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Von Fotos und Formaten - Sammeln und Normieren in Informations- und Technikgeschichte

Date post: 15-Jun-2015
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Beitrag zum 3. TUHH Science Slam am 6. November 2014
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Sammeln und Normieren in Informations- und Technikgeschichte Von Fotos und Formaten Thomas Hapke Universitätsbibliothek der TU Hamburg-Hamburg (TUHH)
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Page 1: Von Fotos und Formaten - Sammeln und Normieren in Informations- und Technikgeschichte

Sammeln und Normieren in Informations- und Technikgeschichte

Von Fotos und Formaten

Thomas Hapke Universitätsbibliothek der TU Hamburg-Hamburg (TUHH)

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Ohne Geschichtsbewusstsein

versucht man irgendwann Schnittblumen zu

pflanzen. (Nach Daniel J. Boorstein, 1914 – 2004)

Geschichte als „Form der Entfremdung“ • ehemals Vertrautes wird fremd, • ehemals Natürliches willkürlich

(Nach Peter Burke: Papier und Marktgeschrei. 2001)

Von Fotos und Formaten Thomas Hapke - November 2014 www.tub.tu-harburg.de TUHH Technische Universität Hamburg-Harburg

Warum Geschichte?

Abb. Mittelalterliches Helpdesk. https://www.youtube.com/watch?v=pQHX-SjgQvQ

Vorführender
Präsentationsnotizen
Vielleicht darf ich mich kurz vorstellen! Ich arbeite in der Bibliothek eines Kloster im Jahre 1423. Als Wanderer zwischen den Zeiten unternehme ich heute eine Reise in die Zukunft. Vielleicht haben manche auch schon das Video gesehen, in dem mir die Technologie des Buches erklärt wird! Mein Beitrag soll zeigen, warum historische Betrachtungen auch heute sinnvoll sein können? Was ich hier erzähle ist also so etwas wie science and technology in fiction! Auch diese Technologie hier (der Karteikasten) gehört dazu! (Zwischendurch Beutelbuch als Handy benutzen!) Sorry, mein Handy, jetzt geht‘s aber weiter! Geschichte kann einen Perspektivwechsel bietet, etwas Vertrautes plötzlich anders wahrnehmen. Es geht um die Mühsal und das Scheitern des Sammelns, um 5 Projekte mit einem gemeinsamen Ziel, eine vollständige Sammlung globalen Wissens Die Geschichte, die ich heute erzählen will, beginnt in der Schweiz im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts.
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Diese Geschichte beginnt in der Schweiz

Mittelschweizerische Geographisch-Commercielle Gesellschaft

1884-1905 in Aarau

• Industrialisierung • Kolonialisierung (Globalisierung) • Neue Verkehrs- und Kommunikationsmittel

Vorführender
Präsentationsnotizen
Hier wurde eine Gesellschaft gegründet, die Herausforderungen der Zeit thematisierte, Fragen der Industrialisierung, Kolonialisierung, heute sagt man Globalisierung, und neuer Verkehrs- und Kommunikationsmittel. Übrigens eine Geschichte des 19. Jahrhunderts trägt gar den Titel „Die Verwandlung der Welt“.
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Die Welt ins Land bringen

• Aufbau eines Völkerkunde- und Handelsmuseums

• Verbesserung geografischer Bildung

Museumskurator Karl Wilhelm Bührer

(1861-1917)

Vorführender
Präsentationsnotizen
Die Gesellschaft gründete ein Museum und wollte damit die Welt ins Land bringen und die geografische Bildung verbessern. Kurator des Museum war ein gewisser Karl Bührer, der uns in den nächsten Minuten noch öfters begegnen wird.
Page 5: Von Fotos und Formaten - Sammeln und Normieren in Informations- und Technikgeschichte

Die ganze Welt sammeln

Abb. aus: Fernschau. Global : ein Fotomuseum erklärt die Welt (1885-1904) / hrsg. v. Markus Schürpf. Baden: hier + jetzt, 2006.

... in Form von Fotos

Mit standardisiertem Format und einheitlicher Beschreibung!

