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Volkswirtschaftslehre für die berufliche Weiterbildung ... · Vorwort Dieses Buch richtet sich in...

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Praxisorientierte Wirtschaftswissenschaft Verfasser: Dr. Eberhard Boller Studiendirektor in Siegen Dipl.-Hdl. Dietmar Schuster Gießen Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Nutzung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52 a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne eine solche Einwilligung eingescannt und in ein Netzwerk eingestellt werden. Dies gilt auch für Intranets von Schulen und sonstigen Bildungseinrichtungen. ***** 7. Auflage 2012 ´ 2001 by MERKUR VERLAG RINTELN Gesamtherstellung: MERKUR VERLAG RINTELN Hutkap GmbH & Co. KG, 31735 Rinteln E-Mail: [email protected] [email protected] Internet: www.merkur-verlag.de ISBN 978-3-8120-0501-2
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Page 1: Volkswirtschaftslehre für die berufliche Weiterbildung ... · Vorwort Dieses Buch richtet sich in erster Linie an alle diejenigen, die eineberufliche Weiterbil-dung absolvieren oder

Praxisorientierte Wirtschaftswissenschaft

Verfasser:

Dr. Eberhard BollerStudiendirektor in Siegen

Dipl.-Hdl. Dietmar SchusterGießen

Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Nutzung in anderen als dengesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.Hinweis zu § 52a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne eine solche Einwilligungeingescannt und in ein Netzwerk eingestellt werden. Dies gilt auch für Intranets von Schulenund sonstigen Bildungseinrichtungen.

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7. Auflage 2012´ 2001 by MERKUR VERLAG RINTELN

Gesamtherstellung:MERKUR VERLAG RINTELN Hutkap GmbH & Co. KG, 31735 Rinteln

E-Mail: [email protected]@merkur-verlag.de

Internet: www.merkur-verlag.de

ISBN 978-3-8120-0501-2

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Vorwort

Dieses Buch richtet sich in erster Linie an alle diejenigen, die eine berufliche Weiterbil-dung absolvieren oder als Lehrkraft bzw. Dozent dort unterrichten.

Zielgruppe sind demzufolge u.a.:� staatlich geprüfte Betriebswirte,� Betriebswirte IHK,� Bank- und Industriefachwirte ebenso wie� Personalfachkaufleute, Fachkaufmann/-frau für Marketing oder� technische Betriebswirte.

Des Weiteren richtet sich dieses Buch aber auch an verschiedene Studentengruppen, wieetwa:� Studenten der Berufsakademien,� Studenten der Fachhochschulen,� Studenten der Wirtschaftswissenschaften im Grundstudium,� Studenten mit Volkswirtschaftslehre im Nebenfach und an� wirtschaftswissenschaftlich interessierte Abiturienten.

Das vorliegende Lehrbuch hat es sich zur primären Aufgabe gemacht, die von den Ler-nenden bzw. Studierenden oft als sehr trocken, wenig zugänglich und viel zu theoretischempfundenen Inhalte der Volkswirtschaftslehre nicht nur auf dem derzeitigen Stand derWissenschaft darzustellen, sondern durch entsprechende Beispiele aus der Lebens- undArbeitswelt sowie vor allem durch Zeitungsmeldungen führender Wirtschaftszeitungenin Deutschland verständlich und praxisorientiert zu vermitteln.

Dies soll einen Beitrag dazu liefern, dass auch im Bereich der Volkswirtschaftslehre zumin-dest ein gewisses Interesse – vielleicht sogar Begeisterung – für dieses Fach und einwenig mehr Freude beim Lernen vermittelt werden kann. Schließlich gehört es in einernach Beendigung der Weiterbildung bzw. des Studiums angestrebten Führungspositionzum täglichen Geschäft, Wirtschaftsmeldungen gedanklich zu durchdringen und derenWirkungsgehalt für das Unternehmen richtig zu bewerten.

Das vorliegende Lehrbuch ist sowohl hinsichtlich der Fachinhalte als auch der didakti-schen Aufbereitung den Weiterbildungsmaßnahmen angeglichen bzw. enthält funda-mentale Inhalte entsprechender Studiengänge und entspricht dem aktuellsten Stand derWissenschaft und Rechtsprechung.

Es umfasst u.a. folgende Themen: Grundlagen des Handelns in volkswirtschaftlichenModellen, systematische Darstellung der wirtschaftspolitischen Konzeptionen, Grund-formen der Wirtschaftsordnung (Zentralverwaltungs- versus Marktwirtschaft), Grund-elemente der sozialen Marktwirtschaft, Darstellung und Diskussion der aktuellen Kriseder Sozialsysteme in der Bundesrepublik Deutschland, die Theorie von Angebots- undNachfrageverhalten mit eingehender Darstellung von Kosten- und Nutzentheorien, dieWettbewerbspolitik unter Berücksichtigung aktuellster Rechtsprechung, Maßnahmenund Instrumente der Umweltpolitik, Konjunktur- und Beschäftigungspolitik, Geldpolitikdes Eurosystems unter Berücksichtigung der aktuellen Änderungen beim geldpoliti-schen Instrumentarium, Fiskalpolitik mit nachfrage- und angebotsorientierten Strate-gien, Umverteilungspolitik unter Berücksichtigung aktueller Steuerreformen, Außen-wirtschaftspolitik einschließlich der Wechselkurssysteme und der Zahlungsbilanz sowiedie Harmonisierung der Wirtschafts- und Fiskalpolitik in der EU.

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Das Lehrbuch zeichnet sich insbesondere durch seine sehr umfangreichen Aufgabenteileam Ende eines jeden Kapitels aus. Hier werden sowohl konventionelle Aufgabenformen –häufig auf der Basis von aktuellen Zeitungsmeldungen –, aber auch programmierte Auf-gaben als Übung und als Prüfungstraining angeboten.

Gegenüber der 6. Auflage wurden u.a. folgende Änderungen vorgenommen:� Änderungen im Sozialversicherungsrecht,� Entwicklung der Einkommensverteilung,� Änderungen in der Arbeitslosenversicherung,� Berücksichtigung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),� Aktualisierungen des Zahlenmaterials,� Änderungen in der Geldpolitik der EZB,� Koordination der Wirtschafts- und Fiskalpolitik in den Euroländern,� zahlreiche neue Aufgaben und umfangreiche Ergänzungen.

Siegen und Gießen, Herbst 2012 Dr. Eberhard BollerDietmar Schuster

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A. Grundlagen der Volkswirtschaftslehre

1 Einordnung und Methoden der Volkswirtschaftslehre

1.1 Begriff und Einordnung der Volkswirtschaftslehre

Bei der Volkswirtschaftslehre handelt es sich um eine Disziplin, deren Erkenntnisobjektdie Wirtschaft ist, wobei sämtliche Überlegungen grundsätzlich auf dem „Phänomen derGüterknappheit“ basieren. Unter dem Begriff „Wirtschaften“ versteht man ganz allge-mein den Bereich menschlichen Handelns, der in planvollen Verfügungen über dieseknappen Mittel zur Erfüllung der menschlichen Bedürfnisse besteht. Im Kern beschäftigtsich die Volkswirtschaftslehre damit, Phänomene und Probleme des gesellschaftlichenWirtschaftsprozesses mithilfe wissenschaftlicher Methoden zu klären.

