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Vom Maschinenbauer zum Prozessoptimierer · Vom Maschinenbauer zum Prozessoptimierer 8 Von der...

Date post: 26-Jan-2021
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4/20 AUGUST/SEPTEMBER www.digital-manufacturing-magazin.de D, A, CH: 14,50 Euro, weitere EU-Länder: 16,60 Euro | ISSN 1867-9781 AUFBAU UND OPTIMIERUNG IT-GESTÜTZTER PRODUKTIONSPROZESSE Industrie 4.0 | Internet der Dinge Vom Maschinenbauer zum Prozessoptimierer Sinumerik One: CNC-System für das digitale Zeitalter
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  • 4/20 AUGUST/SEPTEMBER www.digital-manufacturing-magazin.de D, A, CH: 14,50 Euro, weitere EU-Länder: 16,60 Euro | ISSN 1867-9781

    AUFBAU UND OPTIMIERUNG IT-GESTÜTZTER PRODUK TIONSPROZESSE Industrie 4.0 | Internet der Dinge

    Vom Maschinenbauer zum Prozessoptimierer

    Sinumerik One: CNC-System für das digitale Zeitalter

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  • Liebe Leserinnen und Leser,

    die Corona-Krise hat uns fest im Griff und beeinflusst nach wie vor unseren privaten und beruflichen Alltag. Zwar gibt es inzwischen zahlreiche Lockerungen, aber in vielen Bereichen herrscht auch weiterhin Unsicherheit. So auch in vielen Unternehmen. Denn die Covid-19-Pandemie hat eine welt-weite Wirtschaftskrise ausgelöst, deren Auswirkungen noch nicht zur Gänze absehbar sind. Auch die für Deutschland so wichtige Ferti-gungsindustrie ist stark betroffen. Die Krise führte zu Engpässen in den Lieferketten sowie zu Umsatz- und Auftragsrückgängen.

    Die letzten Monate machten aber auch deutlich: Digitale Lösungen und Automatisierungstechnolo gien haben sich in der Krise bewährt. Unternehmen, die schon in Digita-lisierung investiert hatten, konnten mit den neuen Anforderungen bes-ser umgehen als andere: beispiels-weise um die Produktion kurzfristig herunterzufahren wie in der Auto-mobilindustrie, oder aber hochzu-fahren wie in der Pharmabranche.

    Unternehmen, die vermehrt auf digitale Technologien setzen, dürf-ten auch in Zukunft auf Krisen-situationen und unterschiedliche Marktanforderungen besonders gut reagieren können. Denn: Bei ihnen lässt sich die Produktion schnell und flexibel anpassen.

    Die Digitalisierung der Produktion spielt auch im Digital Manufacturing eine wichtige Rolle – auch in die-ser Ausgabe. So lesen Sie in unserer Titelstory auf den Seiten 8 und 9, welche Vorteile die konsequente Nutzung eines digitalen Zwillings für den Werkzeugmaschinenbereich hat. Das virtuelle Abbild von Maschi-ne und CNC-Steuerung ermöglicht die risikolose Echtzeitsimulation und die Optimierung von Fertigungs-abläufen und Rüstprozessen. Da-für muss nicht einmal der operative Betrieb unterbrochen werden.

    Aber auch das Thema künstliche Intelligenz (KI) kommt in dieser Aus-gabe nicht zu kurz. Wie die intelli-gente Fertigungsplanung mit KI aussehen kann, lesen Sie beispiels-weise im Beitrag auf Seite 24 und 25. Ein Algorithmus lernt mit jeder getroffenen Entscheidung, bewer-tet diese und setzt dieses Wissen bei zukünftigen Planungen ein. Auf den Seiten 28 und 29 wieder-um wird das Zusammenspiel zwi-schen künstlicher Intelligenz und ERP behandelt. Der Beitrag zeigt, wo die Herausforderungen liegen und welche Perspektive diese Ver-bindung hat.

    Viel Spaß beim Lesen!

    Rainer Trummer, Chefredakteur

    Smarter aus der Krise

    E D I T O R I A L

    Besuchen Sie Digital Manufacturing auch auf Facebook, Twitter und XING.

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    I N H A LT

    NewsAktuelles aus der Branche 6

    Titelstory: Digitaler Zwilling in der ProduktionVom Maschinenbauer zum Prozessoptimierer 8

    Von der NC-Simulation zur virtuellen MaschineProgrammieren, Simulieren, Serien-Start 10

    WerkzeugmanagementMit Qualität zur Qualität 12

    Tool ManagementMehr als Tool Management 14

    Werkzeugverwaltung und DigitalisierungDie autonome Fertigung im Blick 16

    IoT auf dem ShopfloorMit einem Fahrplan in die Zukunft der Produktion 18

    Den Shopfloor digitalisierenDigital instruieren auf dem Shopfloor 20

    Fertigungs-IT – MESVerlängerter digitaler Arm in die Produktion 22

    Künstliche Intelligenz in der Fertigungs-ITAnalysieren, Planen, Vorhersagen 24

    Arbeitsanweisungen sichern in der Montage die Qualität. Schafft es der Mittelstand zusätzlich, klassische Handarbeitsplätze zu digita lisieren, lassen sich weitere Vorteile erzielen. Bild: Memex

    Wie sieht die effiziente Produktion aus? Mit dieser Frage beschäftigt sich Hemutec seit 20 Jahren. Die Antworten finden Sie auf Seite 10. Bild: Pixel B/Shutterstock

    2010

    ERP-MES-Integration und künstliche IntelligenzDer Brückenschlag in den Shopfloor 26

    ERP und die künstliche IntelligenzGegenwart und Zukunft 28

    Angebotskalkulation in der FremdfertigungSicher und schnell zum Angebot 30

    KennzahlenKey Performance Indicators in der Produktion 32

    Digitalisierung Mit Co-Creation kreativ Projekte umsetzen 34

    Qualitätsmanagement Maßnahmenmanagement mit digitaler Unterstützung 36

    Messtechnik für mehr QualitätSicher vom Guss bis zum Premium-Hahn 38

    Predictive MaintenanceOffline-Roboterprogrammierung senkt Stillstandszeiten 40

    Digitalisierung Wettbewerbsfähig durch Industrie 4.0 42

    EDITORIAL 3

    MARKETPLACE 44

    VORSCHAU, IMPRESSUM 46

  • Titelanzeige: Siemens AG Vom Maschinenbauer zum ProzessoptimiererWarum Sinumerik One das CNC-System für das digitale Zeitalter ist? Weil die Steuerung selbst bei Hersteller

    Siemens weitgehend virtuell entwickelt und optimiert wurde, bevor der erste Hardware-Prototyp existierte. Und weil auch den über 20 Pilotkunden, lange bevor die reale CNC ausgeliefert wurde, der digitale Zwilling zur Verfügung stand. Wenn eine neue Steue-rungsgeneration so grundlegend anders ist, wie diese „digital native CNC“, ist der intensive Austausch mit diesen Pilotkunden von besonderer Bedeutung. Und deren erste Erfahrungen verdeutlichen das Potenzial, das in Maschinen mit Sinumerik One steckt – egal, ob es um die Produktivitätssteigerung in den Prozessen bei den Herstellern geht, die Qualität der Gespräche mit potenziellen Käufern und Anwendern oder auch um die Möglichkeit Mehrwerte zu erzeugen und neue Geschäftsmodelle umzusetzen.

    Siemens AGDigital Industries, Motion ControlFrauenauracher Str. 80D-91056 ErlangenTel.: 08 00/22 55 33 6E-Mail: [email protected] www.siemens.de/sinumerik-one

    Offline-Programmierung von Robotern ist fast schon Standard. Dazu wird jedoch speziell geschultes Personal benötigt. Ein neuer Ansatz geht einen anderen Weg. Bild: GFaI e.V.

    Heidelberger Druckmaschinen suchte eine Lösung für die Kalkulation von Fertigungsdienstleistungen. Lesen Sie im Beitrag, was das gewählte System kann. Bild: Heidelberger Druckmaschinen AG

    4030

    I N H A LT

    Redaktionell erwähnte Institutionen, Anbieter und Veranstalter

    Big Kaiser S.6, ConSense S.36, Gfal e.V. S.40, Gfos S.6, Haimer S.12, Hemutec S.10, Hexagon S.10, Hoffmann S.6, HSI S.30, Mapal S.16, Memex S.20, MHP S.18, MPDV S. 24, Pfannenberg S.6, Proxia S. 22, PSI S.28, RWTH Aachen S.32, S.42, Sage S. 26, Siemens S. 8, Simus Systems S.6, Universal Robots S.6, Vinci Energies S.34, Zeiss S. 38

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    N E W S

    Kurz notiertDie Hoffmann Group hat ihre Produktfamilie für das Hochvorschubfräsen um ein neues Allroundsystem ergänzt. Das Garant Power Q Double kommt mit fünf Trägertypen, zwei Systemgrößen (09 und 14) und ei-nem umfangreichen Sortenprogramm auf den Markt. Neben einer Universalsorte sind Varianten für Stahl, gehärtete und rostfreie Stähle sowie Titan verfügbar.

    Die kollaborierenden Roboter von Universal Robots (UR) unterstützen jetzt den offenen Schnittstellenstan-dard OPC UA. Dies ermöglicht einen sichereren Daten-transfer sowie eine bessere digitale Einbindung der Cobots in Fertigungsumgebungen.

    Online-Kalkulation für Auftragsfertiger: Mit Einbin-dung der Kalkulationsplattform Classmate Cloud von Simus Systems gibt die eigene Website technisch fun-dierte Preisauskunft zu Nutzer-Anfragen. Die Anwen-der laden dazu native 3D-Volumenmodelle oder Neu-tralformate wie Step hoch und erhalten sofort eine aussagekräftige Übersicht der anfallenden Kosten.

    I M T E C H C E N T E R V O N B I G K A I S E R

    Die digitale Evolution des FeinbohrensWerkzeugsysteman-bieter Big Kaiser hat an seinem Hauptsitz in der Schweiz ein neues Tech Center eröffnet. Zu sehen ist unter anderem das neue Feinbohrwerk-zeug EWA 68, eine intelligente, vollau-tomatische Lösung, die ohne menschlichen Bediener aus-kommt. Dieses und weitere Systeme können Besucher im Tech Center kennen lernen und an Schulungen sowie Meetings teilnehmen – wegen Covid-19 aktuell als Einzel-person oder in Kleingruppen. Insgesamt sind 100 einzelne Werkzeuge und Werkzeug-kombinationen in sieben Kate-gorien zu sehen: Feinbohren, Ausbohren, Werkzeughalter, Schneidwerkzeuge, Winkel-köpfe und Hochgeschwindig-keitsspindeln, Drehwerkzeu-ge und Messinstrumente, wie etwa Voreinstell- und Mess-systeme. Die Entwicklung der

    Feinbohrwerkzeuge zeigt eine Zeittafel, die die einzelnen Ent-wicklungsschritte bis hin zum EWA 68 zeigt. Derzeit wird der EWA-Feinbohrkopf auf einer DMG DMU 50 getestet, um eine automatisierte Steue-rungsplattform zu entwickeln, die auf Standard-Industrie-PCs läuft und eine saubere „Plug-and-Play“-Anpassung an be-stehende, ältere Werkzeugma-schinen ermöglicht. Big Kaiser arbeitet dabei eng mit ver-schiedenen Werkzeugmaschi-nenentwicklern zusammen, um die Lösung in die EWA-Steuerungssoftware zu integ-rieren, die direkt auf der Werk-zeugmaschine selbst läuft.

