Vollzugsöffnende Maßnahmen Chancen und Risiken Aktuelle ... · 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90...

22.05.2017

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1Dr. Susann Prätor | Kriminologischer Dienst im Bildungsinstitut des niedersächsischen Justizvollzuges

Vollzugsöffnende Maßnahmen Chancen und Risiken

Aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung

Dr. Susann Prätor

Kriminologischer Dienstim Bildungsinstitut des niedersächsischen Justizvollzuges

Vortrag im Rahmen der Tagung des Sächsischen Landesverbandes für soziale Rechtspflege e. V.

19.05.2017


Was erwartet Sie in diesem Vortrag?

• Vollzugsöffnende Maßnahmen – Ein Dilemma!

• Wie schätzen verschiedene Institutionen die Bedeutung von vollzugsöffnenden Maßnahmen ein?

• Im Fokus: Offener Vollzug – Daten und Fakten

u.a.

• Ausmaß und Entwicklung vollzugsöffnender Maßnahmen

• „Wirkung“ von vollzugsöffnenden Maßnahmen

• Ideen für eine stärkere Nutzung des offenen Vollzuges

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Vollzugsöffnende Maßnahmen

Eines der größten Dilemmata des Vollzuges!


Vollzugsöffnende Maßnahmen – Ein Dilemma

Contra vollzugsöffnende Maßnahmen

Im Falle schwerer Fälle des Lockerungsmissbrauchs:• Neue Kriminalitätsopfer• Medien und Öffentlichkeit stellen

Vollzug an den Pranger• Schwächung des Justizvollzuges durch

populistische Entscheidungen von Politikern

• Verunsicherung der vollzuglichen Praxis, Reduktion von Lockerungen

⇾⇾⇾⇾ negative Spezialprävention / Schutz der Allgemeinheit!

(§ 5 S. 2 NJVollzG)

Pro vollzugsöffnende Maßnahmen

(vgl. u.a. Endres 2015, Ullenbruch 2013, Wischka 2011)

• Herstellung und Aufrechterhaltung von prosozialen Kontakten in Freiheit

• Erprobung von neu erlernten Denk- und Verhaltensweisen in der „Realität“

• Unterstützung des Übergangsmanagements (Wohnung, Arbeit, Papiere etc.)

• Temporäre Erleichterung von den „painsof imprisonment“

• Anreiz für prosoziales Verhalten/Mitarbeit

⇾⇾⇾⇾ positive Spezialprävention / Resozialisierungsauftrag!

(§ 5 S. 1 NJVollzG)

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Wie schätzen verschiedene Institutionen die Bedeutung von

vollzugsöffnenden Maßnahmen ein?


Einschätzung vollzugsöffnender Maßnahmen

Bedeutung verschiedener Aspekte für ein „optimales“ Übergangsmanagement(Zustimmung in %, Quelle: Guéridon & Suhling, 2016)

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Teilnahme AJSD an VPK (vor Entlassung)

Teilnahme AJSD an VPK (nach Widerruf)

durchgängige Arbeit an kriminogenen Faktoren

Ausweitung Lockerungen/offener Vollzug

partnerschaftliche/wertschätzende Zusammenarbeit

Optimierung der Rahmenbedingungen

Einführung strukturierter Verfahren/Regelungen

inhaltl. Standards (Arbeit, Finanzen, Wohnung) geregelt

• Befragung von MitarbeiterInnen des Justizvollzuges, des AJSD und der freien Straffälligenhilfe in Niedersachsen im Jahr 2014 (N=273)

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Gesamt (ohne AL) Vollzug AJSD Anlaufstellen Anstaltsleitungen (AL)

Bedeutung der Ausweitung von Vollzugslockerungen und offenem Vollzug für ein optimales Übergangsmanagement differenziert nach verschiedenen Institutionen

(Zustimmung in %, Quelle: Guéridon & Suhling, 2016)



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15 14

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Lockerungen werden zu selten

gewährt

ambulante Dienste unterschätzen

Risiken von Lockerungen

Lockerungsgewährung wirkt "aus

dem Bauch heraus" entschieden"

JVA AJSD ASt

Einstellungen verschiedener Institutionen zu Vollzugslockerungen (Zustimmung in %, Quelle: Guéridon & Suhling, 2016)

