zur Vermeidung von Verwechslungen)
beachte: in Vorlesungsunterlagen nicht durchgängig berücksichtigt
Besonderheiten der beteiligten Personen (Eheschließung, Insolvenz, Gutgläubigkeit bzgl. bestimmter Umstände)
• Unterscheidung von Rechtsverhältnissen / Willenserklärungen
beachte Kausalverhältnisse (insbesondere Sicherungsverträge)
• Andeuten von gesetzlichen Vorgängen (gesetzlicher Erbe), Einwendungen, Realakten (Übergabe, Abhandenkommen)
• Kennzeichnung der zeitlichen Reihenfolge (durch Zahlen oder Tabelle unter der Sachverhaltszeichnung)
• Fallfrage / Anspruchsrichtung
• vgl. Andreas Heinemann, Übungen im Bürgerlichen Recht, S. 2 f.
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Teil 2: Kreditvertragsrecht
Urheberrechtlicher Hinweis: Die Folien zum Kreditvertragsrecht sind angelehnt an Georg Bitter, Vorlesung Bankrecht, Universität Mannheim, Sommersemester 2014, Folien 135-179, enthalten aber eine Reihe von Erweiterungen
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Vertiefende Literatur 1: Deutsches Recht (Textsammlungen Zivilrecht)
• Schönfelder, Deutsche Gesetze. Sammlung des Zivil-, Straf- und Verfahrensrechts, München (Loseblatt)
• Beck-Texte im dtv, BGB (mit einer Einführung von Helmut Köhler), 79. Aufl., München 2017
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Vertiefende Literatur 2: Schuldrecht allgemein
• Wolfgang Fikentscher/Andreas Heinemann, Schuldrecht, 11. Aufl., Berlin, New York 2017
• Karl Larenz/Claus-Wilhelm Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II/2, Besonderer Teil, 13. Aufl., München 1994, §§ 60 bis 66
• Dieter Medicus/Stephan Lorenz, Schuldrecht I: Allgemeiner Teil, 21. Aufl., München 2015; Dieter Medicus/Stephan Lorenz, Schuldrecht II: Besonderer Teil, 18. Aufl., München 2017
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Vertiefende Literatur 3: Lehrbücher und Handbücher Bankrecht
• Carsten Peter Claussen, Bank- und Börsenrecht für Studium und Praxis, 5. Aufl., München 2014
• Dorothee Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht. Nationale und Internationale Bankgeschäfte, 3. Aufl., Tübingen 2014
• Ralf Josten, Kreditvertragsrecht, 2. Aufl., München 2017
• Thorwald Hellner/Stephan Steuer (Hrsg.), Bankrecht und Bankpraxis (BuB), 5 Bde., Köln (Loseblatt)
früher: Bankgeschäftliches Formularbuch (hrsg. von Erich Trost)
beachte insbesondere Andreas Früh/Constanze Müller-Arends, Kreditvertragsrecht
• Siegfried Kümpel/Arne Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Köln 2010
5. Auflage unter Beteiligung von Andreas Früh in Vorbereitung
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Vertiefende Literatur 4: Lehrbücher und Handbücher Bankrecht
• Jan-Hendrik Röver, Kreditfinanzierung, in: Ulf R. Siebel/Jan-Hendrik Röver/Christian Knütel (Hrsg.), Rechtshandbuch Projektfinanzierung und PPP, 2. Aufl., Köln, München 2008, S. 581-710
• Jan-Hendrik Röver, §§ 255-261 BGB, in: BeckOGK BGB/beck-online.Großkommentar zum Zivilrecht, München 2015 ff.
• Herbert Schimansky/Hermann-Josef Bunte/Hans-Jürgen Lwowski (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, 2 Bde., 5. Aufl., München 2017
• Hans-Peter Schwintowski, Prüfe dein Wissen: Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., München 2016
• Hans-Peter Schwintowski (Hrsg.), Bankrecht. Commercial Banking –Investment Banking, 4. Aufl., Köln, Berlin, Bonn, München 2014
• Helmut Staab/Peter Staab, Kreditvertrags- und Kreditsicherungsrecht. Die Rechtsprechung des BGH, 2014
• Martin Tonner/Thomas Krüger, Bankrecht, Baden-Baden 2014
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Vertiefende Literatur 5: Kommentare Bankrecht
• Baumbach/Klaus J. Hopt, Handelsgesetzbuch (mit Nebengesetzen), 37. Aufl., München 2016, VII. Bankgeschäfte
führender Praktikerkommentar; Arbeitsmittel im 2. Staatsexamen
38. Aufl. 2017 angekündigt
• Claus-Wilhelm Canaris, Bankvertragsrecht, 1. Teil, 3. Aufl., Berlin, New York 1988 (Nachdruck 2013); im Übrigen 2. Aufl. 1981 (beides Sonderausgabe aus: Staub - Großkommentar HGB, 3. und 4. Aufl.)
Neuauflage vgl. Grundmann
• Stefan Grundmann/Moritz Renner, Bankvertragsrecht Teil 1/1: Commercial Banking - Organisation des Kreditwesens und Bank-Kunden-Beziehung, in: Claus-Wilhelm Canaris/Mathias Habersack/Carsten Schäfer (Hrsg.), Staub - Großkommentar HGB, Bd. 10/2, 5. Aufl., Berlin, New York 2016
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Vertiefende Literatur 6: Kommentare Bankrecht
• Stefan Grundmann/Moritz Renner, Bankvertragsrecht Teil 1/2: Commercial Banking - Zahlungs- und Kreditgeschäft, in: Claus-Wilhelm Canaris/Mathias Habersack/Carsten Schäfer (Hrsg.), Staub -Großkommentar HGB, Bd. 10/2, 5. Aufl., Berlin, New York 2015
• Stefan Grundmann, Bankvertragsrecht Teil 2: Investment Banking 1, in: Claus-Wilhelm Canaris/Mathias Habersack/Carsten Schäfer (Hrsg.), Staub - Großkommentar HGB, Bd. 10/2, 5. Aufl., Berlin, New York 2017
angekündigt für 2017: Stefan Grundmann/Jens- Hinrich Binder/Florian Möslein, Bankvertragsrecht Teil 2: Investment Banking 2
• Klaus J. Hopt/Peter O. Mülbert, Kreditrecht. Bankkredit und Darlehen im deutschen Recht, Berlin 1989 (Sonderausgabe aus: Staudinger, 12. Aufl.)
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Vertiefende Literatur 7: Kommentare Bankrecht
• Gerd Nobbe (Hrsg.), Kommentar zum Kreditrecht. Praxiskommentar zum Darlehens- und Kreditsicherungsrecht des BGB, 2 Bde., 2. Aufl., Heidelberg 2012
• Staudinger/Sebastian Omlor, §§ 244-248 (Geldrecht), 15. Aufl., Berlin 2014
• Staudinger/Robert Freitag/Peter O. Mülbert, §§ 488-490, 607-609 (Darlehensrecht), 13. Aufl., Berlin 2011
• vgl. auch Kommentare zum HGB
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Vertiefende Literatur 8: Zeitschriften Bankrecht und -wesen
• Juristische Fachzeitschriften
Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (GWR)
Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht (BKR)
Wertpapier-Mitteilungen - Zeitschrift für Wirtschaft- und Bankrecht (WM)
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft (ZBB)
Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (ZGR)
Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht (ZHR)
• Tages- und Wochenzeitschriften
Financial Times, [früher: Financial Times Deutschland], Handelsblatt, The Economist, Wall Street Journal
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Darlehensvertrag im System des BGB 1
• Gebrauchsüberlassungsverträge = Verträge, die auf eine zeitweilige entgeltliche oder unentgeltliche Überlassung eines Gegenstands [= Sache oder Recht; nicht nur Sache, wie häufig behauptet wird!] gerichtet sind (Fikentscher/Heinemann Schuldrecht Rn. 980)
durch Überlassung wird der unmittelbare Besitz an Sache auf den Mieter, Pächter oder Entleiher übertragen
Vermieter usw. bleibt Eigentümer (und mittelbarer Besitzer der Sache)
Vollstreckungsmaßnahmen in die Sache können vom Eigentümer nach § 771 ZPO abgewehrt werden
bei Gelddarlehen wird der „Gebrauch“ eines Geldbetrages überlassen
falls das Darlehen durch Übergabe von Scheinen erfolgt, werden diese auch übereignet (§ 929 S. 1 BGB), d.h. keine bloße „Gebrauchsüberlassung“
• einzelne Gebrauchsüberlassungsverträge:
Miete, §§ 535-580a BGB
Leasing, §§ 535 analog-580a BGB analog
Pacht, §§ 581-597 BGB
Leihe, §§ 598-606 BGB
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Darlehensvertrag im System des BGB 2
seit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz: Darlehen =
Gelddarlehen (§§ 488-505 BGB)
– dabei §§ 491-505 BGB zu Verbraucherdarlehensvertrag
– auch Gelddarlehen ist Gebrauchsüberlassungsvertrag, aber bei Veräußerungsverträgen geregelt, was systematisch nicht stimmig ist
– erklärbar durch Zusammenhang Verbraucherdarlehensvertrag mit Kaufvertrag und pragmatischen Grund des Freiwerdens von Paragraphen im Kaufrecht durch dessen Straffung (Fikentscher/Heinemann Schuldrecht Rn. 980)
Sachdarlehen (§§ 607-609 BGB), z.B. Wertpapier“leihe“
– Wertpapiere werden auch in Girosammelverwahrung wie Sache behandelt (methodisch: §§ 607-609 BGB analog)
umgangssprachliche Bezeichnung „Leihe“ für (Geld- oder Sach-)Darlehen entspricht anderem, unentgeltlichen Vertragstyp (§§ 598-606 BGB)
– vgl. auch Umgangssprache bei „Auftrag“, „Besitz“
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Kreditvertragsrecht 1
• Begriff von lat. credere = vertrauen
• frühere Legaldefinition in § 1 II VerbrKrG: Kreditvertrag = Oberbegriff für Darlehen, Zahlungsaufschub (= Stundung) und sonstige Finanzierungshilfen (z.B. Teilzahlungsgeschäft)
• aufsichtsrechtliche Legaldefinition des Kreditgeschäfts in § 1 I 2 Nr. 2 KWG: Gewährung von Gelddarlehen und Akzeptkrediten (= Bank nimmt Wechsel ihres Kunden an, § 25 WechselG)
• seit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz: Darlehen =
Gelddarlehen (§§ 488-505 BGB, dabei §§ 491-505 BGB zu Verbraucherdarlehensvertrag) und
Sachdarlehen (§§ 607-609 BGB), z.B. Wertpapier“leihe“
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Kreditvertragsrecht 2
• Sonderform Gelddarlehen: Verbraucherdarlehen (§§ 491-505 BGB)
Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie (ab 11.6.2010)
gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung i.e.S. und i.w.S.
eingeräumte Überziehungsmöglichkeit (§ 504 BGB) und geduldete Überziehung (§ 505 BGB)
• drei wirtschaftliche Grundformen des Kredits
Zahlungskredit = Überlassung von Kapital für eine begrenzte Zeit (typologisch: Gebrauchsüberlassungsvertrag)
Beispiele: Formen des Gelddarlehens, § 488 BGB wie Kontokorrentkredit (unterscheide handelsrechtliches Kontokorrent, § 355 HGB und bürgerlich-rechtliches Kontokorrent, § 311 I BGB; zu letzterem Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl., § 25 Rn. 55 f.), Ratenkredit, Schuldscheindarlehen (§§ 488, 371, 952 BGB)
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Kreditvertragsrecht 3
Haftungskredit = keine effektive Mittelüberlassung, sondern Übernahme der Haftung gegenüber Dritten (Gläubigern des Kreditnehmers)
Beispiele: Avalkredit (Bürgschaft, Garantien) oder Akzeptkredit (Bank akzeptiert Wechsel ihres Kunden)
Waren“kredit“: Stundung Kaufpreiszahlung durch Warenlieferanten (dazu Kreditsicherungsrecht)
• Risikoverteilung Zahlungskredit
keine Zug-um-Zug-Abwicklung: Vorleistungsrisiko der Bank
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Kreditvertragsrecht 4
• wirtschaftliche Funktionen des Zahlungskredits
Vergrößerung der finanziellen Möglichkeiten desDarlehensnehmers
Steigerung der Rendite des eingesetzten Eigenkapitals (gemessenals interner Zinsfuß (internal rate of return = IRR) oder der Renditeals Ergebnis auf das eingesetzte Kapital (return on capital employed= ROCE)
soweit die Gesamtkapitalrendite über den Fremdkapitalzinsenliegt (Leverage-Effekt)
verlagert allerdings Risiko von Kreditnehmer auf Kreditinstitut
– bei Kumulierung Kreditrisiken mit Risiko für gesamtesFinanzsystem
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Kreditvertragsrecht 5
Kreditzinsen (im Gegensatz zur Bedienung von Eigenkapital)steuerlich abzugsfähig als Werbungskosten/Betriebsausgaben
beachte aber nunmehr Zinsschranke, § 4h EStG i.V.m. § 8a KStG
Zinssaldo (Zinsausgaben – Zinseinnahmen) kann nur zu 30% dessteuerlichen Gewinns, zuzüglich Zinsaufwendungen, abzüglichZinserträgen und zuzüglich Abschreibungen (EBITDA) geltend gemachtwerden
• wirtschaftliche Risiken des Zahlungskredits
hohe Schuldenquote im Vergleich zum eingesetzten Eigenkapitalerhöht Risiko der Nichtrückzahlung
Gefahr für gesamte Volkswirtschaft, wenn sich Verschuldungsquotein bestimmten Marktsegmenten erhöht und es in Folge zuKumulierung von Zahlungsausfällen kommt (z.B. Immobilienkredite)
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Kreditvertragsrecht 6
vgl. Gesetzentwurf Bundesregierung 2016 zu Immobilienkrediten(Drs. 18/5922, 18/6286, 18/6410 Nr. 5), umgesetzt inFinanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz vom 12.05.2017 / § 48uKWG
vier Eingriffsmöglichkeiten der Bundesanstalt fürFinanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) durch Allgemeinverfügung (§ 35 S. 2VwVfG) bei drohender „Immobilienblase“:
– Obergrenze für den Fremdfinanzierungsanteil
– Bestimmung eines Zeitraums, in dem ein gewisser Anteil einesKredites zurückgezahlt werden muss
– Grenze für die Schuldentragfähigkeit eines Kreditnehmers bezogenauf sein Einkommen
– Mindestrückzahlung (Abschaffung tilgungsfreier Darlehen)
vgl. Ausschuss für Finanzstabilität, Empfehlung vom 30.6.2015 zu neuenInstrumenten für die Regulierung der Darlehensvergabe zum Bau oderErwerb von Wohnimmobilien (www.bundesfinanzministerium.de)
43
Dogmatik des Darlehensvertrags
• Darlehensvertrag = Konsensualvertrag
abzugrenzen von früherer Realvertragstheorie bei § 607 I BGB a.F.
• Synallagma (do-ut-des): Kapitalüberlassung + Zinszahlung; nicht: Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens (§ 488 I 2 Fall 2 BGB; ggfs. rechtsgeschäftliche Vereinbarung Synallagma; Palandt/Grüneberg vor § 320 Rn. 10)
Bedeutung: wenn Darlehensnehmer in Verzug mit Zinszahlung kommt, dann kann Darlehensgeber wegen synallagmatischer Pflicht über Rücktrittsrecht § 323 I BGB Rückzahlungspflicht vor vereinbartem oder durch Kündigung herbeizuführenden Termin fällig stellen
§ 607 I BGB a.F. (bis 2001)Wer Geld oder andere vertretbare Sachen als Darlehen empfangen hat, ist verpflichtet, dem Darleiher das Empfangene in Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten.
§ 488 I 1 BGB n.F.Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen.
44
Anspruchsprüfung im Gelddarlehensrecht – 1
• Anspruchsgrundlagen
z.G. KN: Überlassung der Darlehensvaluta, § 488 I 1 BGB
falls das Darlehen durch Übergabe von Scheinen erfolgt, werden diese auch übereignet (§ 929 S. 1 BGB), d.h. keine bloße „Gebrauchsüberlassung“
z.G. KG: Zinszahlung, § 488 I 2 Fall 1 BGB
z.G. KG: Rückzahlung der Darlehensvaluta, § 488 I 2 Fall 2 BGB
• Entstehen des Anspruchs
Gelddarlehensvertrag
Parteien
Geldbetrag
Höhe
45
Anspruchsprüfung im Gelddarlehensrecht – 2
Überlassung
– Auslegungsregel (Gewohnheitsrecht/Richterrecht): Abgrenzung von Übernahme Mithaftung (Schuldbeitritt, § 311 I BGB, Vertragsbeitritt, § 311 I BGB): Darlehensnehmer ist, wer ein eigenes Interesse an Kreditgewährung hat sowie über Auszahlung und Verwendung der Darlehensvaluta mitentscheiden kann
Rückzahlung
– Abgrenzung von unregelmäßiger Verwahrung, § 700 BGB
» Auslegungsregel (Gewohnheitsrecht/Richterrecht): Darlehen anzunehmen, wenn Rückforderung durch Darlehensgeber nicht jederzeit zulässig sein soll, damit dem Empfänger die Nutzung erleichtert wird
» beachte: Giroguthaben unregelmäßige Verwahrung, §§ 700, 488 ff. BGB
» beachte: neben typischem Gelddarlehen auch Sparguthabenals Darlehen eingeordnet
46
Anspruchsprüfung im Gelddarlehensrecht – 3
ggfs. Zins (kein essentialia negotii!; Wortlaut § 488 I 2 BGB: „geschuldeten“)
sonstige Regelungen (vgl. Vorlesung Investment Banking)
Rechtsbindungswille
zusätzlich für Rückzahlungsanspruch: Auszahlung Darlehen, § 488 I 2 Fall 2 BGB („zur Verfügung gestellte Darlehen“)
auch für Zinsanspruch, da Zinsen „Vergütung in Geld für Kapitalnutzungsmöglichkeit“
Zustandekommen Darlehensvertrag mit wirksamem Abruf, wenn Krediteröffnungsvertrag abgeschlossen wurde (h.L.)
a.A. Konkretisierung Darlehensverpflichtung aus Rahmenvertrag
rechtshindernde Einwendung: Fälligkeit, § 271 BGB
rechtshindernde Einwendung (h.L.): Anfechtung des Darlehensvertrag durch Bank/Kreditnehmer, § 142 I BGB
beachte: auch rechtsvernichtende Einwendung vertretbar
47
Anspruchsprüfung im Gelddarlehensrecht – 4
rechtshindernde Einwendung: aufschiebende Bedingung, § 158 I BGB
beachte: nach der Systematik des Gesetzes nicht Bestandteil der Einigung über Darlehensvertrag, sondern eigenständige Einwendung; in Fallprüfung aber teilweise Behandlung bei der Einigung zweckmäßig
rechtshindernde Einwendung: Formnichtigkeit, § 125 S. 1 BGB
grds. kein Formerfordernis
häufig aber gewillkürte Schriftformklausel
rechtshindernde Einwendung: Formnichtigkeit Verbraucherkredit-vertrag, § 494 I Fall 1 BGB (nicht § 125 S. 1 BGB!)
rechtshindernde Einwendung: mangelnde Pflichtangaben, § 494 I Fall 2 BGB
rechtshindernde Einwendung: Wucher, § 138 II/I BGB
48
Anspruchsprüfung im Gelddarlehensrecht – 5
rechtshindernde Einwendung: Sittenwidrigkeit, § 138 I BGB
z.B. Knebelung (in dieser Vorlesung bei Sicherungsübereignung
behandelt)
• Erlöschen des Anspruchs
rechtsvernichtende Einwendung: Erfüllung durch Gläubiger z.B. des Anspruchs auf Überlassung der Darlehensvaluta durch Auszahlung, § 362 I BGB
bei Überlassungsanspruch: Verschaffung und Belassung der Valuta durch Darlehensgeber = Erfüllung des Darlehensvertrags durch Kreditgeber (§ 362 I BGB)
– Übereignung von Geldstücken, § 929 S. 1 BGB
49
Anspruchsprüfung im Gelddarlehensrecht – 6
– Verschaffung von Buchgeld ist ausreichend für „Verschaffung“
» rechtlich durch Wertübertragung; zur rechtlichen Einordnung vgl. Kapitel „Überweisung“ in Vorlesung Andreas Früh
» beachte: keine Abtretung von Forderungen, § 398 BGB
rechtsvernichtende Einwendung: Kündigung des Darlehensvertrags, insb. §§ 489 f. BGB
rechtsvernichtende Einwendung: Rücktritt vom Darlehensvertrag, § 323 I BGB
rechtsvernichtende Einwendung: Widerruf bei Außergeschäftsraum-vertrag („Haustürgeschäft“), §§ 312g I, 355 I 1 BGB
50
Anspruchsprüfung im Gelddarlehensrecht – 7
rechtsvernichtende Einwendung: Widerruf bei Verbraucherdarlehensvertrag, §§ 495 I, 355 I 1 BGB
• Durchsetzbarkeit des Anspruchs
Verjährung, § 214 I BGB
vertragliche Vereinbarung
gesetzlich: regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren, §§ 195, 199 BGB
51
Krediteröffnungsvertrag 1
• Krediteröffnungsvertrag (Kreditzusage), § 311 I BGB; § 488 BGB analog mit AGB Banken
Problem: Verträge ohne Konkretisierung der Überlassungspflicht
Lösung: Krediteröffnungsvertrag (h.L.)
Rechtsnatur
Canaris, h.L.: eigener Vertragstyp Krediteröffnungsvertrag; Analogie zu Gelddarlehensvertrag; einzelne Darlehensverträge entstehen durch jeweiligen Abruf
– arg.: (bloße) Verpflichtung, Kredit zur Verfügung zu stellen
MüKo/Berger, MM: Grund- und Rahmenvertrag; besondere Form des Darlehensvertrags; keine Analogie zu Gelddarlehensvertrag; bloße Konkretisierung Rahmenvertrag bei Bestimmung konkreter Leistung
analoge Anwendung §§ 488-498 BGB nach h.L.
autonome, rechtsgeschäftliche Regelung im Rahmen der rechtlichen Grenzen
52
Krediteröffnungsvertrag 2
Pflicht Kreditgeber zur Bereitstellung und Auszahlung des Kredits nach Abruf
Pflicht des Kreditnehmers zur Zahlung einer Bereitstellungsprovision bis Abruf
nach BGH WM 2014, 1224 und WM 2014, 1325 müssen Banken und Sparkassen bei Verbraucherkrediten alle innerhalb der letzten zehn Jahre gezahlten „Kreditbearbeitungsgebühren“ erstatten; Bereitstellungs-provision ist aber keine Kreditbearbeitungsgebühr
• grds. keine Pflicht Kreditnehmer zur Inanspruchnahme Darlehen (Canaris, Bankvertragsrecht, 2. Aufl., Rn. 1200: negatives Tatbestandsmerkmal); kann aber ausdrücklich oder konkludent vereinbart werden (Canaris, Bankvertragsrecht, 2. Aufl., Rn. 1200, 1230 f.); dann handelt es sich aber um Darlehensvertrag
• Abruf: Ausübung eines Gestaltungsrechts (h.L.)/bzw. Konkretisierung Rahmenvertrag (MM)
• Kündigungsmöglichkeit des Darlehensnehmers nach § 490 I Fall 1 BGB analog
• Literatur: Claus-Wilhelm Canaris, Bankvertragsrecht, 2. Aufl., Berlin, New York 1981, Rn. 1195-1279
53
Krediteröffnungsvertrag und Abnahmeverpflichtung 1
• Fall 1 (Schwintowski, PdW Fall 282; BGH WM 1962, 114): Eine Bank hatte sich im November 2006 bereit erklärt, ein Darlehen i.H.v. € 40.000.-gegen hypothekarische Sicherung zu gewähren. Der Kunde hatte diese Kreditzusage angenommen, allerdings nur dann, wenn der Kunde die Kreditzusage binnen einer – verhältnismäßig kurzen – Frist annimmt. Eine Abnahmeverpflichtung des Kreditnehmers war nicht ausdrücklich vereinbart. Die Hypothekenbestellung scheiterte. Die Bank, die zweimal eine Frist zur Abnahme gesetzt hatte, verlangte nach fruchtlosem Ablauf Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Abnahmeverpflichtung in Höhe von € 6.325.-. Zu Recht?
54
Krediteröffnungsvertrag und Abnahmeverpflichtung 2
• Schadensersatz wegen Nichterfüllung, § 280 I BGB
vertragliche Verpflichtung
Darlehensvertrag, § 488 BGB bzw. Krediteröffnungsvertrag, § 311 I BGB, § 488 BGB analog
– Rechtsnatur Krediteröffnungsvertrag
» Canaris, h.L.: eigener Vertragstyp Krediteröffnungsvertrag; Analogie zu Gelddarlehensvertrag; einzelne Darlehensverträge durch jeweiligen Abruf
» Berger, MM: Rahmenvertrag; keine Analogie zu Gelddarlehensvertrag; bloße Konkretisierung Rahmenvertrag bei Bestimmung konkreter Leistung
– Rechtsbindungswille: Kunde musste bekannt sein, dass eine Hypothekenbank einen Kredit gegen Besicherung durch eine Hypothek nicht aus Gefälligkeit, sondern aus Erwerbsgründen geschäftsmäßig betreibt
55
Krediteröffnungsvertrag und Abnahmeverpflichtung 3
jedenfalls Pflicht des Kreditgebers zur Bereitstellung und Auszahlung des Kredits nach Abruf
Abnahmeverpflichtung Kreditnehmer?
– keine Pflicht Kreditnehmer zur Ausnutzung „Kreditsage“; kann aber ausdrücklich oder konkludent vereinbart werden (Canaris, Bankvertragsrecht, 2. Aufl., Rn. 1200, 1230 f.); dann handelt es sich aber um Darlehensvertrag
– ausdrücklich (-)
– konkludent (Auslegung, §§ 133, 157 BGB)
» Bank hat ihre eigene Bindung an die „Darlehenszusage“ für den Fall erklärt, dass der Kreditnehmer sie binnen einer – verhältnismäßig kurzen – Frist annähme
56
Krediteröffnungsvertrag und Abnahmeverpflichtung 4
» aus „Darlehenszusage“ ist somit hervorgegangen, dass die Bank sich nicht einseitig verpflichten und es gleichwohl dem Kreditnehmer überlassen wollte, ob er von dem Darlehensangebot Gebrauch mache oder nicht
» somit Abnahmeverpflichtung Kreditnehmer und damit Darlehensvertrag
Pflichtverletzung: Nichtabnahme
Schaden: € 6.325.-
57
Zinszahlung 1
• Definition: laufzeitabhängige Vergütung in Geld für Kapitalnutzungsmöglichkeit
keine Kapitalnutzungsmöglichkeit bei Bereitstellungsprovision/ -vergütung (teilweise unrichtigerweise Bereitstellungs“zinsen“ genannt), da Darlehensvaluta noch nicht bereit gestellt
• Verpflichtung zur Zinszahlung an Banken auch ohne Vereinbarung, § 354 II HGB
• zinsloses Darlehen möglich („geschuldeten“, § 488 I 2 Fall 1 BGB)
• Zinseszinsen
Zinseszinsvereinbarung im Voraus grds. ausgeschlossen, § 248 I BGB (rechtshindernde Einwendung)
damit in Praxis auch im Nachhinein kein Zinseszins
Ausnahmen in § 248 II BGB (insbesondere für Einlagen bei Kreditinstituten) und bei handelsrechtlichem Kontokorrent nach § 355 I HGB
58
Zinszahlung 2
Zinseszinsverbot, § 289 S. 1 BGB
anwendbar auf vertragliche und gesetzliche Verzugszinsen (Palandt/Grüneberg § 289 Rn. 1)
Ausnahme bei handelsrechtlichem Kontokorrent nach § 355 I HGB
Berücksichtigung des Zinseszinsverbots nach § 289 S. 1 BGB bei Verbraucherdarlehen, § 497 BGB
keine Umgehung über Schadensersatzvorschriften, § 497 II 2 BGB
keine Umgehung über Einstellung von Verzugszinsen in Kontokorrent, § 497 II 1 Fall 2 BGB
– Einstellung auf gesondertem Konto, § 497 II 1 Fall 1 BGB
– damit entstehen keine Zinseszinsen nach § 289 S. 1 BGB
59
Zinszahlung 3
• Angabe effektiver Jahreszins, § 6 I Preisangabenverordnung (PAngV)
Berechnung ungefährer Effektivzins nach „Uniform-Methode“
Kreditkosten =
– Zinsen + Bearbeitungsgebühr usw. oder
– gesamte Rückzahlung − Auszahlungsbetrag oder
– Anzahl der Raten × Ratenbetrag (soweit alle Kosten in Raten enthalten sind) − Auszahlungsbetrag
Nettodarlehensbetrag = Darlehensnennbetrag − Abzüge bei Auszahlung
60
Zinszahlung 4
Beispiel:
€ 10.000.- (Auszahlung € 10.000)
Laufzeit 5 Jahre (60 Monate)
3% Bearbeitungsgebühr
Zins 6% p.a. (0,5%/Monat)
Berechnung:
Kreditkosten = Zinsen + Bearbeitungsgebühr = (0,005 x 10.000 x 60) + (0,03 x 10.000) = 3.300
Nettodarlehensbetrag = 10.000
3.300_________ x
10.000
24________ x
60 + 1 100 = 12,98%
61
Zinszahlung 5
Rechtsfolgen insbesondere
Preisangabenverordnung (PAngV)
– Anwendbarkeit: Angebot von Waren oder Leistungen ggü. Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise (§ 1 I PAngV)
– Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu € 25.000, § 10 PAngV
– Widerruf Verbraucherdarlehensvertrag, §§ 494 I, 492 II BGB i.V.m. Art. 247 § 6 I Nr. 1, § 3 I Nr. 3, II EGBGB i.V.m. PAngV (s.u.) bei fehlender (nicht nur fehlerhafter) Angabe
62
Zinszahlung 6
kein Verbotsgesetz, § 134 BGB, da bloße Norm des Preisordnungsrechts
– Verbotsgesetz, wenn die Vornahme eines (nach der Rechtsordnung grundsätzlich möglichen) Rechtsgeschäfts mit Rücksicht
» auf seinen Inhalt,
» auf einen von der Rechtsordnung missbilligten Erfolg oder
» auf die besonderen Umstände, unter denen es vorgenommen wird,
untersagt wird („darf nicht“, „nicht statthaft“ oder „unzulässig“); nicht reine Ordnungsvorschriften
– Beispiel: im Zweifel Strafgesetze (Palandt/Ellenberger § 134 Rn. 24)
– gegen Verbotsgesetz spricht auch Tatsache der Widerrufsmöglichkeit nach §§ 494 I, 492 II BGB
63
Zinsanpassung 1
• Festzins im Vertrag
Anpassung nach Auslaufen der Zinsfestschreibung = neue Vereinbarung erforderlich
• variabler Zins im Vertrag
Zinsgleitklausel
Bindung an Referenzgröße (z.B.
– EURIBOR = European Interbank Offered Rate
– EONIA = Euro OverNight Index Average oder
– Basiszins, § 247 BGB)
+ x % Marge
Zinsanpassungsklausel (Änderung der Refinanzierungskosten)
Recht der Bank, den Zins nach billigem Ermessen anzupassen (§ 315 BGB)
dürfen in AGB nicht unangemessen benachteiligen (§ 307 I 1 BGB)
– sachlicher Grund
– Anpassungssymmetrie (Zinssenkung und –erhöhung)
64
Zinsanpassung 2
Transparenz, § 307 I 2 BGB: Anlass, aus dem das Bestimmungsrecht entsteht, sowie Richtlinien und Grenzen seiner Ausübung sind im Vertrag anzugeben
ergänzende Vertragsauslegung, §§ 133, 157, 242 BGB bei unwirksamer Klausel (BGHZ 185, 166)
sonstige vertragliche Zinsgestaltungen
z.B. margin grid
65
Rückzahlung Darlehensvaluta
• Tilgungsdarlehen
Annuitätendarlehen = Darlehen mit steigendem Rückzahlungsanteil und sinkendem Zinsanteil; gleichmäßiger Schuldendienst
Ratenkredit = Darlehen mit gleichbleibender Tilgung und sinkendem Zinsanteil; Schuldendienst sinkt
• sonstige vertragliche Gestaltungen (strukturiertes Rückzahlungsprofil, z.B. bei Akquisitions- oder Projektfinanzierungsdarlehen)
66
Rechtshindernde Einwendung: Fälligkeit, § 271 BGB
• Zinsen
vertragliche Vereinbarung, § 271 II BGB
gesetzlich
nach Ablauf je eines Jahres im Nachhinein, § 488 II Fall 1 BGB
bei Rückerstattung Darlehen, wenn Rückerstattung vor Ablauf eines Jahres, § 488 II Fall 2 BGB
• Rückzahlung
Darlehen ohne vereinbarte Laufzeit, § 488 III 1 BGB
gesetzliche (ordentliche oder außerordentliche) Kündigung durch Darlehensgeber oder –nehmer
Darlehen mit vereinbarter Laufzeit
Fälligkeit ist mit Laufzeit ebenfalls vereinbart
außerdem Fälligkeit bei Kündigung
67
Rechtshindernde Einwendung: Anfechtung des Darlehensvertrag nach § 123 I BGB
• Rechtsnatur umstritten: rechtshindernde Einwendung (wegen ex-tunc-Wirkung nach § 142 I BGB) / rechtsvernichtende Einwendung (weil Einwendung erst nach Vertragsschluss ausgeübt)
• Anfechtung durch die Bank
Täuschung über Kreditwürdigkeit oder Werthaltigkeit von Sicherheiten
• Anfechtung durch den Kreditnehmer
Täuschung durch Unterlassen: Offenbarungspflicht der Bank hinsichtlich des finanzierten Geschäfts nur im Ausnahmefall
ggfs. auch Anspruch aus c.i.c., §§ 280 I, 311 II Nr. 2, 241 II BGB (s.u.)
Problem: Vermittler als Dritter i.S.v. § 123 II 1 BGB
(+) echte Kreditmakler, § 652 BGB
(-) Verhandlungsgehilfe und –führer /„Repräsentant“ der Bank
(-) Vermittler bei verbundenem Geschäft (s.u.)
68
Rechtshindernde Einwendung: Wucherdarlehen, § 138 II / I BGB – 1
• Anwendbarkeit § 138 I BGB
Wuchertatbestand des § 138 II BGB verdrängt nicht den Rückgriff auf § 138 I BGB
Rückgriff auf § 138 I BGB möglich (arg. § 138 II BGB stellt Konkretisierung und nicht Einschränkung von § 138 I BGB dar, „insbesondere“)
bei AGB: § 307 I 1 BGB und nicht § 138 BGB
Überziehungskredit (hohe Zinsen typisch) ist Form des Kontokorrentdarlehens
grds. keine Anwendung Verbraucherschutzrecht; vgl. § 493 BGB a.F./ § 504 BGB n.F.
• objektive Komponente der Sittenwidrigkeit, § 138 I BGB: auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung
effektiver Vertragszins übersteigt den marktüblichen Effektivzins
relativ um 100% oder
69
Rechtshindernde Einwendung: Wucherdarlehen, § 138 II / I BGB - 2
absolut um 12%
– häufig bei Überziehungszinsen (Dispositionskredit = „erlaubtes Minus“ im Unterschied zu „geduldetem Minus“) erreicht; aufgrund des definierten, begrenzten Betrags bislang nicht grundsätzlich als sittenwidrig angesehen; Grenze der Sittenwidrigkeit kann aber im Einzelfall überschritten werden
– vgl. ZEW-Studie zu Dispo-Zinsen/Ratenkrediten ftp.zew.de/pub/zew-docs/gutachten/StudieDispoZinsRatenKredit2012.pdf
beides sind Richtwerte
BGH ZIP 2012, 67: bei Vertragszins Restschuldversicherungskosten nicht zu berücksichtigen
zum marktüblichen Effektivzins vgl. Bundesbank, Monatliche Zinsstatistik (www.bundesbank.de) (Gewohnheitsrecht)
• subjektive Komponente der Sittenwidrigkeit, § 138 I BGB
subjektive Komponente ergibt sich aus Auslegung des Begriffs „sittenwidrig“
70
Rechtshindernde Einwendung: Wucherdarlehen, § 138 II / I BGB - 3
Bank
nutzt die schwächere Lage des Kreditnehmers bewusst aus (= Vorsatz) oder
verschließt sich leichtfertig der Erkenntnis, dass dieser sich nur aufgrund der schwächeren Lage auf die drückende Belastung einlässt (= grobe Fahrlässigkeit)
bei Verbraucher (§ 13 BGB): nach Gewohnheitsrecht/Richterrecht tatsächliche Vermutung (= Vermutung über Tatsachen) aus objektiver Komponente (Palandt/Ellenberger, § 138 Rn. 30), d.h. Gericht kann gestützt auf eigene Erfahrungen von bewiesenen Tatsachen (Indizien) auf nicht bewiesene Tatsachen schließen
beachte: hier Widerleglichkeit nach § 292 S. 1 ZPO nach h.L. nicht anwendbar!
aber Erschüttern der Überzeugung des Gerichts durch Beweisgegner möglich (kommt Widerlegbarkeit nahe)
71
Rechtsvernichtende Einwendung: Kündigung Darlehen - 1
• verzinsliches Darlehen
vertragliche Vereinbarung
gesetzliches (ordentliches) Kündigungsrecht Darlehensgeber oder –nehmer bei Darlehen mit unbestimmter Laufzeit, § 488 III 2 Fall 1, 2 BGB: 3 Monate
gesetzliches (ordentliches) Kündigungsrecht Darlehensnehmer, § 489 BGB
Darlehen mit Festzins, § 489 I Nr. 2 BGB: 10 Jahre
– Zweck: Darlehensnehmer soll nicht über längere Zeit an ungünstigen (auch ungünstig gewordenen) Zins gebunden bleiben
Darlehen mit variablem Zins, § 489 II BGB: 3 Monate
Vorfälligkeitsentschädigung, § 490 II 3 BGB analog (Folien 72-75)
zwingendes Recht, § 489 IV 1 BGB
– Ausnahme: öffentliche Hände, § 489 IV 2 BGB
72
Rechtsvernichtende Einwendung: Kündigung Darlehen - 2
gesetzliches (außerordentliches) Kündigungsrecht Darlehensgeber
§ 490 I BGB
– vor Auszahlung: stets, § 490 I Fall 1 BGB
– nach Auszahlung: in der Regel, § 490 I Fall 2 BGB
» Beispiel: besondere Härte für Empfänger bei Zumutbarkeit für den Geber
– Spezialfall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB/desallgemeinen Leistungsverweigerungsrechts nach § 321 BGB
– grds. keine Nichtabnahmeentschädigung, § 490 II 3 BGB analog bei § 490 I Fall 1 BGB oder Vorfälligkeitsentschädigung, § 490 II 3 BGB analog, da Kündigung Darlehensgeber
§ 490 II 1 BGB
– nach Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 14/6040, S. 254) Kodifizierung der Rechtsprechung in BGHZ 136, 161 (166 f.); dort wurde allerdings noch von „Vertragsmodifizierung“ und nicht von „Kündigung“ gesprochen
73
Rechtsvernichtende Einwendung: Kündigung Darlehen - 3
– gesetzlich geregelter Fall der Vertragsanpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB
– Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung, § 490 II 3 BGB (Folien 72-75)
Kündigung bei Wegfall der (objektiven oder subjektiven) Geschäftsgrundlage, § 313 BGB (Anwendbarkeit: § 490 III BGB)
allgemeine außerordentliche Kündigung, § 314 BGB (Anwendbarkeit: § 490 III BGB)
• unverzinsliches Darlehen
vertragliche Vereinbarung
Rückerstattung auch ohne Kündigung, § 488 III 3 BGB
• Rechtsfolgen
rechtsvernichtende Einwendung: Erlöschen Primärpflichten Krediteröffnungsvertrag/Darlehen ex nunc
(gesetzliche) Umwandlung Darlehen in Rückgewährschuldverhältnis
74
Rechtsvernichtende Einwendung: Kündigung Darlehen - 4
ausgezahlte Beträge
Fälligstellung durch Kündigung, § 488 III 1 BGB (bei Darlehen mit unbestimmter Laufzeit; sonst § 488 III 1 BGB analog)
– teilweise deklaratorisch zusätzlich vertragliches Fälligstellen (acceleration clause)
Rückzahlungsanspruch (§ 488 I 2 Fall 2, III 1 Fall 2 BGB)
– kein Rückzahlungsanspruch nach § 812 I 2 Fall 1 BGB (da kein Wegfall des Rechtsgrundes aufgrund Rückgewährschuldverhältnis)
noch nicht ausgezahlte Beträge
rechtsvernichtende Einwendung: Kündigung gegenüber Auszahlungsanspruch aus Darlehensvertrag bzw. Krediteröffnungsvertrag (Wegfall Primärpflichten ex nunc), §§ 490 I, II 1, 313, 314 BGB
75
Vorfälligkeits“entschädigung“ 1
• Entschädigung bedeutet grds. Ausgleich für auferlegte Vermögenseinbuße, während Schadensersatz alle Vermögenseinbußen umfasst (vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht)
Beispiel: Enteignung
bei §§ 490 II 3, 502 BGB handelt es sich um Schadensersatzan-sprüche (Palandt/Weidenkaff § 490 Rn. 15)
• Ersatz Schaden Darlehensgeber aufgrund vorzeitiger Kündigung Darlehensvertrag (Legaldefinition § 490 II 3 BGB!)
76
Vorfälligkeits“entschädigung“ 2
• Schadensersatzanspruch, §§ 490 II 3/502 i.V.m. 249 ff. BGB
vorzeitige Kündigung Darlehensvertrag
rechtsgeschäftliche Vereinbarung
grds. nicht bei § 490 I BGB
§ 490 II 1 BGB: ao. Kündigung Darlehensvertrag
§ 502 BGB: Verbraucherdarlehensvertrag (vgl. unten)
§ 489 I, II: ordentliche Kündigung (§ 490 II 3 BGB analog)
vgl. auch Art. 25 III EU-Hypothekarkreditrichtlinie (Richtlinie 2014/17/ЕU vom 4.2.2014 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher (ABlEG 2014, L 60/34-85)); davor Art. 18 Entwurf EU-Hypothekarkreditrichtlinie (März 2011)
77
Vorfälligkeits“entschädigung“ 3
Schaden, insb. Zinsschaden (Palandt/Weidenkaff § 488 Rn. 23)
Zinsmargenschaden = Nettogewinn [= insb. mit Wiederanlagezins abgezinster Bruttozins] bis zum nächstmöglichen Kündigungstermin (= entgangener Gewinn, § 252 BGB) und
wenn Zinsniveau gesunken ist, darüber hinausgehender Zinsverschlechterungsschaden (Zinsminderungsverlust) = Schaden aus Zinsdifferenz zwischen Vertragszinsen und Wiederausreichungszins (gem. Kapitalmarktstatistik der Bundesbank) über die Laufzeit des Darlehens
– Schaden entsteht jedenfalls, wenn der vertraglich vereinbarte Zins über dem aktuellen Zinssatz für ein Ersatzgeschäft liegt
– Ersatzgeschäfte können
» Neuausleihung („Aktiv-Aktiv-Methode“) oder
» Anlage in Hypothekenpfandbriefen („Aktiv-Passiv-Methode“) sein
78
Vorfälligkeits“entschädigung“ 4
Vorteilsausgleich = im Rahmen der Vorteilsausgleichung werden dem Anspruchsteller solche Vorteile angerechnet, die auf Grund des schädigenden Ereignisses entstehen
– Prüfung im Rahmen „Schaden“
– insbesondere Abzug ersparter Refinanzierungskosten
» adäquater Kausalzusammenhang
» Anrechnung darf dem Zweck des Schadensersatzes nicht widersprechen („Schutzzweck“)
» bei Geldersatz ist Vorteilsausgleichung durch automatische Anrechnung durchzuführen
Aufrechnung, § 389 BGB ist nicht erforderlich
Begrenzung der Vorfälligkeitsentschädigung bei Verbraucherdarlehensvertrag, § 502 I 2 BGB
Ausschluss Vorfälligkeitsentschädigung, §§ 502 II, 504 I 2 BGB
79
Verbraucherschutz im Darlehensrecht
Verbraucherkreditrecht (§§ 491-505 BGB)
Schutz durch Information
Schutz durch Widerrufsrecht
sonstiges Verbraucherschutz-recht (§§ 312-312k, 355-361)
Vermeidungdes sog.modernen Schuldturms
außerhalb von Ge-schäftsräumengeschlossene Ver-träge
§ 312b BGB(früher: Haustür-widerrufsrecht, §§ 312 f. BGB)
Fernabsatz-verträge
§§ 492-494 BGBSchriftformVertragsinhalt
neu:§ 491a BGBArt. 247 EGBGBvorvertragliche Information
§ 495 BGB
§ 355 BGB
§§ 497 f. BGB
Hauptfall:„Schrott-immobilien“
§ 312c BGB(früher: §§ 312b-d, f BGB)
Hauptfall:„Schrott-immobilien“
80
Rechtsvernichtende Einwendung: Widerruf bei Außergeschäftsraumvertrag (sog. Haustürgeschäft) 1
• Anwendbarkeit
Widerrufsrecht Außengeschäftsraumvertrag tritt gegenüber den Widerrufsrechten nach Verbraucherkreditrecht zurück, § 312g III BGB (subsidiär)
• Anwendungsbereich, § 312 I BGB
Verbrauchervertrag i.S.v. § 310 III BGB
partielle Bereichsausnahmen für bestimmte Vertragstypen (§ 312 II-VI; früher § 312 III BGB a.F.; § 1 II HWiG a.F.)
• Außengeschäftsraumvertrag, § 312b I 1 BGB (sog. „Haustürgeschäft“)
• Widerrufsrecht, §§ 312g I, 355 BGB (früher §§ 312 I 1, 355 BGB a.F.; § 1 I HWiG a.F.)
Voraussetzungen gem. § 312g I BGB
• Widerrufserklärung, § 355 I 2 BGB
• Widerrufsfrist, § 355 II BGB
81
Rechtsvernichtende Einwendung: Widerruf bei Außergeschäftsraumvertrag (sog. Haustürgeschäft) 2
• Rechtsfolgen: §§ 312g I, 355, 357 I BGB (nicht mehr i.V.m. 346 ff. BGB)
rechtsvernichtende Einwendung: Erlöschen Primärpflichten Krediteröffnungsvertrag/Darlehen ex nunc
(gesetzliche) Umwandlung Darlehen in Rückgewährschuldverhältnis
ausgezahlte Beträge
Anspruch auf Rückgewähr der empfangenen Leistungen, §§ 312g I, 355 III 1, 357 BGB
– kein Rückzahlungsanspruch nach § 812 I 2 Fall 1 BGB (da Wegfall des Rechtsgrundes aufgrund Rückgewährschuldverhältnis)
noch nicht ausgezahlte Beträge
rechtsvernichtende Einwendung: Widerruf gegenüber Auszahlungsanspruch aus Darlehensvertrag bzw. Krediteröffnungsvertrag (Wegfall Primärpflichten ex nunc), § 312g I, 355 BGB
82
Außergeschäftsraumvertrag i.S.v. § 312b BGB (sog. Haustürgeschäft) – 1
• Anwendungsbereich gem. § 312 I BGB (§ 1 I HWiG a.F.)
Verbrauchervertrag i.S.v. § 310 III BGB, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat
Vertrag zwischen Unternehmer i.S.v. § 14 BGB und Verbraucher i.S.v. § 13 BGB
– Existenzgründer ≠ Verbraucher (BGHZ 162, 253)
» Wortlaut des § 13 BGB: Zweckrichtung entscheidend
» Existenzgründer begibt sich bewusst in den unternehmerischen Verkehr
» Umkehrschluss aus § 512 BGB n.F. / § 507 BGB a.F.
– aber: Verbraucher bei Vorbereitung der Existenzgründung (BGH ZIP 2008, 27)
Vertrag über eine entgeltliche Leistung
– verzinsliches Darlehen, § 488 BGB
83
Außergeschäftsraumvertrag i.S.v. § 312b BGB (sog. Haustürgeschäft) – 2
– Anwendbarkeit auf die Bürgschaft str. („entgeltliche Leistung“)
» Frage: Vertrag über „entgeltliche Leistung“ i.S.v. § 312 BGB
BGH früher (–), da Bürge aus Bürgschaft kein Entgelt
erhält (BGHZ 113, 287)
aber: HaustürwiderrufsRiLi 85/577/EWG spricht nicht
von Entgeltlichkeit → richtlinienkonforme „Auslegung“
(teleologische Umformung)
» doppeltes Haustürgeschäft nötig bei Bürgschaft?
EuGHE 1998, 1199 = NJW 1998, 1295: Haustürsituation
bezüglich Bürgschaft und Hauptverbindlichkeit nötig
BGHZ 139, 21: kein höheres Schutzniveau des nationalen
Rechts, auch wenn Art. 8 RiLi dies erlaubt → doppeltes
Haustürgeschäft
anders BGHZ 165, 363: Einzelbetrachtung nur der
Bürgschaft; arg. Schutzbedürftigkeit des Bürgen ist
unabhängig von der Haustürsituation des Hauptschuldners
84
Außergeschäftsraumvertrag i.S.v. § 312b BGB (sog. Haustürgeschäft) – 3
• Voraussetzungen gem. § 312b I 1 BGB (früher: §§ 312 I BGB a.F., 1 HWiG a.F.) („Haustürgeschäft“)
Nr. 1: Vertragsschluss außerhalb des Geschäftsraums des Unternehmers bei körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers + Unternehmers
anders zum früheren Recht BGHZ 165, 363: kein Haustürgeschäft bei Vertragsschluss durch Ehefrau in Geschäftsräumen des Ehemanns, die im selben Haus wie die Privatwohnung liegen
Nr. 2: Abgabe des Angebots des Verbrauchers außerhalb des Geschäftsraums des Unternehmers bei körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und Unternehmers
Nr. 3: Vertragsschluss im unmittelbaren Anschluss an eine (bei körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und Unternehmers erfolgende) persönliche Ansprache des Verbrauchers außerhalb des Geschäftsraums des Unternehmers
Nr. 4: Vertragsschluss auf einem Ausflug, sog. „Kaffeefahrt“
85
Außergeschäftsraumvertrag i.S.v. § 312b BGB (sog. Haustürgeschäft) – 4
• partielle Bereichsausnahmen für bestimmte Vertragstypen (§ 312 II-VI BGB; früher § 312 III BGB a.F.; § 1 II HWiG a.F.), u.a.
II Nr. 1: Willenserklärung von einem Notar beurkundet
z.B. notarieller Kaufvertrag über eine Immobilie, § 311b I BGB
V: bei Vertragsverhältnissen über Bank- und Finanzdienstleistungenfür die auf den Erstvertrag folgenden Vorgänge
Bsp.: Bankdienstleistungen, Kreditgewährung, Versicherungen, Geldanlagen
§§ 312 ff. BGB nur auf erste Vereinbarung anwendbar; anwendbar auf alle Vorgänge: § 312a I (Anrufer-ID), § 312a III (ausdrückliche Vereinbarung bei Zusatzentgelten), § 312a IV (Entgelte bei Zahlungsmitteleinsatz), § 312a VI (salvatorische Klausel)
86
Widerrufsrecht, -erklärung und -frist
• Widerrufsrecht gemäß §§ 312g I, 355 BGB (früher: § 312 I BGB a.F., § 1 I HWiG a.F.)
Grundsatz der Widerruflichkeit (§ 312g I BGB)
Ausnahmen gemäß § 312g II BGB
• Widerrufserklärung (ausdrücklich oder konkludent)
• Widerrufsfrist: 14 Tage ab Vertragsschluss (§ 355 II BGB)
kein Beginn der Widerrufsfrist bei fehlender oder fehlerhafter Belehrung (§ 356 III 1 BGB)
aber Erlöschen des Widerrufsrechts spätestens nach 12 Monaten und 14 Tagen (§ 356 III 2 BGB)
Ausnahme: Finanzdienstleistungen (§ 356 III 3 BGB)
früher: kein Beginn und kein Ende der Widerrufsfrist bei fehlerhafter Belehrung (BGH NJW 2014, 2646) in den Grenzen der Verwirkung (§ 242 BGB)
– beachte jetzt aber Übergangsvorschrift Art. 229 § 32 EGBGB
87
Verbraucherkreditvertrag – gesetzliche Entwicklung – 1
• Abzahlungsgesetz 1896
• Richtlinie 87/102/EWG zum Verbraucherkredit 1987
• Umsetzung und Erweiterung RL: Verbraucherkreditgesetz 1991
gemeinschaftsrechts-/richtlinienkonforme Auslegung i.e.S. und i.w.S.
• Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts v. 27.6.2000 (ab 1.10.2000)
Einstellung des Widerrufs- und Rückgaberechts bei Verbraucherverträgen in §§ 361a, 361b BGB a.F.
Verweise im (gekürzten) HWiG und VerbrKrG
88
Verbraucherkreditvertrag – gesetzliche Entwicklung – 2
• Schuldrechtsmodernisierungsgesetz (ab. 1.1.2002)
Haustürwiderrufsrecht - §§ 312, 312a BGB
Verbraucherkreditrecht - §§ 491 ff. BGB
Widerrufs- und Rückgaberecht - §§ 355 ff. BGB
verbundene Verträge - § 358 BGB (früher § 9 I, II VerbrKrG)
Einwendungsdurchgriff - § 359 BGB (früher § 9 III VerbrKrG)
• Umsetzung der EG-Verbraucherkreditlinie (Richtlinie 2008/48/EG v. 23.4.2008, ABlEG L 133/66 v. 22.5.2008)
Gesetz v. 29.7.2009; Inkrafttreten zum 11.6.2010
gemeinschaftsrechts-/richtlinienkonforme Auslegung i.e.S. und i.w.S.
89
Verbraucherkreditvertrag – gesetzliche Entwicklung – 3
• Umsetzung der EU-Verbraucherrechterichtlinie (Richtlinie 2011/83/EU v. 25.10.2011, ABlEG L 304 v. 22.11.2011, S. 64)
Gesetz vom 20.9.2013; Inkrafttreten zum 13.6.2014
gemeinschaftsrechts-/richtlinienkonforme Auslegung i.e.S. und i.w.S.
• Umsetzung der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie (Richtlinie 2014/17/EU vom 4.2.2014, ABlEG L 60/34 vom 28.2.2014)
Gesetz vom 11.3.2016; Inkrafttreten zum 21.3.2016
gemeinschaftsrechts-/richtlinienkonforme Auslegung i.e.S. und i.w.S.
90
Einwendungen bei Verbraucherkreditvertrag
• Anwendungsbereich
unterscheide Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge und Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge, § 491 I 2 BGB
persönlicher Anwendungsbereich („Verbraucher), § 491 II 1 BGB
sachlicher Anwendungsbereich („Kreditvertrag“), § 491 I, II 1 BGB
• Rechtsfolgen, u.a.
Nichtigkeit Verbraucherkreditvertrag
Formnichtigkeit bei mangelnder Schriftform, § 494 I Fall 1 BGB
Nichtigkeit bei mangelnden Pflichtangaben, § 494 I Fall 2 BGB
Widerruf Verbraucherkreditvertrag
Widerrufsrecht, §§ 495 I, 355 I 1 BGB
keine Bindung an Kreditvertrag/das verbundene Geschäft, §§ 495 I, 355 I 1, 358 I, II BGB
Eintritt des Darlehensgebers in Abwicklungsverhältnis bei Widerruf, §§ 495 I, 355 I 1, 358 IV 5 BGB
Einrede aus Einwendungsdurchgriff ggü. Kreditvertrag bei verbundenem Geschäft, §§ 495 I, 355 I 1, 359 S. 1 BGB
91
Verbraucherkreditvertrag – persönlicher Anwendungsbereich (Verbraucher), § 491 II 1 BGB – 1
• Darlehensnehmer
Verbraucher i.S.v. § 13 BGB
natürliche Person, die Darlehensvertrag weder zu ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit schließt
Existenzgründer (§ 512 BGB n.F.)
Ausnahme: Nettodarlehensbetrag oder Barzahlungspreis > € 75.000
nicht gewerblich tätige GbR
BGHZ 149, 80, 83 = NJW 2002, 368: (Außen-)GbR ist (obwohl sie keine natürliche Person ist; beachte ihre inzwischen anerkannte Rechtsfähigkeit, jedenfalls soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet; BGHZ 146, 341) Verbraucher, wenn sie der Verwaltung eigenen Vermögens dient und nur aus natürlichen Personen besteht (Palandt/Weidenkaff § 491 Rn. 7; analogeAnwendung § 491 I BGB)
92
Verbraucherkreditvertrag – persönlicher Anwendungsbereich (Verbraucher), § 491 II 1 BGB – 2
anderes gilt, wenn der Kredit der gewerblichen Tätigkeit der GbR dient; dann auch kein Schutz des akzessorisch mithaftenden Gesellschafters
– BGH NJW 2006, 2980
– BGH ZIP 2007, 1650
• Darlehensgeber
Unternehmer i.S.v. § 14 BGB
BGHZ 179, 126: auch bei sonstiger gewerblicher Tätigkeit
93
Verbraucherkreditvertrag – sachlicher Anwendungsbereich (Kreditvertrag), § 491 I, II 1 BGB – 1
• Grundsatz: entgeltliche Gelddarlehensverträge i.S.v. § 488 BGB
BGHZ 133, 71: analoge Anwendung bei Schuldbeitritt, § 311 I BGB zu Kreditvertrag, wenn Beitretender = Verbraucher, § 13 BGB
BGHZ 142, 23: analoge Anwendung bei Übernahme eines Kreditvertrags (= Vertragsübernahme, Gewohnheitsrecht [gesetzes-übersteigende Rechtsfortbildung]) durch Verbraucher, § 13 BGB (jedenfalls bei dreiseitiger Vereinbarung)
BGHZ 138, 321: Unanwendbarkeit bei Bürgschaften für gewerbliche Kredite
EuGHE 2000, 1741 = NJW 2000, 1323: Bürgschaft unterfällt generell nicht der Verbraucherkreditrichtlinie
• vgl. außerdem andere Finanzierungshilfen, § 506 BGB
z.B. entgeltlicher Zahlungsaufschub [Stundung] von mehr als 3 Monaten; Finanzierungsleasingverträge, Teilzahlungsgeschäfte, §§ 499-501 BGB a.F./§§ 506-509 BGB n.F.
94
Verbraucherkreditvertrag – sachlicher Anwendungsbereich (Kreditvertrag), § 491 I, II 1 BGB – 2
• Ausnahmen für Allgemein-Verbraucherkreditverträge: § 491 II 2 BGB
Nr. 1: Bagatellklausel: Nettodarlehensbetrag ≤ € 200
Nr. 2: Haftung auf eine Pfandsache beschränkt
Nr. 3: Rückzahlung innerhalb von 3 Monaten und geringe Kosten
Nr. 4: Arbeitnehmerdarlehen unter marktüblichen Sätzen
Nr. 5: Förderdarlehen unter marktüblichen Sätzen
95
Verbraucherkreditvertrag – Schriftform –
• Schriftform i.S.v. § 492 I BGB (§ 4 I VerbrKrG a.F.)
einfache Schriftform (Satz 1, § 126 II BGB)
getrennte schriftliche Erklärungen möglich (Satz 2)
gilt auch für spätere Änderungsvereinbarungen
BGHZ 165, 213 = NJW 2006, 681
• Ausnahme für Überziehungskredit (§§ 504 f. BGB)
• Rechtsfolge fehlender Schriftform
Nichtigkeit des Vertrags - § 494 I Fall 1 BGB (§ 6 I VerbrKrG a.F.)
rechtshindernde Einwendung
nicht § 125 S. 1 BGB
aber Gegeneinwendung: möglicherweise Heilung durch Auszahlung – Folien 101 f.
96
Verbraucherkreditvertrag – Pflichtangaben – 1
• Hintergrund: Informationsmodell
Verbraucher soll Kostenbelastung bei Kreditaufnahme verdeutlicht werden
• Verweisungstechnik
§ 494 I BGB verweist auf Art. 247 §§ 6-13 EGBGB
Art. 247 § 6 I Nr. 1 EGBGB verweist auf Art. 247 § 3 I Nrn. 1-14, IV EGBGB
• Anwendbarkeit
Verbraucherdarlehensverträge, § 492 I BGB
auch Vollmacht zum Abschluss des Kreditvertrags, aber nichtnotariell beurkundete Vollmacht, § 492 IV BGB (Ausnahme zu § 167 II BGB)
Vermeidung Leerlauf Pflichtangaben, wenn Vertretung beim Abschluss Darlehensvertrag
früher BGHZ 161, 15, 32 f. = NJW 2005, 664, 668: Pflichtangaben nicht erforderlich
97
Verbraucherkreditvertrag – Pflichtangaben – 2
• erforderliche Angaben i.S.v. § 492 II BGB (Verhaltensnorm) / § 494 I Fall 2 BGB (Rechtsfolgennorm)
Vielzahl von Angaben nach Art. 247 §§ 6-13 EGBGB (vgl. Anlage 4), u.a.
§ 6 I Nr. 1, § 3 I Nr. 3, II EGBGB i.V.m. Preisangabenverordnung(PAngV): anfänglicher effektiver Jahreszins
§ 6 I Nr. 1, § 3 I Nr. 4, II 2 EGBGB: Nettodarlehensbetrag = Darlehensbetrag, der zur Auszahlung gelangt
§ 6 I Nr. 1, § 3 I Nr. 5 EGBGB: Sollzinssatz und alle sonstigen Kosten
§ 6 I Nr. 1, § 3 I Nr. 7 EGBGB: Betrag, Zahl und Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen
§ 6 I Nr. 1, § 3 I Nr. 8, II 1 EGBGB: Gesamtbetrag aller Teilzahlungen (Nettokreditbetrag + Zinsen + Kosten)
98
Verbraucherkreditvertrag – Pflichtangaben – 3
– BGHZ 167, 239 + 252: Finanzierung über Lebensversicherung
– Besonderheiten § 9 EGBGB (früher § 492 Ia BGB a.F.): Immobiliardarlehensverträge
§ 6 I Nr. 1, § 3 I Nr. 13 EGBGB: Angaben zum Widerrufsrecht aus § 495 BGB (vgl. Muster Widerrufsbelehrung in Anlage 7)
§ 7 Nr. 2 EGBGB: vom Darlehensgeber verlangte Sicherheiten und Versicherungen
Erweiterung der erforderlichen Angaben seit Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie 2008, z.B.
§ 6 I Nr. 1, § 3 I Nr. 4 EGBGB: Recht auf Tilgungsplan
§ 6 I Nr. 1, § 3 I Nr. 10 EGBGB: Entgelt für Kreditabwicklungskonten
§ 6 I Nr. 1, § 3 I Nr. 11 EGBGB: Verzugszinssatz und Regeln der Anpassung
99
Verbraucherkreditvertrag – Pflichtangaben – 4
§ 6 I Nr. 1, § 3 I Nr. 12 EGBGB: Warnhinweis zu Folgen ausbleibender Zahlungen
§ 6 I Nr. 1, § 3 I Nr. 14 EGBGB: Recht auf vorzeitige Rückzahlung
§ 6 I Nr. 3 EGBGB: Aufsichtsbehörde Darlehensgeber (BAFin bei Kreditinstituten)
§ 6 I Nr. 5 EGBGB: Modalitäten bei Kreditkündigung
• Ausnahme für Überziehungskredite (§§ 504 f. BGB)
Information in regelmäßigen Abständen (Art. 247 § 16 EGBGB)
• Rechtsfolgen fehlender Angaben
rechtshindernde Einwendung: Nichtigkeit des Vertrags, § 494 I Fall 2 BGB
Gegeneinwendung: möglicherweise Heilung durch Auszahlung (s.u. Folien 101 f.)
bei fehlenden Angaben zur Verzinsung Ermäßigung Zinssatz auf gesetzlichen Zinssatz, §§ 494 II 2, 246 BGB (4%)
100
Verbraucherkreditvertrag – Pflichtangaben – 5
bei zu niedriger Angabe effektiver Jahreszins Ermäßigung Zinssatz, § 494 III BGB
keine Haftung Darlehensnehmer für nicht angegebene Kosten, § 494 IV 1 BGB
• Rechtsfolge fehlerhafter Angaben
keine Nichtigkeit gem. § 494 I Fall 2 BGB, da Wortlaut nur auf „fehlende“ Angaben abstellt
BGHZ 167, 239
BGH NJW-RR 2006, 1419
früher: kein Beginn und kein Ende der Widerrufsfrist bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung (BGH NJW 2014, 2646) in den Grenzen der Verwirkung (§ 242 BGB)
ähnlich § 613a VI BGB
beachte jetzt aber Übergangsvorschrift Art. 229 § 32 EGBGB
aber allgemeine Rechtsfolgen (Schadensersatz aus c.i.c., §§ 280 I, 311 II Nr. 2, 241 II BGB; Anfechtung, § 142 I BGB)
101
Verbraucherkreditvertrag – Heilung Nichtigkeit – 1
• Gegeneinwendung: Heilung der Nichtigkeit von Formmangel und mangelnden Pflichtangaben
durch Auszahlung der Valuta (§ 494 II 1 BGB)
Darlehensnehmer empfängt das Darlehen oder nimmt es in Anspruch
– Definition Empfang: Darlehensgegenstand scheidet aus dem Vermögen des Darlehensgebers aus und wird dem Vermögen des Darlehensnehmers in der vereinbarten Form endgültig zugeführt
» Achtung: kein „Empfang“ bei Nichtigkeit der Auszahlungsweisung (BGH ZIP 2006, 846) (dann Rückabwicklung über § 812 BGB)
– Inanspruchnahme: Disposition Darlehensnehmer
» mindestens Weisung an Darlehensgeber, Geld zur Verfügung zu stellen, dem Darlehensgeber entspricht
102
Verbraucherkreditvertrag – Heilung Nichtigkeit – 2
weisungsgemäße Auszahlung an einen Dritten = Auszahlung an den Darlehensnehmer (Ausnahme: Dritter ist „verlängerter Arm“ des Darlehensgebers)
– BGHZ 167, 252
Verletzung des Schriftformerfordernisses insgesamt wird auch durch Inanspruchnahme des Kredits geheilt (BGHZ 165, 213)
Fortsetzung der Darlehensnutzung bei bereits ausgezahltem Darlehen reicht aus (auch bei früherer weisungsgemäßer Auszahlung an Dritte)
– BGHZ 165, 213
– BGH ZIP 2008, 357
103
Verbraucherkreditvertrag – Heilung Nichtigkeit – 3
keine Ausnahme bei verbundenem Geschäft
Wortlaut deutet nicht auf ein anderes Verständnis des Empfangs bei verbundenen Geschäften hin
Schutz des Verbrauchers durch günstige Zinskonditionen
Securenta-Rechtsprechung zum HWiG (BGHZ 133, 154, 259 ff.) ist nicht übertragbar, da es keine Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers zu sichern gilt; die Wirksamkeit des Vertrags tritt kraft Gesetzes mit den dort geregelten Rechtsfolgen ein (insbes. verminderter Zins)
BGHZ 167, 252 (XI. Senat)
a.A. noch BGHZ 159, 294, 306 f. (II. Senat)
104
Verbraucherkreditvertrag – Ermäßigung des Zinssatzes –
• Ermäßigung des Zinssatzes auf den gesetzlichen Zins, wenn Sollzinssatz, effektiver Jahreszins oder Gesamtbetrag fehlt (§§ 494 II 2, 246 BGB (4%), siehe zusätzlich: § 494 III-VII BGB)
keine Ermäßigung des Zinssatzes bei Nichtangabe der Anzahl der Raten und Nichtangabe der Kosten einer Versicherung
BGH ZIP 2008, 357
keine Ermäßigung des Zinssatzes bei Nichteinhaltung der Schriftform wegen fehlenden förmlichen Zugangs der Annahmeerklärung des Kreditgebers, aber vollständiger Vertragserklärung des Kreditnehmers
BGHZ 165, 213
105
Verbraucherkreditvertrag – Widerrufsrecht, § 495 BGB - 1
• Grundsatz: Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensvertrag
früher: § 7 I VerbrKrG a.F. - § 361a BGB a.F.
heute § 495 I BGB i.V.m. § 355 I 1 BGB n.F.
Widerrufsfrist: grundsätzlich 14 Tage nach Vertragsschluss (§ 355 II BGB)
früher: kein Beginn und kein Ende der Widerrufsfrist bei fehlerhafter Belehrung (BGH NJW 2014, 2646) in den Grenzen der Verwirkung (§ 242 BGB)
aber weitere Voraussetzungen des § 356b BGB zu beachten, u.a.
Übergabe der Vertragsurkunde, des Kreditantrags oder einer Kopie
mit den Pflichtangaben gemäß § 492 II BGB (Folien 97-99)
• Ausnahme vom Widerrufsrecht bei jederzeit rückzahlbarem Kontokorrentkredit (§ 495 II Nr. 3 i.V.m. §§ 504 II, 505 BGB)
106
Verbraucherkreditvertrag – Widerrufsrecht, § 495 BGB - 2
• Rechtsfolgen: §§ 495, 355 III 1 BGB
rechtsvernichtende Einwendung: Erlöschen Primärpflichten Krediteröffnungsvertrag/Darlehen ex nunc
Umwandlung Darlehen in Rückgewährschuldverhältnis
ausgezahlte Beträge
Anspruch auf Rückgewähr der empfangenen Leistungen, §§ 495, 355 III 1 BGB
– aber: Verbraucher in der Regel nicht in der Lage, das schon verwendete Darlehen zurückzuzahlen
– kein Rückzahlungsanspruch nach § 812 I 2 Fall 1 BGB (kein Wegfall des Rechtsgrundes aufgrund Rückgewährschuldverhältnis)
noch nicht ausgezahlte Beträge
rechtsvernichtende Einwendung: Widerruf gegenüber Auszahlungsanspruch aus Darlehensvertrag bzw. Krediteröffnungsvertrag (Wegfall Primärpflichten ex nunc), §§ 495, 355 III 1 BGB
107
Verkäufer Bank
Käufer = Verbraucher
Gelddarlehens-vertrag, §§ 488, 491, 164 I (Bank vertreten durch Verkäufer)
Zahlung Kaufpreisforderung, §§ 433, 362 I, 267 I BGB
Kaufvertrag,§ 433
§ 662 / Überlassung von Kreditformularen
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB
2
1
3
4
108
Verbundene Geschäfte – Sonderfall: „Schrottimmobilien“
• „Schrottimmobilien“ als gesellschaftliches Problem
Steuersparmodell für Jedermann
Vollfinanzierung als Konstruktionsmerkmal: Eingang der Mieteinnahmen zur Finanzierung unabdingbar
Mietgarantie oft wertlos
(Haustür-)Vertrieb über Finanzvermittler an finanzschwache Anleger
• Häufung von Klagen seit Mitte der 1990er Jahre
• Wende zugunsten der Anleger durch die Rechtsprechung des II. Senats betr. Erwerb von Fondsanteilen (2004)
• Abgabe aller Fälle an den XI. Senat (2006)
• enorme wirtschaftliche Bedeutung (Wertberichtigungsbedarf bei Banken)
109
Verbundene Geschäfte – Vertragsverhältnisses Schrottimmobilien
Verkäufer Bank
Anleger
Gelddarlehensvertrag, §§ 488, 164 I (Bank vertreten durch Verkäufer)
i.d.R. Haustür-werbung
Grundstücks-kaufvertrag,§§ 433, 311b I
21 3
Vertriebsmittler
Sicherungs-vertrag, § 311 I
3
3
Grundschuld, §§ 873 I, 1191
2
Übereignung Grundstück, §§ 873, 925
110
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 1
• Grundprinzip: rechtliche Trennung einzelner Rechtsverhältnisse (Relativität der Schuldverhältnisse)
• verbundenes Geschäft i.S.v. § 358 BGB
Vertrag über die Lieferung einer Ware (§ 433 BGB; auch Grundstück; vgl. § 358 III 3 BGB) oder die Erbringung einer anderen Leistung
Verbraucherdarlehensvertrag, § 491 I, II BGB
Kredit dient der Finanzierung des anderen Vertrags
beide Verträge bilden eine wirtschaftliche Einheit (Abs. 3)
unwiderlegliche Vermutung wirtschaftlicher Einheit (Abs. 3 Satz 2)
– Zusammenarbeit von Verkäufer und Darlehensgeber
» Fall 1: Unternehmer (= Verkäufer) finanziert selbst die Gegenleistung
» Fall 2: bei Drittfinanzierung: Kreditgeber (= Bank) bedient sich bei Vorbereitung und Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags der Mitwirkung des Unternehmers
Sonderregel für den Erwerb von Grundstücken (Abs. 3 Satz 3)
111
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 2
• rechtsvernichtende Einwendung: keine Bindung an Kreditvertrag/das verbundene Geschäft bei Widerruf („Widerrufsdurchgriff“) – § 358 I, II BGB
früher: fehlende Bindung i.S.v. § 9 VerbrKrG a.F.
keine Bindung an den verbundenen Kaufvertrag bei Widerruf des Kreditvertrags nach § 7 VerbrKrG (Abs. 2) a.F.
fehlende Bindung i.S.v. § 358 BGB
Abs. 1: keine Bindung an den Kreditvertrag bei Widerruf des verbundenen Vertrags über die Lieferung einer Ware oder Erbringung einer anderen Leistung z.B. nach § 312g I BGB
Abs. 2: auch keine Bindung an den verbundenen Vertrag über die Lieferung einer Ware oder Erbringung einer anderen Leistung bei Widerruf des Kreditvertrags nach § 495 I BGB
112
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 3
• Eintritt des Darlehensgebers in Abwicklungsverhältnis bei Widerruf –§ 358 IV 5 BGB
bei Widerruf des Darlehensvertrags nach Abs. 2 (str.) und vollständigem Zufluss des Kreditbetrags beim Unternehmer zum Zeitpunkt des Zugangs des Widerrufs tritt der Kreditgeber im Verhältnis zum Verbraucher in die Rechte und Pflichten des Unternehmers ein
Darlehensgeber tritt nicht neben, sondern anstelle Unternehmer in Abwicklungsverhältnis ein (BGH ZIP 2009, 952)
rechtlich kein gesetzlicher Vertragsübergang, sondern gesetzlicherÜbergang eines Abwicklungsverhältnisses (damit nach BGH auch kein Wahlrecht des Verbrauchers)
ist das Darlehen dem Unternehmer noch nicht vollständig zugeflossen, entsteht zwischen dem Verbraucher und dem Verkäufer als Unternehmer ein Rückgewährschuldverhältnis, welches die Parteien verpflichtet, einander die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren, § 357 BGB für widerrufenen Vertrag, § 357 BGB analog für verbundenen Vertrag (Palandt/Grüneberg, § 358 Rn. 20)
113
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 4
Rechtsfolgen:
keine Abwicklung „im Dreieck“, d.h. keine Rückzahlung Darlehen vom Verbraucher an Darlehensgeber und Erstattung Kaufpreis von Unternehmer an Verbraucher
– falsch deshalb Georg Bitter, Vorlesung Bankrecht 2017, Folie 187: „Verbraucher kann Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises mit dem Anspruch des Kreditgebers auf Rückzahlung des Kredits verrechnen“
Übernahme Abwicklungsverhältnis: komplette Rückabwicklung sowohl Darlehen als auch verbundener Vertrag erfolgt über Darlehensgeber (Aktiv-/Passivlegitimation)
– Erleichterung Rückabwicklung für Verbraucher
Verhältnis Bank – Verbraucher, §§ 495 I, 358 IV 1, 355 III 1 BGB
– Anspruch Verbraucher auf Rückzahlung Zins- und Tilgungsraten
» ggü. Unternehmer kein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises!