    P F A N N E N B E R G

    Plug-&-Play-Analytics für den ShopfloorElektrotechnik-Anbieter Pfannenberg hat die Plug-&-Play-Lösung Ires-Shopfloor Analytics entwickelt, mit der Produktionsverantwort-liche Transparenz über die Produktivität in der Werks-halle erlangen können. Das System erlaubt ein einheit-liches Remote-Monitoring sowie die Analyse und Op-timierung sämtlicher Ma-schinen- und Fertigungs-prozesse. Maschinen- und Handarbeitsplätze verschie-denster Hersteller lassen sich dabei miteinander vernet-

    zen. Die Lösung hat der An-bieter aus eigener Erfahrung heraus entwickelt, wie Jakob Scheitza, Junior Business Development Manager bei Pfannenberg erklärt: „Als wir bei Pfannenberg anfingen, unsere eigene Produktion zu digitalisieren, haben wir selbst erlebt, wie schwierig es ist, in die Welt der Indus-trie 4.0 einzusteigen. Signa-le verschiedener Maschinen, Hersteller, Schnittstellen und ein Mix aus Maschinen- und Montagezellen verlangten nach Visualisierung und ei-

    ner einheitlichen Monito-ring-Lösung, um Einspar-potentiale aufdecken zu können. Mit Ires Shopf-loor Analytics ist es uns gelungen, eine einfache, automatisierte Lösung zur Effizienzsteigerung für alle Fertigungsunter-nehmen zu schaffen.“

    G F O S A U F D E N H A N N O V E R M E S S E D I G I T A L D A Y S

    MES und KI für eine bessere ProduktionAm 14. und 15. Juli 2020 fanden die Hannover Messe Digital Days statt – an diesen beiden Tagen stellten Sprecher aus der inter-nationalen Industrie-Communi-ty neue Produkte und Lösungen vor. Mit dabei: Der MES-Anbieter Gfos und zwei neue KI-Partner. Das Unternehmen sprach über die weltweite Vernetzung und Digitalisierung in der Fertigungs-industrie. Dazu bilden Manufac-turing Execution Systeme (MES) eine wichtige Grundlage, um den Schritt in Richtung Indust-rie 4.0 und eine vernetzte Pro-duktion zu gehen, so der Her-steller. Ein wichtiger Bestandteil von Manufacturing-Execution-Systemen ist die Feinplanung

    und Materialflusssteuerung. Da-mit können Produktionsprozes-se detailgenau und flexibel, un-ter Berücksichtigung sämtlicher verfügbarer Ressourcen, ge-plant werden. Die Auswertung und Berücksichtigung sämtli-cher Kennzahlen zu Maschinen, Personal und Werkzeugen führt heute schon zu einer prozess- und produktionsoptimierenden Planung. Um dieses Verfahren noch weiter zu optimieren, ko-operiert Gfos mit QSC und aixb-rain. Gemeinsames Ziel sei, die Feinplanung durch den Einsatz künstlicher Intelligenz zu perfek-tionieren. Das System lernt aus den Entscheidungen und daraus resultierenden Prozessen.

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    D A S S D I E CNC Sinumerik One „an-ders“ ist, offenbarten bereits die ersten Berührungspunkte der Werkzeugma-schinen-Hersteller mit dieser CNC. Denn lange bevor Siemens die reale Steue-rung auslieferte, stand sie den Pilotkun-den als digitaler Zwilling zur Verfügung. Auf diese Weise setzte sich das bereits in der Steuerungsentwicklung prakti-zierte Vorgehen fort und gleichzeitig wurde direkt das erste Versprechen, das die Sinumerik One begleitet, mit Leben gefüllt: Zahlreiche Aufgaben lassen sich weitestgehend am digitalen Zwilling durchführen und Maschinen virtuell in Betrieb nehmen. Das bringt eine er-hebliche Zeitersparnis mit sich und be-schleunigt die Time-to-Market neuer Maschinen.

    Im Werkzeugmaschinenbau ist vom Para-digmenwechsel oder „Digital Turn“ häu-fig die Rede. Die Hardware ist am Limit, deren Entwicklungspotenzial physika-lisch praktisch ausgereizt. Verbesserun-gen in der Produkt- und Prozessqualität beruhen deshalb immer häufiger auf der Digitalisierung – ebenso wie Mehrwerte, die immer wichtiger werden, um sich im Werkzeugmaschinengeschäft vom Wett-bewerb abzuheben.

    Die konsequente Nutzung von digitalen Zwillingen ist eine Antwort von Werkzeug-maschinenhersteller auf diese Herausfor-derungen. „Die Sinumerik One bedeutet mehr als nur die nächste Stufe der Produk-tivitätssteigerung, weil der digitale Zwil-ling nicht nur die Vorgehensweise bei der Konstruktion, Inbetriebnahme und Fer-

    tigung grundlegend verändert, sondern sich daraus neue Business-Modelle ablei-ten, beeinflussen und generieren lassen“, betont Thorsten Rettich, Chief Technical Officer (CTO) bei der J.G. Weisser Söhne GmbH & Co. KG. Wenn sich Arbeitsschritte virtuell durchführen lassen, sind die Tätig-keiten automatisch unabhängig vom Zu-griff auf die Hardware. Das bringt erhebli-che Flexibilität mit sich.

    Verstehen, was Maschinen-anwender benötigenNeben den Optimierungsmöglichkeiten bei der Herstellung, ermöglicht der digi-tale Zwilling eine ganz neue Qualität in der Kommunikation mit potenziellen Käu-fern und Anwendern. In digitalen Show-rooms gestattet er etwa einen gemein-samen Blick auf Werkzeugmaschinen – von der Bedienoberfläche bis zur 3D- Visualisierung der Bearbeitung. Das gilt für Serien maschinen mit und ohne kunden-spezifische Anpassungen und zukünf-tig in immer größerem Umfang auch für Sonder maschinen oder Maschinen, die sich noch in der Entwicklung befinden. Denn: Da der digitale Zwilling integrierter Bestandteil der Sinumerik One ist, lassen sich Arbeitsprozesse und das Verhalten der Maschinen realitätsnah und detailgetreu simulieren. „Auf diese Weise ist der Werk-zeugmaschinen-Hersteller bereits wäh-rend der Verkaufsphase in der Lage, eine tiefgehende Diskussion mit dem Kunden zu führen, und auf dieser Basis exakt die

    Vom Maschinenbauer zum ProzessoptimiererSinumerik One wird auch als „Digital native CNC“ bezeichnet. Zu Recht,

    denn selbst bei Siemens existierte die CNC zunächst nur als digitaler Zwilling.

    Sie wurde virtuell entwickelt und optimiert, bevor es einen Hardware-

    Prototyp gab. Einige Werkzeugmaschinen-Hersteller, die die Markt-

    einführung der neuen CNC als Pilotkunden begleitet haben, berichten

    von ihren Erfahrungen mit Sinumerik One und dem digitalen Zwilling.

    V O N C L A U D I A D Ü R R

    T I T E L S T O R Y : D I G I TA L E R Z W I L L I N G I N D E R P R O D U K T I O N

    Durch die konsequente Nutzung von digitalen Zwillingen stellen wir uns bereits heute auf die sich deutlich ab-zeichnenden Verände-rungen im Geschäft mit Werkzeugmaschinen ein.“PETER SAUTER, GESCHÄFTSFÜHRER VON MIKRONBild: Siemens AG

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    Maschine zu liefern, die gewünscht wird“, so Irek Ostrowski, Sales Director bei der Haco Group. Ohne physisch vor der Ma-schine zu stehen, lässt sich die tatsächliche Performance zeigen – flexibel und welt-weit. Dass der digitale Zwilling es zulässt, früher und ohne jegliche Hardware Ab-läufe zu simulieren und zu testen, ist nicht nur während der Verkaufsphase von gro-ßem Nutzen: Es verkürzt sich auch die Pro-jektzeit, und Ressourcen werden geschont.

    Virtualisierung bringt reale MehrwerteAuch in Verbindung mit neuen Geschäfts-modellen ergeben sich viele Ideen, da Werkzeugmaschinen-Hersteller mit dem digitalen Zwilling echte Mehrwerte gene-rieren können. So hilft die Abtragssimu-

    lation im digitalen Zwilling den Maschi-nenanwendern, die Bearbeitbarkeit von Werkstücken mit realen Parametern virtu-ell zu testen – ohne Belegung teurer Ma-schinen. Mit dem exakten, digitalen Ab-bild der Steuerung, der Maschine und ihres Verhaltens lassen sich unnötige Stillstand-zeiten beim Einfahren neuer Werkstücke vermeiden. Denn dort, wo diese Prozesse bisher an der Maschine durchgeführt wur-den und nun abseits der Fertigung laufen können, entfallen unproduktive Neben-zeiten, was die Gesamtproduktivität auf ein neues Level hebt. Der digitale Zwilling liefert zudem wertvolle Unterstützung bei der Suche nach Fehlerursachen und Opti-mierungspotenzialen in der CNC-Ferti-gung: Das virtuelle Abbild von Maschine und Sinumerik One ermöglicht die risiko-

    lose Echtzeit-Simulation und die Optimie-rung von Fertigungsabläufen und Rüst-prozessen, ohne den operativen Betrieb zu unterbrechen. Dies ermöglicht die wirt-schaftliche Produktion kleinster Losgrö-ßen. Programmierungen lassen sich prüfen und Fehler vermeiden, ohne dass Werkstü-cke oder Maschinen Schaden nehmen.

    Vollwertiger Support ohne Vor-Ort-BesuchDer digitale Zwilling ermöglicht im After-sales webbasierte Fortbildungen und Trai-nings, effizientere Remote-Service-Lösun-gen und eine Ausweitung des digitalen Service-Portfolios. Nicht erst seit der Coro-na-Pandemie gewinnt die virtuelle Abstim-mung an Bedeutung – sei es in der Ver-kaufsphase von Maschinen oder auch im Servicefall. Der Digitalisierungsschub, der sich durch das Gebot des Social Distancing ergeben hat, lässt sich nicht zurückdrehen. Ein Grund mehr, der für digitale Lösungen spricht, die unter anderem dazu beitra-gen, dass man auf Reisen und Vor-Ort-Ter-mine verzichten kann. r t

    Claudia Dürr ist Marketing Communications Manager bei Siemens Erlangen.

    InfoIn diesen Beitrag ist das Feedback folgender Firmen eingeflossen:

    • C.B.Ferrari S.r.l., Mornago (I), www.cbferrari.com

    • Elb-Schliff Werkzeugmaschinen GmbH, Aschaffenburg, www.elb-schliff.de

    • Haco Group, Wroclaw (PL), www.fathaco.com

    • Mikron GmbH, Rottweil, www.mikron.com

    • J.G. Weisser Söhne GmbH & Co. KG, St. Georgen, www.weisser-web.com

    Run MyVirtual Machine, der digitale Zwilling der Bearbeitung, optimiert die Auslastung der Werkzeug-maschinen. Unproduktive Zeiten an der Maschine werden auf ein Minimum reduziert. Bild: Siemens AG

    Das virtuelle Abbild von Maschine und Sinumerik One ermöglicht die risiko-lose Echtzeit-Simulation und die Opti-mierung von Fertigungsabläufen und Rüstprozessen, ohne den operativen Betrieb zu unterbrechen oder zu gefährden. Damit lassen sich kleinste Losgrößen wirtschaftlich produzieren.“DR. HOLGER GRÖNING, BEREICHSLEITER KONSTRUKTION UND TECHNOLOGIE BEI ELB-SCHLIFF WERKZEUG-MASCHINEN GMBHBild: Elb-Schliff Werkzeugmaschinen GmbH

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    „ O H N E N C - S I M U L AT I O N geht es nicht“, startet Christian Heiß, Geschäfts-führer des auf die mechanische Fertigung spezialisierten Prozess-Beratungsunter-nehmens Hemutec mit eigenem Maschi-nenpark. Heiß hat über zwanzig Jahre Er-fahrung im Maschinenbau. Er kennt den Zeit- und Kostendruck, unter dem die Fer-tiger der Zerspantechnik stehen.

    Für die Großserienfertigung mit mög-lichst kurzen Taktzeiten, wie im Automo-bilbau, sieht er besonderen Bedarf: „Die Hersteller investieren in hochmoderne 4- und 5-Achs-Werkzeugmaschinen, um schneller und effizienter produzieren zu können.“ Doch die Erfahrung zeige, dass oft die Zeit oder auch das Perso-nal fehle, um den Bearbeitungsprozess von Anfang an optimal auszulegen und der Maschine das Optimum abzuverlan-gen. Dieses Defizit muss dann durch eine kontinuierliche Prozessoptimierung aus-geglichen werden. Denn bei den hohen Stückzahlen summieren sich selbst mini-

    malste Verzögerungen im Bearbeitungs-ablauf zu hohen ungeplanten Kosten.

    Doch nicht nur die dafür nötigen Pro-zessanalysen und -optimierungen sind zeitaufwendig, sondern vor allem die an-schließenden Tests der optimierten Pro-gramme. Um Crashs der meist teuren

    Sonderwerkzeuge zu vermeiden, können die neuen, noch nicht simulierten NC-Programme auf der Maschine nur sehr langsam eingefahren werden. Das kostet bares Geld, denn in dieser Zeit fallen die teuren Dreh- und Fräsmaschinen für die eigentliche Produktion aus.