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Ziele und Zwecke von Lockerungen(Zustimmung in %, Quelle: Guéridon & Suhling, 2016)

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...Vollzugsklima zu verbessern

...schädlichen Folgen entgegenzuwirken

…Vollzugsalltag an Leben draußen anzupassen

…eigenständige Lebensführung zu erlernen

…Mitarbeitsbereitschaft zu fördern

…Sozialkompetenz zu trainieren

…bestehende Sozialkontakte zu pflegen

…Kontakt mit externen Stellen aufzunehmen

…wichtige Erledigungen durchzuführen

Lockerungen sind geeignet, um…

Wie

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Im Fokus: Offener VollzugDaten und Fakten

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Der offene Vollzug in Deutschland

• 13 eigenständige offene Vollzugsanstalten in Deutschland; zusätzlich zahlreiche Abteilungen des offenen Vollzuges, die an geschlossenen Vollzug angegliedert sind

• JVA Bielefeld-Senne mit über 1.600 Haftplätzen die größte offene Vollzugsanstalt Deutschlands (bzw. Europas)

Bildquelle: www.jva-bielefeld-senne.nrw.de

• Belegungsfähigkeit (zum Stichtag 31.03.2016)

• in allen JVAen insgesamt: 73.471 Haftplätze

• im offenen Vollzug: 10.852 Haftplätze (=15 %)


Wie kommt man in den offenen Vollzug?

DIREKT

d.h. laut Vollstreckungsplan des jeweiligenLandes

Bsp. Niedersachsen, § 12 Abs. 1 NJVollzG„Die oder der Gefangene wird im geschlossenenVollzug untergebracht, wenn nicht nach dem

Vollstreckungsplan eine Einweisung in den

offenen Vollzug (…) vorgesehen ist.“

idR maximal 4 Jahre Freiheitsstrafe (in Nds.)

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DIREKT

d.h. laut Vollstreckungsplan des jeweiligenLandes

Bsp. Niedersachsen, § 12 Abs. 1 NJVollzG„Die oder der Gefangene wird im geschlossenenVollzug untergebracht, wenn nicht nach dem

Vollstreckungsplan eine Einweisung in den

offenen Vollzug (…) vorgesehen ist.“

idR maximal 4 Jahre Freiheitsstrafe (in Nds.)

IM ZUGE DER PROGRESSION

d.h. im Verlauf der Haftzeit bei Vollzugsplanerstellung bzw. -fortschreibung

Bsp. Niedersachsen, § 12 Abs. 2 NJVollzG„Die oder der Gefangene soll in eine Anstalt

oder Abteilung des offenen Vollzuges verlegt

werden, wenn…“



• Kriterien für Unterbringung im offenen Vollzug (§ 12 Abs. 2 NJVollzG; AV Lockerungen 4511 I –

305.50)

1. Allgemeine Eignung:

• Befähigung zu regelkonformem Verhalten unter geringerer Aufsicht

• Aufgeschlossenheit gegenüber den zur Erreichung der Vollzugsziele angezeigten Maßnahmen

• Bereitschaft zur Mitarbeit

• Fähigkeit und dem Willen zur Einordnung in eine soziale Gemeinschaft

2. Prüfung der Flucht-/Missbrauchsgefahr:

• Gesamtabwägung der Persönlichkeit, Tat und des vollzuglichen Verhaltens

• Prüfung anhängiger Ermittlungs- oder Strafverfahren

• idR ungeeignet, wenn: Anordnung von Untersuchungs-, Auslieferungs-, Abschiebehaft, Anordnung einer Maßregel zur Besserung und Sicherung, Urteil gem. §§ 74a oder 120 GVG, Ausweisungsverfügung, Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren anhängig , (versuchte) Entweichung während des laufenden Freiheitsentzuges, nicht-freiwillige Rückkehr aus letzter Lockerung

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Wo kommt man wie in den offenen Vollzug?