Abbildung: Einordnung der Volkswirtschaftslehre in die wissenschaftlichen Disziplinen

Auffällig ist, dass sich insbesondere im deutschen Sprachbereich eine Systematik derWirtschaftswissenschaft herauskristallisiert hat, die eine strikte Trennung zwischen Volks-wirtschaftslehre auf der einen und Betriebswirtschaftslehre auf der anderen Seite vor-nimmt. Die Abgrenzung dieser beiden Disziplinen erfolgt im Wesentlichen über dieBetrachtungsperspektive der wirtschaftlichen Probleme und Phänomene. Während beider Betriebswirtschaftslehre der Schwerpunkt der Betrachtung auf der Sichtweise eineseinzelnen Betriebes (mikroökonomische Betrachtung) liegt, der bestimmte Interessenverfolgt, untersucht die Volkswirtschaftslehre überwiegend gesamtwirtschaftlicheZusammenhänge (makroökonomische Betrachtung). Bildlich gesprochen lässt sich derUnterschied beider Disziplinen wie folgt umschreiben: Betrachtet der Betriebswirt diewirtschaftlichen Geschehnisse, indem er von Einzelwirtschaften und ihren internen Abläu-fen ausgeht, quasi aus der Froschperspektive, so „schwebt“ der Volkswirt gewisser-maßen einem Adler gleich über dem gesamtwirtschaftlichen Geschehen und beobachtetden Wirtschaftsprozess aus der Vogelperspektive.

Wissenschaften

Realwissenschaften Ideal-/Formalwissenschaften

Naturwissenschaften Gesellschaftswissenschaften

Wirtschaftswissenschaften Rechtswissenschaften z.B. Sozial-/Politik-wissenschaften

Volkswirtschaftslehre Betriebswirtschaftslehre Finanzwissenschaften

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Mit dem Begriff der Volkswirtschaft wird also insbesondere hervorgehoben, dass diePerspektive nicht auf Einzelwirtschaften beschränkt bleiben soll, sondern das Haupt-augenmerk vielmehr auf das Zusammenspiel der Einzelwirtschaften innerhalb einerGesamtwirtschaft gelegt wird. Volkswirtschaftslehre im engeren Sinne beschränkt sichdabei auf die Betrachtung des Zusammenspiels von Einzelwirtschaften innerhalb natio-naler Grenzen; Volkswirtschaftslehre im weiteren Sinne hingegen beschäftigt sich mitgesamtwirtschaftlichen Zusammenhängen unabhängig von nationalen Grenzen im Sinneeiner Weltwirtschaft.

Wesentlich bedeutsamer als die historisch – vor allem durch das deutsche Universitäts-system – bedingte Unterscheidung von Betriebs- und Volkswirtschaftslehre ist die Unter-teilung nach den Grundproblemen der Wirtschaftswissenschaft in Wirtschaftsgeschichte,Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik. Während sich die Wirtschaftsgeschichte imKern mit der Frage „Was war?“ beschäftigt, versucht die Wirtschaftstheorie eine Antwortdarauf zu finden „Was ist und weshalb ist es so?“. Die (Theorie der) Wirtschaftspolitik hin-gegen versucht darüber hinaus das Problem zu lösen „Was ist realisierbar und wie lassensich bestimmte Ziele erreichen?“.

Bei der Festlegung wirtschaftspolitischer Ziele (z.B. Förderung bestimmter Branchendurch Zahlung von Investitionszulagen) ist eine rein wissenschaftliche Vorgehensweise,die den Kriterien der Wertfreiheit und Allgemeingültigkeit genügt, allerdings nicht mög-lich. Vielmehr handelt es sich um sogenannte Werturteile (normative Aussagen), über dieman verschiedener Meinung sein kann und deren Formulierung bzw. Festlegung somitletztlich durch politisch legitimierte Organe (z.B. Parlament) im Sinne eines gesamtgesell-schaftlichen Konsenses erfolgen sollte. Im Gegensatz zu wertfreien Aussagen (auch„positive“ Aussagen genannt), die den Charakter einer „Allgemeinverbindlichkeit“ aufwei-sen (z.B.: Die Einkommen in der Bundesrepublik Deutschland sind ungleich verteilt.), kön-nen die unterschiedlichen Auffassungen bei Werturteilen (z.B.: Es gibt zu viele Reiche inder Bundesrepublik Deutschland.) nicht durch den Rückgriff auf die Regeln der Logik(z.B.: Aus der Allaussage: „Alle Menschen sind sterblich.“ und der Einzelaussage: „Cäsarwar ein Mensch.“ kann den Regeln der Logik folgend die Aussage abgeleitet werden:„Cäsar war sterblich.“) oder durch erfahrungswissenschaftliche Aussagen auf eine allge-meingültige Auffassung reduziert werden. Da Werturteile keine wissenschaftlichen Aus-sagen darstellen und es eine reine wertfreie Wissenschaft nicht gibt, sollte es die Wirt-schaftswissenschaft allerdings als dringliche Aufgabe ansehen, diese kenntlich zumachen (z.B. durch bekenntnishafte oder hypothetische Formulierung), um Werturteilesomit von den wertfreien Aussagen zu trennen. Letztlich geht es in der Volkswirtschafts-politik um wissenschaftliche Aussagen auf der Basis normativer Werturteile.

Beispiel:

Die Bundesregierung gibt eine wirtschaftswis-senschaftliche Studie in Auftrag, die sich mitden Wirkungen möglicher Instrumente zurEinkommensumverteilung auseinandersetzensoll. Eine wissenschaftliche Formulierung aufder Basis eines normativen Werturteils wärebeispielsweise folgende Aussage: „Wenn man

egalitäre Einkommensverhältnisse erreichenmöchte, dann müssen folgende Maßnahmenergriffen werden: . . .“ Nicht wissenschaftlichhingegen wäre folgende Formulierung: „Egali-täre Einkommensverteilung ist wünschens-wert, also müssen folgende Maßnahmenergriffen werden: . . .“

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1.2 Methoden der Volkswirtschaftslehre

Bevor die wichtigsten Methoden der Volkswirtschaftslehre kurz umrissen werden, istnoch einmal deutlich hervorzuheben, dass die Methodik bzw. Vorgehensweise dieser Dis-ziplin – wie der Wissenschaft überhaupt – nach herrschender Auffassung vor allem daraufgerichtet sein sollte, geeignete Aussagen abzuleiten, die unsere Kenntnisse verbessern.Des Weiteren sollten diese wissenschaftlichen Aussagen – und diese Besonderheit teiltdie Volkswirtschaftslehre mit anderen wissenschaftlichen Disziplinen – eine zuverlässigeBasis für Vorhersagen bilden.

Zur Erfüllung dieser Ansprüche kann bei der Erkenntnisgewinnung weniger auf die inanderen wissenschaftlichen Disziplinen üblichen kontrollierten Laborversuche oder Expe-rimente zurückgegriffen werden, sodass der Wirtschaftswissenschaftler zu untersu-chende Zusammenhänge und mögliche kausale Gesetzmäßigkeiten in erster Liniegedanklich erfassen und durchdringen muss. Vor diesem Hintergrund kommt der Beob-achtung der Wirklichkeit eine besondere Bedeutung zu. Dies geschieht vor allem durchAufzeichnungen des Wirtschaftsgeschehens in Form von Statistiken (z.B. durch das Sta-tistische Bundesamt in Wiesbaden, die Bundesagentur für Arbeit, die Deutsche Bundes-bank, die Europäische Zentralbank), die eine wesentliche Grundlage zur Überprüfungwirtschaftswissenschaftlicher Theorien (Hypothesen) darstellen.