    Hemutec hat dafür eine Lösung ent-wickelt und bietet Serienfertigern ein komplettes Paket für die Überarbeitung der Vorrichtungs-, Werkzeug- und Pro-grammstrategie, Digitalisierung der Pro-zesskomponenten, elektronische Analy-se der Prozessbearbeitungskräfte und als Endergebnis daraus resultierend eine ef-fizientere Bauteilproduktion.

    Dabei spielt ein Simulationstool die Schlüsselrolle. Denn nur damit lassen sich Programme testen und optimieren ohne die Werkzeugmaschine zu belegen. Kernstück der Hemutec-Lösung ist daher die Software NCSimul von Hexagon.

    Programmieren, Simulieren, Serien-StartWie sieht die effiziente Produktion aus? Mit dieser Frage beschäftigt sich

    Hemutec, Anbieter von Optimierungs- und Digitalisierungsservices in

    der Fertigung seit 20 Jahren. Hier die Antworten.

    V O N N I C O L A H A U P T M A N N

    Zerspanungsoptimierer Hemutec nutzt moderne NC-Simulationssoftware, um die Anschaulichkeit beizubehalten und die Effizienz zu steigern. Bild: Hemutec

    Programme an der Maschine zu optimieren ist zwar anschaulich aber dabei steht die Produktion – das frisst Effizienz.Bild: Pixel B/Shutterstock

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    V O N D E R N C - S I M U L AT I O N Z U R V I R T U E L L E N M A S C H I N E

    Heiß nutzt diese Software auch, um di-rekt den NC-Code zu simulieren und nicht, wie in CAM-Systemen üblich, nur den Quellcode. Dies ist eine entschei-dende Voraussetzung, um bereits beste-hende NC-Programme bearbeiten und simulieren zu können Das gleiche gilt für die konventionelle Hochsprachen-Programmierung mittels Editor, die ein-gesetzt wird, um die NC-Dateien intel-ligenter, übersichtlicher und vor allem effizienter zu gestalten.

    Die zur Simulation benötigten 3D-Modelle lassen sich benutzerfreundlich importieren und frei positionieren. Der Nutzer kann passende Werkzeuge über NCProfil generieren.

    Während der Simulation werden die Prozesse auf Crash-Sicherheit geprüft. NC-Funktionen wie die Plausibilitätsprü-fung von Nullpunkten und Werkzeuglän-gen, ein automatischer Satzeinstieg und der Einsatz von Messtastern sorgen für einen crashsicheren Prozess. Farbanzei-gen für den Materialabtrag veranschau-lichen das Ergebnis.

    Durchblick durch VisualisierungNeben Funktionsumfang, klarer Struktur und Stabilität schätzt Heiß an der Soft-ware vor allem die Visualisierung. Denn während er an einer reellen Maschine wegen dem Kühlmittel und der Sicher-heitsabdeckungen kaum etwas erken-nen kann, kann er sich durch den vir-tuellen Simulationsprozess mit nahezu chirurgischer Präzision bewegen.

    „Die grafische Auflösung ist unge-wöhnlich hoch, ich kann praktisch in je-den einzelnen NC-Satz beliebig hinein-zoomen, vorwärts und rückwärts scrollen, Schnittzeichnungen extrahie-ren und somit Verfahrwege und Werk-zeuglängen anpassen“, erklärt Heiß. „Kol-lisionsanzeigen sind zudem detailliert und beinhalten bereits die Zuordnung zum entsprechenden NC-Satz.“

    Der Simulationsablauf lässt sich exportieren und über die Freeware „NCSimul Player“ mit allen Funktionen nutzen. Dieser eignet sich als Werk-zeug für den Bediener an der Maschine ebenso wie dazu, potenziellen Kunden mittels vergleichbarer Fertigungspro-zesse einen ersten Eindruck zu vermit-teln. „Das ist so klar und übersichtlich, dass die Leute sofort Lust bekommen, selbst mit dem Programm zu arbeiten“, kommentiert Heiß.

    Hinzu komme: Zwei Tage Schulung ge-nügen in der Regel, um mit NCSimul ar-beiten zu können. Das Programm bietet Erweiterungen, die auch eine Übertra-gung bestehender Programm auf andere Maschinen mit nur wenigen Klicks erlau-ben ebenso wie ein Echtzeit-Monitoring des gesamten Maschinenparks zur bes-seren Maschinenauslastung.

    Die Zukunft: Virtuelle Maschine als StandardHeiß sieht für die Zukunft der NC-Bear-beitung, dass die Vorbereitung mehr und mehr auf virtuellen Maschinen durchge-führt wird: „Program-mieren – Simulieren – dann erst auf der Maschine umsetzen. Die Werkzeugmaschi-ne sollte rund um die Uhr für die Produktion zur Verfügung stehen“.

    Vor allem die Zulie-ferer der Automobil-industrie stehen heute bereits unter hohem Effizienzdruck. „Der Elektromotor, batte-rie- und brennstoff-zellenbetrieben, wird sich letztlich durch-setzen“, prognostiziert Heiß. „Wenn viele der im Verbrennungsmo-tor verwendeten Bau-teile dadurch über-flüssig werden, erhöht sich der Druck auf die Zulieferer weiter. Nur wer automatisiert und wirklich effizient pro-duziert, kann dann noch Schritt halten –

    und dazu braucht es einfach eine profes-sionelle Simulations-Software.“

    Vor diesem Hintergrund plant sein Un-ternehmen auch bereits Erweiterungen: Auf Basis einer neu bestellten 5-Achs- Maschine wird dafür eine eigene virtuelle Maschine aufgebaut. Damit können dann auf Kundenwunsch vollständige neue Bauteil- und Produktionsprozesse entwi-ckelt und getestet werden, bis hin zur Pro-totypen- und Vorserienfertigung. jbi

    Nicola Hauptmann ist Fachautorin und Journalistin.

    Nur wer automatisiert und wirk-lich effizient produziert, kann

    künftig noch Schritt halten – und dazu braucht es einfach

    eine professionelle Simulations-Software.“,

    CHRISTIAN HEISS, GESCHÄFTSFÜHRER HEMUTEC

    Bild: Hemutec

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    W E R S I C H wie die Heggemann AG auf die Entwicklung und Fertigung an-spruchsvoller metallischer Leichtbau-elemente und Baugruppen konzen-triert, ist prädestinierter Partner der Aerospace- und Automotive-Industrie. Schon seit der Firmengründung 1962 beliefert das Unternehmen diese bei-den Premiumbranchen.

    Die meisten Aufträge stammen aus der Luft- und Raumfahrt, wofür Heg-gemann alle wichtigen Zertifikate vor-weisen kann. „Wir unterziehen uns jährlichen Audits, nicht nur durch das Luftfahrtbundesamt, sondern auch durch wichtige Player wie Airbus, Boe-ing, MTU, Rolls Royce und viele mehr“, berichtet Vorstand Dr. Christian Howe.

    „360 Degrees – from Engineering to Production“, laute das Mottto‘. Dement-sprechend unterstütze man den Kunden in allen Phasen der Produktentwicklung – von der Konzeption und Entwicklung über Simulation und Engineering bis hin zum Prototypenbau, der Durchführung von Tests und Funktionsprüfungen oder der Produktion kleiner Serien.

    Zerspanung auf höchstem NiveauIn der Fertigung zeugen die modernen CNC-Fräs- und -Drehzentren vom hohen Qualitätsstandard. Ulrich Ahlers ist als Lei-ter Zerspanung für sie zuständig und er-klärt: „Wir zerspanen hier anspruchsvolle Materialien wie Titan, Inconel, Edelstahl, Stahl und hochfestes Aluminium.“ Zumeist seien es Einzelteile und Kleinserien, die einen hohen Anspruch an Präzision und Qualität haben. Entsprechend komme nicht nur dem Maschinenpark, sondern auch den Werkzeugen und dem Toolma-nagement eine große Bedeutung zu.

    Diesen Bereich nahmen sich Ahlers und, der für die Werkzeugverwaltung zu-ständige, Jürgen Ballbach in den letzten

    Jahren vor: „Unser Wunsch war es, eine möglichst große Durchgängigkeit zu er-reichen, was die eingesetzten Schrumpf-, Wucht- und Voreinstellgeräte anbelangt. Dies ist uns gemeinsam mit unserem Werkzeugpartner Haimer gelungen.“

    Bestehende Lösungen in der FertigungSchon seit sechs beziehungsweise vier Jah-ren nutzt Jürgen Ballbach zwei Schrumpf-geräte Power Clamp Comfort NG von Hai-mer, um die benötigten Fräswerkzeuge zu schrumpfen. „Das ist mit diesen Gerä-ten durch die intelligente NG-Spule und die integrierte Kontaktkühlung eine sehr komfortable Angelegenheit“, kommen-tiert Ballbach aus täglicher Erfahrung.

    Vor zwei Jahren investierte Hegge-mann dann in ein Auswuchtsystem des Werkzeuglieferanten (Tool-Dynamic-

    Comfort-System). Ulrich Ahlers erklärt warum: „Wir fräsen hier mit bis zu 18.000 Umdrehungen und nutzen weit auskra-gende Werkzeuge. Weisen diese eine Un-wucht auf, belastet das die Spindel und verkürzt spürbar deren Standzeit.“ Das sind erhebliche Kosten, die sich durch den Wuchtvorgang auf der Auswuchtmaschi-ne vermeiden lassen. Außerdem erzielen feingewuchtete Werkzeuge durch redu-zierte Schwingungen eine höhere Präzisi-on und Oberflächengüte am Bauteil.

    Um das modular aufgebaute Aus-wuchtsystem in doppelter Hinsicht zu nutzen, hatten die Heggemann-Mitar-beiter eine Idee. Sie wollten nicht nur Werkzeuge, sondern auch einige Produk-te auswuchten, genauer ging es um Ele-mente für Schwungscheiben, für die der Auftraggeber das Wuchten inklusive Do-kumentation vorschreibt.

    Nach Rücksprache mit Haimer, stell-te sich heraus, dass das kein Problem ist. Lediglich sollte das große Standard-Soft-warepaket installiert sein, um „verbotene Bereiche“ zum Auswuchten definieren zu können. Auch das Softwaretool „Alter-native Ausgleichspositionen“ ist dafür erforderlich. Passende Aufnahmen für die Schwungscheibenelemente konnten sich die Zerspaner bei Heggemann selbst herstellen. Mit dieser Lösung spart sich das Unternehmen eine bis dato erforder-liche externe Dienstleistung ein und da-mit direkt Herstellzeit und Kosten.

    Mit Qualität zur QualitätSchrumpffutter bis Voreinstellgerät – Aerospace-Zulieferer

    Heggemann setzt bei der Werkzeugverwaltung auf Haimer.

    Was das bringt – erfahren Sie hier.

    V O N W O L F G A N G K L I N G A U F

    W E R K Z E U G M A N A G E M E N T

    Die ersten Haimer-Geräte bei Heggemann: Das erste Schrumpfgerät kam vor sechs Jah-ren ins Haus, ein zweites folgte wenig später.

  • 4 / 2 0 2 0 13

    W E R K Z E U G M A N A G E M E N T

    Ein großer Schritt für die DurchgängigkeitEinen großen Schritt Richtung Durch-gängigkeit in der Werkzeugverwaltung ging Heggemann dann 2018. Als ein in die Jahre gekommenes Werkzeugvorein-stellgerät ersetzt werden sollte, testeten die Verantwortlichen unter anderem das von Haimer angebotene „Microset Vio linear“ – ein Einstellgerät in vollautoma-tisierter Ausführung.

    „Durch unsere geringen Losgrößen müssen wir tagtäglich Werkzeuge ver-messen, so dass wir den Aufwand mög-lichst gering halten wollten“, argumen-tiert Zerspanungsleiter Ahlers. „Das Microset Vio hat uns mit all seinen Fä-higkeiten voll überzeugt. Zumal wir jetzt eine Herstellerdurchgängigkeit bis zum Schrumpfen und Wuchten erreichen, die uns weitere Vorteile generiert.“ Unter an-derem nennt er den abgeschlossenen Premium-Wartungsvertrag, der alle Hai-mer-Geräte umfasst und dadurch Auf-wand und Kosten minimiert.

    Durchgängiger Prozess als AnforderungDoch nochmal auf Anfang: Neben der Vollautomatik, die für eine einfache Be-

    dienung und prozesssichere Messung sorgt, war den Zerspanern bei Hegge-mann die Anbindung an das im Un-ternehmen verwendete CAM-System HyperMill wichtig.