– Verbraucher kann Rückzahlung der an Darlehensgeber und Unternehmer erbrachten Leistungen fordern, insbesondere geleistete Anzahlung sowie sonstige Eigenmittel
114
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 4
– kein Anspruch Kreditgeber auf Rückzahlung Nettodarlehensbetrag (Darlehensvaluta), da andernfalls Zahlung „übers Eck“
» obwohl eigentlich Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta aus Darlehensvertrag! somit § 358 IV 5 BGB (auch) rechtsvern. Einwendung
– aber: bei Widerruf Verbraucherdarlehensvertrag Anspruch Kreditgeberggü. Verbraucher auf Zinsen, § 357a III BGB
– Kreditgeber erhält (anstelle Darlehensvaluta) die finanzierte Leistung (d.h. Rückgabe und Rückübereignung Kaufsache, § 929 S. 1 BGB)
» bzw. Wertersatz nach § 357 VII BGB
» wenn der Verbraucher die Ware schon dem Unternehmer gegeben hat, steht dem Darlehensgeber nach §§ 358 IV 1, § 357 I 1 und §§ 348, 320 BGB gegenüber dem Verbraucher ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der gezahlten Darlehensraten zu
– Anspruch Kreditgeber auf Abtretung ggü. Unternehmer aus Rückabwicklung des finanzierten Vertrages
kann wie sonstige Haftungsüberleitung (z.B. befreiende Schuldübernahme) geprüft werden
– (1) Haftung = Anspruch aus verbundenem Vertrag
115
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 4
– (2) Haftungsüberleitung = § 358 IV 5 BGB
Verhältnis Bank – Verkäufer
– Gesetz regelt die Rückabwicklung zwischen Darlehensgeber und Unternehmer nicht („im Verhältnis zum Verbraucher“, § 358 IV 5 BGB)
– Rückgriffsanspruch gegenüber dem Unternehmer (Palandt/Grüneberg, § 358 Rn. 21 a.E.)
» vertragliche Vereinbarungen (ggfs. Auslegung §§ 133, 157 BGB)
» subsidiär („hilfsweise“) Bereicherungsrecht, § 812 I 1 Fall 2 BGB (Durchgriffskondiktion)
» Unternehmen muss Darlehensvaluta/Kaufpreis Zug-um-Zug gegen Rückgabe der Sache und Nutzungsersatz an den Darlehensgeber herausgeben
– Anspruch Kreditgeber gegen den Verbraucher auf Rückgabe und Übereignung der Ware (s.o.) dient dazu, den Rückgriffsanspruchder Bank gegenüber dem Unternehmer durch die Kaufsache abzusichern
116
Verkäufer Bank
Käufer = Verbraucher
Gelddarlehens-vertrag, §§ 488, 164 I (Bank vertreten durch Ver-käufer)
Zahlung Kaufpreisforderung, §§ 433, 362 I, 267 I BGB
Kaufvertrag,§ 433
§ 662 / Überlassung von Kreditformularen
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 5
2
1
3
4
Anspruch auf Rückzahlung Zins- und Tilgungsraten
Anspruch Rückgabe und Rückübereignung Kaufsache
Erläuterung Eintritt des Darlehensgebers in Abwicklungsverhältnis bei Widerruf
5Widerruf durch Käufer (kann auch ggü. Verkäufer erfolgen)
117
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 6
• Einrede: Einwendungsdurchgriff ggü. Kreditvertrag – § 359 I 1 BGB
Verbraucher kann Kreditrückzahlung verweigern, soweit ihm (rechtshindernde, -vernichtende, -hemmende) Einwendungen gegen den Unternehmer des verbundenen Geschäfts zustehen
Hauptfall: Mängel der Kaufsache / des finanzierten Werks
Nacherfüllungsverlangen: Verweigerung der Kreditrückzahlung erst nach Fehlschlagen der Nacherfüllung (Satz 3)
Rücktritt: Recht, die Zahlungen einzustellen
Minderung: Minderung des Betrags oder der Anzahl der Raten
Schadens- / Aufwendungsersatz: allg. ZBR, § 273 I BGB in Höhe des Anspruchs; Aufrechnungsmöglichkeit (§ 289 BGB) str.
alle Einwendungen (Palandt/Grüneberg, § 359 Rn. 3), auch wenn Wortlaut „zur Verweigerung seiner Leistung berechtigen“ (methodisch: teleologische Umbildung; vgl. Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, § 83)
118
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 7
• Fall 2 (nach www.juraindividuell.de): K will einen Fernseher kaufen. Einzelhändler V stellt ihm in seinem Laden einen Fernseher für € 1.000.-vor. V und K einigen sich über den Kauf. K kann den Fernseher aufgrund eines derzeitigen Zahlungsengpasses nicht sofort bezahlen. V schlägt vor, die ihm verbundene B Bank AG einzuschalten. Diese soll den Darlehensbetrag direkt an V auszahlen. V hat entsprechende Kreditformulare der B vorliegen und ist außerdem befugt, im Namen der B Darlehensverträge abzuschließen. K ist einverstanden und V setzt einen Kreditbetrag von € 1.000.- in das Kreditformular ein. Alle vorgeschriebenen Pflichtangaben und Belehrungen werden gemacht. Das Kreditformular wird von K und von V im Namen der B unterschrieben. B zahlt kurz darauf den Kreditbetrag an V aus. Nach drei Wochen implodiert der Fernseher aufgrund eines Mangels. V lehnt die Lieferung eines neuen Fernsehers ab. K erklärt daraufhin gegenüber V den Rücktritt und verweigert gegenüber B die Zahlung der fälligen Raten. Steht der B ein Anspruch auf Zahlung der Raten zu?
119
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 8
K V§ 433
§ 662
B
§ 929
§§ 488, 164 I (Bank vertreten durch
Verkäufer)Zahlung Zinsen und Rückzahlung?
§§ 437 Nr. 2 Fall 1, 346
2
3
1
2
4
120
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 9
• Anspruch B ggü. K auf Zahlung Raten (= Zinsen, § 488 I 2 Fall 1 BGB und Rückzahlung, § 488 I 2 Fall 2 BGB)
Entstehung
Gelddarlehensvertrag, § 488 BGB
– Vertretung B durch V, § 164 I BGB
zusätzlich bei Rückzahlungsanspruch: Auszahlung Darlehen
[bei Krediteröffn.vertrag: Abruf (h.L.)/Konkretisierung (MM)]
rechtshindernde Einwendung: Formnichtigkeit bei Verbraucherdarlehensvertrag, § 494 I Fall 1 BGB
– Darlehensnehmer K Verbraucher, § 13 BGB
– Darlehensgeber V Unternehmer, § 14 BGB
– entgeltlicher Gelddarlehensvertrag
– keine Ausnahmen § 491 II BGB
rechtshindernde Einwendung: Nichtigkeit bei mangelnden Pflichtangaben, § 494 I Fall 2 BGB (-)
121
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 10
Erlöschen
Durchsetzbarkeit
rechtshemmende Einwendung: Einwendungsdurchgriff gegenüber Kreditrückzahlung, § 359 I 1 BGB
– K Verbraucher, § 13 BGB
– verbundener Vertrag, § 358 III BGB
» Vertrag über Lieferung einer Ware: § 433 BGB
» Verbraucherdarlehensvertrag, § 491 I, II BGB
» Kredit dient der Finanzierung des anderen Vertrags
» wirtschaftliche Einheit beider Verträge, § 358 III 1 BGB
unwiderlegliche Vermutung: Zusammenarbeit von
Verkäufer und Darlehensgeber, § 358 III 2 BGB
– Einwendung: Rücktritt vom Kaufvertrag
» Problem: alle Einwendungen, auch wenn Wortlaut „zur Verweigerung seiner Leistung berechtigen“ (teleologische Umbildung)
122
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 11
» Rücktrittsgrund, §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 323 I BGB
Kaufvertrag
Sachmangel, § 434 BGB
Wesentlichkeit, § 323 V 2 BGB
Frist
» Rücktrittserklärung, § 349 BGB
» kein Ausschluss Rücktritt, § 323 VI BGB
– Fehlschlagen Nacherfüllung, § 359 I 3 BGB
» Verbraucher kann Nacherfüllung verlangen, §§ 437 Nr. 1, 439 I Fall 2 BGB
» Möglichkeit Nacherfüllung (+)
» Problem: Fehlschlagen = Leistungsverweigerung (Auslegung)
» Trennung in § 440 S. 1 BGB
» selbe Rechtsfolgen in § 440 S. 1 BGB
123
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 12
– Rechtsfolge:
– (1) Einrede ggü. Rückzahlung Darlehen
– (2) Einrede ggü. Zinszahlung?
» Auffassung 1: nicht ggü. Zinszahlung (vgl. Wortlaut § 359 S. 1 BGB); wenn Lösung vom Darlehensvertrag angestrebt, ist Widerruf erforderlich (nicht § 357 III 1 BGB)
» Auffassung 2: auch ggü. Zinszahlung; schon umgangssprachlich wird auch dann von „Darlehensrückzahlung“ gesprochen, wenn tatsächlich „Rückzahlung und Zinszahlung“ gemeint ist, wenngleich Darlehenszinsen nicht zurückgezahlt, sondern gezahlt werden; Wolfgang Marotzke, Gesellschafterdarlehen und flankierende Grundpfandrechte im Fokus des Insolvenzrechts, in: BB 2015, S. 2431-2438 (2433 f.)
– (3) kein Rückforderungsrecht (vgl. Wortlaut § 359 S. 1 BGB; Palandt/Grüneberg, § 359 Rn. 4)
» Problem: Rückforderungsanspruch ggfs. nach § 358 IV 3 BGB analog oder §§ 812 ff. (insb. § 813) BGB
124
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 13
• Rückforderungsdurchgriff Verbraucher auf Rückzahlung erfolgter Leistungen ggü. Kreditgeber und Geltendmachun (sonstiger) Einwendungen ggü. Kaufvertrag?
§§ 358 f. BGB regeln nur Rückabwicklung aufgrund Widerrufs
wie ist zu verfahren, wenn dem verbundenen Vertrag (= z.B. Kaufver-trag) aufgrund anderer Einwendung nichtig oder erloschen ist?
Beispiel: Nichtigkeit des verbundenen Kaufvertrags wegen Anfechtung (arglistige Täuschung des Verkäufers, § 123 I BGB)
Frage insbesondere, ob auch Rückzahlung der bereits geleisteten Raten vom Darlehensgeber verlangt werden kann?
verbundener Vertrag von vornherein nichtig
Verbraucher hat gegen den Darlehensgeber trotz des weiterhin wirksamen Darlehensvertrages unstreitig einen Anspruch auf Rückzahlung gezahlter Darlehensraten (Tilgung und Zins), §§ 812 I 1 Fall 1, 813 I 1 BGB
– dauerhafte Einrede aus § 359 S. 1 BGB
125
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 14
problematisch: verbundener Vertrag wird erst später nach Zahlung etwaiger Darlehensraten z.B. durch einen Rücktritt in ein Rückgewährschuldverhältnis nach § 346 I BGB umgewandelt
Voraussetzungen von § 813 BGB liegen dann nicht vor
Rückforderungsdurchgriff analog § 358 IV 5 BGB (früher: § 9 II 4 VerbrKrG a.F.), d.h. Rückforderungsanspruch Verbraucher gegen den Kreditgeber, § 358 IV 3 BGB analog i.V.m. § 346 I, § 357 I BGB
– Anspruch Verbraucher – Kreditgeber auf Rückzahlung geleisteter Zins-und Tilgungszahlungen
– zusätzlicher Anspruch auf Rückzahlung einer ggf. an den Unternehmer geleisteten Anzahlung
– arg.: umfänglicher Verbraucherschutz; Kreditgeber und nicht der Verbraucher soll das Insolvenzrisiko des Unternehmers tragen
126
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 15
BGH, h.L.: kein Rückforderungsdurchgriff; Abwicklung innerhalb der Rechtsverhältnisse
– arg.: Gesetzgeber hat in § 359 BGB nur einen Einwendungsdurchgriff regeln wollen und sich damit bewusst gegen einen Rückforderungsdurchgriff entschieden (arg. e contrario)
– Verbraucher muss sich grds. an den Unternehmer halten, mit dem er den Waren- oder Dienstleistungsvertrag geschlossen hat
» von diesem kann er gemäß § 346 I, § 323 und § 437 Nr. 2 BGB den Kaufpreis zurückverlangen, mit dem er dann das Darlehen zurückzahlen kann
127
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 16
• Fall 3 (nach www.juraindividuell.de): Wie voriger Fall, aber K hat bereits drei Monatsraten an B gezahlt. Hat er einen Anspruch gegen B auf Rückzahlung der Raten?
128
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 17
• Rückforderungsanspruch K ggü. B bzgl. Raten, § 346 I BGB
Rücktritt vom Darlehensvertrag
Rücktrittsgrund, § 313 III BGB
– objektive Geschäftsgrundlage: Mangelfreiheit des Fernsehers
– (-), da Darlehensvertrag reine Finanzierungsfunktion hat und somit Risiko der Mangelfreiheit in den Risikobereich des Kaufvertrags fällt
• Rückforderungsanspruch K ggü. B bzgl. Raten, § 358 IV 5 BGB (Rückforderungsdurchgriff bei Widerruf)
Darlehensgeber ist aktiv-/passivlegitimiert für Rückabwicklung (Vertragseintritt), § 358 IV 5 BGB, d.h. Eintreten B in Rechtsstellung des V im Kaufvertrag
Widerruf K (-), da nur Rücktrittsrecht
129
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 18
• Rückforderungsanspruch K ggü. B bzgl. Raten, § 358 IV 5 BGB analog
analoge Anwendung § 358 IV 5 BGB auf Rücktritt
Regelungslücke (+)
Planwidrigkeit
BGH (+)
h.M. (-), da im Gesetzgebungsverfahren zur Schuldrechtsmodernisierung keine Änderung
Anwendbarkeit Analogie
BGH: bei Einwendungsdurchgriff stets auch Rückforderungsdurchgriff möglich
h.M.: § 358 IV 5 BGB stellt abschließende Sonderregelung dar; grundsätzlich soll jeweilige Leistungsbeziehung entscheidend sein
130
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 19
• Anspruch K ggü. B auf Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung, § 812 I 1 Fall 1/I 2 Fall 1 BGB
Leistung K: Ratenzahlungen
ohne Rechtsgrund: (-), da Darlehensvertrag weiterbesteht und durch Rücktritt nur in Abwandlungsschuldverhältnis umgewandelt würde
• Anspruch K ggü. B auf Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung, § 812 I 2 Fall 2 BGB (condictio ob rem)
Leistung K: Ratenzahlung
Zweckverfehlung (-)
• Anspruch K ggü. B auf Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung, § 813 I 1 BGB
Einrede zum Zeitpunkt Leistung: Rücktritt führt zur Umwandlung Vertrag in Rückabwicklungsschuldverhältnis mit Wirkung ex nuncund somit wirkt Einrede § 359 S. 1 BGB erst von diesem Zeitpunkt
131
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 20
• Anfechtung des Darlehensvertrags § 142 I BGB
Darlehensvertrag kann gemäß § 123 I BGB angefochten werden, wenn die Täuschung des Vermittlers auch für den Abschluss des Darlehensvertrags kausal war
Vermittler sowohl der Fondsbeteiligung als auch des Darlehensvertrags ist nicht Dritter i.S.v. § 123 II BGB
Kausalität liegt regelmäßig bei verbundenem Geschäft vor
132
Verbundene Geschäfte, § 358 BGB - 21
• Alternative: Anspruch aus c.i.c. gegen die Bank, §§ 280 I, 311 II Nr. 2, 241 II BGB
praktisch wichtig, wenn Anfechtungsfrist des § 124 I BGB verstrichen
Bank muss sich das täuschende Verhalten des Vermittlers zurechnen lassen, da dieser nicht Dritter i.S.v. § 123 II BGB ist
Rechtsfolge: Naturalrestitution (§ 249 BGB) – Herstellung des Zustands bei fehlendem Beitritt zum Fonds und fehlender Kreditaufnahme
Kreditnehmer: Abtretung des Fondsanteils bzw. des Abfindungsanspruchs nach Kündigung
Bank: Rückerstattung der Zins- und Tilgungsleistungen ./. Vorteilsaus-gleich: Fondsausschüttungen und Steuerersparnis
133
Prüfungsaufbau bei verbundenen Geschäften 1
• Anspruch = Haftung
Entstehung
Darlehensvertrag / verbundenes Geschäft (z.B. Kaufvertrag)
rechtshindernde Einwendungen
– Anfechtung des Darlehensvertrags
rechtsvernichtende Einwendungen
keine Bindung an den Darlehensvertrag – Widerruf des verbundenen Vertrags wirkt auch ggü. Darlehensvertrag, § 358 I BGB („Widerrufsdurchgriff“)
keine Bindung an das verbundene Geschäft – Widerruf Darlehensvertrag wirkt auch ggü. verbundenem Vertrag, § 358 II BGB („Widerrufsdurchgriff“)
134
Prüfungsaufbau bei verbundenen Geschäften 2
rechtshemmende Einwendungen
Einrede aus Einwendungsdurchgriff bei verbundenem Geschäft
– Rückzahlung Darlehen kann verweigert werden, soweit dem Verkäufer ggü. Kaufpreiszahlung „verweigert“ werden dürfte, § 359 S. 1 BGB
– kein Rückforderungsrecht (Palandt/Grüneberg § 359 Rn. 4)
• Haftungsüberleitung: Eintritt des Darlehensgebers in Abwicklungsverhältnis bei Widerruf: Darlehensgeber ist aktiv-/ passivlegitimiert für Rückabwicklung verbundener Vertrag (gesetzlicher Vertragseintritt), § 358 IV 5 BGB
• Anfechtung des Darlehensvertrags, §§ 142 I, 123 I BGB
• Schadensersatzanspruch wg. c.i.c., §§ 280 I, 311 II Nr. 2, 241 II BGB
135
Schutzpflichten (Beratungs- und Aufklärungspflichten) im Kreditvertragsrecht (Verbund- und sonstige Geschäfte) - 1
• Anspruchsgrundlage: Schadensersatz wegen Verletzung Beratungsvertrag, § 311 I BGB (Haftung aus Auskunft und Beratung) / Schadensersatz aus culpa in contrahendo (Sachwalterhaftung), §§ 280 I, 311 II Nr. 2, 241 II BGB / rechtshindernde Einwendung: Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, §§ 142 I, 123 I BGB
• Grundsatz: keine Schutzpflichten
keine Aufklärung über Gefahren kreditfinanzierten Geschäfts; „caveat creditor“ (Gläubiger schützt sich selbst)
• Pflicht der Bank zur Risikoaufklärung über finanziertes Geschäft nur unter besonderen Bedingungen (Fallgruppen):
Bank geht über die Rolle als Kreditgeberin hinaus
Bank schafft besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden
Verwicklung Bank in schwerwiegende Interessenkonflikte
136
Schutzpflichten (Beratungs- und Aufklärungspflichten) im Kreditvertragsrecht (Verbund- und sonstige Geschäfte) - 2
konkreter Wissensvorsprung in Bezug auf spezielle Risiken
(+) Kenntnis von Überschuldung des Mietgaranten (BGHZ 159, 294 (316 f.))
(+) sittenwidrige Übervorteilung des Käufers durch versteckte Innenprovision → Kaufpreis = 2 x Wert des Objektes
Bank nutzt Unerfahrenheit des Kunden aus
• neu: Zurechnung des Verhaltens Dritter - Beweiserleichterung in der Fallgruppe des konkreten Wissensvorsprungs - Kenntnis der Bank von einer arglistigen Täuschung durch Verkäufer, Fondsinitiatoren oder Vermittler wird widerleglich vermutet, § 292 S. 1 ZPO, wenn
Bank und Verkäufer /Vertreiber institutionell zusammenwirken
(–) bei allgemeiner Finanzierungszusage
(+) bei ständiger Geschäftsbeziehung = Vertriebsvereinbarung
137
Schutzpflichten (Beratungs- und Aufklärungspflichten) im Kreditvertragsrecht (Verbund- und sonstige Geschäfte) - 3
(+) bei Überlassung von Büroräumen oder Formularen an Vermittler
(+) bei ständiger Vermittlung von Finanzierungen
die Unrichtigkeit der Angaben evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen.
(+) bei grob falscher Darstellung, z.B. 46 % überhöhte Mietkalkulation
BGHZ 168, 1 = NJW 2006, 2099 = WM 2006, 1194 (Rn. 50 ff.)
insbesondere: kreditfinanzierte Anlagen (Schrottimmobilien)
138
Schutzpflichten (Beratungs- und Aufklärungspflichten) im Kreditvertragsrecht (Verbund- und sonstige Geschäfte) - 4
• Rechtfolge c.i.c. § 249 BGB – Naturalrestitution
Kreditnehmer ist so zu stellen, wie er ohne die schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung gestanden hätte
kein Erwerb des überteuerten Objektes oder
Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung, § 123 I BGB
Grundsatz: umfassender Rückabwicklungsanspruch
BGHZ 168, 1 = NJW 2006, 2099 = WM 2006, 1194 (Rn. 61)
BGH, 20.3.2007 – XI ZR 414/04, WM 2007, 876 (Rn. 27 f.)
Ausnahme: Differenzschaden bei Isolierbarkeit des aus der Auskunftspflichtverletzung resultierenden Schadens
BGH, 20.3.2007 – XI ZR 414/04, WM 2007, 876 (Rn. 21 f. + 43)
BGH, 24.4.2007 – XI ZR 340/05, NJW 2007, 2404 (Rn. 35 f.)
139
Schuldscheindarlehen
• anleiheähnlich ausgestaltete Großkredite von Kapitalsammelstellen (meist Banken) an Unternehmen und die öffentliche Hand
beachte bei Anleihe: § 793 BGB, Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen = Schuldverschreibungsgesetz - SchVG
• Darlehen, § 488 I BGB
• Kreditvertragsurkunde gleichzeitig Schuldschein
Handelsgeschäft mit (verstärkter) Vermutung § 344 II HGB
kein Wertpapier, sondern nur Beweisurkunde, da Recht des Darlehensgebers nicht im Schuldschein verkörpert, d.h. Recht Darlehensgeber unabhängig von Schuldschein (Hueck/Canaris, Recht der Wertpapiere, S. 2)
• Eigentum am Schuldschein steht dem jeweiligen Gläubiger der Bankenforderungen zu (§ 952 I BGB)
• Übertragung eines Schuldscheindarlehens an neue Gläubiger durch Abtretung der Darlehensforderung, §§ 398 ff. BGB
• Anspruch auf Rückgabe Schuldschein, § 371 BGB
140
Handel mit Krediten: True-Sale-Forderungsverbriefung (Securitisation)
Unternehmen/Bank = Forderungsgläubiger =
Forderungsveräußerer = Originator
Einzweckkapital-gesellschaft (special purpose vehicle, SPV)
= Forderungs-erwerber
Vielzahl von Forderungs-schuldnern (sog. Dritt-schuldner)
Schuldverschreibungen, § 793 BGB (asset backed
securities)
Geldforderungen, z.B. § 433 II / § 488 I 2 BGB
Investoren
Verkauf der Geldforderungen, §§ 453, 433 BGB
Abtretung der Geldforderungen, § 398 BGB (Globalzession)
1
2
3
4
ZahlungEmissions-
erlös
5
Zahlung Kaufpreis6
141
Teil 3: Kreditsicherungsrecht
§ 1 Einführung in das Kreditsicherungsrecht§ 2 Entstehung von Kreditsicherheiten§ 3 Übertragung von Kreditsicherheiten§ 4 Kollision von Kreditsicherheiten§ 5 Verwertung von Kreditsicherheiten außerhalb der Zwangsvollstreckung§ 6 Vollstreckung von Kreditsicherheiten§ 7 Kreditsicherheiten in der Insolvenz des Kreditnehmers§ 8 Beendigung von Kreditsicherheiten§ 9 Internationales Kreditsicherungsrecht§ 10 Ausländische Kreditsicherungsrechte und rechtspolitische Bewertung
142
Teil 3: Kreditsicherungsrecht
§ 1 Einführung in das Kreditsicherungsrecht
143
Vertiefende Literatur 1: Schuldrecht allgemein
• Wolfgang Fikentscher/Andreas Heinemann, Schuldrecht, 11. Aufl., Berlin, New York 2017
• Karl Larenz/Claus-Wilhelm Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II/2, Besonderer Teil, 13. Aufl., München 1994, §§ 60 bis 66
• Dieter Medicus/Stephan Lorenz, Schuldrecht I: Allgemeiner Teil, 21. Aufl., München 2015; Dieter Medicus/Stephan Lorenz, Schuldrecht II: Besonderer Teil, 17. Aufl., München 2014
144
Vertiefende Literatur 2: Sachenrecht allgemein
• Jürgen F. Baur/Rolf Stürner, Lehrbuch des Sachenrechts, 18. Aufl., München 2009
• Peter Gottwald, Prüfe dein Wissen: BGB. Sachenrecht, 16. Aufl., München 2014
• Matthias Habersack, Examens-Repetitorium Sachenrecht, 8. Aufl., Heidelberg 2016
• Philipp Heck, Grundriß des Sachenrechts, Tübingen 1930; Neudruck Aalen 1960
noch keine Behandlung Sicherungsgrundschuld
• Jens Koch/Martin Löhnig, Fälle zum Sachenrecht, 4. Aufl., München 2015
• Hans-Frieder Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis. Gestaltung – Besteuerung – Muster, 7. Aufl., München 2014
145
Vertiefende Literatur 3: Sachenrecht allgemein
• Klaus Müller/Urs Peter Gruber, Sachenrecht, München 2016
• Jörg Neuner, Beck’sches Examinatorium: Sachenrecht, 5. Aufl., München 2017
• Kurt Schellhammer, Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen samt Wohnungseigentums- und Grundbuchrecht, 5. Aufl., Heidelberg 2017
• Klaus Vieweg/Almuth Werner, Sachenrecht, 7. Aufl. 2015
• Harm Peter Westermann, Sachenrecht, 12. Aufl., Heidelberg 2012
• Harm Peter Westermann/Dieter Eickmann/Karl-Heinz Gursky, Sachenrecht, 8. Aufl., Heidelberg 2011
• Hans Josef Wieling, Sachenrecht, 5. Aufl. 2007
• Manfred Wolf/Marina Wellenhofer, Sachenrecht, 31. Aufl., München 2016
• Martin Wolff/Ludwig Raiser, Sachenrecht, 10. Bearb., Tübingen 1957
146
Vertiefende Literatur 4: Kreditsicherungsrecht - Studium
• Thorsten Boeckers/Gottfried Eitel/Marcel Weinberg, Kreditsicherheiten, Wiesbaden 1997
• Peter Bülow, Recht der Kreditsicherheiten. Sachen und Rechte, Personen, 8. Aufl., Heidelberg 2012
• Heinz Gaberdiel/Martin Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, 9. Aufl., Berlin 2011
• Hans-Michael Krepold/Sandra Fischbeck, Bankrecht. Konto, Zahlungsverkehr, Darlehensvertrag, Kreditsicherheiten, Übungsklausuren, München 2009
• Ulrich Krüger, Kreditsicherungsrecht. Basiswissen mit Rechtsprechungsüberblick, München 2011
• Hans-Jürgen Lwowski/Gero Fischer/Katja Langenbucher (Hrsg.), Das Recht der Kreditsicherung, 9. Aufl., Berlin 2011
angekündigt für 2017: Hans-Jürgen Lwowski/Gero Fischer/Markus Gehrlein (Hrsg.), Das Recht der Kreditsicherung, 10. Aufl.
147
Vertiefende Literatur 5: Kreditsicherungsrecht - Studium
• Karlheinz Muscheler/Anke Schewe, Kompass Recht - BGB III: Kreditsicherungsrecht, Stuttgart 2011
• Bruno Rimmelspacher, Kreditsicherungsrecht, 2. Aufl., München 1987
Bruno Rimmelspacher/Michael Stürner, Kreditsicherungsrecht, 3. Aufl., München 2017
• Hansjörg Weber/Jörg-Andreas Weber, Kreditsicherungsrecht, 9. Aufl., München 2012
• Ralph Westerhoff, Sachenrecht III: Kreditsicherungsrecht, 2. Aufl., Heidelberg 2013
• Rainer Wörlen/Axel Kokemoor/Stefan Lohrer, Sachenrecht: mit Kreditsicherungsrecht, 9. Aufl., München 2014
148
Vertiefende Literatur 6: Kreditsicherungsrecht - Forschung
• Jan-Hendrik Röver, Vergleichende Prinzipien dinglicher Sicherheiten. Eine Studie zur Methode der Rechtsvergleichung, München 1999
• Jan-Hendrik Röver, Secured Lending in Eastern Europe. Comparative Law of Secured Transactions and the EBRD Model Law, Oxford 2007
• Jan-Hendrik Röver, Realsicherheiten und Direktvereinbarungen, in: Ulf R. Siebel/Jan-Hendrik Röver/Christian Knütel (Hrsg.), Rechtshandbuch Projektfinanzierung und PPP, 2. Aufl., Köln, München 2008, S. 762-812
• Jan-Hendrik Röver, §§ 255-261 BGB, in: BeckOGK BGB/beck-online.Großkommentar zum Zivilrecht, München 2015
• Rolf Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Bd. I: Der einfache Eigentumsvorbehalt, Heidelberg 1963; Bd. II: Die einfache Sicherungsübertragung - Erster Teil, Heidelberg 1965 (2. unv. Aufl. 1986); Bd. III: Die einfache Sicherungsübertragung - Zweiter Teil, Heidelberg 1970; Bd. IV: Verlängerungs- und Erweiterungsformen des Eigentumsvorbehalts und der Sicherungsübertragung - Erster Teil: Verlängerungsformen und Kollisionen, Heidelberg 1976;
149
Vertiefende Literatur 7: Kreditsicherungsrecht - Forschung
Bd. V: Verlängerungs- und Erweiterungsformen des Eigentumsvorbehalts und der Sicherungsübertragung - Zweiter Teil: Erweiterungsformen, -Dritter Teil: Sonstiges: Insolvenzrecht (Konkurs), Heidelberg 1982; Bd. VI: Verlängerungs- und Erweiterungsformen des Eigentumsvorbehalts und der Sicherungsübertragung, - Dritter Teil: Sonstiges: Insolvenzrecht (Vergleich); Insolvenzrechtsreform, Heidelberg 1986
• Rolf Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung. Neue Rechtsentwicklungen, 2. Aufl., Heidelberg 1993
gelungene Zusammenfassung des opus magnum von Rolf Serick
• Hans Weinhausen, Die Sicherungsübereignung, Berlin 1928; 4. Aufl. 1932
zur Sicherungsübereignung in der Weimarer Republik (vgl. auch Knut Wolfgang Nörr, Zwischen den Mühlsteinen. Eine Privatrechtsge-schichte der Weimarer Republik, Tübingen 1988, S. 74 f.)
150
Vertiefende Literatur 8: Kommentare
• Florian Jacoby/Michael von Hinden (früher: Jan Kropholler), Studienkommentar BGB, 15. Aufl., München 2015
• Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 75. Aufl., München 2016
führender Praktikerkommentar; Arbeitsmittel im 2. Staatsexamen
151
Kreditarten nach dem Kreditgegenstand (gesicherte Forderung) 1
• Geldkredit (Zahlungskredit)
Gelddarlehen, §§ 488-505 BGB
auch Sparguthaben stellt Gelddarlehen dar
– beachte: „Guthaben“ besser als „Konto“ (was in der Literatur häufig als Bezeichnung benutzt wird)
beachte: Giroguthaben unregelmäßige Verwahrung, §§ 700, 488-505 BGB
– z.B. Anspruch auf Rückzahlung aus §§ 700 I 1 Fall 1, 488 I 2 Fall 2 BGB
152
Kreditarten nach dem Kreditgegenstand (gesicherte Forderung) 2
• Warenkredit
bei Kaufvertrag Vorleistung entgegen § 320 I 1 BGB, da
Bestimmung Leistungszeit (Fälligkeit), § 271 II BGB oder
(anfängliche) Stundung Kaufpreisforderung (= Hinausschieben der Fälligkeit), i.d.R. durch Stundungsabrede, § 311 I BGB
– ggfs. Zahlungshilfe nach § 499 I BGB a.F./§ 506 I BGB n.F.
– bei anfänglicher Stundung nicht § 271 II BGB, da keine Bestimmung der Leistungszeit, sondern Hinausschieben Fälligkeit
– bei anfänglicher Stundung nicht § 205 BGB, da Fälligkeit und damit Verjährungsbeginn (§ 199 I BGB) herausgeschoben (Palandt/Ellenberger § 205 Rn. 2)
Exkurs: bei nachträglicher Stundung Vertragsänderung, § 311 I BGB
153
Sicherungsinstrumente des deutschen Rechts
Sicherheiten
Personalsicherheiten Realsicherheiten funktionsgleiche Rechte
desSchuldners
eines Dritten
beweglicheSachen
unbeweg-liche Sachen
Rechte
Haftung mit gesamten Vermögen
Haftung mit Sicherungsgegenstand
atypische „Sicherheiten“
-Forderungen-sonstige Rechte
154
Sicherungsinstrumente des deutschen Rechts 1
• Personalsicherheiten
Sicherheiten des Schuldners
abstraktes Schuldversprechen, §§ 780, 782 BGB, 350 f. HGB
abstraktes Schuldanerkenntnis, §§ 781, 782 BGB, 350 f. HGB
Sicherheiten eines Dritten
Bürgschaft, §§ 765-777 BGB
Garantie, § 311 I BGB
rechtsgeschäftlicher (kumulativer) Schuldbeitritt (Schuldmitübernahme), § 311 I BGB
rechtsgeschäftlicher Vertragsbeitritt, § 311 I BGB (Knut Wolfgang Nörr/ Robert Scheyhing/Wolfgang Pöggeler, Sukzessionen. Forderungszession, Vertragsübernahme, Schuldübernahme, 2. Aufl., Tübingen 1999, § 23)
harte Patronatserklärung, § 311 I BGB
– weiche Patronatserklärung: rechtlich unverbindliche „Erklärung guten Willens“
155
Sicherungsinstrumente des deutschen Rechts 2
• Realsicherheiten
bewegliche Sachen
Pfandrecht an beweglichen Sachen, §§ 1204-1259 BGB
Sicherungsübereignung von beweglichen Sachen, §§ 929 S. 1, 930 BGB
– einfache Sicherungsübereignung
– erweiterte Sicherungsübereignung
– verlängerte Sicherungsübereignung
– Klauselkombinationen
156
Sicherungsinstrumente des deutschen Rechts 3
• Realsicherheiten
bewegliche Sachen
Eigentumsvorbehalt, §§ 929 ff., 158 I, 449 BGB
– einfacher Eigentumsvorbehalt
– erweiterter Eigentumsvorbehalt
– verlängerter Eigentumsvorbehalt
– Klauselkombination
157
Sicherungsinstrumente des deutschen Rechts 4
unbewegliche Sachen
Hypothek, §§ 1113-1190 BGB
einfache (isolierte) Grundschuld, §§ 1191-1198 BGB
Sicherungsgrundschuld, §§ 1191-1198 BGB
Renten(grund-)schuld, §§ 1199-1203 BGB
[Reallast, § 1105 BGB]
158
Sicherungsinstrumente des deutschen Rechts 5
• Realsicherheiten
Rechte
Forderungen
– Pfandrecht an Forderungen und sonstigen Rechten, §§ 1273, 1204, 1258 BGB
» nicht prüfungsrelevant
– Sicherungsabtretung von Forderungen, § 398 BGB
» einfache Sicherungsabtretung (u.U. Globalzession)
» erweiterte Sicherungsabtretung
» verlängerte Sicherungsabtretung
» Klauselkombination
sonstige Rechte
– Pfandrecht an sonstigen Rechten, §§ 1273, 1204, 1258 BGB
– Sicherungsübertragung sonstiger Rechte, §§ 413, 398 BGB
159
Sicherungsinstrumente des deutschen Rechts 6
• funktionsgleiche Rechte
Factoring, § 398 BGB
unechtes Factoring = Abtretender trägt das Forderungsausfall-risiko; zugrunde liegt als Grundgeschäft (causa) Darlehen (Gutschrift Gegenwert Forderung), § 488 BGB
– nicht dagegen echtes Factoring = Abtretungsempfänger trägt das Forderungsausfallrisiko; Grundgeschäft ist Forderungskauf, §§ 453 I Fall 1, 433 BGB
Finanzierungsleasing, § 535 BGB analog
• atypische „Sicherheiten“
Fehlbezeichnung, da keine „Sicherheiten“ im herkömmlichen Sinn
Negativerklärung/-klausel
rechtsgeschäftliche Verpflichtung, nicht zu verfügen, § 137 S. 2 BGB
160
Geschichte des Kreditsicherungsrechts 1
Sicherungs-gegenstand
Mobilien (Faust-/Besitz)Pfandrecht („pignus“)actio quasi Serviana (zurückgeführt auf den Juristen Servius Sulpicius Rufus)
Vertrags- (besitzloses) Pfandrecht(„hypotheca“)actio hypothecaria (actio quasi Serviana)
Sicherungsübereignung(„fiducia cum creditore“)actio fiduciae (auf Rücküber-tragung)
Römisches Recht BGB
§§ 1204-1259 BGB
./.
§§ 929, 930 BGB (Zulässigkeit RG 1902, 259; RG JW 1904, 6)
./. Eigentumsvorbehalt (Zulässigkeit RGZ 54, 396; 69, 197)
161
Geschichte des Kreditsicherungsrechts 2
Sicherungs-gegenstand
Immobilien (Faust-/Besitz)Pfandrecht („pignus“)actio quasi Serviana
Vertrags- (besitzloses) Pfandrecht(„hypotheca“)actio hypothecaria (actio quasi Serviana)
Sicherungsübereignung(„fiducia cum creditore“)actio fiduciae (auf Rücküber-tragung)
Römisches Recht BGB
./.
HypothekVorläufer: preußische Hypotheken- und Konkursordnung von 14.04.1722
./.
./. (isolierte) Grundschuld
seit ca. 1930: Sicherungs-grundschuld
./.
162
Geschichte des Kreditsicherungsrechts 3
Sicherungs-gegenstand
Anwartschaften geschützte Anwartschaft vor Bedingungs-eintritt (Heinrich Honsell, Römisches Recht, 1988, S. 21)
Römisches Recht BGB
./.moderne Formulierung: Ernst Zitelmann, Inter-nationales Privatrecht, II. Bd., 1. Hälfte, 1898, S. 50 ff.(vgl. Raiser, Dingliche Anwartschaften S. 3)
163
Geschichte des Kreditsicherungsrechts 4
• zum Pfandrecht
Michael Braukmann, Pignus. Das Pfandrecht unter dem Einfluß der vorklassischen und klassischen Tradition der römischen Rechtswissenschaft, Frankfurt am Main 2008
Gerd Krämer, Das besitzlose Pfandrecht. Entwicklungen in der römischen Republik und im frühen Prinzipat, Köln 2007
• zum Eigentumsvorbehalt
Martin Maaß, Die Geschichte des Eigentumsvorbehalts, insbesondere im 18. und 19. Jahrhundert, 2000
• zur Sicherungsübereignung
Knut Wolfgang Nörr, Zwischen den Mühlsteinen. Eine Privatrechts-geschichte der Weimarer Republik, Tübingen 1988, S. 74 f.
164
Geschichte des Kreditsicherungsrechts 5
Werner Schubert/Werner Schmidt/Jürgen Regge (Hrsg.), Akademie für Deutsches Recht, 1933-1945, Protokolle der Ausschüsse, Bd. III,3: Werner Schubert (Hrsg.), Ausschuß für Personen-, Vereins- und Schuldrecht 1934-1936, Berlin, New York 1990, S. 31-54
Hans Weinhausen, Die Sicherungsübereignung, Berlin 1928; 4. Aufl. 1932
• zur Hypothek: ./.
• zur (Sicherungs-)Grundschuld
Stephan Buchholz, Zur Entstehung und Entwicklung der "abstrakten Hypothek", in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jahrhundert, Bd. III (hrsg. von Helmut Coing und W. Wilhelm), Frankfurt am Main 1976, S. 218-239; ders., Abstraktionsprinzip und Immobiliarrecht. Zur Geschichte der Auflassung und der Grund-schuld, Frankfurt am Main 1978; ders., Einreden gegen die
165
Geschichte des Kreditsicherungsrechts 6
Grundschuld. Zum Wandel von der „Verkehrs-“ zur „Sicherungs-“
Grundschuld, in: AcP Bd. 203 (2003), S. 786-817
Boris Dollinger, Die Forderungsabhängigkeit der Sicherungsgrundschuld, Berlin 2014
Ulrich Huber, Die Sicherungsgrundschuld, 1965
Wolff/Raiser, Sachenrecht, § 132 I 2 m.w.N.
• zum Grundbuch
Wolff/Raiser, Sachenrecht, § 26
• zu Anwartschaften
Ludwig Raiser, Dingliche Anwartschaften, Tübingen 1961
166
Generelle Normzwecke des Sachenrechts
• Rechtssicherheit / Vertrauensschutz / Schutz des Rechtsverkehrs
Wirtschaftsgeschichte zeigt hohe Bedeutung der Rechtssicherheit für wirtschaftliche Entwicklung von Volkswirtschaften
• Typenzwang (numerus clausus) der Sachenrechte – Vertragsfreiheit
numerus clausus ist Einschränkung des Gewohnheits-/Richterrechts
Rechtsfortbildung (d.h. Ausnahmen vom numerus clausus z.B. durch Sicherungsübereignung) dennoch erforderlich
167
Prinzipien des Sachenrechts 1
• Basiswissen des Sachenrechts
insbesondere relevant für mündliche Prüfung
• allgemeine Sachenrechtsgrundsätze (und Grundsätze des Kreditsicherungsrechts)
als solche nicht in einzelnen Gesetzesnormen ausdrücklich und vollständig formuliert
es gibt aber gesetzliche Ausformungen
z.B. § 985 BGB: Grundsatz der Absolutheit
im übrigen Gewohnheitsrecht
gelten über ihre geschriebenen Ausformungen hinaus
ggfs. übergesetzliche Prinzipien
vgl. jetzt auch zur Parallelerscheinung der Verfahrensgrundsätze Matthias Wallimann, Der Unmittelbarkeitsgrundsatz im Zivilprozess, Tübingen 2016
168
Prinzipien des Sachenrechts 2
dingliche Rechte Entstehung/Erwerb dinglicher Rechte
Rechtsverhältnisse bei dinglichen
Rechtsgeschäften
Prinzipien des Sachenrechts
• Absolutheit• Typenzwang und -fixierung• Spezialitäts-prinzip
• Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit• Publizität• Direkt- und Durchgangserwerb
• kausale und abstrakte Rechtsgeschäfte
• Trennungsprinzip• Abstraktionsprinzip
• Trennung von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft
169
Prinzipien des Sachenrechts 3: dingliche Rechte
• Absolutheit
Rechtsdurchsetzung dinglicher Rechte: dingliche Rechte wirken gegenüber jedermann (Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, Rn. 436)
„dingliche Ansprüche“ (z.B. § 985 BGB) und dingliche Verwertungsrechte (z.B. §§ 1204 I, 1228 I BGB)
• Typenzwang (numerus clausus) und Typenfixierung
beschränken Abschluss- und Inhaltsfreiheit der Parteien
Numerus-clausus-Prinzip verbietet, dass Vertragsparteien neue dingliche Rechte „erfinden“
keine Autohypothek, kein Unternehmenspfandrecht
aber: Anwartschaftsrecht und Sicherungsübertragung
Typenfixierung beschränkt Inhaltsfreiheit der Parteien
keine Abbedingung der Akzessorietät möglich
Rechtsfolge: Fehlen Privatautonomie, Art. 2 I GG / Verbotsnorm, § 134 BGB (str.)
170
Prinzipien des Sachenrechts 4: dingliche Rechte
• Spezialitätsprinzip
nur einzelne Gegenstände, nicht Mehrheit von Gegenständen können Gegenstand dinglicher Rechtsgeschäfte sein (z.B. Übertragung oder Belastung)
häufig mit Bestimmtheitsgrundsatz zusammengefasst; allerdings davon zu trennen
Rechtsfolge
konstruktives Prinzip, das dazu führt, dass sich das dingliche Geschäft immer nur auf einen einzelnen Vermögensgegenstand (Grundstück, bewegliche Sache, Forderung usw.) bezieht
171
Prinzipien des Sachenrechts 5: Entstehung dinglicher Rechte
• Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit
dingliche Rechte nur an bestimmten Sachen; eindeutige Zuordnung einer zu übertragenden Sache Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, Rn. 521: „umfangreiche und
nicht immer konsequente Rspr., deren Kenntnis aber keinesfalls zu dem nötigen paraten Wissen gehört“
Sicherungsgegenstand eines Sicherungsgeschäfts muss bestimmt sein (Korrelat des Spezialitätsprinzips)
Erkennbarkeit allein anhand der Parteivereinbarung
unbestimmt: Prozentsätze, Wertangaben, Mengenangaben
bestimmt: Übereignung des gesamten Warenlagers (auch bei wechselndem Bestand), besonders gekennzeichnete Waren, besonders gelagerte Waren (Raumsicherungsübereignung)
Bestimmtheit nur der konkreten Sachen, nicht der rechtlichen Qualifikation; es muss nicht deutlich gemacht werden, welche Sachen im Eigentum des SiG stehen und an welchen Sachen AR zusteht (BGHZ 28, 16 in Abkehr von BGHZ 21, 52)
172
Prinzipien des Sachenrechts 6: Entstehung dinglicher Rechte
bei Sicherungsabtretungen (z.B. im Rahmen verlängerter Eigentumsvorbehalt) genügt Bestimmbarkeit der abgetretenen Forderungen, d.h. Bestimmtheit muss erst vorliegen, wenn Zession durch Entstehung der Forderung wirksam wird (arg. § 185 II 1 Fall 2 BGB)
außerdem muss bei akzessorischen Sicherheiten (Bürgschaft, Pfandrecht, Hypothek) die gesicherte Forderung bestimmt oder bestimmbar sein
Rechtsfolge: bei Unbestimmtheit wird keine Einigung erzielt, d.h. es kommt kein Vertrag zustande (der wiederum Tatbestandsvoraussetzung für Rechtsentstehung ist)
beachte: Spezialität und Bestimmtheit teilweise nicht klar unterschieden in der Literatur
173
Prinzipien des Sachenrechts 7: Entstehung dinglicher Rechte
• Publizität (Übergabe, Eintragung)
Publizität ist Tatbestandsmerkmal bei Begründung, Veränderung, Aufhebung und Übertragung von dinglichen Rechtspositionen (vgl. auch Marianne Bauer, Zur Publizitätsfunktion des Besitzes bei Übereignung von Fahrnis, in: Walther J. Habscheid u.a. (Hrsg.), Festschrift für Friedrich Wilhelm Bosch zum 65. Geburtstag, 1976, S. 1 ff.)
(widerlegliche, § 292 S. 1 ZPO) Richtigkeitsvermutung, §§ 891 I, II, 1006 I 1 BGB
Beweiserleichterung im Prozess
Gutglaubensschutz, §§ 892, 932 ff. BGB
174
Prinzipien des Sachenrechts 8: Entstehung dinglicher Rechte
Liberationswirkung, § 851 BGB es kann mit befreiender Wirkung (§ 362 I BGB) an Besitzer geleistet
werden (Prüfungspunkt: Erfüllung, § 362 I BGB – „Gläubiger“)
– Problem: Anwendung von § 935 BGB (Neuner, Sachenrecht, Rn. 40)
Ausgleich zwischen Besitzer und Eigentümer nach § 816 II BGB
Exkurs: andere Fälle der Liberationswirkung § 407 BGB (Leistung an ursprünglichen Gläubiger), § 893 BGB (Leistung an Eingetragenen, z.B. Hypothekengläubiger), § 2367 BGB (Leistung an Erben mit Erbschein) (Übersicht bei Neuner, Sachenrecht, Rn. 46)
• zur juristischen Sekunde (Direkt- und Durchgangserwerb):
vgl. Franz Wieacker, Die juristische Sekunde. Zur Legitimation der Konstruktionsjurisprudenz, in: ders., Kleine juristische Schriften, Göttingen 1988, S. 77-101
175
Prinzipien des Sachenrechts 9: Rechtsverhältnisse
• kausale und abstrakte Rechtsgeschäfte, Trennungs- und Abstraktionsprinzip
jede rechtsgeschäftliche Zuwendung (= bezweckt Vermögensverschiebung zwischen Parteien; Palandt/Ellenberger Überbl vor § 104 Rn. 19) bedarf eines Rechtsgrundes (causa, Grundgeschäft, Kausalgeschäft)
Zuwendungen können sowohl Verpflichtungsgeschäfte als auch Verfügungen sein (Palandt/Ellenberger Überbl vor § 104 Rn. 19)
kausal sind solche Rechtsgeschäfte, die Vereinbarung über Rechtsgrund als Bestandteil in sich schließen („Kombinationsprinzip“)
Prototyp ist gegenseitiger Vertrag (§§ 320-326 BGB)
176
Prinzipien des Sachenrechts 10: Rechtsverhältnisse
abstrakte Rechtsgeschäfte sind vom Rechtsgrund unabhängig
Trennungsprinzip (1): bei abstraktem Rechtsgeschäft ist Rechtsgrund nicht im Rechtsgeschäft enthalten, sondern liegt außerhalb des Geschäfts
– Prototyp ist Übereignung einer beweglichen Sache (§ 929 BGB) bzw. Abtretung einer Forderung (§ 398 BGB); als Verpflichtungsgeschäfte sind insbesondere Schuldver-sprechen (§ 780 BGB) und Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB) abstrakt
beachte: Trennung von kausalen und abstrakten Rechtsgeschäften und von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft teilweise nicht klar unterschieden in der Literatur; häufig aber Gleichlauf der Unterscheidung
177
Prinzipien des Sachenrechts 11: Rechtsverhältnisse
Abstraktionsprinzip bei abstraktem Rechtsgeschäft
– bei Nichtbestehen Kausalgeschäft oder Einwendungen gegen Kausalgeschäft grds. Abwicklung abstraktes Geschäft über Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB)
» beachte allerdings Rückabwicklungsschuldverhältnisbei Kündigung (wirkt nur für Zukunft), Rücktritt (wirkt auch für Vergangenheit, Medicus/Lorenz, SR I, Rn. 555), Widerruf (modifizierter Rücktritt, Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, Rn. 567)
– beachte außerdem Durchbrechungen Abstraktionsprinzip
» Vorliegen einer (aufschiebenden oder auflösenden) Bedingung, § 158 I, II BGB
» Geschäftseinheit nach § 139 BGB oder
» Regeln der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB)
178
Prinzipien des Sachenrechts 12: Rechtsverhältnisse
– Grenzen des Abstraktionsprinzips: Fehleridentität(Doppelmangel): derselbe Unwirksamkeitsgrund betrifft (ausnahmsweise) sowohl das kausale als auch das abstrakte Geschäft; beachte: es findet keine „Durchbrechung“ des Abstraktionsprinzips statt! Wichtigste Fallgruppen:
» Geschäftsunfähigkeit z.B. des Verkäufers
» Anfechtung wegen Willensmängeln, die, wie in den Fällen des § 123 I BGB, auch noch bei Vornahme des dinglichen Rechtsgeschäfts fortbestehen
179
Prinzipien des Sachenrechts 13: Rechtsverhältnisse
» Fälle in denen sowohl das kausale als auch das abstrakte Geschäft gesetzes- oder sittenwidrig sind (z.B. §§ 134, 138 I, II BGB)
» Übersicht über alle Fallgruppen bei Neuner, Sachenrecht, Rn. 31; Medicus, AT, Rn. 231-238; Achtung: nicht mit dem Problem des Doppelmangels in bereicherungsrechtlichen Dreiecksverhältnissen verwechseln!
• Trennungsprinzip (2)
Trennung von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft
Verfügung (= Rechtsgeschäft, das unmittelbar darauf gerichtet ist, ein bestehendes Recht zu verändern (ggfs. Belastung), zu übertragen oder aufzuheben) meist abstraktes Rechtsgeschäft
deshalb häufig mit Trennung von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft gleichgesetzt
180
Prinzipien des Sachenrechts 14: Rechtsverhältnisse (Rechtsvergleichung)
• Englisches Recht
keine Unterscheidung zwischen schuldrechtlicher und dinglicher Einigung
• Deutsches Recht
Unterscheidung zwischen schuldrechtlicher und dinglicher Einigung
Einwendungen gegenüber schuldrechtlichem Rechtsgeschäft ohne Einfluss auf dingliches Rechtsgeschäft
Veräußerer Erwerber
Kaufvertrag (§ 433 BGB)
Einigung über Übereignung (z.B. § 929 BGB)
Veräußerer (seller)
Erwerber (buyer)
contract of sale
requirements for transfer of title
181
Prinzipien des Kreditsicherungsrechts 1
• Sicherungsrecht und gesicherte Forderung
sicherungsrechtliches Trennungsprinzip (Trennung von dinglichem Sicherungsgeschäft und gesicherter Forderung)
trenne gesicherte Forderung von Rechtsgrund
182
Prinzipien des Kreditsicherungsrechts 2: Rechtsverhältnisse
dinglicher Vertrag
(z.B. Verpfän-dungs-
vertrag, § 1204 I
BGB)
Sicherungsvertrag, Sicherungsabrede, § 311 I BGBRechtsnatur• fiduziarisch• nicht-fiduziarischInhalt• Rechtsgrundabrede• Sicherungszweck (Zweckvereinbarung)• Nutzungsvereinbarungen• ggfs. Rückübertragungsanspruch (insb. SiÜ, SiAbtr, SiGS)• Verwertungsvereinbarungen
gesicherte Forderung
(§ 488, § 433 BGB)
183
(persönl.)Schuldner =Sicherungsgeber
Gläubiger(z.B. Bank) =Sicherungsnehmer
gesicherte Forderung (z.B. Gelddarlehen, § 488)
grds. Grundgeschäft (Sicherungsvertrag, § 311 I)
dingl. SicherungsR (z.B. 873, 1113)
Prinzipien des Kreditsicherungsrechts 3: Rechtsverhältnisse
(persönl.)Schuldner
Gläubiger (z.B. Bank) = Sicherungsnehmer
Sicherungsgeber
Grundgeschäft(Sicherungs-vertrag, § 311 I)*
gesicherte Forderung (z.B. Gelddarlehen, § 488)
z.B.Auftrag, § 662GeBes., § 675GoA, § 677
* bei Personalsicherheiten Bürgschaft/Garantie nach MM (Larenz/Canaris, SR II/2) im Verhältnis Hauptschuldner und Gläubiger
1.
2.
ggfs. AnwR ↔ Vollrecht
ggfs. AnwR ↔ Vollrecht
dingliches Siche-rungsrecht (z.B. 873, 1113)
184
Zuständigkeit bei Abtretung (Übertragung
gesicherte Forderung, auch
Globalzession)
G: 767 I 1, 2Einschr.: 767 I 3
Erweit.: 767 II
G: 767 I 1, 2, 768 I 1
A:• 768 I 2, 768 II, 770
• 216 I (Verj.)
Erlöschen
Begründung(Entste-
hungsakzes-sorietät)
Prinzipien des Kreditsicherungsrechts 4: Akzessorietät von Sicherungsrechten
Umfang (Umfangs-
akzessorität)
Wirksamkeit/Durchsetzung
(Einwen-dungen)
G: 765 I, 767 I 1
künft. Ford:765 II
A: Hypothek (1113 II mit
1163 I 1, 1177 I 1) – Fremdhy-pothek, nicht
GrPfR akz.
401 I (dis-positiv) /
1250, 1153 (zwingend)
G: 765 I, 767 I 1A1: beachte
Zahlungs-folgen
A2: Hypothek (1163 I 1, 1177 I 1) – Fremdhy-pothek, nicht
GrPfR akz.
Akzessorietät Sicherungsrechte (Bürgschaft, Pfandrecht, Hypothek); i.ü. auch Vormerkung
185
Prinzipien des Kreditsicherungsrechts 5: Akzessorietät von Sicherungsrechten
• schuldrechtlicher Akzessorietätsersatz (sonstige Forderungsgebundenheit) bei Sicherungsübereignung, -abtretung, -grundschuld
treuhänderische Rechtsinhaberschaft des Sicherungsnehmers: nach außen mehr Rechte (Übereignung, Grundschuld) als im Innenverhältnis (Sicherungsvertrag)
Nicht-Akzessorietät: keine dingliche Abhängigkeit zwischen gesicherter Forderung und Sicherungsrecht (d.h. Forderung keine Entstehungsvoraussetzung Sicherungsrecht)
Einwendung des Sicherungsgebers aus Sicherungsvertrag?
Berücksichtigung „fehlender Verwertungsreife“ = mangelnde Fälligkeit der gesicherten Forderung?
– SÜ: bei mangelnder Fälligkeit der gesicherten Forderung (keine „Verwertungsreife“), § 1228 II 1 BGB analog kein Herausgabeanspruch § 985 BGB des Sicherungsnehmers (s.u.)
186
Prinzipien des Kreditsicherungsrechts 6: Akzessorietät von Sicherungsrechten
– SiAbtr.: Fälligkeit § 271 BGB (H.-J. Weber, KrS, § 16 III) ist Einwendung ggü. abgetretener Forderung gem. § 404 BGB; Sicherungsvertrag begründet bloße Verpflichtungen im Innenverhältnis (Palandt/Grüneberg § 398 Rn. 25, 30)
– SiGS: Einrede des mangelnden Sicherungsfalls ggü. Grundschuld, wenn keine Fälligkeit der gesicherten Forderung
sonstige Einwendungen aus der gesicherten Forderung, soweit als Einwen-dungen aus dem Sicherungsvertrag zulässig, was i.d.R. nicht der Fall ist
Sicherungsübereignung: Sicherungsvertrag als Besitzmittlungsverhältnis (§ 868 BGB) (oder anderes Rechtsverhältnis als BMV) gibt Recht zum Besitz i.S.v. § 986 I 1 Fall 1 BGB für Sicherungsgeber; Erlöschen mit Verwertungsreife
bei unbedingtem (kein § 158 II BGB) Sicherungsrecht: schuldrechtlicher Anspruch des Sicherungsgebers auf Rückgewähr des Sicherungsrechts aus Sicherungsvertrag bei Fortfall des Sicherungszwecks
Vereinbarung auflösender Bedingung (§ 158 II BGB) ist möglich, aber in Praxis unüblich
187
Prinzipien des Kreditsicherungsrechts 7: Akzessorietät von Sicherungsrechten
• sonstige Forderungsgebundenheit bei Eigentumsvorbehalt
aufschiebende Bedingung (§ 158 I BGB) Übereignung: Zahlung Kaufpreis
Übergang des Eigentums bei (vollständiger) Kaufpreiszahlung (auf Inhaber Anwartschaftsrecht!; „Erstarken zum Vollrecht“)
Einwendung ggü. § 985 BGB: Recht zum Besitz des Käufers aus dem Kaufvertrag bzw. Anwartschaftsrecht Vorbehaltskäufer, § 986 I 1 Fall 1 BGB; Erlöschen mit Bedingungsausfall (Palandt/Bassenge, § 929 Rn. 42)
188
Teil 3: Kreditsicherungsrecht
§ 1 Einführung in das Kreditsicherungsrecht§ 2 Entstehung von Kreditsicherheiten
2.1 Bürgschaft2.2 Pfandrecht an einer beweglichen Sache2.3 Sicherungsübereignung2.4 Eigentumsvorbehalt2.5 Hypothek2.6 Sicherungsgrundschuld2.7 Pfandrecht an einem Recht2.8 Sicherungsabtretung
189
Wirtschaftliche Bedeutung der Bürgschaft
• neben Garantie gebräuchlichste Form der Personalsicherheit
Banken bevorzugen Bürgschaften gegenüber Garantien
• Bürgschaft kommt in Praxis in verschiedenen Ausgestaltungen vor, u.a.
Zahlungsbürgschaft
Kreditbesicherungsbürgschaft
Bietungsbürgschaft
Gewährleistungsbürgschaft
• Warnung vor Bürgschaft von Privatpersonen („den Bürgen soll man würgen“)
190
Gesetzesaufbau Bürgschaftsrecht
Ersterwerb765 f.
767
Einwend. Ersterwerb767, 768,
770, 771, 773, 776, 777
Bürgschafts-anspruch,
§ 765 I
Befreiungs-anspruch
des Bürgen,775
Zweiterwerb 398, 401 I /
774 I
145 ff., 401 usw.
Einwend. Zweiterwerb,
767, 768, 770, 771, 773,
774 I 3, 776, 777
Mitbürg-schaft,
769, 774 II
Bürgschaft auf Zeit, 777
Ersterwerb Zweiterwerb SonderformenRechteUmfang
191
Bürgschaft
Haupt-schuldner
Gläubiger (z.B. Bank)
BürgeBürgschafts-vertrag, § 765
gesicherte Forderung („Hauptforderung“/„Hauptschuld “, z.B. Gelddarlehen, § 488)
z.B.Auftrag, § 662GeBes., § 675GoA, § 677
MM: Grundgeschäft (Sicherungsvertrag, § 311 I)
• Sicherungsvertrag bei Bürgschaft
Bürgschaft trägt nach MM (Larenz/Canaris, SR II/2, § 60 I 3 e) ihren Rechtsgrund (ihre causa) nicht in sich (abstraktes Geschäft)
ergibt sich aus besonderer Sicherungsabrede grds. zwischen Hauptschuldner und Gläubiger
192
Bürgschaftsanspruch, § 765 I BGB – 1: Übersicht
• Aufbau nach „Schachtelprinzip“
• Entstehung
wirksamer Bürgschaftsvertrag: Einigung
eigene (bürgenbezogene) rechtshindernde Einwendungen
Bestand Hauptschuld
fremde (schuldnerbezogene) rechtshindernde Einwendungen
nicht: Einwendungen aus dem Innenverhältnis Hauptschuldner –Bürge
193
Bürgschaftsanspruch, § 765 I BGB – 2: Übersicht
• Erlöschen
eigene (bürgenbezogene) rechtsvernichtende Einwendungen
fremde (schuldnerbezogene) rechtsvernichtende Einwendungen
• Durchsetzbarkeit
eigene (bürgenbezogene) Einreden
fremde (schuldnerbezogene) Einreden
194
Bürgschaftsanspruch, § 765 I BGB - 3
• Entstehung
wirksamer Bürgschaftsvertrag: Einigung
Parteien
– Gläubiger
– Bürge (Bürge und Hauptschuldner müssen verschiedene Personen sein)
gesicherte Forderung
– Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit
195
Bürgschaftsanspruch, § 765 I BGB - 4
Haftung (Einstehenwollen) für fremde Schuld
– Abgrenzung zum rechtsgeschäftlichen (kumulativen) Schuldbeitritt (Schuldmitübernahme), § 311 I BGB
– Bürge verpflichtet sich zur Zahlung fremder Schuld, bei Schuldbeitritt tritt er mit eigener Verpflichtung als neuer Gesamtschuldner (§ 421 BGB) in Schuldverhältnis ein
» Auslegungsregel („im Zweifel“; Gewohnheitsrecht/Richterrecht): eigenes, unmittelbares wirtschaftliches Interesse des Beitretenden
196
Bürgschaftsanspruch, § 765 I BGB - 5
Akzessorietät („zur Sicherung einer Forderung“)
– Abgrenzung zur Garantie, § 311 I BGB: Garant will Eingang Zahlung Schuldner unter allen Umständen sicherstellen
» Auslegungsregel („im Zweifel“; Gewohnheitsrecht/Richterrecht): eigenes, unmittelbares wirtschaftliches Interesse des Garantiegebers
Rechtsbindungswille
197
Bürgschaftsanspruch, § 765 I BGB - 6
eigene (bürgenbezogene) rechtshindernde Einwendungen (Einwendungen aus dem Rechtsverhältnis Gläubiger-Bürge), insbesondere
Formnichtigkeit Bürgschaftsvertrag, §§ 125 S. 1, 766 S. 1, 126 I BGB – Schriftform der Bürgschaftserklärung (d.h. der Erklärung des Bürgen)
– Umfang der Schriftform: Bezeichnung Gläubiger, Hauptschuldner, verbürgte Hauptschuld
» nach h.M. keine Blankobürgschaft (z.B. unterschriebene Urkunde, aber Gläubiger oder Hauptschuld offengelassen)
Ausfüllungsermächtigung (Weisung) ist formbedürftig
» a.A. Canaris; arg. Warnfunktion § 766 BGB erfüllt, da bewusste Lücke des Bürgen und arg. a fortiori Art. 10 WG (sogar Blankowechsel)
198
Bürgschaftsanspruch, § 765 I BGB - 7
– Gegeneinwendung: kaufmännische Bürgschaft, § 350 HGB
– Gegeneinwendung: Heilung durch Erfüllung Hauptverbindlichkeit durch Bürgen, § 766 S. 3 BGB
» wenn und soweit Bürge Gläubiger befriedigt und dabei auf Bürgschaft leistet Legalzession der Forderung nach §§ 774 I 1, 412 BGB
– bei Formnichtigkeit ggfs. Umdeutung (§ 140 BGB) in einen (formlosen) Kreditauftrag, § 778 BGB
» Auftrag des „Bürgen“ an Gläubiger, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Darlehen (§§ 488 ff. BGB) oder Finanzierungshilfe (§§ 499 ff. BGB a.F./§§ 506 ff. BGB n.F.) zu geben
» anders als bei Bürgschaft Verpflichtung des Gläubigers zur Kreditgewährung
» Haftung nach Bürgschaftsrecht, §§ 765 ff. BGB
199
Bürgschaftsanspruch, § 765 I BGB - 8
Anfechtung Bürgschaftsvertrag, §§ 142 I, 119 I, II, 123 I BGB
– aber keine Anfechtung durch Bürgen nach § 119 II BGB (Eigenschaftsirrtum über Person) wegen Irrtums über Vermögenslage oder Kreditwürdigkeit des Schuldners, da sonst Sicherungszweck Bürgschaft vereitelt
» methodisch: Auslegung „verkehrswesentlich“ in § 119 II BGB
Problem: Formnichtigkeit Bürgschaft bei Verbrauchergeschäft, § 494 I Fall 1 BGB analog (s.o.)
Sittenwidrigkeit Bürgschaftsvertrag bei Angehörigenbürgschaft, § 138 I BGB – vgl. Fall unten
200
Bürgschaftsanspruch, § 765 I BGB - 9
Bestand Hauptschuld (Entstehungsakzessorietät), §§ 765 I, 767 I 1 BGB
Entstehung
– Sicherung künftiger oder aufschiebend bedingterForderungen möglich, § 765 II BGB
– Bürgschaft erlischt dann nach § 767 I 1 BGB wenn feststeht, dass Hauptschuld nicht mehr zur Entstehung gelangen kann
zu rechtshindernden Einwendungen vgl. unten
zu Erlöschen vgl. unten
zu Durchsetzbarkeit vgl. unten
201
Bürgschaftsanspruch, § 765 I BGB - 10
fremde (schuldnerbezogene) rechtshindernde Einwendungen(Einwendungen Hauptschuldner aus Rechtsverhältnis Hauptschuldner-Gläubiger), § 767 I 1 BGB, insbesondere
Fälligkeit der gesicherten Forderung, § 271 BGB
Formnichtigkeit Verbraucherdarlehensvertrag, § 494 I Fall 1 BGB
Nichtigkeit Verbraucherdarlehensvertrag bei mangelnden Pflichtangaben, § 494 I Fall 2 BGB
vollzogene Gestaltungsrechte Hauptschuldner (z.B. Anfechtung, § 142 I BGB)
– im Gegensatz zu nicht vollzogenen Gestaltungsrechten, s.u.
202
Bürgschaftsanspruch, § 765 I BGB - 11
Problem: bei Nichtigkeit oder Unwirksamkeit Hauptschuld Auslegung nach Sicherungszweck, ob Sicherung Bereichungsanspruch des Gläubigers ggü. Schuldner, § 812 I 1 Fall 1 BGB
– ergänzende Vertragsauslegung, § 133, 157, 242 BGB
» Regelungslücke = planwidrige Unvollständigkeit
» mutmaßlicher Parteiwille
» § 812 BGB gegenüber § 488 BGB nicht anderer Anspruch, sondern nur andere Anspruchsgrundlage
203
Bürgschaftsanspruch, § 765 I BGB - 12
• Erlöschen: rechtsvernichtende Einwendungen
eigene (bürgenbezogene) Einwendungen, insbesondere
Erfüllung Bürgenschuld, § 362 I BGB
– beachte aber Besonderheiten Erfüllung Bürgenschuld (§ 774 I 1 BGB): gesetzlicher Forderungsübergang Hauptschuld auf Bürgen bei Erfüllung durch diesen und dabei Leistung auf Bürgschaft (Bürgschaft erlischt nach § 362 I BGB; vgl. Kapitel Beendigung)
204
Bürgschaftsanspruch, § 765 I BGB - 13
Wegfall der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB
– faktisches Element: Vertragsgrundlage
» objektive Geschäftsgrundlage = Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, § 313 I BGB
» Hauptschuldner soll nicht wegen eines vom Bürgen nicht voraussehbaren Verhaltens später zahlungsunfähig werden
205
Bürgschaftsanspruch, § 765 I BGB - 14
» scheidet aus, da nur Umstände außerhalb Bürgschaftsrisiko objektive Geschäftsgrundlage bildenkönnen
» [subjektive Geschäftsgrundlagen - vgl. unten Fall 8]
– [hypothetisches Element: kein oder anderer Vertragsschluss
– normatives Element: Festhalten am Vertrag nicht mehr zumutbar]
206
Bürgschaftsanspruch, § 765 I BGB - 15
fremde (schuldnerbezogene) Einwendungen, § 767 I 1 BGB, insbesondere
Erfüllung der Hauptschuld, § 362 I BGB
– Erlöschen gesicherte Forderung nach § 362 I BGB und Bürgschaft nach § 767 I BGB (Akzessorietät)
vollzogene Gestaltungsrechte Hauptschuldner (z.B. Aufrechnung, § 389 BGB)
– im Gegensatz zu nicht vollzogenen Gestaltungsrechten, s.u.
207
Bürgschaftsanspruch, § 765 I BGB - 16
• Durchsetzbarkeit: rechtshemmende Einwendungen
eigene (bürgenbezogene) Einreden, insbesondere
Einrede Vorausklage, § 771 S. 1 BGB (d.h. Subsidiarität Bürgschaft)
– Gegeneinwendung: § 773 BGB (insbesondere sogenannte selbstschuldnerische Bürgschaft, § 773 I Nr. 1 BGB)
– Gegeneinwendung: kaufmännische Bürgschaft, § 349 HGB
Einrede aus Anfechtungsrecht Hauptschuldner (Anfechtbarkeit), § 770 I BGB
Problem: sonstige Gestaltungsrechte Hauptschuldner (z.B. Widerrufs-, Rücktrittsrecht), § 770 I BGB analog („§ 770 Ia BGB“)
– nicht aber Aufrechnungsmöglichkeit Hauptschuldner (vgl. sogleich)
208
Bürgschaftsanspruch, § 765 I BGB – 17
Einrede aus Aufrechnungsrecht Gläubiger (Aufrechenbarkeit), § 770 II BGB
– Problem: analoge Anwendung § 770 II BGB, wenn nur Hauptschuldner aufrechnen kann
– abzulehnen wegen Subsidiaritätsgedankens Bürgschaft, der bei Aufrechnungsrecht des Schuldners nicht passt, da Gläubiger vorrangige Befriedigungswege versuchen soll (Larenz/Canaris, SR II/2, § 60 III 3 b; a.A. MüKo5/ Habersack, § 770 Rn. 10, der § 770 I BGB analog heranzieht)
sonstige Einreden, z.B. Verjährung der Bürgschaft (§ 214 I BGB), §§ 273 I, 320 I BGB
209
Bürgschaftsanspruch, § 765 I BGB – 18
fremde (schuldnerbezogene) Einreden, § 768 I BGB
z.B. Verjährung der Hauptschuld (§ 214 I BGB), §§ 273 I, 320 I BGB
– beachte: nicht § 216 I BGB (anders Pfandrecht und Hypothek)
Gegeneinwendung: Verzicht Schuldner?
– kein Ausschluss Einrede, wenn Schuldner verzichtet hat, § 768 II BGB
210
Einrede der Vorausklage und Schuldbeitritt 1
• Fall 4 (Köhler/Lorenz PdW SR II): Spirous Neffe Fantasio hat einen Lebensmittelladen eröffnet und zu diesem Zweck beim Bankhaus Klicker einen Kredit in Höhe von € 40.000.- aufgenommen, der in monatlichen Raten zurückgezahlt werden soll. Spirou hat sich für die Schuld schriftlich verbürgt. Da der Neffe seinen Zahlungspflichten nur schleppend nachkommt, bittet Klicker den Spirou zu einer Unterredung. Dort erklärt Spirou, um die Familienehre zu wahren, werde er die Raten künftig selbst entrichten, wenn sein Neffe nicht zahle. Dies geschieht eine Zeitlang, bis auch Spirou seine Zahlungen einstellt. Klicker klagt daraufhin gegen Spirou auf Zahlung. Spirou erhebt die Einrede der Vorausklage. Klicker erwidert, Spirou habe in der Unterredung auf diese Einrede verzichtet, möglicherweise habe er sogar einen Schuldbeitritt erklärt. Dringt Klicker mit seiner Klage durch?