Mit Blick auf die Komplexität des Wirtschaftsgeschehens ist es nahezu unmöglich, alleFacetten der Realität bei der Gewinnung von Erkenntnissen mit zu berücksichtigen. Somitvollzieht sich ökonomisches Denken nicht nur im vorliegenden Lehrbuch, sondern typi-scherweise in Form von Modellen, die lediglich einen Teil der komplexen Realität abbil-den. Modelle sind demzufolge eine gedankliche Hilfskonstruktion zur vereinfachtenAbbildung der Realität. Einfache Modelle abstrahieren die Wirklichkeit und werdenanschließend dem Prinzip der abnehmenden Abstraktion folgend durch schrittweise Ein-führung zusätzlicher, realitätsnaher Annahmen nach und nach verbessert.

Beispiel:

Untersucht man in der Volkswirtschaftslehreden Verlauf der nachgefragten Menge, sobeschränkt sich diese Betrachtung beispiels-

weise auf die Änderung der Nachfragemengebei Variation des Preises des nachgefragtenGutes.

Preis

Menge

Nachfragekurve

Dabei bleiben andere Faktoren, z.B. die Ein-kommensentwicklung, die Veränderung derQualität des nachgefragten Produktes, die

Bedeutung dieses Produktes innerhalb derBedürfnishierarchie des Nachfragers oder gardie Preisentwicklung anderer Güter, zunächst

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Ein wertvolles Hilfsmittel bei der Konstruktion von Modellen ist die sogenannte Ceteris-paribus-Klausel („unter sonst gleichen Bedingungen“), die es im Kern ermöglicht, denEinfluss einer Größe als Ursache (in vorgenanntem Beispiel die Preisänderung) auf eineandere Größe im Sinne einer Wirkung (in obigem Beispiel die nachgefragte Menge) iso-liert unter Konstanz der übrigen Bedingungen zu untersuchen. So ermöglicht diese Klau-sel beispielsweise eine Aussage darüber zu treffen, wie sich die nachgefragte Menge nachGut X ändert, wenn der Preis für dieses Gut fällt und alle anderen Bedingungen (z.B. Qua-lität dieses Gutes, Einkommen der Haushalte, Preise anderer Güter) unverändert bleiben.

Für die Modellbildung unerlässlich ist die Aufstellung von Prämissen, die zumeist in Formvon Definitionen, Verhaltensannahmen oder Bedingungen in das Modell mit einfließen.Prämissen können ganz allgemein als Annahmen umschrieben werden, welche dieVariablen des Modells möglichst fehlerlos und widerspruchsfrei umschreiben. FolgendeTypen von Prämissen lassen sich unterscheiden:� Axiom: Hierbei handelt es sich um eine in der Theoriebildung nicht beweisbare oder

nicht bewiesene Grundannahme, die jedoch allgemein als plausibel angesehen wird(z.B. das weiter unten beschriebene ökonomische Prinzip).

� Datum: Gemeint ist hiermit eine Modellgröße, die für die durchzuführende Unter-suchung als Vorgabe definiert wird und durch ökonomische Einflüsse nicht verändertwerden kann.

� Hypothese: Sie gilt als notwendiges Element bei der Bildung von Theorien durchModelle. Hierbei handelt es sich um eine verbal, grafisch oder als Gleichung oderUngleichung formulierte Aussage über den Zusammenhang von Ursache und Wir-kung. Sie wird in der Form einer generellen Aussage aufgestellt mit dem Anspruchwahr zu sein. Da nur solche Hypothesen zum Bestand der Wissenschaft gehören, dieim empirischen Test noch nicht falsifiziert sind, müssen sie nach dem Verständnis des„Kritischen Rationalismus“1 so formuliert werden, dass sie durch Beobachtung wider-legt werden können (Kriterium der Falsifizierbarkeit, auch „Popper-Kriterium“genannt). Eine Hypothese gilt demzufolge so lange als richtig, bis sie nicht falsifiziertist. Eine Verifizierung (Beweis durch Richtigkeit auf der Basis einer „begrenzten“ Zahlvon Beobachtungen) ist nicht möglich, da grundsätzlich nicht ausgeschlossen werdenkann, dass zukünftige Beobachtungen im Widerspruch zu dieser Aussage stehen.

� Fiktion: Hierbei handelt es sich um Annahmen, die zur Vereinfachung eines Modellsherangezogen werden und von denen man im Vorfeld weiß, dass sie in dieser Formnicht der Wahrheit entsprechen (z.B. die Annahme, dass sich alle Wirtschaftssubjektenach dem Rationalprinzip verhalten).

1 Hierbei handelt es sich um eine Grundrichtung des philosophisch-erkenntnistheoretischen Denkens, die auf der Einsichtprinzipieller Fehlbarkeit menschlicher Erkenntnis und des Verhaltens bei Problemlösungen beruht und somit eine kritischePrüfung gewonnener Lösungen fordert. Dieser als Konvention in der Wissenschaft mittlerweile durchweg anerkanntenGrundrichtung folgend, sollten Werturteile bei der wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung auf ein notwendiges Mindest-maß begrenzt werden.

außen vor. Erst nach und nach werden in dasvereinfachte Ausgangsmodell auch diese Fak-toren mit einbezogen, um komplexere Zusam-menhänge zu veranschaulichen und gedank-lich zu durchdringen.

Als weiteres typisches Beispiel für die Vorge-hensweise nach dem Prinzip der abnehmen-den Abstraktion kann der Übergang vomModell des einfachen Wirtschaftskreislaufszum erweiterten Wirtschaftskreislauf angeführtwerden (vgl. Kapitel 2.7).

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Je nachdem, ob sich eine Untersuchung nur auf einen Ausschnitt der Volkswirtschaft oderauf das vollständige System bezieht, spricht man entweder von einer Partialanalyse oderTotalanalyse. Beschränkt sich die Analyse auf bereits realisierte ökonomische Abläufeoder Zustände (z.B. die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung), handelt es sich um eineEx-post-Untersuchung. Sollen hingegen Aussagen über zukünftige Verhaltensweisen derWirtschaftssubjekte formuliert werden, liegt eine Ex-ante-Analyse vor. Diese wird vorallem in der Makroökonomik angewandt.

Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass es auch im Bereich der Volkswirtschafts-lehre aus Gründen der Zweckmäßigkeit unerlässlich ist, einzelne Begriffe zu definieren.Die Schaffung einer einheitlichen Sprachregelung führt jedoch nur zur Erzeugung vonAssoziationen beim Leser; Erkenntnisse hingegen lassen sich hiermit jedoch keine gewin-nen.

1. Die Volkswirtschaftslehre ist eine Disziplin, deren Erkenntnisobjekt die Wirtschaft ist,wobei sämtliche Überlegungen grundsätzlich auf dem „Phänomen der Güterknappheit“basieren.

2. Der Kern der Volkswirtschaftslehre besteht darin, Phänomene und Probleme des gesell-schaftlichen Wirtschaftsprozesses mithilfe wissenschaftlicher Methoden zu klären.

3. Während bei der Betriebswirtschaftslehre der Schwerpunkt der Betrachtung auf der Sicht-weise eines einzelnen Betriebes (mikroökonomische Betrachtung) liegt, der bestimmteInteressen verfolgt, untersucht die Volkswirtschaftslehre überwiegend gesamtwirtschaft-liche Zusammenhänge (makroökonomische Betrachtung).

4. Nach den Grundproblemen der Wirtschaftswissenschaft lässt sich die Volkswirtschafts-lehre in Wirtschaftsgeschichte (Was war?), Wirtschaftstheorie („Was ist und weshalb ist esso?“) und Wirtschaftspolitik („Was ist realisierbar und wie lassen sich bestimmte Zieleerreichen?“) unterteilen.