    Es sollte sich in eine funktionierende Prozesskette vom CAM bis zur Maschi-ne einfügen lassen, die folgenderma-ßen aussieht: Die Programmierer erstel-len aus der zur Verfügung stehenden Werkzeugbibliothek für jeden Auftrag eine Werkzeugliste, die dann als Mess-auftrag zur Werkzeugvoreinstellung an das Einstellgerät geschickt wird. Der Bediener setzt das jeweilige Werkzeug ein, wählt über den Touch-Bildschirm die Verknüpfung zu den 3D-CAD-Werk-zeugdaten und startet den automati-schen Messvorgang.

    Das Microset Vio erhält alle erforderli-chen Informationen zu X- und Z-Maßen sowie Anfahrpositionen durch die An-bindung ans CAM-System HyperMill. Die erfassten Ist-Werte liefert das Voreinstell-gerät dann im kompletten Werkzeugsatz via Postprozessor und Netzwerk an die vorgesehene Werkzeugmaschine.

    Jürgen Ballbach schätzt sein neues Vor-einstellgerät auch wegen vieler weiterer Stärken wie zum Beispiel der maschine-

    nidentischen Einzugskraft. Überhaupt ist er von der Qualität von Haimer begeis-tert – was auch für die Werkzeugaufnah-men gilt, die er inzwischen bevorzugt einsetzt. „Früher nutzten wir verschie-dene Fabrikate, die zwar zumeist in der Anschaffung etwas günstiger sind, aber nicht die gleiche Präzision aufweisen und keine vergleichbare Standzeit errei-chen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass, wenn die Qualität stimmt, sich die Mehrinvestition langfristig rechnet.“

    Die Zukunft gestaltenDerzeit sind bei Heggemann weitere Haimer-Lösungen in einer Test- und Dis-kussionsphase. So überlegt der Aero-space-Zulieferer intensiv, zukünftig für die Schwerzerspanung von anspruchs-vollen Werkstoffen das Safe-Lock-System von Haimer zu nutzen. Dessen konstruk-tives Design kombiniert die reibschlüssi-gen Klemmkräfte des jeweiligen Spann-verfahrens mit einem Formschluss und vermeidet dadurch zuverlässig das beim Schruppen oder Leistungsfräsen drohen-de Herausziehen des Werkzeugs.

    Nicht nur die Fertigungsmitarbei-ter sind mit der Zusammenarbeit sehr zufrieden, auch die Geschäftsführung schätzt den Partner. Heggemann-CEO Dr. Christian Howe kommentiert: „Durch die hochwertigen Haimer-Produkte ist es uns gelungen, die Fertigungsprozes-se weiter zu verbessern. Die hohe Qua-lität der Produkte passt hervorragend zu den Anforderungen unserer Kunden aus Luft- und Raumfahrt und der Auto-mobilindustrie.“ jbi

    Wolfgang Klingauf ist Fachjournalist in Augsburg.

    Werkzeugverwaltung, zwei Schrumpfgeräte, ein vollautomatisches Einstellgerät, das in einen kompletten Prozess eingebunden ist und verschiedene Detaillösungen bei den Werkzeugen: Die Zusammenarbeit hilft Heggemann dabei, die hohen Anforderungen der Luftfahrtbranche zu erfüllen. Bilder: Haimer

    Lohnt sich doppelt: Das neue Wuchtgerät dient neben dem Auswuchten der Werkzeuge dem Wuchten von einigen Produkten.

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    AU C H I M Zeitalter der Digitalisierung erfolgen Werkzeugversuche und -opti-mierungen häufig noch eindimensional. In der Regel werden nur die leicht ver-fügbaren Daten wie Werkzeugverschleiß, Werkstückqualität oder Messergebnisse hinzugezogen. Genug Aussagekraft, um Prozesse umfassend zu bewerten, haben diese Daten jedoch häufig nicht. Mögli-che Zusammenhänge, Wechselwirkun-gen verschiedener Einflussgrößen und damit Potenziale bleiben ungenutzt.

    Funktionen der Industrie 4.0 nutzenDabei gibt es heute Möglichkeiten, ge-nauer hinzuschauen. Mit der Gühring Tool Management Software (GTMS) bei-spielsweise lassen sich nicht nur Tool-Management-Werkzeugautomaten be-

    treiben. Die Software kann zudem ein wichtiges Standbein bilden, um Prozess-daten in der Fertigung transparenter zu machen.

    Weiteren Nutzen bringen verfügbare Software-Module zur Messmittelverwal-tung, Verschleißdatenerfassung, Waren-eingangskontrolle oder zur Erstellung von Arbeits- und Einrichtplänen.

    Tool Management und mehrZum Einsatz kommt GTMS in der Regel in zwei Typen von Tool-Management-Pro-jekten – dem logistischen und dem tech-nologischen Tool Management.

    Logistisches Tool Management bedeu-tet, dass Gühring die Disposition und Be-schaffung aller erforderlichen Werkzeuge übernimmt, auch die von Drittanbietern. Der Werkzeuganbieter stellt diese dem Kunden über die seine Tool-Manage-ment-Werkzeugautomaten in Konsigna-tion zur Verfügung.

    Der Anwender zahlt für Werkzeuge also nur, wenn er sie auch tatsächlich aus dem Automaten entnimmt. Er ist damit unab-hängig und kann selbst festlegen, wel-che Werkzeuge er in seiner Produktion einsetzt. Dieses Modell nutzen insbeson-dere klein- und mittelständische Ferti-gungsunternehmen, die ihre Produkte in Einzel- oder Kleinserien fertigen.

    Beim technologischen Tool Manage-ment hingegen, übernimmt Gühring die komplette Werkzeugverwaltung des Kunden – von der Disposition und Be-schaffung, über die Lagerung, Montage und das Voreinstellen der Werkzeuge bis hin zur Anlieferung der einsatzbereiten Werkzeuge in der Fertigung. Verbrauchte Werkzeuge holt der Anbieter in der Ferti-gung ab, demontiert sie und bestückt sie mit neuen Schneiden.

    Bei diesem Modell ist Gühring auch für die Optimierung von Werkzeugen und Zerspanungsprozessen verantwortlich. Dafür hat sich bei Gühring ein eigenes Tool-Management-Team gebildet, das

    Mehr als Tool ManagementVon Tool Management zu sprechen, ist hier fast untertrieben. Die Softwarelösungen von Gühring

    wachsen über die Funktionen einer klassischen Werkzeugverwaltung hin zur Prozessanalyse hinaus.

    V O N J A S M I N H E R T E R

    T O O L M A N A G E M E N T

    Die Tool-Management-Werk-zeugautomaten sind nur die sichtbare Spitze des Eisbergs an intelligenten Gühring-Lö-sungen für die Optimierung des Zerspanungsprozesses.Bilder: Gühring

  • 4 / 2 0 2 0 15

    T O O L M A N A G E M E N T

    beim Kunden permanent vor Ort ist. Das technische Tool Management nutzen Un-ternehmen in ihrer Großserienprodukti-on – beispielsweise sind das Automobil-hersteller, die Motoren fertigen.

    Beide Modelle gehen weit über die Kernkompetenz eines Werkzeugherstel-lers hinaus, aber Gühring fasst solche Services bereits seit mehr als 15 Jahren in einem eigenständigen Geschäftsbereich Dienstleistung zusammen.

    Indirekte Kosten optimierenBetriebe kennen oft die direkten Werk-zeugkosten, die sich im Werkzeugver-brauch widerspiegeln, genau und häufig sind sie das Ziel von Optimierungen. Op-timierungsgrößen sind die direkten Kos-ten und die Qualität des Zerspanungs-prozesses.

    Das ist schon die halbe Miete, aber die indirekten Werkzeugkosten sind dage-gen oft weitgehend unbekannt, da sie sich in den Kosten für Ablauforganisation der Werkzeugverwaltung verstecken.

    Diese indirekten Kosten können erheb-lich höher sein als die direkten Kosten wie eingesetztes Personal, Lagerfinanzie-rung oder Platzbedarf. Hierzu gehören Maschinenstillstände beziehungsweise zusätzliche Rüstvorgänge durch fehlen-de Werkzeuge, hohe Zeitaufwendung in der Produktion zum Suchen der Werk-zeuge aufgrund mangelnder Transpa-renz, Über- oder Unterbestände und un-nötige Werkzeugvielfalt.

    Hinzu kommen die Kosten für soge-nannte Schwarzbestände, die Mitarbei-ter zur Versorgungssicherheit anlegen. Ist dies betriebliche Praxis, ist das ein starker Indikator dafür, dass die Organi-sation der Werkzeugverwaltung optimie-rungsbedürftig ist.

    Ein Weg zur Optimierung kann der Einsatz von Software sein. In der aktu-ellen Version stellt GTMS ein Werkzeug zur kosteneffizienten Gestaltung sämtli-cher Prozesse des fertigenden Betriebes dar. Dabei werden vor allem die Bereiche Transparenz und Datenauswertung, zum Zweck der permanenten Leistungsopti-mierung, kontinuierlich erweitert.

    MDE/BDE: Auch Maschinendaten erfassenDie neue Option GMCC (Gühring Machi-ne Control Center) bietet die Möglichkeit der direkten Maschinenanbindung. Die Software erfasst mit dieser Option nicht

    nur Prozessdaten, sondern auch Betriebs-daten (BDE), Maschinendaten (MDE) und Prozessdaten (PDE). Der Anwender kann also auch in Echtzeit Maschinenzustände überwachen.

    Die permanente Analyse macht Op-timierungspotenziale sichtbar. Hinter-legte Notfallpläne helfen zudem bei der schnellen und effizienten Behebung von Maschinenstillständen. Aus den Ausfall-analysen kann der Betrieb zudem Muster eruieren, um künftig ähnliche Ausfälle zu vermeiden, mit dem Ziel, Stillstandzeiten in produktive Zeiten zu verwandeln.

    Prozessdaten überwachenDas optionale Software-Modul „Prozess-daten“ lässt sich – herstellerunabhängig – in CNC-Maschinen einbinden, um Leis-tungsdaten nutzbar zu machen. Der An-wender bekommt nicht nur die Info: „Ma-schine läuft/läuft nicht“, sondern auch Daten wie die aktuelle Auftragsnummer oder die Laufzeit des CNC-Programms. Auch technologische Parameter wie die Spindelleistung, die Auslastung der Vor-schubsachsen oder die Spindeldrehzahl kann der Anwender nun für detaillier-te Analysen seiner Zerspanung heran-ziehen.

    Mit der Prozessdatenüberwachung kann der Nutzer Prozesse stabiler ge-stalten, da er Ursachen von Störungen schneller und sicherer analysieren kann. Er kann so Kostentreiber im Produktions-prozess identifizieren und abstellen.

    Werkzeug-Hamstern unnötigMit dem Modul „Magazinüberwachung“ behalten die Mitarbeiter den Überblick über die verfügbaren Werkzeuge samt entsprechender Reststandzeit. Dazu stellt das Modul automatisiert alle rele-vanten Informationen über die Magazin-belegung auch beispielsweise der Auf-tragsplanung bereit, so dass auch der Planer effizienter arbeiten kann – die Pro-duktivität steigt weiter.

    Die nun schnelle Reaktion auf Werk-zeugbrüche und die bessere Auswertung der tatsächlichen Standzeit von Werk-zeugen sind zusätzliche Vorteile, um eine bedarfsoptimierte Rüstung von Maschi-nen zu gewährleisten. Umrüstzeiten ver-kürzen sich oder entfallen vollständig. Die Maschinen arbeiten produktiver und sind optimal ausgelastet.

    Werkzeughersteller mit IT-ErfahrungGühring ist im Kern Werkzeughersteller, aber mehr als 15 Jahre Erfahrung in der Schnittstellen- und Softwareentwicklung sorgen für Professionalität bei der Integ-ration in bestehende IT-Infrastrukturen. Praxiserfahrung aus über 2.500 Soft-ware-Projekten weltweit und der steti-ge Weiterentwicklungen sorgen für Tool-Management-Lösungen, die fit sind fürs Industriezeitalter 4.0. jbi

    Jasmin Herter leitet die Unternehmens-kommunikation von Gühring in Albstadt.

    Mehr als „Maschine läuft“: Die Tool-Management-Software lässt sich mit Options-Modulen zur Lösung für detaillierte Analysen des Zerspanprozesses ausbauen.