Vorführender
Präsentationsnotizen
Schnell stellt man fest, dass das Museum zu klein für die Welt war und beschränkte sich auf Abbildungen von der Welt, die Sammlung von Fotos. Und hier musste man die unterschiedlichen Formate, die Fotos haben können, unter einen Hut bekommen, d.h. normieren! Erste Standardisierungs-Bestrebungen zur Verbesserung der Aufbewahrung Reste diesen frühen Fotomuseums sind erhalten geblieben!
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Nutzung von Karteikarten

“jedes Blatt [dient] ... ganz konsequent nur für eine Notiz, welche oben rechts durch Anbringung eines Titels rubriziert wird

... Gelehrten ist dieses Zettelsystem zum Sammeln und Ordnen ihrer Exzerpte ganz besonders zu empfehlen”

Bührer, Karl W.: Ueber Zettelnotizbücher und Zettelkataloge. Fernschau 4 (1890) 190-192

Vorführender
Präsentationsnotizen
Jede Karte, auf der die Fotos aufgeklebt wurden, diente nur einem Foto, also einem Thema, ein Prinzip, was auch bei der Verwendung von Karteikarten zum wissenschaftlichen Arbeiten sinnvoll sein kann. Übrigens auch die Bibliotheken begannen zur Wende zum 20. Jahrhunderts immer mehr damit, ihre Bücher auf Zettel zu verzeichnen (nach ersten Anfängen gegen Ende des 18. Jahrhunderts) Lösung vom gebundenen Bandkatalog und damit Buch Wissen kann durch Zerlegung in seine Einzelteile anders strukturiert und neu geordnet werden. Karteikarten erlauben das Hantieren mit Wissensfragmenten und deren Sortieren. Klingt irgendwie nach 21. Jahrhundert, oder?!
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Internationale Monogesellschaft

1905 – ca. 1910, gegründet von Karl Bührer in Winterthur, Schweiz Später auch in München!

Abb.: Foto im Mundaneum in Mons, Belgien

Vorführender
Präsentationsnotizen
Nach dem Scheitern des Museum in Aarau gründete der uns schon bekannte Karl Bührer bald eine neue Gesellschaft: Die Monogesellschaft Diese war in der Werbe-Branche tätig.
Page 8: Von Fotos und Formaten - Sammeln und Normieren in Informations- und Technikgeschichte

Herausgabe von Monos

… Karten oder Broschüren in standardisiertem Format (ähnlich wie Reklame- und Sammelbilder) Professionalisierung von Reklame

Abb.: Foto im Mundaneum in Mons, Belgien

Vorführender
Präsentationsnotizen
Es wurden sogenannte Monos herausgegeben, die ähnlich wie Reklamebilder gesammelt werden konnten. Werbung sollte nicht einfach weggeworfen werden, sondern langlebiger wirken!
Page 9: Von Fotos und Formaten - Sammeln und Normieren in Informations- und Technikgeschichte
Vorführender
Präsentationsnotizen
Die Monos enthielten ein Bild und auf der Rückseite einen erklärenden und oft auch werbenden Test. Die Monos konnten als eine Form von Enzyklopädie in Bildern gesammelt werden. Werbe-Einblendungen beim Aufnehmen von Information kennen wir ja auch heute!
Page 10: Von Fotos und Formaten - Sammeln und Normieren in Informations- und Technikgeschichte
Vorführender
Präsentationsnotizen
Diese bebilderter Enzyklopädie kann beliebig sortiert bzw. geordnet werden, wie eine Datenbank. Dieses Wort habe ich irgendwo gelesen!. Den Begriff Datenbank verstehe ich aber etwas anders (Hinsetzen auf Karteikasten)!
Page 11: Von Fotos und Formaten - Sammeln und Normieren in Informations- und Technikgeschichte

Auch eine Fotosammlung

Abb.: Foto im Mundaneum in Mons, Belgien

Vorführender
Präsentationsnotizen
Auch Fotos wurden mit Monos verteilt und gesammelt.
Page 12: Von Fotos und Formaten - Sammeln und Normieren in Informations- und Technikgeschichte

Aktivitäten in Belgien

Ein Internet

auf Papier!