5. Bei der Erkenntnisgewinnung im Rahmen der Volkswirtschaftslehre kann weniger auf die inanderen wissenschaftlichen Disziplinen üblichen kontrollierten Laborversuche oder Expe-rimente zurückgegriffen werden, sodass der Wirtschaftswissenschaftler zu untersuchendeZusammenhänge und mögliche kausale Gesetzmäßigkeiten in erster Linie gedanklicherfassen und durchdringen muss. Vor diesem Hintergrund kommt vor allem der Beobach-tung der Wirklichkeit eine besondere Bedeutung zu.

6. Ökonomisches Denken vollzieht sich typischerweise in Form von Modellen, die lediglicheinen Teil der komplexen Realität abbilden.

7. Modelle sind eine gedankliche Hilfskonstruktion zur vereinfachten Abbildung der Realität.

8. Einfache Modelle abstrahieren die Wirklichkeit und werden anschließend dem Prinzip derabnehmenden Abstraktion folgend durch schrittweise Einführung zusätzlicher, realitäts-naher Annahmen nach und nach verbessert.

9. Ein wertvolles Hilfsmittel bei der Konstruktion von Modellen ist die sogenannte Ceteris-paribus-Klausel.

10. Für die Modellbildung unerlässlich ist die Aufstellung von Prämissen (= Annahmen), wel-che die Variablen des Modells möglichst fehlerlos und widerspruchsfrei umschreiben.Hierzu zählen: Axiom, Datum, Hypothese und Fiktion.

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2 Grundlagen des Handelns in Wirtschaftsmodellen

2.1 Bedürfnisse

Das Gefühl eines Mangels und der Wunsch, diesen Mangel zu beseitigen, wird als Bedürf-nis bezeichnet. Diese Begriffserläuterung lässt sich anhand eines einfachen Beispiels ausdem täglichen Leben verdeutlichen.

Im Zusammenhang mit den Bedürfnissen unterstellt die Wirtschaftswissenschaft, dass dieBedürfnisse der Menschen unersättlich sind, sie also fortwährend bestrebt sind, einenimmer höheren Versorgungsgrad zu erreichen. Auch diese Annahme lässt sich mithilfeeiner uns wahrscheinlich allen vertrauten Alltagserfahrung unterlegen.

Das Bestreben nach Bedürfnisbefriedigung lässt sich nach Maslow (1970) in verschiedeneMotivklassen unterteilen, wobei sich die von ihm aufgestellte Hierarchie der Bedürfnissean der unterschiedlichen Dringlichkeit der Bedürfnisbefriedigung orientiert. Maslow gehtdavon aus, dass die Befriedigung eines höherrangigen Bedürfnisses erst dann von einemWirtschaftssubjekt angestrebt wird, wenn die Bedürfnisse der vorgelagerten Dringlich-keitsstufe befriedigt sind.

Beispiel:

Der 23-jährige Nils hat nach einer ausgiebigenFahrt mit seinem Mountainbike Durst; insge-heim verspürt er einen Mangel an Flüssigkeit.Dieses „Mangelempfinden“ möchte er nun-

mehr schnellstmöglich durch ein erfrischen-des Getränk beseitigen. Allgemein formulierthat er also das Bedürfnis, etwas zu trinken.

Beispiel:

Die 22-jährige Jessica wünscht sich dringendein neues Handy. Erfüllt sie sich diesenWunsch, so bedeutet dies mit Sicherheit nichtdas Ende ihrer Bedürfnisse. Denn kaum ist mitdem Handy ihr zu diesem Zeitpunkt sehnlichs-ter Wunsch befriedigt, sehnt sie sich beispiels-weise nach einem Laptop oder einem Urlaub.Sollte sie sich auch diese Bedürfnisse erfüllen,

so dürften als Nächstes die dazu passendenMöbel und möglicherweise auch eine eigeneWohnung auf ihrer Wunschliste auftauchen.Und auch wenn ihr dies früher oder späterermöglicht werden sollte, findet sich für Jes-sica mit Sicherheit im Anschluss daran wie-derum ein neuer Mangel, den es schnellstmög-lich zu beseitigen gilt.

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Abbildung: Maslow'sche Pyramide der Motive menschlichen Verhaltensbei der Bedürfnisbefriedigung

Ökonomisch von Bedeutung sind nur jene Bedürfnisse, die von knappen Gütern befrie-digt werden, also von solchen Gütern, die lediglich in begrenztem Umfang zur Verfügungstehen.

Die Bedürfnisse können nach unterschiedlichen Kriterien eingeteilt werden.

Kriterium Erläuterungen

Dringlichkeit � Existenzbedürfnisse: Hierunter versteht man die Bedürfnisse, die zurLebenserhaltung unbedingt notwendig sind wie beispielsweise Essen,Trinken, Kleidung oder Unterkunft.

� Kultur- und Luxusbedürfnisse: Sind die Existenzbedürfnisse befrie-digt, treten bei den Menschen im Allgemeinen höherwertige Bedürf-nisse auf, die auf einen gehobenen bzw. luxuriösen Lebensstandardabzielen. Zu diesen Bedürfnissen zählen beispielsweise Handy, Ge-nussmittel, Motorroller, Auto, Reisen, Kino- oder Konzertbesuche. Kul-tur- und Luxusbedürfnisse ändern sich im Zeitablauf. Eine von vielenUrsachen für diesen Wandel ist der technische Fortschritt. So hat bei-spielsweise der DVD-Rekorder mittlerweile den Videorekorder ver-drängt oder das Flachbild-TV-Gerät das Röhrenbildschirm-Gerät.

Selbstver-wirklichung

Wertschätzungz.B. Anerkennung, Status

soziale Bedürfnissez.B. Freundschaft, Gruppenzugehörigkeit

Sicherheitsbedürfnissez.B. Schutz vor physischen Gefahren, Altersversorgung

physiologische Bedürfnissez.B. Nahrung, Kleidung, Schlaf (Wohnung)

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2.2 Bedarf

Da die Bedürfnisse der Menschen unbegrenzt sind, können sie mit Blick auf die nurbegrenzt vorhandenen (finanziellen) Mittel nicht alle befriedigt werden. Der Teil derBedürfnisse, der sich von dem verfügbaren Taschengeld oder Einkommen bzw. denErsparnissen realisieren lässt, wird als Bedarf bezeichnet.

Welcher Teil der mannigfaltigen Bedürfnisse des Einzelnen zum Bedarf wird, setzt voraus,dass sich der Mensch entscheiden muss, welche der Bedürfnisse er sich erfüllen möchte.Diese Entscheidung, welche seiner vielen Bedürfnisse er zuerst befriedigt, welche späterund auf welche er wegen fehlender (finanzieller) Mittel vielleicht ganz verzichtet, ist nichteinfach.

Bedürfnisträger � Individualbedürfnisse: Das sind die Bedürfnisse, die auf den Wün-schen und Vorstellungen eines einzelnen Menschen beruhen und vonihm selbst befriedigt werden können. Allerdings können diese Bedürf-nisse aufgrund der Individualität des Menschen sehr unterschiedlichausfallen wie beispielsweise in Bezug auf Essen, Trinken und Erholung.

� Kollektivbedürfnisse: Das sind die Bedürfnisse, die auf den Wünschenund Vorstellungen einer Gemeinschaft beruhen und nur von der Ge-meinschaft befriedigt werden können. Hierzu zählt beispielsweise dasBedürfnis nach Sicherheit oder Frieden.

Gegenstand � Materielle Bedürfnisse: Diese Bedürfnisse zielen auf eine Befriedigungdes Mangelempfindens durch materielle Güter (z.B. Laptop, Auto,Haus, Fernseher) ab.