211
Einrede der Vorausklage und Schuldbeitritt 2
Begründetheit der Klage
• Bürgschaftsanspruch K ./. S, § 765 I BGB
Entstehung
Bürgschaftsvertrag
eigene (bürgenbezogene) rechtshindernde Einwendungen: Formnichtigkeit, §§ 125 S. 1, 766 S. 1, 126 I BGB
Bestand der Hauptschuld, §§ 765 I, 767 I 1 BGB
– § 488 I 2 Fall 2 BGB
fremde (schuldnerbezogene) Einwendungen:
– Formnichtigkeit Verbraucherdarlehensvertrag, § 494 I Fall 1 BGB
– Nichtigkeit Verbraucherdarlehensvertrag bei mangelnden Pflichtangaben, § 494 I Fall 2 BGB
212
Einrede der Vorausklage und Schuldbeitritt 3
Erlöschen
fremde (schuldnerbezogene) Einwendung: (teilweise) Erfüllung der gesicherten Forderung durch F und S, §§ 362 I, 767 I 1 BGB (+)
aber: Restschuld besteht noch
Durchsetzbarkeit
eigene (bürgenbezogene) Einreden: Einrede der Vorausklage, § 771 S. 1 BGB
Gegeneinwendung: Verzicht auf Einrede (selbstschuldnerische Bürgschaft), § 773 I Nr. 1 BGB
– Problem: Formnichtigkeit, §§ 125 S. 1, 766 S. 1, 126 I BGB bei Nebenabreden zur Bürgschaft
» Auslegung „Bürgschaftserklärung“ in § 766 S. 1 BGB
» Zweck § 766 BGB: Schutz des Bürgen
» Nebenabreden sind formbedürftig, wenn sie den Bürgen belasten
213
Einrede der Vorausklage und Schuldbeitritt 4
– Gegeneinwendung: Heilung durch Erfüllung Hauptverbindlichkeit durch Bürgen, § 766 S. 3 BGB
» nur „soweit“ erfüllt; keine Gegeneinwendung hinsichtlich der ausstehenden Raten (MüKo5/Habersack § 766 Rn. 29)
• Anspruch aus Schuldbeitritt K ./. S, §§ 488 I 2 Fall 2, 311 I BGB
Haftung: Rückzahlungsanspruch, § 488 I 2 Fall 2 BGB
Haftungserweiterung: Schuldbeitritt des S, § 311 I BGB
rechtshindernde Einwendungen: Formnichtigkeit, § 125 S. 1 BGB
§§ 766 S. 1, 126 I BGB analog? h.M.: (-)
Einigung Schuldbeitritt
– Auslegung Willenserklärung S (Abgrenzung zur Bürgschaft, § 765 BGB), §§ 133, 157 BGB
214
Einrede der Vorausklage und Schuldbeitritt 5
– Bürge verpflichtet sich zur Zahlung fremder Schuld, bei Schuldbeitritt tritt er als neuer Gesamtschuldner (§ 421 BGB) in Schuldverhältnis ein
– Auslegungsregel („im Zweifel“; Gewohnheitsrecht/ Richterrecht): wenn Beitretender „eigenes, unmittelbares, wirtschaftliches Interesse“ an der Erfüllung Schuld hat
» hier (-)
215
Bürgschaft und Garantie 1
• Fall 5 (Köhler/Lorenz PdW SR II): Bauunternehmer Harry errichtet für den E ein Geschäftshaus. Da er von eingetretenen finanziellen Schwierigkeiten des E hört, weigert er sich weiterzubauen, sofern ihm nicht die bereits geleistete Arbeit sofort vergütet werde. Dem bauleitenden Architekten Platte gelingt es, den Harry zur Baufortführung zu veranlassen, indem er ihm mündlich versichert, er stehe mit seinem Vermögen dafür ein, dass die geleistete Arbeit auch honoriert werde. Da später bei E keine Zahlung zu erlangen ist, hält sich Harry wegen der Werklohnforderung an Platte. Muss Platte zahlen?
216
Bürgschaft und Garantie 2
• Bürgschaftsanspruch H ./. P, § 765 I BGB
Entstehung
[hier keine Prüfung Bürgschaftsvertrag, da Abgrenzung Bürgschaft/Garantie bei der Garantie vorgenommen wird]
eigene (bürgenbezogene) rechtshindernde Einwendungen:
– Formnichtigkeit, §§ 125 S. 1, 766 S. 1, 126 I BGB (+)
– Gegeneinwendung: kaufmännische Bürgschaft, § 350 HGB
» Handelsgeschäft auf Seiten des Bürgen, § 343 BGB
» Kaufmann, § 1 HGB
Gewerbe: nicht bei freiberuflicher, wissenschaftlicher oder künstlerischer Tätigkeit
Architekt ist Freiberufler
217
Bürgschaft und Garantie 3
• Anspruch aus Garantievertrag H ./. P, § 311 I BGB
Entstehung
Garantievertrag
– Unterscheidung Bürgschaft und Garantie
– Auslegung Willenserklärung, §§ 133, 157 BGB
» Wortlaut ist nicht ausschlaggebend
218
Bürgschaft und Garantie 4
» aufgrund Gefährlichkeit Garantie nur bei Vorliegen besonderer Umstände
» Auslegungsregel („im Zweifel“; Gewohnheitsrecht/ Richterrecht): wenn mindestens ein eigenes, unmittelbares, wirtschaftliches Interesse Garantiegeber besteht (+)
rechtshindernde Einwendungen: Formnichtigkeit, § 125 S. 1
§§ 766 S. 1, 126 I BGB analog?
– h.M.: (-)
– a.A. Larenz/Canaris, SR Bd. II/2, § 64 III 3 b: analoge Anwendung wegen Gefährlichkeit der Garantie
219
Anfechtung und Geschäftsgrundlage 1
• Fall 6 (Köhler/Lorenz PdW SR II): Der Kaufmann Tim wendet sich wegen eines Sanierungskredits an das Bankhaus G. Dieses verlangt in Kenntnis der schlechten Vermögenslage des Tim einen Bürgen und gibt ihm zu diesem Zweck ein ausgefülltes Bürgschaftsformular mit. Tim sucht Kapitän Haddock auf und spiegelt ihm vor, er könne äußerst günstig ein Geschäft erwerben, bringe aber allein die Summe nicht auf. Kapitän Haddock solle daher bürgen. Ein Risiko sei überhaupt nicht gegeben, da es sich um eine einmalige Gelegenheit handle. Der leichtgläubige Kapitän Haddock unterschreibt. Später wird er von der Bank aus der Bürgschaft in Anspruch genommen. Kapitän Haddock ficht den Bürgschaftsvertrag wegen Irrtums und wegen arglistiger Täuschung an, hilfsweise beruft er sich auf Fehlen der Geschäftsgrundlage. Wird er damit durchdringen?
220
Anfechtung und Geschäftsgrundlage 2
Bürgschaftsanspruch G ./. H, § 765 I BGB
• Entstehung
Bürgschaftsvertrag
eigene (bürgenbezogene) rechtshindernde Einwendungen: Formnichtigkeit, §§ 125 S. 1, 766 S. 1, 126 I BGB
eigene (bürgenbezogene) rechtshindernde Einwendungen
Anfechtung Bürgschaftsvertrag durch H wegen arglistiger Täuschung, §§ 142 I, 123 I BGB
– beachte: Anfechtung als rechtshindernde Einwendung eingeordnet
– Abgabe einer Willenserklärung durch H
221
Anfechtung und Geschäftsgrundlage 3
– Täuschung des G
» selbst (-)
» Zurechnung der Täuschung des T als eigene des G
wenn nicht „Dritter“ i.S. § 123 II 1 BGB
setzt voraus, dass T Vertrauensperson des
Erklärungsempfängers G war (-)
» Zurechnung der Täuschung des T als Drittem nach § 123 II 1 BGB
enge Auslegung „Dritter“, um Anfechtungs-
möglichkeiten zu erweitern; nicht jeder andere
als Erklärungsempfänger
222
Anfechtung und Geschäftsgrundlage 4
Erklärungsempfänger (G) kennt Täuschung oder hätte sie kennen müssen
(-) Unkenntnis G von Täuschung beruht nicht auf Fahrlässigkeit
Irrtumsanfechtung, §§ 142 I, 119 II BGB
– Abgabe einer Willenserklärung
– Irrtum über Eigenschaften der Person (T)
» Irrtum über Vermögenslage oder Kreditwürdigkeit des Schuldners
– verkehrswesentlich (-)
» da sonst Sicherungszweck Bürgschaft vereitelt; Zahlungsunfähigkeit Schuldner stellt ja gerade das typische Bürgschaftsrisiko dar
223
Anfechtung und Geschäftsgrundlage 5
Wegfall der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB
– objektive Geschäftsgrundlage = Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, § 313 I BGB
» Hauptschuldner soll nicht wegen eines vom Bürgen nicht voraussehbaren Verhaltens später zahlungsunfähig werden
» aber: durch Bürgschaft will sich Gläubiger gerade gegen etwaige Leistungsunfähigkeit Schuldner absichern
nur Umstände außerhalb Bürgschaftsrisikokönnen objektive Geschäftsgrundlage bilden
224
Anfechtung und Geschäftsgrundlage 6
– subjektive Geschäftsgrundlage = wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, § 313 II BGB
» hier: Zweck Kreditgewährung
» Vorstellung H, Kredit werde für einen Geschäftskauf verwendet, wurde von G nicht geteilt
» keine Geschäftsgrundlage, sondern unbeachtliches Motiv H
Bestand der Hauptschuld, §§ 765 I, 767 I 1 BGB: § 488 I 2 Fall 2 BGB
225
Sittenwidrigkeit der Angehörigenbürgschaft 1
• Fall 7 (BGHZ 107, 92): H nimmt einen Geschäftskredit in Höhe von € 2,4 Mio. bei der Bank B auf. B verlangt, dass die 21-jährige Tochter T des H eine Bürgschaft in Höhe von € 100.000 für das Darlehen abgibt. T ist Jurastudentin und hat kein eigenes Vermögen. Der zuständige Mitarbeiter der Bank führt zur geforderten Bürgschaftsabgabe aus, dass es sich um eine reine Formsache „nur für die Akten“ handele. Ein schriftlicher Bürgschaftsvertrag kommt zustande. H kann nach einigen Monaten den Schuldendienst des Geschäftskredits nicht mehr leisten. Kann B aus der Bürgschaft gegen T vorgehen?
226
Sittenwidrigkeit der Angehörigenbürgschaft 2
Bürgschaftsanspruch B ./. T, § 765 I BGB
• Entstehung
Bürgschaftsvertrag
Bestand der Hauptschuld, §§ 765 I, 767 I 1 BGB: § 488 I 2 Fall 2 BGB
fremde (schuldnerbezogene) Einwendungen:
Formnichtigkeit Verbraucherdarlehensvertrag, § 494 I Fall 1 BGB
Nichtigkeit Verbraucherdarlehensvertrag bei mangelnden Pflichtangaben, § 494 I Fall 2 BGB
eigene (bürgenbezogene) rechtshindernde Einwendungen: Formnichtigkeit, §§ 125 S. 1, 766 S. 1, 126 I BGB
eigene (bürgenbezogene) rechtshindernde Einwendungen: Sittenwidrigkeit Bürgschaftsvertrag bei Angehörigenbürgschaft, § 138 I BGB
227
Sittenwidrigkeit der Angehörigenbürgschaft 3
ursprünglich (BGH)
– Angehörigenbürgschaft mittelloser Angehöriger unbedenklich
– bis zur Einführung der neuen InsO 2001 gab es keine Restschuldbefreiung natürlicher Personen nach §§ 286-303 InsO
» Ablauf von 6 Jahren bei Wohlverhalten, §§ 287 II 1, 290 InsO a.F.
» Wohlverhaltensphase ab 1.7.2014 auf 3 Jahre verkürzt, wenn bei der Erfüllung von Verbindlichkeiten eine Mindestquote von 25% der Schulden erreicht wird und sämtliche Verfahrenskosten gezahlt werden
228
Sittenwidrigkeit der Angehörigenbürgschaft 4
BVerfG (BVerfGE 89, 214 = NJW 1994, 36)
– Pflicht der Zivilgerichte aufgrund Art. 2 I GG (Privatautonomie als Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit) zur Inhaltskontrolle von Verträgen, die
» einen Vertragspartner ungewöhnlich stark belastenund
» Ergebnis strukturell ungleicher Verhandlungsstärkesind
229
Sittenwidrigkeit der Angehörigenbürgschaft 5
BGH in Folge dieser BVerfG-Entscheidung: Angehörigenbürgschaften nunmehr sittenwidrig i.S. von § 138 I BGB, wenn
– objektive Sittenwidrigkeit
» Angehöriger,
auch Verlobte, § 1297 BGB, Palandt/Ellenberger, § 138 Rn. 38
» ein besonders krasses Missverhältnis zwischen Umfang Bürgenhaftung und Leistungsfähigkeit des Bürgen besteht,
» Bürge kein wesentliches Eigeninteresse verfolgt und
» Bürge geschäftsunerfahren ist
Geschäftsunerfahrenheit wird bei Jurastudenten (der im entschiedenen Fall gleichzeitig GmbH-Geschäftsführer war) verneint (BGH NJW 1997, 940)
230
Sittenwidrigkeit der Angehörigenbürgschaft 6
– subjektive Sittenwidrigkeit bei Verhalten ggü. Geschäftspartner
» h.M. (subjektive Theorie): sittenwidrig handelnder Teil kennt zumindest alle sittenwidrigkeitsbegründenden Tatumstände oder hat sich deren Kenntnis bewusst verschlossen oder entzogen
» tatsächliche, widerlegliche (§ 292 S. 1 ZPO) Vermutung aus objektiver Sittenwidrigkeit (Palandt/Ellenberger, § 138 Rn. 38b)
vgl. rechtshistorisch das Senatsgutachten (Senatus consultum) Vellaianum (46 n. Chr.): zum Schutz der Frauen durften diese nicht in die Haftung aus Bürgschaft, Verpfändung und Darlehensgeschäften im Interesse Dritter herangezogen werden; vgl. Dieter Medicus, Zur Geschichte des Senatus consultum Velleianum, Köln 1957
231
Prüfungsaufbau bei dinglichen Rechtsgeschäften
Einwendungsaufbau (Geltendmachung) – Erweite-rung des Verfügungsaufbaus
Verfügungsaufbau (Erwerb)
Verfügungsaufbau (Erwerb, ohne rechtshindernde Einwendungen)+ kein Verlust• dingliches Recht
(1) Übertragung Sicherungsrecht(2) Zahlungsfolgen dingliches Recht
• ggfs. gesicherte Forderung mit Auswirkung dingliches Recht durch Zahlung
+• Einwendungen gegenüber
dinglichem Rechtsgeschäft+• ggfs. Einwendungen
gegenüber gesicherterForderung/aus Sicherungs-vertrag (§ 821 BGB!)
• Einigung* • Publizität: Übergabe, Übergabeersatz oder
Registereintragung• Einigsein (vgl. nur § 929 S. 1
BGB/§ 873 II BGB)• Berechtigung
• Eigentum• Verfügungsmacht• ggfs. gutgläubiger Erwerb
• ggfs. Bestand ges. Forderung• rechtshindernde
Einwendungen gg. dingl. Recht• beachte: Anfechtung auf-
grund Rückwirkung je-denfalls zu berücksichtigen
• ggfs. rechtshindernde Einwen-dungen ggü. ges. Forderung
* aufschiebende/auflösende Bedingung meist direkt bei Einigung geprüft
232
Grundschema des Sachenrechts für den (Erst-)Erwerb eines dinglichen Rechts vom Berechtigten 1 (Verfügungsaufbau)
• Entstehungsvoraussetzungen
Einigung zwischen Berechtigtem und Erwerber
beachte: Typenfixierung dinglicher Rechte
Parteien
Verfügungsgegenstand
Begründung eines dinglichen Rechts
Rechtsbindungswille
Publizität: Übergabe, Übergabeersatz oder Registereintragung
Einigsein (vgl. nur § 929 S. 1 BGB/§ 873 II BGB)
233
Grundschema des Sachenrechts für den (Erst-)Erwerb eines dinglichen Rechts vom Berechtigten 2
Berechtigung
Eigentum Sicherungsgeber
– Hilfsnormen: Richtigkeitsvermutungen Publizität: §§ 891 I, II, 1006 I 1 BGB
» Beweiserleichterung im Prozess; widerleglich, § 292 S. 1 ZPO
Verfügungsmacht Sicherungsgeber
234
Grundschema des Sachenrechts für den (Erst-)Erwerb eines dinglichen Rechts vom Berechtigten 3
bei akzessorischen Rechten: Bestand (Entstehung) der gesicherten Forderung
• rechtshindernde Einwendungen gegen dingliches Recht
• ggfs. rechtshindernde Einwendungen gegen gesicherte Forderung bei akzessorischen Rechten
235
Wirtschaftliche Bedeutung des Pfandrechts an beweglichen Sachen
• nur noch geringe Bedeutung, vorwiegend im Bereich des Kleinkredits („Leih“- und Pfandhäuser)
„Leihe“ = Gelddarlehen, §§ 3 II Nr. 5, 5 I Nr. 1 Pfandleihverordnung
beachte: § 11 Pfandleihverordnung (Abführung von Überschüssen aus einer Verwertung an „zuständige Behörde“ = Gemeinde/Landkreis)
• weitgehend durch die Sicherungsübereignung verdrängt
• als konstruktives Modell aber auch in Praxis noch wichtig für Anwendung der Regeln des Pfandrechts an Rechten (z.B. Gesellschaftsanteilen und Bankguthaben)
• außerdem Pfandrecht Banken an beweglichen Sachen und Wertpapieren nach Nr. 14 AGB Banken
236
Gesetzesaufbau Pfandrecht an beweglichen Sachen
Ersterwerb1204-1208,
12111210, 1212
Einwen-dungen
Ersterwerb1225, 1252 f.,
1255 f.
1214-1219, 1226
rechtsge-schäftlicher Zweiterwerb
1250 / 401
145 ff., 401 usw.
1218-1221, 1228-1249,
1259
Ersterwerb Zweiterwerb Verwertungges. Pfand-
rechtsverhältnisUmfang
237
Rechte des Pfandgläubigers
vertraglicher Anspruch (gesicherte Forderung):
Zahlungsanspruch gegen den Schuldner
aus der gesicherten („persönlichen“)
Forderung (z.B. § 488 I 2 Fall 2 )
(Einwendungen gemäß Anspruchsaufbau)
dingliches Recht: dingliches Verwertungsrecht Pfandrecht, §§ 1204 I, 1228 I
kein Zahlungsanspruch gegen den Eigentümer
aus dem Pfandrecht(Einwendungen gemäß
Einwendungsaufbau)
Erkenntnisverfahren: Vollstreckungstitel in Form eines Urteils
Pfandverkauf, §§ 1228-1248oder:
Rechte
Durch-setzung
238
persönlicher Schuldner =Sicherungsgeber/Verpfänder/Pfand“schuldner“/meist Eigentümer
(z.T. Verpfänder≠Eigentümer)
Gläubiger(z.B. Bank) =Sicherungsnehmer/Pfand“gläubiger“
gesicherte Forderung (z.B. Gelddarlehen, § 488)
Grundgeschäft (Sicherungs-/Verpfändungsvertrag, § 311 I)
§ 1204
Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache 1
239
persönlicher Schuldner
Gläubiger (z.B. Bank) = Sicherungsnehmer/ Pfand“gläubiger“
Sicherungsgeber/ Verpfänder/
Pfand“schuldner“/meist Eigentümer
(z.T. Verpfänder≠Eigentümer)
Grundgeschäft(Sicherungs-vertrag/Verpfän-dungsvertrag, § 311 I)
§ 1204
gesicherte Forderung (z.B. Gelddarlehen, §§ 488)
z.B.Auftrag, § 662GeBes., § 675GoA, § 677
Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache 2
240
Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1204-1206 BGB – 3 (Verfügungsaufbau)
• Entstehungsvoraussetzungen
Einigung zwischen Eigentümer (Verpfänder) und Pfandgläubiger darüber, dass diesem ein Pfandrecht zustehen soll (§ 1205 I BGB)
beachte: Typenfixierung dinglicher Rechte
Parteien
Verfügungsgegenstand: bewegliche Sache
– Bestimmtheit
241
Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1204-1206 BGB - 4
Begründung eines dinglichen Verwertungsrechts an der beweglichen Sache
zu sichernde Forderung
– Bestimmbarkeit
Akzessorietät („zur Sicherung einer Forderung“)
Rechtsbindungswille
242
Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1204-1206 BGB - 5
Übergabe oder Übergabeersatz
Übergabe der beweglichen Sache im Sinne von § 854 BGB (§ 1205 I 1 BGB)
– Eigentümer muss unmittelbaren Besitz vollständig aufgeben
– Pfandgläubiger muss unmittelbaren Besitz gem. § 854 I oder II BGB erwerben
– auf Veranlassung Eigentümer
Pfandgläubiger bereits im Besitz der Sache (§ 1205 I 2 BGB)
243
Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1204-1206 BGB - 6
§ 1205 II BGB
– Übertragung des mittelbaren Besitzes, d.h.
» Abtretung Herausgabeanspruch grds. aus einem Besitzmittlungsverhältnis (§§ 868, 870, 398 S. 1 BGB) –nicht aber eines sonstigen Herausgabeanspruchs (z.B. § 985 BGB)
und
– Anzeige der Verpfändung beim unmittelbaren Besitzer
244
Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1204-1206 BGB - 7
Einräumung des Mitbesitzes (§ 866 BGB) in den Fällen des § 1206 BGB
– Beispiel Mitverschluss: zwei Schlösser
» aber bei Schrankfach bei Bank kein Mitbesitz der Bank, sondern Alleinbesitz Kunde
245
Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1204-1206 BGB - 8
Problem: Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses, § 868 BGB (wie § 930 BGB)
– Einigung (Vereinbarung Besitzmittlungsverhältnis)
– durchsetzbarer Herausgabeanspruch des mittelbaren Besitzers aus Besitzmittlungsverhältnis („auf Zeit“)
– erkennbarer Fremdbesitzerwille („als“)
– aber: Typenfixierung beschränkt Inhaltsfreiheit der Parteien; Vereinbarung Besitzmittlungsverhältnis bei Pfandrecht nicht möglich, da gesetzlich nicht vorgesehen
» Nichtigkeit aufgrund Fehlens der Privatautonomie, Art. 2 I GG oder Gesetzesverstoß, § 134 BGB
246
Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1204-1206 BGB - 9
Einigsein, § 1205 I 1 BGB („einig sind“)
Berechtigung
Eigentum des Bestellers
Verfügungsmacht
Bestand (Entstehung) einer zu sichernden Forderung (vgl. § 1204 I BGB; strenge Akzessorietät)
Sicherung künftiger oder aufschiebend bedingter Forderungen möglich, § 1204 II BGB
– Entstehung Pfandrecht mit Bestellung mit Rang § 1209 BGB
– aber: ohne Entstehung Forderung/Eintritt aufschiebender Bedingung keine Durchsetzung Pfandrecht möglich
Pfandrecht erlischt dann nach § 1204 I BGB wenn feststeht, dass Hauptschuld nicht mehr zur Entstehung gelangen kann
247
Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1204-1206 BGB - 10
• Einwendungen gegen Pfandrecht
rechtshindernde Einwendungen
Rechtsfolgen:
– kein Entstehen Pfandrecht
» beachte bei mangelnder Pfand-/Verwertungsreife beim Pfandverkauf, § 1228 II 1 BGB (Fälligkeit der gesicherten Forderung): Rechtswidrigkeit der Veräußerung nach § 1243 I BGB (ggfs. mit Folge gutgläubigen Erwerbs nach Voraussetzungen § 1244 BGB)
– Eigentümer hat Anspruch auf Herausgabe Pfandsache, § 985 BGB (Sicherungsnehmer hat kein Recht zum Besitz aufgrund Pfandrecht)
248
Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1204-1206 BGB – 11
nicht: rechtsvernichtende oder -hemmende Einwendungen
nur bei Einwendungsaufbau
• Einwendungen gegen gesicherte Forderung, § 1204 I BGB
rechtshindernde Einwendungen
beachte: Fälligkeit, § 271 BGB nur für Einwendungsaufbau relevant
– auch rechtshindernde Einwendung gegen Pfandrecht: mangelnde Pfand-/Verwertungsreife, § 1228 II 1 BGB (s.o.)
nicht: rechtsvernichtende oder -hemmende Einwendungen
249
Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1204-1206 BGB - 12
• Fall 8: K hat zur Sicherung einer Kaufpreisschuld G seinen Kraftfahrzeugbrief (inzwischen ist die offizielle Bezeichnung: „Teil II der Zulassungsbescheinigung“) verpfändet. Nunmehr verlangt K, obwohl er seine Schuld nicht getilgt hat, von G Herausgabe des Kraftfahrzeugbriefs. Mit Recht?
250
Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1204-1206 BGB - 13
• Herausgabeanspruch K ggü. G, §§ 1227, 985 BGB
Entstehung
Aktivlegimitation: Pfandgläubiger (-), da K allenfalls Pfandschuldner
• Herausgabeanspruch K ggü. G, § 985 BGB
Entstehung
Eigentum K an einer beweglichen Sache
– gesetzlicher Eigentumserwerb an Kfz-Brief durch K nach § 952 II BGB analog: wie Grundpfandrechtsbrief (a.A. § 952 I 1 BGB analog: wie Schuldschein) (+)
Besitz G (+)
251
Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1204-1206 BGB - 14
rechtshindernde Einwendung: eigenes Recht zum Besitz G, § 986 I 1 Fall 1 BGB
– Pfandrecht G an einer beweglichen Sache
rechtsgeschäftlicher Erwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, § 1205 I 1 BGB
Belastungsgegenstand: bewegliche Sache, § 1204 I BGB
» Belastungsgegenstände können nur (Eigentum an) eine(r) bewegliche(n) Sache (§ 1204 BGB) und das Miteigentum an einer beweglichen Sache (§ 1258 BGB) sein
» Sache muss selbständigen Vermögenswert verkörpern
» an nicht selbständig verwertbaren Gegenständen wie Beweis-oder Legitimationsurkunden (z.B. Kraftfahrzeugbrief) kann kein Pfandrecht bestellt werden
252
Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1204-1206 BGB - 15
– Auslegung, §§ 133, 157 BGB „Pfandrecht“ am Kraftfahrzeugbrief
» ob in diesen Fällen vertragliches allg. Zurückbehaltungs-recht (§ 273 I BGB) (hier zugunsten von G) gewollt ist, ist durch Auslegung zu ermitteln
» allerdings begründet allg. Zurückbehaltungsrecht kein Recht zum Besitz, da Herausgabeanspruch unberührt und bloß Einrede
– Umdeutung (§ 140 BGB) subsidiär gegenüber Auslegung
» beachte: § 140 BGB kann allenfalls analog angewandt werden, da kein nichtiges Rechtsgeschäft
Erlöschen
Durchsetzbarkeit: rechtshemmende Einwendungen
vertragliches allg. Zurückbehaltungsrecht des G, § 273 I BGB (je nach Auslegung)
253
kein Wertpapier
Teil II der Zulassungsbescheinigung (offizielle Bezeichnung) = Kraftfahrzeug-
brief, § 25 StVZO: Person, auf die Kfz zugelassen (nicht Halter, § 7 StVG,
nicht Eigentümer)
Zulassungsbescheinigung (Kraftfahrzeugbrief und –schein)
Teil I der Zulassungsbescheinigung(offizielle Bezeichnung) = Kraftfahr-
zeugschein, § 11 Fahrzeug-Zulassungs-verordnung (FZV): insb. technische Daten
kein Wertpapier, bloße Legitimationsurkunde
Eigentumserwerb, § 952 I 1 / II BGB analog: Eigentümer Kfz erwirbt Eigentum an Kfz-Brief
gutgläubiger Eigentumserwerb Kfz (grobe Fahrlässigkeit, § 932 II):
nur bei Einsicht Kfz-Brief und Übereinstimmung Eingetragener/Übereignender
Verpfändung, Sicherungsübereignung, Eigentumsvorbehalt Kfz-Brief:
(-) da kein selbst. Vermögenswert
gutgläubiger Erwerb Pfandrecht an Kfz: Einsicht Kfz-Brief nicht erforderlich
Zulassungsbescheinigung = seit 01.10.2005 Urkunde über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Straßenverkehr;
EU-einheitliche Regelung
weitere zivilrechtliche Fragen in Rspr. und Lit. nicht weiter thematisiert
254
Begründung eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1205, 1206 BGB - 16
• Fall 9: S hat von G ein Darlehen erhalten. Als Sicherheit soll der Computer des S dienen. S hat seinem Freund F den Computer geliehen und tritt G nun seinen Herausgabeanspruch gegen F ab. Hat G ein Pfandrecht am Computer erworben?
255
Begründung eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1205, 1206 BGB - 17
• rechtsgeschäftlicher Erwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache durch G, § 1205 I 1 BGB
Einigung zwischen Eigentümer (Verpfänder) und Pfandgläubiger
Übergabe oder Übergabeersatz
Übergabe der beweglichen Sache im Sinne von § 854 BGB (-)
Abtretung des Herausgabeanspruchs aus einem Besitzmittlungsverhältnis (§§ 868, 870 BGB): §§ 398, 604 I BGB (+)
allerdings muss Abtretung Besitzmittler (im Fall F) angezeigt werden, § 1205 II BGB (-)
256
Begründung eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1205, 1206 BGB - 18
• Fall 10: S hat von G ein Darlehen erhalten. Als Sicherheit soll der Computer des S dienen. Da dieser das Gerät aber täglich benutzen muss, bittet er G um dessen leihweise Überlassung. Dieser ist damit einverstanden. Hat G ein Pfandrecht am Computer erworben?
257
Begründung eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1205, 1206 BGB - 19
• rechtsgeschäftlicher Erwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, § 1205 I 1 BGB
Einigung zwischen Eigentümer (Verpfänder) und Pfandgläubiger
Übergabe oder Übergabeersatz
Übergabe der beweglichen Sache im Sinne von § 854 BGB (-)
Abtretung des Herausgabeanspruchs aus einem Besitzmittlungsverhältnis (§§ 868, 870, 398 S. 1 BGB) (-)
258
Begründung eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1205, 1206 BGB - 20
Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses (§ 868 BGB)
– Übergabe kann nicht durch Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses (§ 868 BGB) ersetzt werden (Typenfixierung; „Faustpfand“)
– entsprechende Vereinbarung erfüllt nicht Voraussetzungen für Übergabeersatz (soweit Annahme eines Verstoßes gegen Typenfixierung Nichtigkeit wegen Fehlen der Privatautonomie, Art. 2 I GG bzw. § 134 BGB)
– hierin liegt eigentlicher Grund dafür, dass anstelle Pfandrechts an beweglicher Sache die Sicherungsübereignung gewählt wird (vgl. §§ 929 S. 1, 930 BGB)
259
Begründung eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1205, 1206 BGB – 21
• Fall 11: X hatte Y ein Darlehen zu einem Zinssatz von 40% gewährt. Zur Sicherung der Darlehensforderung oder „etwaiger anderer Forderungen aus dem Darlehensverhältnis“ hat Y dem X einen Teppich verpfändet. Hat X ein Pfandrecht an dem Teppich erworben?
260
Begründung eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1205, 1206 BGB – 22
• rechtsgeschäftlicher Erwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, § 1205 I 1 BGB
Einigung über Pfandrecht (§ 1205 I BGB)
Übergabe oder Übergabeersatz
Übergabe der beweglichen Sache im Sinne von § 854 BGB (§ 1205 I 1 BGB) (+)
Einigsein
Berechtigung
261
Begründung eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1205, 1206 BGB – 23
Bestand einer zu sichernden Forderung (vgl. § 1204 BGB; strenge Akzessorietät)
Anspruch auf Darlehensrückzahlung, § 488 I 2 Fall 2 BGB
– Entstehung
» Darlehensvertrag (+)
» zusätzlich für Rückzahlungsanspruch: Auszahlung Darlehen, § 488 I 2 Fall 2 BGB
» rechtshindernde Einwendung: Sittenwidrigkeit, § 138 I BGB (+)
» objektive Sittenwidrigkeit ist i.d.R. zu bejahen, wenn Vertragszins marktüblichen, effektiven Jahreszins (Berechnung nach § 492 II 1, 2 BGB a.F. / 492 II BGB n.F. i .V.m. Art. 247 § 6 I Nr. 1, § 3 I Nr. 3, II i.V.m. Preisangabenverordnung [PAngV]) relativ um 100% oder absolut um 12 Prozentpunkte übersteigt (Richtwerte)
262
Begründung eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1205, 1206 BGB – 24
» subjektive Sittenwidrigkeit: vorsätzliche oder grob fahrlässige Ausnutzung der schwächeren Lage des Kunden
tatsächliche (widerlegliche, § 292 S. 1 BGB) Vermutung bei Vertrag zwischen einem gewerblichen Kreditgeber und einem Verbraucher (§ 13 BGB)
263
Begründung eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1205, 1206 BGB – 25
– Anspruch auf Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung von X ggü. Y, § 812 I 1 Fall 1 BGB
» gesicherte Forderung
» ergänzende Vertragsauslegung, §§ 133, 157, 242 BGB: kein dispositives Recht, Regelungslücke Vertrag und hypothetischer Parteiwille
» BGH: aus Willen Parteien kann sich ergeben, dass auch dem Gläubiger zustehender Bereicherungsanspruch auf Rückzahlung Geld gesichert sein soll; hier (+)
» Entstehung
(1) etwas erlangt: Geldbetrag
(2) Leistung eines anderen (+)
(3) ohne Rechtsgrund
(a) Rechtsgrund: Darlehensvertrag
(b) Nichtbestehen (+)
264
Grundschema des Sachenrechts für Erwerb eines dinglichen Rechts vom Nichtberechtigten 1 - Überblick
Eigentum
soweit kein Eigentum oder Verfügungsbeschränkung Eigentümer:• rechtsgeschäftliche Verfügungsbefugnis, § 185 I
• gesetzliche Verfügungsbefugnis (z.B. Insolvenzverwalter)
Verfügungsmacht, soweit nicht beschränkt
• §§ 932 ff./§ 892 I 1• guter Glaube an
rechtsgeschäftl. oder (Problem:) gesetzl.
Verfügungsbefugnis, §§ 366 I, 932 ff. HGB
• §§ 136, 135 II, 932 ff./§ 892 I 2
ges./ger./behördl. relative Verfü-
gungsbeschränkungen (z.B. §§ 473 S. 1 Fall 1BGB, 829, 857 ZPO,
20 I, 23 ZVG)
ges. absolute Verfügungsbeschr. - Ehegatten bei Verfügung über(im wesentlichen) gesamte Vermögen eines Ehegatten, der im gesetzlichen Güterstand lebt, §§ 1366 IV, 1365 I 2 BGB- § 1369 III i.V.m. § 1366 IV- Insolvenz, § 81 I 1 InsO
• G: (-)• A: § 2211 II
rechtsgeschäftlicheVerfügungsverbote aber: Verf.verbot nichtig, §§ 134,
137 S. 1!
gutgläubiger Erwerb
Verfügungs-befugnis
Berechtigung
Verfügungs-beschrän-kungen
265
Grundschema des Sachenrechts für Erwerb eines dinglichen Rechts vom Nichtberechtigten 2
• (sonstige Erwerbsvoraussetzungen)
• Berechtigung
Eigentum (-)
oder: Verfügungsmacht (-)
sofern Nichtberechtiger
Verfügungsbefugnis eines Nichtberechtigten bei Konvaleszenz, § 185
– Anwendbarkeit: überwindet Mangel des Eigentums bzw. der Verfügungsmacht
– Einwilligung (Verfügungsermächtigung), § 185 I BGB
– Genehmigung, §§ 185 II 1 Fall 1, 184 BGB
266
Grundschema des Sachenrechts für Erwerb eines dinglichen Rechts vom Nichtberechtigten 3
– Gesetz
» Erwerb des Gegenstands durch Nichtberechtigten, § 185 II 1 Fall 2 BGB
oder
gutgläubiger Erwerb
– Anwendbarkeit: überwindet grds. Mangel des Eigentums
» § 892 I 2 BGB: auch relative Verfügungsbeschränkungen
z.B. Pfändung von Forderungen und Rechten, §§ 829, 857 ZPO, Grundstücksbeschlagnahme, §§ 20 I, 23 ZVG
» § 366 I HGB i.V.m. §§ 932 ff. BGB: guter Glaube an rechtsgeschäftl. oder (Problem) gesetzl. Verfügungsbefugnis
267
Grundschema des Sachenrechts für Erwerb eines dinglichen Rechts vom Nichtberechtigten 4
– Rechtsgeschäft
– Problem: Verkehrsgeschäft = wirtschaftliche Personenverschiedenheit (Dritterwerb) (methodisch: teleologische Reduktion Gutglaubensvorschriften)
– Rechtsscheintatbestand
– keine Zerstörung Rechtsschein
– Gutgläubigkeit
» Bezug (Eigentum, relative Verfügungsbeschränkung)
» Zeitpunkt
– i.d.R. kein Abhandenkommen bei beweglichen Sachen
268
Gutgläubiger Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1205 I 1, 1207, 932 I 1/934 BGB - 1
• Entstehungsvoraussetzungen
Einigung über Pfandrecht (§ 1205 I BGB)
Übergabe
Einigsein
Berechtigung
Eigentum und Verfügungsmacht des Bestellers (-)
269
Gutgläubiger Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1205 I 1, 1207, 932 I 1/934 BGB - 2
gutgläubiger Erwerb bzgl. mangelndem Eigentums
– Rechtsgeschäft
– Verkehrsgeschäft (teleologische Reduktion)
– Rechtsscheintatbestand
» Übergabe, §§ 1207, 932 I 1 BGB oder
» Pfandgläubiger bereits im Besitz der Sache, §§ 1207, 932 I 1 BGB oder
» Abtretung des Herausgabeanspruchs, §§ 1207, 934 BGB
» nicht: §§ 1207, 933 BGB (Übergabe bei Besitzmittlungsverhältnis)
270
Gutgläubiger Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1205 I 1, 1207, 932 I 1/934 BGB - 3
– Gutgläubigkeit des Erwerbers bzgl. des Eigentums des Verpfänders, §§ 932 I 1, II BGB (= keine Kenntnis bzw. keine grob fahrlässige Unkenntnis bzgl. mangelndenEigentums)
» beachte Beweislastumkehr in § 932 I 1 BGB („es sei denn“) und § 932 II BGB („nicht in gutem Glauben“)
– kein Abhandenkommen Pfandsache, §§ 1207, 935 BGB
Bestand (Entstehung) einer zu sichernden Forderung (vgl. § 1204 BGB; strenge Akzessorietät)
kein gutgläubiger Erwerb!
• rechtshindernde Einwendungen gegen Pfandrecht
• rechtshindernde Einwendungen gegen gesicherte Forderung
271
Gutgläubiger Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1205 I 1, 1207, 932 I 1/934 BGB - 4
• Fall 12 (Gottwald PdW SaR, Nr. 199): D erteilte dem Kfz-Mechaniker K den „Auftrag“[beachte: laienhafte Bezeichnung], einen Austauschmotor in seinen Pkw einzubauen. Diesen Pkw hatte er der B-Bank unter Übergabe des Kfz-Briefs (inzwischen lautet die offizielle Bezeichnung: „Teil II der Zulassungsbescheinigung“) zur Sicherheit übereignet. Nach dem von D unterzeichneten „Auftrags“formular sollte die Arbeit gemäß den AGB des K ausgeführt werden. Nach deren Nr. 12 steht K ein vertragliches Pfandrecht an den in seinen Besitz gelangten Gegenständen wegen seiner Forderungen aus dem „Auftrag“ zu. D konnte die Rechnung in Höhe von € 3.500.- nicht bezahlen. Kann K von der B-Bank die „Duldung der Verwertung“ des Pkw verlangen?
272
Gutgläubiger Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1205 I 1, 1207, 932 I 1/934 BGB - 5
D K
Werkvertrag, § 631 (Werklohnforderung, § 631 I Fall 2)
SiV, § 311 I
§ 1204
B
§ 488 § 929, 930 + Übergabe Kfz-Brief
Sicherungsvertrag/Verpfändungsvertrag, § 311 I
1
2
3 §§ 1204 I, 1228 I
Werkunternehmerpfandrecht, § 647
273
Gutgläubiger Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1205 I 1, 1207, 932 I 1/934 BGB - 6
Recht auf Pfandverwertung K ./. B, §§ 1204 I, 1228 I BGB
• Problem: Rechtsnatur
Problem - Rechtsnatur:
dinglicher Anspruch (Westermann)
– aber: Pfandschuldner „schuldet“ nichts
h.L.: dingliches Verwertungsrecht (Wolff/Raiser; Staudinger/Wiegand)
274
Gutgläubiger Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1205 I 1, 1207, 932 I 1/934 BGB - 7
• Pfandrecht an beweglicher Sache: gutgläubiger Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache vom Nichtberechtigten, §§ 1205 I 1, 1207, 932 I 1 BGB
bewegliche Sache, § 1204 I BGB: Kfz
Einigung zwischen D und K über Pfandrecht, § 1205 I BGB: Nr. 12 AGB
Einbeziehung in Vertrag, § 305 II BGB (+)
überraschende Klausel, § 305c BGB (-)
275
Gutgläubiger Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1205 I 1, 1207, 932 I 1/934 BGB - 8
rechtshindernde Einwendung: Nichtigkeit aufgrund Sittenwidrigkeit, § 138 I BGB
– Anwendbarkeit
» Unwirksamkeit bei unangemessener Benachteiligung, § 307 I 1 BGB hier nicht einschlägig, da nicht D, sondern B durch Klausel benachteiligt
– objektive Sittenwidrigkeit
» MM: Pfandklausel in AGBs soll Unternehmer sichern, wenn Pfandsache nicht im Eigentum Auftraggeber; sonst ohnehin durch § 647 BGB gesichert; Sicherung zwingt D ggfs. zum „Vertragsbruch“ gegenüber B-Bank und daher objektiv sittenwidrig nach § 138 I BGB
276
Gutgläubiger Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1205 I 1, 1207, 932 I 1/934 BGB - 9
» h.M.: Pfandrecht nicht objektiv sittenwidrig; Pfandrecht kann auch dann rechtsgeschäftlich bestellt werden, wenn gesetzliches Pfandrecht ohnehin entstehen würde
Übergabe (+)
Einigsein
Berechtigung
Eigentum des Bestellers
– aufgrund der Sicherungsübereignung an B-Bank, §§ 929 S. 1, 930 BGB (-)
277
Gutgläubiger Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1205 I 1, 1207, 932 I 1/934 BGB - 10
– gutgläubiger Erwerb
» Rechtsgeschäft
» Verkehrsgeschäft (teleologische Reduktion)
» Rechtsscheintatbestand: Übergabe, §§ 1207, 932 I 1 BGB (+)
» Gutgläubigkeit des Erwerbers K bzgl. des Eigentums des Verpfänders D, §§ 1207, 932 I 1, II BGB
(beachte Beweislastumkehr in § 932 I 1 BGB („es sei denn“)) und § 932 II BGB („nicht in gutem Glauben“)
K hat keinen Kfz-Brief eingesehen und überprüft
» Kfz-Kauf: Erwerber bösgläubig, wenn er Kfz-Brief nicht einsieht und gegebenenfalls überprüft
278
Gutgläubiger Ersterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, §§ 1205 I 1, 1207, 932 I 1/934 BGB - 11
» gilt nicht für Verpfändung: bei Veräußerung verliert bisheriger Eigentümer sein Eigentum; dagegen wird es beim Pfandrechtserwerb nur mit Pfandrecht belastet, dem in Regel Werterhöhung durch ausgeführte Arbeiten gegenübersteht
» Vorlage Kfz-Brief vor Vornahme größerer Reparaturen völlig unüblich und praktisch mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden (z.B. bei Reparatur auf Reise)
» kein Abhandenkommen der Pfandsache, §§ 1207, 935 BGB
Bestand (Entstehung) einer zu sichernden Forderung (vgl. § 1204 BGB; strenge Akzessorietät)
Werklohnforderung, § 631 I Fall 2 BGB
279
Einwendungsaufbau bei dinglichen Verwertungsrechten 1
• Einwendungsaufbau dinglicher Rechte (z.B. Verwertungsrecht)
Entstehung dingliches Recht kraft Rechtsgeschäfts: Entstehungsvoraussetzungen
Rechtsgeschäft (Bestimmtheit)
sonstige Entstehungsvoraussetzungen (Publizität)
ggfs. Entstehung Forderung (entstehungsakzessorische dingliche Rechte)
kein Verlust dingliches Recht, z.B. durch
(1) Übertragung dingliches Recht (ggfs. durch Abtretung Forderung)
(2) Zahlungsfolgen bei Kreditsicherheiten, z.B.
– Zahlung bei Pfandrecht, § 1252 I BGB (nicht bei Einwendungen gegen dingliches Recht prüfen, da besondere Zahlungsfolgen bei Kreditsicherheiten)
ggfs. kein Verlust gesicherte Forderung mit Auswirkung auf dingliches Recht durch Zahlung
280
Einwendungsaufbau bei dinglichen Verwertungsrechten 2
Einwendungen gegen dingliches Recht
rechtshindernde Einwendungen
rechtsvernichtende Einwendungen
rechtshemmende Einwendungen (Einreden)
– keine Auswirkung auf Bestand Recht; nur Rechtsausübung (vorübergehend oder dauernd) gehemmt
– nicht: Verjährung (nur „Ansprüche“, § 194 I BGB, nicht dingliche Rechte)
281
Einwendungsaufbau bei dinglichen Verwertungsrechten 3
ggfs. Einwendungen gegen Forderung bei akzessorischen Rechten
rechtshindernde Einwendungen
rechtsvernichtende Einwendungen
rechtshemmende Einwendungen (Einreden)
ggfs. Einwendungen aus Sicherungsvertrag gegen Forderung insb.bei Sicherungsgrundschuld
Sicherungsgrundschuld zwar kein akzessorisches Recht, bei dem Einwendungen gegen die Forderung direkt geltend gemacht werden können
es können aber „Einreden“ aufgrund Sicherungsvertrags als Einreden gegen Grundschuld geltend gemacht werden, § 1192 Ia S. 1 HS 1 BGB
282
Dingliches Verwertungsrecht Pfandrecht, §§ 1204 I, 1228 II 1 BGB - 1
• Rechtsgrundlage
vornehmlich § 1204 I BGB
ggfs. i.V.m. § 1228 II 1 BGB = Pfandreife des Pfandrechts = Fälligkeit der gesicherten Forderung
gilt unmittelbar nur für Verwertung im Wege Pfandverkauf
enthält darüber hinaus allgemeinen Rechtsgedanken, dass Verwertung und Vollstreckung Pfandrecht Fälligkeit voraussetzt
– § 1228 II 1 BGB ist streng genommen analog heranzuziehen, wenn § 1228 II 1 BGB außerhalb des Pfandverkaufs angewandt wird
• Problem – Rechtsnatur
MM: dinglicher Anspruch
Eigentümer schuldet Geldbetrag, aber er haftet dafür nur mit der Pfandsache
aber: Pfandschuldner „schuldet“ nichts; nach § 1142 BGB ist Eigentümer zur Leistung berechtigt, nicht verpflichtet
283
Dingliches Verwertungsrecht Pfandrecht, §§ 1204 I, 1228 II 1 BGB - 2
h.M.: dingliches Verwertungsrecht
der Berechtigte darf der Sache einen bestimmten Geldbetrag entnehmen, indem er die Sache veräußert oder hoheitlich veräußern lässt, nutzt oder hoheitlich verwalten lässt (Wolff/Raiser § 131 I; Staudinger/Wiegand)
• Duldungsanspruch?
teilweise wird im Zusammenhang mit Verwertungsrecht von einem „Duldungsanspruch“ des Pfandgläubigers gesprochen
richtigerweise besteht kein privatrechtlicher „Anspruch“ auf „Duldung“ der Vollstreckung
dem Staat gegenüber müssen der Eigentümer wie alle Dritten jeden Widerstand gegen die Vollstreckung unterlassen (Wolff/Raiser § 131 Fn. 15)
284
Einwendungen gegen Pfandrecht
Einwendungen gegen Forderung
Einwendungen
gegenüber Verwertungsrecht, §§ 1204, 1228 II 1 BGB
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus Pfandrecht (Einwendungsaufbau)
(Einwendungen gegen Siche-rungsvertrag spielen keine Rolle, da anderes Rechtsverhältnis)
285
Einwendungsaufbau bei dinglichem Verwertungsrecht Pfandrecht, §§ 1204 I, 1228 II 1 BGB – 1 (Einwendungsaufbau)
• Problem - Rechtsnatur:
dinglicher Anspruch (Westermann)
aber: Pfandschuldner „schuldet“ nichts
dingliches Verwertungsrecht (Wolff/Raiser; Staudinger/Wiegand)
286
Dingliches Verwertungsrecht Pfandrecht, §§ 1204 I, 1228 II 1 BGB - 2
• Pfandrecht an beweglicher Sache
Erwerb Pfandrecht an beweglicher Sache
kein Verlust Pfandrecht an beweglicher Sache
(1) Übertragung Pfandrecht (durch Abtretung Forderung)
(2) Zahlungsfolgen Pfandrecht
kein Verlust gesicherte Forderung mit Auswirkung auf dingliches Recht bei Zahlung
Erlöschen der Forderung (bei Zahlung durch Schuldner ≠ Verpfänder / Dritten), § 362 I / §§ 267, 362 I BGB führt zu Erlöschen PfR, § 1252 BGB
• Einwendungen
(1) Einwendungen gegen Pfandrecht
rechtshindernde Einwendungen
keine Verwertungsreife bei Pfandverkauf, § 1228 II 1 BGB (Fälligkeit gesicherte Forderung; ggfs. analog, wenn außerhalb Pfandverkauf angewandt)
287
Dingliches Verwertungsrecht Pfandrecht, §§ 1204 I, 1228 II 1 BGB - 3
Rechtsfolgen:
– kein Entstehen Pfandrecht
– Eigentümer hat Anspruch auf Herausgabe Pfandsache, § 985 BGB (Sicherungsnehmer hat kein Recht zum Besitz i.S.d. § 986 BGB aus Pfandrecht)
rechtsvernichtende Einwendungen, z.B.
Aufhebung Pfandrecht, § 1255 BGB
Rückgabe der Pfandsache, § 1253 I 1 BGB
Erlöschen der Forderung, § 1252 BGB
– soweit nicht Zahlungsfolge; dann Prüfungspunkt bei dinglichem Verwertungsrecht: kein Verlust gesicherte Forderung mit Auswirkung auf dingliches Recht bei Zahlung
Rechtsfolgen:
– Erlöschen Pfandrecht
288
Dingliches Verwertungsrecht Pfandrecht, §§ 1204 I, 1228 II 1 BGB - 4
– Eigentümer, der nicht zugleich Verpfänder ist, hat Herausgabeanspruch nach § 985 BGB
» Verpfänder, auch soweit er nicht Eigentümer ist, hat Anspruch auf Rückgabe Pfandsache, § 1223 I BGB(nicht bei § 1253 I 1 BGB)
» persönlicher Schuldner, der nicht Verpfänder ist, hat keinen Herausgabeanspruch
rechtshemmende Einwendungen (Einreden)
z.B. § 242 BGB (Rechtsmissbrauch)
nicht: Verjährung (nur „Ansprüche“, § 194 I BGB; hier dingliches Verwertungsrecht)
289
Dingliches Verwertungsrecht Pfandrecht, §§ 1204 I, 1228 II 1 BGB - 5
Rechtsfolgen:
– Ausübung Pfandrecht (vorübergehend oder dauernd) gehemmt
– bei dauernder Einrede (§§ 242, 821, 853 BGB) Anspruch Verpfänder und Eigentümer auf Rückgabe Pfandsache, § 1254 BGB
290
Dingliches Verwertungsrecht Pfandrecht, §§ 1204 I, 1228 II 1 BGB - 6
(2) Einwendungen gegen gesicherte Forderung, § 1204 I BGB
rechtshindernde Einwendungen
Fälligkeit gesicherte Forderung, § 271 BGB
– auch rechtshindernde Einwendung ggü. Pfandrecht: keine Verwertungsreife bei Pfandverkauf, § 1228 II 1 BGB (ggfs. analog, wenn außerhalb Pfandverkauf angewandt)
rechtsvernichtende Einwendungen
aber: Erfüllung der Forderung, § 362 I BGB
– bei Prüfung „kein Verlust gesicherte Forderung mit Auswirkung auf dingliches Recht durch Zahlung“ prüfen
291
Dingliches Verwertungsrecht Pfandrecht, §§ 1204 I, 1228 II 1 BGB - 7
rechtshemmende Einwendungen (Einreden)
eigene Einreden (Einwendungen aus dem Rechtsverhältnis Verpfänder-Gläubiger), § 1211 I 1 Fall 2 BGB
– Einrede aus Anfechtungsrecht des Hauptschuldners (Anfechtbarkeit), §§ 1211 I 1 Fall 2, 770 I BGB
– Problem: sonstige Gestaltungsrechte Hauptschuldner (z.B.
Widerrufs-, Rücktrittsrecht), §§ 1211 I 1 Fall 2, 770 I BGB analog („§ 770 Ia BGB“)
– Einrede aus Aufrechnungsrecht des Gläubigers (Aufrechenbarkeit), §§ 1211 I 1 Fall 2, 770 II BGB
292
Dingliches Verwertungsrecht Pfandrecht, §§ 1204 I, 1228 II 1 BGB - 8
fremde Einreden (Einwendungen aus dem Rechtsverhältnis Schuldner-Gläubiger), § 1211 I 1 Fall 1 BGB
– z.B. allg. Zurückbehaltungsrecht gegen die gesicherte Forderung (§ 273 I BGB), § 320 I 1 BGB, anfängliche oder nachträgliche Stundung der Forderung (§ 311 I BGB), § 242 BGB
– nicht dagegen Verjährung der gesicherten Forderung (vgl. § 216 I BGB)
» Begründung: Verjährung lässt Anspruch nicht erlöschen (§ 214 I BGB)
– Gegeneinwendung: Verzicht des persönlichen Schuldners? kein Ausschluss Einrede, wenn Schuldner verzichtet hat, § 1211 II BGB
293
Dingliches Verwertungsrecht Pfandrecht, §§ 1204 I, 1228 II 1 BGB - 9
Rechtsfolgen:
– Ausübung Pfandrecht (vorübergehend oder dauernd) gehemmt
– bei dauernder Einrede Anspruch Verpfänder und Eigentümer auf Rückgabe Pfandsache, § 1254 BGB
» Einreden gegen Forderung sind auch Einreden gegen Pfandrecht i.S. § 1254 BGB (MüKo/Damrau, § 1254 Rn. 2)
(3) Einwendungen gegen Sicherungsvertrag
spielen grundsätzlich keine Rolle, da anderes Rechtsverhältnis
294
Wirtschaftliche Bedeutung der Sicherungsübereignung
• wichtiges Kreditsicherungsmittel der Geldkreditgeber an beweglichen Sachen
nahezu vollständig an die Stelle des Pfandrechts an beweglichen Sachen getreten
295
einfache Sicherungs-
übereig-nung
erweiterte Sicherungs-übereignung
verlängerte Sicherungs-
übereig-nung bzgl.
Veräus-serung
Sicherungs-gegenstand
Arten der Sicherungsübereignung
verlängerte Sicherungs-
übereig-nung bzgl. Verarbei-
tung Sicherungs-gegenstand
Klausel-kombina-tionen 1-4
Arten der Sicherungsübereignung
296
Gesetzesaufbau Sicherungsübereignung
Ersterwerb929, 930, 933
• Siche-rungsvertrag• 985
Zweiterwerb 929, 930, 931, 933
145 ff. usw.
Ersterwerb Zweiterwerb RechteUmfang
• einfache SÜ• erweiterte SÜ• verlän-gerte SÜ• Klausel-kombination
297
K = Sicherungs-
geber
V
Bank (z.B.) = Sicherungs-nehmer
Gelddarlehen, § 488
Sicherungsvertrag, § 311 I
§§ 929, 930 (ggfs. § 158 II)
§ 929§ 433
Einfache Sicherungsübereignung
• beachte Anwartschaftsrecht des Sicherungsgebers bei auflösend bedingter Sicherungsübereignung, § 158 II BGB
in Praxis in der Regel nicht der Fall
(AnwR, 929, 930 analog ↔ Vollrecht)
298
Rechtsgrundlage der Sicherungsübereignung
• Faustpfandprinzip des Pfandrechts an beweglichen Sachen in moderner Wirtschaftspraxis evidentermaßen unzulänglich
• Sicherungsübereignung beruht auf Gewohnheitsrecht mit derogatorischer Wirkung; vgl. Art. 2 EGBGB („Rechtsnorm“)
nach der Entstehungsgeschichte des BGB hat Gesetzgeber VerbotSicherungsübereignung durch Besitzkonsitut nicht beabsichtigt
ursprünglich gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung
• inzwischen direkte gesetzliche Anerkennung (§ 51 Nr. 1 Fall 1 InsO [sonstige Absonderungsberechtigte])
außerdem vorausgesetzt in § 216 II 1 BGB
• grundsätzlich keine analoge Anwendung der Vorschriften über das Pfandrecht
Ausnahme: analoge Anwendung § 1228 II 1 BGB (Pfandreife = Sicherungsfall)
299
Sicherungsübereignung gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB – 1 (Verfügungsaufbau)
• Sicherungsgegenstand: bewegliche Sache
Spezialitätsgrundsatz
Singularsicherheit
Globalsicherheit
– Spezialitätsprinzip ist konstruktives Prinzip, das dazu führt, dass sich Verfügungsgeschäft immer nur auf einzelnen Vermögensgegenstand (Grundstück, bewegliche Sache, Forderung usw.) bezieht
– Zusammenfassung in einer Urkunde unschädlich
keine Gesamtsachen (Vermögen, Unternehmen)
300
Sicherungsübereignung gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB - 2
• Einigung
beachte: Typenfixierung dinglicher Rechte
Parteien
Verfügungsgegenstand:
(gegenwärtige) bewegliche Sache
Bestimmtheit
– Singularsicherheit
– Globalsicherheit
» Sachgesamtheiten (z.B. Warenlager), wenn übereignete Sachen jederzeit feststellbar ohne dass hierzu außerhalb Übereignungsvertrag liegende Umstände herangezogen werden müssen; einfache äußere Abgrenzungskriterien genügen
301
Sicherungsübereignung gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB - 3
» Raumsicherungsübereignung verfügt über solche äußeren Abgrenzungskriterien
» nicht „Globalsicherungsübereignung“ ohne Bestimmtheit
künftige bewegliche Sache
– methodisch genau wäre analoge Anwendung §§ 929 S. 1, 930 BGB
– insbesondere auch bei Globalsicherheit
– antizipierte Einigung (auf Zeitpunkt, in dem der Übereignende Eigentum erhält) bzgl. künftiger Sachen, arg. § 185 II 1 Fall 2 BGB
– Bestimmtheit erforderlich
302
Sicherungsübereignung gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB - 4
Übereignung
nicht: gesicherte Forderung (dazu Sicherungsvertrag)
nicht: Akzessorietät oder sonstige Forderungsbezogenheit
sonstige Punkte i.S. von § 154 S. 1 BGB
ggfs. auflösende Bedingung, § 158 II BGB
– wird in Praxis in der Regel nicht der Fall sein
– i.d.R. Rückübertragungsanspruch im Sicherungsvertrag
Rechtsbindungswille
303
Sicherungsübereignung gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB - 5
• Übergabesurrogat
Behalten des unmittelbaren Besitzes durch Veräußerer
bei § 930 BGB ist auch Behalten des mittelbaren Besitzes möglich; dies ist aber bei Sicherungsübereignung nicht relevant
Besitzmittlungsverhältnis, § 868 BGB
Einigung
– konkretes Rechtsverhältnis
» „Dogma vom konkreten Besitzmittlungsverhältnis“
» Schuldverhältnis der in § 868 BGB bezeichneten Art
» Problem: bloße Sicherungsabrede, § 311 I BGB ausreichend
304
Sicherungsübereignung gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB - 6
» Besitzmittlungsverhältnis möglicherweise aber auch, wenn Sicherungsvertrag unwirksam (d.h. rechtshindernde Einwendung), da es sich um tatsächliches Verhältnis handelt
arg.: Wortlaut § 868 (nicht „wirksames“ BMV, sondern „als Nießbraucher“ usw.); Besitz ist „tatsächliches Verhältnis“
entscheidend dann, ob Besitzmittlungsverhältnis praktiziert wird
– bewegliche Sache
Bestimmtheit
305
Sicherungsübereignung gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB - 7
– Zeitpunkt Einigung
» Einigung in der Regel mit Sicherungsvertrag und Einigung über Eigentumsübergang
» künftige Sachen: antizipierte Einigung (auf Zeitpunkt, in dem der Übereignende Besitz erhält) („antizipiertes Besitzkonstitut“)
muss im Zeitpunkt Besitzerlangung des Veräußerers fortbestehen („Einigsein“, wird vermutet)
– Rechtsbindungswille
306
Sicherungsübereignung gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB - 8
durchsetzbarer Herausgabeanspruch des mittelbaren Besit-zers (d.h. hier Sicherungsnehmers) gegenüber dem Besitzmittler (= unmittelbaren Besitzer) (Palandt/Bassenge § 868 Rn. 6)
– arg.: § 868 BGB („auf Zeit“: vorübergehendes Besitzmittlungsverhältnis)
– z.B. §§ 546, 695, 1055, 1223 BGB oder
– bei bloßem Sicherungsvertrag: rechtsgeschäftlicher Herausgabeanspruch des Sicherungsnehmers aus Sicherungsvertrag bei Verwertungsreife = d.h. Fälligkeit der gesicherten Forderung nach §1228 II 1 BGB analog
» nicht Rückübereignungsanspruch des Sicherungsgebers(= unmittelbarer Besitzer) aus Sicherungsvertrag, nicht Herausgabeanspruch Sicherungsnehmer aus § 985 BGB!
» setzt Eintritt des Sicherungsfalls, also insbesondere die Fälligkeit der gesicherten Forderung, § 1228 II 1 BGB analog voraus (Palandt/Bassenge, § 930 Rn. 30)
» zukünftiger Herausgabeanspruch
307
Sicherungsübereignung gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB - 9
– grds. nicht nur § 985 BGB (grds. nicht abtretbar)
» allerdings als Herausgabeansprüche genügend bei unwirksamem BMV: GoA und §§ 985, 812 BGB
erkennbarer Fremdbesitzerwille (§ 868 BGB: „als“)
– in Klausur meist nicht zu thematisieren
• Einigsein, § 929 S. 1 BGB
• Berechtigung
Eigentum
künftige Sachen: antizipierte Einigung (auf Zeitpunkt, in dem der Übereignende Eigentum erhält)
– Einigung muss im Zeitpunkt Eigentumserlangung Veräußerer fortbestehen („Einigsein“; wird vermutet)
– Durchgangserwerb des Sicherungsgebers (d.h. erst Eigentumserwerb Sicherungsgeber, dann Eigentumserwerb Sicherungsnehmer; kein Direkterwerb Sicherungsnehmer)
308
Sicherungsübereignung gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB - 10
häufig steht Ware unter Eigentumsvorbehalt (d.h. kein Eigentum Sicherungsgeber)
– dann ggfs. gutgläubiger Erwerb des Sicherungseigentums nach §§ 932 ff. BGB oder
– (subsidiär:) Erwerb Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers durch Sicherungsnehmer (analoge Anwendung der §§ 929 S. 1, 930 BGB)
Verfügungsmacht
309
Sicherungsübereignung gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB - 11
• nicht: Bestand der gesicherten Forderung
Sicherungsübereignung ist nicht akzessorisch zur gesicherten Forderung
• nicht: Bestand des Sicherungsvertrags
Vorliegen eines abstrakten Geschäfts (Abstraktionsprinzip!); aber § 812 I 1, 2 BGB bzgl. Eigentum bei rechtshindernden oder rechtsvernichtenden Einwendungen ggü. Sicherungsvertrag (s.u.)
• Einwendungen gegenüber Sicherungsübereignungsvereinbarung
rechtshindernde Einwendungen
grundsätzlich kein Formerfordernis
– es sei denn §§ 125 I, 311b III BGB (Vertrag über gegenwärtiges Vermögen)
310
Sicherungsübereignung gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB - 12
sonstige Unwirksamkeitsgründe bei Sicherungsübertragung
– u.a. Nichtigkeit wegen anfänglicher Übersicherung, § 138 I BGB (s.u.)
• grds. nicht (rechtshindernde) Einwendungen gegenüber gesicherter Forderung
311
Sicherungsübereignung gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB - 13
Rechtsfolge bei rechtshindernden Einwendungen gegenüber gesicherter Forderung: bei Verwertung ggfs. Schadensersatzansprüche Sicherungsgeber aus Verletzung Verpflichtungen Sicherungsvertrag (§§ 280 I, 281 BGB)
312
Sicherungsübereignung gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB - 14
• nicht Einwendungen aus Sicherungsabrede
Rechtsfolge bei rechtshindernden oder –vernichtenden Einwendungen gegenüber Sicherungsabrede: § 812 I 1 Fall 1, 2 BGB
“etwas”: Sicherungseigentum
Rechtsfolge: Rückübereignung
– außerdem Anspruch des Sicherungsgebers auf Rückübertragung (schuldrechtlicher Verschaffungsanspruch) des Sicherungseigentums, unter „aufschiebender Bedingung, § 158 I BGB“ des endgültigen Wegfalls des Sicherungsfalls
313
Sicherungsvertrag 1
• Rechtsnatur des Sicherungsvertrags (-abrede):
verkehrstypischer Vertrag, § 311 I BGB
Grundgeschäft (causa) des abstrakten Sicherungsgeschäfts
z.B. bei Sicherungsabtretung, Sicherungsübereignung, Pfandrecht, Hypothek, Grundschuld, Sicherungsgrundschuld
nicht bei einfachem Eigentumsvorbehalt
Sicherungsvertrag kann
fiduziarischer Natur (so nach h.L. bei Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung, Sicherungsgrundschuld – sogenannte Sicherungstreuhand; keine Deckung von rechtlichem Können und Dürfen)) oder
nicht fiduziarischer Natur sein (so bei Pfandrecht, Hypothek, und Nießbrauch sicherungshalber; Deckung von rechtlichem Können und Dürfen)
314
Sicherungsvertrag 2
• Inhalt des Sicherungsvertrags
Einigung
wesentliche Vertragsbestandteile (essentialia negotii)
– Parteien
– Verpflichtung des Sicherungsgebers zur Einräumung des Rechts bzw. bloße Rechtsgrundabrede
– teilweise (bei nicht akzessorischen Sicherungsrechten) Verpflichtung Sicherungsnehmer zur Rückübertragung(schuldrechtlicher Verschaffungsanspruch), unter „aufschiebender Bedingung, § 158 I BGB“ des endgültigen Wegfalls des Sicherungsfalls, insbesondere durch Erfüllung gesicherte Forderung
315
Sicherungsvertrag 3
» ausdrücklich oder konkludent (ggfs. ergänzende Vertragsauslegung, §§ 133, 157, 242 BGB)
» es sei denn Sicherungsübertragung ist auflösend bedingt(§ 158 II BGB) (dann Herausgabeanspruch Sicherungsgeber nach § 985 BGB)
» Rückübereignung i.d.R. nach § 929 S. 2 BGB, da Sicherungs-nehmer i.d.R. bereits Besitzer (Wolf/Wellenhofer § 15 Rn. 8)
– teilweise schuldrechtliche Zweckbindung bei nicht akzessorischen Sicherungsrechten: Sicherung der zu sichernden Forderung(en) (Bestimmbarkeit der Forderung)
zusätzliche Vertragsbestandteile (naturalia und accidentalia negotii)
– Berechtigung Sicherungsgeber bei Sicherungsübereig-nung, Sache weiter zu behalten und zu nutzen
» = eigenes Besitzrecht, § 986 I 1 Fall 1 BGB
316
Sicherungsvertrag 4
– Verpflichtung Sicherungsgeber bei Sicherungsübereignung, Sache für Sicherungseigentümer zu erhalten
– Verwertungsvereinbarungen
» rechtsgeschäftlicher Herausgabeanspruch des Sicherungsnehmers bei Verwertungsreife = Fälligkeit der gesicherten Forderung nach § 1228 II 1 BGB analog
beachte daneben gegebenenfalls (z.B. bei
Sicherungsübereignung) gesetzlichen
Herausgabeanspruch § 985 BGB
» Verpflichtung Sicherungsnehmer zur Verwertung nur bei Verwertungsreife = Fälligkeit der gesicherten Forderung nach § 1228 II 1 BGB analog
gleichzeitig Berücksichtigung im Rahmen §§ 985, 986 BGB bei
Besitzrecht aus Sicherungsvertrag (vgl. Folie 315)
» Verpflichtung Sicherungsnehmer, Sicherungsgut ordnungsgemäß zu verwerten
317
Herausgabeansprüche Sicherungsnehmer bei Fälligkeit gesicherter Forderung 1
• rechtsgeschäftlicher Herausgabeanspruch des Sicherungsnehmers aus Sicherungsvertrag, § 311 I BGB
bei Verwertungsreife = Fälligkeit der gesicherten Forderung nach § 1228 II 1 BGB analog (+)
• gesetzlicher (possessorischer) Herausgabeanspruch (Besitzentziehungsanspruch), § 861 I BGB
Besitzentziehung bei unmittelbarem Besitzer
durch verbotene Eigenmacht (= Abhandenkommen), § 858 I (-)
• gesetzlicher (petitorischer) Herausgabeanspruch, § 985 BGB (+)
Besitzrecht Sicherungsvertrag entfallen bei Verwertungsreife
vgl. in Einzelnen nächste Folien
• gesetzlicher Herausgabeanspruch, § 1007 I BGB
Bösgläubigkeit bei Besitzerwerb bzgl. Besitzrecht bei Besitzerwerb (§ 932 II BGB analog) (-)
318
Herausgabeansprüche Sicherungsnehmer bei Fälligkeit gesicherter Forderung 2
• gesetzlicher Herausgabeanspruch, § 1007 II 1 BGB
abhandengekommene Sache, d.h. unmittelbarem Besitzer ohne (nicht: gegen) seinen Willen entzogen (wie § 935 BGB) (-)
• Anspruch auf Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung
Besitzkondiktion, § 812 I 1 Fall 1, I 2 Fall 1 BGB
kein Rechtsgrund (-), da Sicherungsvertrag wirksam und nicht weggefallen
beachte auch: Rückübereignungskondiktion (Eigentumskondiktion), § 812 I 1 Fall 1, I 2 Fall 1 BGB
scheidet ebenfalls aus, da Rechtsgrund Sicherungsvertrag
319
Herausgabeansprüche Sicherungsnehmer bei Fälligkeit gesicherter Forderung 3
• Schadensersatzanspruch (Naturalrestitution = Herausgabe; beachte auch Rückübereignung), § 823 I BGB
Problem: Besitz als sonstiges Recht (h.L.: (+))
Problem: Schadensumfang
• Schadensersatzanspruch aus § 823 II 1 i.V.m. § 858 I BGB (verbotene Eigenmacht)
Problem: § 858 I BGB als Schutzgesetz (h.L.: (+))
verbotene Eigenmacht (-)
320
Exkurs: Herausgabeanspruch, § 985 BGB 1
• Entstehung
Anwendbarkeit (§§ 861, 862, 1007 I, II 1 BGB; Aussonderung, § 47 InsO)
(bewegliche oder unbewegliche) Sache, § 90 BGB
Eigentum des Anspruchstellers
ursprünglich
rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb
h.M.: § 985 analog bei Anwartschaftsrecht
(unmittelbarer oder mittelbarer) Besitz des Anspruchsgegners
321
Exkurs: Herausgabeanspruch, § 985 BGB 2
rechtshindernde Einwendungen: Besitzrecht, § 986 BGB
Problem – Rechtsnatur
– Rspr., h.L.: entgegen Wortlaut („kann verweigern“) von Amts wegen zu berücksichtigende Einwendung (teleologische Umformung); arg.: §§ 1004 II und 1007 III BGB
– a.A.: Einrede; arg.: Wortlaut § 986 BGB
eigenes Besitzrecht, § 986 I 1 Fall 1 BGB
abgeleitetes Besitzrecht (Besitzrechtskette), § 986 I 1 Fall 2 BGB
– doppelte Besitzrechtsbrücke
– wirksames Besitzmittlungsverhältnis zwischen Eigentümer und mittelbarem Besitzer, § 868 BGB sowie
322
Exkurs: Herausgabeanspruch, § 985 BGB 3
– Überlassungsbefugnis durch mittelbaren an unmittelbaren Besitzer (§ 986 I 2 BGB)
» also bei befugter Besitzüberlassung durch mittelbaren an unmittelbaren Besitzer: Besitzrecht des mittelbaren Besitzers
obligatorisches „Besitzrecht“ gegenüber dem Voreigentümer,§ 986 II BGB
– bei Übereignung nach § 931 BGB Einwendungen des unmittelbaren Besitzers gegen abgetretenen Herausgabeanspruch
• Erlöschen: rechtsvernichtende Einwendungen
323
Exkurs: Herausgabeanspruch, § 985 BGB 4
• Durchsetzbarkeit - rechtshemmende Einwendungen
z.B. Verjährung
bei beweglichen Sachen: Verjährung nach 30 Jahren, §§ 214 I, 197 I Nr. 1 BGB
bei unbeweglichen Sachen: Ansprüche aus eingetragenen Rechten unterliegen nicht der Verjährung, § 902 BGB
• Rechtsfolgen
ggü. unmittelbarem Besitzer: Herausgabe des unmittelbaren Besitzes an Eigentümer
ggü. mittelbarem Besitzer:
grds. Herausgabe des unmittelbaren Besitzes an Eigentümer (Medicus/Petersen BR Rn. 448)
oder wahlweise (Palandt/Bassenge § 985 Rn. 9; Wahl des Gläubigers)
Abtretung des Herausgabeanspruchs an Eigentümer gegen den unmittelbaren Besitzer, §§ 870, 398 S. 1 BGB
324
Exkurs: Herausgabeanspruch, § 985 BGB 5
ausnahmsweise bei unbefugter Besitzüberlassung durch mittelbaren an unmittelbaren Besitzer
– Herausgabe an den mittelbaren Besitzer gemäß § 986 I 2 Fall 1 BGB oder
– Herausgabe an Eigentümer gemäß § 986 I 2 Fall 2 BGB
» wenn mittelbarer Besitzer Besitz nicht übernehmen kann oder will
325
Herausgabeanspruch des Sicherungseigentümers, § 985 BGB bei Sicherungsübereignung 1 (Einwendungsaufbau)
• Anwendbarkeit
beachte: daneben rechtsgeschäftlicher Herausgabeanspruch des Sicherungsnehmers aus Sicherungsvertrag bei Verwertungsreife = Fälligkeit der gesicherten Forderung nach § 1228 II 1 BGB analog (= rechtshindernde Einwendung)
• Entstehung
Eigentum des Sicherungsnehmers
Erwerb
– keine rechtshindernden Einwendungen gegenüber Eigentumserwerb: Sittenwidrigkeit, § 138 I/§ 307 I 1 BGB, Anfechtung, § 142 I BGB
kein Verlust
Besitz des Sicherungsgebers
326
Herausgabeanspruch des Sicherungseigentümers, § 985 BGB bei Sicherungsübereignung 2
rechtshindernde Einwendungen: Besitzrecht, § 986 BGB
eigenes Besitzrecht, § 986 I 1 Fall 1 BGB: Sicherungsvertrag (oder anderes Besitzmittlungsverhältnis)
– Entstehung
– Erlöschen
» Erlöschen Besitzrecht mit Verwertungsreife = Fälligkeit gesicherte Forderung, § 1228 II 1 BGB analog/§ 271 BGB (Palandt/Bassenge § 930 Rn. 30; H.-J. Weber, KrS, § 8 V 1)
» Exkurs: bei Verwertung Sicherungseigentum ohne Verwertungsreife Schadensersatzanspruch Sicherungsgeber, §§ 280 I, 281 BGB (H.-J. Weber, KrS, § 8 V 1)
– Durchsetzbarkeit
327
Herausgabeanspruch des Sicherungseigentümers, § 985 BGB bei Sicherungsübereignung 3
• rechtshemmende Einwendungen
Arglisteinrede ggü. Herausgabeansprüchen, § 242 BGB („dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“) bei Gegenanspruch (Pflicht zur alsbaldigen Rückgewähr) (Palandt/Grüneberg § 242 Rn. 52)
Rückübertragungsanspruch des Sicherungsgebers bzgl. Sicherungseigentum, ausdrücklich bzw. konkludent aus Sicherungsvertrag (ggfs. ergänzende Vertragsauslegung, §§ 133, 157, 242 BGB)
Anspruch steht unter der „aufschiebenden Bedingung, § 158 I BGB“ des endgültigen Wegfalls des Sicherungsfalls
– u.a. auch bei endgültiger Undurchsetzbarkeit der zugrunde liegenden, gesicherten Forderung
» beachte: Undurchsetzbarkeit nicht bei Verjährung gesicherter Forderung, § 216 II 1 BGB
Rückübertragungsanspruch kommt also nicht zur Anwendung, wenn Verwertungsreife besteht, da dann Sicherungsfall eingetreten ist
328
Erweiterte und verlängerte Sicherungsübereignung
erweiterte Sicherungsübereignung
verlängerte Sicherungsübereignung
gesicherte Forderung
Sicherungsgegenstand
329
K
V
Bank (z.B.)