Verhältnis offener/geschlossener Vollzug Bundesland

Vorrang geschlossener Vollzug(Bsp. § 12 NJVollzG: Die oder der Gefangene wird im

geschlossenen Vollzug untergebracht,…)

Baden-Württemberg, Bayern, Hessen,Niedersachsen, Saarland (jeweils eigene Landesgesetze)

Gleichrangig (Bsp. § 15 Abs. 1 SächsStVollzG: Die Gefangenen werden

im geschlossenen oder offenen Vollzug untergebracht)

Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Berlin, Schleswig-Holstein (jeweils eigene Landesgesetze)

Vorrang offener Vollzug(Bsp. § 10 Abs. 1 StVollzG: Ein Gefangener soll mit seiner

Zustimmung in einer Anstalt oder Abteilung des offenen

Vollzuges untergebracht werden, wenn er den besonderen

Anforderungen…)

-

Bedeutung des offenen Vollzuges in der Gesetzgebung der Länder


Daten und Fakten zum offenen Vollzug

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Wer sitzt im offenen Vollzug?

Im offenen Vollzug befinden sich bundesweit zum Stichtag 31.03.2016…

• Frauen häufiger als Männer

• Erwachsene häufiger als Jugendliche

• Kurzstrafige (bis 1 Jahr Freiheitsstrafe) häufiger als Langstrafige

im niedersächsischen Justizvollzug zum Stichtag 31.03.2016…

• eher Gefangene mit deutscher Staatsangehörigkeit

• ohne Vorstrafen

• und weniger schwerwiegenden Delikten


Potenzieller und tatsächlicher Stellenwert des offenen Vollzuges in Deutschland

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Strafvollzugsstatistik (Stichtag: 31.03.2016)

Potenziell möglicher und tatsächlicher Anteil der im offenen Vollzug Untergebrachten an allen Gefangenen und Verwahrten (ohne U-Haft) nach Bundesländern (in %)

(Quelle: Statistisches Bundesamt, 2016)

15,6

29,026,8

17,4 17,1 16,8 16,8 16,0 14,411,0 9,8 8,8 8,0

6,2 6,1 5,4 3,9

21,3

39,0

32,9

30,6

24,6

20,519,5

23,221,3

19,4

10,8

13,415,3

10,39,3

9,99,2

0,0

5,0

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15,0

20,0

25,0

30,0

35,0

40,0

45,0

Bund BE NW BB SL HB HH NI BW MV RP HE SH BY SN TH ST

Aktuelle Quote OV Maximale Quote OV

Vorrang GV

Aktuelle Quote: Tatsächliche Belegung im OV / Zahl der Gefangenen (ohne U-Haft)Maximale Quote: Belegungsfähigkeit im OV / Zahl der Gefangenen (ohne U-Haft)


Strafvollzugsstatistik (Stichtag: 31.03.2016)

Anteil an Jugendlichen im offenen Vollzug nach Bundesländern (in %)(Quelle: Statistisches Bundesamt, 2016, S. 11)

8,9

18,0

15,3

8,6

7,7 7,5 7,57,1

6,4

5,34,5

4,1 4,03,3

2,8

1,8

0,00,0

2,0

4,0

6,0

8,0

10,0

12,0

14,0

16,0

18,0

20,0

Bund NI NW BB SL HH SN MP BE BY SH TH HE ST BW RP HB

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Bedeutung des offenen Vollzuges im Zeitverlauf

Entwicklung des Anteils an Personen im offenen Vollzug (in %)(Quelle: Dünkel & Pruin, 2015)

20,8

18,717,0 17,7

0

5

10

15

20

25

1996 2004 2010 2014


Bedeutung des offenen Vollzuges im Zeitverlauf in Niedersachsen

Antje Niewisch-Lennartz (Grüne)

Entwicklung des Anteils an Personen im offenen Vollzug (in %)(Quelle: Einzeldatensätze der Strafvollzugsstatistik)

1990 1994 1998 2003 2008 20131986

Einführung der gesicherten Abteilung im offenen Vollzug (bis zur Feststellung der Eignung)

Niedersächsische Landesregierung nach Wahlperiode

Walter Remmers (CDU) Heidrun Alm-Merk (SPD) Heidrun Alm-Merk (SPD) Wolf Weber (SPD) (1998- 2000)Christian Pfeiffer (SPD)(2000-2003)

Elisabeth Heister-Neumann (CDU) Bernd Busemann (CDU)

0,0%

5,0%

10,0%

15,0%

20,0%

25,0%

30,0%

35,0%

40,0%

1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

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Luft nach oben? Zur Auslastung des offenen Vollzuges

Auslastungsquoten für den offenen und geschlossenen Vollzug nach Bundesländern

(Quelle: Statistisches Bundesamt, 2016, S. 15)