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    I M I N D U S T R I E G E B I E T von Ursen-wang, einen Vorort von Göppingen im Fils tal, sitzt die Karl Walter Formen- und Kokillenbau GmbH & Co. KG. Auf rund 3.000 Quadratmetern fertigt „Walter“ For-men und Kokillen für Aluminiumräder und weitere Gussteile. 1960 wurde das Unter-nehmen gegründet und heute arbeiten 32 Mitarbeiter für den Formenbauer.

    Dr. Jens Buchert hat das Unternehmen 2016 übernommen und „Großes“ damit vor – er möchte eine durchgängige di-gitale Produktion schaffen. Denn: „Wenn autonomes Fahren möglich ist, müssen wir auch autonom fertigen können.“, kommentiert er und erläutert: „Im Ferti-gungsprozess sind keine anderen Fahrer beteiligt, es läuft kein Kind auf die Stra-ße. Wenn alles sauber geplant ist, kann wenig Unvorhergesehenes passieren“. Und doch sei es kein einfacher Weg, ein bestehendes Unternehmen komplett durchgängig zu vernetzen und automa-tisiert zu fertigen.

    Partner für Werkzeuge und DigitalisierungUm die Fertigung zu digitalisieren, muss der gesamte Prozess vom Auftragsein-gang bis zur Auslieferung der fertigen Formen betrachtet werden. Darunter

    fallen auch die Zerspanung an sich und alle Prozesse um diese herum. „Ich habe nach einem Partner gesucht, der in die-sen beiden Bereichen kompetent ist und einen gesamtheitlichen Überblick hat.“, erklärt Dr. Buchert.

    Diesen Partner habe er mit Mapal ge-funden: „Mapal ist der einzige Werkzeug-hersteller, der die komplette Prozesskette abbilden kann. Vom Werkzeug über die Spanntechnik bis hin zur Werkzeugver-waltung, der Werkzeugvoreinstellung und mit c-Com sogar der Vernetzung des Ma-schinenparks.“ Bereits Ende 2017 setzte Walter die ersten Produkte von Mapal ein.

    Zunächst hat Walter keine Werkzeuge bestellt,, sondern Spannfutter. Kurz dar-

    auf orderte das Unternehmen auch ers-te Werkzeuge – Reibahlen und Bohrer aus Vollhartmetall. Mehr und mehr Auf-träge folgten und Walter stellte auf Pro-dukte von Mapal um. Denn der Werk-zeughersteller hat in den vergangenen Jahren sein Portfolio für den Werkzeug- und Formenbau deutlich ausgebaut

    Die autonome Fertigung im BlickDr. Jens Buchert ist Inhaber des Formenbauers Karl Walter und sein Ziel ist die komplett vernetzte Produktion.

    Dazu hat er unter anderem Mapal ins Boot geholt – und das nicht „nur“ als Werkzeuglieferant.

    V O N P A T R I C I A M Ü L L E R

    Am Werkzeugein-stellgerät Uniset-C bereitet David Frommhold von Walter ein Werk-zeugsystem vor. Das Messprogramm erhält er direkt aus dem CAM-System und das Mess- protokoll wird via c-Com-Cloud sowie c-Connect-Box an die Maschine übergeben.

    Wenn autonomes Fahren möglich ist, müssen wir auch autonom fertigen können“,DR. JENS BUCHERT, INHABER DER KARL WALTER FORMEN- UND KOKILLENBAU GMBH & CO. KG

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    W E R K Z E U G V E R W A LT U N G U N D D I G I TA L I S I E R U N G

    und liefert nun alle benötigten Stan-dardwerkzeuge zum Fräsen, Bohren und Reiben.

    Heute bezieht Walter 80 Prozent sei-ner Spannfutter und Werkzeuge von Mapal. „Ich erhalte Spannfutter und Werkzeug aus einer Hand – so sind bei-de Komponenten optimal aufeinander abgestimmt“, erläutert Dr. Buchert. Hin-zu komme ein großes Plus durch Know-how und Flexibilität im Sonderbereich: „Wenn wir besondere Geometrien bei-spielsweise an Radiuskopierfräsern aus Vollhartmetall benötigen, fertigt der Werkzeughersteller diese schnell und unkompliziert.“

    Neben den Produkten unterstützt der Werkzeuglieferant den Formenbau-er zudem auf dem Weg zur vernetzten Fertigung.

    Ausgabesysteme bringen TransparenzEin wichtiger Punkt war die schwieri-ge Auffindbarkeit von Werkzeugen: „1,5 Mannjahre kamen bei uns auf die Suche und das Zusammenstellen von Werk-zeugen“, gibt Dr. Buchert zu. Das Werk-zeugausgabesystem Unibase-M mit der Software Unibase waren die Lösung. Das Unibase-M ist ein System zur Lagerung und Verwaltung von Werkzeugen, Kom-ponenten und Zubehör.

    Stephan Köstler ist Manager Enginee-ring Mechatronische Systeme bei Mapal und erklärt, was bei Walter umgesetzt wurde: „Wir haben die Daten. aus dem CAM-System in die Software integriert und zwei Unibase-M-Ausgabesysteme installiert“. Das Team rund um Köstler hat zudem einige bestehende Schrän-ke an das System angeschlossen. In der Software ist nun genau hinterlegt, wel-che Werkzeuge in welchen Abmessun-gen vorhanden und wo sie zu finden sind. Wenn ein Mitarbeiter ein Werkzeug aus dem Unibase-M entnimmt, regist-riert das die Software.

    Die Software erleichtert auch den Ein-käufern bei Walter die Arbeit. Einmal in der Woche generiert das System eine E-Mail zu den Beständen und zu fehlenden Werkzeugen, die nachbestellt werden sollten. Damit ist die Verfügbarkeit der Werkzeuge sichergestellt.

    Die Maschinen vernetzenUm weitestgehend automatisieren zu können, hatte für Dr. Buchert zudem die Vernetzung seiner Maschinen Prio-rität. Allerdings gestaltete sich das für den Formenbauer durch den hetero-genen Maschinenpark schwierig. Als Pilotprojekt hat Dr. Buchert zwei sei-ner Maschinen komplett automatisiert, auch die Beladung wird von einem Ro-boter übernommen. An jeweils beiden Maschinen schlossen die Experten von Mapal eine c-Connect-Box von c-Com an, einem Tochterunternehmen des Werkzeugherstellers.

    Durch die c-Connect-Boxen sind die Maschinen mit der Open-Cloud-Platt-form „c-Com“ verbunden. Diese wie-derum ist auch mit dem Einstellgerät

    Uniset-C vernetzt, das in das CAM-Sys-tem von Walter integriert ist. So kann sich der Bediener am Einstellgerät di-rekt das Messprogramm für das jewei-lige Werkzeug aus dem CAM-System abrufen. Die so ermittelten Messdaten spielt die Software des Uniset-C über c-Com direkt an die Maschine zurück.

    Neben der Übertragung der Daten bie-tet c-Connect weitere Vorteile für Walter. Beispielsweise werden die Standzeiten der Werkzeuge erfasst und die Bedarfe re-gistriert. Walter nutzt zudem eine Zusatz-funktion der c-Connect Box für die Maschi-nenüberwachung. Über Sensoren erfasst die Box den Zustand der Maschinenam-peln. So erhält Walter schnell und einfach eine Auswertung über die OEE (Gesamt-anlageneffektivität). „Sobald diese beiden Pilot maschinen reibungslos autonom ar-beiten, ziehen wir unsere weiteren Maschi-nen nach“, erklärt Dr. Buchert. jbi

    Patricia Müller ist PR-Projektmanagerin bei Mapal in Aalen.

    Form für eine Batteriewanne für Elektrofahr-zeuge: Komple-xe Freiflächen zeichnen die Formen von Walter aus.Bilder: Mapal

    Gerüstete Werkzeuge warten auf ihren Einsatz – über einen Barcode sind sie eindeutig identifizierbar.

    Mehr zur Aktion Magazines for Future und unseren Partnern:

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    D A S T H E M A „Self-Fulfilling Prophecy“ ist in Deutschland, vor allem in Ergän-zung mit den Schlagworten Industrie 4.0 und Internet of Things, seit Jahren ganz weit oben auf der Agenda von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Und tatsächlich haben etliche Unternehmen schon das ein oder andere Projekt im Shopfloor umgesetzt. So richtig hat sich die Pro-phezeiung aber noch nicht erfüllt. Das liegt aus unserer Sicht unter anderem da-ran, dass die Vorhersage ziemlich diffus ist. Bis heute gibt es keine eindeutige De-finition dazu, was unter Industrie 4.0, IoT oder der Digitalisierung des Shopfloors zu verstehen ist – und wo etwaige Unter-schiede liegen.

    IIoT geht über die Automatisierungs-pyramide hinausGerade in der Produktion gilt eine Tech-nologie-gestützte Automatisierung schon seit Jahrzehnten als Standard: Die Automatisierungspyramide ist ein selbst-verständliches Modell, vernetzte Indust-rieroboter gehören längst zum industri-ellen Alltag. Was ist dann aber das Neue? Oder geht es vielleicht gar nicht um ei-nen qualitativen Wandel, sondern ledig-lich um eine quantitative Entwicklung? Sollen Maschinen und Anlagen einfach nur noch ein paar mehr Sensoren und eine performantere CPU erhalten, um die Prozesse noch ein wenig effektiver, effizi-enter und flexibler zu machen?

    Wir sind überzeugt, dass eine solche Perspektive und die damit einherge-hende Haltung nicht ausreichen. Zwar

    lassen sich auch damit Fortschritte er-zielen. Das Potenzial, das in den vielen innovativen Technologien steckt, bleibt aber zu einem großen Teil ungenutzt. Soll sich das ändern, ist zunächst eine trennscharfe Begrifflichkeit erforderlich. Wir halten Industrial Internet of Things für eine geeignete Bezeichnung, weil sie mehr umfasst als Industrie 4.0, gleich-zeitig aber im Gegensatz zum Internet of Things einen klaren industriellen Fo-kus hat. Dabei integriert [I]IoT nach un-serer Auffassung eine ganze Reihe von Komponenten: Software und Hardware, Plattformen und Ökosysteme, Sicher-heit und Organisation. Die einzelnen Bestandteile werden nach einer über-greifenden Strategie ausgerichtet, zu einer sich kontinuierlichen Architektur zusammengefügt und durch Use Cases konkretisiert. So entsteht im Laufe der Zeit eine Intelligent Factory.

    Neue Qualität bei vertikaler und horizontaler IntegrationVorangetrieben wird die vertikale Integra-tion, die sich bislang durch die Automati-sierungspyramide manifestiert, dadurch, dass Daten vom ERP-System über ein MES und eine SPS zu den Assets im Shopfloor gelangen – und andersherum. Neu sind bei einer [I]IoT-Transformation drei Aspek-te: Erstes verfügen die Assets über immer mehr Aktoren und Sensoren und damit über immer mehr Schnittstellen zur Um-welt. So können sie zusätzliche Aufgaben übernehmen und mehr Daten erfassen. Zweitens sind die Assets zunehmend mit eigener Intelligenz ausgestattet, wodurch sie Daten auch verarbeiten können. Das führt drittens dazu, dass der vertikale Da-tenfluss nicht mehr so rigide organisiert ist wie in der herkömmlichen Automati-sierungspyramide. Hier hat jede Ebene ihre spezifische Aufgabe.

    In einem [I]IoT-Umfeld können die Ebe-nen multiple Jobs übernehmen. Zum Beispiel werden manche Daten nicht übermittelt, sondern direkt im Shopfloor verarbeitet, was mit dem Begriff Edge Computing beschrieben wird. Manche Daten werden direkt an das MES, andere an das ERP-System übermittelt. Und eini-ge Daten gelangen vom Asset direkt in die

    Mit einem Fahrplan in die Zukunft der ProduktionBei einer „Self-Fulfilling Prophecy“ wird solange über eine Erwartung

    gesprochen, bis sie irgendwann tatsächlich eintritt. Die Ursache für

    diesen Effekt liegt in unbewussten Verhaltensänderungen bei den

    Akteuren. Der Mechanismus greift allerdings nicht immer – besonders

    im Hinblick auf die Digitalisierung der Produktion.

    V O N J E N S F A T H

    I O T A U F D E M S H O P F L O O R

    Die Bestandteile des IIoT-Fahrplans, der zur intelligenten Fabrik führt. Bild: MHP

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    I O T A U F D E M S H O P F L O O R

    Analytics-Lösung in der Cloud und von dort auf die Smartphones der Verantwort-lichen in Produktion und Logistik.