Gelddarlehen, § 488
Sicherungsvertrag, § 311 I
§§ 929, 930 (ggfs. § 158 II)
§ 929§ 433
Erweiterte Sicherungsübereignung (bzgl. gesicherter Forderung)
§ 433 / § 488 (weitere gesicherte Forderung)
• Definition: eine erweiterte Sicherungsübereignung ist eine, die sich auf mehrere gesicherte Forderungen bezieht (Sicherungsvertrag!)• beachte Anwartschaftsrecht des Sicherungsübereignenden bei auflösend bedingter Sicherungsübereignung, § 158 II BGB
in Praxis in der Regel nicht der Fall
(AnwR, §§ 929, 930 analog ↔ Vollrecht)
330
Verlängerte Sicherungsübereignung (bzgl. Sicherungsgegenstand) 1
• Definition: eine verlängerte Sicherungsübereignung ist eine, die
sich auch auf Forderungen aus Veräußerung Sicherungsgut bezieht
und/oder
Vorsorge hinsichtlich Verarbeitung Sicherungsgut trifft
• Gründe für Verlängerungen
Sicherungseigentum kann erlöschen durch
Weiterveräußerung Sicherungsgegenstand durch den Sicherungsgeber (d.h. Verkauf und Übereignung), §§ 929, 932 BGB
Verarbeitung, § 950 I 1 BGB
– Rechte (auch Anwartschaftsrechte) am Stoff erlöschen kraft Gesetzes, § 950 II BGB
• Bausteine einer verlängerten Sicherungsübereignung (Schutz gegen Weiterveräußerung Sicherungsgegenstand)
Sicherungsübereignung des ursprünglichen Sicherungsgegenstands
331
Verlängerte Sicherungsübereignung (bzgl. Sicherungsgegenstand) 2
Veräußerungsermächtigung Sicherungsgeber, § 185 I BGB
Sicherungsgegenstand darf vom Sicherungsgeber veräußert werden
Erwerber erwirbt nach § 929 S. 1 BGB Eigentum vom Nichteigentümer aber Verfügungsbefugten
Abtretung künftiger Forderungen aus Weiterveräußerung an Sicherungsnehmer (z.B. Kaufpreisanspruch, § 433 I Fall 1 BGB), § 398 S. 1 BGB
beachte: mit Erfüllung Forderung, § 362 I BGB, d.h. Zahlung Erwer-ber an Sicherungsgeber erlischt Schutz; keine Sicherheit am gezahlten Geld (nicht etwa dingliche Surrogation aufgrund Gewohnheitsrechts)
– allerdings Pfandrecht an Kontoguthaben möglich
aber: § 816 II BGB (wirksame Leistungsannahme durch einen Nichtberechtigten; Sicherungsnehmer kann empfangenes Geld vom Sicherungsgeber nach § 816 II BGB herausverlangen)
332
Verlängerte Sicherungsübereignung (bzgl. Sicherungsgegenstand) 3
Einziehungsermächtigung Sicherungsgeber
Recht eines Dritten, Forderung im eigenen Namen (obwohl keine Abtretung, § 398 BGB) gegen Schuldner geltend zu machen
Rechtsgrundlage: § 185 I BGB analog
– außerdem wird teilweise § 362 II BGB analog herangezogen (regelt sogenannte „Empfangsermächtigung“; Schuldner kann auch an Nichtgläubiger leisten, wenn dieser ermächtigt wurde)
– gesetzesimmanente Rechtsfortbildung
Ermächtigender (= Abtretungsempfänger) und Ermächtigungsempfänger (= Abtretender) können Forderung wie Gläubiger geltend machen
– Einziehungsermächtigung problematisch, weil es grundsätzlich - anders als bei Abtretung – zur „Verdoppelung Gläubigerstellung“ kommt!
333
Verlängerte Sicherungsübereignung (bzgl. Sicherungsgegenstand) 4
» Einziehungsermächtigung führt nämlich nicht nur dazu, dass der Schuldner mit befreiender Wirkung an den Ermächtigten leisten darf, sondern auf entsprechende Aufforderung auch leisten muss, ohne jedoch von seiner Verpflichtung gegenüber seinem eigentlichen Gläubiger befreit zu sein
» bei Einziehungsermächtigung i.V.m. verlängertem EV dagegen in Praxis unproblematisch, da Ermächtigung widerrufen wird, wenn Erstverkäufer um Forderung fürchten muss und deshalb selbst einziehen will
» vgl. Medicus/Lorenz SR I Rn. 769; SR II Rn. 123
– Schuldner geschützt durch § 407 I BGB (da Abtretung)
» solange er von Abtretung nichts weiß, kann(Wahlrecht) er nach § 362 I BGB dennoch Erfüllung gegenüber Altgläubiger (= Abtretender) herbeiführen
334
Verlängerte Sicherungsübereignung (bzgl. Sicherungsgegenstand) 5
Bausteine einer verlängerten Sicherungsübereignung (Schutz gegen Verarbeitung)
Sicherungsübereignung des ursprünglichen Sicherungsgegenstands
Einverständnis mit Verarbeitung und Verarbeitungsklausel, § 950 I 1 BGB („Hersteller“)
– Bank erwirbt Eigentum an der verarbeiteten beweglichen Sache vom Lieferanten
335
Verlängerte Sicherungsübereignung (bzgl. Sicherungsgegenstand) 6
– Problem: Abbedingbarkeit des § 950 I 1 BGB durch Verarbeitungsklausel
» Grundsatz: Rechtsfolge des § 950 I 1 BGB (+)
» MM: § 950 BGB ist zugunsten Bank/Lieferanten abdingbar; dispositiver Charakter des § 950 BGB
arg.: beschränkter Wertungsgehalt § 950 BGB, der nur Interessenkonflikt zwischen Stoffeigentümer und Verarbeiter lösen will; kein Interessenkonflikt zw. Lieferant und Unternehmer bei Parteiabrede; § 950 I 1 BGB unanwendbar
Gegenargument: systematische Stellung § 950 BGB im Rahmen der zwingenden Vorschriften §§ 946 ff. BGB
336
Verlängerte Sicherungsübereignung (bzgl. Sicherungsgegenstand) 7
» h.L. (Neuner, Examinatorium Sachenrecht, Rn. 313): absolut zwingender Charakter des § 950 BGB; zunächst Eigentumserwerb Hersteller durch Verarbeitung nach § 950 I 1 BGB; Verarbeitungsklausel wird als antizipierte Sicherungsübereignung nach §§ 929 S. 1, 930 BGB vom Hersteller an Bank/Lieferanten ausgelegt; somit nach gesetzlichen Erwerb durch tatsächlichen Hersteller gem. § 950 BGB anschließend rechtsgeschäftlicher Erwerb durch Bank/Lieferanten gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB
ggfs. Übereignung durch Darlehenszahlung auflösend bedingt (allerdings in Praxis seltene Lösung)
arg.: keine Fremdwirkung der Verarbeitung möglich
337
Verlängerte Sicherungsübereignung (bzgl. Sicherungsgegenstand) 8
Gegenargument: Durchgangserwerb des Herstellers =
tatsächlich Verarbeitenden; somit u.a. Insolvenzrisiko;
außerdem in Verträgen so nicht geregelt und
Auslegung damit schwer zu begründen
» Rspr.: beschränkt „dispositiver“ Charakter des § 950 BGB; § 950 BGB ist zwar nicht abdingbar, aber Bank/Lieferant ist „Hersteller“ i.S. vom § 950 BGB (methodisch: teleologische Umformung)
arg.: Rechtsfolge originären Eigentumserwerbs ist zwingend; vertragliche Bestimmung des Herstellers ist aber möglich; kein Durchgangserwerb des Verarbeitenden; somit kein Insolvenzrisiko hinsichtlich des Verarbeitenden wie bei Lösung nach h.L.; allerdings inkonsequente Auffassung (zwingendes Recht ./. Herstellervereinbarung)
338
K
Gelddarlehen, § 488 I
Verlängerte Sicherungsübereignung (bzgl. Sicherungsgegenstand) 9
§§ 929, 930 (§ 158 II)
Sicherungsvertrag Übereignung, § 311 I
Einziehungsermächtigung, §§ 185 I, 362 II analog
Veräußerungsermächtigung, § 185 I
Verarbeitungsklausel (§ 950 I 1)
X
Kaufvertrag, § 433 (ggfs. § 449 I, II)
§ 929 (ggfs. §§ 158 I, 449 I)
Voraus-(sicherungs-)abtretung, § 398
Bank (z.B.)
§ 433 § 929
V1. 2.
3.
Sicherungsvertrag Sicherungsabtretung, § 311 I
(AnwR, §§ 929, 930 analog ↔ Vollrecht)
339
Knebelung,§ 138 I BGB/
§ 307 I 1 BGB
Unwirksamkeitsgründe bei Sicherungsübertragung 1
Gläubiger-gefähr-dung,
§ 138 I BGB/§ 307 I 1 BGB
anfängliche Übersi-
cherung, § 138 I BGB/§ 307 I 1 BGB
340
Unwirksamkeitsgründe bei Sicherungsübertragung 2
• Übersicherung = Missverhältnis zwischen realisierbarem Wert des Sicherungsgegenstands und der gesicherten Forderung
• vor allem bei nicht (entstehungs- bzw. umfangs-)akzessorischendinglichen Sicherheiten
Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung (beachte auch verlängerter Eigentumsvorbehalt), sonstige Sicherungsübertragung
Sicherungsgrundschuld
• allerdings Gesamtwert aller Sicherungsgegenstände (auch bei verschiedenartigen dinglichen Sicherungsrechten) für Übersicherung entscheidend, so dass Übersicherung auch für akzessorische Sicherungsrechte von Bedeutung (Prütting/Wegen/Weinreich/Nobbe5, vor §§ 1204 ff. Rn. 44, 55)
341
Unwirksamkeitsgründe bei Sicherungsübertragung 3
Übersicherung
nachträgliche Übersicherung
Nichtigkeit, § 138 I BGB (Individualvertrag)/§ 307 I 1 BGB (AGB)
anfängliche Übersicherung
Freigabeanspruch, Sicherungs-vertrag
342
Unwirksamkeitsgründe bei Sicherungsübertragung 4
• anfängliche Übersicherung: Sicherungsgeschäft ist bei AGB unwirksam,§ 307 I 1 BGB (vorrangig bei AGB!) bzw. bei Individualvertrag nichtig, § 138 I BGB
unangemessene Benachteiligung (§ 307 I 1 BGB) / objektive Sittenwidrigkeit (§ 138 I BGB)
Übersicherung: wenn es zur Zeit seines Abschlusses nach Inhalt, Zweck und Beweggrund mit den guten Sitten nicht vereinbar ist, weil auffälliges Missverhältnis zwischen Wert Sicherungsgegenständen und gesicherter Forderung besteht
– nicht bei Sicherungsübereignung einer einzelnen Sache, wenn SÜ Erwerbsforderung sichert (Prütting/Wegen/Weinreich/Nobbe5, vor §§ 1204 ff. Rn. 44)
– i.d.R. nicht bei Eigentumsvorbehalt, da einzelne Sache und kein Missverhältnis Wert Sicherungsgegenstand und gesicherte Forderung
– deshalb vor allem bei Globalsicherheiten
343
Unwirksamkeitsgründe bei Sicherungsübertragung 5
keine festen Deckungsgrenzen
Grenzbetrag, wenn der realisierbare Wert aller Sicherungsgegenstände mehr als 300% (d.h. x 3) des Nominalbetrages der gesicherten Forderung beträgt (Prütting/Wegen/Weinreich/Nobbe5, vor §§ 1204 ff. Rn. 44)
subjektive Sittenwidrigkeit (bei § 138 I BGB)
h.M. (subjektive Theorie): Beteiligte kennen zumindest alle sittenwidrigkeitsbegründenden Tatumstände oder haben sich deren Kenntnis bewusst verschlossen oder entzogen
MM (objektive Theorie): objektiver Sittenverstoß ausreichend, es sei denn dass im konkreten Einzelfall die Sittenwidrigkeit gerade (auch) auf der Verwirklichung eines subjektiven Tatbestandes beruht, z.B. auf der mit einem Rechtsgeschäft verfolgten sittenwidrigen Zielsetzung; bei SÜ nicht gegeben
Rechtsfolgen
Nichtigkeit/Unwirksamkeit des schuldrechtlichen Sicherungsvertrags (Neuner, Examinatorium Sachenrecht Rn. 468)
344
Unwirksamkeitsgründe bei Sicherungsübertragung 6
Nichtigkeit/Unwirksamkeit der dinglichen Sicherungsübereignung
– Doppelmangel der eigentlich abstrakten Übereignung und des Sicherungsvertrags (Beispiel für sogenannte Fehleridentität beim Abstraktionsprinzip; Neuner, Examinatorium Sachenrecht Rn. 31)
– SiG bleibt Eigentümer Sicherungsgut
– SiN hat keine Drittwiderspruchsklage, § 771 I ZPO und im Insolvenzfall kein Absonderungsrecht, § 51 Nr. 1 InsO; Gläubiger des SiG können also in Sicherungsgegenstand vollstrecken
• nachträgliche und nicht nur vorübergehende Übersicherung:
Rechtsentwicklung
BGHZ 109, 240; BGHZ 117, 374: Unwirksamkeit einer Globalsicherheit nach § 9 I AGBG (jetzt § 307 I 1 BGB) bei fehlendem Freigabeanspruch mit zahlenmäßig bestimmter Deckungsgrenze
BGHZ 137, 212 (Großer Senat für Zivilsachen): keine Unwirksamkeit einer Globalsicherheit, sondern ermessensunabhängiger Freigabeanspruch
345
Unwirksamkeitsgründe bei Sicherungsübertragung 7
Rechtsgrundlage
Regelung eines Freigabeanspruchs im Sicherungsvertrag oder
Freigabeanspruch aufgrund ergänzender Vertragsauslegung, §§ 133, 157, 242 BGB (Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen); Voraussetzungen für ergänzende Vertragsauslegung
– kein dispositives Recht vorhanden (+)
– Regelungslücke im Vertrag (+)
– hypothetischer Parteiwille: Freigabeanspruch jedenfalls aufgrund Treuhandnatur des Sicherungsvertrags
346
Unwirksamkeitsgründe bei Sicherungsübertragung 8
Übersicherung
durch Verminderung gesicherte Forderung oder Werterhöhung Sicherungsgegenstand
– beachte: Zusammenrechnung mehrererSicherungsgegenstände
– insbesondere bei revolvierenden Sicherheiten (d.h. wechselnder Bestand)
feste Deckungsgrenze/Freigabegrenze: Grenze von 110% (d.h. x 1,1) des Betrags des Sicherungsgegenstands
– Aufschlag von 10% berücksichtigt Verwertungskosten des Insolvenzverwalters bei Veräußerung von Gegenständen mit Absonderungsrecht (gemäß § 171 I 2 InsO: 4% Feststellungskosten, gemäß § 171 II 1 InsO: 5% Verwertungskosten)
347
Unwirksamkeitsgründe bei Sicherungsübertragung 9
allerdings auf realisierbaren Wert bezogen, d.h. realisierbarer, nicht abstrakter Marktpreis im Zeitpunkt der Beurteilung des Freigabeanspruchs
widerlegliche Vermutung, § 237 S. 1 BGB analog
– Analogie zur materiellrechtlichen Sicherheitsleistung nach § 237 S. 1 BGB (dort Risikoabschlag von 1/3)
– Waren: bei Sicherungsgeschäften Bewertungsabschlag von 50% auf (abstrakten) Marktpreis Sicherungsgut im Ztpkt. Beurteilung
– Forderungen: Bewertungsabschlag von 50% auf Nennwert Forderung
– Vermutung widerlegt durch Nachweis realisierbarenWerts
348
Unwirksamkeitsgründe bei Sicherungsübertragung 10
– damit Freigabegrenze in der Regel bei 150% (d.h. x 1,5)
» BGH NJW 1998, 677: „Die Deckungsgrenze von 110% wird sich also praktisch im allgemeinen nur auswirken, wenn ein ins Gewicht fallendes Verwertungsrisiko nicht besteht.“
Rechtsfolge:
Freigabeanspruch
– Auswahl (Ermessen!), welcher von mehreren Sicherungsgegenständen freigegeben wird, trifft nach § 262 BGB und Rechtsgedanken des § 1230 S. 1 BGB Sicherungsnehmer (Prütting/Wegen/Weinreich/Nobbe5, vor §§ 1204 ff. Rn. 56)
bei unteilbaren Einzelgegenständen ggfs. Austauschanspruch des Sicherungsgebers nach § 242 BGB (Palandt/Bassenge § 930 Rn. 25)
bei nachträglicher Übersicherung und Geltendmachung Kreditsicherheit trotz Übersicherung Arglisteinrede, § 242 BGB („dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“) des Sicherungsschuldners
349
Unwirksamkeitsgründe bei Sicherungsübertragung 11
• Knebelung, § 138 I BGB / § 307 I 1 BGB
objektive Sittenwidrigkeit: grob rücksichtlose Beschränkung der Bewegungsfreiheit des Sicherungsgebers aus eigensüchtigen Gründen
Beispiel: Sicherungsvertrag bei umfassenden Eingriffs- und Kontrollrechten des anderen Teils oder eines Dritten (Palandt/Ellenberger § 138 Rn. 39)
subjektive Sittenwidrigkeit: Schädigungsabsicht nicht erforderlich
• Gläubigergefährdung, § 138 I BGB / § 307 I 1 BGB
objektive Sittenwidrigkeit: grob rücksichtslose Beschränkung der Befriedigungsmöglichkeit sonstiger Gläubiger (nicht Sicherungsnehmer) aus eigensüchtigen Gründen
Beispiel: Finanzierungsvertrag, durch den die Bank die gesamten Einnahmen des Schuldners an sich zieht und diesem keine Möglichkeit zur Befriedigung seiner anderen Gläubiger verbleibt (Palandt/Ellenberger § 138 Rn. 89)
subjektive Sittenwidrigkeit: vorsätzliche oder fahrlässige Gläubigergefährdung
350
Rechtspolitische Kritik an der Sicherungsübereignung
• Bedenken 1: Sicherungsübereignung im Gesetz nicht vorgesehen; verbotene Rechtsfortbildung
• Bedenken 2: Dingliche Sicherungsrechte müssen die Form begrenzter Rechte und nicht von Eigentumsrechten annehmen
• Bedenken 3: Sicherungsübereignung stellt für Dritte nicht transparente (versteckte) Sicherheit dar
351
Wirtschaftliche Bedeutung des Eigentumsvorbehalts
• wichtiges Kreditsicherungsmittel der Warenkreditgeber
352
Gesetzesaufbau (einfacher) Eigentumsvorbehalt
Ersterwerb929 S. 1,
158 I, 449 I, 932,
935 (analog)
985Zweiterwerb
929-935 (analog)
145 ff. usw.
Ersterwerb Zweiterwerb RechteUmfang
• einfacher EV• erweiter-ter EV• verlän-gerter EV• Klausel-kombination
353
V
K
Kaufvertrag, § 433; § 449 I, II
Einfacher Eigentumsvorbehalt
§§ 929, 158 I, 449 I
Fälligkeit, § 271 II/anfängl. Stundung Kaufpreiszahlung, § 311 I
kein Sicherungsvertrag, § 311 I
• Definition: beim (einfachen) Eigentumsvorbehalt ist Übereignung Kaufsache aufschiebend bedingt (§ 158 I BGB) durch vollständige Kaufpreiszahlung
Auslegungsregel: Bedingung ist Kaufpreiszahlung, § 449 I BGB• nur bei beweglichen Sachen
vgl. § 925 II BGB
AnwR, § 929 analog ↔ Vollrecht
354
Schuldrechtliche Seite des Eigentumsvorbehalts
• Kaufvertrag
Fälligkeitsbestimmung (§ 271 II BGB) oder anfängliche Stundung des Kaufpreises, § 311 I BGB
in Abweichung von § 433 I 1 BGB (dispositiv) keine Pflicht zur unbedingten Übereignung
355
Besitzrechtliche Seite des Eigentumsvorbehalts
• Verkäufer wird mittelbarer Eigenbesitzer der gekauften Sache
• Käufer ist unmittelbarer Fremdbesitzer
• Besitzkonstitut (§ 868 BGB) ist der Kaufvertrag
Herausgabenanspruch, § 346 I BGB (Rücktrittsrecht § 323 I BGB wenn Kaufpreisraten nicht erbracht)
Nicht § 985 BGB!
356
Herausgabeanspruch des Vorbehaltsverkäufers, § 985 BGB bei Eigentumsvorbehalt (Einwendungsaufbau) 1
• Entstehung
Eigentum des Vorbehaltsverkäufers
Erwerb, § 929 S. 1 BGB
kein Verlust (Bedingung Kaufpreiszahlung nicht eingetreten)
Besitz des Vorbehaltskäufers (i.d.R. § 854 I BGB)
rechtshindernde Einwendungen: Besitzrecht, § 986 BGB
eigenes Besitzrecht, § 986 I 1 Fall 1 BGB: Kaufvertrag
– Erlöschen Besitzrecht des Vorbehaltskäufers insb. mit berechtigtem Rücktritt des Verkäufers vom Kaufvertrag (Palandt/Weidenkaff § 455 Rn. 27; H.-J. Weber, KrS, § 9 IV 2)
357
Herausgabeanspruch des Vorbehaltsverkäufers, § 985 BGB bei Eigentumsvorbehalt (Einwendungsaufbau) 2
» nicht ausreichend bloßer Zahlungsverzug
» anders bei Sicherungsübereignung: mit Verwertungsreife = Fälligkeit gesicherte Forderung, § 1228 II 1 BGB analog (Palandt/Bassenge § 930 Rn. 30; H.-J. Weber, KrS, § 8 V 1)
Notwendigkeit Rücktritt, § 449 II BGB
Rechtsnatur: Anspruchsvoraussetzung, nicht rechtshindernde Einwendung
Rücktrittsgründe z.B. § 323 I (Zahlungsverzug) / § 324 BGB (sonstige Pflichtverletzung)
somit Prüfung § 449 II BGB im Rahmen von § 985 BGB
358
Wirksame Einbeziehung des EV in AGB - 1
• oft EV in AGB
• allgemeine Prüfung der §§ 305-310 BGB (früher AGBG)
Anwendungsbereich
Einbeziehung
Inhaltskontrolle: EV in der Regel unbedenklich
• einseitiger (vertragswidriger) EV bei Lieferung, oft auf Lieferschein
muss rechtzeitig (nicht erst nach Übergabe) zur Kenntnis des Erwerbers oder eines Vertreters (§ 164 I BGB) gelangen (= konkludente Einigung)
bei Vermerk auf Lieferschein problematisch: Lagerpersonal hat oft keine Empfangsvollmacht; dann unbedingte Übereignung
wichtig: Abwehrklausel in Einkaufsbedingungen des Käufers steht einer wirksamen Bedingung nicht entgegen
Palandt/Weidenkaff § 455 Rn. 11, 20
359
Wirksame Einbeziehung des EV in AGB - 2
• nachträgliche Vereinbarung eines EV (nach unbedingter Übereignung)
auflösend bedingte Rückübereignung des Eigentums; Eigentum sozusagen „um das Anwartwartschaftsrecht verkürzt“ (Palandt/Weidenkaff § 455 Rn. 21; Palandt/Bassenge § 929 Rn. 29)
V K
Kaufvertrag, § 433; § 449 I, II
nachträgl. Stundung Kaufpreiszahlung, § 311 I
§§ 929, 158 II, 449 I
§ 929
1
2
AnwR, § 929 analog ↔ Vollrecht
360
Übertragender ist/scheint Eigentümer:
direkte Begründung des Anwartschaftsrechts =
•Einigung über Eigentumsübergang (145 ff.) + aufsch. Bed. (158 I) / Einigung Übertragung AnwR
•Berechtigung: Eigentum bzw. guter Glaube an das Eigentum
Übertragender ist/scheint Anwartschaftsberechtigter:
(gescheiterter) Erwerb des Vollrechts Eigentum =
•nur Einigung über Eigentumsübergang (145 ff.) (und damit konkludent über Übergang AnwR)
•Berechtigung: AnwR bzw. guter Glaube an AnwR
Erwerbsarten
Arten Ersterwerb Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers (einfacher Eigentums-vorbehalt), §§ 929 S. 1, 158 I BGB (Verfügungsaufbau)
361
Ersterwerb Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers (einfacher Eigentumsvorbehalt) vom Berechtigten, §§ 929 S. 1, 158 I BGB – 1 (Verfügungsaufbau bei direktem Anwartschaftsrechtserwerb)
• Verfügungsgegenstand: bewegliche Sache
• Einigung über Eigentumsübergang (145 ff.) + aufsch. Bed. (158 I) / Einigung Übertragung Anwartschaftsrecht Vorbehaltskäufer, §§ 145 ff. BGB; bei letzterem Fall:
Parteien
Verfügungsgegenstand: bewegliche Sache
Übertragung Anwartschaftsrecht Vorbehaltskäufer
nicht: gesicherte Forderung
nicht: Akzessorietät
Rechtsbindungswille
• Übergabe
• Einigsein
• Berechtigung
Anwartschaftsrecht = Ersterwerb Anwartschaftsrecht
362
Ersterwerb Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers (einfacher Eigentumsvorbehalt) vom Berechtigten, §§ 929 S. 1, 158 I BGB – 2 (Verfügungsaufbau bei direktem Anwartschaftsrechtserwerb)
Einigung Übergang Eigentum Vorbehaltssache, § 929 S. 1 BGB
rechtshindernde Einwendung: aufschiebende Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung, §§ 158 I, 449 I BGB
– Prüfungsaufbau: aufschiebende Bedingung meist im Rahmen des Prüfungspunkts „Einigung“ geprüft
Übergabe
Berechtigung
– Eigentum Vorbehaltsverkäufer
– Verfügungsbefugnis Vorbehaltskäufer
Möglichkeit des Bedingungseintritts = bei 449 I BGB: wirksamer Kaufvertrag, der nicht erloschen ist
– Kaufvertrag
– keine rechtshindernden Einwendungen
– keine rechtsvernichtenden Einwendungen
kein Verlust Anwartschaftsrecht: kein Erstarken zum Vollrecht
Verfügungsbefugnis
363
Ersterwerb Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers (einfacher Eigentumsvorbehalt) vom Berechtigten, §§ 929 S. 1, 158 I BGB – 1 (Verfügungsaufbau bei gescheitertem Vollrechtserwerb)
• Verfügungsgegenstand: bewegliche Sache
• Einigung über Vollrechtsübertragung, §§ 145 ff. BGB
Parteien
Verfügungsgegenstand: bewegliche Sache
Vollrechts- (= Eigentums-)übertragung
Einigung über Bestellung Anwartschaftsrecht als „wesensgleiches Minus“ konkludent in Einigung Vollrechtserwerb enthalten
konstruktiv: Auslegung / Umdeutung, § 140 BGB analog
nicht: gesicherte Forderung
nicht: Akzessorietät
Rechtsbindungswille
• Übergabe
beachte: anders als bei („normaler“) Übereignung ist nicht vollständiger Besitzverlust Veräußerer erforderlich (Vorbehaltsverkäufer bleibt mittelbarer Besitzer, § 868 BGB)
364
Ersterwerb Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers (einfacher Eigentumsvorbehalt) vom Berechtigten, §§ 929 S. 1, 158 I BGB – 2 (Verfügungsaufbau bei gescheitertem Vollrechtserwerb)
• Einigsein
• Berechtigung
Anwartschaftsrecht
… [vgl. oben „Berechtigung“ bei Verfügungsaufbau bei direktem Anwartschaftsrechtserwerb]
Möglichkeit des Bedingungseintritts
– bei § 449 I BGB (Palandt/Bassenge § 929 Rn. 38; Wolf/Wellenhofer § 14 Rn. 17)
» Kaufvertrag
» keine rechtshindernden Einwendungen
» keine rechtsvernichtenden Einwendungen
kein Verlust Anwartschaftsrecht: späteres Erstarken zum Vollrecht?
Verfügungsbefugnis
365
Erwerb Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers (einfacher Eigentumsvorbehalt) vom Berechtigten, §§ 929 S. 1, 158 I BGB – 3 (Verfügungsaufbau bei gescheitertem Vollrechtserwerb)
• nicht: Bestand der gesicherten Forderung
zwar ist Eigentumsvorbehalt nicht akzessorisch zur gesicherten Forderung
allerdings stellt aufschiebende Bedingung (s.o.) Form des Akzessorietätsersatzesdar
• rechtshindernde Einwendungen gegenüber Eigentumsvorbehaltsvereinbarung
• rechtshindernde Einwendungen gegenüber gesicherter Forderung
Prüfungsaufbau: im Rahmen der Prüfung „Bedingungseintritt“
• Rechtsfolgen
vor Bedingungseintritt:
Erwerb Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers, § 929 S. 1 BGB analog
Prüfung: subsidiär zum Vollrechtserwerb
mit Bedingungseintritt:
automatisch (gesetzlicher) Eigentumserwerb des Vorbehaltskäufers
366
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb Anwartschaftsrecht an beweglichen Sachen vom Berechtigten
929 S. 1 analog
Übereignungsfähige bewegliche Sache
Bei EV nicht: 930 analog
931 analog
Einigung über Erwerb Anwartschaftsrecht (bei direktem Erwerb) / Eigentumsübergang (bei gescheitertem Vollrechtserwerb)
Übergabe
Übergabe-ersatz:
bereits Besitzerlangt
undenkbar, da Verkäufer mbr.
Besitzer wird und nicht unm. Be-
sitzer bleibt (so aber 930)
Berechtigung = Verfügender ist Inhaber des AR + Verfügungsmacht
Einigsein bei Übergabe oder Übergabesurrogat, 929 S. 1 analog („einig sein“)Zeitpunkt: Vollendung des AR-Erwerbs = Übergabe oder Surrogat (↔KP-Zahlung)
Übergabeersatz: Abtretung des Herausgabe-anspruchs
aus dem BMV, 398, 870
kein Erstarken zum Vollrecht
Möglichkeit des Bedingungseintritts = bei 449 I: wirksamer Kaufvertrag, der nicht erlo-schen ist (d.h. keine rh. oder rv. Einw.) (Palandt § 929 Rn. 38; Wolf/Wellenhofer § 14 Rn. 17)
929 S. 2 analog
367
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb Anwartschaftsrecht an beweglichen Sachen vom Nichtberechtigten
wenn Eigentum (-) (Bsp: Nichtberechtigter V übereignet unter EV an K), ist unter “Berechtigung” zusätzlich zu prüfen
• analoge Anwendung Gutgläubigensvorschriften §§ 932 ff. auf AR
A.A.: §§ 929 ff. direkt
• Verkehrsgeschäft (teleologische Reduktion nicht erforderlich bei analoger Anwendung)
• Rechtsschein
Besitz, § 932 I 1, 2 analog oder
Abtretung des Herausgabeanspruchs, § 934 Fall 1 analog
Besitzverschaffung von Drittem, § 934 Fall 2 analog
• keine Bösgläubigkeit bzgl. Eigentum/AR, § 932 II analog
Zeitpunkt Erwerb des AR = Übergabe (oder Surrogat i.S.v. § 931)
• kein Abhandenkommen, § 935 I analog
unfreiwilliger Besitzverlust beim Berechtigten = Eigentümer
368
V K
Kaufvertrag, § 433; § 449 I, II
Erweiterter Eigentumsvorbehalt (bzgl. gesicherter Forderung)
§§ 929, 158 I, 449 I
Fälligkeit, 271 II /anfängliche Stundung, § 311 I
§ 433 / § 488 (weitere gesicherte Forderung)
• Definition: erweiterter Eigentumsvorbehalt ist einer, der sich nicht nur auf Kaufpreisforderung, sondern auf mehrere gesicherte Forderungenbezieht
Bedingungseintritt nur, wenn sämtliche Forderungen erfüllt worden sind
beachte: Vorbehalt für Verbindlichkeiten Dritter, insbesondere sogenannter Konzernvorbehalt gem. § 449 III BGB dinglich (d.h. Verfügungsgeschäft) nichtig (rechtshindernde Einwendung)
Definition des „verbundenen Unternehmens“ für das Aktienrecht in § 15 AktG
AnwR, § 929 analog ↔ Vollrecht
369
Verlängerter Eigentumsvorbehalt (bzgl. Sicherungsgegenstand) 1
• Definition: verlängerter Eigentumsvorbehalt ist einer, der sich auch
auf Forderungen aus Veräußerung Sicherungsgut bezieht
und/oder
Vorsorge hinsichtlich Verarbeitung Sicherungsgut trifft
370
Verlängerter Eigentumsvorbehalt (bzgl. Sicherungsgegenstand) 2
• Einwilligung gem. § 185 I BGB in Weiterveräußerung Sicherungsgegenstand (Veräußerungsermächtigung) verbunden mit
Vorausabtretungsklausel
Vorausabtretung der künftigen Kaufpreisforderung aus der Weiterveräußerung (§ 398 BGB analog)
– beachte: mit Zahlung Zweitkäufer an Erstkäufer erlischt Schutz des Vorbehaltskäufers; keine Sicherheit am gezahlten Geld (nicht etwa dingliche Surrogation aufgrund Gewohnheitsrechts)
– aber: § 816 II BGB Vorbehaltsverkäufer gegenüber Vorbehaltskäufer (wirksame Leistungsannahme durch einen Nichtberechtigten; Vorbehaltsverkäufer kann empfangenes Geld vom Vorbehaltskäufer nach § 816 II BGB herausverlangen)
Einziehungsermächtigung des Vorbehaltskäufers, §§ 362 II, 185 I BGB analog
371
• Einverständnis mit Verarbeitung und Verarbeitungsklausel (§ 950 I 1 BGB)
Stofflieferant wird Eigentümer der verarbeiteten beweglichen Sache
Problem: Abbedingbarkeit des § 950 I BGB durch Verarbeitungsklausel
– Rspr.: § 950 BGB ist zwar nicht abdingbar, aber der Stofflieferant ist „Hersteller“ i.S. vom § 950 BGB
– MM: § 950 BGB ist zugunsten des Stofflieferanten abdingbar
– h.L.: Verarbeitungsklausel wird als antizipierte Sicherungsübereignung nach §§ 929 S. 1, 930 BGB ausgelegt
» ggfs. Übereignung durch Kaufpreiszahlung auflösend bedingt (allerdings in Praxis seltene Lösung)
Verlängerter Eigentumsvorbehalt (bzgl. Sicherungsgegenstand) 3
372
V K
Kaufvertrag, § 433; § 449 I, II
Verlängerter Eigentumsvorbehalt(bzgl. Sicherungsgegenstand) 4
§§ 929, 158 I, 449 I
Fälligkeit, 271 II / anfängliche Stundung, § 311 I
kein Sicherungsvertrag EV, § 311 I
Einziehungsermächtigung, §§ 362 II, 185 I analog
Veräußerungsermächtigung, § 185 I
Verarbeitungsklausel (§ 950 I 1)
X
Kaufvertrag, § 433 (ggfs. § 449 I, II)
§ 929 (ggfs. §§ 158 I, 449 I)
Voraus-(sicherungs-)abtretung, § 398
Sicherungsvertrag Sicherungsabtretung, § 311 I
AnwR, § 929 analog ↔ Vollrecht
(ggfs. AnwR, § 929 analog ↔ Vollrecht)
373
Verlängerter Eigentumsvorbehalt(bzgl. Sicherungsgegenstand) 5
Sonderproblem: Verarbeitung von einem oder mehreren Stoffen, die unter verlängertem Eigentumsvorbehalt veräußert wurden (Verarbeitungsklausel; somit Kollision Anwartschaftsrecht Vorbehaltskäufer mit Verarbeitung Lieferanten)
– durch Kaufpreiszahlung aufschiebend bedingtes Eigentum des Verarbeiters (§ 158 I BGB; Anwartschaftsrecht Vorbehaltskäufer)
– Lieferant(en)/Vorbehaltseigentümer erwirbt/erwerben Allein- oder Miteigentum nach § 950 I 1 BGB (einzelner Lieferant) oder §§ 947, 948 BGB im Verhältnis Stofflieferungen (mehrere Lieferanten)
– aber durch Kaufpreiszahlung auflösend bedingtes Eigentum des Lieferanten (§ 158 II BGB analog; Analogie da keine Vereinbarung; Anwartschaftsrecht Vorbehaltskäufer)
– Palandt/Bassenge § 950 Rn. 9; andere Lösungen bei Prütting/Wegen/Weinreich/Prütting, § 950 Rn. 10; Staudinger/Wiegand, § 950 Rn. 46
374
Verlängerter Eigentumsvorbehalt(bzgl. Sicherungsgegenstand) 5
V = Lieferant= Vorbehaltseigentümer
= Hersteller i.S. § 950
K = Verarbeiter= Vorbehalts-käufer
§ 433; § 449 I, II
Eintritt Bedingung; damit Auflösung Eigentum V und Erwerb Eigentum K
§§ 950 I 1 (Verarbeitungsklausel); 158 II~/ §§ 947, 948; 158 II~
§ 929 (§§ 158 I, 449 I)
beachte: verkürzte Dar-stellung Rechtsverhältnisse
1
2
3
4
Anwartschaftsrecht K, § 929 analog ↔ Vollrecht
375
Grundpfandrechte
Hypothek, §§ 1113 ff. BGB
Grundpfandrechte
Grundschuld, §§ 1191 ff. BGB
Renten(grund-)schuld,§§ 1199 ff. BGB
• akzessorisch
• einmalige Geldzahlung
• nicht akzessorisch
• einmalige Geldleistung
• nicht akzessorisch
• mehrmalige Geldleistung
376
Wirtschaftliche Bedeutung der Hypothek
• Hypothek wurde in der Praxis – entgegen der Intention des Gesetzgebers – seit 1950 fast vollständig von der (Sicherungs-)Grund-schuld verdrängt
bei Heck, Grundriß des Sachenrechts, 1930 nur 3 Seiten für Grundschuld
• aufgrund Verweisung in § 1192 I BGB sind die gesetzlichen Vorschriften über die Hypothek aber auch in der Praxis noch wichtig für die Grundschuld
377
Gesetzesaufbau Hypothekenrecht
Ersterwerb1113-1117
Haftungs-verband
1118-1130
Einreden Ersterwerb1137, 1169
„Verwer-tungsR“
1147
Zweiterwerb 1153-1155
145 ff., 398 ff., 873, 892, 894 usw.
Mangel Ford Zweiterwerb1138 Fall 1
einredefreier Zweiterwerb
1157 S. 2, 1138 Fall 2
Einw./Einre-den, 1156 f., 1160 f., 1169
Löschungs-ansprüche
1179a, b
Sicherungs-hypothek
1184-1187
Höchstbetrags-hypothek 1190 (ist Sicherungs-
hypothek)
Gesamthyp.1132, 1172-
1175
Ersterwerb Zweiterwerb Sonderformen
Eigen-tümerHyp/
GS 1163, 1177
Briefvorlage 1160 f.
RechteUmfang
378
persön-licher Schuld-ner = meist Ei-gentümer
Gläubiger/Hy-pothekar -Bank (z.B.)
Gelddarlehen, § 488
Sicherungsvertrag, § 311 I
§§ 873, 1113
Hypothek
persönlicherSchuldner
Gläubiger/Hypo-thekar/Hypothe-ken“gläubiger“ -Bank (z.B.)
Hypotheken-„schuldner“/
meist Eigentümer
Sicherungs-vertrag, § 311 I
§§ 873, 1113
Gelddarlehen, § 488
z.B.Auftrag, § 662GeBes., § 675GoA, § 677
1.
2.
379
Rechte des Hypothekengläubigers
vertraglicher Anspruch (gesicherte Forderung):
Zahlungsanspruch gegen den Schuldner
aus der gesicherten („persönlichen“)
Forderung (z.B. § 488 I 2 Fall 2 )
kein gutgläubiger (Zweit-)Erwerb nach § 1138 Fall 1!
dingliches Recht: dingliches Verwertungsrecht
Hypothek, § 1147kein Zahlungsanspruch gegen den Eigentümer
aus der Hypothekaber Abwendung der ZV durch Zahlung (§ 1142)
Erkenntnisverfahren: Vollstreckungstitel in Form eines Urteils
Vollstreckungsunterwerfungserklärung (§ 794 I Nr. 5 ZPO)
Rechte
Durch-setzung
380
Akzessorietät der Hypothek 1
• Entstehungsakzessorietät: §§ 873, 1113 I, 1115 BGB
bewirkt bei künftiger oder (aufschiebend) bedingter Forderung Entstehung Eigentümergrundschuld, § 1113 II mit §§ 1163 I 1, 1177 I BGB
somit ist Entstehung der zu sichernden Forderung nicht etwa Voraussetzung, dass überhaupt Grundpfandrecht entsteht
in der Entstehung akzessorisch ist also nicht das Grundpfandrecht als solches, sondern nur die Fremdhypothekdes Gläubigers
381
Akzessorietät der Hypothek 2
bei künftiger oder (aufschiebend) bedingter Forderung entsteht zunächst Eigentümergrundschuld gemäß §§ 1113 II, 1163 I 1, 1177 I 1 BGB, die sich unter Beibehaltung ihres Ranges mit Entstehung Forderung in Fremdhypothek wandelt
Grund für Eigentümergrundschuld: Prinzip des gleitenden Rangs (§ 879 I, II BGB); Hypothek soll mit Rang der Eintragung entstehen
– beachte aber Löschungsanspruch § 1179a I 1 BGB
• Umfangsakzessorietät: §§ 1113 I, 1118, 1115 BGB
382
Akzessorietät der Hypothek 3
• Zuständigkeit bei Abtretung und Legalzession:
§ 1153 I BGB (= § 401 I BGB); Abtretung gesicherte Forderung, § 398 BGB mit Voraussetzungen §§ 1154, 1155 BGB
Ausnahmen § 1159 BGB und §§ 1138, 892, 1185 II BGB
• Durchsetzung (Einwendungen gegen gesicherte Forderung): §§ 1137, 768, 770 BGB
• Erlöschen: kein Erlöschen Grundpfandrecht; §§ 1163 I 2, 1177 I 1 BGB (Eigentümergrundschuld)
beachte aber Löschungsanspruch § 1179a I 1 BGB
383
Eigentümergrundschuld, § 1177 I und Eigentümerhypothek, § 1177 II - 1
• Rechtsnatur: selbständiges beschränktes dingliches Recht an eigener Sache (Baur/Stürner18, § 36 Rn. 124)
• Sinn und Zweck:
Rangwahrung: Grundstückseigentümer gegenüber nachrangigen Gläubigern schutzwürdig; Erhalt der Rangstelle zugunsten des Eigentümers (MüKo/Eickmann, § 1177 Rn. 2)
aber seit 1.1.1978 gesetzlicher Löschungsanspruch zugunsten nachrangiger Gläubiger, § 1179a I 1 (Prinzip der gleitenden Rangfolge)
Hintergrund: früher üblicherweise Eintragung von Löschungsvormerkungen (Sicherung eines Anspruchs auf Löschung [richtig: Aufhebung, § 875 I] eines vorrangigen Rechts (Baur/Stürner18, § 46 IV Rn. 34))
dadurch Unübersichtlichkeit des Grundbuchs
384
Eigentümergrundschuld, § 1177 I und Eigentümerhypothek, § 1177 II - 2
• Eigentümergrundschuld
§§ 1163 I 1 (Nichtentstehung Ford.), 2 (Erlöschen Ford.), 1177 I 1 BGB
§§ 1168 (Verzicht auf Hypothek), 1177 I 1 BGB
§ 1163 II (Nichtübergabe Hypothekenbrief bzw. kein Übergabeersatz): vor Briefübergabe/Übergabeersatz
Eigentümergrundschuld, § 1163 II, 1177 I 1 BGB (wenn keineForderung) oder
Eigentümerhypothek, §§ 1163 II, 1177 II BGB (wenn Forderung)
• Eigentümerhypothek
beachte Eigentümerhypothek nach §§ 1153 I (= §§ 412, 401 I), 1177 II (Übertragung Forderung auf Eigentümer) bzw. §§ 1143 I 1, 1177 II (gesetzlicher Forderungsübergang)
385
Eigentümergrundschuld, § 1177 I und Eigentümerhypothek, § 1177 II - 3
§ 1177 I 1 § 1177 II
• Hypothek vereinigt sich mit Eigentum
in einer Person• Eigentümer steht nicht
auch Forderung zu (z.B. noch keine
Auszahlung Darlehensforderung)
• Eigentümer erwirbtHypothek
• Eigentümer steht auch Forderung zu
(nicht bei Begründung Hypothek, allenfalls bei Erwerb Forderung
durch Eigentümer, z.B. Abtre-tung, Erbfolge, § 1143 I 1 BGB; Palandt/Bassenge § 1177 Rn. 4)
EGS EHyp
386
Hypothek
• unterscheide:
Briefhypothek, § 1116 I BGB
Übertragung außerhalb des Grundbuchs möglich, § 1154 I BGB
Buchhypothek, § 1116 II, III BGB
keine Übertragung außerhalb des Grundbuchs
Verkehrshypothek, § 1113 I BGB
Sicherungshypothek, § 1184-1187 BGB
387
Prüfungsprogramm Erwerb einer Hypothek / Grundschuld (Verfügungsaufbau)
Erwerbsfall
Ersterwerb Zweiterwerb
Briefhyp./GS Buchhyp./GSBriefhyp./GS Buchhyp./GS
NBBer. NBBer. NBBer. NBBer.
nur Hyp.:Doppel-mangel
nur Hyp.:Ford.
dingl.Recht
nur Hyp.:Doppel-mangel
nur Hyp.:Ford.
dingl.Recht
388
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 BGB – 1 (Verfügungsaufbau)
• Entstehungsvoraussetzungen
Einigung, §§ 873, 1113, 1115 BGB
Parteien
Verfügungsgegenstand: Grundstück
Begründung eines dinglichen Verwertungsrechts am Grundstück
zu sichernde Forderung (insbesondere Gläubiger, Geldbetrag, Zinssatz, Geldbetrag von Nebenleistungen)
– Bestimmbarkeit
– beachte Höchstbetragshypothek, § 1190 BGB (ist Sicherungshypothek, §§ 1184-1187 BGB)
Akzessorietät
Rechtsbindungswille
389
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 BGB - 2
rechtshindernde Einwendung: Formnichtigkeit, § 125 S. 1 BGB
grds. kein Formerfordernis
beachte in Praxis aber Vollstreckungsunterwerfungserklärungnach § 794 I Nr. 5 ZPO sowie § 873 II Fall 1 BGB
Eintragung (der Hypothek) im Grundbuch, §§ 873, 1115 BGB
Bezugnahme auf Eintragungsbewilligung (§ 874 BGB) durch § 1115 BGB beschränkt
Hypothek „nichtig“, wenn Angabe nach § 1115 BGB fehlt (Palandt/Bassenge § 1115 Rn. 1)
– als Rechtsfolge statt Nichtigkeit (= rechtshindernde Einwendung) besser keine hinreichende Eintragung annehmen
Einigsein, § 873 II BGB
bis Eintragung ist Einigung grds. widerruflich, soweit nicht einer der vier Fälle des § 873 II BGB vorliegt
390
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 BGB - 3
Berechtigung
Eigentum
Verfügungsmacht (beachte § 878 BGB)
Ausschluss des Hypothekenbriefs, § 1116 II BGB
Einigung über den Ausschluss der Erteilung des Hypothekenbriefs, § 1116 II 3 HS 1 BGB
Eintragung des Ausschlusses der Brieferteilung im Grundbuch, § 1116 II 3 HS 1 BGB
Einigsein / Fortbestand der Berechtigung
391
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 BGB - 4
Bestand (Entstehung) einer zu sichernden Forderung, § 1113 I BGB
künftige und aufschiebend bedingte Forderung, § 1113 II BGB
– vorläufige Eigentümergrundschuld gemäß §§ 1113 II, 1163 I 1, 1177 I 1 BGB (MüKo5/Eickmann, § 1113 Rn. 52)
• rechtshindernde Einwendungen gegen Hypothek
• rechtshindernde Einwendungen gegen gesicherte Forderung
Eigentümergrundschuld gemäß §§ 1113 II, 1163 I 1, 1177 I 1 BGB
392
Zitierweise beim rechtsgeschäftlichen Ersterwerb einer Buchhypothek vom Berechtigten
• Vorschlag: §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 II BGB
§ 873 BGB ist Grundtatbestand Entstehung Immobiliarrechte
Zitat kann auf § 873 I BGB (d.h. ohne HS 1 Fall 2) beschränkt werden
§ 1113 BGB bestimmt Inhalt Hypothek (Einigung)
§ 1115 BGB bestimmt Inhalt Eintragung
§ 1116 II BGB bestimmt Entstehungserfordernis Buchhypothek
keine ausdrückliche Vorschrift für Berechtigung (Eigentum/Verfügungsbefugnis)
393
Exkurs: Grundstücksrecht
Formelles Grundbuchordnung
(GBO)
= Verfahrensrecht
Grundbucheinsicht, § 12Antragsgrundsatz, § 13
Bewilligungsgrundsatz, § 19(bei Auflassung zusätzlich § 20)
Nachweis der Eintragungs-unterlagen, § 29
Voreintragung des Betroffenen, § 39
Materielles§§ 873 ff. BGB, ErbbauRG, WEG
Inhalt der GrundstücksrechteBegründung von und Verfügungen
über Grundstücksrechte
394
Grundbucheintragung auf Antrag 1
• beachte: Verfahren der sogenannten „freiwilligen“ Gerichtsbarkeit (FamFG* [früher FGG], GBO, die trotz des Wortes „Ordnung“ keine Rechtsverordnung, sondern ein einfaches Gesetz darstellt)
• formelle Voraussetzungen (Perspektive Grundbuchamt)
Zuständigkeit
sachliche Zuständigkeit: Amtsgericht, § 1 I 1 GBO
örtliche Zuständigkeit, § 1 I 2 GBO
gesetzliche Geschäftsverteilung: Grundbuchamt, §§ 1 FGG, 1 I 1 GBO
funktionelle Zuständigkeit (Richter-Rechtspfleger u.a.): Grundbuchbeamte (Rechtspfleger und Urkundsbeamter der Geschäftsstelle), § 3 Nr. 1 lit. h RPflG
* Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
395
Grundbucheintragung auf Antrag 2
Eintragungsantrag beim Grundbuchamt, § 13 I 1 GBO
typischerweise durch Notar
zur Eintragung erforderliche Erklärung
Grundsatz: Eintragungsbewilligung, § 19 GBO (formelles Konsensprinzip – allgemein: „Trennungsprinzip“ zwischen formellem und materiellem Grundstücksrecht)
– Bewilligungserklärung (Rechtsnatur: verfahrensrechtliche Erklärung)
– Form, §§ 29 I 1 GBO, 129 BGB
[hier nicht relevant: Einigung (Auflassung), §§ 20 GBO, 873 I HS 1 Fall 1 BGB (§ 29 I 1 GBO) (materielles Konsensprinzip)]
396
Grundbucheintragung auf Antrag 3
1. Grundsatz: Voreintragung des Betroffenen, § 39 I GBO
2. Ausnahme: § 39 II GBO (Briefgrundpfandrechte)
• materielle Voraussetzungen
Prüfung der materiellen Voraussetzungen (z.B. §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113 BGB)
397
Aufbau des Grundbuchs
• Bestandsverzeichnis
Bezeichnung der Grundstücke: Gemarkung, Katasterblatt, Parzellennummer
• Abteilung I
Eigentümer + Grund des Erwerbs
• Abteilung II
Belastungen und Beschränkungen (Ausnahmen s.u.)
Beispiele: Nießbrauch, Dienstbarkeit, Reallast; außerdem Widerspruch und Vormerkung (Ausnahmen s.u.), eintragungsfähige Verfügungsbeschränkungen (Palandt/Bassenge Überblick vor § 873 Rn. 8; grds. nur Eintragung, wenn durch Rechtsnorm vorgeschrieben oder zugelassen; aaO. Rn. 6)
• Abteilung III
Grundpfandrechte (Hypotheken, Grund- und Rentenschulden)
Widerspruch und Vormerkung betreffend Grundpfandrechte
398
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 BGB – 1 (Verfügungsaufbau)
• Fall 13: A, B und C sind Miteigentümer eines Grundstücks. A soll zugunsten des Bankhauses D, das ihm einen Kredit gewähren will, eine Hypothek bestellen. Ist das möglich?
399
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 BGB - 2
• rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 BGB
Belastungsgegenstand
Miteigentumsanteil
– mit Hypothek können Grundstücke (§ 1113 BGB), Miteigentumsanteile an Grundstücken (§§ 1114, 1008 ff. BGB) und grundstücksgleiche Rechte wie Erbbaurecht (§ 11 I ErbbauRG) belastet werden
– beachte auch Sondereigentum bei Wohnungseigentum, § 13 I WEG; Eintragung im Wohnungsgrundbuch, § 7 I 1 WEG
» unterscheide bei Wohnung Sondereigentum an Wohnung (§§ 1 II, 5 WEG), nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen („Teileigentum“, §§ 1 III, 5 WEG) und Miteigentum an Grundstück und Gemeinschaftsanlagen (§ 1 V WEG)
400
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 BGB - 3
• Fall 14: Wie wäre es im vorigen Fall, wenn A, B und C Erben ihres Vaters wären, dem das Grundstück gehörte?
401
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 BGB - 4
• rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 BGB
Belastungsgegenstand: Grundstück
Gesamthandsanteil
– Gesamthandsvermögen (Personengesellschaft, Gütergemeinschaft, Erbengemeinschaft) kann nur von allen Gesamthändern gemeinsam oder von den vertretungsberechtigten und verfügungsermächtigten (§ 185 I BGB) Gesamthändern belastet werden
– Anteil einzelner Gesamthänder an Grundstück, der belastet werden könnte, existiert nicht (§§ 719 I, 1419 I, 2033 II BGB)
unterscheide Gesamthypothek, § 1132 BGB
402
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 BGB - 5
• Fall 15: E möchte sich an dem Unternehmen des R mit einer stillen Einlage von 100.000 Euro beteiligen (stille Gesellschaft, §§ 230-237 HGB). Da er nicht über genügend Barmittel verfügt, möchte er bei dem Bankhaus B kurzfristig einen Kredit von 50.000 Euro aufnehmen. Das Bankhaus B gestattet ihm, für den Fall, dass die Verhandlungen mit R zum Erfolg führen sollten, das laufende Konto um 50.000 Euro zu überziehen. Es besteht allerdings darauf, dass an dem Grundstück des E eine Buchhypothek in Höhe von 50.000 Euro zuzüglich 12% Zinsen eingetragen wird. Nach Eintragung der Hypothek scheitern die Verhandlungen mit R, so dass der Überziehungskredit nicht in Anspruch genommen wird. Ist ein Grundpfandrecht entstanden? Wem steht es zu?
403
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 BGB - 6
• rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 BGB
Belastungsgegenstand: Grundstück, § 1113 I BGB
Einigung, §§ 873, 1113, 1115 BGB
Eintragung (der Hypothek) im Grundbuch, §§ 873, 1115 BGB
Einigsein
Berechtigung
Eigentum
Verfügungsmacht
404
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 BGB - 7
Ausschluss des Hypothekenbriefs, § 1116 II BGB
Einigung über den Ausschluss der Erteilung des Hypothekenbriefs, § 1116 II 3 HS 1 BGB
Eintragung des Ausschlusses Brieferteilung im Grundbuch, § 1116 II 3 HS 1 BGB
Einigsein / Fortbestand der Berechtigung
Bestand einer zu sichernden Forderung: Zins- und Rückzahlungsanspruch, § 488 I 2 Fall 2 BGB
Entstehung
– Darlehensvertrag (+)
» Giroguthaben auf Girokonten stellen unregelmäßige Verwahrung dar, §§ 700 I 1 Fall 1, 488-505 BGB
» hier aber Kredit (Überziehungsvereinbarung); deshalb § 488 BGB
– Auszahlung (Valutierung) Darlehen (-), d.h. kein Rückzahlungs- (und kein Zins-)anspruch
405
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 BGB - 8
» Exkurs: insolvenzrechtlich wird eine „Einrede mangelnder Valutierung“ angenommen, die durch Darlehensauszahlung wegfallen kann; fraglich ist, inwieweit dieser Wegfall bei Valutierung nach Insolvenzeröffnung eintritt (Reinhard Bork, Einführung in das Insolvenzrecht, 4. Aufl. 2005, Rn. 151)
– zwar kann Hypothek auch für künftige Forderung bestellt werden, § 1113 II BGB (dann vorläufige EGS gemäß §§ 1113 II, 1163 I 1, 1177 I 1 BGB); diese kommt hier aber endgültig nicht mehr zur Entstehung, da keine Auszahlung erfolgen wird
– Sicherung eines anderen Anspruchs (Bereicherungsanspruch o.ä.): nicht ersichtlich
Rechtsfolge
– bis zur Entstehung Forderung handelt es sich bei im Grundbuch eingetragener Hypothek um verdeckte Eigentümergrundschuld, die E zusteht (§§ 1163 I 1, 1177 I BGB)
406
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefhypothek vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 I, 1117 BGB – 1 (Verfügungsaufbau)
• Entstehungsvoraussetzungen
Einigung, §§ 873, 1113, 1115 BGB
Eintragung (der Hypothek) im Grundbuch, §§ 873, 1115 BGB
Einigsein, § 873 II BGB
bis Eintragung ist Einigung grds. widerruflich, soweit nicht einer der vier Fälle des § 873 II BGB vorliegt
Berechtigung
Eigentum
Verfügungsmacht (beachte § 878 BGB)
407
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefhypothek vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 I, 1117 BGB - 2
Übergabe des Hypothekenbriefs, §§ 1116 I, 1117 BGB (Erteilung durch Grundbuchamt)
§§ 1117 I 1 (929 S. 1) BGB
§§ 1117 I 2, 929 S. 2 BGB
§§ 1117 I 2, 930 BGB
§§ 1117 I 2, 931 BGB
Aushändigungsvereinbarung, § 1117 II BGB
– bereits Eintragung Hypothek: Rechtserwerb mit Vereinbarung („Briefübergabe ersetzt“)
– Vereinbarung, aber keine Eintragung Hypothek: Rechtserwerb mit Eintragung
408
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefhypothek vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 I, 1117 BGB - 3
Übergabevermutung: § 1117 III BGB
vor Briefübergabe (verdeckte) Eigentümergrundschuld, §§ 1163 II, 1177 I 1 BGB
– Forderung steht bei Begründung vor Valutierung nicht dem Eigentümer zu, so dass § 1177 II BGB nicht in Betracht kommt
Einigsein / Fortbestand der Berechtigung
Bestand (Entstehung) einer zu sichernden Forderung, § 1113 I BGB
• rechtshindernde Einwendungen gegen Hypothek
• rechtshindernde Einwendungen gegen gesicherte Forderung
Rechtsfolge: verdeckte Eigentümergrundschuld gemäß §§ 1113 II, 1163 I 1, 1177 I 1 BGB
409
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefhypothek vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 I, 1117 BGB - 4
• Fall 16: Wie hätte das Bankhaus B im Fall der stillen Einlage und Bestellung einer Briefhypothek sicherstellen können, dass es mit der Auszahlung der Darlehensvaluta die Hypothek erwarb?
410
rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 I, 1117 BGB
• Einigung, §§ 873, 1113, 1115 BGB
• Eintragung (der Hypothek) im Grundbuch, §§ 873, 1115 BGB
• Einigsein
• Berechtigung
• Übergabe des Hypothekenbriefs
§§ 1117 I, 929-931 BGB (-)
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefhypothek vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 I, 1117 BGB - 5
411
Vereinbarung nach § 1117 II BGB
Rechtserwerb erfolgt durch Gläubiger (vorbehaltlich Valutierung Forderung, d.h. Auszahlung Darlehensbetrag, s.u.)
– mit Vereinbarung, wenn Hypothek schon eingetragen
– sonst mit Eintragung
unerheblich, wann Brief hergestellt und wem er übergeben wird
Wortlaut § 1117 II BGB: „Übergabe des Briefes kann durch Vereinbarung ersetzt werden“
Bank somit sicher, Briefhypothek mit Eintragung zu erwerben
• Bestand (Entstehung) einer zu sichernden Forderung, § 1113 I BGB
Rückzahlungsanspruch, § 488 I 2 Fall 2 BGB
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefhypothek vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 I, 1117 BGB - 6
412
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefhypothek vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 I, 1117 BGB - 7
• Fall 17: Wie wäre es im Fall der stillen Einlage, wenn der Überziehungskredit in Anspruch genommen und für B eine Briefhypothek eingetragen worden wäre, der Brief sich aber noch bei E befände?
413
rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefhypothek, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 I, 1117 BGB
• Einigung, §§ 873, 1113, 1115 BGB
• Eintragung (der Hypothek) im Grundbuch, §§ 873, 1115 BGB
• Einigsein
• Berechtigung
• Übergabe des Hypothekenbriefs (§ 1117 BGB) (-)
solange Brief nicht nach § 1117 BGB übergeben ist, steht eingetragene Briefhypothek Grundstückseigentümer als (verdeckte) Eigentümergrundschuld zu, § 1163 II i.V.m. 1177 I 1 BGB (da Forde-rung bei Begründung vor Valutierung nicht dem Eigentümer zusteht)
Exkurs: Eigentümerhypothek, § 1163 II i.V.m. § 1177 II BGB wenn Forderung bei Begründung dem Eigentümer zusteht (dann nach Briefü und vor Valutierung Eigentümergrundschuld nach § 1163 I 1 i.V.m. § 1177 I 1 BGB; Palandt/Bassenge § 1163 Rn. 18)
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefhypothek vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 I, 1117 BGB - 8
414
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB – 1 (Verfügungsaufbau)
Mangel der Forderung
(-)(nicht § 1138
Fall 1 BGB)
Mangel des dinglichen Rechts
(+)§§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 892 I 1 HS 1
Fall 2 BGB
(Mangel Siche-rungsvertrag spielt keine Rolle, da anderes Rechtsverhält-nis; ansonsten § 812 I BGB)
415
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB – 2 (Verfügungsaufbau)
• Entstehungsvoraussetzungen
Einigung, §§ 873, 1113, 1115 BGB
Eintragung (der Hypothek) im Grundbuch, §§ 873, 1115 BGB
Einigsein, § 873 II BGB
bis Eintragung ist Einigung grds. widerruflich, soweit nicht einer der vier Fälle des § 873 II BGB vorliegt
416
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 3
Berechtigung
Eigentum (-)
Verfügungsbefugnis eines Nichtberechtigten, § 185 BGB oder
gutgläubiger Erwerb der Hypothek, § 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB
– Anwendbarkeit: § 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB überwindet nur den Mangel des Eigentums
– rechtsgeschäftlicher Erwerb eines Grundstücksrechts
– Problem: Verkehrsgeschäft = wirtschaftliche Personenverschiedenheit (Dritterwerb) (methodisch: teleologische Reduktion)
417
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 4
– Rechtsscheintatbestand: Eintragung im Grundbuch
» Unrichtigkeit des Grundbuchs
Rechtsangabe (nicht tatsächliche Angabe aus
Bestandsverzeichnis)
» Legitimation des Verfügenden (Buch“eigentümers“)
durch die Unrichtigkeit des Grundbuchs
(a) positiv
(b) selbst
418
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 5
– keine Zerstörung Rechtsschein
» kein Widerspruch gegen Richtigkeit des Grundbuchs im Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs eingetragen, §§ 892 I 1 HS 2 Fall 1, 899 BGB
» Ausschluss, § 1140 S. 1 BGB: nur soweit Unrichtigkeit des Grundbuchs aus dem Brief oder einem Vermerk hervorgeht
419
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 6
– Gutgläubigkeit Erwerber
» (1) keine positive Kenntnis Erwerber, § 892 I 1 HS 2 Fall 2 BGB
» (2) maßgeblicher Zeitpunkt für Gutgläubigkeit
(a) Grundsatz: Vollendung Rechtserwerb,
§ 892 I 1, II BGB
(b) Ausnahme 1: Antragstellung, § 892 II HS 1
BGB
(c) Ausnahme 2: Einigung, § 892 II HS 2 BGB
420
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 7
Verfügungsmacht: gutgläubiger Erwerb nach § 892 I 2 BGB
– relative gerichtliche oder behördliche Verfügungsverbote(§ 136 BGB, vgl. Wortlaut § 892 I 2 BGB: „zugunsten einer bestimmten Person“):
» §§ 829, 857 ZPO (Pfändung von Forderungen und Rechten)
» §§ 20 I, 23 ZVG (Grundstücksbeschlagnahme)
– nicht: gesetzliche Verfügungsbeschränkungen („absolute Verfügungsverbote“): z.B. §§ 1366 IV, 1365 I 2; 1369 i.V.m. § 1366 IV BGB
421
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 8
Übergabe des Hypothekenbriefs, §§ 1116 I, 1117 BGB (vor Briefübergabe Eigentümergrundschuld, § 1163 II, 1177 I 1 BGB (wenn keine Forderung) oder Eigentümerhypothek (§§ 1163 II, 1177 II BGB, wenn Forderung))
§§ 1117 I 1 (= 929 S. 1) BGB
§§ 1117 I 2, 929 S. 2 BGB
§§ 1117 I 2, 930 BGB
§§ 1117 I 2, 931 BGB
Aushändigungsvereinbarung, § 1117 II BGB
Einigsein / Fortbestand der Berechtigung
Bestand (Entstehung) einer zu sichernden Forderung, § 1113 I BGB
• rechtshindernde Einwendungen gegen Hypothek
• rechtshindernde Einwendungen gegen gesicherte Forderung
Rechtsfolge: Eigentümergrundschuld gemäß §§ 1163 I 1, 1177 I 1 BGB
422
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 9
• nochmals zur Verdeutlichung: Zeitpunkt Gutgläubigkeit nach § 892 I 1, II BGB (Zeitpunkt Gutgläubigkeit ist farbig markiert)
Grundsatz: Einigung (§ 873 I BGB) – Eintragungsantrag (§ 13 GBO) –Eintragung im Grundbuch (§ 892 I 1, II BGB)
Ausnahme 1: Einigung (§ 873 I BGB) - Eintragungsantrag (§ 13 GBO)– Eintragung im Grundbuch (§ 892 II HS 1 BGB)
Ausnahme 2: Eintragungsantrag (§ 13 GBO) – Einigung (§ 873 I BGB) – Eintragung im Grundbuch (§ 892 II HS 2 BGB)
423
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 10
• Problem: über Eintragung hinaus weitere Entstehungsvoraussetzungen(z.B. Briefübergabe; allerdings nicht Entstehung gesicherte Forderung, da diese nicht Entstehungsvoraussetzung für Grundpfandrecht als solches ist)
allgemeine Regel: Zeitpunkt der letzten materiellrechtlichen Entstehungsvoraussetzung vor Eintragung
teleologische Reduktion § 892 II BGB: “nur noch” Eintragung erforderlich
– arg.: § 892 BGB will Erwerber vor den Folgen des Eintragungsgrundsatzes (§ 873 BGB) schützen
424
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 11
• Fall 18: F ist im Grundbuch zu Unrecht als Grundstückseigentümer eingetragen. Er vereinbart mit G, diesem zur Sicherheit für ein Darlehen eine Buchhypothek zu bestellen. Nach der Einigung über die Hypothekenbestellung, der Auszahlung des Darlehens und dem Eintragungsantrag erfährt G, dass F nicht Eigentümer des Grundstücks ist. Nachdem G eingetragen worden ist, verlangt der wahre Eigentümer E von G die Bewilligung zur Löschung der Hypothek (§ 19 GBO). Zu Recht?
425
Zur Fallösung: Grundbuchberichtigungsanspruch, § 894 BGB - 1
• Entstehung
Anwendbarkeit
grds. keine Berichtigung Grundbuch durch Grundbuchamt von Amts wegen
– deshalb Berichtigung durch Beeinträchtigten zu betreiben
Recht an einem Grundstück (= Eigentum) / Recht an einem solchen Recht (= beschränkte dingliche Rechte) / relative Verfügungsbeschränkung (§ 894 Fall 3 BGB)
Unrichtigkeit des Grundbuchs = Divergenz zwischen formeller und materieller Rechtslage
formelle Rechtslage („Inhalt des Grundbuchs“)
materielle Rechtslage („wirkliche Rechtslage“) – Prüfung!
Divergenz („nicht im Einklang“)
426
Zur Fallösung: Grundbuchberichtigungsanspruch, § 894 BGB - 2
Gläubiger (Aktivlegitimation des Anspruchstellers) = materiell Berechtigter („derjenige, dessen Recht nicht oder nicht richtig eingetragen oder durch Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung beeinträchtigt ist“)
Schuldner (Passivlegitimation des Anspruchsgegners) = Buchberechtigter („derjenige, dessen Recht durch die Berichtigung betroffen wird“)
keine rechtshindernde Einwendungen gegen § 894 BGB
• Erlöschen: rechtsvernichtende Einwendungen
z.B. Erfüllung, § 362 I BGB
427
Zur Fallösung: Grundbuchberichtigungsanspruch, § 894 BGB - 3
• Durchsetzbarkeit: rechtshemmende Einwendungen
allgemeines Zurückbehaltungsrecht, § 273 I BGB z.B. wegen Kaufpreisrückzahlungs- oder Schadensersatzanspruch
keine Verjährung, § 214 I BGB, da Berichtigungsanspruch unverjährbar ist, § 898 BGB
• Rechtsfolge
Anspruch auf Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs (= Eintragungsbewilligung/Berichtigungsbewilligung/ Löschungsbewilligung, § 19 GBO; Form: § 29 GBO)
materiellrechtliche Willenserklärung nicht erforderlich, da materielle Rechtslage bereits vorliegt, die nur noch grundbuchrechtlich umgesetzt werden muss
428
Zur Fallösung: Grundbuchberichtigungsanspruch, § 894 BGB - 4
Zwangsvollstreckung: verfahrensrechtliche Erklärung wird ggfs. durch Urteil ersetzt, § 894 ZPO analog (Fiktion der Abgabe einer Willenserklärung)
dogmatische Erläuterung: Zustimmung zur Berichtigung ist funktionell Herausgabe des Buchbesitzes, der Berichtigungsanspruch mithin nichts anderes als ein Herausgabeanspruch
vgl. Franz Wieacker, Zur Struktur des Berichtigungsanspruchs, in: ders., Kleine juristische Schriften, Göttingen 1988, S. 277-284
429
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 12
Falllösung
Grundbuchberichtigungsanspruch, § 894 BGB
Entstehung
• Unrichtigkeit des Grundbuchs = Divergenz zwischen formeller und
materieller Rechtslage
rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek durch G, §§ 873 I
HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 II BGB
Einigung, §§ 873, 1113, 1115 BGB
Eintragung (der Hypothek) im Grundbuch, §§ 873, 1115 BGB
Einigsein
430
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 13
Berechtigung
Eigentum F (-)
– beachte: keine Überwindung anderer Mängel (z.B. Geschäftsunfähigkeit, § 107 BGB)
gutgläubiger Erwerb Hypothek durch G, § 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB
– rechtsgeschäftlicher Erwerb eines Grundstücksrechts
– Verkehrsgeschäft (teleologische Reduktion)
– Rechtsscheintatbestand: Eintragung im Grundbuch
» Unrichtigkeit des Grundbuchs
Rechtsangabe (nicht tatsächliche Angabe aus Bestandsverzeichnis)
» Legitimation des Verfügenden (Eigentümers) durch die Unrichtigkeit des Grundbuchs
431
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 14
– keine Zerstörung Rechtsschein, insbesondere kein Widerspruch gegen Richtigkeit Grundbuch im Zeitpunkt Vollendung Rechtserwerb eingetragen, §§ 892 I 1 HS 2 Fall 1, 899 BGB
– Gutgläubigkeit Erwerber
» keine positive Kenntnis Erwerber
» maßgeblicher Zeitpunkt für Gutgläubigkeit
Grundsatz: der Vollendung des Rechtserwerbs,
§ 892 I 1, II BGB (-)
432
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 15
– Ausnahme 1: der Antragstellung, § 892 II HS 1 BGB (+)
– Problem: teleologische Reduktion: zum dinglichen Rechtserwerb „nur noch“ Eintragung erforderlich (+)
Zwischenergebnis: gutgläubiger Erwerb
Ausschluss Hypothekenbrief, § 1116 II BGB
Einigung über Ausschluss Erteilung Hypothekenbriefs, § 1116 II 3 HS 1 BGB
Eintragung Ausschluss Brieferteilung im Grundbuch, § 1116 II 3 HS 1 BGB
433
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 16
Bestand einer zu sichernden Forderung, § 1113 I BGB
Rückzahlungsanspruch, § 488 I 2 Fall 2 BGB
– Darlehensvertrag
– Auszahlung [= Valutierung] Darlehen ist Entstehungsvoraussetzung Rückzahlungsanspruch
» ebenso für Zinsanspruch
• Ergebnis
G ist Inhaber einer Hypothek
E hat keinen Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 894 BGB
E kann nicht Bewilligung der Löschung der Hypothek nach § 894 BGB verlangen
434
Zitierweise beim rechtsgeschäftlichen Ersterwerb einer Buchhypothek vom Nichtberechtigten
• Vorschlag, wenn von vornherein Prüfung des gutgläubigen Erwerbs: §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 II, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB
§ 873 BGB ist Grundtatbestand Entstehung Immobiliarrechte
Zitat kann auf § 873 I BGB beschränkt werden
§ 1113 BGB bestimmt Inhalt Hypothek (Einigung)
§ 1115 BGB bestimmt Inhalt Eintragung
§ 1116 II BGB bestimmt Entstehungserfordernis Buchhypothek
keine ausdrückliche Vorschrift für Berechtigung (Eigentum/Verfügungsbefugnis)
§ 892 BGB regelt gutgläubigen Erwerb
Zitat kann auf § 892 I BGB beschränkt werden
• Zitierweise bei Prüfung des gutgläubigen Erwerbs nach Ablehnung des Erwerbs vom Berechtigten: nur § 892 I BGB
435
Dingliches Verwertungsrecht Hypothek, § 1147 BGB - 1
• Rechtsgrundlage
h.M. sieht Verwertungsrecht in § 1147 BGB (vgl. aber Wortlaut!)