Auslastungsquote=tatsächliche Belegung am Stichtag / Belegungsfähigkeit

Niedrigste OV-Quote

73

,2

90

,6

85

,9

81

,7

81

,6

74

,4

69

,5

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,8

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,7

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,4

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,1

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,8

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,6

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,7

52

,0

42

,8

90

,1 93

,7

82

,8 86

,7

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,7

89

,3

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,7

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,8

10

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95

,1

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,3 94

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,0 82

,2

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,0

77

,5

90

,2

0,0

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30,0

40,0

50,0

60,0

70,0

80,0

90,0

100,0

Bund RP HH HB NW BE SL NI BW SN HE BY BB MV TH SH ST

offener Vollzug geschlossenener Vollzug


Exkurs: Entwicklung der Lockerungen in der Sozialtherapie

(Quelle: Elz, 2015)

31,2

16,4

13,2

3,6

7,9

1,90,0

5,0

10,0

15,0

20,0

25,0

30,0

35,0

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

Ausgang Freigang SonderurlaubZulassung zu

52,3 % 21,9 %

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Risiko offener Vollzug?



Berliner Morgenpost, 18.06.2014

Häftling flieht aus dem offenen Vollzugder JVA DüppelWieder ist ein verurteilter Straftäter aus einemBerliner Gefängnis geflohen. Ein 38-Jähriger sprangüber einen Zaun der JVA Düppel in Berlin-Zehlendorf. Nach ihm wird gefahndet.

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Exkurs: Risiko vollzugsöffnende Maßnahmen?

Entwicklung der Lockerungs-Misserfolgsraten in Deutschland von 1976-2012 (Quelle: Dünkel & Pruin, 2015)



Opfer- und Tätererfahrungen im geschlossenen und offenen Vollzug, in %nur erwachsene Männer, Niedersachsen (N=2.270)

(Quelle: Baier, Bergmann & Mößle, 2012)

18,7

10,1

8,1

5,0

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

Opfer physischer Gewalt Täter physischer Gewalt

geschlossener Vollzug offener Vollzug

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„Wirkungen“ vollzugsöffnender Maßnahmen?



• Insgesamt wenig Forschung zur Wirkung von Lockerungen auf Vollzugsziel (methodisch anspruchsvoll, dies zu prüfen!)

• Befunde zeigen im Wesentlichen, dass…

• kein oder sehr schwacher Einfluss von Lockerungen (in Form von Ausgängen,

Urlaub) auf Wiederverurteilung oder Wiederinhaftierung (Suhling & Rehder, 2009, Cheliotis,

2008)

• möglicherweise eher indirekte Effekte auf Legalbewährung

Klienten der Sozialtherapie mit selbständigen Lockerungen haben nach der Haft eher eine Beschäftigung als die ohne/mit unselbständigen Lockerungen (Suhling & Guéridon 2016)

Inhaftierte Frauen mit Lockerungen (ja/nein) erfahren mehr soziale Unterstützung durch Familie, Freunde, Bekannte als die ohne (eigene Berechnungen, Basisdokumentation

Frauenvollzug Niedersachsen)

Die gesellschaftliche Integration nach der Haft wird für inhaftierte Frauen mit Lockerungen besser bewertet als für die ohne Lockerungen (eigene Berechnungen,

Basisdokumentation Frauenvollzug Niedersachsen)

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Rückfälligkeit nach Entlassung aus dem geschlossenen bzw. offenem VollzugSexualstraftäter, Niedersachsen

(Quelle: Suhling & Rehder, 2009)

66,7

15,2

36,434,7

0,0

16,3

0

10

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60

70

80

jeder Rückfall** RF mit Sexualdelikt** RF mit Sexual - oder

Aggressionsdelikt*

geschlossener Vollzug (N=66) offener Vollzug (N=49)



Rückfälligkeit in einem Drei-Jahreszeitraum nach Entlassung, in %nur Frauen, Niedersachsen

(Quelle: Prätor & Suhling, 2016)

48,7

38,0

46,7

22,6

0

10

20

30

40

50

60

Wiederverurteilung Wiederinhaftierung**


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• ABER: Im offenen Vollzug befinden sich eher die „unproblematischen“ Gefangenen.