Paul Otlet (1868-1944)

Abb.: Paul Otlet: Traité de documentation. Brüssel 1934. S. 41

Vorführender
Präsentationsnotizen
In Europa gab am Anfang des 20. Jahrhunderts viele ähnliche Aktivitäten. Von manchen wurde die Zeit auch als goldenes Zeitalter des Internationalismus bezeichnet (Internationale Organisationen z.B. Olympischen Spiele, Rotes Kreuz, wurden damals ins Leben gerufen). So suchte Bührer Kontakt zu Organisationen mit ähnlichen Zielen wie die Monogesellschaft, hier z.B. bei einem Belgier! Dessen Projekt, die Nachweise von wissenschaftlichen Zeitschriftenaufsätzen weltweit in Karteiform zu erfassen, wurde auch als Internet auf Papier bezeichnet
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Institut International de Bibliographie

1895 gegründet

Abb.: Foto im Mundaneum in Mons, Belgien

Vorführender
Präsentationsnotizen
Otlets Institut de Bibliografie mit dem Universellen Bibliografische Repertorium sollte 1934 15 Millionen Zettel enthalten und nach einer speziellen Klassifikation geordnet sein!
Page 14: Von Fotos und Formaten - Sammeln und Normieren in Informations- und Technikgeschichte

Umfassend sammeln! Abb.: Foto im Mundaneum in Mons, Belgien

Vorführender
Präsentationsnotizen
Auch Abbildungen und Fotos sollten gesammelt und verzeichnet werden.
Page 15: Von Fotos und Formaten - Sammeln und Normieren in Informations- und Technikgeschichte

Ein anderes deutsches Projekt

Gegründet durch Chemie-Nobelpreisträger (1909) Wilhelm Ostwald (1853-1932) und Karl W. Bührer

Abb.: Wilhelm-Ostwald-Gedenkstätte in Großbothen, Sachsen

1911-1914

„Die Brücke – Internationales Institut zur Organisierung der geistigen Arbeit“ München,

Vorführender
Präsentationsnotizen
Nach dem Scheitern der Monogesellschaft arbeitete Bührer an einem neuen Projekt, das 1911 zusammen mit Wilhelm Ostwald (Professor für Physikalische Chemie in Leipzig 1883-1905, später Privatgelehrter) gegründet wurde und den Grossteil des Preisgeldes aus dem Nobelpreis für Ostwald verschlang! Übrigens: Die Brücke scheitert 1914 aufgrund organisatorischer Probleme!! Letztlich stellt mein Vortrag übrigens nur gescheiterte Projekte vor!
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Ziele

• Internationale Organisations- und Vermittlungsstelle • Aufbau einer Welt-Enzyklopädie in Kartei-Form • Organisation wissenschaftlicher Literatur

Vorführender
Präsentationsnotizen
Ziel war eine internationale Auskunftszentrale und die Sammlung des Weltwissens in Karteiform sowie die Organisation der wissenschaftlichen Literatur. Die Zeitschrift „Nord und Süd“ hatte übrigens den Untertitel „Monatsschrift für internationale Zusammenarbeit“.
Page 17: Von Fotos und Formaten - Sammeln und Normieren in Informations- und Technikgeschichte

Ordnung durch die Dezimal-

klassifikation

Abb.: S. 4 Auch als Metadaten in Büchern:

Vorführender
Präsentationsnotizen
Auch die Brücke nutzte die von Otlet (basierend der vom Amerikaner Melvil Dewey) entwickelte Dezimalklassifikation. Bücher sollten mit solchen Klassifikationscodes versehen werden!
Page 18: Von Fotos und Formaten - Sammeln und Normieren in Informations- und Technikgeschichte

Normung der

Papierformate

Abb.: Bührer, Karl W. (1912): Raumnot und Weltformat. Ansbach: Seybold. S. 15, 30-31

Vorführender
Präsentationsnotizen
Aber alles Gedruckte sollte auch normiert werden, damit es leichter und effizienter aufbewahrt werden kann! Normung von Papier kann wirklich Vieles vereinfachen (Falten einer DIN-A5-Karteikarte, damit sie in meinen Zettelkasten passt).
Page 19: Von Fotos und Formaten - Sammeln und Normieren in Informations- und Technikgeschichte

Geht auch auf Ostwald zurück: DIN A4!

DIN-Normen im TUHH-Intranet zugreifbar!