Röver: Verwertungsrecht ergibt sich aus § 1113 I BGB (§ 1147 BGB regelt nur Durchsetzung Hypothek im Wege Zwangsvollstreckung; eigentlich Selbstverständlichkeit!)
in Klausur trotzdem § 1147 BGB wegen allgemeiner Übung heranziehen!
• Problem – Rechtsnatur
MM: dinglicher Anspruch; Eigentümer schuldet Geldbetrag, aber er haftet dafür nur mit der Pfandsache
aber: Pfandschuldner „schuldet“ nichts; nach § 1142 BGB ist Eigentümer zur Leistung berechtigt, nicht verpflichtet
436
Dingliches Verwertungsrecht Hypothek, § 1147 BGB - 2
h.M.: dingliches Verwertungsrecht; der Berechtigte darf der Sache einen bestimmten Geldbetrag entnehmen, indem er die Sache veräußert oder hoheitlich veräußern lässt, nutzt oder hoheitlich verwalten lässt (Wolff/Raiser § 131 I; Staudinger/Wiegand)
• Duldungsanspruch?
häufig wird im Zusammenhang mit Verwertungsrecht von einem „Duldungsan-spruch“ des Pfandgläubigers gesprochen (Palandt/Bassenge § 1147 Rn. 1)
richtigerweise besteht kein privatrechtlicher „Anspruch“ auf „Duldung“ der Vollstreckung; dem Staat gegenüber müssen der Eigentümer wie alle Dritten jeden Widerstand gegen die Vollstreckung unterlassen (Wolff/Raiser § 131 Fn. 15)
somit keine Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung, sondern Klage auf Feststellung des Befriedigungsrechts
437
A Bank (z.B.)
Gelddarlehen, § 488
Sicherungsvertrag, § 311 I
§§ 873, 1113
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Ersterwerb Hypothek (Einwendungsaufbau) 1
A Bank (z.B.)
E
Sicherungs-vertrag, § 311 I
§§ 873, 1113
Gelddarlehen, § 488
z.B.Auftrag, § 662GeBes., § 675GoA, § 677
1.
2.
Literaturhinweis: Daniel Kurth, Einreden gegen Grundpfandrechte beim Wechsel des Grundstückseigentümers, Göttingen 2010
438
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Ersterwerb Hypothek 2 - Überblick
dingliches Verwertungsrecht Hypothek („Duldungsanspruch“), § 1147 BGB
• Entstehung
Rechtsgrundlage
h.M. sieht Verwertungsrecht in § 1147 BGB (vgl. aber Wortlaut!)
Röver: Verwertungsrecht ergibt sich aus § 1113 I BGB
Problem - Rechtsnatur:
dinglicher Anspruch (Westermann)
– aber: Pfandschuldner „schuldet“ nichts
dingliches Verwertungsrecht (Wolff/Raiser)
Hypothek
Erwerb Hypothek (rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Hypothek)
kein Verlust Hypothek
– (1) Übertragung „Hypothek“ (im Wege Forderungsabtretung)
– (2) Zahlungsfolgen Hypothek (Befriedigung Gläubiger gesicherte Forderung)
439
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Ersterwerb Hypothek 3 - Überblick
Einwendungen gegen Hypothek
beachte bei Briefhypothek: Vorlage des Briefes erforderlich, § 1160 BGB (Einrede)
Einwendungen gegen gesicherte Forderung
Vorlage des Briefes auch für Geltendmachung Forderung erforderlich (also nicht nur Einrede ggü. Inanspruchnahme aus Hypothek!), wenn Eigentümer = Forderungsschuldner, §§ 1161, 1160 BGB
– Klausurtaktik: doppelte Prüfung im Rahmen Einwendungen gegen § 1147 BGB (bei Hypothek und Forderung) nicht sinnvoll; bloße Erwähnung bei Einwendungen gegen gesicherte Forderung genügt; dagegen ist §§ 1161, 1160 BGB zusätzliche Einwendung gegen Inanspruchnahme aus gesicherter Forderung (d.h. wenn Anspruch aus Forderung geprüft wird)
nicht: Verjährung gesicherte Forderung, § 216 I BGB
• Erlöschen: rechtsvernichtende Einwendungen
440
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Ersterwerb Hypothek 4 - Überblick
• Durchsetzbarkeit - rechtshemmende Einwendung
keine Verjährung, § 214 I BGB, da „Ansprüche“ aus eingetragenen Rechten nicht Verjährung unterliegen (§ 902 BGB)
§ 1147 BGB insofern wie Anspruch behandelt, obwohl Verwertungsrecht (deshalb eigentlich § 902 BGB analog)
• Rechtsfolge
Klage aufgrund Hypothek verschafft für Zwangsvollstreckung notwendigen Titel in Form eines Urteils
da Klage auf „Duldung Zwangsvollstreckung“ (genauer: Klage auf Feststellung des Befriedigungsrechts) umständlich und langwierig, wird in Praxis Vollstreckungsunterwerfungserklärung nach § 794 I Nr. 5 ZPO gewählt
liefert sofort Titel
zwingt Schuldner in Angreiferrolle (Vollstreckungsabwehr-[gegen-]klage, §§ 795, 767 ZPO)
441
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Ersterwerb Hypothek - 5
prozessualer Hinweis: bei Vollstreckungsunterwerfungserklärung (= vollstreckbare Urkunde, § 794 I Nr. 5 ZPO) sind Einwendungen mit einer Vollsteckungsabwehr-(gegen-) klage, § 767 I ZPO geltend zu machen (Palandt/Bassenge § 1147 Rn. 4)
Einwendungen gegen Hypothek
Einwendungen gegen Forderung
Einwendungen gegenüber Verwertungsrecht, § 1147 BGB
(Einwendungen gegen Siche-rungsvertrag spielen keine Rolle; allenfalls Einwendung aus Sicherungsvertrag als Einwendungen gegen Hypothek –wie SiGS)
442
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Ersterwerb Hypothek: Überblick - 6
rh., rv. Einwendung
Hypothek
Einrede
selbstverständlich (d.h. gesetzlich nicht geregelt)
RF: -kein Bestand Hypothek-Unrichtigkeit GB (§ 894)
beachte: kein gutgl. Erwerb nach § 892 bei rh., rv. Einwendung
selbstverständlich (arg. § 1157 S. 1)
RF:-Bestand Hypothek, aber Hemmung Rechtsausübung (kein § 894!)-Anspruch auf Verzicht Hypothek bei dauernder Einrede, §§ 1169, 1168 -mit Verzicht EGS, §§ 1168 I, 1177 I 1 (wenn keine Forderung)
beachte: kein gutgl. einredefreier Erwerb
443
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Ersterwerb Hypothek: Überblick - 7
Forderung
rh., rv. Einwendung Einrede
selbstverständlich (d.h. gesetzlich nicht geregelt)
RF:-rh: EGS, §§ 1163 I 1, 1177 I 1 (kein § 894!)-rv: EGS, §§ 1163 I 2, 1177 I 1 (kein § 894!)-keine Fremdhypothek
-eigene, §§ 1137 I 1 Fall 2, 770 -fremde, §§ 1137 I 1 Fall 1 (aber nicht Verjährung, § 216 I)
RF:-Hemmung Rechtsausübung (kein § 894!)-Anspruch auf Verzicht Hypothek bei dauernder Einrede, §§ 1169, 1168 (nicht bei Verjährung; Palandt/ Ellenberger § 216 Rn. 3)-mit Verzicht EGS, §§ 1168 I, 1177 I 1
444
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Ersterwerb Hypothek: Details - 8
• Einwendungen gegen Hypothek (eigentümerbezogene Einwendungenaus Rechtsverhältnis zwischen Eigentümer und Hypothekar/Gläubiger)
rechtshindernde Einwendungen
z.B. Geschäftsunfähigkeit, § 105 I BGB, Sittenwidrigkeit, § 138 I BGB (z.B. anfängliche Übersicherung), Anfechtung, §§ 142 I, 119, 123 BGB
rechtsvernichtende Einwendungen
Befriedigung aus Grundstück durch Zwangsvollstreckung, § 1181 I BGB
445
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Ersterwerb Hypothek: Details - 9
Aufhebung der Hypothek, §§ 1183, 875, 876 BGB
– ggfs. bei Verlust Hypothek prüfen
nicht: Verzicht Hypothekengläubiger auf Hypothek z.B. wegen Stellung anderer Sicherheit (§ 1168 BGB), da
– Rechtsfolge: Eigentümergrundschuld, §§ 1168 I, 1177 I 1 BGB
rechtshemmende Einwendungen (Einreden)
z.B. allg. Zurückbehaltungsrecht gegen die Hypothek (§ 273 I BGB), Widerspruch gegen Briefhypothek bei Nichtvorlage Hypothekenbrief (§ 1160 BGB), Rechtsmissbrauch (§ 242 BGB)
– (anfängliche/nachträgliche) Stundung der Hypothek (§ 311 I BGB) wohl Einrede aus Sicherungsvertrag als Einwendung gegen Hypothek, damit Trennung der Rechtsverhältnisse beachtet wird – wie SiGS
446
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Ersterwerb Hypothek: Details - 10
» Erläuterung: rechtshindernde und rechtsvernichtende Einwendungen betreffen grundsätzlich nur das jeweilige Rechtsverhältnis; da die dingliche Einigung über Begründung der Hypothek/Grundschuld aber „farblos“ ist, muss es möglich sein, über ein anderes Rechtsverhältnis Einfluss auf die Hypothek/ Grundschuld auszuüben; dies kann dann wiederum nur auf dem Einredeweg geschehen
keine Verjährung, da Hypothek kein Anspruch (vgl. Wortlaut § 194 I BGB)
447
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Ersterwerb Hypothek: Details - 11
• Einwendungen gegen gesicherte Forderung (schuldnerbezogene Einwendungen aus dem Rechtsverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger)
rechtshindernde Einwendungen
z.B. Fälligkeit gesicherte Forderung, § 271 II BGB, Sittenwidrigkeit, § 138 I BGB, Anfechtung, § 142 I BGB
rechtsvernichtende Einwendungen
rechtshemmende Einwendungen (Einreden), § 1137 BGB
eigene Einreden, §§ 1137 I 1 Fall 2, 770 BGB
– Anwendbarkeit
» soweit Eigentümer nicht persönlicher Schuldner ist (andernfalls Einwendungen gegenüber gesicherter Forderung)
448
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Ersterwerb Hypothek: Details - 12
– Einrede aus Anfechtungsrecht des persönlichen Schuldners (Anfechtbarkeit), § 770 I BGB
– Problem: sonstige Gestaltungsrechte Hauptschuldner (z.B. Rücktrittsrecht), § 770 I, II BGB analog („§ 770 Ia“)
– Einrede aus Aufrechnungsrecht des Gläubigers der gesicherten Forderung (Aufrechenbarkeit), § 770 II BGB
sonstige eigene Einrede: Einrede des Widerspruchs gegen gesicherte Forderung (also nicht nur Einrede ggü. Inanspruchnahme aus Hypothek!) bei Nichtvorlage Hypothekenbrief, wenn Eigentümer = persönlicher Schuldner (§§ 1161, 1160 BGB)
– Klausurtaktik: doppelte Prüfung im Rahmen Einwendungen gegen § 1147 BGB (bei Hypothek und Forderung) nicht sinnvoll; bloße Erwähnung bei Einwendungen gegen gesicherte Forderung genügt; dagegen ist §§ 1161, 1160 BGB zusätzliche Einwendung gegen Inanspruchnahme aus gesicherter Forderung (d.h. wenn Anspruch aus Forderung geprüft wird)
449
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Ersterwerb Hypothek: Details - 13
fremde Einreden, § 1137 I 1 Fall 1 BGB
– z.B. § 320 I 1 BGB, anfängliche/nachträgliche Stundung der Forderung (§ 311 I BGB), allg. Zurückbehaltungsrecht gegen die gesicherte Forderung (§ 273 I BGB), § 242 BGB
– Gegeneinwendung: Verzicht des persönlichen Schuldners? kein Ausschluss Einrede, wenn Schuldner verzichtet hat, § 1137 II BGB
– nicht dagegen Verjährung der gesicherten Forderung (vgl. § 216 I BGB)
» Verjährung lässt Anspruch nicht erlöschen (§ 214 I BGB)
• Einwendungen gegen Sicherungsvertrag
spielen grundsätzlich keine Rolle, da anderes Rechtsverhältnis
aber: (anfängliche/nachträgliche) Stundung der Hypothek (§ 311 I BGB) wohl Einrede aus Sicherungsvertrag gegen Hypothek (vgl. Folie 445)
450
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Hypothek 14
• Fall 19: A hat dem B zur Sicherung offener Rechnungen aus der Lieferung von Maschinen eine Buchhypothek an seinem Grundstück bestellt. Als A die ausstehenden Geldbeträge nicht zahlt, verklagt B ihn auf „Duldung der Zwangsvollstreckung“ in das Grundstück. A verteidigt sich wie folgt: Die Einigung über die Hypothekenbestellung sei wegen arglistiger Täuschung nichtig.
451
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Hypothek 15
dingliches Verwertungsrecht Hypothek („Duldungsanspruch“), § 1147 BGB
Entstehung
• Erwerb Hypothek: rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer
Buchhypothek durch B, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113, 1115, 1116 II BGB
Einigung, §§ 873, 1113, 1115 BGB
Eintragung (der Hypothek) im Grundbuch, §§ 873, 1115 BGB
Berechtigung
Ausschluss des Hypothekenbriefs, § 1116 II BGB
Einigung über den Ausschluss der Erteilung des Hypothekenbriefs, § 1116 II 3 HS 1 BGB
Eintragung des Ausschlusses der Brieferteilung im Grundbuch, § 1116 II 3 HS 1 BGB
452
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Hypothek 16
Bestand einer zu sichernden Forderung
Kaufpreisansprüche, § 433 II Fall 1 BGB
• Einwendungen gegen Hypothek
rechtshindernde Einwendung gegen dingliche Einigung: Anfechtung, §§ 142 I, 123 I Fall 1 BGB (+)
• Ergebnis
B hat kein dingliches Verwertungsrecht (keinen „Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung“)
Rechtsfolge der Nichtigkeit der Hypothek: Grundbuch ist unrichtig
A hat Grundbuchberichtigungsanspruch, § 894 BGB
gutgläubiger Erwerb nach § 892 I BGB kommt bei Ersterwerb nur bei Mangel Eigentum in Betracht
453
Umfang der Hypothekenhaftung 1
• um eine wirtschaftlich sinnvolle Verwertung Grundstück zu ermöglichen, erstreckt sich Haftung nicht nur auf Grundstück selbst
• Hypothekenhaftung erfasst zusätzlich folgende Gegenstände:
die wesentlichen (§§ 93, 94 BGB) und die nichtwesentlichen Bestandteile (§ 93 BGB) des Grundstücks
§ 1120 Fall 1 BGB verweist nur auf „Bestandteile“ und erfasst deshalb auch nichtwesentliche Bestandteile
– insbesondere Gebäude, § 94 BGB
nicht dagegen die Scheinbestandteile (§ 95 BGB)
die Erzeugnisse des Grundstücks (§§ 1120 Fall 1, 99 BGB), sofern sie nicht mit der Trennung nach §§ 954-957 BGB in das Eigentum eines anderen als des Grundstückseigentümers fallen
454
Umfang der Hypothekenhaftung 2
das dem Eigentümer gehörende Grundstückszubehör (§§ 1120 Fall 2, 97 BGB)
ferner das Anwartschaftsrecht des Eigentümers am Zubehör(z.B. bei Erwerb unter Eigentumsvorbehalt) (analoge Anwendung §§ 1120 Fall 2, 97 BGB)
die Miet- und Pachtzinsforderungen (§ 1123 I BGB)
die Versicherungsforderungen hinsichtlich von Gegenständen, auf die sich die Hypothekenhaftung erstreckt (§ 1127-1130 BGB)
455
Wirtschaftliche Bedeutung der Grundschuld
• Grundschuld ist heute – in Form der Sicherungsgrundschuld – in Praxis gebräuchlichstes Grundpfandrecht
• Literatur
Hans-Frieder Krauß, Die Grundschuld (www.notarkrauss.de)
Irene Lamb, Die Sicherungsgrundschuld, in: JA 1987, S. 3 ff.
456
Formen und gesetzliche Regelung der Grundschuld 1
• Formen Grundschuld
einfache („isolierte“) und Sicherungsgrundschuld
einfache („isolierte“) Grundschuld
– in der Praxis nicht zu finden
– nicht auf gesicherte Forderung bezogen
» vgl. aber Ulrich Huber, Die Sicherungsgrundschuld, 1965 (Habil.): Missverständnis des historischen Gesetzgebers; Grundschuld sollte nicht von Forderung vollkommen losgelöst sein
– Sicherungsvertrag nur als bloße Rechtsgrundabrede (da nicht zur Sicherung einer Forderung bestellt)
» Rechtsgrundabrede erforderlich, da Grundschuld abstraktes Rechtsgeschäft ist, das Rechtsgrund nicht in sich trägt
457
Formen und gesetzliche Regelung der Grundschuld 2
Sicherungsgrundschuld
– in Praxis übliche Form der Grundschuld
– dinglich normale Grundschuld
– über schuldrechtlichen Sicherungsvertrag, § 311 I BGB mit gesicherter Forderung verbunden
» Forderungsgebundenheit der Sicherungsgrundschuld, aber keine Akzessorietät
– i.d.R. wird zusätzlich ein abstraktes Schuldanerkenntnis(§ 781 BGB) abgegeben
» Schuldanerkenntnis ist konstitutiv (Palandt/Sprau § 781 Rn. 2), nicht bloß deklaratorisch
» Kreditinstitut möchte zusätzlich zur Verwertung des Grundstücks auch noch auf das gesamte Vermögen des Kreditnehmers zugreifen können
» Rechtsgrund für das Schuldanerkenntnis ist nicht das Gelddarlehen, sondern eine Rechtsgrundabrede
458
Formen und gesetzliche Regelung der Grundschuld 3
» Darlehensnehmer erklärt sofortige Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung auch im Hinblick auf Schuldanerkenntnis (Vollstreckungsunterwerfungserklärung = vollstreckbare Urkunde, § 794 I Nr. 5 ZPO)
– Sicherungsgrundschuld gesetzlich bestätigt durch § 1192 Ia BGB (eingefügt durch Risikobegrenzungsgesetz; wirksam seit 1.3.2009)
» außerdem erfasst von § 216 II 1 BGB
459
Formen und gesetzliche Regelung der Grundschuld 3
Brief- und Buchgrundschuld
Briefgrundschuld, §§ 1192 I, 1116 I BGB
– Übertragung außerhalb Grundbuch möglich, §§ 1192 I, 1154 I BGB
Buchgrundschuld, §§ 1192 I, 1116 II, III BGB
– keine Übertragung außerhalb Grundbuchs
460
Formen und gesetzliche Regelung der Grundschuld 4
• gesetzliche Regelung Grundschuld
Vorschriften Hypothekenrecht sind aufgrund gesetzlicher Verweisung (§ 1192 I BGB) „entsprechend“ anwendbar, soweit
in §§ 1191 ff. BGB nichts anderes bestimmt ist
sich nichts anderes daraus ergibt, dass Grundschuld nicht akzessorisch mit gesicherter Forderung verbunden ist
nicht anwendbar sind insbesondere §§ 1113, 1137-1139 (§ 1138!), 1153, 1161, 1163 I (wohl aber § 1163 II), 1164-1166, 1177 BGB
461
Gesetzesaufbau Grundschuldrecht
Ersterwerb1191, 1192 I
i.V.m.1114-1117
Haftungs-verband1192 I,
1118-1130
Einreden Ersterwerb
1192 I, 1169
Verwer-tungsR
1192 I, 1147
Zweiterwerb 873 I/413, 398
145 ff., 398 ff., 873, 892, 894 usw.
Mangel Ford Zweiterwerb
./.
einredefreier Zweiterwerb
1192 I, 1157 S. 2 (aber 1192 Ia
bei SiGS)
Einw./Einreden, 1192 I, 1156 f.
(1157 S. 2 nicht bei SiGS!),
1160, 1169
Löschungs-anspruch
1192 I, 1179a
GesamtGS1192 I, 1132,
1172-1175
Ersterwerb Zweiterwerb Sonderformen
Briefvorlage 1192 I, 1160 f.
RechteUmfang
462
Schuldner /meist Eigen-tümer
Gläubiger -Bank (z.B.)
abstraktes Schuldanerkenntnis, § 781
Sicherungsvertrag für Grundschuld, § 311 I
§§ 873, 1191
Sicherungsgrundschuld
Schuld-ner
Gläubiger -Bank (z.B.)
Sichere-rungsgeber / meist Eigen-tümer
Sicherungs-vertrag fürGrundschuld, § 311 I
§§ 873, 1191
Gelddarlehen, § 488
z.B.Auftrag, § 662GeBes., § 675GoA, § 677
1.
2.
Gelddarlehen, § 488
abstraktes Schuldanerkenntnis, § 781
Rechtsgrundabrede für Schuldanerkenntnis, § 311 I
Rechtsgrundabrede für Schuldanerkenntnis, § 311 I
463
Prüfungsprogramm Erwerb einer Hypothek / Grundschuld (Verfügungsaufbau)
Erwerbsfall
Ersterwerb Zweiterwerb
Briefhyp./GS Buchhyp./GSBriefhyp./GS Buchhyp./GS
NBBer. NBBer. NBBer. NBBer.
nur Hyp.:Doppel-mangel
nur Hyp.:Ford.
dingl.Recht
nur Hyp.:Doppel-mangel
nur Hyp.:Ford.
dingl.Recht
464
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchgrundschuld vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I, 1192 I, 1115, 1116 BGB – 1 (Verfügungsaufbau)
• Einigung, §§ 873 I, 1191 I BGB (einseitige Erklärung genügt bei Bestellung Eigentümergrundschuld, § 1196 II BGB)
Parteien
Verfügungsgegenstand: Grundstück
Begründung eines dinglichen Verwertungsrechts am Grundstück (Grundpfandrecht)
keine akzessorische Sicherung bestimmter Forderung (aber schuldrechtliche Sicherungsabrede)
Geldsumme der Grundschuld
Zinsen der Grundschuld
Rechtsbindungswille
465
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchgrundschuld vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I, 1192 I, 1115, 1116 BGB - 2
• Eintragung im Grundbuch, §§ 873 I, 1192 I, 1115 BGB
nicht eingetragen werden kann gesicherte Forderung, weil Grundschuld nicht akzessorisch ist
einzutragen ist aber Geldsumme, die aus Grundstück zu zahlen ist (missverständlicher Wortlaut §§ 1192 I, 1115 I BGB: „Geldbetrag der Forderung“; entsprechende Anwendung § 1115 I BGB aufgrund von § 1192 I BGB geboten), und Zinssatz für diese Geldsumme
• Einigsein
bis Eintragung ist Einigung grds. widerruflich, soweit nicht einer der vier Fälle des § 873 II BGB vorliegt
466
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchgrundschuld vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I, 1192 I, 1115, 1116 BGB - 3
• Berechtigung
Eigentum
Verfügungsmacht (beachte § 878 BGB)
• Ausschluss des Grundschuldbriefs, §§ 1192 I, 1116 II BGB
Einigung über Ausschluss Erteilung Grundschuldbrief, §§ 1192 I, 1116 II 3 HS 1 BGB
Eintragung Ausschluss Brieferteilung im Grundbuch, §§ 1192 I, 1116 II 3 HS 1 BGB
• Einigsein / Fortbestand Berechtigung
• nicht: Bestand Forderung, § 1191 I BGB und arg. e contrario § 1113 I BGB
• rechtshindernde Einwendungen gegen Grundschuld
Besonderheit bei Sicherungsgrundschuld
zwar kein akzessorisches Recht, bei dem Einwendungen gegen Forderung direkt geltend gemacht werden können
467
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchgrundschuld vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I, 1192 I, 1115, 1116 BGB - 4
es können aber „Einreden“ (= Einwendungen ggü. gesicherter Forderung) aufgrund Sicherungsvertrag als Einreden gegen Grundschuld geltend gemacht werden, § 1192 Ia S. 1 HS 1 BGB
– Einrede aber nicht bei Verfügungsaufbau, sondern nur bei Einwendungsaufbau zu berücksichtigen
– vgl. zu § 1192 Ia BGB Rocco Cataldo, § 1192 Abs. 1a BGB im Lichte massenhafter Sicherungsgrundschuldzessionen, Diss. Tübingen 2014 (http://hdl.handle.net/10900/50950 / https://publikationen.uni-tuebingen.de/xmlui/handle/10900/50950)
• nicht: rechtshindernde Einwendungen gegen gesicherte Forderung
aber: Einreden gegen Grundschuld aus Sicherungsvertrag
Einwendungen aber allenfalls als Einreden; deshalb nicht bei Verfügungsaufbau, sondern nur bei Einwendungsaufbau zu berücksichtigen
468
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchgrundschuld vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I, 1192 I, 1115, 1116 BGB - 5
• Fall 20: E hat für seine Hausbank B eine Grundschuld zur Sicherung eines Kredits in Höhe von € 150.000 bestellt. B ficht den Darlehensvertrag mit Erfolg an. E ist der Meinung, damit sei auch die Grundschuld in sich zusammengefallen und verlangt von B Zustimmung zur Grundbuchberichtigung. Mit Erfolg?
469
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchgrundschuld vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I, 1192 I, 1115, 1116 BGB - 6
• Grundbuchberichtigungsanspruch, § 894 BGB
Entstehung
Unrichtigkeit des Grundbuchs
rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Grundschuld, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I BGB
…
Bestand der Forderung?
– Grundschuld als nicht akzessorisches Sicherungsrecht hinsichtlich Bestellung und Bestand vom Bestand gesicherter Forderung unabhängig
– E kann damit keine Grundbuchberichtigung verlangen wegen Wegfalls der gesicherten Forderung.
470
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchgrundschuld vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I, 1192 I, 1115, 1116 BGB - 7
rechtshindernde Einwendungen gegen Grundschuld
– keine rechtshindernden Einwendungen gegen Grundschuld ersichtlich
aber: es kann aufgrund fiduziarischer Bindung Grundschuld an den Sicherungsvertrag ggfs. (je nach Ausgestaltung der Sicherungsabrede) im Rahmen Verwertungsrecht §§ 1192 I, 1147 BGB eine Einrede gegen Grundschuld aufgrund Sicherungsvertrag geltend gemacht werden, § 1192 Ia S. 1 HS 1 BGB
rechtshindernde Einwendung im Rahmen Verwertungsrecht: Anfechtung, §§ 142 I, 123 I BGB (+)
471
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchgrundschuld vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I, 1192 I, 1115, 1116 BGB - 8
rechtshemmende Einwendung im Rahmen Verwertungsrecht, § 1192 Ia S. 1 HS 1 BGB: Arglisteinrede, § 242 BGB aus Sicherungsvertrag hat Grundschuldschuldner außerdem Rückgewähranspruch
Bestehen einer Einrede gegen Verwertungsrecht führt aber nicht zur Unrichtigkeit Grundbuch
• Ergebnis
Grundbuch ist nicht unrichtig
kein Grundbuchberichtigungsanspruch des E nach § 894 BGB
beachte aber Rückgewähranspruch aus Sicherungsvertrag
472
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchgrundschuld vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I, 1192 I, 1115, 1116 BGB - 9
• Fall 21: L möchte sich an seinem Grundstück selbst eine Grundschuld bestellen. Kann er das?
473
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Buchgrundschuld vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I, 1192 I, 1115, 1116 BGB - 10
Buch-/Briefgrundschuld, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I BGB
• Einigung, § 1191 BGB
einseitige Erklärung genügt bei Bestellung einer Eigentümergrundschuld, § 1196 II BGB
Eigentümer kann für sich Eigentümergrundschuld als Brief- oder Buchgrundschuld begründen (§ 1196 I BGB)
474
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefgrundschuld vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I, 1192 I, 1115, 1116 I, 1117 BGB – 1 (Verfügungsaufbau)
• Entstehungsvoraussetzungen
Einigung, § 1191 I BGB
einseitige Erklärung genügt bei Bestellung einer Eigentümergrundschuld, § 1196 II BGB
Eintragung im Grundbuch, §§ 873 I, 1192 I, 1115 BGB
gesicherte Forderung kann nicht eingetragen werden, weil Grundschuld nicht akzessorisch ist
einzutragen sind aber Geldsumme, die aus Grundstück zu zahlen ist und Zinssatz für Geldsumme
Einigsein
bis Eintragung ist Einigung grds. widerruflich, soweit nicht einer der vier Fälle des § 873 II BGB vorliegt
475
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefgrundschuld vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I, 1192 I, 1115, 1116 I, 1117 BGB - 2
Berechtigung
Eigentum
Verfügungsmacht
Übergabe des Grundschuldbriefs oder Übergabesurrogat
§§ 1192 I, 1117 I 1 (= 929 S. 1) BGB
§§ 1192 I, 1117 I 2, 929 S. 2 BGB
§§ 1192 I, 1117 I 2, 930 BGB
§§ 1192 I, 1117 I 2, 931 BGB
Aushändigungsvereinbarung, §§ 1192 I, 1117 II BGB
476
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefgrundschuld vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I, 1192 I, 1115, 1116 I, 1117 BGB - 3
Einigsein / Fortbestand der Berechtigung
nicht: Bestand der Forderung, § 1191 I BGB (arg. e contrario § 1113 I BGB)
• rechtshindernde Einwendungen gegen Grundschuld
477
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefgrundschuld vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I, 1192 I, 1115, 1116 I, 1117 BGB - 4
• Fall 22: N ist im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Er bestellt seiner Bank zur Sicherung eines bereits gewährten Kredits eine Grundschuld in Höhe von 50.000.- Euro. Den Grundschuldbrief hält er zurück. Ist eine Grundschuld entstanden?
478
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefgrundschuld vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I, 1192 I, 1115, 1116 I, 1117 BGB - 5
Ausgangsfall
rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefgrundschuld, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I BGB
…
• Übergabe der Grundschuldbriefs oder Übergabesurrogat
§§ 1192 I, 1117 I 1, 929 S. 1 BGB (-)
§§ 1192 I, 1117 I 2, 929 S. 2 BGB (-)
§§ 1192 I, 1117 I 2, 930 BGB (-)
§§ 1192 I, 1117 I 2, 931 BGB (-)
Aushändigungsvereinbarung, §§ 1192 I, 1117 II BGB (-)
479
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefgrundschuld vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I, 1192 I, 1115, 1116 I, 1117 BGB - 6
Rechtsfolge
bei Grundschuld ist § 1192 I BGB i.V.m. § 1163 II BGB anwendbar (nicht dagegen § 1177 I 1 BGB)
bis zur Briefübergabe liegt Eigentümergrundschuld vor (§ 1192 I i.V.m § 1163 II BGB entsprechend, d.h. lies „Grundschuld“ für „Hypothek“)
Abwandlung: Ändert sich die Rechtslage, wenn N der Bank den Brief übergibt?
• mit der Briefübergabe entsteht eine Fremdgrundschuld
480
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefgrundschuld vom Nichtbe-rechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB – 1 (Verfügungsaufbau)
• Entstehungsvoraussetzungen
Einigung, §§ 873, 1192 I, 1113, 1116 BGB
Eintragung (der Grundschuld) im Grundbuch, §§ 873, 1192 I, 1115 BGB
Einigsein
Berechtigung
Eigentum (-)
gutgläubiger Erwerb, § 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB (überwindet nur den Mangel des Eigentums)
– rechtsgeschäftlicher Erwerb eines dinglichen Rechts
– Verkehrsgeschäft (teleologische Reduktion)
481
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefgrundschuld vom Nichtbe-rechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 2
– Rechtsscheintatbestand: Eintragung im Grundbuch
» Unrichtigkeit des Grundbuchs
Rechtsangabe (nicht tatsächliche Angabe aus Bestandsverzeichnis)
» Legitimation des Verfügenden (Eigentümers) durch die Unrichtigkeit des Grundbuchs
(1) positiv
(2) selbst
482
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefgrundschuld vom Nichtbe-rechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 3
– keine Zerstörung Rechtsschein
» kein Widerspruch gegen Richtigkeit des Grundbuchs im Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs eingetragen, §§ 892 I 1 HS 2 Fall 2, 899 BGB
» Ausschluss §§ 1192 I, 1140 S. 1 BGB: nur soweit Unrichtigkeit des Grundbuchs aus dem Brief oder einem Vermerk hervorgeht
483
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefgrundschuld vom Nichtbe-rechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 4
– Gutgläubigkeit
» keine positive Kenntnis des Erwerbers bzgl. Nichtinhaberschaft Grundschuld
» maßgeblicher Zeitpunkt für Gutgläubigkeit: § 892 I, II
(1) Grundsatz: der Vollendung des Rechtserwerbs,
§ 892 I 1, II BGB
(2) Ausnahme 1: der Antragstellung, § 892 II HS 1
BGB
(3) Ausnahme 2: der Einigung, § 892 II HS 2 BGB
(4) Problem: teleologische Reduktion: zum dinglichen
Rechtserwerb „nur noch“ Antragstellung
erforderlich (grds. Fortbestand des guten
Glaubens bis zur Übergabe des
Grundschuldbriefs erforderlich)
Verfügungsmacht (§ 892 I 2 BGB; beachte § 878 BGB)
484
Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefgrundschuld vom Nichtbe-rechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 5
Übergabe des Grundschuldbriefs oder Übergabesurrogat
§§ 1192 I, 1117 I 1 BGB [nicht i.V.m. § 929 S. 1 BGB!]
§§ 1192 I, 1117 I 2, 929 S. 2 BGB
§§ 1192 I, 1117 I 2, 930 BGB
§§ 1192 I, 1117 I 2, 931 BGB
Aushändigungsvereinbarung, §§ 1192 I, 1117 II BGB
Einigsein / Fortbestand der Berechtigung
nicht: Bestand einer zu sichernden Forderung, § 1191 I BGB (arg. e contrario § 1113 I BGB)
• rechtshindernde Einwendungen gegen Grundschuld
485
A Bank (z.B.)
abstraktes Schuldanerkenntnis, § 781
Sicherungsvertrag für Grundschuld, § 311 I
§§ 873, 1191
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld (Einwendungsaufbau) 1
A Bank (z.B.)
E
Sicherungs-vertrag für Grundschuld, § 311 I
§§ 873, 1191
Gelddarlehen, § 488
z.B.Auftrag, § 662GeBes., § 675GoA, § 677
1.
2.
Literaturhinweis: Daniel Kurth, Einreden gegen Grundpfandrechte beim Wechsel des Grundstückseigentümers, Göttingen 2010
Gelddarlehen, § 488
abstraktes Schuldanerkenntnis, § 781
Rechtsgrundabrede für Schuldanerkenntnis, § 311 I
Rechtsgrundabrede für Schuldanerkenntnis, § 311 I
486
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld 2 - Überblick
dingliches Verwertungsrecht Sicherungsgrundschuld („Duldungsanspruch“), §§ 1192 I, 1147 BGB
• Entstehung
Rechtsgrundlage
h.M. sieht Verwertungsrecht in § 1147 BGB (vgl. aber Wortlaut!)
Röver: Verwertungsrecht ergibt sich aus § 1191 I BGB
Problem - Rechtsnatur:
dinglicher Anspruch (Westermann)
– aber: Pfandschuldner „schuldet“ nichts
dingliches Verwertungsrecht (Wolff/Raiser)
Grundschuld
Erwerb Grundschuld (rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Grundschuld)
kein Verlust Grundschuld
– (1) Übertragung Grundschuld
– (2) Zahlungsfolgen Grundschuld (Befriedigung Gläubiger Grundschuld/gesicherte Forderung)
– (3) Aufhebung der Grundschuld, §§ 875, 1192 I, 1183 BGB
487
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld 3 - Überblick
Einwendungen gegen Grundschuld
– Einwendungen gegen Grundschuld i.e.S.
– Besonderheit bei Sicherungsgrundschuld
» zwar kein akzessorisches Recht, bei dem Einwendungen gegen Forderung direkt geltend gemacht werden können
» es können aber „Einreden“ (= Einwendungen ggü. gesicherter Forderung) aufgrund Sicherungsvertrag als Einreden gegen Grundschuld geltend gemacht werden, § 1192 Ia S. 1 HS 1 BGB („Einrede des mangelnden Sicherungsfalls“; „Sicherungsfall“ hier weiter verstanden als bei Pfandrecht, da nicht nur mangelnde Fälligkeit)
» gesicherte Forderung
Bestand Forderung ist keine „Einwendung“, aber notwendiges Erfordernis bei Sicherungsgrundschuld
» rechtshindernde Einwendungen gegen gesicherte Forderung
488
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld 4 - Überblick
» rechtsvernichtende Einwendungen gegen gesicherte Forderung
» rechtshemmende Einwendungen (Einreden) gegen gesicherte Forderung
– sonstige Einreden gegen Grundschuld aus Sicherungsvertrag (Arglisteinrede, § 242 BGB)
• Erlöschen: rechtsvernichtende Einwendungen
• Durchsetzbarkeit: rechtshemmende Einwendung
auch bei anspruchsähnlichem Aufbau von Verwertungsrecht keineVerjährung, § 214 I BGB, da „Ansprüche“ aus eingetragenen Rechten nicht der Verjährung unterliegen (§ 902 BGB)
§§ 1192 I, 1147 BGB insofern wie Anspruch behandelt, obwohl Verwertungsrecht (deshalb eigentlich § 902 BGB analog)
489
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld 5: Übersicht Einwendungen
Einwendungen gegen Grundschuld i.e.S.
Einwendungen gegen Forderung
nicht möglich!
Bestand Forderung/ Einwendungen gegen Forderung
Arglisteinrede (wg. Rückge-währanspruch Sicherungs-geber)
Einwendungen gegenüber Verwertungsrecht, §§ 1192 I,
1147
Einreden aufgrund/ aus Sicherungsver-trag wg. gesicherter Forderung (Einrede des mangelnden Sicherungsfalls)
sonstige Einreden aufgrund/aus Sicherungs-vertrag
prozessualer Hinweis: bei Vollstreckungs-unterwerfungserklärung (= vollstreckbare Urkunde, § 794 I Nr. 5 ZPO) sind Einwendungen mit einer Vollsteckungsabwehr-(gegen-)klage, § 767 I ZPO geltend zu machen (Palandt/ Bassenge § 1147 Rn. 4)
§ 1192 Ia S. 1 HS 1
490
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Si-cherungsgrundschuld 6: Einwendungen gegenüber Ersterwerber Sicherungsgrundschuld
rh., rv. Einwendung
Grundschuld
Einrede
selbstverständlich (d.h. gesetzlich nicht geregelt)
RF:-kein Bestand GS-Unrichtigkeit GB (§ 894)
beachte: kein gutgläub. Erwerb, § 892 bei Einwendung
selbstverständlich (arg. §§ 1192 I, 1157 S. 1)
RF:-Bestand GS, aber Hemmung Rechtsausübung (kein § 894!)-Anspruch auf Verzicht GS bei dauernder Einrede, §§ 1192 I, 1169, 1168-mit Verzicht EGS, §§ 1192 I, 1168 I (§ 1177 I 1 nicht anwendbar; in § 1168 I wird „Hypothek“ durch „Grundschuld“ ersetzt)
beachte: kein gutgl. einredefreier Erwerb
491
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Si-cherungsgrundschuld 7: Einwendungen gegenüber Ersterwerber Sicherungsgrundschuld
Forderung (= SiV!)
rh., rv. Einwendung(sowie Entstehung Ford. + vorläufige Nichtvalutierung)
Einrede
(+) als Einrede aufgrund SiV, § 1192 Ia („auch“)→Hemmung (kein § 894!)
zusätzliche RF:-Rückübertragungsanspruch aus SiV -auch Anspruch auf Verzicht GS, §§ 1192 I, 1169, 1168
(+) § 1192 Ia („auch“)keine eigenen Einreden (§§ 1137 S. 1 Fall 2, 770)nur fremde Einreden: als Einrede aus SiV (aber nicht beiVerjährung, § 216 II 1~) →Hemmung (kein § 894!)zusätzliche RF:-Rückübertragungs-anspruch aus SiV-auch §§ 1192 I, 1169, 1168, aber nicht bei Verjährung
SiV
(+) § 1192 Ia („auch“)Arglisteinrede, § 242 bei Rückübertragungsanspruch bzgl. GS (ausdr. oder konkl.) aus SiV, § 311 I →Hemmung (kein § 894!)
werden auch zur Einrede aus SiV über Arglisteinrede
492
• Rechtsgrundlage: Sicherungsvertrag
ausdrücklich
konkludent
ergänzende Vertragsauslegung, §§ 133, 157, 242 BGB
• Entstehung
Sicherungsvertrag (Sicherungsgrundschuld, § 1192 Ia S. 1 HS 1 BGB)
ausdrückliche oder konkludente Vereinbarung Rückgewähranspruch
ggfs. ergänzende Vertragsauslegung, §§ 133, 157, 242 BGB
rechtshindernde Einwendung: „aufschiebenden Bedingung, § 158 I BGB“ des endgültigen Wegfalls des Sicherungsfalls
u.a. auch bei endgültiger Undurchsetzbarkeit (d.h. dauernder Einrede) der zugrunde liegenden Forderung
nicht bei Verjährung der gesicherten Forderung, § 216 II 1 BGB analog
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Si-cherungsgrundschuld 8: Rückgewähranspruch bei SiGS aus Sicherungsvertrag
493
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Si-cherungsgrundschuld 9: Rückgewähranspruch bei SiGS aus Sicherungsvertrag
• Erlöschen
• Durchsetzbarkeit
• Rechtsfolgen
Ansprüche Eigentümer gegenüber Sicherungsnehmer
Rückübertragung Grundschuld auf Eigentümer (= Zweiter-werb), §§ 873 I HS 1 Fall 3, 1192 I, 1154 III BGB (BuchGS/BriefGS mit Eintragung)/§§ 413, 398 S. 1, 1192 I, 1154 I, 892 I 1 HS 1 Fall 2, 1155 BGB (BriefGS ohne Eintragung) odernach Wahl des Eigentümers
Verzicht auf die Grundschuld durch Grundschuldgläubiger, §§ 1192 I, 1168 BGB (MüKo/Eickmann, § 1191 Rn. 81, § 1169 Rn. 14) oder nach Wahl des Eigentümers
Aufhebung der Grundschuld, §§ 875, 1192 I, 1183 BGB (Baur/Stürner18, § 45 Rn. 28)
Arglisteinrede, § 242 BGB / allg. Zurückbehaltungsrecht, § 273 I BGB
494
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld 10
• Fall 23: Y hat Z eine Grundschuld in Höhe von 50.000.- Euro für ein gewährtes Darlehen bestellt und Z den Grundschuldbrief ausgehändigt. Z verlangt von Y aus der Grundschuld Zahlung von 50.000.- Euro. Y wendet ein: Er selbst habe bei der Bestellung der Grundschuld unter erheblichem Tabletteneinfluss gestanden, so dass er kaum ansprechbar und entscheidungsunfähig gewesen sei.
495
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld 11
dingliches Verwertungsrecht („Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung“), §§ 1192 I, 1147 BGB
Entstehung
• Erwerb Grundschuld
rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefgrundschuld durch Z, §§ 873 I
HS 1 Fall 2, 1191 I BGB
…
Einwendungen gegen die Grundschuld
rechtshindernde Einwendung: Geschäftsunfähigkeit, § 105 II BGB
• Rechtsfolgen
keine Fremdgrundschuld des Z
keine Eigentümergrundschuld des Y (§ 1196 I BGB) entstanden, da es bereits an wirksamer Willenserklärung Eigentümer mangelt
Unrichtigkeit Grundbuch; Grundbuchberichtigungsanspruch Y, § 894 BGB
496
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld 12
• Fall 24: Y hat Z eine Grundschuld in Höhe von 50.000.- Euro für ein gewährtes Darlehen bestellt und Z den Grundschuldbrief ausgehändigt. Z verlangt von Y aus der Grundschuld Zahlung von 50.000.- Euro. Y wendet ein: die Darlehensforderung sei verjährt.
497
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld 13
Befriedigungsrecht, §§ 1192 I, 1147 BGB
Entstehung
Erwerb Grundschuld
rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Briefgrundschuld durch Z, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I BGB
…
• Einwendungen gegen Grundschuld
Einrede aufgrund des Sicherungsvertrags wegen Forderung
es kann aufgrund fiduziarischer Bindung Sicherungsgrundschuld an den Sicherungsvertrag ggfs. (je nach Ausgestaltung der Sicherungsabrede) im Rahmen Verwertungsrecht §§ 1192 I, 1147 BGB eine Einrede gegen Grundschuld aufgrund Sicherungsvertrags geltend gemacht werden, § 1192 Ia S. 1 HS 1 BGB
498
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld 14
Verjährung der Forderung, § 214 I BGB
– Anspruch, § 194 I BGB
– Verjährungsdauer: regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren, § 195 BGB
– Gegeneinwendung: § 216 I BGB
» Verjährungseinrede gegen gesicherte Forderung bei Hypothek steht Gegeneinwendung aus § 216 I BGBentgegen
» § 216 I BGB bezieht sich aber nur auf akzessorische Sicherungsrechte
499
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld 15
– Gegeneinwendung § 216 II 1 BGB
» § 216 II 1 BGB auf Sicherungsgrundschulden anwendbar („Verschaffung eines Rechts“)
» allerdings nur „Rückübertragung“ der Sicherungsgrundschuld ausgeschlossen, nicht Befriedigungsrecht
– Gegeneinwendung § 216 II 1 BGB analog
» auf Geltendmachung Verjährungseinrede kann § 216 II 1 BGB aber analog angewandt werden mit argumentum a fortiori, wenn schon bei der akzessorischen Hypothek die Verjährung Forderung Geltendmachung der Hypothek nicht hindert, dann erst recht nicht Verjährung der Forderung bei der nicht akzessorischen Sicherungsgrundschuld
500
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld 16
sonstige Einrede aus Sicherungsvertrag
Arglisteinrede, § 242 BGB („dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“) bei Gegenanspruch
– Rückübertragungsanspruch bzgl. Grundschuld, ausdrücklich bzw. konkludent aus Sicherungsvertrag (ggfs. ergänzende Vertragsauslegung, §§ 133, 157, 242 BGB)
dieser Anspruch steht unter der „aufschiebenden Bedingung, § 158 I BGB“ des endgültigen Wegfalls des Sicherungsfalls
– hier: Verjährung der gesicherten Forderung, § 214 I BGB
» aber: Rückübertragung Sicherungsgrundschuld kann nicht aufgrund Verjährung gefordert werden, § 216 II 1 BGB
– Rechtsfolge: kein Rückübertragungsanspruch GS
501
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld 17
– Exkurs: Anspruch auf Verzicht auf Grundschuld, §§ 1192 I, 1169, 1168 BGB bei dauernder Einrede (hier: dauernde Einrede gegen Grundschuld)?
» nein; § 216 II 1 BGB geht §§ 1192 I, 1169 BGB vor (Palandt/Ellenberger, § 216 Rn. 3)
502
Wirtschaftliche Bedeutung des Pfandrechts an Rechten 1
• nur noch geringe Bedeutung
• Pfandrecht an einer Forderung weitgehend durch Sicherungsabtretungverdrängt
• weiterhin Bedeutung für
Pfandrecht an „Konto“ (= Verpfändung Kontoguthaben)
bei Guthaben auf Girokonto Verpfändung des Anspruchs auf Rückzahlung aus §§ 700 I 1 Fall 1, 488 I 2 Fall 2 BGB (unregelmäßige Verwahrung)
– trenne von Girovertrag, §§ 675, 611 BGB
503
Wirtschaftliche Bedeutung des Pfandrechts an Rechten 2
bei Sparvertrag Verpfändung des Anspruchs auf Rückzahlung § 488 I 2 Fall 2 BGB
Pfandrecht an (GmbH-)Gesellschaftsanteil
• außerdem Pfandrecht der Banken an Wertpapieren, Sachen und Ansprüchen (insbesondere Kontoguthaben) nach Nr. 14 I AGB Banken
504
Gesetzesaufbau Pfandrecht an Rechten
Ersterwerb1274 I 1 i.V.m. Regeln Rechts-übertragung /
1279, 1280
1273 II i.V.m. 1210
Einwen-dungen
Ersterwerb1273 II i.V.m. 1225, 1252 f.,
1255 f.
1273 II i.V.m. 1214-1219,
1226
rechtsge-schäftlicher Zweiterwerb 1273 II i.V.m.
1250 / 401
145 ff., 401 usw.
1273 II i.V.m. 1218-1221, 1228-1249,
1259
Ersterwerb Zweiterwerb Verwertungges. Pfand-
rechtsverhältnisUmfang
505
Rechtsgeschäftlicher Erwerb eines Pfandrechts an einem Recht, §§ 1274 I 1 BGB + Übertragungsregeln des Rechts 1 (Verfügungsaufbau)
• Entstehungsvoraussetzungen
Einigung
Parteien
Verfügungsgegenstand: übertragbares Recht
Begründung eines dinglichen Verwertungsrechts an einem Recht
zu sichernde Forderung
Bestimmbarkeit
akzessorische Sicherung bestimmter Forderung
Rechtsbindungswille
Übertragbarkeit des Rechts, § 1274 II BGB
Rechtsnatur: Bestellungsvoraussetzung, nicht rechtshindernde Einwendung
506
Rechtsgeschäftlicher Erwerb eines Pfandrechts an einem Recht, §§ 1274 I 1 BGB + Übertragungsregeln des Rechts 2
Übertragungsregeln des Rechts, § 1274 I 1 BGB, z.B. Übergabe
ist zur Übertragung Recht (z.B. Briefhypothek) Übergabe einer Sache erforderlich (z.B. Hypothekenbrief), so muss Pfandrechtsgläubiger Besitz an der Sache nach §§ 1205, 1206 BGB erlangen (§ 1274 I 2 BGB)
Einigsein
Berechtigung
Inhaber Recht
– Entstehungsvoraussetzungen
Verfügungsbefugnis
507
Rechtsgeschäftlicher Erwerb eines Pfandrechts an einem Recht, §§ 1274 I 1 BGB + Übertragungsregeln des Rechts 3
Bestand (Entstehung) einer zu sichernden Forderung (strenge Akzessorietät), §§ 1273 II, 1204 I BGB
künftige und aufschiebend bedingte Forderung, §§ 1273 II, 1204 II BGB
• rechtshindernde Einwendungen gegen Pfandrecht
• rechtshindernde Einwendungen gegen gesicherte Forderung
508
Rechtsgeschäftlicher Erwerb eines Pfandrechts an einer Forderung, §§ 1274 I 1, 398 S. 1, 1279 ff. (1280) BGB – 1 (Verfügungsaufbau)
• Entstehungsvoraussetzungen
Belastungsgegenstand: Forderung, §§ 1274 I 1, 1279 BGB
Übertragbarkeit der Forderung, § 1274 II BGB
Einigung
Anzeige an den Drittschuldner durch Gläubiger (Pfandanzeige, §§ 1279, 1280 BGB)
zusätzlich ist bei Verpfändung einer Forderung nach § 1280 BGB Anzeige an Schuldner (Drittschuldner) erforderlich
entbehrlich, wenn Bank Pfandrecht an Kontoguthaben bestellt, die bei ihr selbst gehalten werden (teleologische Reduktion) (Palandt/Bassenge § 1280 Rn. 1)
– es liegt nicht das in § 1280 BGB zugrunde liegende Dreiecksverhältnis vor (Pfandrechtsgläubiger = Drittschuldner)
Einigsein
509
Rechtsgeschäftlicher Erwerb eines Pfandrechts an einer Forderung, §§ 1274 I 1, 398 S. 1, 1279 ff. (1280) BGB - 2
Berechtigung
Inhaber Recht
– Entstehungsvoraussetzungen
Verfügungsbefugnis
Bestand (Entstehung) einer zu sichernden Forderung (vgl. §§ 1273 II, 1204 I BGB; strenge Akzessorietät)
künftige und aufschiebend bedingte Forderung, §§ 1273 II, 1204 II BGB
• rechtshindernde Einwendungen gegen Pfandrecht
• rechtshindernde Einwendungen gegen gesicherte Forderung
510
Rechtsgeschäftlicher Erwerb eines Pfandrechts an einem Recht vom Nichtberechtigten
• gutgläubiger Erwerb eines Pfandrechts an einem Recht vom Nichtinhaber des Rechts ist nur möglich, wenn das verpfändete Recht selbst gutgläubig erworben werden kann, insbesondere nach §§ 892, 1138, 1155, 2366 BGB, 16 III 1 GmbHG oder nach Wertpapierrecht
ein gutgläubiger Erwerb eines Pfandrechts an einer Forderung scheidet damit regelmäßig aus
• Erwerb vom Nichtberechtigten ist im Übrigen nur aufgrund einer Verfügungsermächtigung nach § 185 I BGB möglich
511
Wirtschaftliche Bedeutung der Sicherungsabtretung
• Sicherungsabtretung hat Pfandrecht an einer Forderung in Praxis fast vollständig verdrängt
genauso wie Sicherungsübertragung sonstiger Rechte, §§ 413, 398 BGB Pfandrecht an sonstigen Rechten verdrängt hat
512
Gesetzesaufbau Sicherungsabtretung
Ersterwerb398
./.(Sicherungs-
Vertrag)
Einwen-dungen
Ersterwerb404-408
ForderungZweiterwerb
398
145 ff. usw.
Einwen-dungen
Zweiterwerb404-408
Ersterwerb Zweiterwerb RechteUmfang
513
V= Schuldner= Abtretender= Zedent
K
Bank (z.B.)= Gläubiger= Abtretungsempfänger= Zessionar
Gelddarlehen, § 488
Sicherungsvertrag, § 311 I
§ 398 (§ 158 II) bzgl. § 433 II ↔ (Anwartschaftsrecht V, § 398 analog)
§ 433 § 929
Einfache Sicherungsabtretung
Einziehungsermächtigung, §§ 185 I, 362 II analog
1.
2. Schuldner der gesicherten Forderung und Sicherungsgeber (= Abtretender) können auch verschiedene Personen sein
• beachte Anwartschaftsrecht des Sicherungsgebers bei auflösend bedingter Sicherungsabtretung, § 158 II BGB
in Praxis in der Regel nicht der Fall
514
Rechtsgrundlage der Sicherungsabtretung 1
• Anzeigeprinzip Pfandrecht an Forderung (§§ 1279, 1280 BGB) in moderner Wirtschaftspraxis evidentermaßen unzulänglich
weiterhin teilweise kumulative Einziehungsbefugnis von Gläubiger und Pfandgläubiger vor Pfandreife (§ 1281 BGB) als schädlich angesehen; Schuldner kann mit befreiender Wirkung (§ 362 I BGB) nur an beide leisten
§ 1281 BGB bezieht sich auf Erfüllungswirkung ggü. Pfandgläubiger (Palandt/Bassenge § 1281 Rn. 3); wenn nicht an Pfandgläubiger und(personenverschiedenen) Forderungsgläubiger geleistet wird, ist die Erfüllung dem Pfandgläubiger gegenüber unwirksam (= Gegeneinwen-dung ggü. Erfüllung, § 362 I BGB); er kann nach § 1281 BGB grds. nochmals Leistung verlangen (Erman/L. Michalski § 1281 Rn. 3); allerdings kann sich Schuldner nach § 1275 Fall 1 i.V.m. § 407 BGB darauf berufen, dass er bei der Leistung an Forderungsgläubiger gutgläubig war
515
Rechtsgrundlage der Sicherungsabtretung 2
• Sicherungsabtretung beruht inzwischen auf Gewohnheitsrecht mit derogatorischer Wirkung, vgl. Art. 2 EGBGB
ursprünglich gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung
• inzwischen direkte gesetzliche Anerkennung (§ 51 Nr. 1 Fall 2 InsO [sonstige Absonderungsberechtigte]); außerdem vorausgesetzt in § 216 II 1 BGB
• grundsätzlich keine analoge Anwendung der Vorschriften über das Pfandrecht an Rechten
516
Erwerb einer Forderung sicherungshalber vom Berechtigten, § 398 BGB – 1 (Verfügungsaufbau)
• Abtretungsvoraussetzungen
Abtretungsgegenstand: Forderung
Spezialitätsgrundsatz
– Singularsicherheit
– Globalsicherheit (Globalzession)
Einigung
Parteien
Verfügungsgegenstand: Forderung
– Bezug der Einigung
» bestehende Forderungen, § 398 BGB direkt
517
Erwerb einer Forderung sicherungshalber vom Berechtigten, § 398 BGB - 2
» künftige Forderungen (insbesondere bei Globalzession): antizipierte Einigung (auf den Zeitpunkt, in dem der Abtretende Forderungsinhaber wird), § 398 BGB analog
arg. a fortiori § 185 II 1 Fall 2 BGB (Palandt/Grüneberg § 398 Rn. 11)
allerdings: bei zukünftigen Forderungen gibt es Auseinanderfallen von Abschlusstatbestand (Verfügungstatbestand ohne Berechtigung beendet) und Wirksamkeitstatbestand: nach h.L. wird Abtretung erst im Zeitpunkt der Entstehung der Forderung wirksam
– Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit
» bei Forderungsabtretung genügt Bestimmbarkeit der abgetretenen Forderung zum Zeitpunkt der Einigung; Bestimmtheit braucht erst vorzuliegen, wenn die Zession durch die Entstehung der Forderung wirksam wird (arg. § 185 II 1 Fall 2 BGB)
518
Erwerb einer Forderung sicherungshalber vom Berechtigten, § 398 BGB - 3
Übertragung der Forderung
keine akzessorische Sicherung bestimmter Forderung (aber schuldrechtliche Sicherungsabrede)
Rechtsbindungswille
rechtshindernde Einwendung: Formnichtigkeit, § 125 S. 1 BGB
grds. keine Form erforderlich
aber: § 1154 S. 1 BGB für Abtretung hypothekarisch gesicherter Forderung
Abtretbarkeit der Forderung
Rechtsnatur: Ausschlussregelung, nicht rechtshindernde Einwendung (a.A. Matthias Fervers, Anspruch entstanden – Anspruch untergegangen –Anspruch durchsetzbar – keine gute Idee, in: ZJS 2015, S. 454-460 (460))
gesetzliche Abtretungsverbote
– Übertragbarkeit, § 399 HS 1 BGB: Änderung des Leistungsinhalts durch Abtretung
» z.B. § 985 BGB
519
Erwerb einer Forderung sicherungshalber vom Berechtigten, § 398 BGB - 4
rechtsgeschäftliches Abtretungsverbot:
– § 399 HS 2 BGB (pactum de non cedendo)
– ausnahmsweise Wirksamkeit Zession: § 354a I 1 HGB
» Geldforderung
» beiderseitiges Handelsgeschäft, § 343 HGB
gesetzliche Vermutung, § 344 HGB (widerleglich, § 292 S. 1 ZPO)
» kein Kreditinstitut nach § 1 KWG; § 354a II HGB
» Rechtsfolge: Schuldner kann mit befreiender Wirkung an alten Gläubiger leisten (§ 354a I 2 HGB) auch bei Kenntnis von Abtretung (≠ § 407 BGB); deshalb dogmatische Einordnung: Empfangszuständigkeit des Abtretenden (Zedenten) (Canaris, Handelsrecht, § 26 Rn. 19)
alter Gläubiger muss Geld gem. § 816 II BGB an neuen Gläubiger herausgeben
alter Gläubiger kann Leistung vom Schuldner nicht mehr verlangen
520
Erwerb einer Forderung sicherungshalber vom Berechtigten, § 398 BGB - 5
– kein Ausschluss Abtretungsverbot nach § 405 HS 1 Fall 2 BGB bei Abtretung unter Urkundenvorlage (Gegenausschluss)
Berechtigung
Inhaber der abgetretenen Forderung
– künftige Forderung: antizipierte Einigung (auf den Zeitpunkt, in dem der Abtretende Forderungsinhaber wird), § 398 BGB analog
allerdings: bei zukünftigen Forderungen gibt es Auseinanderfallen von Abschlusstatbestand(Verfügungstatbestand ohne Berechtigung beendet) und Wirksamkeitstatbestand
Verfügungsmacht
521
Erwerb einer Forderung sicherungshalber vom Berechtigten, § 398 BGB - 6
nicht: Anzeige Abtretung an Schuldner der Forderung; unterscheide:
offene Abtretung: Mitteilung Abtretung der Forderungen durch Zessionar und Aufforderung an Drittschuldner, ausstehende Forderungen unmittelbar an ihn zu begleichen
stille (verdeckte) Abtretung: keine Mitteilung Abtretung der Forderung
– in Praxis verbunden mit Einziehungsermächtigung für Abtretenden, §§ 185 I, 362 II BGB analog
nicht: Bestand gesicherter Forderung
Sicherungsabtretung ist nicht akzessorisch zur gesicherten Forderung
beachte aber Einwendungen des Sicherungsgebers aus Sicherungsvertrag (vgl. Einwendungsaufbau)
nicht: Bestand Sicherungsvertrag
abstraktes Geschäft und Abstraktionsprinzip; aber § 812 I 1 BGB
522
Erwerb einer Forderung sicherungshalber vom Berechtigten, § 398 BGB - 7
• rechtshindernde Einwendungen gegen Forderungsabtretung
Unwirksamkeitsgründe bei Sicherungsübertragung (s.o.)
u.a. Nichtigkeit wegen anfänglicher Übersicherung, § 138 I BGB (s.o.)
• rechtshindernde Einwendungen gegen abgetretene Forderung
nach § 404 BGB kann Schuldner neuen Gläubiger der abgetretenen Forderung sämtliche Einwendungen entgegensetzen
kein Ausschluss Einwendungen bei Forderungsabtretung
Zeitpunkt: Einwendung zum Zeitpunkt Abtretung „begründet“, § 404 BGB = Tatbestandsvoraussetzungen (zumindest) ihrem Rechtsgrund nach im Schuldverhältnis angelegt
kein (sonstiger) Ausschluss Einwendung § 405 BGB
– § 117 I BGB bei Abtretung unter Urkundenvorlage, § 405 HS 1 Fall 1
– beachte: § 399 HS 2 BGB keine Einwendung, deshalb § 405 HS 1 Fall 2 BGB im Zusammenhang mit § 399 BGB oben berücksichtigt
• nicht: rechtshindernde Einwendungen gegen gesicherte Forderung
523
Erwerb einer Forderung sicherungshalber vom Berechtigten, § 398 BGB - 8
• Problem: Durchgangs- oder Direkterwerb bei Abtretung künftiger Forderungen
Rechtsprechung (BGHZ 32, 367), h.L.: Direkterwerb des Abtretungsempfängers
Vorauszession ist mit dinglicher (nicht sachenrechtlicher, sondern absoluter) Bindung belegt
– nach Vorauszession kann Zedent über Forderung nicht mehr verfügen
– Gläubiger des Zedenten können in Forderung keine Zwangsvollstreckung betreiben
– künftige Forderung ist Zessionar schon mit Abtretung zugeordnet
524
Erwerb einer Forderung sicherungshalber vom Berechtigten, § 398 BGB - 9
Minderheitsmeinung: Durchgangserwerb des Abtretenden
dingliche Wirkung wird bestritten
Forderung gehört für logische Sekunde zum Vermögen Zedent
vermittelnde Meinung:
Direkterwerb, wenn Rechtsgrundlage Forderung bei Abtretung schon und bei Entstehung Forderung noch vorhanden ist
– so bei aufschiebend bedingter Forderung
in anderen Fällen Durchgangserwerb
525
Erwerb einer Forderung sicherungshalber vom Nichtberechtigten, § 398 BGB - 1
• deutsches Zivilrecht kennt grundsätzlich keinen gutgläubigen Erwerbvon Forderungen
• eng begrenzte Ausnahmen finden sich nur in
§ 405 HS 1 Fall 1 und 2 BGB (Abtretung unter Urkundenvorlegung)
§ 2366 BGB (öffentlicher Glaube des Erbscheins)
Wertpapierrecht (insbesondere Wechselrecht, Art. 16 II WG)
526
Erwerb einer Forderung sicherungshalber vom Nichtberechtigten, § 398 BGB - 2
• eine weitere Ausnahme stellt der fingierte Forderungserwerb nach §§ 1138 Fall 1, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB beim gutgläubigen Zweiterwerb einer Hypothek bei Mangel Forderung dar
Forderung nur zum Zwecke Hypothekenerwerb fingiert
Forderung selbst wird nicht erworben
fraglich ist allerdings, ob in gewissen Konstellationen ein sogenannter „Mitlauf der Forderung“ dazu führt, dass gegen Schuldner der Forderung vorgegangen werden kann
527
Erwerb einer Forderung sicherungshalber vom Nichtberechtigten, § 398 BGB - 3
• Fall 25: Rudolf Arauner (A) betreibt einen Großhandel mit Küchengeräten, die er bei verschiedenen Herstellern bezieht und an Installationsunternehmen weiterveräußert. Am 15. Februar erwarb er bei dem Haushaltsgerätehersteller V zehn Herde; dabei wurde vereinbart, dass die Lieferung unter Vorbehalt des Eigentums erfolge, A aber zur Weiterveräußerung gegen Abtretung der Forderungen aus Weiterveräußerung befugt sei. Am 20. Februar nahm V bei der Bank „Schneller Euro AG“ (B) einen Geschäftskredit u.a. zum Kauf neuer Ware auf. Zur Sicherung trat er der Bank alle Forderungen ab, die ihm gegenwärtig gegen die Installationsfirmen zustehen oder bis zum 15. März entstehen werden. Am 25. Februar veräußert A die zehn am 15. Februar erworbenen Herde an das Installationsunternehmen „Schöne Küche“ (S). V und B wollen aus ihren jeweiligen Sicherungsabtretungen gegen S vorgehen. Wer hat Ansprüche gegen S?
528
A
B
§ 488 SiV, § 311 I
§ 398
§§ 929, 158 I,449 I ↔ AnwR
§ 433
EinzErm, §§ 362 II, 185 I analog
Erwerb einer Forderung sicherungshalber vom Nichtberechtigten, § 398 BGB - 4
V
1
2 3
S§ 433
§ 929
SiV, § 311 I
§ 185 I § 398 EinzErm, §§ 362 II, 185 I analog
529
Erwerb einer Forderung sicherungshalber vom Nichtberechtigten, § 398 BGB - 5
Zahlungsanspruch V gegen S, §§ 398, 433 II Fall 1 BGB
• Abtretungsvertrag zwischen A und V
• Abtretbarkeit der Forderung
Übertragbarkeit, § 399 HS 1 BGB: Änderung des Leistungsinhalts durch Abtretung (-)
gesetzliche Abtretungsverbote (-)
rechtsgeschäftliches Abtretungsverbot, § 399 HS 2 BGB (pactum de non cedendo) (-)
530
Erwerb einer Forderung sicherungshalber vom Nichtberechtigten, § 398 BGB - 6
• Berechtigung
Inhaber abgetretene Forderung
ursprünglich: Anspruch auf Kaufpreiszahlung von A gegenüber S, § 433 II Fall 1 BGB
kein Verlust Forderung: Erwerb der Forderung von A durch B, §§ 398 S. 1, 433 II Fall 1 BGB
– Abtretungsvertrag zwischen A und B
– Abtretbarkeit der Forderung
– Berechtigung
531
Erwerb einer Forderung sicherungshalber vom Nichtberechtigten, § 398 BGB - 7
– A Inhaber abgetretene Forderung
– Problem: A hat künftige Forderung gegenüber S zweimal abgetreten (15.2. an V, 20.02. an B)
» Prioritätsprinzip: auch bei Abtretung künftiger Forderungen ist Zeitpunkt Abtretungsvereinbarung für Berechtigung entscheidend
zeitlich frühere Verfügung ist wirksam
spätere kann nur im Wege gutgläubigen ErwerbsWirkung entfalten; bei Forderungsabtretung gutgläubiger Erwerb aber weitgehend ausgeschlossen
532
Erwerb einer Forderung sicherungshalber vom Nichtberechtigten, § 398 BGB - 8
» selbes Ergebnis bei analoger Anwendung § 161 I 1 BGB
Analogie, weil Entstehen der Forderung keine Geschäftsbedingung, sondern eine Rechtsbedingung
gutgläubiger Erwerb durch B vom Nichtberechtigten
– § 405 HS 1 Fall 1 bzw. 2 BGB (-), da keine Urkundenvorlage
Ergebnis
V ist Inhaber Kaufpreisforderung gegen S aus dem am 25.2. getätigten Kauf geworden
533
V
K
Bank (z.B.)
Gelddarlehen, § 488
Sicherungsvertrag, § 311 I
§ 398 (§ 158 II) bzgl. § 433 II ↔ (Anwartschaftsrecht V, § 398 analog)
§ 929 § 433
Verteidigung des Schuldners (Einwendungsaufbau) 1
Einziehungsermächtigung, §§ 362 II, 185 I analog
Schuldner der gesicherten Forderung und Sicherungsgeber können auch verschiedene Personen sein
1.
2.
534
Verteidigung des Schuldners 2 - Übersicht
• Forderungsabtretung
• kein Verlust der Forderung beim Zessionar
nur durch zweite Abtretung zwischen Zessionar und Drittem
grds. kein gutgläubiger Erwerb vom Zedenten möglich
• Einwendungen gegen Forderungsabtretung
rechtshindernde Einwendungen
z.B. §§ 105 I, 125 S. 1, 134, 138 I, II, § 142 I, 271 II BGB
rechtsvernichtende Einwendungen
z.B. auflösende Bedingung, § 158 II BGB (Erfüllung abgetretene Forderung)
– in Praxis selten
rechtshemmenden Einwendungen (Einreden)
535
Verteidigung des Schuldners 3 - Übersicht
• Einwendungen gegen abgetretene Forderung, §§ 404-408 BGB
nach § 404 BGB kann Schuldner neuem Gläubiger der abgetretenen Forderung sämtliche Einwendungen entgegensetzen, die bei Abtretung begründet sind
rechtshindernde Einwendungen (z.B. §§ 105 I, 125 S. 1, 134, 138 I, II, 142 I BGB)
rechtsvernichtende Einwendungen (z.B. §§ 362 I, 389 BGB)
rechtshemmende Einwendungen (Einreden)
z.B. §§ 214 I, 320 I 1, 2 BGB
allg. Zurückbehaltungsrecht, §§ 273 I, 274 BGB (wegen Rückübertragungsanspruch Sicherungsgeber): Erfüllung nur Zug um Zug gegen Rückübertragung
und
536
Verteidigung des Schuldners 4
kein Ausschluss Einwendungen, die bei Forderungsabtretung begründet sind
Zeitpunkt: Einwendung zum Zeitpunkt Abtretung „begründet“, § 404 BGB = Tatbestandsvoraussetzungen (zumindest) ihrem „Rechtsgrund“ nach im Schuldverhältnis angelegt
– insbesondere mangelnde Fälligkeit der abgetretenen Forderung, § 271 BGB (H.-J. Weber, KrS, § 16 III)
kein (sonstiger) Ausschluss Einwendung § 405 HS 1 Fall 1 BGB
– § 117 I BGB bei Abtretung unter Urkundenvorlage
– beachte: § 399 HS 2 BGB keine Einwendung, deshalb § 405 HS 1 Fall 2 BGB im Zusammenhang mit § 399 BGB oben berücksichtigt
537
Verteidigung des Schuldners 5
Einwendungen, die nach Forderungsabtretung entstehen, §§ 406, 407 BGB
Grundsatz: nicht möglich
Aufrechnung (§§ 406, 387 I BGB)
Erfüllung (§§ 407, 362 I BGB)
• Einwendungen aus gesicherter Forderung
wegen mangelnder Akzessorietät keine unmittelbare Geltendmachung von Einwendungen aus gesicherter Forderung
• Einwendungen aus Sicherungsvertrag
grds. keine Geltendmachung von Einwendungen wegen gesicherter Forderung aus Sicherungsvertrag (Sicherungsvertrag wirkt grds. nur im Innenverhältnis)
538
Verteidigung des Schuldners 6
Arglisteinrede, § 242 BGB („dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“) bei Gegenanspruch (Pflicht zur alsbaldigen Rückgewähr)
Rückübertragungsanspruch Sicherungsgeber bzgl. abgetretener Forderung, ausdrücklich bzw. konkludent aus Sicherungsvertrag (ggfs. ergänzende Vertragsauslegung, §§ 133, 157, 242 BGB)
Anspruch steht unter der „aufschiebenden Bedingung, § 158 I BGB“ des endgültigen Wegfalls des Sicherungsfalls (u.a. auch bei endgültiger Undurchsetzbarkeit der zugrunde liegenden Forderung)
– beachte: Undurchsetzbarkeit nicht bei Verjährung gesicherter Forderung, § 216 II 1 BGB
539
Verteidigung des Schuldners 7
• Fall 26: A hat eine Kaufpreisforderung von 10.000.- Euro gegenüber B an C zur Sicherheit abgetreten. C verlangt von B Zahlung. B macht gegenüber C geltend, dass er bei Abschluss des Kaufvertrags arglistig getäuscht wurde.
540
Verteidigung des Schuldners 8
Anspruch auf Kaufpreiszahlung von C ggü. B, §§ 433 II Fall 1 BGB, 398 BGB
Erwerb einer Forderung sicherungshalber vom Berechtigten, § 398 S. 1 BGB
• Einigung (+)
• Abtretbarkeit der Forderung (+)
• Berechtigung - Inhaber der Forderung
Anspruch auf Kaufpreiszahlung, § 433 II Fall 1 BGB
541
Verteidigung des Schuldners 9
• Einwendungen gegen abgetretene Forderung, die bei Forderungsabtretung begründet war, § 404 BGB
rechtshindernde Einwendungen: Anfechtung, §§ 404, 142 I, 123 I Fall 1 BGB
kein Ausschluss Einwendung, die bei Forderungsabtretung begründet war:
Begründung der Einwendung zum Zeitpunkt der Abtretung, § 404 BGB (+)
Gegeneinwendung: gutgläubiger Erwerb Forderung (-)
• Ergebnis
C kann gegenüber B den Kaufpreisanspruch nicht geltend machen
542
Verteidigung des Schuldners 10
• Fall 27: A hat eine Kaufpreisforderung von 10.000.- Euro gegenüber B an C zur Sicherheit abgetreten. C verlangt von B Zahlung. B macht gegenüber C geltend, dass er die Forderung nach Abtretung durch Zahlung an A erfüllt habe.