77,2

45,538,0

28,522,0

6,7

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

Suchtproblematik*** Vollzugsstörerin*** Rückfallgefahr hoch***


Merkmale der Frauen im geschlossenen und offenen Vollzugnur Frauen, Niedersachsen



Soziale Unterstützung zum Zeitpunkt der Entlassung nach Art des Vollzugesnur Frauen, Niedersachsen

62,0

18,0

80,3

29,2

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

soziale Unterstützung durch Familie*** soziale Unterstützung durch

Freunde/Bekannte*

geschlossener Vollzug offener Vollzug

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Fehlt es an „geeigneten“ Gefangenen?!


Fehlt es an geeigneten Gefangenen?

• In anderen Bundesländern (bei vermutlich gleicher Deliktsstruktur/Klientel) finden sich auch in höherem Maße Personen, die für den offenen Vollzug geeignet sind

• Von allen bundesweit in einem Kalendermonat vorzeitig Entlassenen wurden 54 % aus dem geschlossenen Vollzug entlassen (Statistisches Bundesamt, 2016, S. 10)

⇾ d.h. diese Gefangenen weisen eine so gute Sozialprognose auf, dass wir sie aus dem geschlossenen Vollzug entlassen können, aber sie dennoch nicht im offenen Vollzug waren?!

• Von allen Gefangenen mit Ersatzfreiheitsstrafen (zum Stichtag 31.03.2016) waren 82 % im geschlossenen Vollzug untergebracht, obwohl diese eigentlich gar nicht so gefährlich sind, dass sie überhaupt in den Vollzug sollten!

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Wie könnte eine stärkere Auslastung des offenen Vollzuges erreicht werden?


Ausweitung des offenen Vollzuges – Ein Puzzle

Bildquelle: www.bigfishgames.com

Gesellschaftliche, mediale und auch politische Reaktionen auf

Unregelmäßigkeiten im OV

Veränderung gesetzlicher Regelungen

Fokus auf Begründung für Verweigerung des OV, nicht auf

Genehmigung

„Mut“ von Seiten der Justiz

…

Maßnahmen zur Vorbereitung auf den OV

Mehr Dokumentation / Forschung notwendig über Wirksamkeit des

offenen Vollzuges

Enge(re) Kooperation zwischen geschlossenem und offenem Vollzug

(Förderung der Progression)

Ausbau von Angeboten/Maßnahmen im

OV

• Kennzahlen flexibler gestalten �Missbräuche senken Bereitschaft für OV

• Personen mit günstiger Sozialprognose bzw. mit unbegleiteten Ausgängen grds. in OV

• z.B. Normierung der Progression: 6 Monate vor Entlassung in OV

• systematischer Einbezug des OV beim Aufnahmeverfahren

• Teilnahme des OV an Vollzugsplankonferenzen, spätestens ab Lockerungseignung

• „Vorbereitungsgruppe“ für OV

• Substituierte in OV, Behandlungsangebot erhöhen

• Mediale Verarbeitung des OV / positive Beispiele• Differenzierung nach Vollzugsformen

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Fazit

• Die Nutzung vollzugsöffnender Maßnahmen (insbesondere des offenen Vollzuges) birgt Chancen, aber ohne Zweifel auch Risiken

• Für eine Teilgruppe von Gefangenen (absehbare vorzeitige Entlassung, Ersatzfreiheitsstrafen), die potenziell z.B. für den OV in Frage kommen, überwiegen die Chancen aber die Risiken – hohe Umsetzung der Gestaltungsgrundsätze bei vergleichsweise niedrigem Risiko

• Abwägung des Risikos einer unerprobten Entlassung gegenüber Risiken einer (kontrollierten) Entlassung über den offenen Vollzug (Bereitschaft dazu hängt stark von Politik, Öffentlichkeit und Medien ab)

• Offener Vollzug als Erprobungsraum und nicht als Unterbringungsform für überwiegend brave, angepasste und unkomplizierte Gefangene!!! – auch innerhalb des offenen Vollzuges ist Progression möglich


Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Dr. Susann PrätorKriminologischer Dienst

im Bildungsinstitut des niedersächsischen Justizvollzuges Fuhsestr. 30 ∙ 29221 Celle

[email protected]

Prätor, Susann (2016). Anspruch und Wirklichkeit. Zur Auslastung des offenenVollzuges in Deutschland. Forum Kriminalprävention 4, S. 3-7.

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