    Datenfluss zwischen Produktion und den FachbereichenDeutlich intensiviert wird außerdem die horizontale Integration – also der Daten-fluss zwischen der Produktion und weite-ren Fachbereiche, zwischen der Produkti-on und Geschäftspartnern und zwischen der Produktion und IoT-fähigen Produkten bei den Kunden. Prinzipiell neu ist auch das nicht. Anders als die vertikale Inte-gration wurde die horizontale Integration in der Vergangenheit allerdings sehr zö-gerlich umgesetzt. Noch heute bestehen in vielen Unternehmen fachbereichsori-entierte Datensilos. Diese aufzubrechen, ist tatsächlich weniger eine technologi-sche als eine organisatorische Herausfor-derung. Die beteiligten Stakeholder müs-sen zu der Überzeugung kommen, dass ihnen das Teilen von Daten nutzt. Digitale Technologien sind dabei hilfreich, weil sie zum einen die Datenübermittlung über Systemgrenzen hinweg vereinfacht – ver-bindliche Standards würden das weiter forcieren. Außerdem ermöglichen die In-novationen neue Use Cases, die einer Rei-he von Stakeholdern gleichzeitig einen Mehrwert bieten. Das reicht bis zu ganz neuen Geschäftsmodellen.

    Automatisierte Entscheidungen als nächster SchrittIm Vordergrund steht bei der vertikalen und horizontalen Integration die Ver-bindung unterschiedlicher Entitäten, zwischen denen Daten ausgetauscht werden. Was mit den Daten passiert, ist dabei erst einmal kein Thema. Für ein Verständnis von [I]IoT ist aber gerade dieser Aspekt relevant, weil hier ein Pa-radigmenwechsel stattfindet: Bislang stellt IT mehr oder weniger umfassend analysierte Daten bereit, damit sich Men-schen ein Bild machen und Entscheidun-

    gen treffen können. Oder IT nutzt Daten, um entlang mehr oder weniger komple-xen Algorithmen automatisiert Aktivi-täten anzustoßen. Bislang nutzt IT aber nur selten Daten, um autonom Entschei-dungen zu treffen. Genau das ist aber das Versprechen von künstlicher Intelligenz und neben ihrer Lernfähigkeit (Machine Learning) das zentrale Differenzierungs-merkmal zur herkömmlichen elektroni-schen Datenverarbeitung.

    Nachdem KI über Jahrzehnte eher im akademischen Umfeld eine Rolle spielte, sind heute eine Reihe von praxistaugli-chen Tools verfügbar – auch wenn längst nicht alles KI ist, was als KI angeboten wird. Diese Tools lassen sich leicht in be-stehende Infrastrukturen einbinden. Aus unserer Sicht haben sie das Potenzial, die Art und Weise der Produktion drastisch zu verändern. Denn wenn menschliche Ent-scheidungen automatisiert werden, ent-fällt eine Engpass, der den Ablauf vieler Prozesse verlangsamt. Zudem weisen ei-nige Studien darauf hin, dass von künst-licher Intelligenz getroffene Entschei-dungen häufig besser ausfallen als die von menschlicher Intelligenz – schlechter sind sie im Durchschnitt jedenfalls nicht.

    Maschinen gefährden Arbeitplätze im Shopfloor Was objektiv als gewaltige Chance er-scheint, ist aus Sicht der betroffenen Menschen in den Unternehmen und vor allem in den Shopfloors eine noch ge-waltigere Bedrohung. Das ist kein Wun-der. Schließlich wird ihre Leistung nicht nur von Maschinen abstrakt infrage ge-stellt. Maschinen gefährden ganz kon-kret ihre Arbeitsplätze.

    Auch aus diesem Grund halten wir eine [I]IoT-Transformation in einem iterativen Vorgehen für den besten Weg: Wenn eine neue Architektur nach Vorgabe einer übergreifenden Strategie sukzessive auf-gebaut wird und wenn dabei nacheinan-der Use Cases realisiert werden, wandelt sich auch Schritt für Schritt die Denkwei-se der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie erkennen dann, dass die Innovationen nicht einen Mehrwert für das Unternehmen bedeuten, sondern auch ihnen neue Möglichkeiten bietet. Ihre Arbeit wandelt sich dann – und wird dabei auch interessanter. sg

    Jens Fath ist Associated Partner und Strategic Lead [I]IoT Transformation bei MHP.

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    Auf dem Shop-floor kommen häufig Roboter zum Einsatz.Bild: Rinspeed microSNAP

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    W I E S C H N E L L und kosteneffizient eine digitale Arbeitsanweisung mitunter eingeführt ist, und welche Effizienzge-winne daraus entwachsen können, da-für ist der Utility-Film ein gutes Beispiel: Mit den digitalen Instruktionsvideos der memex GmbH können zeitsparend und effektiv Produktionsabläufe visuell nach-vollziehbar vermittelt werden. Indivi-dualisierung und Variantenvielfalt wird dabei durch die Darstellung von varian-tenspezifischen Montageschritten mit einzelnen kurzen Videoclips erreicht, die zur Laufzeit varianten- beziehungswei-se auftragsspezifisch aneinandergereiht werden.

    Nicht nur technisch hat memex die-se Lösung etabliert, der Anbieter schult auch Unternehmen dabei, solche Filme in Eigenregie zu erstellen und in ihre je-weilige Umgebung zu integrieren. „Im Gegensatz zu einer klassischen Text/Bild-Anweisung ist ein Utility-Film sehr schnell erstellt, deshalb ist diese Form der Arbeitsanweisung bei den Unternehmen aktuell sehr beliebt und auch wesentlich häufiger im Einsatz als komplementäre Lösungen“, erklärt Robert Rothenberger, Geschäftsführer bei memex.

    Digitalisierung in mittelständischen Unternehmen umsetzenGerade mittelständische Entscheider ver-hielten sich aber häufig skeptisch, da sie mit dem „Sprung ins Digitale“ oft hohe Projekt- und Einführungskosten verbin-den würden. „Wir versprechen vom Erst-kontakt über die Einführung eine schnel-le und kosteneffiziente Realisation“, betont Robert Rothenberger. Der Erstel-lungs- und Einführungsaufwand sei weit-aus geringer als bei anderen Systemen. „Bei uns gibt es weder Zukunftsvisionen noch Endlosprojekte, sondern wir ma-

    chen die Digitalisierung für den Mittel-stand praktikabel. Was heute besprochen wird, kann morgen umgesetzt werden.“

    Nachfolgend werden sechs wichtige Fakten über den Utility-Film als digitale Arbeitsanweisung vorgestellt, die jeder Industrieentscheider kennen sollte:

    1. Sofort und eigenständig umsetzbar

    Das Einlernen und Nachmachen neu-er Tätigkeiten kostet Zeit. Mit Videoclips von vier Sekunden für jeden Schritt, kön-nen Mitarbeiter neue Vorgänge bereits beim ersten Mal eigenständig und feh-lerfrei umsetzen. Der Utility-Film instru-iert die Anwender direkt am Arbeitsplatz – ohne Text und Sprache. Der Werker ahmt den Vorgang nach, der ihm gezeigt wird und setzt die Handlung sofort um. Dadurch wird die Einarbeitung massiv verkürzt und Standards werden einheit-lich vermittelt. Indem der Utility-Film Anleitungen ohne Worte in bewegten Bildern bietet, macht er auch komple-xere Arbeitsinhalte ohne Sprachbarrie-

    ren weltweit verfügbar. Dies verkürzt die Lernkurve und sichert Prozessstandards.

    2. Video-Instruktionen besitzen die höchste Akzeptanz

    Den meisten Menschen fällt die Auf-nahme visueller Informationen leichter. Denn die Wahrscheinlichkeit, Gesehe-nes direkt zu verstehen, steigt damit um ein Vielfaches. Wie in vielen produzieren-den Betrieben verfügen die eingesetzten Werker oft über ein heterogenes Qualifi-kationsprofil. Meist gibt es starke Diffe-renzen im sprachlich-kommunikativen Bereich. Viele Werker mit oder ohne Mi-grationshintergrund haben Schwierigkei-ten im Textverständnis und beim prakti-schen Umsetzen von Textinformationen. Gerade für mittelständische Unterneh-men können sich daraus schwerwiegen-de Kosten- und Qualitätsprobleme erge-ben. Gefordert ist deshalb eine Didaktik, die international verständlich und mög-lichst ohne Text und Sprache auskommt.

    Das Bewegtbild in Form einer digita-len Arbeitsanweisung eignet sich hier-

    Digital instruieren auf dem ShopfloorAuf Werkerebene sind Arbeitsanweisungen oft Standard und gelten in der Regel auch als Qualitätsmerkmal bei

    variantenreichen Montageprozessen. Sie dienen nicht nur langjährigen Beschäftigten als Nachschlagewerk,

    sondern helfen auch dabei, neue Mitarbeiter schneller einzuführen. Nun werden vermehrt digitale Technologien

    in klassische Handarbeitsplätze integriert, durch die der Mittelstand Wettbewerbsvorteile erzielen kann.

    V O N W O L F R A M W I E S E

    D I G I TA L I S I E R U N G D E R W E R K E R E B E N E

    memex bietet Interessenten die Teilnahme an einem Workshop über den Utility-Film an. Bilder: memex GmbH

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    D I G I TA L I S I E R U N G D E R W E R K E R E B E N E

    für am besten – allerdings nur, wenn sie auch inhaltlich entsprechend auf-gebaut ist. Der Utility-Film ist daraufhin abgestimmt, Handlungswissen auf di-daktisch einfache Art direkt zu vermit-teln. Deshalb werden die Lösungen von memex häufig auch von international agierenden Unternehmen eingesetzt. Also überall dort, wo die Qualifikation der eingesetzten Mitarbeiter oft große Unterschiede aufweist und lange Einar-beitungszeiten oder zentrale Trainings-veranstaltungen am Hauptstandort zu kostenaufwendig wären.

    3. Auf allen Endgeräten sofort einsetzbar

    Das Zusammenwachsen der realen mit der virtuellen Welt durch Cyber-Physi-cal Systems (CPS) eröffnet der Industrie vielfältige neue Möglichkeiten für intel-ligente Produktionssysteme sowie für die Realisierung vernetzter Produktionen mit übergreifenden Logistik- und Wert-schöpfungsketten. Auch im Privatleben

    haben sich Geräte und Anwendungen für die digitale Vernetzung schon längst etabliert. Ob Smartphone, Tablet, Ma-schinensteuerung, Projektor oder per Augmented Reality und Datenbrille: Die von der memex-Plattform bereitgestell-ten Inhalte funktionieren auf allen ver-fügbaren Endgeräten und sorgen so für eine breite Akzeptanz sowohl bei den Anwendern im Shopfloor als auch bei den IT-Verantwortlichen.

    4. Bereitstellung abhängig vom Vorwissen der Mitarbeiter

    Hat ein Mitarbeiter einen Vorgang zuletzt vor längerer Zeit ausgeführt und wurden seitdem Änderungen am Prozess vorge-nommen, informiert die memex-Platt-form den Mitarbeiter über die neuen Arbeitsinhalte. Mit dem Utility-Film wird Mitarbeitern auf dem Shopfloor nicht nur eine digitale Arbeitsanweisung für die täglichen Montagearbeiten als Instrukti-on angeboten, sondern darüber hinaus auch eine begleitende Qualifizierungs- und Wissensplattform.

    Das heißt, wenn ein Mitarbeiter an seinem ersten Tag in das Unternehmen kommt, erhält er über die memex-Platt-form das erforderliche Wissen, um seine spezifischen Aufgaben richtig und mü-helos erfüllen zu können. Die digitalen Arbeitsanweisungen begleiten den Mit-arbeiter somit von der instruktiven Ein-arbeitung des ersten Tages an bis hin zu allen zukünftigen Tätigkeitsfeldern. So kann der Mitarbeiter weitere Kenntnisse erwerben und so seine Qualifikationen sukzessive ausbauen.