� Immaterielle Bedürfnisse: Das Mangelempfinden richtet sich auf im-materielle Wünsche wie beispielsweise Zuneigung, Anerkennung oderMacht.

Bewusstheit � Offene Bedürfnisse: Hierbei handelt es sich um Bedürfnisse, die demEinzelnen bewusst sind.

� Latente Bedürfnisse: Diese Bedürfnisse sind beim Einzelnen lediglichunterschwellig vorhanden und müssen erst noch durch die Umwelt(z.B. Werbung, Modeverhalten von Mitmenschen) geweckt werden.

So hat sicherlich jeder schon einmal die Erfahrung für sich gemacht,dass er bei einem Bummel durch die Stadt – angelockt von einerSchaufensterauslage oder einem herrlichen Essensduft – etwas gekaufthat, was er bis zu diesem Zeitpunkt nicht auf seiner „Einkaufsliste“ ste-hen hatte. Erst durch den äußeren Reiz – also etwa durch eine Schau-fensterauslage oder einen bestimmten Duft – wurden die im Unterbe-wusstsein vorhandenen Bedürfnisse „geweckt“.

Kriterium Erläuterungen (Forts.)

Beispiel:

Der 21-jährige Philipp, der sein monatlichesGehalt schon aufgebraucht hat, würde sichgerne eine Picasso-Ausstellung in Berlin anse-hen. Leider bleibt dieser Wunsch zunächst ein

Bedürfnis. Erst wenn er zu Beginn des neuenMonats sein Gehalt erhält, könnte er sich dieAusstellung anschauen. Das Bedürfnis wirdnunmehr zum konkreten Bedarf.

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Im Allgemeinen versucht er deshalb, die vorhandenen Bedürfnisse nach Dringlichkeitgeordnet in eine Reihenfolge zu bringen, um diese Wahlentscheidung treffen zu können.Ziel ist es, mit den vorhandenen (finanziellen) Mitteln einen möglichst großen Nutzen,also einen möglichst hohen Grad an Bedürfnisbefriedigung, zu erzielen. Der Einzelne ver-sucht somit für sein Geld möglichst viele Güter zu bekommen und dadurch entsprechendviele seiner vorhandenen Bedürfnisse zu befriedigen.

2.3 Nachfrage

Die Nachfrage ist der Teil des Bedarfs, der tatsächlich am Markt an Gütern und Dienstleis-tungen nachgefragt wird. Der Bedarf muss nicht in vollem Umfang mit der am Markt tat-sächlich nachgefragten Gütermenge übereinstimmen, da unterschiedliche Gründe dazuführen können, dass Güter, die in den Bedarfskreis des Einzelnen fallen, letztlich nichtnachgefragt werden.

Welchen Aufwand die Unternehmen in der heutigen Zeit betreiben, um die Bedürfnissedes Einzelnen zu beeinflussen und somit seine Nachfrage bzw. konkrete Kaufentschei-dung zu lenken, verdeutlicht nachfolgender Artikel.

Beispiel:

Der Angestellte Carsten Clever ver-spürt in der Mittagspause großenHunger auf eine Pizzaschnecke, einEis und Schokolade.

An der Preistafel der Kantine infor-miert er sich über das aktuelle Ange-bot.

Bei Durchsicht seiner Geldbörse stellter allerdings fest, dass er nur über1,80 EUR Bargeld verfügt, sodass ernicht alle seine Bedürfnisse mit denihm zur Verfügung stehenden finanziellen Mit-teln befriedigen kann. Zwar könnte er sichtheoretisch zwei Schokoriegel und eine Eisku-gel kaufen, aufgrund der nach seinem Empfin-den zu hohen Preisforderung für eine Eiskugel

entscheidet er sich jedoch für drei Schokorie-gel, sodass ihm 0,30 EUR verbleiben. DerBedarf, also die mit Kaufkraft ausgestattetenBedürfnisse, wurde nicht in vollem Umfang alsNachfrage am Markt (Kantine) wirksam.

Preisliste

Kakao 0,60 EURKaffee 0,75 EURLimonade 0,90 EUROrangensaft 1,10 EURbelegte Brötchen 0,75 EURNussecke 1,25 EUR

Pizzaschnecke 2,50 EURKleiner Salat 2,75 EURMüsliriegel 0,60 EURSchokoriegel 0,50 EUREiskugel 0,80 EUR

Warenästhetik am Beispiel von Duschgel

[. . .] Wer einen Drogeriemarkt betritt, um ein Dusch-gel zu kaufen, steht vor Regalen, auf denen die An-gebote Dutzender von Markenartikeln mit meistmehreren Produktlinien und zahlreichen Variantenversammelt sind. Unterschieden wird zwischen Pro-dukten für Männer, Frauen, Kinder und Senioren; esgibt edel aufgemachte und simpel verpackte Dusch-gels, einige für den Abend oder das Wochenende,andere für morgens und wochentags; wählen kannman ferner zwischen sportlichen, esoterischen, ge-sundheitsbewussten, stimulierenden und beruhigen-den Artikeln.

[. . .] Fühlen sich deren Besitzer nach einem anstren-genden Arbeitstag frustriert und gestresst, so greifensie vielleicht zu einem Mittel, dessen Name einen„Beruhigenden Abend“ verheißt; sind sie an einemanderen Tag noch abenteuerlustig und wollen sichstatt auf dem Sofa lieber in der Disco vom Arbeits-trott erholen, dann stimmen sie sich darauf miteinem Duschgel ein, das vielleicht den Namen„Energy Risk“ trägt. . . .

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Quelle: Informationen zur politischen Bildung Nr. 308.

Doch der Name allein führt noch nicht zur Öffnungeines Fiktionsraumes. Vielmehr bedarf es einer raffi-nierten Inszenierung. Ähnlich wie ein Romantextsoll das Produktdesign einen inneren Film in Gangsetzen: Es gilt, dem Konsumenten ein ihm sympathi-sches Rollenangebot zu machen oder ihn zumindestein wenig aus seinem Alltagserleben herauszuholen.Wie das durch eine Kombination verschiedener Sin-nesreize gelingen kann, sei am Beispiel des Dusch-gels „Beruhigender Abend“ [. . .] erläutert:

Im Unterschied zu vielen anderen Duschgels ist derName hier auf Deutsch aufgedruckt [. . .]. Allein, dasssie in der Muttersprache angesprochen werden,wirkt für viele Menschen schon beruhigend, enthältdoch das sonst dominierende Englisch einen Bei-klang von Business oder Outdoor-Abenteuer. Einklassisch ruhiger Schriftzug – ohne dynamisierendeKursivierung – verheißt dagegen Stabilität.

Noch wichtiger ist aber, dass sich weiße Schrift voneinem dunkelblauen Hintergrund abhebt: Mit kei-ner anderen Farbe wird so stark Entspannung, Erho-lung und Vertrauen assoziiert; man kann an die„blaue Stunde“ nach Arbeitsschluss, aber auch anSchlaf- und Beruhigungsmittel denken, deren Ver-packungen häufig blau sind.Die Form des Produktkörpers verstärkt das Empfin-den von Beruhigung und Einkehr zusätzlich. SeineSymmetrie, keineswegs selbstverständlich beiDuschgels, wirkt stabil und harmonisch, die Wöl-bung der eher flachen Flasche macht einengeschmeidigen Eindruck.