Vorführender
Präsentationsnotizen
Und wirklich, DIN A4 als Format geht auch auf die Brücke zurück!
Page 20: Von Fotos und Formaten - Sammeln und Normieren in Informations- und Technikgeschichte

Auch im Magazin der TU-Bibliothek

werden Bücher nach Formaten aufgestellt!

Vorführender
Präsentationsnotizen
Normierung hilft auch in der TU-Bibliothek mehr Papier auf den Quadratmeter zu bekommen!
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Lernen mit neuen Medien

Gründung 1922:

Technisch-Wissenschaftliche Lehrmittelzentrale

durch die „Deutsche Vereinigung technisch-wissenschaftlicher Vereine“

Vorführender
Präsentationsnotizen
Meine Geschichte heute endet mit einem passenden Projekt aus der Weimarer Zeit des 20. Jahrhunderts. Dieses liegt auch noch etwas näher an den Ingenieurwissenschaften und existierte bis in die 30er Jahre! Hier wurden „neue Medien“ zum Lernen gesammelt, Diapositive zur medialen Unterstützung der Lehre! Huch, was ist denn das in meiner Kartei, aah, auch ein neues Medium, das ist ein 3-D-Modell des Speichern-Icons, das in meinem Programm zur Erstellung dieser Präsentation verwendet habe (Zeigen einer 3,5-Zoll-Diskette).
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Sammlung technischen Wissens in visueller Form

Abb.: Oskar Lasche: Deutsches Technisch-Wissenschaftliches Vortragswesen: ein Beitr. zur Ingenieurfortbildung. Zeitschr. d Vereines Deutscher Ingenieure 66 (1922)1, 1-3, Tafel 1

Vorführender
Präsentationsnotizen
Diese zentrale Sammlung der TWL umfasste Diapositive mit zusätzlicher Beschreibung auf jedem Bild, selbst die Dezimalklassifikation wurde verwendet!
Page 23: Von Fotos und Formaten - Sammeln und Normieren in Informations- und Technikgeschichte

… der Beschreibung und Formate von Diapositiven

Abb.: Georg von Hanffstengel: Das technische Lichtbild: seine Herstellung und seine Verwertung in Schule, Vortrag und Industrie. Berlin: VDI-Verlag, 1930. S. 32

Standardisierung

Vorführender
Präsentationsnotizen
Alles wurde standardisiert!
Page 24: Von Fotos und Formaten - Sammeln und Normieren in Informations- und Technikgeschichte

Schlüsselkompetenzen fördern!

Fotos und Illustrationen zur Visualisierung nutzen

Vorführender
Präsentationsnotizen
Und es sollten auch die Soft Skills von Ingenieuren verbessert werden! Hätte ich diese Hinweise vielleicht lesen sollen?! Oops, der Gong ruft zum Gebet! Gute Nacht!
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Kontakt

Thomas Hapke Web: http://www.tuhh.de/b/hapke/ Blog: http://blog.hapke.de Slidespace: http://www.slideshare.net/thapke Tweets: http://twitter.com/thapke

„ Sich informieren – Tipps zum Überleben“ unter http://www.tub.tu-harburg.de/informieren-tipps-zum-ueberleben/

Von Fotos und Formaten Thomas Hapke - November 2014 www.tub.tu-harburg.de TUHH Technische Universität Hamburg-Harburg

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Zum Weiterlesen

• T. Hapke: Welt-Enzyklopädien vor 100 Jahren. TUHH Bibliotheksblog. 21.6.2011 https://www.tub.tuhh.de/blog/2011/06/21/welt- enzyklopaedien-vor-100-jahren/

• T. Hapke: Zum verborgenen Ursprung des Informationswesens in der Chemie. LIBREAS.Library Ideas 6(2010)2,17 http://www.libreas.eu/ausgabe17/texte/01hapke.htm

• Philipp Messner: Weltregistratur und Monoformat: Karl W. Bührer (1861-1917) http://www.isotype.ch/home/buehrer/

• Alex Wright: Cataloging the world : Paul Otlet and the birth of the information age. Oxford: Oxford University Press, 2014

Von Fotos und Formaten Thomas Hapke - November 2014 www.tub.tu-harburg.de TUHH Technische Universität Hamburg-Harburg

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About me:

Studium Chemie und Mathematik (Erster Kontakt mit Kartei- und Lochkarten)

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