    5. Immer automatisch passend – zu jedem Auftrag

    Egal was der Auftrag verlangt – das er-forderliche Handlungswissen wird dem

    Werker von der memex-Plattform direkt bereitgestellt. So beruht die Lösungs-qualität im Wesentlichen auf drei Säulen: Dokumentieren, Instruieren, Qualifizie-ren. Dokumentieren bedeutet, dass die memex-Plattform das Wissen auf Shop-floor-Ebene sichert. „Instruieren“ heißt, dass der Mitarbeiter mit einer fundierten Arbeitsanweisung ausgestattet wird, mit der er einen Arbeitsschritt gleich beim ersten Mal fehlerfrei umsetzen kann. Und „Qualifizieren“ heißt bei memex: Der Mit-arbeiter übt mit seiner Anleitung mehr-fach, bis zu dem Punkt, an dem er selb-ständig ohne digitale Werkerführung den Prozess durchführen kann.

    6. Digitale Arbeitsanweisungen – mit Riva schneller erstellen

    Durch den speziellen Workflow von memex, in Kombination mit der Erstel-lungs-App Riva, können Unternehmen Zeit und Projektkosten einsparen und för-dern gleichzeitig die Mitarbeiterqualifizie-rung. Die Clips für die Arbeitsschritte wer-den erstellt, indem ein Vorgang zunächst einmal gezeigt wird. Die Software von memex erstellt dann daraus automatisch ein interaktives Video. Auch Markierungen und Hinweise lassen sich komfortabel in das Bildmaterial einfügen. So benötigt die Erstellung eines Utility-Films nicht länger als zweimal den Vorgang durchzuführen.

    Der Riva-Webplayer ermöglicht dabei die personalisierte Präsentation von Ar-beitsanweisungen für jeden Auftrag und für jeden Unternehmensstandort, wäh-rend auf der memex-Plattform beste-hende wie auch neue Arten von Arbeits-anweisungen digital dokumentiert und verwaltet werden. sg

    Wolfram Wiese ist PR-Fachredakteur in Stuttgart.

    Der Utility-Film fungiert als digitale Arbeits-anweisung, die den Anwender Schritt für Schritt durch die Abläufe führt.

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    „ D I E I M D U N K E L N , die sieht man nicht“: Die Betriebsdatenerfassung (BDE) wird gerne als verlängerter Arm in die Pro-duktion des Enterprise Ressource Plan-ning interpretiert, beispielsweise um Zei-ten für die Nachkalkulation zu erfassen. Doch bietet diese Sichtweise wenig Po-tenzial, sich in der Produktion signifikant zu verbessern. Denn sie gaukelt dem Her-steller eine heile Welt mit Zeiten vor, die dem Kunden in Rechnung gestellt werden können. Hierbei bleiben jedoch Schief-stände und Unproduktivität verborgen.

    Digital Manufacturing (DM): Herr Nie-becker, alle Welt redet von Digitali-sierung im Sinne von Big Data & Co., Proxia indes nimmt sich die scheinbar kleinen detaillierten Dinge wie BDE vor. Ist da wirklich noch etwas heraus-zuholen?

    Marcus Niebecker: Und ob! Proxia als MES-Anbieter verfolgt bei der BDE- Anbindung einen ganz anderen Ansatz als beispielsweise die meisten ERP-Anbie-ter. Für uns sind die unproduktiven Zeit-abschnitte einer Maschine viel interes-santer als die Produktiven. Zum Beispiel, um herauszufinden, was noch zu einer 100-Prozent-Maschinenverfügbarkeit bei-trägt. Das sind Informationen, die norma-lerweise kein ERP-System haben will.

    Unser Ansatz in der Betriebsdatener-fassung beinhaltet, Möglichkeiten zu schaffen, den gesamten Prozess akri-bisch zu dokumentieren. Zugegebener-maßen ist die Hauptanforderung bei den Kunden zunächst nicht sonderlich groß, derart systemisch an die Sache heranzu-gehen. Es ist eher so ein schwer erklär-bares, mulmiges Gefühl, dass etwas ge-tan werden muss, und dann kommen wir

    ins Spiel. Unseren Kunden fällt es oftmals schwer, ihren Bedarf und ihre Anforde-rungen präzise zu formulieren.

    DM: „Ganzheitlich“ ist ja auch ein gro-ßes Wort. Wie machen Sie das in Ihren Empfehlungen und Lösungen für den Kunden greifbar?Niebecker: Nehmen wir den konventi-onellen Refa-Prozess: Da stellt sich einer mit der Stoppuhr neben die Maschine und vergleicht die gemessenen Zeiten mit den Sollwerten. Werden signifikan-te Abweichungen festgestellt, wird ein Verbesserungsprozess eingeleitet. Alles schön und gut, allerdings bezieht sich dieser nur auf die konkrete Situation an eben jenen Maschinen, bei denen Ab-weichungen festgestellt wurden. Eine Gesamtsicht auf die Fabrik ist so nicht möglich, weil kein digitales Abbild davon vorhanden ist.

    DM: Sie nehmen also die Einzelopti-mierung von Arbeitsplätzen in den Fokus?Niebecker: In gewisser Hinsicht schon, weil die Optimierung in einem Mikro-kosmos nicht unbedingt gut ist für das eigene Universum, sprich: die Fabrik. Wir erleben dies zum Beispiel bei einer gut gemeinten Rüstoptimierung. Der Planer erstellt einen Plan mit dezidierten Rei-henfolgen von Maßnahmen. Der Plan hat beispielsweise zum Ziel, dass das Mate-rial pünktlich an die verlängerte Werk-bank, nehmen wir an, eine Härterei, aus-geliefert werden kann. Als Antagonist tritt der Meister beziehungsweise Werker

    Verlängerter digitaler Arm in die ProduktionWer denkt, dass BDE und MES ihre Potenziale bereits voll ausgeschöpft haben, der irrt. Im Zeitalter der

    „Amazonification“ muss an allen Stellschrauben in der Produktion gedreht werden, um weiterhin im Rennen

    zu bleiben. Marcus Niebecker vom MES-Anbieter Proxia Software erklärt im Interview, was (schlechte)

    Gewohnheiten auf dem Shopfloor sind und wo es noch ungenutzte Potentiale bei MES gibt.

    F E R T I G U N G S - I T : M E S

    Die Abläufe in der Produktion werden immer komplexer, gleichzeitig werden Fertigungs-unternehmen kundenseitig mit dem Trend „Amazonification“ konfrontiert, was heißt: Immer kleinere Losgrößen bei größerer Variantenvielfalt, sich verkür-zende Lieferzeiten und fallende Preise.“ MARCUS NIEBECKER, PRODUKT-MANAGER, PROXIA SOFTWARE AG

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    F E R T I G U N G S - I T : M E S

    an der Maschine auf, der aufgrund seiner Erfahrungen eigene Vorstellungen von der Reihenfolge von Abläufen hat.

    Sie sagen sich: „Lass die in der Arbeits-vorbereitung mal planen, was sie wollen – was wirklich effizient ist, wissen wir.“ Gut, vielleicht ist die Maschine aufgrund dieser Partisanentaktik an diesem Tag eine halbe Stunde länger in Produktiv-zeit. Aber am Ende des Auftrags kann es sein, dass ein ganzer Übersee-Container nicht versendet werden kann, weil ein Artikel fehlt.

    DM: Was bedeutet dies nun für die Be-triebsdatenerfassung nach den Vor-stellungen von Proxia?Niebecker: Wir machen uns für die digita-le Reife des Personals stark. Die Werker er-kennen sehr schnell den Nutzen von BDE, wenn es ihnen wie ein Navigationssystem hilft, schneller und komfortabler ans Ziel zu kommen. Die Werksleitung hat den Nutzen ohnehin längst erkannt. Und die unteren Führungsebenen, etwa Schicht-leiter oder Meister, die der Einführung eines MES mit Maschinen- und Betriebs-datenerfassung oft mit Skepsis gegen-überstehen, müssen überzeugt werden.

    DM: Und wie sieht Ihre Überzeugungs-arbeit hier aus?Niebecker: Viele Systeme bieten für den Mitarbeiter im Shopfloor keinen operati-ven Nutzen. Daher betrachten sie die IT als ein notwendiges Übel, nicht aber als wertvolle Unterstützung. Auf der anderen Seite ist MES zu einem Muss geworden. Die Abläufe in der Produktion werden im-mer komplexer, gleichzeitig werden Fer-tigungsunternehmen kundenseitig mit dem Trend der „Amazonification“ konfron-tiert, was heißt: Immer kleinere Losgrößen bei größerer Variantenvielfalt, sich verkür-zende Lieferzeiten und fallende Preise. Amazon steht doch für das Versprechen „Heute bestellt, heute oder spätestens morgen bis 9 Uhr geliefert, und das zum günstigsten Marktpreis“.

    An die Anforderungen dieser Ära muss die Produktion getrimmt werden. Hier-zu gehört unserer Ansicht nach, dass der Mitarbeiter befähigt wird, den Plan um-setzen zu können. Dazu muss der Mit-arbeiter entsprechend seiner Rolle mit Echtzeit-Informationen versorgt werden. Zum Beispiel, dass in diesem Augenblick mit dem Rüsten der Werkzeuge zu begin-nen ist, weil in einer Stunde der Arbeits-

    gang ansteht. Mithilfe unserer Betriebs-datenerfassung mit Messenger-Diensten werden die Werker befähigt, sich ope-rativ zu verbessern. Die Meister-Ebene wiederrum profitiert von „Echtzeit-Rück-meldungen und -Informationen“ sowie einer komfortablen Übersicht des kom-pletten Fertigungsgeschehens – und das von seinem Schreibtisch aus oder sogar über sein Smartphone. Das führt zu mehr Transparenz, schnellerem Entgegensteu-ern bei Engpässen und quantitativen wie qualitativen Informationen auf Knopf-druck für Vorgesetzte.

    DM: Wie positioniert sich Ihr BDE mit „WhatsApp“-Funktionen im Vergleich zu MDE?Niebecker: MDE, also die automatisierte Maschinendatenerfassung, liefert Kennt-nis darüber, ob eine Maschine läuft oder aber gerade steht. MDE trifft aber in der Regel keine Aussagen darüber, warum eine Maschine nicht produktiv ist – zumin-dest bei vielen älteren Anlagen. Die Grün-de dafür weiß der Werker an der Maschi-ne. Aufgrund von Materialmangel oder einer Werkzeugstörung. Oder weil der La-dekran nicht verfügbar ist oder eine Meis-terbesprechung stattfindet. Die Augen und Ohren der Werker als „Prozess-Sen-soren“ werden von einem konventionel-len MES nicht genutzt. Daher haben wir unser BDE mit Messenger-Funktionalitä-ten ausgestattet, um Fehlzeiten zuordnen und bewerten zu können. Nehmen wir die Fehlzeit „Schulung neuer Mitarbeiter“ als Beispiel: Es wäre doch gut, wenn die-se Schulung am Programmierarbeitsplatz durchgeführt würde und die Maschine weiterlaufen könnte. Oder die „Produktivi-

    tätstrichter“ rund um den Schichtwechsel, weil infolge der Übergabe der Gabelstap-ler eine halbe Stunde in der Halle nicht fährt. In all diesen Fällen können die Wer-ker wertvolle Impulse geben.

    DM: Dann bleibt folglich nur die Maschinenverfügbarkeit als zentraler Bestandteil der Optimierung übrig…Niebecker: Richtig! Mit unserer OEE/KVP-Methode nehmen wir die Verfüg-barkeit besonders ins Visier. Dazu gehört ein „Maßnahmen Manager“, mit dem sich im Rahmen des kontinuierlichen Verbes-serungsprozesses (KVP) prozesssiche-re Ergebnisse validieren und verifizie-ren lassen. Wenn Sie so wollen, schafft der Maßnahmen Manager den digitalen Zwilling einer Maßnahme.

    DM: Herr Niebecker, wir danken Ihnen für das Gespräch.

    Unter Einbeziehung des Maßnahmen Managers in das Tool MDE/BDE kann der KVP deutlich verbessert werden. Bilder: Proxia Software AG

    Mit dem „Maßnahmen Manager“ lassen sich auch über mobile Geräte prozesssichere Ergebnisse validieren und verifizieren.

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    D A S Z I E L von künstlicher Intelligenz (KI) in der Fertigungs-IT ist meist eine Op-timierung oder zumindest eine Analyse bei mehr oder weniger komplexen Zu-sammenhängen. Und genau diese Kom-plexität ist das Spezialgebiet der KI.

    Der Begriff künstliche Intelligenz um-fasst ein ziemlich großes Feld der Wis-senschaft und soll daher zunächst auf ein überschaubares Spektrum eingegrenzt werden. Im Fertigungsumfeld soll die KI den Menschen dabei unterstützen, bestimmte Aufgaben schneller bezie-hungsweise besser auszuführen. Daher bietet es sich an, das Teilgebiet Machine Learning genauer zu betrachten.