Doch geht es nicht nur um visuelle Reize. Wer sichfür ein Duschgel interessiert, will vor einer Kaufent-scheidung vielleicht auch wissen, wie dieses duftet.Wird aus diesem Grund die Verschlusskappe geöff-net, ist jedoch – noch bevor ein olfaktorischer Reiz

wahrnehmbar ist – das Ohr angesprochen. Zwarachten viele nicht bewusst auf das Sound-Design, eswirkt aber unterschwellig. In diesem Fall assoziiertman mit dem Ton, den das Öffnen des Verschlussesauslöst, ein erleichtertes Seufzen. Damit wird sugge-riert, dass in dem Moment, in dem man das Dusch-gel benutzt, die Entspannung einsetzt: Es ist, als dür-fe man befreit ausatmen.

Das Gel selbst riecht dezent, ist nicht stark parfü-miert, und wer mag, kann den auf der Packung an-gekündigten „Sandelholzduft“ erahnen, der ein Flairvon Wärme verheißt. Neben dem Geruch ist schließ-lich die Substanz des Gels bedeutsam. Es fließt mil-chig weiß und cremig wie Sahne aus der Flasche.Das wird als Verwöhnung empfunden. Das Weißverheißt nicht nur Reinheit, sondern erinnert gar anMuttermilch. „Beruhigender Abend“ suggeriert also,man dürfe zu den eigenen Ursprüngen zurückkeh-ren, in eine warme Welt ohne Entfremdung, in einbehütetes Zuhause.

[. . .] Das Duschgel wird somit als eine Art Psycho-therapie verstanden: Es soll dabei helfen, den All-tagsfrust hinter sich zu lassen und sich zu regenerie-ren. [. . .] Es erzeugt eine Stimmung, es überhöht denAlltag, es stiftet Bedeutungen und damit auch Sinn.[. . .] Kann man Konsumgüter also einerseits zur Aus-prägung oder Umgestaltung der eigenen Identitätnutzen – dies ist die Idee „warenästhetischer Erzie-hung“! –, so konsumiert man andererseits häufig nurmit Rücksicht auf einzelne Stimmungen, die manintensiver erleben oder denen man entgehen will.[. . .] Mittlerweile ist die Choreographie der Emotio-nen zum alltäglichen Programm geworden, dasselbst schon beim Kauf einer Zahnbürste, einesJoghurts oder eben eines Duschgels stattfindet.Mehr als je zuvor modellieren nahezu alleGebrauchsgüter die jeweilige Lebenswelt. [. . .]

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2.4 Güter

Die Mittel zur Bedürfnisbefriedigung werden als Güter bezeichnet. Da sie der Bedürfnis-befriedigung des Menschen dienen, stiften sie einen Nutzen. Güter, die keinen Nutzenstiften (z.B. zur Endlagerung vorgesehene Atombrennstäbe), werden als Ungut bzw.„Schlecht“ bezeichnet. Güter lassen sich nach verschiedenen Gesichtspunkten einteilen.

Abbildung: Güterarten nach deren Verfügbarkeit

Digitale Güter lassen sich als Binärdaten mittels IT-Systemen entwickeln, vertreiben undanwenden. Sie umfassen ein breites Spektrum von einfach strukturierten Gütern (z.B.aktuelle Informationen zu Börsenkursen, Sportnachrichten) über komplexe Dienstleistun-gen (z.B. elektronische Abwicklung von Vertriebsvorgängen wie die Logistikabwicklungvon DHL) bis hin zu Substitutionsgütern (z.B. Onlinebanking, Herunterladen von Musikoder Software).

Güter

freie Güter

Diese von der Natur bereitgestellten Gütersind für jedermann nahezu unbegrenzt undunentgeltlich verfügbar. Die Anzahl derfreien Güter ist mittlerweile stark zurückge-gangen, da viele ursprünglich freie Güterheutzutage wirtschaftliche Güter sind (z.B.Trinkwasser). Zu den freien Gütern zählenin unserem Land beispielsweise noch dieLuft, das Regenwasser, die Sonnenstrahlenoder der Wind. Allerdings ist anzumerken,dass auch für diese scheinbar freien Güterteilweise bereits indirekt etwas gezahltwerden muss. So verursacht z.B. die Zufüh-rung von Frischluft in U-Bahnschächte ent-sprechende Stromkosten, die über dieFahrpreise indirekt von den Fahrgästengezahlt werden.

wirtschaftliche Güter

Diese Güter stehen nur in begrenztemUmfang zur Verfügung, sie sind knapp. Daihre Gewinnung bzw. Herstellung Kostenverursacht, werden sie gegen Entgelt amMarkt angeboten.

Immaterielle Güter(Rechte, digitale Güter)Dienstleistungen

Sachgüter(materielle Güter)

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2.4.1 Sachgüterarten untergliedert nach dem Verwendungszusammenhang

Die Sachgüter lassen sich ihrerseits nach der wirtschaftlichen Verwendung weiter unter-teilen in Konsumgüter und Produktionsgüter.

Abbildung: Güterarten nach deren Verwendungszusammenhang

2.4.2 Güterarten untergliedert nach deren Beziehung zueinander

Wenngleich viele Güter in keinem direkten oder indirekten Verhältnis zueinander stehen(z.B. Taschenlampe und Schere), gibt es dennoch wichtige Beziehungsstrukturen.

So spricht man im Allgemeinen von Komplementärgütern, wenn sich die beiden Gütergegenseitig ergänzen, die Nutzung des einen Gutes also ohne den Einsatz des anderenGutes wenig sinnvoll erscheint (z.B. Toner und Kopierer, Auto und Benzin, Tinte und Füll-federhalter).

Sind hingegen beide Güter gegeneinander austauschbar, so bezeichnet man sie alsSubstitutionsgüter (z.B. Feuerzeug und Streichhölzer, Laptop und PC, Brille und Kontakt-linsen).

Wie bedeutsam derartige Güterbeziehungen im alltäglichen Leben sein können, verdeut-lichen nachfolgende Beispiele.

Sachgüter

Konsumgüter

Sie finden Verwen-dung in privaten Haus-halten und dienen derunmittelbaren Bedürf-

nisbefriedigung.

Gebrauchsgüter

Nutzung über län-geren Zeitraum

möglich (z.B. einKaffeeautomat ineinem Haushalt).

Verbrauchsgüter

Nutzung nur einma-lig möglich (z.B. ein

Stück Käse zumVerzehr).

Produktionsgüter

Sie finden Verwen-dung in Betrieben unddienen der Herstellung

anderer Güter.

Gebrauchsgüter

Nutzung über län-geren Zeitraum

möglich (z.B. einKaffeeautomat in

einem Café).

Verbrauchsgüter

Nutzung nur einma-lig möglich (z.B. einStück Käse in einer

Pizzeria).

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2.4.3 Güterarten untergliedert nach deren Eigenschaft in Bezug auf Rivalität undAusschließbarkeit

Die wirtschaftlichen Güter lassen sich nach deren Eigenschaften in Bezug auf Rivalität undAusschließbarkeit unterteilen.

Rivalitätsprinzip: Kann ein Gut stets von nur einem Konsumenten oder Produzentengenutzt werden, so herrscht Rivalität in Bezug auf die Nutzung des Gutes; ist ein Gut hin-gegen nur kollektiv nutzbar, so spricht man von fehlender Rivalität im Konsum.