543
Verteidigung des Schuldners 11
Anspruch auf Kaufpreiszahlung von C ggü. B, §§ 433 II Fall 1 BGB, 398 BGB
Erwerb einer Forderung vom Berechtigten, § 398 BGB
• Einigung (+)
• Abtretbarkeit der Forderung (+)
• Berechtigung - Inhaber der Forderung
Anspruch auf Kaufpreiszahlung, § 433 II Fall 1 BGB
• Einwendungen gegen abgetretene Forderung, die bei Forderungsabtretung begründet war, § 404 BGB (-)
• Einwendungen, die nach Forderungsabtretung entstehen, §§ 406, 407 BGB
rechtsvernichtende Einwendungen: Erfüllung, § 362 I BGB
Leistung (+)
544
Verteidigung des Schuldners 12
an Gläubiger
– zwar keine Leistung ggü. C
– Leistung von B ggü. A könnte aber ausreichen, wenn Empfangs-/Forderungszuständigkeit nach § 407 I BGB (ähnlich § 25 I 2 HGB)
» Abtretung (+)
» Leistung an bisherigen Gläubiger A (+)
» nach Abtretung (+)
545
Verteidigung des Schuldners 13
» keine Kenntnis Schuldner von Abtretung
» Wahl des Schuldners (Palandt/Grüneberg § 407 Rn. 5; Wahlmöglichkeit des Schuldners; nicht dagegen Einrede, da nicht gegen Anspruch gerichtet)
– hier erfolgte Erfüllung nach Forderungsabtretung; diese kann von B gegenüber C geltend gemacht werden, wenn B keine Kenntnis von der Abtretung hatte
• Ergebnis
C kann gegenüber B den Kaufpreisanspruch nicht geltend machen, wenn B keine Kenntnis von der Abtretung hatte
546
Erweiterte und verlängerte Sicherungsabtretung
• auch bei Sicherungsabtretung ist Erweiterung (um weitere gesicherte Forderung oder Forderungen) möglich
• Verlängerung scheidet dagegen im Regelfall aus
Verlängerung um Forderung aus Veräußerung der abgetretenen Forderung selten einschlägig (wenn auch nicht ausgeschlossen)
wenn Forderung zur Sicherheit abgetreten wird, ist keine Verarbeitung möglich; deshalb scheidet eine Verarbeitungsklausel als Form der Verlängerung jedenfalls aus
547
Teil 2: Kreditsicherungsrecht
§ 5 Einführung in das Kreditsicherungsrecht§ 6 Entstehung von Kreditsicherheiten§ 7 Übertragung von Kreditsicherheiten
7.1 Abtretung des Bürgschaftsanspruchs7.2 Pfandrecht an einer beweglichen Sache7.3 Eigentumsvorbehalt7.4 Hypothek7.5 Sicherungsgrundschuld
548
Erwerb des Bürgschaftsanspruchs, §§ 765 I, 398 S. 1, 401 I BGB
Haupt-schuldner Bank (z.B.)
Bürge
MM: Sicherungs-vertrag, § 311 I
§ 765
Gelddarlehen, § 488
z.B.Auftrag, § 662GeBes., § 675GoA, § 677
C
grds. §§ 401, 765
§§ 398, 488
z.B. §§ 453, 433
MM: §§ 398, 311 I (SiV)
549
Inanspruchnahme aus übergegangenem Bürgschaftsanspruch, §§ 765 I, 398 S. 1, 401 I BGB – 1
• Forderungsabtretung der gesicherten Forderung, §§ 765 I, 398 S. 1 BGB
Abtretungsvertrag
Abtretbarkeit der Forderung
Berechtigung: Inhaber der gesicherten Forderung (nicht Bürgschaftsanspruch)
• Einwendungen gegen Forderungsabtretung
• Einwendungen des Schuldners gegen abgetretene Forderung, §§ 404-408 BGB
nach § 404 BGB kann Schuldner neuen Gläubiger der abgetretenen Forderung sämtliche Einwendungen entgegensetzen, die bei Abtretung begründet sind
550
Inanspruchnahme aus übergegangenem Bürgschaftsanspruch, §§ 765 I, 398 S. 1, 401 I BGB - 2
kein Ausschluss Einwendungen gegen abgetretene Forderung , diebei Forderungsabtretung begründet sind
Zeitpunkt: Einwendung zum Zeitpunkt Abtretung „begründet“, § 404 BGB
kein (sonstiger) Ausschluss Einwendung § 405 BGB (Abtretung unter Urkundenvorlegung)
Einwendungen gegen abgetretene Forderung, die nachForderungsabtretung entstehen, §§ 406, 407 BGB
Aufrechnung (§§ 406, 397 I BGB)
Erfüllung (§§ 407, 362 I BGB)
– gesicherte Forderung: § 362 I BGB
» damit auch Erlöschen Bürgschaft: § 767 I BGB
551
Inanspruchnahme aus übergegangenem Bürgschaftsanspruch, §§ 765 I, 398 S. 1, 401 I BGB - 3
• gesetzlicher Übergang, § 401 I BGB
kein Ausschluss Übergang Bürgschaft, § 311 I BGB (Einwendung gegenüber Bürgschaft)
§ 401 BGB ist dispositiv für Bürgschaft
(zuvor) Bestand Bürgschaftsanspruch, § 765 I BGB =
Bürgschaftsvertrag
552
Inanspruchnahme aus übergegangenem Bürgschaftsanspruch, §§ 765 I, 398 S. 1, 401 I BGB - 4
Einwendungen Bürgschaft, §§ 412, 404-408 BGB
– kein Ausschluss Einwendungen, die beiForderungsabtretung begründet sind, §§ 412, 404 BGB (nicht § 405 BGB)
– Einwendungen, die nach Forderungsabtretung entstehen, §§ 412, 406 f. BGB
nicht: Bestand der Hauptschuld, §§ 765 I, 767 I 1 BGB
– bereits oben bei Forderungsabtretung geprüft
553
Inanspruchnahme aus übergegangenem Bürgschaftsanspruch, §§ 765 I, 398 S. 1, 401 I BGB - 5
Einwendungen Hauptschuld
– nur eigene Einreden Bürge, §§ 771 S. 1, 770 BGB
– nicht: sonstige Einwendungen, insbesondere fremde (schuldnerbezogene) Einreden Bürge, § 768 I 1 BGB, da bereits oben bei Forderungsabtretung behandelt
554
Grundmodell Zweiterwerb dinglicher, akzessorischer Sicherungsrechte (Verfügungsaufbau)
• Forderungsabtretung, § 398 S. 1 BGB
Einigung (§ 398 BGB – Abtretung der Forderung)
Abtretbarkeit der Forderung
ggfs. Vollzugsmoment (z.B. § 1154 BGB)
Berechtigung
rechtshindernde Einwendungen gegen Forderungsabtretung
rechtshindernde Einwendungen gegen abgetretene Forderung, §§ 404-408 BGB
• gesetzlicher Übergang, § 401 I BGB (zwingender Übergang bei dinglichen Rechten! vgl. §§ 1250, 1153 BGB)
Voraussetzung: rechtsgeschäftlicher Ersterwerb
555
Prüfungsaufbau bei einer Übertragung oder mehreren Übertragungen von dinglichen Kreditsicherheiten und anderen dinglichen Rechten
• Lösungsalternativen bei Iteration:
historischer Aufbau mit chronologischer Reihenfolge jedenfalls bei mehr als einmaliger Übertragung, um verschachtelten Prüfungsaufbau zu vermeiden
zunächst Verfügungsaufbau oder Einwendungsaufbau bzgl. Begründung Recht
ggfs. weitere Übertragungen
zum Schluss zeitlich letzte Übertragung prüfen
inzidenter Aufbau möglich bei einmaliger Übertragung; Ersterwerb Recht wird
im Rahmen gesetzlichen Rechtsübergangs (akzessorische Rechte) oder
im Rahmen Berechtigung für Übertragung (nicht akzessorische Rechte) geprüft
556
A Bank (z.B.)
Gelddarlehen, § 488
Sicherungsvertrag, § 311 I
§ 1204
Zweiterwerb des Pfandrechts an beweglichen Sachen
A Bank (z.B.)
E
Sicherungsvertrag, § 311 I
§ 1204
Gelddarlehen, § 488
z.B.Auftrag, § 662GeBes., § 675GoA, § 677
1.
2.
C
C
z.B. §§ 453, 433
§§ 398, 488
§ 1250
§ 1250
§§ 398, 488
z.B. §§ 453, 433
§§ 398, 311 I (SiV)
§§ 398, 311 I (SiV)
557
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache vom Berechtigten, §§ 398 S. 1, 1250 I 1 BGB (= § 401 I BGB) – 1 (Verfügungsaufbau)
• Forderungsabtretung, § 398 S. 1 BGB
Anwendbarkeit: § 1250 I 1 BGB
Einigung (§ 398 BGB – Abtretung Forderung)
Abtretbarkeit Forderung
Berechtigung
Inhaber Forderung
Verfügungsmacht
rechtshindernde Einwendungen gegen Forderungsabtretung
rechtshindernde Einwendungen gegen abgetretene Forderung, §§ 404-408 BGB
558
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache vom Berechtigten, §§ 398 S. 1, 1250 I 1 BGB (= § 401 I BGB) - 2
nicht: Übergabe Pfandsache oder Übergabesurrogat
nicht: Anzeige Abtretung an Schuldner Forderung
offene Abtretung: Mitteilung Abtretung der Forderungen durch Zessionar und Aufforderung an Drittschuldner, ausstehende Forderungen unmittelbar an ihn zu begleichen
stille (verdeckte) Abtretung: keine Mitteilung Abtretung der Forderung
559
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache vom Berechtigten, §§ 398 S. 1, 1250 I 1 BGB (= § 401 I BGB) - 3
• gesetzlicher Übergang Pfandrecht, § 1250 I 1 BGB
kein Ausschluss Pfandrechtsübertragung, § 1250 II BGB (Ausschlußregelung gegenüber Pfandrecht)
(zuvor) Bestand eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache =
rechtsgeschäftlicher Ersterwerb eines Pfandrecht an beweglicher
Sache, § 1205 I 1 BGB
[…]
560
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache vom Nichtberechtigten 1
• Nichtbestehen gesicherte Forderung
Pfandrecht kann ebenfalls nicht erworben werden
Gesetz kennt in §§ 398 ff. BGB grundsätzlich keinen gutgläubigen Erwerb einer Forderung
eng begrenzte Ausnahmen finden sich nur in
– § 405 HS 1 Fall 1 und 2 BGB (Abtretung unter Urkundenvorlegung) und
– § 2366 BGB (öffentlicher Glaube des Erbscheins)
– Wertpapierrecht (insbesondere Wechselrecht, Art. 16 II WG)
weitere Ausnahme stellt fingierte Forderungserwerb nach §§ 1138 Fall 1, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB beim gutgläubigen Zweiterwerb einer Hypothek bei Mangel Forderung dar
561
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache vom Nichtberechtigten 2
• Nichtbestehen Pfandrecht
herrschende Meinung: gutgläubiger Erwerb eines nicht bestehenden Pfandrechts durch Zessionar auch dann nicht möglich, wenn nur Forderung, nicht aber Pfandrecht besteht
§ 1257 BGB spricht von „kraft Gesetz entstandenem Pfandrecht“, setzt also voraus, das Pfandrecht tatsächlich entstanden ist
Folge: Zessionar erwirbt zwar Forderung, nicht aber Pfandrecht
562
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache vom Nichtberechtigten 3
Minderheitsmeinung: gutgläubiger Zweiterwerb möglich bei ausreichendem Rechtsscheintatbestand, z.B. Übergabe Pfandsache (und Vorliegen übrigen Entstehungsvoraussetzungen), §§ 1257, 1207, 932 ff. BGB analog
„mittelbar rechtsgeschäftlicher Erwerb“
wegen Systemvergleich mit §§ 1153, 892 BGB (Hypothek) und §§ 401, 892, 883 BGB (Vormerkung; h.M.)
– Gegenargument: keine § 1138 Fall 1 BGB entsprechende Vorschrift beim Pfandrecht
» § 1138 Fall 1 BGB zeigt nur, dass gutgläubiger Zweiterwerb Hypothek bei Mangel Forderung möglich sein soll
563
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache vom Nichtberechtigten 4
• Fall 28: K hat O zur Sicherung einer Forderung ein Bild verpfändet. O, der seinerseits bei L ein Darlehen aufgenommen hat, tritt zur Tilgung seiner Forderung dem L seinen Anspruch gegen K ab und händigt ihm auch das Bild aus. Nunmehr ficht K dem O gegenüber die Pfandrechtsbestellung wegen arglistiger Täuschung an. K verlangt von L das Bild heraus. Mit Recht?
564
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache vom Nichtberechtigten 5
Herausgabeanspruch, § 985 BGB
Entstehung
• Anwendbarkeit
nicht §§ 1227, 985 BGB, da nicht Herausgabeanspruch des Pfandgläubigers, sondern des ursprünglichen Verpfänders; deshalb § 985 BGB ohne entsprechende Anwendung über § 1227 BGB
• Eigentum K
• Besitz L
• rechtshindernde Einwendungen: Besitzrecht aufgrund Pfandrecht des L, § 986 I 1 Fall 1 BGB
565
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache vom Nichtberechtigten 6
rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache durch L von O, §§ 398 S. 1, 1250 I BGB (= § 401 BGB)
Forderungsabtretung, § 398 S. 1 BGB
– Anwendbarkeit: 1250 I 1 BGB
– Einigung O ./. L (§ 398 BGB – Abtretung der Forderung)
– Abtretbarkeit der Forderung
– Berechtigung - Inhaber der Forderung
» Forderung zwischen K und O (+)
566
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache vom Nichtberechtigten 7
gesetzlicher Pfandrechtsübergang, § 1250 I 1 BGB
(zuvor) Bestand eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache
rechtsgeschäftlicher Ersterwerb eines Pfandrecht an einer
beweglichen Sache durch O von K, § 1205 I 1 BGB
Einigung zwischen Eigentümer (Verpfänder) und Pfandgläubiger darüber, dass diesem ein Pfandrecht zustehen soll (§ 1205 I BGB)
Übergabe oder Übergabeersatz
– Übergabe der beweglichen Sache im Sinne von § 854 BGB (§ 1205 I 1 BGB)
Berechtigung
567
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache vom Nichtberechtigten 8
Bestand einer zu sichernden Forderung (vgl. § 1204 BGB; Akzessorietät)
Einwendungen gegen Pfandrecht
– rechtshindernde Einwendung gegenüber Einigung Pfandrecht: Anfechtung, §§ 142 I, 123 I Fall 1 BGB (+)
Zwischenergebnis: Pfandrecht ist wegen Anfechtung nichtig; L konnte nicht vom Berechtigen erwerben
568
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache vom Nichtberechtigten 9
Problem: rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache vom Nichtberechtigten(Nichtberechtigung ist hier Nichtinhaberschaft eines Pfandrechts)
– h.L.: scheidet aus, da §§ 1207, 932 ff. BGB rechtsgeschäftlichen Erwerb voraussetzen
– Minderheitsmeinung: möglich bei ausreichendem Rechtsscheintatbestand (und Vorliegen der übrigen Entstehungsvoraussetzungen), §§ 1207, 932 ff. BGB analog
» hier wurde Bild an L übergeben, womit ausreichender Rechtsscheintatbestand vorliegt
» Gutgläubigkeit
569
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb Anwartschaftsrecht an beweglichen Sachen vom Berechtigten
929 S. 1 analog
Verfügungsgegenstand: übereignungsfähige bewegliche Sache (beachte wesentliche Bestandteile, 93, 94)
929 S. 2 analogauch:
930 analog931 analog
Einigung über Übertragung AR (145 ff.), ggfs. als Minus in Einigung über die Eigentumsübertragung enthalten (Auslegung/Umdeutung)
ÜbergabeÜbergabeersatz:
bereits Besitzerlangt
Übergabeersatz: Mittelb. Besitz, 868
- Vereinbarung (antizipiertes) BMV
- Herausgabeanspruch („auf Zeit“)
- Besitzmittlungswille („als“)
Berechtigung = Verfügender ist Inhaber des AnwRs + Verfügungsmacht
Einigsein bei Übergabe oder Übergabesurrogat, 929 S. 1 analog („einig sein“)Zeitpunkt: Vollendung des AR-Erwerbs = Übergabe oder Surrogat
Übergabeersatz: Abtretung des Herausgabe-anspruchs
aus dem BMV, 870, 398
Erstarken zum Vollrecht? (↔KP-Zahlung)
Möglichkeit des Bedingungseintritts = bei 449 I: wirksamer Kaufvertrag zw. Verkäufer und Ersterwerber des AR, der nicht erloschen ist (d.h. keine rh. oder rv. Einw.)
bei Erwerb vom Berechtigten immer (+), da sonst kein AR bestünde
570
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb Anwartschaftsrecht an beweglichen Sachen vom Berechtigten, § 929 S. 1 BGB analog (Verfügungsaufbau bei direktem Anwartschaftsrechtserwerb)
• Verfügungsgegenstand: bewegliche Sache
• Einigung
Parteien
Verfügungsgegenstand: bewegliche Sache
Übertragung Anwartschaftsrecht Vorbehaltskäufer
nicht: gesicherte Forderung
nicht: Akzessorietät
Rechtsbindungswille
• Übergabe
• Einigsein
• Berechtigung
Anwartschaftsrecht = Ersterwerb Anwartschaftsrecht, §§ 929 ff. BGB analog
Verfügungsbefugnis
571
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb Anwartschaftsrecht an beweglichen Sachen vom Nichtberechtigten 1
wenn Anwartschaftsrecht (-), ist unter “Berechtigung” zusätzlich zu prüfen
• analoge Anwendung Gutgläubigensvorschriften auf AR
• Verkehrsgeschäft (teleologische Reduktion)
• Rechtsschein (Rechtsschein des Besitzes wird auf das AR bezogen)
Besitz, § 932 I 1, 2 BGB analog oder
Übergabe vom Veräußerer, § 933 BGB analog oder
Abtretung des Herausgabeanspruchs, § 934 Fall 1 BGB analog oder
Besitzverschaffung von Drittem des § 934 Fall 2 BGB analog
572
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb Anwartschaftsrecht an beweglichen Sachen vom Nichtberechtigten 2
• keine Bösgläubigkeit bzgl. Anwartschaftsrecht, § 932 II BGB analog
Zeitpunkt Erwerb des AR = Übergabe (oder Surrogat i.S.v. §§ 930, 931 BGB)
• kein Abhandenkommen, § 935 I BGB analog
unfreiwilliger Besitzverlust beim Berechtigten (ohne, nicht notwendig gegen seinen Willen) = Eigentümer
• ein AR muss aber tatsächlich bestehen = Möglichkeit des Bedingungseintritts
bei § 449 I BGB wirksamer Kaufvertrag zwischen Käufer und Ersterwerber des AR, der nicht erloschen ist
Entstehung
– Kaufvertrag
– rechtshindernde Einwendungen
Erlöschen
573
Der selbständige Fahrzeugbrief 1
• Fall 29: A verkauft und übergibt seinen Pkw an B. Den Fahrzeugbrief (der seit 2005 “Zulassungsbescheinigung Teil II“ heißt) behält A ein. B zahlt den Kaufpreis nicht, stattdessen verkauft und übergibt er den Pkw an C. A verlangt nun Herausgabe des Pkw von C nach § 985 BGB.
574
A B C1 433 2 433
929, 158 I (?) 929 Pkw
3 Herausgabe Kfz
Der selbständige Fahrzeugbrief 2
AnwR AnwR
575
Der selbständige Fahrzeugbrief 3
• Herausgabeanspruch A gegen C gemäß § 985 BGB bzgl. Kfz
Eigentum des Anspruchstellers A
ursprünglich: A war Eigentümer des Pkw
Übereignung Pkw A an B, § 929 S. 1 BGB
– Einigung (+)
– aufschiebende Bedingung, § 158 I BGB: Zahlung Kaufpreis / Zurückbehaltungsrecht, § 273 I BGB am Kfz-Brief
» ausdrückliche Eigentumsvorbehaltsklausel (-)
» konkludenter Eigentumsvorbehalt (+)
576
Der selbständige Fahrzeugbrief 4
Übereignung Pkw B an C, § 929 S. 1 BGB
– Einigung (+)
– Übergabe (+)
– Berechtigung
» Eigentum des B: (-) B handelte als Nichtberechtigter
» konkludente Zust. A zur Weiterveräußerung, 185 I BGB (-)
» gutgläubiger Erwerb, §§ 929 S. 1, 932 I 1 BGB
(1) Rechtsscheintatbestand: Besitz B (+)
(2) Gutgläubigkeit C bzgl. Eigentum B, § 932 II BGB
grobe Fahrlässigkeit bei Gebrauchtwagenkauf:Vorlage Fahrzeugbrief und Ausweis Veräußererdurch Kfz-Brief (-)
→ grobe Fahrlässigkeit
577
Der selbständige Fahrzeugbrief 5
» Vermutung des § 1006 II BGB (-)
ZwErgebnis: A ist Eigentümer geblieben
(unmittelbarer oder mittelbarer) Besitz des Anspruchsgegners C: (+)
Recht zum Besitz
Besitzrecht des unmittelbaren und des mittelbaren Besitzers (abgeleitetes Recht des C zum Besitz, Besitzrechtskette), § 986 I 1 Fall 2 BGB
– Besitzrecht des unmittelbaren Besitzers (C) ggü. dem Zwischenmann (B): Kaufvertrag zw. C und B
– Besitzrecht des Zwischenmanns (B) gegenüber dem Eigentümer (A): Kaufvertrag zw. A und B
578
Der selbständige Fahrzeugbrief 6
– Befugnis des Zwischenmanns zur Weitergabe des Besitzes an den unmittelbaren Besitzer: Eigentumsvorbehalt nur Ausschluss Übertragung Eigentum, nicht Besitzweitergabe
– wirksames Besitzmittlungsverhältnis zwischen Eigentümer (A) und mittelbarem Besitzer (B)
» (-), da kein Besitzmittlungswille B
– ZwErgebnis: abgeleitetes Besitzrecht des C (-)
eigenes Besitzrecht C, § 986 I 1 Fall 1 BGB
– Anwartschaftsrecht als Besitzrecht nach § 986 BGB
h.L.: wesensgleiches Minus; gutgläubiger Ersterwerb
Anwartschaftsrecht sonst entwertet
579
Der selbständige Fahrzeugbrief 7
– Übertragung des Anwartschaftsrechts von B auf C, § 929 S. 1 BGB analog
» Einigung: Auslegung (§§ 133, 157 BGB) / Umdeutung (§ 140 BGB analog) (+)
» Übergabe (+)
» Berechtigung B: Ersterwerb Anwartschaftsrecht durch B, § 929 S. 1 BGB analog (+)
– Erlöschen des Anwartschaftsrechts: Rücktritt Kaufvertrag zw. A und B
» Rücktrittsgrund: § 323 I BGB (+)
» Rücktrittserklärung A, § 349 I BGB (-)
Ergebnis: Besitzrecht C gegen A (+), solange A nicht Rücktritt vom Kaufvertrag (§ 449 II BGB) mit B erklärt
580
A Bank (z.B.)
Gelddarlehen, § 488
Sicherungsvertrag, § 311 I
§§ 873, 1113
Zweiterwerb der Hypothek
A Bank (z.B.)
E
Sicherungsvertrag, § 311 I
§§ 873, 1113
Gelddarlehen, § 488
z.B.Auftrag, § 662GeBes., § 675GoA, § 677
1.
2.
C
C
§§ 398, 488, 1154
§§ 398, 311 I (SiV)
§ 1153
§ 1153
§§ 398, 311 I (SiV)
§§ 398, 488, 1154
z.B. §§ 453, 433
z.B. §§ 453, 433
581
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Berechtigten, §§ 398 S. 1, 1154, 1153 I (= § 401 I) BGB – 1 (Verfügungsaufbau)
• Forderungsabtretung, § 398 S. 1 BGB
Anwendbarkeit: § 1153 I BGB
Einigung (§ 398 BGB – Abtretung der Forderung)
Abtretbarkeit der Forderung
582
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Berechtigten, §§ 398 S. 1, 1154, 1153 I (= § 401 I) BGB - 2
Vollzugsmoment, § 1154 BGB
Rechtsnatur: nicht generell Formvorschrift (also nicht generell § 125 S. 1 BGB) bei hypothekatisch gesicherter Forderung
bei Abtretung der durch Buchhypothek gesicherten Forderung: Eintragung Abtretung im Grundbuch (§§ 1154 III, 873 I Fall 3, 1115 BGB)
bei Abtretung einer durch Briefhypothek gesicherten Forderung
– Abtretungserklärung Zedent (= Abtretender, Altgläubiger) erfolgt schriftlich (§§ 1154 I, 125 S. 1 BGB)
[beachte: Abtretung setzt Abtretungsvertrag voraus; aber
nur Schriftlichkeit der Erklärung des Zedenten
erforderlich; beachte auch, dass im Hinblick auf
gutgläubigen Erwerb [§ 1155 BGB] notarielle Erklärung
empfehlenswert] oder
583
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Berechtigten, §§ 398 S. 1, 1154, 1153 I (= § 401 I) BGB - 3
– Abtretung im Grundbuch eingetragen (§§ 1154 II, 873 I Fall 3 BGB) und
– Übergabe Hypothekenbrief (§§ 1154 I 1, 1117 I, II BGB)
» auch Übergabevereinbarung, § 1117 II BGB
» teleologische Reduktion: Übergabe durch Vereinbarung erst ersetzt, wenn Grundbuchamt mit Willen des bisherigen Gläubigers unmittelbar Besitz des Briefes erhält oder wenn beim Grundbuchamt die Voraussetzungen für die Herstellung eines nicht vorhandenen Briefes vorliegen (Palandt/Bassenge § 1154 Rn. 7)
» Übergabevermutung: § 1117 III BGB
584
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Berechtigten, §§ 398 S. 1, 1154, 1153 I (= § 401 I) BGB - 4
» vgl. zu den Übertragungsarten Übersicht in MüKo/Eickmann, § 1154 Rn. 25
Einigsein
Berechtigung
Inhaber Forderung = Entstehung der Forderung
Verfügungsmacht
rechtshindernde Einwendungen gegen Forderungsabtretung
rechtshindernde Einwendungen gegen abgetretene Forderung, §§ 404-408 BGB
• gesetzlicher Übergang Hypothek, § 1153 I BGB
(zuvor) Bestand Hypothek =
rechtsgeschäftlicher Ersterwerb (Brief-)Hypothek, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113 BGB
[…]
585
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Berechtigten, §§ 398 S. 1, 1154, 1153 I (= § 401 I) BGB - 5
• Rechtsfolgen Abtretung der gesicherten Forderung
Forderungsabtretung, § 398 S. 1 BGB
Zweiterwerb Hypothek, § 1153 I BGB (= § 401 I BGB)
gesetzlicher Eigentumserwerb bzgl. Hypothekenbrief, § 952 II BGB
586
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Berechtigten, §§ 398 S. 1, 1154, 1153 I (= § 401 I) BGB - 6
• Fall 30: E hat B für eine Darlehensforderung in Höhe von 100.000.- Euro eine Hypothek an seinem Grundstück bestellt. B möchte ausschließlich die Darlehensforderung an Z abtreten, die Hypothek aber behalten. Ist dies möglich?
587
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Berechtigten, §§ 398 S. 1, 1154, 1153 I (= § 401 I) BGB - 7
rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer (Brief-) Hypothek vom Berechtigten, §§ 398 S. 1, 1153 I (= § 401), 1154 BGB
• Forderungsabtretung, § 398 S. 1 BGB
• gesetzlicher Übergang der Hypothek, § 1153 I BGB
Ausschluss des Hypothekenübergangs?
vgl. Pfandrecht an beweglichen Sachen, § 1250 II BGB
Ausschluss des Hypothekenübergangs ist nicht möglich wegen Nichtigkeit der isolierten Abtretung der gesicherten Forderung, §§ 1153 II Fall 1, 134 BGB/Fehlen der Privatautonomie, Art. 2 I GG
– Forderung und Hypothek können nicht voneinander getrennt werden (§ 1153 II BGB)
– isolierte Abtretung der Forderung ohne die Hypothek ist nichtig
588
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Berechtigten, §§ 398 S. 1, 1154, 1153 I (= § 401 I) BGB - 8
• Fall 31: Kann B im vorigen Fall ausschließlich die Hypothek an Z abtreten, die Darlehensforderung aber behalten?
589
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Berechtigten, §§ 398 S. 1, 1154, 1153 I (= § 401 I) BGB - 9
Übertragung der Hypothek, §§ 413, 398 S. 1 BGB
• Verfügungsgegenstand: Hypothek
• Einigung (§§ 413, 398 BGB – Übertragung der Hypothek)
• Abtretbarkeit der Hypothek (nicht: Abtretbarkeit der Forderung); § 399 BGB entsprechend anwendbar auf Hypothek aufgrund von § 413 BGB
gesetzliche Abtretungsverbote: Nichtigkeit der isolierten Hypothekenübertragung, §§ 1153 II Fall 2, 134 BGB/Fehlen der Privatautonomie, Art. 2 I GG
Forderung und Hypothek können nicht voneinander getrennt werden (§ 1153 II BGB)
isolierte Übertragung der Hypothek ohne die Forderung ist nichtig
isoliert können nach § 1159 BGB nur Ansprüche auf rückständige Zinsen und andere Nebenleistungen abgetreten werden, und zwar formlos nach § 398 S. 1 BGB
590
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten: Fallgruppen
Mangel desdinglichen Rechts(Forderung besteht)
Mangel derForderung(Forderung bestehtnicht, aber dinglichesRecht [als Eigentü-mergrundschuld unddamit keine Fremd-hypothek])
Doppelmangel
Forderung ./. §§ 1138 Fall 1, 892 I 1HS 1 Fall 2, 1155, 1140BGB
§§ 1138 Fall 1, 892 I 1HS 1 Fall 2, 1155, 1140BGB
dingliches Recht §§ 892 I 1 HS 1 Fall 2analog, 1155, 1140BGB
Problem: § 892 I 1 HS 1Fall 2 analog
nach h.L. entbehrlich,wenn dingliches Recht[Eigentümergrund-schuld] bestand
§§ 892 I 1 HS 1 Fall 2analog, 1155, 1140BGB
591
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Buchhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 398 S. 1, 1154, 1153 I (= § 401 I), 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB analog - 1
• Forderungsabtretung, § 398 S. 1 BGB
Anwendbarkeit: § 1153 BGB
Einigung (§ 398 BGB – Abtretung Forderung)
Abtretbarkeit Forderung
Vollzugsmoment, § 1154 III BGB
Buchhypothek: Eintragung Abtretung im Grundbuch (§§ 1154 III, 873 I Fall 3 BGB)
592
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Buchhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 398 S. 1, 1154, 1153 I (= § 401 I), 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB analog - 2
Einigsein
Berechtigung
Inhaber Forderung
Verfügungsmacht
• gesetzlicher Übergang Hypothek, § 1153 I BGB
(zuvor) Bestand Hypothek =
rechtsgeschäftlicher Ersterwerb Buchhypothek, § 873 I HS 1 Fall 2, 1113 BGB (-)
mit Ausnahme eines Mangels Forderung; s. dazu unten
593
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Buchhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 398 S. 1, 1154, 1153 I (= § 401 I), 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB analog - 3
Problem: gutgläubiger Erwerb
rechtsgeschäftlicher Erwerb eines dinglichen Rechts
– § 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB direkt (-), da gesetzlicher Zweiterwerb nach § 1153 I 1 BGB (= § 401 I BGB)
– Problem: § 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB analog bei Hypothek
h.L.: (+), da „mittelbar rechtsgeschäftlicher Erwerb“;
gutgläubiger Zessionar erwirbt Hypothek nach §§ 398,
1154, 1153 (= § 401), 892 BGB
594
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Buchhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 398 S. 1, 1154, 1153 I (= § 401 I), 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB analog - 4
arg.: § 1138 Fall 1 BGB zeigt, dass gutgläubiger Zweiterwerb Hypothek möglich sein soll
» wenn schon bei Mangel gesicherter Forderung, dann erst recht bei Mangel dinglichen Rechts
Rechtsscheintatbestand: Eintragung im Grundbuch
– Unrichtigkeit Grundbuch hinsichtlich der Hypothek
– Legitimation des Abtretenden (Vermutung: § 891 I BGB)
keine Zerstörung Rechtsschein
Gutgläubigkeit Erwerber
– keine Kenntnis Erwerber bzgl. Nichtbestehens Hypothek
595
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Buchhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel der Forderung), §§ 398 S. 1, 1154, 1153 I (= § 401 I), 1138 Fall 1, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 1
• Forderungsabtretung, § 398 S. 1 BGB
Anwendbarkeit: § 1153 BGB
Einigung (§ 398 BGB – Abtretung der Forderung)
Abtretbarkeit Forderung
Vollzugsmoment, § 1154 BGB
Buchhypothek: Eintragung Abtretung im Grundbuch erforderlich (§§ 1154 III, 873 I Fall 3 BGB)
Einigsein
Berechtigung
Inhaber der Forderung (-)
596
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Buchhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel der Forderung), §§ 398 S. 1, 1154, 1153 I (= § 401 I), 1138 Fall 1, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 2
gutgläubiger Erwerb Forderung, §§ 1138 Fall 1, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB
– Anwendbarkeit § 892 I 1 BGB
Grundsatz: kein gutgläubiger Erwerb von Forderungen
Ausnahme: §§ 1138 Fall 1, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB(fingierter Forderungserwerb für Hypothek)
Gegenausnahme: Sicherungshypothek (§ 1185 II BGB)
– rechtsgeschäftlicher Erwerb Forderung
597
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Buchhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel der Forderung), §§ 398 S. 1, 1154, 1153 I (= § 401 I), 1138 Fall 1, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 3
– Rechtsscheintatbestand: Eintragung im Grundbuch, § 892 BGB
» Unrichtigkeit des Grundbuchs hinsichtlich der Hypothek
» Legitimation des Abtretenden (Vermutung: § 891 I BGB)
– keine Zerstörung Rechtsschein
– Gutgläubigkeit Erwerber (keine Kenntnis des Erwerbers bzgl. Nichtstehens der gesicherten Forderung)
– Rechtsfolge: fingierter Forderungserwerb für Zweck Hypothekenerwerb
» Forderung selbst wird nicht gutgläubig erworben; aus Forderung kann nicht vorgegangen werden
Verfügungsmacht
598
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Buchhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel der Forderung), §§ 398 S. 1, 1154, 1153 I (= § 401 I), 1138 Fall 1, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 4
• gesetzlicher Übergang Hypothek, § 1153 I BGB
(zuvor) Bestand Hypothek =
rechtsgeschäftlicher Ersterwerb Buchhypothek, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113 BGB
[…]
Problem: Bestand Forderung
zusätzliche Prüfung § 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB analog entbehrlich, wenn dingliches Recht (Eigentümergrundschuld) besteht; arg. § 1138 Fall 1 BGB
599
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Briefhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 398 S. 1, 1154, 1153 I (= § 401 I), 892 I 1 HS 1 Fall 2 analog, 1155 BGB - 1
• Forderungsabtretung, § 398 S. 1 BGB
Einigung (§ 398 BGB – Abtretung der Forderung)
Abtretbarkeit Forderung
Vollzugsmoment, § 1154 BGB
zur Abtretung einer durch eine Briefhypothek gesicherten Forderung ist erforderlich, dass
– Abtretungserklärung Zedent schriftlich erfolgt (§§ 125 S. 1, 1154 I 1 BGB) oder die Abtretung im Grundbuch eingetragen (§§ 1154 II, 873 I Fall 3 BGB) und
– Übergabe Hypothekenbrief (§§ 1154 I 1, 1117 BGB)
600
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Briefhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 398 S. 1, 1154, 1153 I (= § 401 I), 892 I 1 HS 1 Fall 2 analog, 1155 BGB - 2
Einigsein
Berechtigung
Inhaber Forderung
Verfügungsmacht
• gesetzlicher Übergang Hypothek, § 1153 I BGB
(zuvor) Bestand Hypothek =
rechtsgeschäftlicher Ersterwerb Briefhypothek, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113 BGB (-)
Problem: gutgläubiger Erwerb
rechtsgeschäftlicher Erwerb eines dinglichen Rechts: (-) Analogie
Verkehrsgeschäft (teleologische Reduktion)
Rechtsscheintatbestand
– Eintragung im Grundbuch, § 892 BGB
601
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Briefhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 398 S. 1, 1154, 1153 I (= § 401 I), 892 I 1 HS 1 Fall 2 analog, 1155 BGB - 3
» Unrichtigkeit des Grundbuchs hinsichtlich der Hypothek
» Legitimation des Abtretenden (Vermutung: § 891 I BGB)
oder
– zusammenhängende Reihe von öffentlich (= notariell) be-glaubigten Abtretungserklärungen, §§ 1155 S. 1, 892, 129 BGB
» [beachte: Abtretung setzt Abtretungsvertrag voraus; aber nur Schriftlichkeit der Erklärung des Zedenten erforderlich
» sowie: Zurückgehen auf eingetragenen (Hypotheken-) Gläubiger
keine Zerstörung Rechtsschein
Gutgläubigkeit Erwerber (keine Kenntnis des Erwerbers bzgl. Nichtbestehens der Hypothek)
602
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Briefhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel der Forderung), §§ 398 S. 1, 1154, 1153 I (= § 401 I), 1138 Fall 1, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 1
• Forderungsabtretung, § 398 S. 1 BGB
…
Berechtigung
Inhaber der Forderung (-)
gutgläubiger Erwerb Forderung, §§ 1138 Fall 1, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB
– Anwendbarkeit § 892 I 1 BGB
» Grundsatz: kein gutgläubiger Erwerb von Forderungen
» Ausnahme: §§ 1138 Fall 1, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB (fingierter Forderungserwerb für Hypothek)
» Gegenausnahme: Sicherungshypothek, § 1185 II BGB)
– rechtsgeschäftlicher Erwerb Forderung
603
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Briefhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel der Forderung), §§ 398 S. 1, 1154, 1153 I (= § 401 I), 1138 Fall 1, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB - 2
– Rechtsscheintatbestand
» Eintragung (der Abtretung) im Grundbuch, §§ 1138 Fall 1, 892 BGB
(1) Unrichtigkeit Grundbuch hinsichtlich der Forderung (z.B. Eintragung einer Darlehenshypothek)
(2) Legitimation des Abtretenden (Vermutung: § 891 I BGB)
oder
» zusammenhängende Reihe von öffentlich (= notariell) beglau-bigten Abtretungserklärungen, §§ 1155 S. 1, 892, 129 BGB
(auch wenn keine ausdrückliche Verweisung auf § 1138 Fall 1 BGB; aber Wortlaut „Gläubigerrecht“ in § 1155 BGB)
Unrichtigkeit der Abtretungserklärungen hinsichtlich der Forderung
sowie: Zurückgehen auf eingetragenen (Hypotheken-) Gläubiger
– Gutgläubigkeit Erwerber (keine Kenntnis des Erwerbers bzgl. Nichtbestehens der Forderung)
604
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 1
• Fall 32: Der F hat sich von dem H 20.000.- Euro „geliehen“. Im Anschluss daran erkrankt der F an einer Psychose und wird geschäftsunfähig. Nach der Erkrankung lässt sich H von dem F für sein Darlehen eine Briefhypothek an dem Grundstück des F bestellen. Die Hypothek wird ins Grundbuch eingetragen. Im Anschluss daran tritt der H die Darlehensforderung in einem notariell beglaubigten Abtretungsvertrag und unter Übergabe des Hypothekenbriefs an N ab. Welche Rechte hat N erworben?
605
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 2
rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer (Darlehens-)Briefhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts), §§ 398 S. 1, 1153 I (= § 401), 1154, 892 I 1 BGB analog
• Forderungsabtretung, § 398 S. 1 BGB
…
• gesetzlicher Übergang der Hypothek, § 1153 I BGB
(zuvor) Bestand einer Hypothek
rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer (Brief-) Hypothek, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113 BGB
…
Einwendungen gegen Hypothek: rechtshindernde Einwendung: Geschäftsunfähigkeit, § 105 I BGB (+)
Zwischenergebnis: Hypothek ist nicht entstanden
606
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 3
Problem: gutgläubiger Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten (Nichtberechtigung ist hier Nichtinhaberschaft einer Hypothek und nicht mangelndes Eigentum an dem belasteten Grundstück)
rechtsgeschäftlicher Erwerb eines dinglichen Rechts
– § 892 I 1 Fall 2 BGB direkt (-), da gesetzlicher Zweiterwerb nach § 1153 I 1 BGB (= § 401 BGB)
– Problem: § 892 I 1 analog bei Hypothek
» h.L.: hier ist § 892 analog anwendbar, da „mittelbar rechtsgeschäftlicher Erwerb“. Gutgläubiger Zessionar erwirbt Hypothek nach §§ 398, 1154, 401, 892 BGB (Baur/Stürner, § 38 Rn. 22 ff.; Reinicke/Tiedtke, S. 333)
Problem: Verkehrsgeschäft (teleologische Reduktion)
607
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 4
Rechtsscheintatbestand
– Eintragung (der Abtretung) im Grundbuch, § 892 BGB (-)
– zusammenhängende Reihe von öffentlich (= notariell) beglau-bigten Abtretungserklärungen, §§ 1155 S. 1, 892, 129 BGB
» sowie: Zurückgehen auf eingetragenen (Hypotheken-) Gläubiger H (+)
keine Zerstörung Rechtsschein
– kein Widerspruch gegen Richtigkeit des Grundbuchs im Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs eingetragen, § 892 I 1 HS 2 Fall 1 BGB
– Ausschluss §§ 892, 1140 S. 1 BGB: nur soweit Unrichtigkeit des Grundbuchs aus dem Brief oder einem Vermerk hervorgeht
Gutgläubigkeit des Erwerbers (keine Kenntnis des Erwerbers bzgl. Nichtbestehens der Hypothek): keine positive Kenntnis des Erwerbers
608
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 5
• Fall 33: Der F hat sich vom H 20.000.- Euro „geliehen“ (= ein Darlehen erhalten). Zum Zeitpunkt der Darlehensaufnahme litt der F an einer Psychose und war geschäftsunfähig. H ließ sich von dem F für sein Darlehen eine Briefhypothek an dem Grundstück des F bestellen. Zum Zeitpunkt der Hypothekenbestellung war F von seiner Psychose geheilt und wieder geschäftsfähig. Die Hypothek wird ins Grundbuch eingetragen und der Hypothekenbrief übergeben. Im Anschluss daran tritt der H die Darlehensforderung in einem notariell beglaubigten Abtretungsvertrag und unter Übergabe des Hypothekenbriefs an N ab. Kann N von dem F „Duldung der Zwangsvollstreckung“ verlangen? Kann der H aus der Forderung gegen F vorgehen?
609
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 6
Frage 1
dingliches Verwertungsrecht Hypothek (“Duldungsanspruch“), § 1147 BGB
Entstehung
Erwerb Hypothek
rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer (Darlehens-) Briefhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel der Forderung), §§ 398 S. 1, 1153 I (= § 401 BGB), 1154 BGB
• Forderungsabtretung, § 398 S. 1 BGB
…
Einwendungen gegen abgetretene Forderung, §§ 404-408 BGB
rechtshindernde Einwendung: Geschäftsunfähigkeit, § 105 I BGB (+)
kein Ausschluss Einwendung: Einwendung zum Zeitpunkt Abtretung „begründet“, § 404 BGB
Zwischenergebnis: H ist nicht Inhaber der Forderung
610
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 7
gutgläubiger Erwerb der Forderung, §§ 1138 Fall 1, 892 I 1 Fall 2 BGB (nur für Zwecke des Hypothekenerwerbs!)
Anwendbarkeit § 892 I 1 BGB
– Grundsatz: kein gutgläubiger Erwerb von Forderungen
– Ausnahme: §§ 1138 Fall 1, 892 I 1 Fall 2 BGB (fingierter Forderungserwerb)
rechtsgeschäftlicher Erwerb einer Forderung
Problem: Verkehrsgeschäft (teleologische Reduktion)
Rechtsscheintatbestand:
– Eintragung (der Abtretung) im Grundbuch, §§ 1138, 892 BGB (-)
– zusammenhängende Reihe von öffentlich (= notariell) beglau-bigten Abtretungserklärungen, §§ 1155 S. 1, 892, 129 BGB
– sowie: Zurückgehen auf eingetragenen (Hypotheken-) Gläubiger H (+)
611
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 8
keine Zerstörung Rechtsschein
– kein Widerspruch gegen Richtigkeit des Grundbuchs im Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs eingetragen, § 892 I 1 HS 2 Fall 1 BGB
– Ausschluss §§ 892, 1140 S. 1 BGB: nur soweit Unrichtigkeit des Grundbuchs aus dem Brief oder einem Vermerk hervorgeht
Gutgläubigkeit des Erwerbers: keine positive Kenntnis des Erwerbers (keine Kenntnis des Erwerbers bzgl. Nichtbestands der Forderung)
Rechtsfolge: fingierter Forderungserwerb
• gesetzlicher Übergang der Hypothek, § 1153 I BGB
rechtsgeschäftlicher Ersterwerb der (Darlehens-) Hypothek, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113 BGB
[…]
612
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 9
Problem: Bestand einer Forderung
zusätzliche Prüfung § 892 I 1 Fall 2 BGB analog entbehrlich, wenn dingliches Recht (Eigentümergrundschuld) besteht, d.h. alle Voraussetzungen bis auf Bestand Forderung vorliegen; arg. § 1138 BGB
Frage 2
Anspruch auf Darlehensrückzahlung, §§ 398, 488 I 2 Fall 2 BGB
Forderungsabtretung; 398 BGB
• …
• Einwendungen gegen abgetretene Forderung, §§ 404-408 BGB
rechtshindernde Einwendung: Geschäftsunfähigkeit, § 105 I BGB (+)
gutgläubiger Erwerb der Forderung, §§ 1138 Fall 1, 892 I 1 Fall 2 BGB (-), da die Forderung nur für Zwecke des Hypothekenerwerbs fingiert wird
613
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 10
• Fall 34 („Mitreißen der Forderung“): E hat dem H im Jahr 2000 zur Sicherung einer Darlehensforderung an seinem Grundstück eine Briefhypothek bestellt. Seit Februar 2001 ist H auf Grund von Altersdemenz geschäftsunfähig. 2003 tritt er die Darlehensforderung in einer notariell beglaubigten Abtretungserklärung an Z ab und übergibt ihm den Brief. Z tritt die Darlehensforderung seinerseits in einer notariell beglaubigten Abtretungserklärung an K ab und übergibt ihm den Brief. K möchte gegen E aus der Darlehensforderung vorgehen.
E
Gelddarlehen, § 488
Sicherungsvertrag, § 311 I
§§ 873, 1113
H Z§§ 398, 488, 1154
z.B. §§ 453, 433
1153
z.B. §§ 453, 433
§§ 398, 488, 1154
1153
K
614
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 11
• [Vorprüfung: dingliches Verwertungsrecht Hypothek (“Duldungsanspruch“), § 1147 BGB
Entstehung
Anwendbarkeit
Problem – Rechtsnatur
Erwerb Hypothek
rechtsgeschäftlicher Ersterwerb der (Darlehens-) Hypothek durch H von E, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113 BGB (+) […]
rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb der (Darlehens-)Hypothek durch Z von H, §§ 398 S. 1, 1153 I (= 401 BGB), 1154 BGB
– Forderungsabtretung von H an Z, § 398 S. 1 BGB
» Anwendbarkeit: § 1153 BGB
» Einigung (§ 398 BGB – Abtretung der Forderung)
615
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 12
» Abtretbarkeit der Forderung
» Vollzugsmoment, § 1154 BGB (+)
» Einigsein
» Berechtigung
(1) Inhaber der Forderung (+)
(2) Verfügungsmacht
» Einwendungen gegen Forderungsabtretung: rechtshindernde Einwendung: Geschäftsunfähigkeit H, § 105 I BGB
» kein Ausschluss Einwendung: Einwendung zum Zeitpunkt Abtretung „begründet“, § 404 BGB
» gutgläubiger Erwerb der Forderung
(1) §§ 1155, 1138 Fall 1, 892 I 1 Fall 2 BGB (-) (überwindet
Mängel der Forderung, dagegen nicht Mängel der
Abtretung)
616
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 13
(2) sonstige Gutglaubensvorschriften für gutgläubigen Er-
werb von Forderungen: allenfalls §§ 405 HS 1 Fall 1 und 2,
2366 BGB, die hier nicht in Frage kommen und im Übrigen
auch keine Mängel der Abtretung überwinden könnten
» Zwischenergebnis: keine wirksame Abtretung von H an Z und somit Z nicht Inhaber der Forderung; damit auch kein wirksamer gesetzlicher Hypothekenerwerb nach § 1153 I BGB
rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer (Darlehens-) Briefhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel der Forderung) durch K von Z, §§ 398 S. 1, 1153 I (= § 401 BGB), 1154 BGB
Forderungsabtretung von Z an K, § 398 S. 1 BGB
– Anwendbarkeit: § 1153 BGB
– Einigung (§ 398 BGB – Abtretung der Forderung)
617
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 14
– Abtretbarkeit der Forderung
– Vollzugsmoment, § 1154 BGB
– Einigsein
– Berechtigung
» Inhaber der Forderung: Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens von Z ggü. H, §§ 398 S. 1, 1154, 488 I 2 Fall 2 BGB
Forderungsabtretung von H an Z, § 398 S. 1 BGB (-) s.o.
» gutgläubiger Erwerb der Forderung, §§ 1155, 1138 Fall 1, 892 I 1 Fall 2 BGB
(1) Anwendbarkeit
§ 1155 / § 1138 BGB
(2) Anwendbarkeit § 892 I 1 BGB - §§ 1138 Fall 1, 892 I 1
BGB (fingierter Forderungserwerb)
618
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 15
(3) rechtsgeschäftlicher Erwerb einer Forderung
(4) Problem: Verkehrsgeschäft (teleologische Reduktion)
(5) Rechtsscheintatbestand
(a) Eintragung im Grundbuch, §§ 1138, 892 BGB (-)
oder
(b) zusammenhängende Reihe von öffentlich (= notariell)
beglaubigten Abtretungserklärungen, § 1155 BGB
(c) sowie: Zurückgehen auf eingetragenen (Hypothe-
ken-) Gläubiger (+)
(6) Gutgläubigkeit des Erwerbers (+)
(7) Rechtsfolge: fingierter Forderungserwerb
» Verfügungsmacht (+)
619
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 16
gesetzlicher Übergang der Hypothek von Z auf K, § 1153 I BGB
rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb der (Darlehens-) Hypothek
durch Z von H, §§ 398 S. 1, 1153 I (= 401 BGB), 1154 BGB
– s.o.: (-)
– Zwischenergebnis: Hypothek ist nicht entstanden (das Fehlen einer Entstehungsvoraussetzung - mit Ausnahme eines Mangels der Forderung - stellt einen Mangel des dinglichen Rechts dar)
– Problem: gutgläubiger Erwerb, § 1155, 892 I 1 Fall 2 BGB
» rechtsgeschäftlicher Erwerb eines dinglichen Rechts
§ 892 I 1 BGB direkt (-), da gesetzlicher Zweiterwerb nach
§ 1153 I 1 BGB (= § 401 BGB)
» Problem: § 892 I 1 analog bei Hypothek
» Problem: Verkehrsgeschäft (teleologische Reduktion)
620
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 17
» Rechtsscheintatbestand
(1) Eintragung im Grundbuch, §§ 1138, 892 BGB (-) oder
(2) zusammenhängende Reihe von öffentlich (= notariell)
beglaubigten Abtretungserklärungen, § 1155 BGB (+)
» Gutgläubigkeit des Erwerbers (keine Kenntnis des Erwerbers bzgl. Nichtbestehens der Hypothek) (+)
» Bestand der Forderung - s.o.: zwar (-) aber gutgläubiger Erwerb der Forderung nach §§ 1155, 1138 Fall 1, 892 I 1 Fall 2 BGB
» Zwischenergebnis: gutgläubiger Erwerb der Hypothek durch K von Z
» Erläuterung: hier Doppelmangel dingliches Recht und gesicherte Forderung; bei einfachem Mangel dingliches Recht wäre zusätzliche Prüfung § 892 I 1 Fall 2 BGB analog entbehrlich, wenn dingliches Recht (Eigentümergrundschuld) bestünde; arg. § 1138 BGB; diese Situation ist hier aber nicht einschlägig
621
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 18
Problem: Rechtsnatur des erworbenen dinglichen Rechts
– forderungsentkleidete Hypothek
– Grundschuld
Erlöschen
Durchsetzbarkeit
Ergebnis Vorprüfung: K hat wirksam zumindest eine forderungsentkleidete Hypothek erworben]
• Hauptprüfung: Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens von K ggü. E, §§ 398 S. 1, 488 I 2 Fall 2 BGB
Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens von H ggü. E, § 488 I 2 Fall 2 BGB
Entstehung
Darlehensvertrag
622
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 19
Auszahlung
rechtshindernde Einwendung: Fälligkeit, § 271 II BGB (+)
Erlöschen
Durchsetzbarkeit
Zwischenergebnis: H hat einen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens
Forderungsabtretung von H an Z, § 398 S. 1 BGB
Einigung
Abtretbarkeit der Forderung
Berechtigung
Inhaber der abgetretenen Forderung
Verfügungsmacht
623
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 20
sonstige Einwendungen gegen Forderungsabtretung
rechtshindernde Einwendung: Geschäftsfähigkeit, § 105 I BGB (+)
gutgläubiger Erwerb der Forderung: grds. nicht möglich
Zwischenergebnis: Forderungsabtretung von H an Z war unwirksam; Z ist nicht Inhaber der Forderung
Forderungsabtretung von Z an K, § 398 S. 1 BGB
Einigung
Abtretbarkeit der Forderung
Berechtigung
Inhaber der Forderung; (-), da Abtretung von H an Z unwirksam war
624
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 21
gutgläubiger Erwerb der Forderung, §§ 1138 Fall 1, 892 I 1 BGB (-), da die Forderung nur für Zwecke des Hypothekenerwerbs fingiert wird
Problem: gesetzlicher Erwerb der Forderung bei Auseinanderfallen von Forderung und dinglichem Recht, § 1153 II Fall 2 BGB analog
– streitig ist, ob bloß forderungsentkleidete Hypothek erworben wird und demgemäß Zessionar nicht aus gesicherter Forderung vorgehen kann, wenn Zedent nach § 398 BGB (§ 1154 BGB auf Ebene Abtretung einer rein schuldrechtlichen Forderung nicht erforderlich) Forderung abtritt, deren Gläubiger Dritter ist
– nach einem Teil der Literatur (z.B. Schwab/Prütting, Sachenrecht, 27. Aufl., München 1997, Rn. 694) geht in diesem Sonderfall Forderung analog § 1153 II Fall 2 BGB mit der Hypothek auf den Zessionar über („Mitreißen Forderung“),
625
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 22
allerdings nur, wenn Forderung wirklich besteht. Auseinanderfallen von Forderung und Hypothek müsse in diesen Fällen verhindert werden, weil anderenfalls Schuldner
und Eigentümer Gefahr laufe, doppelt in Anspruch genommen zu werden und zweimal zahlen zu müssen, nämlich an Hypothekar und persönlichen Gläubiger (Baur/Stürner, § 38 Rn. 22 ff.; Wolff/Raiser, § 137 II 1 d)
– Gegenmeinung (wohl h.L.) lehnt auch in diesem Fall zutreffend Erwerb Forderung durch Zessionar ab. Das Auseinanderfallen von gesicherter Forderung und dinglichem Recht besteht nach dieser Auffassung fort. Schuldner und Eigentümer ist vor doppelter Inanspruchnahme ausreichend geschützt. An Hypothekar braucht er nur gegen Löschungsbewilligung und Aushändigung Hypothekenbrief zu zahlen (§ 1144 BGB). Hypothekar kann dann Brief nicht vorlegen (§ 1160 BGB).
626
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 23
Persönlichen Gläubiger kann er Einrede entgegenhalten, dass er nach dem der Bestellung der Hypothek zugrunde liegenden Sicherungsvertrag nur Zug um Zug gegen Rückgewähr der Sicherheit zu zahlen brauche (Jahr/Kropf, JuS 1963, 356, 358 f.; Reinicke/Tiedtke, S. 337; wohl Zurückbehaltungsrecht § 273 I BGB mit Rechtsfolge § 274 BGB). Dies bedeutet im Ergebnis, dass Schuldner und Eigentümer an Hypothekar und nicht an persönlichen Schuldner zahlen muss
Verfügungsmacht
627
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 24
• Fall 35: E hat M zur Sicherung eines Darlehens eine Hypothek in Höhe von 50.000.- Euro bestellt. Auf dem Hypothekenbrief ist eine teilweise Rückzahlung des Darlehens in Höhe von 10.000.- Euro vermerkt. Im Vertrauen auf den Grundbuchinhalt – dort war immer noch eine Hypothek in Höhe von 50.000.- Euro eingetragen – lässt sich Z von M die Darlehensforderung in einer notariell beglaubigten Abtretungserklärung abtreten. In welcher Höhe hat Z die Hypothek erworben?
628
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 25
rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer (Darlehens-) Briefhypothek vom Nichtberechtigten (Mangel des dinglichen Rechts) durch Z vom M, §§ 398 S. 1, 1153 I (= § 401 BGB), 1154, 892 I 1 BGB analog
• Forderungsabtretung von M an Z, § 398 S. 1 BGB
Anwendbarkeit: § 1153 BGB
Verfügungsgegenstand: Forderung (= schuldrechtlicher Anspruch), § 1153 I BGB
Einigung (§ 398 BGB – Abtretung der Forderung)
Abtretbarkeit der Forderung
Vollzugsmoment, § 1154 BGB
zur Abtretung einer durch eine Briefhypothek gesicherten Forderung ist erforderlich, dass
629
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 26
– Abtretungserklärung Zedent schriftlich erfolgt (§§ 125 S. 1, 1154 I 1 BGB) oder die Abtretung im Grundbuch eingetragen (§§ 1154 II, 873 I Fall 3 BGB) und
– Übergabe Hypothekenbrief (§§ 1154 I 1, 1117 BGB)
Einigsein
Berechtigung
Inhaber der Forderung: Anspruch auf Darlehensrückzahlung von M ggü. E, § 488 I 2 Fall 2 BGB
Einwendungen gegen abgetretene Forderung, §§ 404-408 BGB
rechtsvernichtende Einwendung: teilweise Erfüllung, § 362 I BGB (+)
[die teilweise Erfüllung führt zu einer Reduzierung des Umfangs der Hypothek (Umfangsakzessorietät), s.u.]
630
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 27
kein Ausschluss Einwendung: Einwendung zum Zeitpunkt Abtretung „begründet“, § 404 BGB
Zwischenergebnis: M ist teilweise nicht Inhaber der Forderung
• gesetzlicher Übergang der Hypothek, § 1153 I BGB
(zuvor) Bestand einer Hypothek
rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer (Brief-) Hypothek, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1113 BGB
Belastungsgegenstand: Grundstück, § 1113 BGB
Einigung, §§ 873, 1113, 1115 BGB
Eintragung (der Hypothek) im Grundbuch, §§ 873, 1115 BGB
Einigsein
Berechtigung
631
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 28
Übergabe des Hypothekenbriefs, §§ 1116 I, 1117 BGB, wenn nicht ausgeschlossen (§ 1116 II BGB)
Einigsein / Fortbestand der Berechtigung
Bestand einer zu sichernden Forderung, § 1113 I BGB: 50.000.- Euro
Einwendungen gegen gesicherte Forderung: vgl. bereits oben -rechtsvernichtende Einwendung: teilweise Erfüllung, § 362 I BGB
Zwischenergebnis: Hypothek ist im Umfang von 10.000.- Euro erloschen
gutgläubiger Erwerb der Hypothek in Höhe von zusätzlichen 10.000.- Euro aufgrund einer Grundbucheintragung, §§ 1138 Fall 1, 892 I 1 Fall 2 BGB
Anwendbarkeit: § 1138 BGB
Problem: Verkehrsgeschäft = wirtschaftliche Personenverschiedenheit (Dritterwerb) (methodisch: teleologische Reduktion)
632
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Hypothek vom Nichtberechtigten 29
Rechtsscheintatbestand: Eintragung im Grundbuch
kein Widerspruch gegen Richtigkeit des Grundbuchs im Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs eingetragen, § 892 I 1 HS 2 Fall 1 BGB (-)
Ausschluss §§ 892, 1140 S. 1 BGB: nur soweit Unrichtigkeit des Grundbuchs aus dem Brief hervorgeht (+), da Vermerk in Hypothekenbrief
[kein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs im Brief, § 1140 S. 2 BGB]
Ergebnis: kein gutgläubiger Erwerb der Hypothek in Höhe von zusätzlichen 10.000.- Euro aufgrund des Hypothekenbriefs
633
A Bank (z.B.)
Gelddarlehen, § 488
Sicherungsvertrag, § 311 I
§§ 873, 1113
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Zweiterwerb (Einwendungsaufbau)
A Bank (z.B.)
E
Sicherungsvertrag, § 311 I
§§ 873, 1113
Gelddarlehen, § 488
z.B.Auftrag, § 662GeBes., § 675GoA, § 677
1.
2.
C
C
z.B. §§ 453, 433
§§ 398, 311 I (SiV)
§ 1153
§ 1153
§§ 398, 311 I (SiV)
§§ 398, 488, 1154
§§ 398, 488, 1154
z.B. § 453, 433
634
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Hypothek: Prüfungsstufen Einwendungen Grundpfandrechte bei Zweiterwerb
Rechtsgrundlage für Einwendung (Geltendmachung), z.B. „selbstverständlich“ oder §§ 1137, 1156 S. 1, 1192 Ia HS 1
Bestimmung Rechtsverhältnis, Einwendung und Art der (rh., rv., rh.) Einwendung sowie Prüfung der Einwendung
Gegeneinwendung: gutgläubiger Zweiterwerb, § 892/§§ 1138 Fall 1, 892/gutgläubig einredefreier Erwerb, §§ 1157 S. 2, 892/§§ 1138 Fall 2, 892
• ggfs. Ausschluss des gutgläubig einredefreien Zweiterwerbs (§§ 1185 II, 1192 Ia!)
Ausschluss Einw. bei Zweiterwerb, z.B. § 1157 S. 1 („Zustehen“), 1156 S. 1
Rechtsfolge
635
Prüfungsaufbau bei einer Übertragung oder mehreren Übertragungen von dinglichen Kreditsicherheiten und anderen dinglichen Rechten
• Lösungsalternativen bei Iteration:
historischer Aufbau mit chronologischer Reihenfolge jedenfalls bei mehr als einmaliger Übertragung, um verschachtelten Prüfungsaufbau zu vermeiden
zunächst Verfügungsaufbau oder Einwendungsaufbau bzgl. Begründung Recht
ggfs. weitere Übertragungen
zum Schluss zeitlich letzte Übertragung prüfen
– beim Einwendungsaufbau gutgläubiger Zweiterwerb hinsichtlich Einwendungen berücksichtigen
inzidenter Aufbau möglich bei einmaliger Übertragung; Ersterwerb Recht wird
im Rahmen gesetzlichen Rechtsübergangs (akzessorische Rechte) oder
im Rahmen Berechtigung für Übertragung (nicht akzessorische Rechte) geprüft
636
Einwendungen gegenüber Zweiterwerber Hypothek 1
rh., rv. Einwendung
Hypothek*
Einrede
selbstverständlich
RF: -kein Bestand Hypothek-Unrichtigkeit GB (§ 894)
Gegeneinwendung: gutgl. Zweiterwerb vom NB (§ 892 I 1 HS 1 Fall 2 analog)
§ 1157 S. 1
RF:-Bestand Hypothek, aber Hemmung Rechtsausübung (kein § 894!)-Anspruch auf Verzicht Hypothek bei dauernder Einrede, §§ 1169, 1168-mit Verzicht EGS, §§ 1168 I, 1177 I 1
Gegeneinwendung: gutgl. einredefreier Zweiterwerb, §§ 1157 S. 2, 892 I 1 HS 1 Fall 2
* bezieht sich auf Einwendungen gegen Hypothek aus Ersterwerb, die ggü. Zweiterwerb erhoben werden
637
Einwendungen gegenüber Zweiterwerber Hypothek 2
Forderung*
rh., rv. Einwendung Einrede
§ 404aber: nicht §§ 406-408 (1156 S. 1)RF: -rh: EGS, §§ 1163 I 1, 1177 I 1 (kein § 894!)-rv: EGS, §§ 1163 I 2, 1177 I 1 (kein § 894!)
Gegeneinwendung: gutgl. Erwerb, §§ 1138 Fall 1, 892 I 1 HS 1 Fall 2(A: SiHyp, § 1185 II)
-eigene, §§ 1137 I 1 Fall 2, 770 -fremde, § 1137 I 1 Fall 1 (aber nicht beiVerjährung, § 216 I) RF:-Bestand Hypothek aber Hemmung Rechtsausübung (kein § 894!)-Anspruch auf Verzicht Hypothek bei dauernder Einrede, §§ 1169, 1168 (nicht bei Verjährung; Palandt/Ellenberger, § 216 Rn. 3)-mit Verzicht EGS, §§ 1168 I, 1177 I 1
Gegeneinwendung: gutgl. einredefreier Erwerb, §§ 1138 Fall 2, 892 I 1 HS 1 Fall 2 (A: SiHyp, § 1185 II)
* bezieht sich auf Einwendungen gegen Forderung aus Ersterwerb, die ggü. Zweiterwerb erhoben werden
638
kein Ausschluss Einreden, § 1157 S. 1 1. Zeitpunkt: rechtshemmende Einwendung (Einrede) „steht“ zum Zeitpunkt Abtretung „zu“ (beachte dagegen § 404: „begründet“) wg. Rechtsgedanke § 1157 S. 12. kein (sonstiger) Ausschluss Einwendung § 405 HS 1 Fall 1 (Abtretung unter Urkundenvorlegung)
kein Ausschluss Einwendungen bei ForderungsabtretungEinwendung "steht zu" im Zeitpunkt Abtretung, Rechtsgedanke § 1157 S. 1 (beachte dagegen § 404: „begründet“)
gemäß § 1156 S. 1 keine Anwendung §§ 406-408auf Einwendungen nach Forderungsabtretung:keine Aufrechnung (§§ 406, 397 I), Erfüllung (§§ 407, 362 I) nach Forderungsabtretung (d.h. nach Erwerb Hypothek) A: SiHyp, 1185 IIExkurs: auf gesicherte Forderung selbst bezieht sich § 1156 nicht• erlischt sie nach §§ 406-408, so behält Erwerber Hypothek wegen Fortbestehensfiktion § 1156 S. 1 als forderungslose Hypothek• aus Forderung kann dagegen nicht geklagtwerden (ähnlich zu § 1138)
Einwendungen gegenüber Zweiterwerber Hypothek 3 - Ausschluss
Einwendungen Hypothek Einwendungen gesicherte Forderung
639
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Zweiterwerb 1 - Überblick
dingliches Verwertungsrecht Hypothek (“Duldungsanspruch“), § 1147 BGB
• Entstehung
Problem - Rechtsnatur:
dinglicher Anspruch (Westermann)
– aber: Pfandschuldner „schuldet“ nichts
dingliches Verwertungsrecht (Wolff/Raiser)
640
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Zweiterwerb 2 - Überblick
Hypothek
rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb Hypothek
– Forderungsabtretung
– sonstige Einwendungen gegen Forderungsabtretung
– Einwendungen gegen abgetretene Forderung, §§ 404-408 BGB
» Prüfung im Rahmen Forderungsabtretung oder im Rahmen Einwendungen gegen gesicherte Forderung
641
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Zweiterwerb 3 - Überblick
» kein Ausschluss Einwendungen beiForderungsabtretung §§ 404, 405 BGB
» gem. § 1156 S. 1 BGB keine Anwendung §§ 406-408 BGB auf Einwendungen nach Forderungsabtretung
» Gegeneinwendung: ggfs. gutgläubig einredefreier Erwerb, §§ 1138 Fall 2, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB
(aber nicht bei Sicherungshypothek (§ 1185 II BGB))
642
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Zweiterwerb 4 - Überblick
– gesetzlicher Übergang der Hypothek
rechtsgeschäftlicher Ersterwerb einer Hypothek
» Entstehungsvoraussetzungen
» Einwendungen gegen Hypothek (grds. zum Ztpkt. Geltendmachung)
Gegeneinwendung: ggfs. gutgläubig einredefreier Erwerb, §§ 1157 S. 2, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB
» Einwendungen gegen gesicherte Forderung (grds. zum Ztpkt. Geltendmachung), § 404 BGB
vgl. bereits oben
643
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Zweiterwerb 5 - Überblick
kein Verlust Hypothek
• Erlöschen: rechtsvernichtende Einwendungen
auch bei Anspruchsaufbau nicht relevant
• Durchsetzbarkeit - rechtshemmende Einwendung
auch bei Anspruchsaufbau nicht relevant
keine Verjährung, § 214 I BGB, da „Ansprüche“ aus eingetragenen Rechten nicht der Verjährung unterliegen (§ 902 BGB)
§ 1147 BGB insofern wie Anspruch behandelt, obwohl Verwertungsrecht (deshalb eigentlich § 902 BGB analog)
644
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Zweiterwerb 6 - Details
• Einwendungen gegen Hypothek (eigentümerbezogene Einwendungenaus dem Rechtsverhältnis zwischen Eigentümer und Hypothekar/Gläubiger)
rechtshindernde Einwendungen
z.B. Geschäftsunfähigkeit, § 105 I BGB, Sittenwidrigkeit, § 138 I BGB, Anfechtung, §§ 142 I, 119, 123 BGB
Gegeneinwendung: ggfs. gutgläubiger Erwerb Fremdhypothek, § 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB analog (Mangel des dinglichen Rechts)
645
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Zweiterwerb 7 - Details
rechtsvernichtende Einwendungen
z.B. Befriedigung aus dem Grundstück, § 1181 I BGB
Gegeneinwendung: ggfs. gutgläubiger Erwerb Fremdhypothek, § 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB analog (Mangel des dinglichen Rechts)
646
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Zweiterwerb 8 - Details
rechtshemmende Einwendungen (Einreden), § 1157 S. 1 BGB
Einreden
– z.B. Rechtsmißbrauch (§ 242 BGB), Bereicherungseinrede (§ 821 BGB), Briefhypothek (§ 1160 I HS 1, HS 2)
– Arglisteinrede, § 242 BGB („dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“) bei Gegenanspruch (Pflicht zur alsbaldigen Rückgewähr)
» Anspruch auf Verzicht auf Hypothek, § 1169 BGB bei dauernder Einrede (hier: dauernde Einrede gegen Hypothek)
– keine Verjährung, da kein Anspruch
kein Ausschluss Einreden
– Zeitpunkt: Einrede „steht“ zum Zeitpunkt Abtretung „zu“, § 1157 S. 1 BGB (beachte dagegen § 404 BGB: „begründet“)
647
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Zweiterwerb 9 - Details
Gegeneinwendung: ggfs. gutgläubig einredefreier Erwerb, §§ 1157 S. 2, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB
– Rechtsverhältnis zwischen Eigentümer und bisherigem Gläubiger, § 1157 S. 1 BGB
» nicht bei gesetzlicher Einwendung (z.B. § 1160 BGB)
– Rechtsscheintatbestand: keine Eintragung Einrede im Grundbuch
– keine Zerstörung Rechtsschein: kein Widerspruch gegen Richtigkeit des Grundbuchs im Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs eingetragen, §§ 1157 S. 2, 892 I 1 HS 2 Fall 1, 899 BGB
648
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Zweiterwerb 10 - Details
– Gutgläubigkeit des Erwerbers: keine Kenntnis von Einrede
– Rechtsfolge: Einreden können Hypothek nicht entgegengehalten werden
» Einreden können aber Forderung weiterhin entgegengehalten werden
649
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Zweiterwerb 11 - Details
• Einwendungen gegen gesicherte Forderung (schuldnerbezogene Einwendungen aus Rechtsverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger) (Akzessorietät!), § 404 BGB
rechtshindernde Einwendungen
z.B. Anfechtung, § 142 I BGB, Fälligkeit, § 271 II BGB, Sittenwidrigkeit, § 138 I BGB
Gegeneinwendung: ggfs. gutgläubiger Erwerb Fremdhypothek, §§ 1138 Fall 1, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB (Mangel Forderung)
– aber nicht bei Sicherungshypothek (§ 1185 II BGB)
rechtsvernichtende Einwendungen
Gegeneinwendung: ggfs. gutgläubiger Erwerb Fremdhypothek, §§ 1138 Fall 1, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB (Mangel Forderung)
– aber nicht bei Sicherungshypothek (§ 1185 II BGB)
650
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Zweiterwerb 12 - Details
rechtshemmende Einwendungen (Einreden), § 1137 BGB
eigene Einreden, §§ 1137 I 1 Fall 2, 770 BGB
– Gegeneinwendung: ggfs. gutgläubig einredefreier Erwerb, §§ 1138 Fall 2, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB
» Anwendbarkeit: nicht bei Sicherungshypothek (§ 1185 II BGB)
» Rechtsscheintatbestand: keine Eintragung Einrede im Grundbuch
» keine Zerstörung Rechtsschein: kein Widerspruchgegen Richtigkeit des Grundbuchs im Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs eingetragen, §§ 1138 Fall 2, 892 I 1 HS 2 Fall 1 BGB
651
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Zweiterwerb 13 - Details
» Gutgläubigkeit des Erwerbers: keine Kenntnis von Einrede
» Rechtsfolge: Einreden können Hypothek nicht entgegengehalten werden
Einreden können aber Forderung weiterhin entgegengehalten werden
652
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Zweiterwerb 14 - Details
fremde Einreden, § 1137 I 1 Fall 1 BGB
– u.a. Arglisteinrede, § 242 BGB („dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“) bei Gegenanspruch (Pflicht zur alsbaldigen Rückgewähr)
» Anspruch auf Verzicht auf Hypothek, § 1169 BGB bei dauernder Einrede (hier dauernde Einrede aus gesicherter Forderung gem. § 1137 I 1 BGB)
» nicht dagegen Verjährung der gesicherten Forderung (vgl. § 216 I BGB)
Verjährung lässt Anspruch nicht erlöschen (§ 214 I BGB)
653
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Zweiterwerb 15 - Details
– Gegeneinwendung: Verzicht persönlicher Schuldner? kein Ausschluss Einrede, wenn Schuldner verzichtet hat, § 1137 II BGB
– Gegeneinwendung: ggfs. gutgläubig einredefreier Erwerb, §§ 1138 Fall 2, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB
» Rechtsfolge: Einreden können Hypothek nicht entgegengehalten werden
Einreden können aber Forderung weiterhin entgegengehalten werden
654
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Zweiterwerb 16 - Details
kein Ausschluss Einwendungen bei Forderungsabtretung
Zeitpunkt: Einwendung „steht“ zum Zeitpunkt Abtretung „zu“, § 1137 I 1 BGB (beachte dagegen § 404 BGB: „begründet“)
– arg.: Rechtsgedanke § 1157 S. 1 BGB
– damit kann auch begründet werden, warum nicht nur Einreden, sondern sämtliche Einwendungen „zustehen“ müssen
kein (sonstiger) Ausschluss Einwendung § 405 HS 1 Fall 1 BGB (Abtretung unter Urkundenvorlegung)
655
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Zweiterwerb 17 - Details
gem. § 1156 S. 1 BGB keine Anwendung §§ 406-408 BGB auf Einwendungen nach Forderungsabtretung, aber nicht bei Sicherungshypothek (§ 1185 II BGB)
keine Aufrechnung (§§ 406, 397 I BGB), Erfüllung (§§ 407, 362 I BGB) nach Forderungsabtretung (d.h. Erwerb Hypothek)
beachte: auf gesicherte Forderung selbst bezieht sich § 1156 BGB nicht
– erlischt Forderung nach §§ 406-408 BGB, so behält Erwerber Hypothek wegen Fortbestehensfiktion § 1156 S. 1 BGB als forderungslose Hypothek (keine §§ 1163 I 2, 1177 I 1 BGB)
– aus Forderung kann dagegen nicht geklagt werden (ähnlich zu § 1138 Fall 1 BGB)
656
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Zweiterwerb 18 - Details
• Fall 36: A hat dem B zur Sicherung offener Rechnung aus der Lieferung von Maschinen eine Hypothek an seinem Grundstück bestellt. B hat die Hypothek in einer notariell beglaubigten Abtretungserklärung an C abgetreten und diesem den Hypothekenbrief übergeben. Als A die ausstehenden Geldbeträge nicht zahlt, verklagt C ihn auf „Duldung der Zwangsvollstreckung“ in das Grundstück. A verteidigt sich wie folgt: Die Einigung über die Hypothekenbestellung sei wegen arglistiger Täuschungnichtig. Hat die Verteidigung des A in diesem Fall Erfolg?