    Laut Wikipedia ist Machine Learning „ein Oberbegriff für die ‚künstliche‘ Ge-nerierung von Wissen aus Erfahrung: Ein künstliches System lernt aus Beispielen und kann diese nach Beendigung der Lernphase verallgemeinern. Dazu bau-en Algorithmen beim maschinellen Ler-nen ein statistisches Modell auf, das auf Trainingsdaten beruht.“ Machine Lear-ning selbst lässt sich in verschiedene Me-thoden unterteilen, die je nach Anwen-dungsfall unterschiedlich wirksam sind.

    Überwachtes LernenIm einfachsten Fall gibt man einem KI-System ein ausreichend großes Daten-set zum Trainieren. Man spricht dabei von überwachtem Lernen, da diese Trai-ningsdaten auch das Ergebnis enthalten, das später vorhergesagt werden soll. Das KI-System erstellt aus diesen Trainingsda-ten ein Modell, das später angewendet werden kann. Eine konkrete Anwendung ist Predictive Quality.

    Diese Anwendung soll auf Basis von Parametern die Qualität eines Artikels vorhersagen, der gerade produziert wird. Bei einem ausreichend großen Set an Trainingsdaten aus genau diesen Pro-zessdaten und der jeweils dazu passend

    festgestellten Qualität funktioniert das bereits sehr zuverlässig.

    Unüberwachtes LernenEinen Schritt weiter geht es, wenn man dem KI-System zwar Trainingsdaten zur Verfügung stellt, die Frage anschlie-ßend aber nicht auf die Vorhersage von Ergebnissen abzielt, sondern auf das Finden von Zusammenhängen. Zum Einsatz kommt ein solches Vorgehen beispielsweise bei der Vorhersage von Rüstzeiten auf Basis verschiedener Fak-toren wie Maschine, Werkzeug, Material und vorheriger Artikel.

    Im Falle bereits be-kannter Kombinatio-nen kommen Metho-den des überwachten Lernens zum Einsatz. Wenn jedoch neue Kombinationen oder komplett neue Artikel ins Spiel kommen, muss das KI-System auf Basis von Erfahrungen und erkannten Abhängigkeiten der Faktoren schätzen, wie hoch der Einfluss eines bestimmten Parameters wirklich ist.

    Und genau hier beginnen die Metho-den des unüberwachten Lernens. Hier gibt der Anwender nicht vor, wie das System lernen soll, sondern überlässt es dem System selbst, Schlüsse aus den ver-fügbaren Daten zu ziehen.

    Bestärkendes LernenEine dritte weit verbreitete Methode des Machine Learning ist das bestärkende Lernen. Gemäß Wikipedia steht bestär-kendes Lernen beziehungsweise Rein-forcement Learning „für eine Reihe von

    Analysieren, Planen, VorhersagenMit künstlicher Intelligenz kommt eine neue Art der Datenanalyse in die Anwendung, die in vielen

    Bereichen Fortschritte verspricht. Doch was entsteht, wenn sie auf die Fertigungs-IT trifft?

    V O N T H O R S T E N S T R E B E L

    K Ü N S T L I C H E I N T E L L I G E N Z I N D E R F E R T I G U N G S - I T

    Machine Lear-ning lässt sich in verschiede Methoden un-terteilen, die je nach Anwendung unterschiedlich wirksam sind.Bilder: MPDV

    Künstliche Intelligenz (KI) ist vielseitig und lässt sich in nahe-

    zu jedem Anwendungsfeld der Fertigungs-IT einsetzen.

    Bild: Zapp2Photo/shutterstock

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    K Ü N S T L I C H E I N T E L L I G E N Z I N D E R F E R T I G U N G S - I T

    Methoden des maschinellen Lernens, bei denen ein Agent selbständig eine Strate-gie erlernt, um erhaltene Belohnungen zu maximieren. Dabei wird dem Agenten nicht vorgezeigt, welche Aktion in wel-cher Situation die beste ist, sondern er erhält zu bestimmten Zeitpunkten eine Belohnung, die auch negativ sein kann. Anhand dieser Belohnungen approxi-miert er eine Nutzenfunktion, die be-schreibt, welchen Wert ein bestimmter Zustand oder Aktion hat.“

    Vergleichbar ist dieses Vorgehen mit der Erziehung eines Hundes durch Be-lohnung mit Extra-Futter. Auch dem menschlichen Lernen kommt diese Vor-gehensweise am nächsten. Eingesetzt werden kann Reinforcement Learning beispielsweise bei der automatischen Fertigungsplanung.

    Fertigungsplanung mit KIIm Vergleich zum bisher heuristischen Vorgehen bei der automatischen Fer-tigungsplanung kann mit künstlicher Intelligenz ein entscheidender Schritt in Richtung optimale Fertigungsplanung gemacht werden. Im Gegensatz zum schrittweisen Vorgehen der Heuristik, werden mit Reinforcement Learning vie-le Entscheidungsmöglichkeiten geprüft, bevor eine endgültige Planungsent-scheidung getroffen wird.

    Der Algorithmus lernt mit jeder ge-troffenen Entscheidung, bewertet diese

    und setzt dieses Wis-sen bei zukünftigen Planungen ein. Dabei hinterfragt der Algo-rithmus getroffene Ent-scheidungen und prüft nicht automatisch alle Möglichkeiten, son-dern nur die mit den besten Ergebnissen. Mit jeder Entscheidung sammelt das System also neue Informatio-nen über die vorhande-nen Daten, was Schritt für Schritt die Qualität der Entscheidung wei-ter verbessert.

    Letztendlich geht Re-inforcement Learning den global gesehen op-timalen Weg – im Ge-gensatz zum erstbesten Weg, den die Heuristik einschlagen würde.

    Dieses Vorgehen einer intelligenten Fertigungsplanung bringt enorme Vor-teile mit sich. Alle ausschlaggebenden Faktoren wie Aufträge, Arbeitsplätze, Transportwege, Rüstzeiten, begrenzte Ressourcen sowie Personal berücksich-tigt das System bereits bei der Entschei-dungsfindung. So lassen sich Rüstauf-wände minimieren, Durchlaufzeiten verkürzen, die Termintreue erhöhen,

    Personalkosten minimieren oder die Materialverfügbarkeit prüfen.

    Bereits verfügbarZum Einsatz kommt eine solchen Lö-sung beispielsweise im Rahmen des Advanced Planning and Scheduling Systems (APS) Fedra von MPDV, wobei der Anwender selbst festlegen kann, welche Faktoren das System berück-sichtigen soll und in welchem Maße. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: In einem realen Auftragsszenario kann die KI-basierte Planung deutlich mehr Lü-cken schließen und so die Gesamtbear-beitungszeit signifikant verkürzen.

    Wie bei anderen Anwendungen der Industrie 4.0 gilt auch beim Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Fer-tigungs-IT: Je eher Unternehmen mit der Umsetzung beginnen, desto früher können sie von bis dato ungenutzten Potenzialen profitieren.

    Diejenigen, die zeitnah, aber mit Be-dacht handeln, werden sich im weltwei-ten Wettbewerb durchsetzen können. Konjunkturelle Schwächen und andere Unwegsamkeiten scheinen gegen eine Investition in Fertigungs-IT zu spre-chen. Jedoch ist eine solche Entschei-dung gleichzusetzen mit einer Investi-tion in die Zukunft. jbi

    Thorsten Strebel ist Vice President Products bei MPDV.

    Während eine heuristische Planung Schritt für Schritt vorgeht, betrachtet Reinforcement Learning die komplette Planung.

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    KO N S O L I D I E R T E D AT E N sind das A und O bei der Verzahnung von Ge-schäfts- und Produktionsprozessen: Nur durch eine nahtlose Integration zwi-schen ERP und MES erreichen Zuliefe-rer die notwendige Flexibilität, um auch künftig ihren Platz in global vernetzten Lieferketten behaupten zu können. Dar-über hinaus legt ein integratives ERP-Sys-tem den Grundstein für den Einsatz neu-er Analytics- und KI-Anwendungen.

    Der Druck steigtOb Maschinenbau- oder Automobilzu-lieferer: Der Innovationsdruck auf die Liefer kette geht meist von der Spitze der Supply-Chain-Pyramide aus – vom OEM-Kunden. Bereits das Just-in-Time-Modell machte dies deutlich und die Just-in-Se-quence-Fertigung beschleunigt diesen Trend weiter. Zulieferer müssen ihre Vor-produkte in genau festgelegter Stückzahl und zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Fabrik ihres Kunden On-Demand be-reitstellen. In der Folge schrumpfen zwar die produktionsnahen Lagerbestände beim OEM – und damit auch der Logis-tikaufwand inklusive der Kapitalbindung, die mit herkömmlicher Vorratswirtschaft zwangsläufig einhergeht. Jedoch verla-gert diese Art der Bereitstellung einen Großteil der Prozesskomplexität von der Pyramidenspitze in die Lieferkette.

    Höhere Agilität ist TrumpfHöhere Agilität fordert der Wettbewerb auch in anderen Segmenten. Beispiels-weise beschleunigt die Digitalisierung den Trend hin zum individualisierten Produkt und zu mehr Varianten. Verkürz-te Lieferzeiten, engere Lieferfenster und höhere Variabilität bei gleichzeitig wach-sendem Margendruck – mit einem Ferti-gungsleitstand ohne direkte Anbindung an das ERP-System lassen sich derartige Herausforderungen kaum noch bewäl-tigen, denn im Shopfloor setzt die heu-te notwendige Lieferflexibilität vor allem eines voraus: Echtzeit-Transparenz über das aktuelle Auftragsgeschehen.

    Ein Zulieferer kann einem OEM-Kun-den nur dann ad hoc eine Lieferung zusagen, wenn im ERP-System die ak-tuelle Maschinenauslastung ersichtlich ist. Auch die Lagerverfügbarkeit der je-weiligen Komponenten muss der Zulie-ferer unmittelbar verifizieren können. Das bedeutet auch, dass er seine per-sonellen Kapazitäten zur Abarbeitung von Bestellungen und für eventuelle Maschinenumrüstungen im Blick ha-ben muss.

    Transparenz schaffenAuf ERP-Ebene sollte daher nicht nur das Manufacturing Execution System (MES) in Echtzeit angebunden sein,

    sondern ebenso die Personaleinsatz-planung der Produktion.

    Konsolidierte Daten schaffen die Voraus setzung dafür, den Materialfluss im Shopfloor eins zu eins im ERP-System abzubilden und so Auftragstransparenz herzustellen. Neben höherer Lieferfähig-keit sorgt eine systemübergreifende Da-tenkonsolidierung sowohl für eine opti-mierte Auslastung des Maschinen- und Anlagenparks als auch für bedarfsge-rechte Beschaffungsprozesse.

    Damit vermeidet der Zulieferer eine Überbevorratung und unerwünschte Ka-pitalbindung. Auf einer integrativen ERP-Plattform kann er nun mit der steigenden Prozesskomplexität umgehen, die seine OEM-Kunden vermehrt in die Lieferkette hineinverlagern.

    Qualitätssicherung 4.0Eine weitere Herausforderung, die sich aus zeitlich und logistisch enger ver-zahnten Lieferketten ergibt, betrifft die Qualität: Wer sich traditionell auf Vorrat beliefern lässt, kann eventuelle Produkt-mängel eher in Kauf nehmen, da sich ein mangelhaft geliefertes Teil mit Lagerbe-stand ausgleichen lässt. Bei Just-in-Time und Just-in-Sequence hingegen schmilzt mit den Lagerbeständen auch der „Qua-litätspuffer“ – die Anforderungen an das Qualitätsmanagement steigen also.

    Zu deutlichen Verbesserungen führt die umfassende ERP-MES-Integration un-ter anderem durch die Echtzeit-Verknüp-fung von Betriebs- und Maschinendaten mit Fertigungsaufträgen und zugehö-rigen Schichtplänen. Prozessparameter lassen sich dadurch unmittelbar in Kor-relation zum jeweiligen Zustand eines Produkts setzen. So lassen sich Qualitäts-mängel früher als bisher erkennen.

    Zudem lassen sich Prüfpläne für Qua-litätskontrollen sowohl aus aggregier-ten MDE/BDE-Informationen als auch aus hinterlegten ERP-Produktstamm-

    Der Brückenschlag in den ShopfloorDer Just-Time-Ansatz


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