Ausschlussprinzip: Während bei einem Teil der Güter alle von der Inanspruchnahme aus-geschlossen werden, die nicht den geforderten Preis zu zahlen bereit sind, wird die Nut-zung bei dem anderen Teil der Güter nicht von der Zahlung eines Entgelts abhängiggemacht, da dies entweder technisch nicht möglich ist (z.B. Straßenbeleuchtung, Leucht-turm, äußere Sicherheit) oder nicht zweckmäßig erscheint (z.B. Schulbildung, innereSicherheit). Auf der Basis dieser Eigenschaften lassen sich die wirtschaftlichen Güter – wienachfolgende Übersicht verdeutlicht – in vier Gruppen unterteilen.

Rivalitätsprinzip möglich

Ja Nein

Ausschlussprinzipmöglich

Ja

private Güter Kollektivgüter

Nein

gesellschaftliche Güter(Allmendegüter)

(reine) öffentliche Güter

Beispiele:

Die 23-jährige Tabea möchte sich einen neuenDrucker für ihren PC kaufen. Besonders güns-tig erscheint ihr ein Angebot eines örtlichenDiscounters, der einen Tintenstrahldruckerzum Preis von 39,00 EUR anbietet. Leider ver-gisst sie den Händler danach zu fragen, wie vieldie Ersatzpatronen für diesen Druckertyp kos-ten. Bereits nach drei Monaten benötigt Tabeaeine neue Patrone. Bei einem Preisvergleich

stellt sie fest, dass die für diesen Drucker erfor-derlichen Patronen fast ebenso viel kosten wieder Drucker selbst.

Der 21-jährige Oliver telefoniert viel über seinHandy. Wegen der gestiegenen Handytarifeversucht Oliver künftig einen Großteil seinerGespräche über das Festnetz zu erledigen, dadas Telefonieren dort günstiger ist.

Beispiele:

� Handy� Motorroller� verstopfte Maut-

straße

Beispiele:

� Feuerwehr� Kabelfernsehen� unverstopfte Maut-

straße

Beispiele:

� Umwelt� Meeresfische� verstopfte öffent-

liche Straße

Beispiele:

� Alarmsirene� Landesverteidigung� nicht verstopfte

öffentliche Straße

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Private Güter sind dadurch gekennzeichnet, dass sowohl Konkurrenz in Bezug auf derenNutzung besteht als auch alle von der Inanspruchnahme ausgeschlossen werden kön-nen, die nicht den geforderten Preis zu zahlen bereit sind.

Alle anderen Güter haben „öffentlichen Charakter“, da ihnen entweder die Ausschließ-barkeit und/oder die Rivalität im Konsum fehlen. Funktionieren weder das Rivalitäts- nochdas Ausschlussprinzip, spricht man von rein öffentlichen Gütern.

Da bei den privaten Gütern das Ausschluss- und Rivalitätsprinzip funktioniert, werdendiese über den Markt bereitgestellt. Der Konsument kann nur dann den Nutzen aus demGut ziehen, wenn er den Marktpreis zu zahlen bereit ist. Der Anbieter kann also davon aus-gehen, dass sein Gut – eine entsprechende Nutzenstiftung vorausgesetzt – von den Inte-ressenten zum Marktpreis gekauft wird.

Ist hingegen das Ausschlussprinzip nicht anwendbar, kann also ein Anbieter nicht allen,die an dem Gut interessiert sind, den Nutzen des Gutes bis zum Kauf vorenthalten, liegtWettbewerbsversagen vor.1 Der Einzelne neigt dazu, möglichst ohne Zahlung des Markt-preises am Konsum des Gutes zu partizipieren. Wird beispielsweise das Gut äußere oderinnere Sicherheit durch Militär und Polizei für eine bestimmte Region produziert, erhöhtsich die Sicherheit aller dort wohnenden Menschen. Einzelne Personen können bereitsaus technischen Gründen (äußere Sicherheit) bzw. mangels Zweckmäßigkeit (innereSicherheit) nicht vom Nutzen des Gutes „Sicherheit“ ausgeschlossen werden. Entspre-chend ist es für den einzelnen Bürger vorteilhaft, die Dringlichkeit seiner Nachfrage nachsolchen Gütern nicht offenzulegen. Vielmehr wird der Einzelne versuchen, am Konsumdes Gutes teilzuhaben, ohne einen Preis zu bezahlen (Trittbrettfahren).

Aus Sicht des Individuums ist es mit Blick auf die kostenlose Nutzung geradezu rational,die Beteiligung an den Kosten für Sicherheit abzulehnen, wodurch eine Finanzierung die-ses Gutes auf freiwilliger Basis unmöglich wird. Wegen dieses Trittbrettfahrerverhaltensist ein Anbieten des Gutes für einen privaten Unternehmer also uninteressant. Gelöst wer-den kann das Trittbrettfahrerproblem u.a. durch die Bereitstellung der Güter durch denStaat und die Finanzierung der Güter über staatlichen Zwang (Gebühren, Beiträge, Steu-ern).

Die Abgrenzung zwischen Gütern mit funktionierendem und nicht funktionierendem Aus-schlussprinzip ist allerdings oft willkürlich.

Eine ökonomisch besondere Problematik entsteht, wenn das Ausschlussprinzip zwartechnisch und rechtlich verwirklicht werden könnte, aber die organisatorischen Vorkeh-rungen dafür zu teuer sind.

1 Vgl. hierzu und im Folgenden Bartling, H. und Luzius, F.: Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, 15. Auflage 2004.

Beispiele:

So gibt es private und öffentliche Schulen bzw. Universitäten, private und öffentliche Straßensowie private und öffentliche Verkehrsmittel.

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Weitere Gründe für ein staatliches Güterangebot lassen sich bei Vorliegen von Nicht-Rivalität im Konsum sehen. Der Konsum des Gutes durch ein Individuum beeinträchtigtnicht den Konsum des gleichen Gutes durch andere Individuen, sodass der Sinn des Aus-schlusses Einzelner von der Nutzung eines einmal produzierten Gutes – zumindest bis zurErreichung der Kapazitätsgrenze – infrage gestellt ist.

Öffentliche Güter werden vom Staat bzw. in dessen Auftrag von Dritten produziert und derÖffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Wegen des Trittbrettfahrerverhaltens kommt esallerdings zu unerwünschten externen Effekten, die sich aus dem Spannungsfeld zwi-schen individueller und kollektiver Rationalität ergeben. So ist es aus Sicht des Individu-ums nur allzu vernünftig möglichst viele kostenlose Güter zu konsumieren, aus Sicht derGemeinschaft hingegen wäre ein sparsamer Umgang mit den knappen Gütern wün-schenswert.

Das Trittbrettfahrerverhalten führt häufig zu einer Unterversorgung (im Extremfall sogarzu einer „Nullversorgung“) mit öffentlichen Gütern bzw. einem Überkonsum von Allmen-degütern.

So hat die Vergangenheit eindrucksvoll gezeigt, dass es zu enormen Schäden an gesell-schaftlichen Ressourcen, insbesondere der Umwelt, gekommen ist (vgl. Kapitel 10.2).

Beispiel:

Seit 1994 können nach dem Straßenbau-Finan-zierungsgesetz an Zufahrtstellen Mautgebüh-ren u.a. für die Benutzung von neu errichtetenBrücken, Tunneln und Gebirgspässen erhobenwerden. Bei den verflochtenen Straßennetzenlässt sich das aber wegen der Kosten des Ein-

ziehens der Gebühren, des Verhinderns vonSchwarzfahrten sowie der Möglichkeit, kosten-lose Ausweichrouten zu benutzen, nur in selte-nen Fällen rentabel gestalten. Entsprechendgering ist das Interesse privater Anbieter anderartigen Gütern.

Beispiele:

Öffentliches Schwimmbad, Grünflächen als Parkanlagen, öffentlicher Spielplatz.