657
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Zweiterwerb 19 - Details
• Fall 37: A hat dem B zur Sicherung offener Rechnung aus der Lieferung von Maschinen eine Hypothek an seinem Grundstück bestellt. B hat die Hypothek in einer notariell beglaubigten Abtretungserklärung an C abgetreten und diesem den Hypothekenbrief übergeben. Als A die ausstehenden Geldbeträge nicht zahlt, verklagt C ihn auf „Duldung der Zwangsvollstreckung“ in das Grundstück. A verteidigt sich wie folgt: B habe ihm die Hypothek für noch zwei Jahre gestundet. Hat die Verteidigung des A in diesem Fall Erfolg?
658
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Zweiterwerb 20 - Details
• Fall 38: A hat dem B zur Sicherung offener Rechnung aus der Lieferung von Maschinen eine Hypothek an seinem Grundstück bestellt. B hat die Hypothek in einer notariell beglaubigten Abtretungserklärung an C abgetreten und diesem den Hypothekenbrief übergeben. Als A die ausstehenden Geldbeträge nicht zahlt, verklagt C ihn auf „Duldung der Zwangsvollstreckung“ in das Grundstück. A verteidigt sich wie folgt: wegen eigener Gegenansprüche aus der ständigen Geschäftsbeziehung zu B stehe ihm ein allgemeines Zurückbehaltungsrecht zu. Hat die Verteidigung des A in diesem Fall Erfolg?
659
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Hypothek bei Zweiterwerb 21 - Details
• Fall 39: A hat sich von B 100.000.- Euro „geliehen“ und diesem eine Buchhypothek bestellt. Da B seinerseits Geld benötigt, tritt er die Hypothek an C ab. Danach zahlt A an B die 100.000.- Euro zurück. C
verlangt von A die „Duldung der Zwangsvollstreckung“. Zu Recht?
660
Erst- und Zweiterwerb der Grundschuld
BriefGS, §§ 873 IHS 1 Fall 2, 1191 I, 1192 I, 1116 I, 1117
Ersterwerb
BuchGS, §§ 873 IHS 1 Fall 2, 1191 I, 1192 I, 1116
BriefGS ohne Eintra-gung, §§ 413, 398,* 1192 I, 1154 I, II
Zweiterwerb
BuchGS/ BriefGS mit Eintragung, §§ 873 IHS 1 Fall 3, 1192 I, 1154 III
Nichtbe-rechtigter:
§ 892 I 1 HS 1 Fall 2 (kein Eigentum)
§ 892 I 1 HS 1 Fall 2 (kein GSInhaber)
* beachte § 873 I HS 2 BGB: „soweit nicht das Gesetz etwas anderes vorschreibt“ Literatur: Neuner, Sachenrecht, 3. Aufl., Rn. 608; Wolf/Wellenhofer, Sachenrecht, 24. Aufl., § 29 Rn. 9 f.
Ausschluss Abtretbarkeit Grund-schuld, §§ 413, 399, 877 (Eintragung!)
661
A Bank (z.B.)
Gelddarlehen, § 488
Sicherungsvertrag Grundschuld, § 311 I
§§ 873, 1191
Zweiterwerb der Grundschuld
A Bank (z.B.)
E
SicherungsvertragGrundschuld, § 311 I
§§ 873, 1191
Gelddarlehen, § 488
z.B.Auftrag, § 662GeBes., § 675GoA, § 677
1.
2.
C
C
z.B. §§ 453, 433
§§ 413, 398 (BriefGS), 1192, 1154
§§ 413, 398 (BriefGS), 1192, 1154
z.B. §§ 453, 433
i.d.R. §§ 398, 488 / 781
i.d.R. §§ 398, 488 / 781
i.d.R. §§ 398, 311 I (SiV)
i.d.R. §§ 398, 311 I (SiV)
abstraktes Schuldanerkenntnis, § 781
abstraktes Schuldanerkenntnis, § 781
Rechtsgrundabrede Schuldanerkenntnis, § 311 I
Rechtsgrundabrede Schuldanerkenntnis, § 311 I
§§ 398, 311 I (RGAbr)
§§ 398, 311 I (RGAbr)
662
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Briefgrundschuld ohne Eintragung vom Berechtigten, §§ 413, 398 S. 1, 1192 I, 1154 BGB - 1
• Abtretung der Grundschuld, §§ 413, 398 S. 1, 1192 I, 1154 BGB
Einigung (§§ 413, 398 BGB – Abtretung der Grundschuld)
• Abtretbarkeit Grundschuld, §§ 413, 399 BGB
Ausschluss Abtretbarkeit bedeutet Inhaltsänderung, die im Grundbuch eingetragen werden muss, § 877 BGB
• Vollzugsmoment, §§ 1192 I, 1154 BGB
zur Abtretung Briefgrundschuld erforderlich
schriftliche Abtretungserklärung Zedent (§§ 125 S. 1, 1192 I, 1154 I 1 BGB) oder
Abtretung im Grundbuch eingetragen (§§ 1192 I, 1154 II, 873 I Fall 3 BGB)
und
Grundschuldbrief übergeben (§§ 1192 I, 1154 I 1, 1117 I, II BGB; Übergabevermutung § 1117 III BGB)
663
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Briefgrundschuld ohne Eintragung vom Berechtigten, §§ 413, 398 S. 1, 1192 I, 1154 BGB - 2
• Einigsein
• Berechtigung
Rechtsinhaber
rechtsgeschäftlicher Ersterwerb Briefgrundschuld, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I BGB
[…]
Verfügungsmacht
664
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Buchgrundschuld vom Berechtigten, §§ 873 I HS 1 Fall 3, 1191 I, 1192 I, 1154 III BGB
• Einigung über Übertragung Grundschuld, §§ 873 I HS 1 Fall 3 BGB
• Abtretbarkeit Grundschuld, §§ 413, 399 BGB
bei Vereinbarung Unabtretbarkeit Grundschuld Inhaltsänderung, die im Grundbuch eingetragen werden muss, § 877 BGB
• Vollzugsmoment, § 1154 BGB
Buchhypothek: Eintragung Abtretung im Grundbuch erforderlich (§§ 1192 I, 1154 III, 873 I Fall 3 BGB)
• Einigsein
• Berechtigung
Rechtsinhaber
rechtsgeschäftlicher Ersterwerb Buchgrundschuld, §§ 873 I HS 1 Fall 2, 1191 I BGB
[…]
Verfügungsmacht
665
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Briefgrundschuld ohne Eintragung vom Nichtberech-tigten, §§ 413, 398 S. 1, 1192 I, 1154 I, 892 I 1 HS 1 Fall 2, 1155 BGB - 1
• Abtretung (Übertragung) Grundschuld, §§ 413, 398 S. 1, 1192 I, 1154 BGB
Einigung (§§ 413, 398 BGB – Abtretung Grundschuld)
Abtretbarkeit Grundschuld, §§ 413, 399 BGB
Inhaltsänderung, die im Grundbuch eingetragen werden muss, § 877 BGB
Vollzugsmoment, §§ 1192 I, 1154 BGB
Rechtsnatur: nicht generell Formvorschrift (also nicht generell § 125 S. 1 BGB)
zur Abtretung Briefgrundschuld erforderlich, dass
– Abtretungserklärung Zedent erfolgt schriftlich (§§ 125 S. 1, 1192 I, 1154 I 1 BGB) oder
– Abtretung im Grundbuch eingetragen (§§ 1192 I, 1154 II, 873 I Fall 3 BGB)
666
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Briefgrundschuld ohne Eintragung vom Nichtberech-tigten, §§ 413, 398 S. 1, 1192 I, 1154, 892 I 1 HS 1 Fall 2, 1155 BGB - 2
und
– Grundschuldbrief übergeben (§§ 1192 I, 1154 I 1, 1117 I, II BGB; nicht § 1117 III BGB)
Einigsein
Berechtigung
Rechtsinhaber Grundschuld (-)
gutgläubiger Erwerb, § 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB
– Anwendbarkeit § 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB
– rechtsgeschäftlicher Erwerb eines dinglichen Rechts (bei Grundschuld keine analoge Anwendung § 892 BGB erforderlich!)
– Grundschuldabtretung = Verkehrsgeschäft (teleologische Reduktion)
667
Rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Briefgrundschuld ohne Eintragung vom Nichtberech-tigten, §§ 413, 398 S. 1, 1192 I, 1154, 892 I 1 HS 1 Fall 2, 1155 BGB - 3
– Rechtsscheintatbestand: Eintragung im Grundbuch
» Eintragung im Grundbuch, § 892 BGB oder
» zusammenhängende Reihe von öffentlich beglaubigten Abtretungserklärungen, §§ 1192 I, 1155 S. 1, 892, 129 BGB
sowie: Zurückgehen auf eingetragenen
(Hypotheken-) Gläubiger (+)
– keine Zerstörung Rechtsschein
– Gutgläubigkeit des Erwerbers
» keine Kenntnis Erwerber bzgl. Nichtbestehens Grundschuld
Verfügungsmacht (§ 892 I 2 BGB; beachte § 878 BGB)
668
A Bank (z.B.)
Gelddarlehen, § 488
Sicherungsvertrag Grundschuld, § 311 I
§§ 873, 1191
A Bank (z.B.)
E
SicherungsvertragGrundschuld, § 311 I
§§ 873, 1191
Gelddarlehen, § 488
z.B.Auftrag, § 662GeBes., § 675GoA, § 677
1.
2.
C
C
z.B. §§ 453, 433
§§ 413, 398 (BriefGS), 1192, 1154
§§ 413, 398 (BriefGS), 1192, 1154
z.B. §§ 453, 433
i.d.R. §§ 398, 488 / 781
i.d.R. §§ 398, 488 / 781
i.d.R. §§ 398, 311 I (SiV)
i.d.R. §§ 398, 311 I (SiV)
abstraktes Schuldanerkenntnis, § 781
abstraktes Schuldanerkenntnis, § 781
Rechtsgrundabrede Schuldanerkenntnis, § 311 I
Rechtsgrundabrede Schuldanerkenntnis, § 311 I
§§ 398, 311 I (RGAbr)
§§ 398, 311 I (RGAbr)
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld bei Zweiterwerb (Einwendungsaufbau)
669
Übersicht Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Grundschuld bei Erst-/Zweiterwerb
Einwendungen gegen Grundschuld i.e.S.
Einwendungen gegen Forderung
nicht möglich!
Bestand Forderung/ Einwendungen gegen Forderung
Arglisteinrede (Rückgewähr-anspruch Sicherungs-geber)
Einwendungen
Einreden aufgrund/ aus Sicherungsver-trag wg. gesicherter Forderung (Einrede des mangelnden Sicherungsfalls)
sonstige Einreden aufgrund/aus Sicherungs-vertrag
1192 Ia S. 1 HS 1
670
Verteidigung des Eigentümers gegen Inanspruchnahme aus der Si-cherungsgrundschuld: Prüfungsstufen Einwendungen Grundpfandrechte bei Zweiterwerb
Rechtsgrundlage für Einwendung (Geltendmachung), z.B. „selbstverständlich“ oder §§ 1137, 1156 S. 1, 1192 Ia HS 1
Bestimmung Rechtsverhältnis, Einwendung und Art der (rh., rv., rh.) Einwendung sowie Prüfung der Einwendung
Gegeneinwendung: gutgläubiger Zweiterwerb, § 892/§§ 1138 Fall 1, 892/gutgläubig einredefreier Erwerb, §§ 1157 S. 2, 892/§§ 1138 Fall 2, 892
• ggfs. Ausschluss des gutgläubig einredefreien Zweiterwerbs (§§ 1185 II, 1192 Ia!)
Ausschluss Einw. bei Zweiterwerb, z.B. § 1157 S. 1 („Zustehen“), 1156 S. 1
Rechtsfolge
671
Einwendungen gegenüber Zweiterwerber Sicherungsgrundschuld 1
Einrede
selbstverständlich
RF:-kein Bestand GS-Unrichtigkeit GB (§ 894)
Gegeneinwendung: gutgl. Zweiterwerb GS vom NB (§ 892 I 1 HS 1 Fall 2)
§§ 1192 I, 1157 S. 1
RF:-Hemmung Rechtsausübung (kein § 894!)-Anspruch auf Verzicht GS bei dauernder Einrede, §§ 1192 I, 1169, 1168-mit Verzicht EGS, §§ 1192 I, 1168 I (§ 1177 I 1 nicht anwendbar; in § 1168 I wird „Hypothek“ durch „Grundschuld“ ersetzt)
Gegeneinwendung: gutgl. einredefreier Zweiterwerb, §§ 1192 I, 1157 S. 2, 892 I 1 HS 1 Fall 2
rh., rv. Einwendung
Grundschuld*
Einrede
* bezieht sich auf Einwendungen gegen GS aus Ersterwerb, die ggü. Zweiterwerb erhoben werden
672
Einwendungen gegenüber Zweiterwerber Sicherungsgrundschuld 2
Forderung (= SiV!)*
rh., rv. Einwendung (auch §§ 406-408)
Einrede
(+) als Einrede aufgrund SiV, § 1192 Ia S. 1 HS 1RF:-Hemmung (kein § 894!)-Rückübertragungsanspruch aus SiV -auch Anspruch auf Verzicht GS, §§ 1192 I, 1169, 1168
Gegeneinwendung: gutgl.einredefreier Erwerb, §§ 1192 I, 1157 S. 2, 892 I 1 HS 1 Fall 2? (-) wg. § 1192 Ia S. 1 HS 2
(+) § 1192 Ia S. 1 HS 1 nur fremde Einreden: als Einrede aus SiV, (aber nicht beiVerjährung, § 216 II 1~) RF: -Hemmung (kein § 894!)-Rückübertragungs-anspruch aus SiV-auch §§ 1192 I, 1169, 1168, aber nicht bei VerjährungGegeneinwendung: gutgl.einredefreier Erwerb, §§ 1192 I, 1157 S. 2, 892 I 1 HS 1 Fall 2?(-) wg. § 1192 Ia S. 1 HS 2
SiV
(+) § 1192 Ia S. 1 HS 1
Arglisteinrede (§ 242), bei Rückübertragungsanspruch bzgl. GS (ausdr. oder konkl.) aus SiV, § 311 I
Gegeneinwendung: gutgl. einredefreier Erwerb, §§ 1192 I, 1157 S. 2, 892 I 1 HS 1 Fall 2? (-) wg. § 1192 Ia S. 1 HS 2
werden auch zur Einrede aus SiV über Arglisteinrede
* bezieht sich auf Einwendungen gegen GS aus Ersterwerb, die ggü. Zweiterwerb erhoben werden
673
Einwendungen Grundschuld
kein Ausschluss Einreden, §§ 1192 I, 1157 S. 1 Einrede "steht zu" im Zeitpunkt Abtretung (beachte dagegen § 404: „begründet“)
Einreden SiV wegen gesicherter Forderung
kein Ausschluss Einreden, §§ 404, 405, 1192 I, 1157 S. 1/ 1192 Ianicht erforderlich Zustehen im Zeitpunkt Abtretung Grundschuld, §§ 1192 I, 1157 S. 1 wegen § 1192 Ia („aus Sicherungsvertrag ergeben“) (beachte § 404: „begründet“)
Einreden aus SiV
kein Ausschluss Einreden nicht erforderlich Zustehen im Zeitpunkt Abtretung Grundschuld, §§ 1192 I, 1157 S. 1 wegen § 1192 Ia(„aus Sicherungsvertrag ergeben“)
Einwendungen gegenüber Zweiterwerber Sicherungsgrundschuld 3 -Ausschluss
674
Prinzipien des Erwerberschutzes bei Zweiterwerb (Einwendungen aus der Forderung)
Schuldner-schutz, §§ 404 ff.
Forderungs-abtretung
Schutz des Hypothe-kenerwerbers,
Schutz des Grundstücks-eigentümers, § 1192 Ia HS 1, HS 2
Sicherungs-grundschuld
Verkehrs-hypothek
bei Abtre-tung, §§ 404 f. („begründet“)
nach Ab-tretung, §§ 406-408
Zustehen bei Abtretung, § 1157 S. 1
nicht nach Abtretung, § 1156 S. 1
aber: §§ 1138 Fall 1, 892/§ 1138 Fall 2, 892
Zustehen bei Abtretung, §§ 1192 I, 1157 S. 1/§ 1192 Ia S. 1 HS 1 auch nach Abtretung, § 1192 Ia S. 1 HS 1 („ergeben“) (nicht §§ 1192 I, 1156 S. 1) kein § 1138 Fall 1, 892/§ 1138 Fall 2, 892 da GS; kein §§ 1192 I, 1157 S. 2, 892 I wg. § 1192 Ia S. 1 HS 2
675
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld bei Zweiterwerb 1 - Überblick
dingliches Verwertungsrecht Sicherungsgrundschuld (“Duldungsanspruch“), §§ 1192 I, 1147 BGB
• Entstehung
Grundschuld
Abtretung Grundschuld (rechtsgeschäftlicher Zweiterwerb einer Grundschuld)
kein Verlust Grundschuld
Einwendungen gegen Abtretung Grundschuld
676
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld bei Zweiterwerb 2 - Überblick
Einwendungen gegen Grundschuld
Einwendungen gegen Grundschuld i.e.S.
– Gegeneinwendung: ggfs. gutgläubiger Erwerb, § 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB
– Gegeneinwendung: ggfs. gutgläubig einredefreier Erwerb, §§ 1192 I, 1157 S. 2, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB
Einrede gegen Grundschuld aufgrund Sicherungsvertrag wegen der gesicherten Forderung („Einrede des mangelnden Sicherungsfalls“)
sonstige Einreden gegen Grundschuld aus Sicherungsvertrag
677
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld bei Zweiterwerb 3 - Überblick
• Erlöschen: rechtsvernichtende Einwendungen
• Durchsetzbarkeit: rechtshemmende Einwendungen
keine Verjährung, § 214 I BGB, da „Ansprüche“ aus eingetragenen Rechten nicht Verjährung unterliegen (§ 902 BGB)
§§ 1192 I, 1147 BGB insofern wie Anspruch behandelt, obwohl Verwertungsrecht (deshalb eigentlich § 902 BGB analog)
678
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld bei Zweiterwerb 4 - Details
• Einwendungen gegen Grundschuld i.e.S.
eigentümerbezogene Einwendungen aus Rechtsverhältnis zwischen ihm als Eigentümer und dem Grundschuldinhaber
rechtshindernde Einwendungen
z.B. Geschäftsunfähigkeit, § 105 I BGB, Anfechtung, § 142 I BGB
Gegeneinwendung: ggfs. gutgläubiger Erwerb, § 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB
rechtsvernichtende Einwendungen
Gegeneinwendung: ggfs. gutgläubiger Erwerb, § 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB
679
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld bei Zweiterwerb 5 - Details
rechtshemmende Einwendungen (Einreden), §§ 1192 I, 1157 S. 1 BGB
z.B. (anfängliche/nachträgliche) Stundung Grundschuld, § 311 I BGB
– wohl Einrede aus Sicherungsvertrag als Einwendung gegenGrundschuld, damit Trennung der Rechtsverhältnisse beachtet wird
Arglisteinrede, § 242 BGB („dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“) bei Gegenanspruch
– Anspruch auf Verzicht auf Grundschuld, § 1192 I, 1169 BGB bei dauernder Einrede (hier: dauernde Einrede gegen Grundschuld)
keine Verjährung, da kein Anspruch
Gegeneinwendung: ggfs. gutgläubig einredefreier Erwerb, §§ 1192 I, 1157 S. 2, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB
– nicht Ausschluss nach § 1192 Ia S. 1 HS 2 BGB, da keine Einreden aufgrund/aus Sicherungsvertrag
680
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld bei Zweiterwerb 6 - Details
• Einrede gegen Grundschuld aufgrund Sicherungsvertrag (wegen gesicherter Forderung)
schuldnerbezogene Einwendungen aus Rechtsverhältnis zwischen Schuldner und bisherigem Gläubiger (!), §§ 1192 I, 1157 S. 1/ggfs. auch neuem Gläubiger, § 1192 Ia BGB
Systematik
Grundschuld nicht akzessorisches Sicherungsrecht; Einwendungen und Einreden gegen gesicherte Forderung berühren nur diese; §§ 1137, 1163 I BGB finden auf Grundschuld keine Anwendung
führen diese Einwendungen und Einreden gegen gesicherte Forderung aber zu Einreden aufgrund/aus Sicherungsvertrag, können sie gegenüber Verwertungsrecht §§ 1192 I, 1147 BGB geltend gemacht werden, § 1192 Ia S. 1 HS 1 BGB
681
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld bei Zweiterwerb 7 - Details
aufgrund Sicherungsvertrag kann sich nämlich ausdrücklich oder konkludent ergeben, dass Grundschuld nur „im Rahmen und nach Maßgabe“ der zugrunde liegenden Forderung verwertet werden kann („Einrede des mangelnden Sicherungsfalls“) (ggfs. auch ergänzende Vertragsauslegung, §§ 133, 157, 242 BGB)
– es handelt sich entweder um vorübergehende(dilatorische) oder um dauernde (peremptorische) Einrede, je nachdem ob nicht feststeht oder feststeht, dass Forderung nicht mehr entstehen wird oder erloschen ist
dies gilt auch, wenn Sicherungsvertrag nicht abgetreten wird (isolierte Grundschuldabtretung), da es sich um Einreden gegen Grundschuld handelt!
682
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld bei Zweiterwerb 8 - Details
Einwendungen und Einreden gegen Forderung, die Einreden aufgrund/aus Sicherungsvertrags darstellen, §§ 1192 I, 1157 S. 1 BGB/§ 1192 Ia S. 1 HS 1 BGB
gesicherte Forderung
– keine „Einwendung“, aber notwendiges Erfordernis bei Sicherungsgrundschuld
rechtshindernde Einwendungen gegen gesicherte Forderung
rechtsvernichtende Einwendungen gegen gesicherte Forderung
rechtshemmende Einwendungen (eigene Einreden) gegen gesicherte Forderung
– keine fremden Einreden, da § 1137 I 1 Fall 2 BGB auf Grundschuld nicht anwendbar
683
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld bei Zweiterwerb 9 - Details
kein Ausschluss Einwendungen bei Grundschuldabtretung,§§ 413, 404, 405, 1192 I, 1157 S. 1/1192 Ia BGB
– Zeitpunkt: Einwendung „steht“ zum Zeitpunkt Abtretung „zu“ (beachte § 404 BGB: „begründet“)
» Einwendung muss in allen Tatbestandsmerkmalen erfüllt sein (§§ 1192 I, 1192 Ia (ab 1.3.2009), 1157 S. 1 BGB)
– kein (sonstiger) Ausschluss Einwendung § 405 HS 1 Fall 1 BGB (Abtretung unter Urkundenvorlegung)
684
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld bei Zweiterwerb 10 - Details
früher: Gegeneinwendung gegenüber Einwendungen beiGrundschuldabtretung - ggfs. gutgläubig einredefreier Erwerb, §§ 1192 I, 1157 S. 2, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB
– Maßstab für die Bösgläubigkeit war positive Kenntnis; nach h.M. war erforderlich, dass Erwerber weiß, dass
» es sich um Sicherungsgrundschuld handelt und
» Einrede besteht
685
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld bei Zweiterwerb 11 - Details
seit 1.3.2009 (Risikobegrenzungsgesetz): § 1157 S. 2 BGB aufgrund von § 1192 Ia S. 1 HS 1 BGB insoweit unanwendbar
gem. § 1192 Ia S. 1 HS 1 („aus Sicherungsvertrag ergeben“) auch Einwendungen nach Grundschuldabtretung, §§ 406-408 BGB
– Einreden aufgrund SiV (somit indirekt auch Einwendungen gegen gesicherte Forderung) können nach §§ 1192 I, 1157 S. 1 BGB (durch § 1192 Ia S. 2 BGB bestätigt) geltend gemacht werden, und zwar auch bei isolierter Grundschuldabtretung (d.h. Abtretung Grundschuld ohne gesicherte Forderung)
– aber: bei isolierter Grundschuldabtretung keine Anwendung §§ 406-408 BGB auf Forderung, da keine Abtretung gesicherter Forderung
686
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld bei Zweiterwerb 12 - Details
früher dagegen § 1192 I (!), 1156 S. 1 BGB: keine Anwendung§§ 406-408 BGB auf Einwendungen nach Grundschuldabtretung
– Anwendbarkeit § 1156 S. 1 BGB: Gleichstellung mit Verkehrshypothek
– keine Aufrechnung (§§ 406, 397 I BGB), Erfüllung (§§ 407, 362 I BGB) nach Grundschuldübertragung (d.h. Erwerb Grundschuld)
– beachte: nicht bei isolierter Grundschuldabtretung, weil § 1156 S. 1 BGB sich auf „die Übertragung der Forderung“ bezieht
687
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld bei Zweiterwerb 13 - Details
– beachte: auf gesicherte Forderung selbst bezogen sich §§ 1192 I, 1156 S. 1 BGB nicht
» erlosch Forderung nach §§ 406-408 BGB, so konnte aus Forderung nicht geklagt werden
688
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld bei Zweiterwerb 14 - Details
• sonstige Einreden gegen Grundschuld aus Sicherungsvertrag, §§ 1192 I, 1157 S. 1 BGB
eigentümerbezogene Einwendungen aus Rechtsverhältnis zwischen ihm als Eigentümer und Grundschuldgläubiger
Arglisteinrede, § 242 BGB („dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“) bei Gegenanspruch (Pflicht zur alsbaldigen Rückgewähr)
Rückübertragungsanspruch Sicherungsgeber bzgl. Grundschuld, ausdrücklich bzw. konkludent aus Sicherungsvertrag ggfs. ergänzende Vertragsauslegung, §§ 133, 157, 242 BGB
dieser Anspruch steht unter „aufschiebender Bedingung, § 158 I BGB“ des endgültigen Wegfalls des Sicherungsfalls
– nicht bei Verjährung gesicherter Forderung, § 216 II 1 BGB analog
689
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Sicherungsgrundschuld bei Zweiterwerb 15 - Details
Anspruch auf Verzicht auf Grundschuld, §§ 1192 I, 1169 BGB bei dauernder Einrede (hier: dauernde Einrede des mangelnden Sicherungsfalls aus Sicherungsvertrag)
kein Ausschluss Einwendungen bei Grundschuldabtretung
Zustehen im Zeitpunkt Abtretung Grundschuld, §§ 1192 I , 1157 S. 1/§ 1192 Ia S. 1 BGB
früher: Gegeneinwendung - ggfs. gutgläubig einredefreier Erwerb, §§ 1192 I, 1157 S. 2, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB
seit 1.3.2009: § 1157 S. 2 aufgrund von § 1192 Ia S. 1 HS 2 BGB insoweit unanwendbar
690
Verteidigung des Eigentümers gegen eine Inanspruchnahme aus der Grundschuld bei Zweiterwerb 16
• Fall 40 (dazu BGHZ 59, 1; 85, 388): B hat E einen Kredit in Höhe von 100.000.- Euro und sich zur Absicherung eine Grundschuld in dieser Höhe bestellen lassen. Um selbst Kredit zu erhalten, hat er die Grundschuld an die erfahrene Großbank G abgetreten. In diesem Zeitpunkt war die Kreditsumme noch nicht ausgezahlt (was aber später geschieht). Als G gegen E aus der Grundschuld vorgeht, weigert sich dieser zu zahlen, weil die Grundschuld bei der Abtretung nicht valutiert gewesen sei. Mit Recht?
691
Teil 2: Kreditsicherungsrecht
§ 5 Einführung in das Kreditsicherungsrecht§ 6 Entstehung von Kreditsicherheiten§ 7 Übertragung von Kreditsicherheiten§ 8 Kollision von Kreditsicherheiten
Abschnitt 1: Überblick
8.1 Kollisionsarten
Abschnitt 2: Kollision gleichartiger Sicherheiten
8.2 Lösungsmodelle für Kollision gleichartiger Sicherheiten8.3 Kollision von Pfandrechten an beweglichen Sachen8.4 Kollision von Verarbeitungsklauseln8.5 Kollision von Grundpfandrechten
692
Abschnitt 3: Kollision ungleichartiger Sicherheiten
8.6 Kollision von verlängertem Eigentumsvorbehalt und Sicherungs-(global-)zession
8.7 Kollision von Hypothek und Bürgschaft8.8 Kollision von Grundschuld und Bürgschaft
693
Kollisionsarten 1
• Kollision von gleichartigen Sicherheiten
Kollision von Bürgschaften
Kollision von Pfandrechten an einer beweglichen Sache
Kollision von Sicherungsübereignungen
Kollision von Grundpfandrechten (Hypothek, Sicherungsgrundschuld)
Kollision von Sicherungsabtretungen
Sonderproblem: Kollision Sicherungsabtretung künftiger Forderung und Sicherungsabtretung des verlängerten Eigentumsvorbehalts
Kollision mehrerer Verarbeitungsklauseln (z.B. bei verlängerter Sicherungsübereignung, verlängertem Eigentumsvorbehalt)
694
Kollisionsarten 2
• Kollision von ungleichartigen Sicherheiten, z.B.
Kollision von Pfandrecht an einer beweglichen Sache und Sicherungsübereignung
Kollision von Pfandrecht an einer beweglichen Sache und Bürgschaft
Kollision von Grundpfandrecht und Bürgschaft
695
Lösungsmodelle
Vollrecht (Eigentum/Inhaberschaft)
Sonderfälle beschränktedingliche Sicherungsrechte
G: Priorität
A: gutgläubiger Erwerb Vollrecht
(AA: grds. nicht bei Forderungen)
G: Rang nach Priorität
A: gutgläubiger Erwerb Rang
1. mehrere Sicherungs-abtretungen (Kollision verl. Eigentumsvorbehalt und Sicherungsabtretung):Vorgehen des Warenlie-feranten nach Rspr.
2. mehrere Verarbei-tungsklauseln (mehrere Eigentümer)Miteigentum Liefe-ranten, § 947 I BGB
Lösungsmodelle für Kollision gleichartiger Sicherheiten
G = Grundsatz, A = Ausnahme, AA = Ausnahme von der Ausnahme
696
Kollision von Pfandrechten an beweglichen Sachen 1
• Rang des Pfandrechts
• Grundsatz: § 1209 BGB – Zeitpunkt Bestellung eines Pfandrechts
Prioritätsprinzip (prior tempore, potior iure) in § 1209 vorausgesetzt (Hans Josef Wieling, Sachenrecht, Bd. I, 1990, S. 692 f.)
mehrere Pfandrechte können entstehen, da verschiedene Publizitätsformen bei Bestellung
oder Zeitpunkt Bestellung eines anderen beschränkten Rechts (= allgemeiner Rechtsgedanke; Palandt/Bassenge § 1209 Rn. 1)
Prinzip des gleitenden Rangs: erlischt ein Recht, so rücken die anderen (gesetzlich) auf
• Ausnahme:
§ 1208 BGB (gutgläubiger Erwerb Rang)
• Rechtsfolge Rang
Befriedigung nach Rangverhältnis, § 1247 BGB
697
Kollision von Pfandrechten an beweglichen Sachen 2
beachte: Rangfolge schließt nicht aus, dass nachrangiger Gläubiger mit fälliger Forderung (= Pfandreife) vollstreckt, z.B. wenn vorrangiger Gläubiger keine fällige Forderung hat
aber keine Verpflichtung des vorrangigen Pfandgläubigers, die Pfandsache auszuhändigen, § 1232 S. 1 BGB
ist Pfandgläubiger nicht im Besitz des Pfandes, so kann er dem Verkauf durch einen nachrangigen Pfandgläubiger nicht widersprechen, § 1232 S. 2 BGB
698
Kollision von Grundpfandrechten 1
• Rang des Grundpfandrechts
• Grundsatz:
materiellrechtliche Rangbestimmung durch Beteiligte, § 879 III BGB
Einigung über Rangverhältnis (zwischen Eigentümer, Erwerber des Grundpfandrechts und sonstigen Betroffenen)
Eintragung im Grundbuch
bei Rangbestimmung (§ 45 III Fall 2 GBO) sind § 45 I, II GBO nicht anzuwenden
699
Kollision von Grundpfandrechten 2
gesetzliche Rangfolge, § 879 I, II BGB
Rechte in der selben Abteilung des Grundbuchs, § 879 I 1 BGB
Reihenfolge Eintragungen (Alterspriorität)
– Prinzip des gleitenden Rangs: erlischt ein Recht, so rücken (gesetzlich) die anderen auf
• Ausnahme:
§ 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB (gutgläubiger Erwerb Rang)
• Rechtsfolge Rang
Befriedigung nach Rangverhältnis, § 11 I ZVG
beachte: Rangfolge schließt nicht aus, dass nachrangiger Gläubiger mit fälliger Forderung vollstreckt, z.B. wenn vorrangiger Gläubiger keine fällige Forderung hat
700
Kollision von Grundpfandrechten 3
• Löschungsanspruch, § 1179a I 1 BGB / §§ 1192 I, 1179a I 1 BGB
Sinn und Zweck:
Interesse nachrangig Berechtiger an Verbesserung ihrer Rechtsstellung
möglich ist Vereinbarung eines Löschungs- (Aufhebungs-) anspruchs für den Fall Entstehen einer Eigentümergrundschuld
Vermeidung von Sicherung Löschungsanspruch durch Löschungsvormerkungen im Grundbuch, § 883 BGB
– früher jährlich ca. 1 Mio. Löschungsvormerkungen (!)
701
Kollision von Grundpfandrechten 4
Entstehung
vorrangige oder gleichrangige Hypothek / Grundschuld 1
nachrangige oder gleichrangige Hypothek / Grundschuld 2
Aktivlegitimation (Gläubiger): jeweiliger Gläubiger Hypothek / Grundschuld 2
702
Kollision von Grundpfandrechten 5
Vereinigung der Hypothek / Grundschuld 1 mit dem Eigentum in einer Person (Eigentümergrundschuld)
– zum Zeitpunkt Eintragung Hypothek / Grundschuld 2 des Gläubigers oder später
– Einzelfälle:
» Hypothek: §§ 1143, 1163 I 1, 2, 1168 BGB
» Fremdgrundschuld: §§ 1192 I, 1168 BGB
Passivlegitimation (Schuldner): Eigentümer
Ausnahmen vom Vereinigungsfall:
– Hypothek: Nochnichtentstehen der Forderung, §§ 1179a II 1, 1163 I 1 BGB
703
Kollision von Grundpfandrechten 6
– Hypothek / Grundschuld: Nochnichtübergabe des Briefs, § 1179a II 2, 1163 II BGB
– Grundschuld: Eigentümergrundschuld, § 1196 III BGB
Ausschluss des Löschungsanspruchs, § 1179a V BGB
– Rechtsnatur: Ausschlussbestimmung, nicht rechtshindernde Einwendung
– Einigung zwischen Eigentümer und Gläubiger Hypothek / Grundschuld 2
– Eintragung im Grundbuch
Erlöschen
Durchsetzbarkeit
keine Verjährung, § 214 I BGB, da Ansprüche aus eingetragenen Rechten nicht Verjährung unterliegen (§ 902 BGB)
704
Kollision von Grundpfandrechten 7
beachte: Einreden auch möglich aus Rechtsverhältnis zwischen „Gläubiger“ Hypothek/Grundschuld und Schuldner (z.B. Einrede der Nichtgeltendmachung)
– allerdings Einwendung aus Sicherungsvertrag sind geltend zu machen als Einwendungen gegen Hypothek, damit Trennung der Rechtsverhältnisse beachtet wird – wie SiGS
– Erläuterung: rechtshindernde und rechtsvernichtende Einwendungen betreffen grundsätzlich nur das jeweilige Rechtsverhältnis; da die dingliche Einigung über Begründung der Hypothek/Grundschuld aber „farblos“ ist, muss es möglich sein, über ein anderes Rechtsverhältnis (z.B. Sicherungsvertrag) Einfluss auf die Hypothek/Grundschuld auszuüben; dies kann dann wiederum nur auf dem Einredeweg geschehen
– Gegeneinwendung: bei Zweiterwerb der begünstigten Hypothek/ Grundschuld ggfs. gutgläubig einredefreier Erwerb, §§ 1157 S. 2, 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB
– vgl. Palandt/Bassenge § 1179a Rn. 13
705
Kollision von Grundpfandrechten 8
Rechtsfolge: „Löschung“, d.h. Aufhebung der Grundschuld, §§ 875, 1192 I, 1183 BGB – setzt voraus:
(materiellrechtliche) Aufgabeerklärung des Berechtigten
– verfahrensrechtlich ist zusätzlich grundbuchrechtliche Löschungsbewilligung, § 19 GBO erforderlich (Palandt/Bassenge § 875 Rn. 3)
Löschung im Grundbuch
Zustimmung Eigentümer Grundstück, § 1183 BGB
Berechtigung
706
Kollision von verlängertem Eigentumsvorbehalt und Sicherungs-(global-)zession 1
• Kollision: Kollision zweier Sicherungsabtretungen künftiger Forderungen (§ 398 BGB analog)
müsste grundsätzlich nach Prioritätsgrundsatz gelöst werden
wirtschaftlich aber Konflikt von Waren- und Geldkreditgeber
• Lösungsmodelle:
Vertragsbruchtheorie (Rspr.):
Prioritätsgrundsatz (der sich aus der gewohnheitsrechtlichen Regel des „nemo plus iure transferre potest quam ipse habet“ ableiten lässt)
– damit grundsätzlich Geldkreditgeber bevorzugt, da seine Forderungsabtretung meist zeitlich früher
707
Kollision von verlängertem Eigentumsvorbehalt und Sicherungs-(global-)zession 2
Sittenwidrigkeit (§ 138 I BGB) der Sicherungs-(global-)zession:
– objektive Sittenwidrigkeit
» soweit auch Forderungen erfasst werden, die Schuldner seinen Warenlieferanten auf Grund des mit ihnen vereinbarten verlängerten Eigentumsvorbehalts abtreten muss und abtritt
708
Kollision von verlängertem Eigentumsvorbehalt und Sicherungs-(global-)zession 3
» Argument: Verleitung zum Vertragsbruch
- eine Bank darf sich berechtigten Belangen ihres Kreditnehmers nicht verschließen, die zur Aufrechterhaltung seines Geschäfts erforderlichen Waren zu beziehen, ohne Vertragsverletzungengegenüber Warenlieferanten zu begehen
- von Werner Flume entwickelter Gedanke
– subjektive Sittenwidrigkeit:
» Grundsatz: Kenntnis Tatumstände oder vor Kenntnis bewusst verschlossen (h.L., Rspr.)
» Ausnahme bei Verleitung zum Vertragsbruch durch Globalzession: objektive Branchenüblichkeit des Eigentumsvorbehalts indiziert subjektive Sittenwidrigkeit (= gewohnheitsrechtliche Vermutung)
709
Kollision von verlängertem Eigentumsvorbehalt und Sicherungs-(global-)zession 4
Vermeidung in Praxis (d.h. Ausschluss der objektiven Sittenwidrigkeit):
– dingliche Verzichtsklausel: Wirksamkeit Vorausabtretung auf Zeitpunkt Erlöschen Eigentumsvorbehalt verschoben
» somit Abtretung unter aufschiebender Bedingung, § 158 I BGB
– schuldrechtliche Verzichtsklausel: Bank verpflichtet sich, Forderung an Lieferanten abzutreten
» beseitigt Sittenwidrigkeit Globalzession nicht
» arg.: Lieferant trägt Insolvenzrisiko der Bank
710
Kollision von verlängertem Eigentumsvorbehalt und Sicherungs-(global-)zession 5
Surrogationstheorie (Rühl): Vorrang verlängerter Eigentumsvorbehalt des Lieferanten; Globalzession geht ins Leere (damit Zurückdrängen Prioritätsprinzip)
Argumente:
– Weiterverkaufsforderung ist rechtliches Surrogat der Eigentumsvorbehaltsware und tritt an deren Stelle
– Lieferant steht Forderung näher als Geldgeber (= wirtschaftliche Surrogation)
711
Kollision von verlängertem Eigentumsvorbehalt und Sicherungs-(global-)zession 6
aber: kein gesetzlicher Anhaltspunkt; aus dem BGB lässt sich kein einheitliches Prinzip der dinglichen Surrogation ableiten, so dass rechtliche Surrogation in die Weiterverkaufsforderung nicht begründbar ist (unzulässige, gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung)
– Beispiel für dingliche Surrogation: § 1247 S. 2 BGB
Teilungstheorie (Walter Erman): abgetretene Forderung wird aufgeteilt zwischen Bank und Lieferanten und zwar nach Werten, die in Forderung eingeflossen sind
aber: wenig praktikable Lösung, da sich Wertverhältnisse durch Rückzahlungen oder weitere Teillieferungen laufend verändern können
kein gesetzlicher Anhaltspunkt
712
Kollision von verlängertem Eigentumsvorbehalt und Sicherungs-(global-)zession 7
• Fall 41: Rudolf Arauner (A) betreibt einen Großhandel mit Küchengeräten, die er bei verschiedenen Herstellern bezieht und an Installationsunternehmen weiterveräußert. Am 20. Februar nahm A bei der Bank „Schneller Euro AG“ (B) einen Geschäftskredit u.a. zum Kauf neuer Ware auf. Zur Sicherung trat er der Bank alle Forderungen ab, die ihm gegenwärtig gegen die Installationsfirmen zustehen oder bis zum 15. März entstehen werden. Am 22. Februar erwarb A bei dem Haushaltsgerätehersteller V zehn Herde; dabei wurde vereinbart, dass die Lieferung unter Vorbehalt des Eigentums erfolge, A aber zur Weiterveräußerung gegen Abtretung der Forderungen aus Weiterveräußerung befugt sei. Am 1. März veräußert A die zehn am 22. Februar erworbenen Herde an das Installationsunternehmen „Schöne Küche“ (S). Hat die Bank B Ansprüche gegen S aufgrund der Abtretung vom 20. Februar?
713
Kollision von verlängertem Eigentumsvorbehalt und Sicherungs-(global-)zession 8
B A
§ 4881
§ 398
V
S
§ 433§§ 929,158 I, 499 I
§ 433 § 929
2
3
4§§ 398, 433
SiV, § 311 I / § 398
§§ 362 II,185 I analog
SiV, § 311 I
§ 185 I
714
Kollision von verlängertem Eigentumsvorbehalt und Sicherungs-(global-)zession 9
• Lösungsskizze:
Zahlungsanspruch B gegen S, §§ 398, 433 II Fall 1 BGB
Einigung Abtretungsvertrag A und B (+)
Abtretbarkeit der Forderung
Berechtigung = Inhaber abgetretene Forderung = Entstehung der Forderung
Anspruch auf Kaufpreiszahlung A ggü. S, § 433 II Fall 1 BGB
Problem: Forderung bestand nicht im Zeitpunkt Abschluss Abtretungsvertrags
– bei zukünftigen Forderungen gibt es Auseinanderfallen von Abschlusstatbestand (Verfügungstatbestand beendet) und Wirksamkeitstatbestand
715
Kollision von verlängertem Eigentumsvorbehalt und Sicherungs-(global-)zession 10
Problem: Forderung zweimal abgetreten
– G: Prioriätsgrundsatz
– Problem: Abtretung künftiger Forderungen
» Prioritätsprinzip bezieht sich auch bei Abtretung künftiger Forderungen auf Zeitpunkt Vereinbarung Abtretung
» § 161 I BGB analog
- analog, weil Entstehen der Forderung keine Geschäftsbedingung, sondern Rechtsbedingung
- Bedingung (Entstehen der Forderung beim Schuldner) eingetreten; abweichende Zwischenverfügung (die zweite Abtretung) würde Wirkung der ersten Vorauszession vereiteln und ist unwirksam
716
Kollision von verlängertem Eigentumsvorbehalt und Sicherungs-(global-)zession 11
(sonstige) Einwendungen gegen Forderungsabtretung
Problem: Kollision von Sicherungsabtretungen im Zusammenhang mit einem verlängertem Eigentumsvorbehalt und Sicherungsglobalzession
Meinung 1: Surrogationstheorie
Meinung 2: Teilungstheorie
Meinung 3 - Vertragsbruchtheorie: rechtshindernde Einwendung – Sittenwidrigkeit, § 138 I BGB
– objektive Sittenwidrigkeit (+)
– subjektive Sittenwidrigkeit (+)
Ergebnis
B nicht Inhaber Kaufpreisforderung gegen S aus dem am 01.03. getätigten Kauf geworden
717
Kollision von Verarbeitungsklauseln (§ 950 I 1 BGB) 1
• Kollision:
Lieferung mehrerer Stoffe durch Lieferanten
unter verlängertem Eigentumsvorbehalt (mit Verarbeitungsklausel)
• Lösungsmodelle:
h.L.: Miteigentümer im Wertverhältnis ihrer Stofflieferungen, § 947 I BGB
anwendbar, da § 950 BGB durch vertragliche Vereinbarung ausgeschlossen (schwach!)
Alleineigentum bei Hauptsache, § 947 II BGB
718
Kollision von Verarbeitungsklauseln (§ 950 I 1 BGB) 2
Verarbeitungsklauseln sind nichtig, § 138 I BGB, wenn ein Lieferant Alleineigentum beansprucht, obwohl wesentliche andere Waren in das Endprodukt eingehen
gleiche Argumentation wie bei Vertragsbruchstheorie im Verhältnis Globalzession – Vorausabtretung
dann Miteigentümer im Wertverhältnis ihrer Stofflieferungen, 947 I BGB
719
Kollision von Verarbeitungsklauseln (§ 950 I 1 BGB) 3
• Vermeidung in der Praxis:
Vereinbarung eines Miteigentumsanteils nach dem Wert der gelieferten Ware im Verhältnis der mitverarbeiteten Waren im Zeitpunkt der Verarbeitung (Wertmassstab des § 947 BGB)
sämtliche Lieferanten werden Miteigentümer im Wertverhältnis ihrer Stofflieferungen
unbedenklich
720
Kollision von Hypothek bzw. Pfandrecht und Bürgschaft 1
• Kollision:
Sicherungsgeber muss für Schuldner einstehen, den Gläubiger zuerstin Anspruch nimmt („Wettlauf der Sicherungsgeber“)
Zahlungsfolgen
Befriedigung durch Bürgen
– Erwerb Forderung nach § 774 I 1 BGB
– Erwerb der Hypothek nach § 1153 I 1 (= §§ 412, 401 BGB)
– Erwerb Pfandrecht nach § 1250 I 1 BGB (= §§ 412, 401 BGB)
721
Kollision von Hypothek bzw. Pfandrecht und Bürgschaft 2
Befriedigung durch Eigentümer (dinglicher Sicherungsgeber)
– Erwerb Forderung nach
» Hypothek: § 1143 I 1 BGB
» Pfandrecht: § 1225 BGB
– Erwerb der Bürgschaft nach §§ 412, 401 BGB
entweder Bürge kann Eigentümer in Regress nehmen oder Eigentümer kann den Bürgen in Regress nehmen
– „teleologische Kollisionslücke“ (Canaris)
722
Kollision von Hypothek bzw. Pfandrecht und Bürgschaft 3
• Lösungsmodelle:
Lösung nach gesetzlicher Regelung (Priorität) oder
zunächst in Anspruch Genommener hat keinen Regressanspruch oder
Vorzug des Bürgen
arg.: § 776 BGB
c.arg.: Bürge soll nach § 776 BGB grundsätzlich auf dingliche Sicherheiten zugreifen können; es ist in § 776 BGB nicht geregelt, dass er dies in voller Höhe seiner Leistung tun kann
oder
723
Kollision von Hypothek bzw. Pfandrecht und Bürgschaft 4
h.L.: keine vorrangige Haftung eines Sicherungsgebers, sondern anteilige Haftung, §§ 774 II, 426 I 1 BGB analog
Regelungslücke (hier Kollisionslücke) (+)
Ähnlichkeit
– arg.:
» Verweis auf § 426 I 1 BGB in § 774 II BGB
» Ähnlichkeit zwischen persönlicher und dinglicher Einstandspflicht
724
Kollision von Hypothek bzw. Pfandrecht und Bürgschaft 5
Höhe der Regressanteile (Larenz/Canaris SR II/2 § 60 IV 3 b):
– Sicherheit geht nur „soweit“ auf zahlenden Sicherungsgeber über, wie er nach § 426 I 1 BGB vom anderen Sicherungsgeber Ausgleich verlangen kann
– Grundsatz: Köpfe, § 426 I 1 BGB
– Ausnahme: bei Unterschiedlichkeit der Risikotragung gemäß Risikoanteilen (soweit verwirklicht)
» arg.: § 426 I 1 BGB „soweit nicht“
725
Kollision von Grundschuld und Bürgschaft 1
• Kollision:
der Sicherungsgeber muss für Schuldner einstehen, den Gläubiger zuerst in Anspruch nimmt
Zahlungsfolgen
Befriedigung durch Bürgen
– Erwerb Forderung nach § 774 I 1 BGB
– Erwerb der Grundschuld: (-) (§§ 412, 401 BGB nicht anwendbar)
726
Kollision von Grundschuld und Bürgschaft 2
Befriedigung durch Eigentümer durch Zahlung auf die Grundschuld
– nicht Erwerb Forderung, da § 1143 I 1 BGB (gesicherte Forderung) und §§ 412, 401 BGB (Grundschuld) bei Grundschuld nicht anwendbar sind
– dementsprechend nicht Erwerb Bürgschaft nach §§ 412, 401 BGB
727
Kollision von Grundschuld und Bürgschaft 3
– allerdings Erwerb Eigentümergrundschuld durch zahlenden Eigentümer, §§ 1142, 1143 I BGB analog / § 1163 I 2 BGB analog / §§ 1168, 1170 BGB analog
Verhältnis Bürge-Sicherungsgeber wirtschaftlich gleichwertig, so dass anteiliger Ausgleich zwischen den Sicherungsgebern geboten
• Lösungsmodell:
Rspr.: keine vorrangige Haftung eines Sicherungsgebers, sondern anteilige Haftung, §§ 774 II, 426 I 1 BGB analog
728
Teil 2: Kreditsicherungsrecht
§ 5 Einführung in das Kreditsicherungsrecht§ 6 Entstehung von Kreditsicherheiten§ 7 Übertragung von Kreditsicherheiten§ 8 Kollision von Kreditsicherheiten§ 9 Verwertung von Kreditsicherheiten außerhalb der Zwangsvollstreckung§ 10 Beendigung von Kreditsicherheiten
10.1 Bürgschaft10.2 Pfandrecht an einer beweglichen Sache10.3 Sicherungsübereignung10.4 Eigentumsvorbehalt10.5 Hypothek10.6 Sicherungsgrundschuld10.7 Sicherungsabtretung
729
Befriedigung des Gläubigers bei Sicherungsrechten – Systemfragen 1
• wer zahlt?
Schuldner = / ≠ (tatsächlicher oder angenommener) Eigentümer
Sicherungsgeber = (tatsächlicher oder angenommener) Eigentümer
Dritter
ablösungsberechtigt
– bzgl. Forderung, § 268 BGB
– bzgl. Sicherungsrecht
nicht ablösungsberechtigt
• worauf kann er zahlen?
gesicherte Forderung
Sicherungsrecht
beides
730
Befriedigung des Gläubigers bei Sicherungsrechten – Systemfragen 2
• worauf zahlt der Befriedigende bei Bürgschaft und Grundschuld?
gesicherte Forderung
Sicherungsrecht
• Rechtsfolgen
für gesicherte Forderung
für Sicherungsrecht
nach gesicherter Forderung prüfen bei akzessorischen Sicherungsrechten
731
Befriedigung des Gläubigers bei Sicherungsrechten – Systemfragen (Bürgschaft, Pfandrecht, Hypothek, Sicherungsgrundschuld) 3
Zahlung auf ge-sicherte Forderung
Zahlung auf Sicherheit
gesicherte Forderung: Erlöschen bei Bürgschaft und SiGS, §§ 267 I, 362 I;
Übergang bei PfR und HypSicherheit: Erlöschen bei Bürgschaft
und PfR (§ 1256!); EHyp bei Hyp und GS bei SiGS
grds. Zahlung auf ges. Ford.!gesicherte Forderung:
Erlöschen, § 362 ISicherheit: grds. Erlöschen;
ausn. EGS bei Hyp. und GS bei SiGS
ggü. sich selbst braucht Schuldner keine Rückgriffsmöglichkeit
Eigentümer braucht Rück-griffsmöglichkeit ggü. Schuldner
keine Zahlung auf Sicherheit
keine Zahlung auf Sicherheit bei PfR und Hyp; dagegen bei Bürgschaft und SiGS
gesicherte Forderung: Übergang bei Bürgschaft; Forderung bleibt bei SiGS
Sicherheit: Erlöschen bei Bürgschaft, § 362 I; bei SiGS entsteht EGS
Schuldner ≠ Bürge/Eigentümer
zahlt
Bürge/Eigentümer ≠ Schuldner zahlt
Schuldner = Eigentümer zahlt
(nicht mögl. bei Bürgschaft!)
stets Zahlung auf ges. Ford.!gesicherte Forderung:
Erlöschen, § 362 ISicherheit: grds. Erlöschen;
ausn. EGS bei Hyp und GS bei SiGS
grds. keine Zahlung auf Sicherheit; ausn. SiGS:ges. Forderung: Erlöschen
Sich.: EGS entsteht
732
Befriedigung des Gläubigers bei Sicherungsrechten – Systemfragen (Bürgschaft, Pfandrecht, Hypothek, Sicherungsgrundschuld) 4
Zahlung auf ge-sicherte Forderung
Zahlung auf Sicherheit
gesicherte Forderung: Erlöschen bei Bürgschaft, PfR, Hyp und SiGS, §§ 267, 362 I
Sicherheit: Erlöschen bei Bürgschaft und PfR; EGS bei Hyp
und Fortbestand FremdGS bei SiGS
grds. Zahlung auf ges. Ford.!gesicherte Forderung: Übergang Forderung bei Bürg-
schaft, PfR und Hyp; bei GS mit Tilgung Forderung Erwerb Forderung
Sicherheit: grds. Übergang Sicherheit; ausn. bei SiGS mit Tilgung Forderung kein Erwerb GS
Dritter benötigt grds. Rück-griffsmöglichkeit ggü. Schuldner
Dritter benötigt keine Rück-griffsmöglichkeit ggü. Schuldner
keine Zahlung auf Sicherheit bei Bürgschaft, PfR und Hyp
ges. Forderung: Forderung bleibt bei SiGS
Sicherheit: bei SiGS entsteht EGS
nicht ablösungsbe-rechtigter Dritter zahlt
ablösungsberechtigter Dritter zahlt
grds. keine Zahlung auf Sicherheit; ausn. SiGS:gesicherte Forderung: bei Tilgung GS bleibt ForderungSich.: bei SiGS mit Tilgung GS Übergang GS auf Dritten
733
Erlöschen der Bürgschaft 1
• Zahlung durch den Hauptschuldner
Tilgungswirkung bei Leistung auf gesicherte Forderung (z.B. § 433 I BGB)
gesicherte Forderung – rechtsvernichtende Einwendung: Erfüllung an Gläubiger, § 362 I BGB
Bürgschaft – rechtsvernichtende Einwendung: Erlöschen, § 767 I BGB (Akzessorietät)
734
Erlöschen der Bürgschaft 2
• Zahlung durch den Bürgen
Tilgungswirkung
bei Leistung auf Hauptschuld (z.B. § 433 I BGB) (Ausnahme!)
– Hauptschuld - rechtsvernichtende Einwendung: Erfüllung an Gläubiger, §§ 362 I, 267 I BGB
– Bürgschaft – rechtsvernichtende Einwendung: Erlöschen der Hauptschuld, § 767 I BGB (Akzessorietät)
735
Erlöschen der Bürgschaft 3
bei Leistung auf Bürgschaft (Regelfall!)
– Hauptschuld: Legalzession, §§ 774 I 1, 412, 398 S. 1 BGB
» „Befriedigung des Gläubigers“ bedeutet Erfüllung der Bürgenschuld
– Bürgschaft – rechtsvernichtende Einwendung: Erfüllung an Gläubiger, § 362 I
» kein Bedürfnis für zusätzlichen Bürgschaftsanspruch, da danach ebenfalls nur persönliche Haftung Hauptschuldner
Bürge Bank
Hauptschuldner
Bürgschaft, § 765
z.B. § 488§ 774 I 1
736
Erlöschen der Bürgschaft 4
Ausgleichswirkung (Rückgriff)
Ausgleich Bürge ggü. Hauptschuldner bei Zahlung durch Bürgen
– Legalzession gesicherte Forderung, §§ 433 II, 774 I 1, 412, 398 S. 1 BGB bei Leistung auf Bürgschaft (s.o.)
– keine Bürgschaft
– Aufwendungsersatzanspruch aus Rechtsverhältnis Bürge -Hauptschuldner
» Auftrag, § 670 BGB oder
» Geschäftsbesorgung, §§ 675, 670 BGB oder
» GoA, §§ 683 S. 1, 684 S. 2, 670 BGB
737
Erlöschen der Bürgschaft 5
Ausgleich ggü. Mitbürgen
– Ausgleichsanspruch, §§ 774 II, 426 I 1 BGB
Ausgleich ggü. anderen Sicherungsgebern (Interzedenten)
– h.M. Ausgleichsanspruch, § 426 I 1 BGB analog bei Kollision mit Pfandrecht, Hypothek oder Grundschuld
738
Erlöschen der Bürgschaft 6
• Fall 42 (Köhler/Lorenz PdW SR II Nr. 178): Betz hatte sich auf Bitten des Springer, der dem Glotz € 1.000.- aus Kaufvertrag schuldete, selbstschuldnerisch verbürgt. Nach einigen Jahren wurde er aus der Bürgschaft in Anspruch genommen. Er zahlte [auf die Bürgschaft] und wollte anschließend bei Springer Rückgriff nehmen. Dieser wendet ein, Betz hätte gar nicht mehr leisten müssen, da die Kaufpreisforderung mittlerweile verjährt sei. Muss Betz, der davon nichts wusste, dies gegen sich gelten lassen?
S G
Bürge B
§ 433 II
Bürgschaft, § 765§ 662
739
Erlöschen der Bürgschaft 7
• Rückgriff B gegenüber S aus gesetzlich übergegangenem Kaufpreisanspruch, §§ 433 II Fall 2, 774 I 1, 412, 398 S. 1 BGB
Haftungsüberleitung: gesetzlicher Forderungsübergang, §§ 774 I 1, 412, 398 S. 1 BGB
Befriedigung des Gläubigers (G) durch den Bürgen (B)
Haftung: Bestehen Forderung
Kaufpreisforderung, § 433 II Fall 2 BGB
Einwendungen gegenüber Forderung, §§ 412, 404 BGB
– rechtshemmende Einwendung: Verjährung, § 214 I BGB (+)
– beachte: § 216 I BGB ist auf Bürgschaft nicht anwendbar
Ergebnis: S kann die Einrede der Verjährung entgegenhalten
740
Erlöschen der Bürgschaft 8
• Rückgriff B gegenüber S aus Innenverhältnis aus Anspruch auf Aufwendungsersatz, § 670 BGB
Entstehung
Auftragsvertrag
Aufwendungen
den Umständen nach für erforderlich halten durfte
fraglich ist, ob B Einrede gem. § 768 BGB (= Einrede des Hauptschuldners) hätte geltend machen können
dies ist abzulehnen; es wäre Sache des S gewesen, B nach Empfang Mitteilung, dass er von G in Anspruch genommen werde, über Lauf Verjährungsfrist aufzuklären und ihm gegebenenfalls eine Weisung zu erteilen (BGHZ 95, 375, 388 f.)
Ergebnis: B kann nach § 670 BGB Erstattung der von ihm geleisteten Summe verlangen
741
Erlöschen der Bürgschaft 9
• Zahlung durch Dritten
Tilgungswirkung bei Leistung auf gesicherte Forderung
gesicherte Forderung – rechtsvernichtende Einwendung: Erfüllung an Gläubiger, §§ 267 I 1, 362 I BGB
– Ausnahme: Übergang Forderung auf ablösungsberechtigten Dritten, § 268 III 1 BGB
Bürgschaft: bei Erlöschen Forderung Erlöschen Bürgschaft, § 767 I 1 BGB
– Ausnahme: bei Übergang Forderung Übergang Bürgschaft (§ 401 BGB)
Leistung auf Bürgschaft ist nicht möglich (Akzessorietät)
742
Übersicht dingliches Verwertungsrecht Pfandrecht, § 1204 I, 1228 II 1 BGB bzw. Hypothek/Grundschuld, §§ 1147/1192 I, 1147 BGB
• Problem - Rechtsnatur:
dinglicher Anspruch (Westermann)
aber: Pfandschuldner „schuldet“ nichts
dingliches Verwertungsrecht (Wolff/Raiser)
• Pfandrecht
Erwerb Pfandrecht/Hypothek/GS
kein Verlust Pfandrecht/Hypothek/GS
(1) Übertragung Pfandrecht/Hypothek/GS
(2) Zahlungsfolgen Pfandrecht/Hypothek/GS
Einwendungen
Einwendungen gegen Pfandrecht/Hypothek/GS
Pfandrecht/Hypothek: Einwendungen gegen gesicherte Forderung
743
Beendigung des Pfandrechts an beweglichen Sachen 1
• Zahlung durch Schuldner (der auch Verpfänder, d.h. Eigentümer ist)
Tilgungswirkung bei Leistung auf gesicherte Forderung (z.B. § 433 I BGB)
gesicherte Forderung – rechtsvernichtende Einwendung: Erfüllung an Gläubiger, § 362 I BGB
Pfandrecht: Erlöschen, § 1252 I BGB (Akzessorietät)
eine Leistung auf das Pfandrecht ist nicht möglich
744
Beendigung des Pfandrechts an beweglichen Sachen 2
• Fall 43: X hatte Y ein Darlehen gewährt. Zur Sicherung der Darlehensforderung hat Y dem X einen Teppich verpfändet und diesem übergeben. Die Parteien haben vereinbart, dass X berechtigt ist, sich aus dem Pfand zu befriedigen, ohne dass dem Y seinerseits die Möglichkeit eingeräumt wird, dieses Pfandrecht durch Tilgung der Schuld zum Erlöschen zu bringen. Hat X ein Pfandrecht an dem Teppich erworben?
745
Beendigung des Pfandrechts an beweglichen Sachen 3
Lösungsskizze
• rechtsgeschäftlicher Erwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, § 1205 I 1 BGB
Einigung, § 1205 I BGB
Übergabe, § 1205 I 1 BGB (+)
Berechtigung
746
Beendigung des Pfandrechts an beweglichen Sachen 4
Bestand einer zu sichernden Forderung (vgl. § 1204 BGB)
Anspruch auf Darlehensrückzahlung, § 488 I 2 Fall 2 BGB
Einwendungen gegen Pfandrecht - rechtshindernde Einwendung: Nichtigkeit Pfandrecht aufgrund des Fehlens der Privatautonomie, Art. 2 I GG (Typenfixierung)/§ 134 BGB
Ausschluß § 1252 I BGB (Akzessorietät)
„Forderung“ dient nur dazu, Umfang Haftung des Pfandes zu bestimmen
Ergebnis
X hat kein Pfandrecht an dem Teppich erworben
747
Beendigung des Pfandrechts an beweglichen Sachen 5
• Zahlung durch Schuldner (der nicht Verpfänder, d.h. Eigentümer ist)
Tilgungswirkung bei Leistung auf gesicherte Forderung (z.B. § 433 I BGB)
gesicherte Forderung – rechtsvernichtende Einwendung: Erfüllung an Gläubiger, § 362 I BGB
Pfandrecht: Erlöschen, § 1252 I BGB (Akzessorietät)
Leistung auf Pfandrecht ist nicht möglich
748
Beendigung des Pfandrechts an beweglichen Sachen 6
• Zahlung durch Verpfänder (der nicht Schuldner ist)
Tilgungswirkung bei Leistung auf gesicherte Forderung
gesicherte Forderung:
– Grundsatz: §§ 362 I, 267 I 1 BGB
– Ausnahme: Legalzession gesicherte Forderung, §§ 1225 S. 1, 412, 398 S. 1 BGB
Pfandrecht: gesetzlicher Rechtsübergang, § 1250 I 1 BGB (Akzessorietät)
– aber Erlöschen Pfandrecht, wenn Verpfänder Eigentümer ist, § 1256 I 1 BGB (kein Eigentümerpfandrecht wie Eigentümergrundschuld)
– es sei denn gesicherte Forderung mit dem Recht eines Dritten belastet, § 1256 I 2 BGB
Verpfänder Bank
Schuldner
Pfandrecht, § 1204
z.B. § 488§ 1225
G: § 1250 I 1, A: § 1256
z.B. § 662
749
Beendigung des Pfandrechts an beweglichen Sachen 7
Leistung auf Pfandrecht ist – anders als bei der Grundschuld – nicht möglich (akzessorisches Recht!)
Ausgleichswirkung (Rückgriff)
Ausgleich Verpfänder ggü. Schuldner
– Legalzession gesicherte Forderung, §§ 433 II, 1225 S. 1, 412, 398 S. 1 BGB
– Pfandrecht, § 1250 I 1 BGB
– Aufwendungsersatzanspruch
» Auftrag, § 670 BGB oder
» Geschäftsbesorgung, §§ 675, 670 BGB oder
» GoA, §§ 683 S. 1, 684 S. 2, 670 BGB
750
Beendigung des Pfandrechts an beweglichen Sachen 8
• Fall 44: E hat zur Sicherung der Schuld seines Freundes S bei G seine goldene Uhr an G verpfändet. Später tilgt E die Schuld des S. Wem stehen jetzt die Forderung und das Pfandrecht zu?
751
Beendigung des Pfandrechts an beweglichen Sachen 9
Lösungsskizze
• gesicherte Forderung
Legalzession, §§ 1225 S. 1, 412, 398 S. 1 BGB
Pfandrecht an beweglicher Sache
rechtsgeschäftlicher Erwerb eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache, § 1205 I 1 BGB
Einigung, § 1205 I BGB
Übergabe, § 1205 I 1 BGB (+)
Berechtigung
Bestand einer zu sichernden Forderung (vgl. § 1204 I BGB)
– Anspruch auf Darlehensrückzahlung, § 488 I 2 Fall 2 BGB
752
Beendigung des Pfandrechts an beweglichen Sachen 10
Befriedigung des Pfandgläubigers durch den Verpfänder, der nicht persönlicher Schuldner ist (+)
Bestand Forderung: s.o.
Ergebnis: Legalzession gesicherte Forderung von G an E
• Pfandrecht an der beweglichen Sache
gesetzlicher Rechtsübergang, § 1250 I 1 BGB (Akzessorietät)
Pfandrecht an beweglicher Sache: s.o.
Übertragung gesicherte Forderung s.o.
kein Erlöschen Pfandrecht nach § 1256 I 1 BGB
Verpfänder ist Eigentümer (Konsolidation) (+)
gesicherte Forderung nicht mit dem Recht eines Dritten belastet, § 1256 I 2 BGB (+)
753
Beendigung des Pfandrechts an beweglichen Sachen 11
Eigentümer hat kein besonderes Interesse am Fortbestand des Pfandrechts, § 1256 II BGB) (+)
Ergebnis: gesetzlicher Übergang des Pfandrechts von G an E (§ 1250 I 1 BGB), aber Erlöschen des Pfandrechts nach § 1256 I 1 BGB
• Zahlung durch Dritten
Tilgungswirkung bei Leistung auf gesicherte Forderung
gesicherte Forderung - rechtsvernichtende Einwendung: Erfüllung an Gläubiger, §§ 267 I 1, 362 I BGB
– Ausnahme: Übergang auf ablösungsberechtigten Dritten, § 268 III 1 BGB
Pfandrecht: bei Erlöschen Forderung Erlöschen Pfandrecht, § 1252 I BGB
– Ausnahme: bei Übergang Forderung Übergang Pfandrecht (§ 1250 I 1 BGB)
Leistung auf Pfandrecht ist nicht möglich (Akzessorietät)
754
Beendigung des Pfandrechts an beweglichen Sachen 12
• weitere Beendigungsgründe (Auswahl)
gutgläubig lastenfreier Erwerb, § 936 BGB
einseitige Aufgabeerklärung, § 1255 I BGB
Rückgabe der Pfandsache, § 1253 I BGB
• nach Erlöschen des Pfandrechts
hat Verpfänder Recht, vom Pfandgläubiger Pfandsache zurückzuverlangen (§ 1223 I BGB)
gleiche Recht steht Eigentümer zu (§ 985 BGB)
Wegfallen (eigenes) Recht zum Besitz aus Pfandrecht, § 986 I 1 Fall 1 BGB
755
Beendigung der einfachen Sicherungsübereignung
• Rückübereignung, §§ 929-931 BGB (meist § 929 S. 2 BGB)
schuldrechtlich abgesichert durch Rückübertragungsanspruch Sicherungsgeber aus Sicherungsvertrag
• Eintritt einer auflösenden Bedingung, § 158 II BGB
• Weiterveräußerung Sicherungsgut an einen Dritten mit Einwilligung (§ 183 BGB) oder Genehmigung (§ 184 BGB) des Sicherungseigentümers
beachte aber verlängerte Sicherungsübereignung (Sicherungsabtretung Kaufpreisforderung)
• gutgläubiger Erwerb Eigentum durch einen Dritten, §§ 932-935 BGB
• Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung Sicherungsgut, §§ 946 ff. BGB
beachte aber Verarbeitungsklausel, § 950 I 1 BGB
756
Beendigung des einfachen Eigentumsvorbehalts
• Zahlung letzte Kaufpreisrate (Eintritt der aufschiebenden Bedingung), § 158 I BGB
• Weiterveräußerung Vorbehaltssache an Dritten mit Einwilligung (§ 183 BGB) oder Genehmigung (§ 184 BGB) Vorbehaltsverkäufer
beachte aber verlängerten Eigentumsvorbehalt (Sicherungsabtretung Kaufpreisforderung)
• gutgläubiger Erwerb Eigentum durch Dritten, §§ 932-935 BGB
• Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung Vorbehaltsware, §§ 946 ff. BGB
beachte aber Verarbeitungsklausel, § 950 I 1 BGB
• (einseitiger) Verzicht Vorbehaltsverkäufer auf Eigentumsvorbehalt, § 311 I BGB (Palandt/Weidenkaff § 499 Rn. 14)
757
Zahlungsfolgen bei der Hypothek
Zahlung persön-licher Schuldner =
Eigentümer
Zahlung persön-licher Schuldner ≠
Eigentümer
Zahlung ablösungs-berechtigter Dritten
Zahlung Eigentü-mer ≠ persönlicher
Schuldner
Zahlung nicht ablösungs-
berechtigter Dritten
Palandt/Bassenge, § 1113 Rn. 22-25; Neuner, Sachenrecht, Rn. 559-561
758
Beendigung der Hypothek 1
• Zahlung durch Eigentümer = „persönlicher“ Schuldner
Tilgungswirkung bei Leistung auf gesicherte Forderung (z.B. § 433 I BGB)
Zahlung auf Hypothek scheidet aus (Akzessorietät)
gesicherte Forderung Hypothek
Eigentümergrundschuld, §§ 1163 I 2, 1177 I 1 BGB
(Akzessorietät)
rechtsvernichtende Einwendung:
Erfüllung an Gläubiger, § 362 I BGB
759
Beendigung der Hypothek 2
• Zahlung durch „persönlichen“ Schuldner ≠ Eigentümer
Tilgungswirkung bei Leistung auf gesicherte Forderung (z.B. § 433 I BGB)
gesicherte Forderung – rechtsvernichtende Einwendung: Erfüllung an Gläubiger, § 362 I BGB
Hypothek: Entstehung Eigentümergrundschuld, §§ 1163 I 2, 1177 I 1 BGB
– nachrangig gegenüber Fremdhypothek, § 1176 BGB
– es sei denn gesetzlicher Übergang Hypothek auf den Schuldner, soweit ein Ersatzanspruch gegen den Eigentümer besteht, § 1164 I 1 BGB (gesetzliche Forderungsauswechslung: Sicherung Regressforderung)
Leistung auf Hypothek ist – wie bei Pfandrecht – nicht möglich (da Schuldner nicht Partei des Hypothekenbestellungsvertrags und Akzessorietät)
760
Beendigung der Hypothek 3
• Zahlung durch Eigentümer ≠ „persönlicher“ Schuldner
Voraussetzung: § 1142 BGB
Tilgungswirkung bei Leistung auf gesicherte Forderung
gesicherte Forderung:– Grundsatz: §§ 362 I, 267 I 1 BGB
– Ausnahme: Legalzession gesicherte Forderung auf Eigentümer, § 1143 I 1 BGB bei Gläubigerbefriedigung
Hypothek: Entstehen Eigentümerhypothek, §§ 1153 I (= §§ 412, 401), 1177 II BGB (Akzessorietät)
Hypotheken-schuldner = Eigentümer
Bank =
Schuldner
Hypothek, § 1113
z.B. § 488§ 1143 I 1
Eigentümerhypothek, § 1153 I, 1177 II
761
Beendigung der Hypothek 4
– Ausnahme: Erlöschen Hypothek, soweit sie für Rückstände von Zinsen und anderen Nebenleistungen und Kosten bestellt wurde, § 1178 I 1 BGB (Palandt/Bassenge § 1143 Rn. 3)
» Gegenausnahme: § 1178 I 2 BGB
– Ausnahme: Erlöschen Hypothek, soweit(Palandt/Bassenge § 1181 Rn. 3) Befriedigung aus Grundstück durch Zwangsvollstreckung, § 1181 I BGB (Palandt/Bassenge § 1143 Rn. 3)
Leistung auf Hypothek ist – wie bei Pfandrecht – nicht möglich (Akzessorietät)
762
Beendigung der Hypothek 5
Schuldner nicht identisch mit Eigentümer
gesicherte Forderung
Hypothek
Übergang auf Eigentümer, § 1143 I 1 BGB
rechtsvernichtende Einwendung:
Erfüllung an Gläubiger, § 362 I BGB
Schuldner zahlt Eigentümer zahlt
Eigentümergrundschuld, §§ 1163 I 2, 1177 I 1 BGB
Eigentümerhypothek, §§ 1153 I, 1177 II BGB
763
Beendigung der Hypothek 6
Ausgleichswirkung (Rückgriff)
Ausgleich Eigentümer ggü. dem Schuldner
– Legalzession gesicherte Forderung, §§ 433 II, 1143 I 1, 412 BGB
– kein Ausgleich über Eigentümerhypothek, § 1153 I BGB (da Eigentümer nicht ggü. sich selbst verwerten kann)
– Aufwendungsersatzanspruch
» Auftrag, § 670 BGB oder
» Geschäftsbesorgung, §§ 675, 670 BGB oder
» GoA, §§ 683 S. 1, 684 S. 2, 670 BGB
764
Beendigung der Hypothek 7
• Zahlung durch Dritten (Palandt/Bassenge § 1113 Rn. 22-25)
Tilgungswirkung bei Leistung auf gesicherte Forderung
gesicherte Forderung – rechtsvernichtende Einwendung: Erfüllung an Gläubiger, §§ 267, 362 I BGB
– Ausnahme: Übergang auf ablösungsberechtigten Dritten, §§ 268 III 1, 1150, 426 II, 774 I 2 BGB
Hypothek: bei Erlöschen Forderung Entstehung Eigentümergrundschuld, §§ 1163 I 2, 1177 I 1 BGB
– Ausnahme: bei Übergang Forderung Übergang Hypothek auf Dritten (§ 1153 I BGB; nicht auch § 1177 II BGB, da Dritter ≠ Eigentümer)
Leistung auf Hypothek ist – wie bei Pfandrecht – nicht möglich (Akzessorietät)
765
Beendigung der Hypothek 8
• weitere Beendigungsgründe
Aufhebungserklärung und Löschung im Grundbuch, §§ 875, 1183 BGB
gutgläubig lastenfreier Erwerb, § 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB
Befriedigung aufgrund Zwangsvollstreckung aus dem Grundstück, § 1181 I BGB (also Vollstreckung aufgrund Urteils nach § 1147 BGB / Vollstreckungsunterwerfungserklärung (= vollstreckbare Urkunde, § 794 I Nr. 5 ZPO))
Hypothek erlischt nach § 1181 I BGB
gesicherte Forderung erlischt nach § 362 I BGB, wenn der Eigentümer auch persönlicher Schuldner war; Palandt/Bassenge, § 1181 Rn. 3
766
Zahlungsfolgen bei der Sicherungsgrundschuld
Zahlung persön-licher Schuldner =
Eigentümer
Zahlung persön-licher Schuldner ≠
Eigentümer
Zahlung ablösungs-berechtigter Dritten
Zahlung Eigentü-mer ≠ persönlicher
Schuldner
Zahlung nicht ablösungs-
berechtigter Dritten
Neuner, Sachenrecht, Rn. 592-595Irene Lamb, Die Sicherungsgrundschuld, in: JA 1987, S. 3 ff.
767
Beendigung der Sicherungsgrundschuld 1
• Zahlung durch persönlicher Schuldner = Eigentümer
entscheidend, ob Zahlung auf persönliche Schuld oder Zahlung auf das dingliche Recht oder beides
bei Bankkredit i.d.R. Klausel, dass Zahlung auf persönliche Schuld (vertragliche Tilgungsbestimmung)
bei Tilgungsleistungen nach h.L. Zahlung auf Forderung und GS
Tilgungswirkung bei Leistung nur auf gesicherte Forderung (z.B. § 433 II BGB)
gesicherte Forderung Grundschuld
Gläubiger bleibt Inhaber Fremdgrundschuld(ggfs. schuldrechtlicher
Rückübertragungsanspruchaus Sicherungsabrede)
rechtsvernichtende Einwendung:
Erfüllung an Gläubiger, § 362 I BGB
768
Beendigung der Sicherungsgrundschuld 2
Tilgungswirkung bei Leistung nur auf Grundschuld
gesicherte Forderung: nach Sinn und Zweck Sicherungsabrede Erlöschen Forderung
Grundschuld: nach h.L. Eigentümergrundschuld, §§ 1142, 1143 I BGB analog / § 1163 I 2 BGB analog / §§ 1168, 1170 BGB analog / Gesamtanalogie
– aber: Löschungsanspruch nachrangiger GSGläubiger, §§ 1192 I, 1179a BGB
769
Beendigung der Sicherungsgrundschuld 3
Tilgungswirkung bei Leistung auf Forderung und Grundschuld
gesicherte Forderung - rechtsvernichtende Einwendung: Erfüllung an Gläubiger, § 362 I BGB
Grundschuld: nach h.L. Eigentümergrundschuld, §§ 1142, 1143 I BGB analog / § 1163 I 2 BGB analog / §§ 1168, 1170 BGB analog / Gesamtanalogie
– aber: Löschungsanspruch nachrangiger GSGläubiger, §§ 1192 I, 1179a BGB
770
Beendigung der Sicherungsgrundschuld 4
• Fall 45: E schuldet dem G € 40.000 und bestellt dem G an seinem Grundstück eine erstrangige Grundschuld zur Sicherung der Forderung. Er zahlt monatlich € 1.000 zurück. Nach Zahlung der letzten Rate verlangt der nachrangige Grundschuldgläubiger H von E die Löschung der Grundschuld gem. §§ 1192 I, 1179a BGB. E weigert sich. Er möchte die Grundschuld anderweitig zu Sicherungszwecken einsetzen. Hat H gegen E einen Anspruch auf Löschung der für G eingetragenen Grundschuld?
E G
H
§ 1191§ 488 §§ 1192 I, 1179a2
§ 1191
1
4
3§ 488 § 362 I
771
Beendigung der Sicherungsgrundschuld 5
Lösungsskizze
• Löschungsanspruch von H ggü. E, §§ 1192 I, 1179a BGB
Entstehung
Grundschuld 1 Gläubiger (H) (+)
Grundschuld 2 (G) (+)
772
Beendigung der Sicherungsgrundschuld 6
Vereinigung der Grundschuld 2 mit dem Eigentum in einer Person(Eigentümergrundschuld)
zum Zeitpunkt Eintragung Grundschuld 1 des Gläubigers oder später
hier: Zahlung Eigentümer (= Schuldner)
– Vereinbarung Sicherungsvertrag auf welches Recht (-)
– einseitige Tilgungsbestimmung (Wille des Zahlenden), § 366 I BGB (-)
– gesetzliche Tilgungsreihenfolge, § 366 II BGB beruht auf vermutetem, vernünftigen Parteiwillen (Palandt/Grüneberg § 366 Rn. 10) (-)
– besondere Auslegungsregeln bei Grundschuld
» nach h.L. zahlt Eigentümer auf Forderung und Grundschuld
» bei Ratenzahlung Zahlung nur auf Forderung
773
Beendigung der Sicherungsgrundschuld 7
Tilgungswirkung
– gesicherte Forderung - rechtsvernichtende Einwendung: Erfüllung an Gläubiger, § 362 I BGB
– Grundschuld: Gläubiger bleibt Inhaber Fremdgrundschuld
Ergebnis:
keine Vereinigung von Eigentum und Grundschuld in Person E
§§ 1192 I, 1179a BGB (-)
schuldrechtlicher Rückübertragungsanspruch E ggü. G aus Sicherungsabrede
774
Beendigung der Sicherungsgrundschuld 8
• Zahlung durch persönlichen Schuldner ≠ Eigentümer
Tilgungswirkung bei Leistung auf gesicherte Forderung (z.B. § 433 II BGB)
gesicherte Forderung – rechtsvernichtende Einwendung: Erfüllung an Gläubiger, § 362 I BGB
Grundschuld: bleibt als Fremdgrundschuld bestehen
– ggfs. schuldrechtlicher Rückübertragungsanspruch Sicherungsgeber aus Sicherungsabrede
– beachte: Unanwendbarkeit von § 1164 BGB (kein Übergang Grundschuld mit Befriedigung Gläubiger), da Folge der Akzessorietät Hypothek
Leistung auf Grundschuld ist nicht möglich (da Schuldner nicht Partei des Grundschuldbestellungsvertrags)
775
Beendigung der Sicherungsgrundschuld 9
• Zahlung durch Eigentümer ≠ persönlicher Schuldner
bei konkreter Forderung i.d.R. Zahlung auf die GS
aber Anspruch auf Abtretung gegen den Sicherungsnehmer
Tilgungswirkung bei Leistung auf gesicherte Forderung (z.B. § 433 II BGB)
gesicherte Forderung – rechtsvernichtende Einwendung: Erfüllung an Gläubiger, §§ 362 I, 267 I 1 BGB (Palandt/Bassenge § 1191 Rn. 36)
Grundschuld – bleibt als Fremdgrundschuld bestehen
– ggfs. schuldrechtlicher Rückübertragungsanspruch Sicherungsgeber aus Sicherungsabrede
776
Beendigung der Sicherungsgrundschuld 10
Tilgungswirkung bei Leistung nur auf Grundschuld
gesicherte Forderung:
– Rspr.: Forderung bleibt bestehen
» a.A.: erlischt (arg. §§ 364 II, 788 BGB)
– Eigentümer hat ggü. Gläubiger Anspruch auf Abtretung Forderung aus Sicherungsvertrag
» beachte: Forderungsübergang §§ 1192 I, 1143 I BGB nach h.M. (-) (Palandt/Bassenge § 1143 Rn. 7); auch keine analoge Anwendung § 1143 I BGB
Grundschuld: Erwerb als Eigentümergrundschuld, §§ 1142, 1143 I BGB analog / § 1163 I 2 BGB analog / §§ 1168, 1170, 1171 BGB analog / Gesamtanalogie
– aber: Löschungsanspruch nachrangiger GSGläubiger, §§ 1192 I, 1179a
777
Beendigung der Sicherungsgrundschuld 11
Schuldner ≠ Eigentümer
gesicherte Forderung
Grundschuld
h.L.: Forderung bleibt bestehen -Eigentümer Anspruch auf
Abtretung Forderung aus SiV
Erfüllung an Gläubiger, § 362 I BGB
Schuldner zahlt auf Forderung
Eigentümer zahlt auf GS
Gläubiger bleibt Inhaber Fremdgrundschuld -
Eigentümer Anspruch Rück-übertragung GS aus
Sicherungsvertrag
Eigentümergrundschuld, § 1163 I 2 BGB analog /
§§ 1168, 1170 BGB analog / §§ 1142, 1143 I BGB analog /GAnal.
778
Beendigung der Sicherungsgrundschuld 12
• Rechtsgrundlage Eigentümergrundschuld bei Zahlung Eigentümer auf Grundschuld
§ 1163 I 2 BGB analog
aber § 1163 BGB setzt Bestehen einer gesicherten Forderung voraus, was bei nicht akzessorischer Grundschuld nicht passt
§§ 1168, 1170, 1171 BGB analog
Ausnahmevorschrift Hypothekenrecht passt nicht für Ableitung einer Regelfolge im Grundschuldrecht
§§ 1142, 1143 I BGB analog
setzt Identität von persönlichem Schuldner und Eigentümer voraus und passt daher nicht auf alle Fälle
Gesamtanalogie zu sämtlichen Vorschriften
779
Beendigung der Sicherungsgrundschuld 13
• Zahlung durch ablösungsberechtigten Dritten (Palandt/Bassenge § 1191 Rn. 38)
Ablösungsrecht (§ 268 BGB) bzgl. Forderung
Tilgungswirkung bei Leistung auf Forderung– gesicherte Forderung – Erwerb gesicherte Forderung, § 268 III 1
BGB
– Grundschuld: kein Erwerb GS
» beachte: § 1153 I BGB nicht anwendbar, da Folge der Akzessorietät Hypothek (Palandt/Bassenge § 1191 Rn. 38)
Leistung auf GS nicht möglich
Ablösungsrecht (§§ 1192 I, 1150, 268 BGB) bzgl. GS
Tilgungswirkung bei Leistung auf Grundschuld– gesicherte Forderung: Forderung bleibt bestehen (nicht
Erfüllung an Gläubiger, § 362 I BGB)
– Grundschuld: Übergang GS auf Dritten, § 1192 I, 1150, 268 III 1 BGB
Leistung auf Forderung ist nicht möglich
780
Beendigung der Sicherungsgrundschuld 14
• Zahlung durch nicht ablösungsberechtigten Dritten (Palandt/Bassenge § 1191 Rn. 38)
Tilgungswirkung bei Leistung auf Forderung (§ 267 BGB)
gesicherte Forderung – rechtsvernichtende Einwendung: Erfüllung an Gläubiger, §§ 362 I, 267 BGB
Grundschuld: bleibt als Fremdgrundschuld bestehen
– ggfs. schuldrechtlicher Rückübertragungsanspruch Sicherungsgeber aus Sicherungsabrede
Tilgungswirkung bei Leistung nur auf Grundschuld (§ 267 BGB analog)
gesicherte Forderung: Forderung bleibt bestehen (nicht Erfüllung an Gläubiger, § 362 I BGB)
» a.A.: erlischt (arg. § 364 II BGB)
Grundschuld: Umwandlung GS in EigentümerGS, § 1163 I 2 analog / §§ 1168, 1170 analog / §§ 1142, 1143 I analog / Gesamtanalogie
781
Beendigung der Sicherungsgrundschuld 15
• weitere Beendigungsgründe
Aufhebungserklärung und Löschung im Grundbuch, §§ 875, 1192 I, 1183 BGB
gutgläubig lastenfreier Erwerb, § 892 I 1 HS 1 Fall 2 BGB
Befriedigung aufgrund Zwangsvollstreckung aus Grundstück, §§ 1192 I, 1181 BGB
782
Beendigung der Sicherungsabtretung
• Rückabtretung von Sicherungsnehmer an Sicherungsgeber, § 398 S. 1 BGB
schuldrechtlich abgesichert durch Rückübertragungsanspruch Sicherungsgeber aus Sicherungsvertrag
allerdings nicht aufgrund Verjährung der gesicherten Forderung, § 216 II 1 BGB
• Eintritt einer auflösenden Bedingung, § 158 II BGB
• Weiterabtretung Sicherungsgut an einen Dritten mit Einwilligung (§ 183 BGB) oder Genehmigung (§ 184 BGB) des Sicherungszessionars
• grds. nicht gutgläubiger Erwerb der Forderung
783
Teil 2: Kreditsicherungsrecht
§ 5 Einführung in das Kreditsicherungsrecht§ 6 Entstehung von Kreditsicherheiten§ 7 Übertragung von Kreditsicherheiten§ 8 Kollision von Kreditsicherheiten§ 9 Verwertung von Kreditsicherheiten außerhalb der Zwangsvollstreckung
9.1 Vermeidung der Verwertung einer Sicherheit9.2 Pfandrecht an einer beweglichen Sache9.3 Sicherungsübereignung9.4 Hypothek9.5 Sicherungsgrundschuld9.6 Pfandrecht an einem Recht9.7 Sicherungsabtretung
784
Vermeidung der Verwertung einer Sicherheit 1
• Verwertung einer Sicherheit immer nur ultima ratio
in Praxis gibt es eine Reihe von Situationen, in denen eine Verwertung nur mit großen Schwierigkeiten möglich ist (vgl. Projekt-, Akquisitionsfinanzierung)
Verhinderung der Vollstreckung durch Dritte ist hier vorrangige Sicherungsfunktion
• deshalb daran zu denken, Schwierigkeiten des Sicherungsverhältnisses auf anderem Weg als durch Verwertung zu lösen
Restrukturierung des Darlehens
nachträgliche Stundung (§ 311 I BGB) Kapitalrückzahlung und/oder Zinszahlung
Anpassung von Kapitalrückzahlungs- und Zinsbeträgen im Wege Vertragsänderung Darlehensvertrag, typischerweise im Zusammenhang mit Verlängerung Darlehenslaufzeit (= Ver-tragsänderung, § 311 I BGB)
785
Vermeidung der Verwertung einer Sicherheit 2
Anpassung sonstiger Bestimmungen Darlehensvertrag, welche Darlehensnehmer nicht mehr erfüllen kann (z.B. Finanzkennzahlen)
Erlass (§ 397 I BGB) Kapitalrückzahlung und/oder Zinszahlung
Verfügung (Palandt/Grüneberg § 397 Rn. 2)
debt-to-equity swap (§ 311 I BGB wenn außerhalb Insolvenzplanverfahren/§ 225a II InsO wenn innerhalb Insolvenzplanverfahren), d.h.
Forderungsverzicht (= Erlaß), § 397 I BGB und
Erhalt von Gesellschaftsanteilen (ggfs. auf Grundlage Kapitalerhöhung Gesellschaft)
debt-buy-back (selten): Gesellschafter erwirbt Kreditforderungen; diese werden im Wege debt-to-equity-swap als Sachkapitaleinlage in Schuldnergesellschaft eingebracht; Verbindlichkeiten erlöschen durch Konfusion
786
Vermeidung der Verwertung einer Sicherheit 3
Kapitalmaßnahmen
Eigenkapital
wirtschaftliches Eigenkapital (Mezzaninefinanzierung)
Gesellschafterdarlehen an Unternehmen in der Krise, §§ 488 BGB, 39 IV 2 InsO
– früher eigenkapitalersetzendes Darlehen in der Krise, §§ 488 BGB, 32a IV GmbHG
787
Verwertung von Kreditsicherheiten - Übersicht
Pfandrecht an bewegl. Sachen
Eigentumsvorbehalt
Pfandrecht an Rechten (insbesondere Bankguthaben)
Sicherungsabtretung von Forderungen
Sicherungsnehmer verwertet grds. außerhalb Erkennt-nis- und Vollstreckungsverfahren auf Basis Sicherungs-vertrag
Sicherungsübereignung beweglicher Sachen
Hypothek
Sicherungsnehmer verwertet grds. außerhalb Erkennt-nis- und Vollstreckungsverfahren auf Basis Sicherungs-vertrag
grds. Privatveräußerung (öffentliche Versteigerung) durch Pfandgläubiger, §§ 1228 I, 1233 I BGB
Herausgabe der Sache nach § 985 BGB
Sicherungsgrundschuld
grds. Einziehung der Forderung, § 1282 I 1 BGB
nur (Einzel-)Zwangsvollstreckung•Grundstücksversteigerung, § 869 ZPO, ZVG oder•Grundstücksverwaltung, § 869 ZPO, ZVG
788
Verwertung eines Pfandrechts an einer beweglichen Sachen 1
• Privatveräußerung durch Pfandgläubiger, §§ 1228 I, 1233 I BGB
Pfandrecht des deutschen Rechts ist sogenanntes „Verkaufs-(besser: Veräußerungs-)pfandrecht“, das zur Durchsetzung keinen Vollstreckungstitel voraussetzt
Veräußerung erfolgt grundsätzlich durch öffentliche Versteigerung (§ 1235 I i.V.m. § 383 III BGB), die keinen Vollstreckungstitel voraussetzt (deshalb außerhalb der Zwangsvollstreckung); Voraussetzungen für Eigentumserwerb:
Pfandrecht
– Erwerb vom Berechtigen
– Erwerb vom Nichtberechtigten: gutgläubiger Erwerb Pfandrecht § 1244 S. 1 Fall 1 BGB
nicht: Kaufvertrag (Trennungsprinzip!; Prütting/Wegen/Weinreich/Nobbe § 1242 Rn. 1)
Übereignung, §§ 929-931 BGB
Rechtmäßigkeit Versteigerung, §§ 1242 I 1, 1243 I BGB
Zuschlag bei § 1239 BGB
789
Verwertung eines Pfandrechts an einer beweglichen Sachen 2
Versteigerung wird grundsätzlich durch Gerichtsvollzieher, zu Versteigerungen befugten anderen Beamten oder öffentlich angestellten Versteigerer durchgeführt (§ 383 III BGB; Ausnahme gem. §§ 1235 II, 1221 BGB)
durch rechtmäßige Veräußerung Pfandsache erlangt Erwerber gleiche Rechte wie wenn er Sache vom Eigentümer erworben hätte (§ 1242 I 1 BGB)
Rechtswidrigkeitsvoraussetzungen sind in § 1243 I BGB genannt: Nichteinhaltung der Vorschriften der §§ 1228 II, 1230 S. 2, 1237 S. 1, 1240 BGB
werden sie nicht eingehalten, so handelt Pfandgläubiger als Nichtberechtigter; Ersteigerer kann dann nur unter Voraussetzungen § 1244 I 1 Fall 2 BGB gutgläubig Eigentum vom Nichtberechtigten erwerben (guter Glaube hinsichtlich Rechtmäßigkeit der Versteigerung)
790
Verwertung eines Pfandrechts an einer beweglichen Sachen 2
• Verwertung durch Parteivereinbarung, § 1245 I BGB
Eigentümer und Pfandgläubiger können gemäß § 1245 I BGB abweichende Vereinbarungen über Verwertung Pfandsache treffen (z.B. Privatveräußerung)
allerdings ist Vereinbarung Verfallsklausel, nach der Pfandgläubiger Eigentum an Pfandsache zufallen oder übertragen werden soll (aufschiebende Bedingung, § 158 I BGB), vor Eintritt Pfandreife gem. § 1229 BGB nichtig (rechtshindernde Einwendung)
außerdem ist § 1245 II BGB zu beachten
791
Verwertung eines Pfandrechts an einer beweglichen Sachen 3
• Verwertung nach Einigung Parteien bzw. Anordnung Gericht, § 1246 I, II BGB
wenn Interessen Beteiligte nach billigem Ermessen abweichende Art des Pfandverkaufs besser entspricht als gesetzlich vorgesehene, so kann jeder Beteiligte Verkauf in dieser Weise verlangen, § 1246 I BGB
einigen sich Beteiligte über abweichende Art Pfandverkaufs nicht, so entscheidet gem. § 1246 II BGB Amtsgericht (Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit)
• Verlangen Erfüllung gesicherte Forderung (§ 362 I BGB)
statt Verwertung Pfandrecht kann Pfandgläubiger auch Erfüllung gesicherte Forderung verlangen; Verpfänder ist wegen seines Rückgabeanspruchs (§ 1223 I BGB) nur Zug um Zug gegen Rückgabe Pfandgegenstand zur Zahlung verpflichtet; er hat insoweit allgemeines Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 I BGB
792
Verwertung eines Pfandrechts an einer beweglichen Sachen 4
• Fall 46: N hat P wegen einer Forderung in Höhe von 90.- Euro einen Ring verpfändet, der E gehört. Bei der Versteigerung erhält K den Zuschlag bei 1.100.- Euro. Kann E den Ring von K herausverlangen? Gebührt dem E der Erlös?
• Fall 47: G verlangt von N Rückzahlung eines Darlehens. Muss N zahlen, obwohl G nicht bereit ist, die zur Sicherung des Darlehens verpfändete antike Uhr zurückzugeben?
793
Verwertung einer sicherungsübereigneten Sache 1
• mit Eintritt Sicherungsfall (= Fälligkeit gesicherte Forderung; § 1228 II BGB analog bei SÜ)
Sicherungseigentümer hat vertraglichen Herausgabeanspruchgegenüber Sicherungsgeber aus SiV
außerdem Herausgabeanspruch § 985 BGB
nicht Einrede aus Sicherungsvertrag ggü. Verwertungsrecht) entsprechend Sicherungsabrede entfällt Besitzrecht i.S. von § 985 BGB aus Sicherungsabrede oder ggfs. sonstigem Besitzmittlungsverhältnis
muss bei Weigerung Sicherungsgeber im Wege der Herausgabeklage nach § 985 BGB gerichtlich durchgesetzt werden
• Verwertung sicherungsübereignete Sache erfolgt bei Nichterfüllung gesicherte Forderung bei Fälligkeit grundsätzlich im Regelfall aufgrund Bestimmungen Sicherungsabrede, die entweder im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder im Rahmen einer Individualabrede getroffen werden
794
Verwertung einer sicherungsübereigneten Sache 2
• daneben ist Verwertung im Rahmen Zwangsvollstreckung vollkommen unüblich
• Parteien vereinbaren typischerweise, dass Verwertung ohne gerichtliches Verfahren, und zwar entweder
durch freihändige Veräußerung
oder
durch öffentliche Versteigerung (§§ 1235 I analog, 383 III BGB)
stattfinden soll
795
Verwertung einer sicherungsübereigneten Sache 3
• Vereinbarung Verfallsabrede (aufschiebende Bedingung, § 158 I BGB) ist – anders als beim Pfandrecht an beweglicher Sache – nach h.L. und Rechtsprechung (BGH NJW 1980, 226) zulässig
§ 1229 BGB findet also keine analoge Anwendung bei Sicherungsübereignung
allenfalls kann Verfallsabrede nach § 138 I BGB nichtig sein
• Sicherungsnehmer hat aus Sicherungsabrede Pflicht, bei Verwertung Interessen des Sicherungsgebers zu wahren und insbesondere Sicherungsgut möglichst günstig zu veräußern (BGH WM 1967, 397)
bei Verletzung dieser Pflicht kann der Sicherungsgeber aufgrund Pflichtverletzung Sicherungsabrede gem. § 280 I BGBSchadensersatz verlangen
796
Verwertung einer sicherungsübereigneten Sache 4
• Verteilung Übererlös bei Verwertung durch Sicherungsgeber
Beispiel: gesicherte Forderung € 50, Verwertungserlös € 100
Erlös wird auf gesicherte Forderung verrechnet, § 1247 S. 1 BGB analog
Übererlös tritt analog § 1247 S. 2 BGB an Stelle Sicherungsgut
Pflicht zur Übereignung aus Sicherungsvertrag
Auskehr Übererlös an Sicherungsgeber
Herausgabeanspruch aus Sicherungsvertrag, § 311 I BGB
– ausdrücklich oder konkludent (ggfs. ergänzende Vertragsauslegung, §§ 133, 157, 242 BGB)
– keine Beendigung Sicherungsvertrag mit Verwertung
797
Verwertung einer sicherungsübereigneten Sache 5
Herausgabeanspruch des Sicherungsgebers, § 816 I 1 BGB (bei wirksamer Verfügung eines Nichtberechtigten)
– scheidet aus, da Sicherungseigentümer kein Nichtberechtigter bei Veräußerung Sicherungsgegenstand
Herausgabeanspruch des Sicherungsgebers, § 816 II BGB
– keine Leistungsbewirkung an einen Nichtberechtigten
Herausgabeanspruch Sicherungsgeber, § 812 I 1 Fall 2 BGB (allgemeine Eingriffskondiktion; vgl. Weber/Weber, § 8 VI 2)
– Anwendbarkeit: Subsidiarität Nichtleistungskondiktion
» durch Verwertung wird Erlös zwar kraft Leistung erlangt; zwischen Sicherungsgeber und –nehmer liegt aber hinsichtlich Erlösleistung keine Leistung vor
– in sonstiger Weise (keine Leistung)
» Erlös damit nicht aufgrund einer Leistung erlangt, sondern in sonstiger Weise
798
Verwertung einer sicherungsübereigneten Sache 6
– (unmittelbar) auf Kosten eines anderen
» bei Verwertung tritt an Stelle versteigerte Sache Verwertungserlös; Rechte an Sache setzen sich im Wege der dinglichen Surrogation gemäß § 1247 S. 2 BGB analog an Erlös fort
– etwas erlangt: Verwertungserlös ist commodum ex re = Ersatz für Sache aufgrund Ausübung der Sicherungsübereignung (nicht commodum ex negotiatione = rechtsgeschäftliches Surrogat für Erlangtes) (vgl. Palandt/Sprau § 818 Rn. 14)
– ohne Rechtsgrund: Sicherungsvertrag stellt keinen Rechtsgrund für Behalten des Übererlöses dar
799
Verwertung eines Eigentumsvorbehalts
• mit Rücktritt vom Kaufvertrag durch Eigentümer der unter Eigentumsvorbehalt veräußerten Sache entfällt (eigenes) Besitzrecht i.S. von § 986 I 1 Fall 1 BGB aus Kaufvertrag (§ 449 II BGB)
Eigentümer hat Herausgabeanspruch nach § 985 BGB gegenüber Vorbehaltskäufer
Herausgabeanspruch muss bei Weigerung Vorbehaltskäufer im Wege Herausgabeklage gerichtlich durchgesetzt werden
• eigentliche Verwertung einer unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Sache ist nicht erforderlich
800
Verwertung einer Hypothek
• Verwertung Hypothek erfolgt nur nach Vorschriften über Zwangsvollstreckung (§ 1147 BGB)
Zwangsversteigerung
Zwangsverwaltung
dritte Art Zwangsvollstreckung in Grundstück nach § 866 ZPO, Eintragung einer Zwangshypothek, §§ 867 f. ZPO, scheidet dagegen aus, da Hypothekar Verkehrshypothek Eintragung einer dieser im Range nachgehenden Sicherungshypothek keine bessere Position gibt
801
Verwertung einer Grundschuld
• Verwertung Grundschuld erfolgt nur nach Vorschriften über Zwangsvollstreckung (§§ 1192 I, 1147 BGB)
Zwangsversteigerung
Zwangsverwaltung
dritte Art der Zwangsvollstreckung in Grundstück nach § 866 ZPO, die Eintragung Zwangshypothek, §§ 867 f. ZPO, scheidet dagegen aus, da Gläubiger Grundschuld Eintragung einer dieser im Range nachgehenden Sicherungshypothek keine bessere Position gibt
802
Verwertung eines Pfandrechts an einem Recht
• Verwertung kann beim Pfandrecht an Recht nach Vorschriften über Zwangsvollstreckung (§ 1277 S. 1 Fall 1 BGB) erfolgen
• abweichende Vereinbarungen Verwertungsart (z.B. Privatveräußerung) sind aber möglich (§ 1277 S. 1 Fall 2 BGB), soweit § 1229 BGB (Verfallsabrede = Übereignung unter Bedingung, § 158 I BGB) und § 1245 II BGB beachtet werden
• außerdem kann Verwertung verpfändete Forderung nach § 1282 BGB nach Fälligkeit Forderung (§§ 1282 I 1, 1228 II BGB) durch EinziehungForderung (Einziehung bedeutet, dass Pfandgläubiger Leistung an sich verlangt) und Verwertung beim Drittschuldner erfolgen; § 1282 BGB ermöglicht somit Pfandverwertung ohne Vollstreckungstitel gegenüber Schuldner
daneben kann Abtretung an Zahlungs statt verlangt werden (Übergang Forderung auf Gläubiger; Risiko Zahlungsfähigkeit Drittschuldner), § 1282 I 3 BGB
803
Verwertung einer abgetretenen Forderung
• Gläubiger stehen zwei Möglichkeiten Verwertung des übertragenen Rechts zur Verfügung:
Verkauf und Abtretung Recht
Einziehen des Rechts aufgrund Einziehungsermächtigung, § 185 I BGB analog
Einziehung bedeutet, dass Forderungsinhaber Leistung an sich verlangt
804
Teil 2: Kreditsicherungsrecht
§ 5 Einführung in das Kreditsicherungsrecht§ 6 Entstehung von Kreditsicherheiten§ 7 Übertragung von Kreditsicherheiten§ 8 Kollision von Kreditsicherheiten§ 9 Verwertung von Kreditsicherheiten außerhalb der Zwangsvollstreckung§ 10 Vollstreckung von Kreditsicherheiten
10.1 Bürgschaft10.2 Pfandrecht an einer beweglichen Sache10.3 Sicherungsübereignung10.4 Eigentumsvorbehalt10.5 Hypothek10.6 Sicherungsgrundschuld10.7 Pfandrecht an einem Recht10.8 Sicherungsabtretung
805
Allgemeine Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen
• Antrag, § 753 I ZPO
• (Vollstreckungs-)Titel, insbesondere Urteil (§ 704 I ZPO) bzw. vollstreckbare Urkunde (§ 794 I Nr. 5 ZPO)
Zahlungstitel, § 764 I ZPO (z.B. bei Bürgschaft)
„Duldungs“titel
wird in Regel bei Klage aus § 1147 BGB angenommen (zutreffender wäre Feststellungstitel)
• (Vollstreckungs-)Klausel, §§ 724-729, 795 ZPO (amtliches Zeugnis, dass der Titel vollstreckbar ist)
• Zustellung, §§ 750, 798 ZPO
• Fehlerfolge: Fehlerhaftigkeit Vollstreckungsakt, die zur Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit Vollstreckungsmaßnahme führt
vollstreckungsrechtlicher Rechtsbehelf: Vollstreckungserinnerung, § 766 ZPO
806
Arten der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen
Zwangsvollstreckung wg. Geldforderungen, §§ 803-882a ZPO
ins bewegliche Vermögen, §§ 803-863, 872, 882 ZPO
körperliche Sachen, §§ 808-827 ZPO
Forderungen, §§ 828-856 ZPO
sonstige Rechte,§§ 857-863 ZPO
auf Geld,§§ 829-845, 850-856 ZPO
auf Herausgabe,§§ 846-849 ZPO
ins unbewegliche Vermögen,§§ 864-871 ZPO
außerdem: Zwangsvollstreckung wegen anderer Forderungen, §§ 883-898 ZPO
aus den Vorschriften über die einzelnen Vollstreckungsarten können besondere Vollstreckungsvoraussetzungen abgeleitet werden
Zwangshypothek,§§ 867 f. ZPO
Zwangs-verwal-tung,§ 869 ZPO, ZVG
Zwangs-verstei-gerung,§ 869 ZPO, ZVG
807
Zwangsvollstreckung gegen Bürgen 1
• Zwangsvollstreckung gegen Bürgen kann in sein gesamtes Vermögen betrieben werden; Bürgschaftsgläubiger hat somit Auswahl zu treffen, in welche Vermögensgegenstände er vollstrecken will
• er kann sämtliche Arten Vollstreckung wegen Geldforderungen wählen, also insbesondere:
Zwangsvollstreckung in bewegliche Sachen:
durch Gerichtsvollzieher, § 753 ZPO
der Pfändung vornimmt, § 803 ZPO (wodurch Pfändungspfandrecht an Sache entsteht, § 804 I ZPO)
woraufhin entweder
– öffentliche Versteigerung, §§ 814 ZPO, 383 III BGB oder
– auf Antrag andere Verwertungsart (freihändiger Verkauf; Zwangsüberweisung Sache an Gläubiger zu bestimmtem
Preis, § 825 ZPO) durchgeführt wird
808
Zwangsvollstreckung gegen Bürgen 2
Zwangsvollstreckung in Grundstücke:
durch Amtsgericht, § 1 ZVG (Vollstreckungsgericht)
entweder
– Zwangsversteigerung,
– Zwangsverwaltung oder
– Eintragung einer Sicherungshypothek
die Zwangsvollstreckung in Forderungen:
durch Amtsgericht, § 828 ZPO (Vollstreckungsgericht)
das Pfändung Forderung vornimmt, § 829 ZPO (wodurch Pfändungspfandrecht an Forderung entsteht, § 804 I ZPO)
woraufhin Forderung an Gläubiger überwiesen wird, § 835 ZPO und zwar entweder
– zur Einziehung (Forderung bleibt im Vermögen Schuldner) oder
– an Zahlungs Statt (Übergang Forderung auf Gläubiger; Risiko Zahlungsfähigkeit des Drittschuldners)
Zwangsvollstreckung in sonstige Rechte, § 857 ZPO
809
Zwangsvollstreckung bei Pfandrecht an beweglicher Sache
• neben Verwertung Pfandrecht außerhalb Zwangsvollstreckung (z.B. im Rahmen der Privatveräußerung durch öffentliche Versteigerung nach §§ 1234-1240 BGB) ist auch Verwertung nach Vorschriften Zwangsvollstreckung möglich (§ 1233 II BGB i.V.m. §§ 808-827 ZPO)
• bei Vorliegen „Duldungs“titel gelten somit Vorschriften über Zwangsvollstreckung in bewegliche Sachen:
durch Gerichtsvollzieher, § 753 ZPO
allerdings bedarf es nach h.L. keiner Pfändung der Sache, § 803 ZPO (wodurch zusätzlich zum rechtsgeschäftlichen Pfandrecht gesetzliches Pfändungspfandrecht an Sache entstünde, 804 I ZPO) (a.A. RGZ 103, 139)
Gerichtsvollzieher kann Sache verwerten durch:
öffentliche Versteigerung, §§ 814 ZPO, 383 III BGB oder
auf Antrag andere Verwertungsart (freihändiger Verkauf; Zwangsüberweisung Sache an Gläubiger zu bestimmten Preis, § 825 ZPO)
810
Zwangsvollstreckung bei Sicherungsübereignung 1
• sicherungsübereignete Sachen werden grds. außerhalb Zwangsvollstreckung aufgrund Vereinbarungen in Sicherungsabrede verwertet
• Zwangsvollstreckung durch Gläubiger Sicherungsgeber
Sicherungsgeber hält üblicherweise bei Sicherungseigentum unmittelbaren Besitz an Sache; so kann es vorkommen, dass seine Gläubiger in Sache vollstrecken
Sicherungsnehmer kann gegen Vollstreckungsmaßnahme anderer Gläubiger entweder aufgrund Vorzugsklage (§ 805 HS 2 ZPO) – wenn man Sicherungseigentum einem Pfandrecht gleichstellt – oder aufgrund Drittwiderspruchsklage (§ 771 I ZPO) – wenn man Sicherungseigentum formal als Eigentum einordnet – vorgehen
h.L.: Sicherungsnehmer kann Rechtsbehelf der Drittwiderspruchsklage (§ 771 I ZPO) nutzen; nur Drittwiderspruchsklage ermögliche es Sicherungsnehmer, Einzelzwangsvollstreckung eines anderen Gläubigers zu verhindern; dies sei erforderlich, da grundsätzlich Sicherungsgut zur Fortführung Betrieb des Sicherungsgebers unbedingt erforderlich sei
811
Zwangsvollstreckung bei Sicherungsübereignung 2
• Zwangsvollstreckung durch Gläubiger Sicherungsnehmer
wenn umgekehrt Gläubiger Sicherungsnehmer in Sicherungsgut vollstrecken (was dann der Fall ist, wenn sich Sicherungsgut ausnahmsweise im unmittelbaren Besitz Sicherungsnehmer befindet), stellt sich die Frage, welchen Rechtsbehelf Sicherungsgeber nutzen kann
auch Sicherungsgeber gibt h.L. Drittwiderspruchsklage (§ 771 I ZPO analog) wenn und solange SiN nicht zur Verwertung Sicherungsgut berechtigt ist und zwar auch vor Befriedigung Sicherungsnehmer, und dies obwohl er nicht mehr Eigentümer der sicherungsübereigneten Sache ist; dies wird damit begründet, dass Sicherungsgut nur „treuhänderisch“ übereignet worden sei
Gläubiger Sicherungsnehmer bleibt damit nur Vollstreckung in (gesicherte) Forderung Sicherungseigentümer gegen Sicherungsgeber
beachte: sehr selten, da Sicherungsgegenstand i.d.R. im unmittelbaren Besitz SiG
812
Zwangsvollstreckung bei Eigentumsvorbehalt
• Verwertung bzw. Zwangsvollstreckung unter Eigentumsvorbehalt gelieferter Sache ist nicht erforderlich; da Verkäufer bis zur Zahlung Kaufpreis weiter Eigentümer Sache ist, kann er – nach Rücktritt vom Kaufvertrag (§ 449 II BGB) und damit Wegfall Besitzrecht – einfach Herausgabe Sache verlangen (§ 985 BGB); somit stellt sich wie bei Sicherungsübereignung nur Frage, mit Hilfe welcher Rechtsbehelfe sich Vorbehaltsverkäufer bzw. Vorbehaltskäufer gegen Zwangsvollstreckung Dritter in Vorbehaltsgut wehren können
• Zwangsvollstreckung durch Gläubiger Vorbehaltskäufer
vollstreckt Gläubiger Vorbehaltskäufer in das bei diesem befindliche Vorbehaltsgut, kann Vorbehaltsverkäufer Pfändung als Eigentümer mit Drittwiderspruchsklage aus § 771 I ZPO begegnen
• Zwangsvollstreckung durch Gläubiger Vorbehaltsverkäufer
befindet sich Vorbehaltssache ausnahmsweise beim Vorbehaltsverkäufer, so kann Vorbehaltskäufer mit Drittwiderspruchsklage nach § 771 I ZPO analogvorgehen, weil er mit Anwartschaftsrecht ein Veräußerung hinderndes Recht hat
813
Pfändung des Anwartschaftsrechts des Vorbehaltskäufers
• problematisch ist allerdings, wie Gläubiger Vorbehaltskäufer in dessen Anwartschaftsrecht vollstrecken können
Theorie der Rechtspfändung: Pfändung erfolgt gem. §§ 857 I, 828 ZPO durch Pfändungsbeschluss Vollstreckungsgericht
arg.: Anwartschaftsrecht ist Recht
Theorie der Sachpfändung (Raiser, Dingliche Anwartschaften, 1961, S. 91): Pfändung erfolgt in Form der Sachpfändung durch Gerichtsvollzieher nach §§ 808 ff. ZPO
arg.: Anwartschaftsrecht ist Vorstufe des Eigentums
Theorie der Doppelpfändung (h.M.):
Anwartschaftsrecht durch Pfändungsbeschluss Vollstreckungsgericht nach §§ 857 I, 828 ZPO gepfändet
Sache selbst durch Gerichtsvollzieher nach §§ 808 ff. ZPO gepfändet
814
Zwangsvollstreckung bei Hypothek
• Gläubiger, der Inhaber Hypothek ist, kann Grundstück (beachte Haftungsverband) nach ZVG im Wege Zwangsvollstreckung verwerten, d.h. durch
Zwangsversteigerung, § 869 ZPO, ZVG oder
Zwangsverwaltung, § 869 ZPO, ZVG
dritte Art Zwangsvollstreckung in Grundstück nach § 866 ZPO, Eintragung Zwangshypothek, §§ 867 f. ZPO, scheidet dagegen aus, da Hypothekar Verkehrshypothek die Eintragung einer dieser im Range nachgehenden Sicherungshypothek keine bessere Position gibt
815
Zwangsvollstreckung bei Sicherungsgrundschuld
• der Gläubiger, der Inhaber Grundschuld ist, kann dann Grundstück (beachte Haftungsverband) nach ZVG im Wege Zwangsvollstreckung verwerten, d.h. durch
Zwangsversteigerung, § 869 ZPO, ZVG oder
Zwangsverwaltung, § 869 ZPO, ZVG
dritte Art Zwangsvollstreckung in Grundstück nach § 866 ZPO, Eintragung Zwangshypothek, §§ 867 f. ZPO, scheidet dagegen aus, da Gläubiger Grundschuld die Eintragung einer dieser im Range nachgehenden Sicherungshypothek keine bessere Position gibt
816
Zwangsvollstreckung bei Pfandrecht an einem Recht
• Verwertung beim Pfandrecht an Recht kann im Wege Privatveräußerung, aber auch nach Vorschriften über Zwangsvollstreckung (§ 1277 S. 1 Fall 1 BGB) erfolgen
Forderung
Verwertung verpfändete Forderung erfolgt
– durch Amtsgericht, § 828 ZPO (Vollstreckungsgericht)
– das Pfändung Forderung vornimmt, § 829 ZPO (wodurch Pfändungspfandrecht an Forderung entsteht, § 804 I ZPO)
– woraufhin Forderung an Gläubiger überwiesen wird, § 835 ZPO und zwar entweder
» zur Einziehung (Forderung bleibt im Vermögen Schuldner) oder
» an Zahlungs Statt (Übergang Forderung auf Gläubiger; Risiko Zahlungsfähigkeit Drittschuldner)
sonstiges Recht
Verwertung eines anderen verpfändeten Rechts erfolgt ebenfalls nach Vollstreckungsrecht (§ 1277 BGB); es gilt dann § 857 ZPO
817
Zwangsvollstreckung bei Sicherungsabtretung 1
• Gläubiger stehen grds. Möglichkeiten Verwertung des übertragenen Rechts außerhalb Zwangsvollstreckung zur Verfügung
• Zwangsvollstreckung durch Gläubiger Sicherungsgeber
Sicherungsnehmer kann gegen Vollstreckungsmaßnahme entweder aufgrund Vorzugsklage (§ 805 HS 2 ZPO) – wenn man Sicherungsabtretung einem Pfandrecht an Forderung gleichstellt – oder aufgrund Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) – wenn man Sicherungsabtretung formal als Inhaberschaft einordnet – vorgehen
nach h.L. kann Sicherungsnehmer Rechtsbehelf der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) nutzen; nur Drittwiderspruchsklage ermögliche es Sicherungsnehmer, Einzelzwangsvollstreckung eines anderen Gläubigers zu verhindern
818
Zwangsvollstreckung bei Sicherungsabtretung 2
• Zwangsvollstreckung durch Gläubiger Sicherungsnehmer
auch Sicherungsgeber gibt h.L. Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO analog), und dies obwohl er nicht mehr Inhaber sicherungsabgetretene Forderung ist; dies wird damit begründet, dass Sicherungsgut nur „treuhänderisch“ abgetreten worden sei
Gläubigern Sicherungsnehmer bleibt damit nur Vollstreckung in (gesicherte) Forderung Sicherungsnehmer gegen Sicherungsgeber
819
Teil 2: Kreditsicherungsrecht
§ 5 Einführung in das Kreditsicherungsrecht§ 6 Entstehung von Kreditsicherheiten§ 7 Übertragung von Kreditsicherheiten§ 8 Kollision von Kreditsicherheiten§ 9 Verwertung von Kreditsicherheiten außerhalb der Zwangsvollstreckung§ 10 Vollstreckung von Kreditsicherheiten§ 11 Kreditsicherheiten in der Insolvenz des Kreditnehmers
11.1 Insolvenz allgemein11.2 Bürgschaft11.3 Pfandrecht an einer beweglichen Sache11.4 Sicherungsübereignung11.5 Eigentumsvorbehalt11.6 Grundpfandrecht11.7 Sicherungsabtretung
820
Insolvenz des Sicherungsgebers
Insolvenztatbestand-Zahlungsunfähigkeit, § 17 InsO-Überschuldung bei juristischen Personen, § 19 InsO
1. Stellung dingliches Sicherungsrecht
Insolvenzmasse = das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehörende Vermögen und das während des Verfahrens Erlangte
Aussonderungsberechtigte =Gegenstand gehört aufgrund eines dinglichen oder persönlichen Rechts nicht zur Masse, §§ 47 f. InsO
grds. Verwertung durch Gläubiger
kein Kostenbeitrag mobiliargesicherter Gläubiger
Absonderungsberechtigte =Gegenstand gehört zur Masse, Gläubiger hat bloßes Befriedigungsrecht(z.B. Pfandgläubiger, Grundpfandgläubiger), §§ 49 ff. InsOgrds. Verwertung durch Insolvenzverwalter, § 166 InsOKostenbeitrag mobiliargesicherter Gläubiger, §§ 170, 171 InsO:
2. Stellung gesicherte Forderung
Gläubiger ist (zusätzlich) einfacher Insolvenzgläubiger, § 38 InsO, wenn er persönliche Forderung beim Insolvenzgericht anmeldet
- Feststellung Sicherungsgegenstand: 4% des Erlöses (§ 171 I 2 InsO)- Verwertungskosten: 5% des Erlöses (§ 171 II 1 InsO)
821
Übersicht Rechte Sicherungsgläubiger in der Insolvenz
• Aussonderung
Aussonderungsrecht (d.h. Recht, mangelnde Massezugehörigkeit eines Gegenstands geltend zu machen), § 47 S. 1 InsO [i.V. z.B. mit Herausgabeanspruch, § 985 BGB]
Ersatzaussonderungsrecht, § 48 InsO
• Absonderung
Absonderungsrecht bei unbeweglichen Gegenständen, § 49 InsO
Absonderungsrecht bei Pfandrecht, § 50 InsO
Absonderungsrecht bei Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung, § 51 Nr. 1 InsO
822
Aussonderungsrecht, § 47 S. 2 InsO [i.V. z.B. mit Herausgabeanspruch, § 985 BGB] 1
• Aussonderungsrecht (d.h. Recht, mangelnde Massezugehörigkeit eines Gegenstands geltend zu machen), § 47 S. 1 InsO
Rechtsnatur
Aussonderungsrecht ist Recht, geltend zu machen, dass bestimmter Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört
Aussonderungsrecht ist selbst kein gesonderter Anspruch oder dingliches Recht, sondern Hilfsnorm, die lediglich Möglichkeit der (weiteren) außerinsolvenzlichen Rechtsverfolgung gewährt
beachte irreführenden Wortlaut § 47 S. 2 InsO: seinen „Anspruch auf Aussonderung“
Anwendbarkeit (arg. „Insolvenzmasse“)
Eröffnung Insolvenzverfahren
keine Beendigung Insolvenzverfahren
Aussonderungsobjekt: vermögenswerter Gegenstand
823
Aussonderungsrecht, § 47 S. 2 InsO [i.V. z.B. mit
Herausgabeanspruch, § 985 BGB] 2
Aussonderungsberechtigung: dingliches oder persönliches Aussonderungsrecht (= Recht, geltend zu machen, dass bestimmter Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört), § 47 S. 1 InsO
dingliches Aussonderungsrecht
– Eigentum
» auch einfacher Eigentumsvorbehalt und erweiterter Eigentumsvorbehalt bis zum Eintritt Erweiterungsfall
» nicht Sicherungseigentum
– keine Aussonderung bei Anwartschaftsrecht Vorbehaltskäufer (Eigentum des Vorbehaltsverkäufers setzt sich durch)
» beachte aber zur Insolvenzfestigkeit Anwartschaftsrecht Vorbehaltskäufer § 107 I InsO
824
Aussonderungsrecht, § 47 S. 2 InsO [i.V. z.B. mit
Herausgabeanspruch, § 985 BGB] 3
– Inhaberschaft einer Forderung (nichtsicherungsübereignete Forderung)
» bei Forderung keine Geltendmachung über Herausgabeanspruch, sondern über Feststellungsklage
– Prüfung:
» ursprünglich
» rechtsgeschäftlicher Eigentums- oder Forderungserwerb
persönliches Aussonderungsrecht = schuldrechtliche Ansprüche, sofern Ausdruck der Tatsache, dass Gegenstand nicht zum Schuldnervermögen gehört (Rückgewähranspruch, §§ 546 I, 604 I BGB; nicht sogenannte bloße Verschaffungsansprüche)
keine Insolvenzanfechtung Aussonderungsberechtigung, §§ 129 ff. InsO
825
Aussonderungsrecht, § 47 S. 2 InsO [i.V. z.B. mit Herausgabeanspruch, § 985 BGB] 4
• Geltendmachung/Abwicklung, § 47 S. 2 BGB, z.B. Herausgabeanspruch § 985 BGB [oder z.B. §§ 894, 1007 I, II 1 HS 1 BGB]
Entstehung
Anwendbarkeit: § 47 S. 2 InsO
Eigentum s.o.
Besitz
rechtshindernde Einwendungen: Besitzrecht, § 986 BGB
– eigenes Besitzrecht, § 986 I 1 Fall 1 BGB
– Besitzrecht des mittelbaren Besitzers, § 986 I 1 Fall 2 BGB
– § 986 II BGB
Erlöschen: rechtsvernichtende Einwendungen
Durchsetzbarkeit - rechtshemmende Einwendung: Verjährung, § 214 I BGB
826
Ersatzaussonderungsrecht, § 48 InsO
• Rechtsnatur: kein eigener Anspruch, sondern Hilfsnorm, die bürgerlichrechtlichem Anspruch aus § 816 oder §§ 667, 675 BGB Aussonderungskraft beimisst
• Aussonderungsrecht, § 47 S. 1 InsO
• wirksame Veräußerung Gegenstand = jede entgeltliche, rechtsgeschäftliche Verfügung
• keine Berechtigung zur Veräußerung
• Gegenleistung = jede dem Aktivvermögen Schuldner zugeflossene Vermögensmehrung
• Rechtsfolge: Abtretung bzw. Herausgabe der Gegenleistung
ausstehende Gegenleistung, § 48 S. 1 InsO
Abtretung Anspruch auf Gegenleistung
in Insolvenzmasse noch vorhandene Gegenleistung, § 48 S. 2 InsO
Herausgabe Gegenleistung selbst
827
Absonderungsrecht bei unbeweglichen Gegenständen, § 49 InsO - 1
• Absonderungsrecht
Rechtsnatur: Recht, aus einem bestimmten Gegenstand vorrangig befriedigt zu werden (Vorzugsrecht am Erlös)
Anwendbarkeit (arg. „Insolvenzmasse“)
Eröffnung Insolvenzverfahren
keine Beendigung Insolvenzverfahren
Absonderungsobjekt: unbeweglicher Gegenstand (beachte Haftungsverband Hypothek und Grundschuld!)
Absonderungsobjekt ist Teil der Insolvenzmasse
Absonderungsberechtigung/Absonderungsrecht (= Recht aus einem bestimmten Gegenstand vorrangig befriedigt zu werden) = Verwertungsrecht an einem Massegegenstand, insbesondere
Grundpfandrecht, § 10 I Nr. 4 ZVG
keine Insolvenzanfechtung Absonderungsrecht, §§ 129 ff. InsO
828
Absonderungsrecht bei unbeweglichen Gegenständen, § 49 InsO - 2
• Durchsetzung
Verwertung
Verwertung Grundstück durch Grundpfandgläubiger (Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung)
Verwertung Grundstück durch Insolvenzverwalter (Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung), § 165 InsO
nach Abzug der Kosten (§ 109 I ZVG) Erlösverteilung nach der in §§ 10 ff. ZVG niedergelegten Rangordnung
829
Absonderungsrecht bei Pfandrecht, § 50 InsO - 1
• Absonderungsrecht
Rechtsnatur: Recht, aus einem bestimmten Gegenstand vorrangig befriedigt zu werden (Vorzugsrecht am Erlös)
Anwendbarkeit (arg. „Insolvenzmasse“)
Eröffnung Insolvenzverfahren
keine Beendigung Insolvenzverfahren
Absonderungsobjekt: Gegenstand
Absonderungsobjekt ist Teil der Insolvenzmasse
830
Absonderungsrecht bei Pfandrecht, § 50 InsO - 2
Absonderungsberechtigung/Absonderungsrecht (= Recht aus einem bestimmten Gegenstand vorrangig befriedigt zu werden) = Verwertungsrecht an einem Massegegenstand, insbesondere
Pfandrecht an beweglichen Sachen (rechtsgeschäftliches Pfandrecht, Pfändungspfandrecht [§ 804 I ZPO] oder gesetzliches Pfandrecht)
Pfandrecht an Forderungen
keine Insolvenzanfechtung Absonderungsrecht, §§ 129 ff. InsO
• Durchsetzung
Verwertung Pfandgegenstand grundsätzlich durch Insolvenzverwalter, §§ 166 ff. InsO (durch Gläubiger nach § 173 InsO)
nach Abzug der Kosten (§ 171 I 2, II 1 InsO) Erlösverteilung
831
Absonderungsrecht bei Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung, § 51 Nr. 1 InsO
• Absonderungsrecht
Rechtsnatur: Recht, aus einem bestimmten Gegenstand vorrangig befriedigt zu werden (Vorzugsrecht am Erlös)
Anwendbarkeit (arg. „Insolvenzmasse“)
Eröffnung Insolvenzverfahren
keine Beendigung Insolvenzverfahren
Absonderungsobjekt: Gegenstand
Absonderungsobjekt ist Teil Insolvenzmasse
Absonderungsberechtigung/Absonderungsrecht (= Recht aus bestimmtem Gegenstand vorrangig befriedigt zu werden) = Verwertungsrecht an Massegegenstand
Sicherungseigentum oder Sicherungsabtretung, § 51 Nr. 1 InsO
keine Insolvenzanfechtung Absonderungsrecht, §§ 129 ff. InsO
• Durchsetzung
Verwertung bewegliche Gegenstände grundsätzlich durch Insolvenzverwalter, §§ 166 ff. InsO
nach Abzug der Kosten (§ 171 I 2, II 1 InsO) Erlösverteilung
832
Bürgschaft in der Insolvenz
• Insolvenz Schuldner der gesicherten Forderung: Gläubiger ist einfacher Insolvenzgläubiger, § 38 InsO
• Insolvenz Bürge: Bürgschaftsgläubiger ist einfacher Insolvenzgläubiger, § 38 InsO
833
Eigentumsvorbehalt, Pfandrecht und Sicherungseigentum in Zwangsvollstreckung und Insolvenz
Eigentum (auch bei einfachem EV)
Pfandrecht Sicherungs-eigentum
Einzelzwangs-vollstreckung in Vermögen Si-cherungsgeber
§ 771 ZPO Drittwider-spruchsklage
§ 805 HS 2 ZPO Vorzugsklage/ Klage auf vorzugsweise Befriedigung
§ 771 ZPO Drittwider-spruchsklage
Insolvenz Si-cherungsgeber
§ 47 InsO Aussonderung
§ 50 InsO Absonderung
§ 51 Nr. 1 InsO Absonderung
834
Pfandrecht an einer beweglichen Sache in der Insolvenz
• bei Insolvenz Eigentümer (Verpfänder) Pfandsache gem. § 50 InsO Recht auf abgesonderte Befriedigung aus Pfandsache
• bei Insolvenz Schuldner gesicherte Forderung ist Gläubiger einfacher Insolvenzgläubiger, § 38 InsO
835
Sicherungsübereignung in der Insolvenz
• bei Insolvenz Sicherungsgeber hat Sicherungsnehmer Recht auf abgesonderte Befriedigung, § 51 Nr. 1 InsO (obwohl Sicherungsgegenstand formal nicht zur Insolvenzmasse gehört)
ebenso hatten bereits zur Zeit der Geltung der alten Konkursordnung Rspr. und h.L. Sicherungsübereignung behandelt
Begr.: Insolvenzverfahren dient Abwicklung sämtlicher Ansprüche; SiN hat gesicherten Anspruch und Verwertungsrecht; dürfte er aussondern, bekäme er auf gesicherten Anspruch immer noch Insolvenzquote; deshalb im Insolvenzverfahren nur Absonderung wie Pfandrecht oder Zurückbehaltungsrecht
• bei Insolvenz Sicherungsnehmer hat Sicherungsgeber nach Gewohnheitsrecht Aussonderungsrecht nach §§ 47 S. 2 InsO, 985 BGB analog, allerdings nach Rspr. und h.L. nur dann, wenn Sicherungsgeber gesicherte Forderung durch Leistung an Insolvenzverwalter (§ 80 InsO) erfüllt (Entstehungsvoraussetzung)
836
Eigentumsvorbehalt in der Insolvenz 1
• bei Insolvenz Vorbehaltskäufer hat Insolvenzverwalter hinsichtlich Kaufvertrag nach § 103 InsO Wahlrecht, ob er Kaufvertrag erfüllen will oder nicht
wenn er Erfüllung Kaufvertrag wählt, muss er Kaufpreis aus Insolvenzmasse zahlen und damit erwirbt Gemeinschuldner Eigentum an Vorbehaltssache
wenn er Erfüllung ablehnt, bleibt es beim Eigentum Vorbehaltsverkäufer an Vorbehaltssache; Vorbehaltsverkäufer kann Aussonderungsanspruch nach §§ 47 S. 2 InsO, 985 BGB geltend machen, dem kein Recht zum Besitz mehr entgegensteht
verlängerter Eigentumsvorbehalt wirkt in Insolvenz nur wie Pfandrecht für Restkaufpreis (Absonderung, § 51 Nr. 1 InsO)
837
Eigentumsvorbehalt in der Insolvenz 2
• bei Insolvenz Vorbehaltsverkäufer kann Vorbehaltskäufer gem. § 107 I 1 InsO Erfüllung Kaufvertrag vom Insolvenzverwalter verlangen, wenn Verkäufer vor Eröffnung Insolvenzverfahren Käufer den Besitz an Vorbehaltssache (§ 854 BGB) übertragen hat
Insolvenzverwalter hat kein Ablehnungsrecht
• mit Zahlung Kaufpreis erfolgt Eigentumsübergang auf Käufer
• Anwartschaftsrecht Vorbehaltskäufer erstarkt zum Vollrecht
838
Grundpfandrechte (Hypothek, Grundschuld und Rentenschuld) in der Insolvenz
• in Insolvenz Grundpfandrechtsschuldner hat Grundpfandrechtsgläubiger Absonderungsrecht nach § 49 InsO
839
Sicherungsabtretung in der Insolvenz
• Situation wie bei Sicherungsübereignung:
bei Insolvenz Sicherungsgeber hat Sicherungsnehmer Recht auf abgesonderte Befriedigung, § 51 Nr. 1 InsO
obwohl Sicherungsgegenstand formal nicht zur Insolvenzmasse gehört
ebenso hatten bereits zur Zeit der Geltung der alten Konkursordnung Rspr. und h.L. Sicherungsabtretung behandelt
bei Insolvenz Sicherungsnehmer hat Sicherungsgeber nach Gewohnheitsrecht Aussonderungsrecht nach § 47 S. 2 InsO analog
allerdings nach Rspr. und h.L. nur dann, wenn Sicherungsgeber gesicherte Forderung durch Leistung an Insolvenzverwalter (§ 80 InsO) erfüllt (Entstehungsvoraussetzung)
840
Vertiefende Literatur: Insolvenzrecht
• Christoph Becker, Insolvenzrecht, 3. Aufl., Köln, Bonn, Berlin München 2010
• Reinhard Bork, Einführung in das Insolvenzrecht, 7. Aufl., Tübingen 2014
• Reinhard Bork/Kurt-Dieter Koschmieder (Hrsg.), Fachanwaltsbuch Insolvenzrecht, Köln (Loseblatt)
• Ulrich Foerste, Insolvenzrecht (Grundrisse des Rechts), 6. Aufl., München 2014
• Ernst Jaeger/Wolfram Henckel/Walter Gerhardt (Hrsg.), Großkommentar zur Insolvenzordnung, 5 Bde., Berlin, New York 2003 ff.
• Karsten Schmidt, Kommentar zur Insolvenzordnung mit EuInsVO, 18. Aufl.,
München 2013
vor der 18. Aufl. Joachim Kilger/Karsten Schmidt, Insolvenzgesetze, KO/VglO/GesO, 17. Aufl., München 1997
841
Teil 2: Kreditsicherungsrecht
§ 5 Einführung in das Kreditsicherungsrecht§ 6 Entstehung von Kreditsicherheiten§ 7 Übertragung von Kreditsicherheiten§ 8 Kollision von Kreditsicherheiten§ 9 Verwertung von Kreditsicherheiten außerhalb der Zwangsvollstreckung§ 10 Vollstreckung von Kreditsicherheiten§ 11 Kreditsicherheiten in der Insolvenz des Kreditnehmers§ 12 Beendigung von Kreditsicherheiten§ 13 Internationales Kreditsicherungsrecht
13.1 Prüfung internationalprivatrechtliche Fälle13.2 Internationales Sachenrecht: bewegliche Sachen13.3 Internationales Schuldvertragsrecht: Forderungsabtretung
842
Prüfung internationalprivatrechtlicher Fälle 1
• A. Zulässigkeit der Klage
• B. Begründetheit der Klage
• I. (materielles) Einheitsrecht (Vorrang nach Art. 3 II EGBGB)
• II. Kollisionsrecht
anwendbares Recht (deutsches Raumkollisionsrecht = IPR)
völkerrechtliche Verträge (Vorrang nach Art. 3 II 1, 2 EGBGB)
– Anwendungsbereich
» sachlicher Anwendungsbereich
» persönlicher Anwendungsbereich
» räumlicher Anwendungsbereich
» zeitlicher Anwendungsbereich
843
Prüfung internationalprivatrechtlicher Fälle 2
– Anknüpfungsgegenstand
– Anknüpfungsgrund
– Anknüpfungszeitpunkt
nationale Kollisionsnormen
– Anknüpfungsgegenstand
– Anknüpfungsgrund
– Anknüpfungszeitpunkt
844
Prüfung internationalprivatrechtlicher Fälle 3
Verweisung (deutsches und ggf. ausländisches Raumkollisionsrecht = IPR; ggfs. Renvoi, Art. 4 I EGBGB = Rück- bzw. Weiterverweisung)
Anwendung (deutsches oder ausländisches Sachrecht)
Korrektur (deutsches Raumkollisionsrecht = IPR)
Verstoß gegen zwingende Vorschriften des deutschen Recht, Art. 9 Rom I-VO = Art. 34 EGBGB a.F.
Verstoß gegen deutschen ordre public international, Art. 6 EGBGB
Angleichung auf kollisions- oder materiellrechtlicher Ebene
845
Internationales Sachenrecht: bewegliche Sachen 1
• anwendbares Recht
Rechtswahl
Rechtswahl ist nach deutschem internationalen Privatrecht unzulässig
Art. 43 I EGBGB
Anknüpfungsgegenstand
– Sache: unbewegliche oder bewegliche Sache, §§ 90, 94-98 BGB
– dingliches Recht (insbesondere Entstehung, Änderung, Übertragung und Untergang)
Anknüpfungsgrund
– Art. 43 I EGBGB: Recht des Lageorts, Belegenheitsrecht (lex rei sitae)
Anknüpfungszeitpunkt
– jeweiliger Lageort (wandelbares Statut)
846
Internationales Sachenrecht: bewegliche Sachen 2
• Verweisung (ggfs. Renvoi, Art. 4 I EGBGB = Rück- bzw. Weiterverweisung)
• Anwendung
• Korrektur
Ausweichklausel, Art. 46 EGBGB: „Besteht mit dem Recht eines Staates eine wesentlich engere Verbindung als mit dem Recht, das nach den Artikeln 43 bis 45 maßgeblich wäre, so ist jenes Recht anzuwenden.“
z.B. res in transitu
Vorbehalt des neuen Belegenheitsrechts, § 43 II EGBGB
Verstoß gegen deutschen ordre public international, Art. 6 EGBGB
847
Internationales Sachenrecht: bewegliche Sachen – Statutenwechsel 1
• offene Tatbestände
keine rechtliche Anerkennung
Berücksichtigung von Auslandstatsachen, Art. 43 III EGBGB
848
Internationales Sachenrecht: bewegliche Sachen – Statutenwechsel 2
• abgeschlossene Tatbestände
Anerkennung wohlerworbener Rechte
beachte Art. 4 I Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr: “Die Mitgliedstaaten sehen in Einklang mit den anwendbaren nationalen Vorschriften, wie sie durch das internationale Privatrecht bestimmt werden, vor, dass der Verkäufer bis zur vollständigen Bezahlung das Eigentum an Gütern behält, wenn zwischen Käufer und Verkäufer vor der Lieferung der Güter ausdrücklich eine Eigentumsvorbehaltsklausel vereinbart wurde.”
unbekannte Rechtsinstitute
Transposition
Vorbehalt des neuen Belegenheitsrechts, Art. 43 II EGBGB
849
Internationales Schuldvertragsrecht: Forderungsabtretung
• unterscheide das auf die Forderungsabtretung selbst anwendbare Recht, Grundgeschäft der Forderungsabtretung und Recht, das auf die gesicherte Forderung anwendbar ist
anwendbares Recht auf die Forderungsabtretung selbst (Zessionsstatut)
Art. 14 II Rom I-VO = Art. 33 II EGBGB a.F.: Recht der übertragenen Forderung, meist Vertragsstatut (Artt. 3-13 Rom I-VO = Artt. 27-32 EGBGB a.F.) des Rechtsverhältnisses, dem die abgetretene Forderung entstammt
anwendbares Recht auf das Grundgeschäft der Forderungsabtretung (Zessionsgrundstatut)
Artt. 14 I, 3-13 Rom I-VO = Artt. 33 I, 27-32 EGBGB a.F.: Vertragsstatut des Vertrages zwischen altem und neuem Gläubiger
anwendbares Recht auf gesicherte Forderung, Artt. 3-13 Rom I-VO
850
Teil 2: Kreditsicherungsrecht
§ 5 Einführung in das Kreditsicherungsrecht§ 6 Entstehung von Kreditsicherheiten§ 7 Übertragung von Kreditsicherheiten§ 8 Kollision von Kreditsicherheiten§ 9 Verwertung von Kreditsicherheiten außerhalb der Zwangsvollstreckung§ 10 Vollstreckung von Kreditsicherheiten§ 11 Kreditsicherheiten in der Insolvenz des Kreditnehmers§ 12 Beendigung von Kreditsicherheiten§ 13 Internationales Kreditsicherungsrecht§ 14 Ausländische Kreditsicherungsrechte und rechtspolitische Bewertung
14.1 Englisches Kreditsicherungsrecht14.2 Amerikanisches Kreditsicherungsrecht14.3 Rechtspolitische Bewertung
851
Englisches Kreditsicherungsrecht
• consensual security interests
pledge = Besitzpfandrecht bei beweglichen Sachen; Pfandrecht bei Rechten
mortgage = Sicherungsübertragung
legal mortgage
equitable mortgage
(equitable) charge = besitzloses Pfandrecht
fixed charge
floating charge (im Extremfall über die Vermögensgegenstände eines Unternehmens)
• other interests
retention of title = „Eigentums“vorbehalt
assignment of receivables or rights by way of security = Sicherungsabtretung
legal assignment
equitable assignment
852
Entstehung englischer Sicherungsrechte
• „attachment“ = Innenverhältnis
agreement
asset identification
present interest
current obligation
• „perfection“ = Drittwirkungen (mit Ausnahme des Verhältnisses zwischen mehreren Sicherungsrechten, die bloß „attached“ sind)
possession
registration or filing
notice
853
US-amerikanisches Mobiliarsicherungsrecht: Article 9 Uniform Commercial Code (UCC)
• Uniform Commercial Code als Modellgesetz für bundesstaatliches Privatrecht des Wirtschaftslebens (nicht Handelsrecht als Sonderrecht der Kaufleute im Sinne des deutschen Rechts)
• Einheitssicherheit „security interest“ für Mobilien
854
Entstehung eines security interest
• „attachment“ = Innenverhältnis
security agreement, § 9-201 UCC
title to collateral, § 9-202 UCC
value (secured debt)
• „perfection“ = Drittwirkungen (mit Ausnahme des Verhältnisses zwischen mehreren Sicherungsrechten, die bloß „attached“ sind)
Grundsatz
filing of a financing statement, § 9-302 I UCC or
taking of possession, § 9-305 UCC
Ausnahme
automatic perfection (without filing or taking of possession), in particular so-called purchase money security interests in consumer goods, § 9-309 I UCC (i.e. a security interest securing a purchase-money obligation); allerdings nur für Übergangsfrist
855
Konventionen und internationales Soft Law zum Kreditsicherungsrecht 1
• EBWE (Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung), London
Modellgesetz für Sicherungsgeschäfte (Simpson/Röver), 1994
Core Principles for a Secured Transactions Law, 1997
Guiding Principles for the Development of a Charges Registry, 2004
Core Principles for a Mortage Law, 2007
• Unidroit, Rom
Convention on International Interests in Mobile Equipment, 2001
• OAS (Organization of American States), Washington D.C.
Model Inter-American Law on Secured Transactions, 2002
Model Registry Regulations under the Model Inter-American Law on Secured Transaction, 2009
856
Konventionen und internationales Soft Law zum Kreditsicherungsrecht 2
• UNCITRAL, Wien
Convention on the Assignment of Receivables in International Trade, 2004
UNCITRAL Legislative Guide on Secured Transactions, 2010
UNCITRAL Supplement on Security Rights in Intellectual Property, 2010
UNCITRAL Registry Guide, 2013
• OHADA (Organisation pour l'Harmonisation en Afrique du Droit des Affaires), Yaoundé, Kamerun
Acte Uniforme relatif au Droit des Sûretés, Lomé, 2010
• Study Group on a European Civil Code
Ulrich Drobnig (Hrsg.), Principles of European Law: Personal Security, Oxford 2007; Proprietary Security in Movable Asset, Oxford 2013
857
Konventionen und internationales Soft Law zum Kreditsicherungsrecht 3
• Literatur
UNCITRAL, Hague Conference and Unidroit Texts on Security Interests. Comparison and analysis of major features of international instruments relating to secured transactions, 2012 (www.unidroit.org/english/publications/joint/securityinterests-e.pdf)
858
Rechtspolitische Bewertung des deutschen Kreditsicherungsrechts
• Wie schätzen Sie den Aufbau des deutschen Kreditsicherungsrechts aus rechtspolitischer Sicht ein?
• Welcher Ansatz ist rechtspolitisch vorzuziehen, das Formal- oder das Funktionalitätsprinzip (auf englisch: form or substance)?
• Was ist aus rechtspolitischer Sicht vorzuziehen, Publizität von Kreditsicherheiten oder heimliche Sicherheiten?
• Sind gesetzliche Regelungen oder richterrechtliche und vertragliche Entwicklung des Kreditsicherungsrechts vorzuziehen (Hypothek, Sicherungsübereignung, Eigentumsvorbehalt)?
• Sehen Sie die Notwendigkeit für ein Unternehmenspfandrecht nach deutschem Recht?
• Wie schätzen Sie insgesamt den Reformbedarf des deutschen Kreditsicherungsrechts ein?
859
Vertiefende Literatur: Rechtsvergleichung
• Ulrich Drobnig, Empfehlen sich gesetzliche Maßnahmen zur Reform der Mobiliarsicherheiten? Gutachten F für den 51. Deutschen Juristentag, München 1976
• Horst Eidenmüller/Eva-Maria Kieninger (Hrsg.), The Future of Secured Credit in Europe, European Company and Financial Law Review (ECFR) -Special Volume 2, Berlin 2008
• Eva-Maria Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Europäischen Binnenmarkt. Zum Einfluß der Warenverkehrsfreiheit auf das nationale und internationale Sachenrecht der Mitgliedstaaten, Baden-Baden 1996
• Jan-Hendrik Röver, Vergleichende Prinzipien dinglicher Sicherheiten. Eine Studie zur Methode der Rechtsvergleichung, München 1999
• Jan-Hendrik Röver, Secured Lending in Eastern Europe. Comparative Law of Secured Transactions and the EBRD Model Law, Oxford 2007