Beispiel:

Unterstellen wir, dass für die Schafzüchter imAllgäu eine flächenmäßig begrenzte Gemein-schaftsalm unentgeltlich zur Verfügung steht.Individuell rational handelt der Schafzüchter,wenn er zur Steigerung seines Einkommensmöglichst viele Schafe auf dieser Alm kosten-los weiden lässt. Durch dieses Verhaltenkommt es allerdings zu einer Futterknappheit

und einer Verödung des Weidelandes, sodassdie Schafzucht in diesem Gebiet eingestelltwerden muss. Jeder Schafzüchter schädigtalso durch sein individuell rationales Verhaltenseine Züchterkollegen. Unter dem Aspekt derkollektiven Rationalität wäre also eine andereHandlungsweise wünschenswert.

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2.5 Nutzentheorie

Unterstellt man der „älteren Nutzentheorie“ aus der Mitte des 19. Jahrhunderts folgend,dass der durch den Konsum eines Gutes entstehende Nutzen auf einer Kardinalskala(Skalenwerte sind reelle Zahlen; zudem besitzt diese Skala alle Ordnungseigenschaftender reellen Zahlen) messbar wäre, so ließe sich die Nutzenstiftung bei steigendem Kon-sum dieses Gutes wie folgt umschreiben: Mit zunehmendem Konsum eines Gutes proZeiteinheit nimmt der Nutzen der zuletzt verbrauchten Einheit (= Grenznutzen) ab undkann ab einer bestimmten Menge (= Sättigungsmenge) sogar negativ werden (vgl. nach-folgende Abbildung).

Durch den von Konsumeinheit zu Konsumeinheit geringer werdenden Grenznutzen steigtdie Gesamtnutzenkurve degressiv und nimmt – bedingt durch den ab der Sättigungs-menge negativ werdenden Nutzen – schließlich wieder ab. Vor diesem Hintergrund solltebei ökonomisch rationalem Verhalten die Sättigungsmenge nicht überschritten werden.

Abbildung: Zusammenhang zwischen Grenznutzen und Gesamtnutzen

80

70

60

50

40

30

20

10

0

Gesamtnutzen(in Nutzeneinheiten)Grenznutzen

Menge1 2 3 4 5 6 7 8

Gesamtnutzenkurve

Nutzenmaximum

SättigungsmengeGrenznutzenkurve

Beispiel:

Ein Kaufmännischer Angestellter verspürtnach getaner Arbeit einen großen Hunger. ZurBefriedigung dieses Bedürfnisses fährt er mitseinem Auto zu einer großen amerikanischenFastfood-Kette. Dort verspeist er zunächst mitHeißhunger einen Hamburger, der zwar seingrößtes Hungergefühl vorübergehend stillt;eine Sättigung tritt jedoch nicht ein. Aufgrunddes nach wie vor bestehenden Bedürfnissesnach Essen kauft er sich weitere Hamburger.Beim Verzehr stellt er unweigerlich fest, dassmit jedem weiteren Hamburger der Nutzen-

zuwachs zum Gesamtnutzen (Grenznutzen)abnimmt. Wenn er sich nach dem Verzehr dessechsten Hamburgers durch eine sich allmäh-lich einstellende Übelkeit schlechter fühlt alsnach dem Verzehr des fünften Hamburgers, sohat beim Übergang auf die zuletzt konsumierteEinheit der Gesamtnutzen durch den negativenGrenznutzen sogar abgenommen (vgl. oben-stehende Abbildung). Das „Überschreiten derSättigungsmenge“ führt zu negativem Grenz-nutzen und somit zu einem insgesamt abneh-menden Gesamtnutzen.

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Den im Beispiel erläuterten Zusammenhang zwischen dem fortlaufenden Konsum einesGutes und der Nutzenentwicklung wurde von Hermann Heinrich Gossen als Erster formu-liert und im Jahr 1854 veröffentlicht. Das sogenannte erste Gossen‘sche Gesetz lautet:Mit zunehmender Bedürfnisbefriedigung durch ein Gut nimmt der Grenznutzen ab.

Während das erste Gossen‘sche Gesetz darstellt, wie sich Gesamt- und Grenznutzen beimKonsum eines Wirtschaftsgutes entwickeln, umschreibt das zweite Gossen‘sche Gesetz,wie sich der Konsument verhalten sollte, wenn er bei gegebener Konsumsumme die Aus-wahl zwischen mehreren Gütern treffen muss. Nach der obigen Darstellung befindet sichder Konsument dann im Nutzenmaximum, wenn der Grenznutzen aller in seinen Begehrs-kreis fallenden Güter gleich null ist.

Diese Konsumstruktur ist allerdings für den Konsumenten nur dann realisierbar, wenn erüber eine nahezu unbegrenzte Konsumsumme verfügt, er also in einer Art „Schlaraffen-land“ lebt. In der Realität besteht jedoch ein Spannungsverhältnis zwischen den unbe-grenzten Bedürfnissen des Menschen auf der einen Seite und seinem begrenzten Einkom-men auf der anderen Seite. Dem zweiten Gossen‘schen Gesetz folgend erreicht der Kon-sument dann sein Nutzenmaximum, wenn er seine Konsumsumme dergestalt auf die inseinen Begehrskreis fallenden Güter verteilt, dass die verschiedenen Konsumakte proGeldeinheit jeweils den gleich hohen Grenznutzen erbringen.

Beispiel:

In den Begehrskreis des Konsumenten A fallendie Güter Brot, Milch, Kleidung, Energie, Kör-perpflegemittel und Genussmittel mit folgen-dem in Tabellenform dargestelltem Grenznut-

zen je verbrauchter Einheit. Wie aus derTabelle ersichtlich, sinkt der Grenznutzen jeverbrauchter Einheit bei den einzelnen Güter-kategorien.

Güter

MengeBrot Milch Kleidung Energie

Körper-pflege

Genuss-mittel

1 200 175 130 120 100 45

2 190 160 120 100 55 35

3 170 140 100 55 5 5

4 140 100 55 5

5 100 55 5

6 55 5

Unterstellen wir aus Gründen der Vereinfa-chung des Weiteren, dass der Haushalt übereine Konsumsumme in Höhe von 15,00 EURverfügt und jede Gütereinheit 1,00 EUR kostet.Der Haushalt befindet sich dann im Nutzenma-ximum, wenn er sich von der ihm zur Verfü-gung stehenden Summe fünf Einheiten Brot,

vier Einheiten Milch, drei Einheiten Kleidung,zwei Einheiten Energie und eine Einheit Kör-perpflegemittel kauft. Keine andere Kombina-tion von Gütereinheiten stiftet ihm einen grö-ßeren Gesamtnutzen, da nur bei dieser Kombi-nation die Grenznutzen pro Geldeinheit gleichgroß sind.

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Wie allerdings bereits eingangs dargelegt, geht die Grenznutzenanalyse davon aus, dassder Konsument hinsichtlich der Konsumalternativen angeben kann, um wie viel derGrenznutzen des einen Gutes zu dem eines anderen Gutes absolut differiert, was aber inder Realität so nicht möglich ist.

Vor diesem Hintergrund basiert die moderne Nutzentheorie auf der Vorstellung, dassNutzen allenfalls in einer Ordinalskala messbar ist, d.h., der Konsument ist lediglich in derLage, den Nutzen einzelner Güter in eine natürliche Rangfolge zu bringen. So kann derKonsument durchaus entscheiden, ob er in einer bestimmten Situation von zwei Güterneines dem anderen vorzieht oder sie als „nutzenindifferent“ bezeichnet. Dies ermöglichtihm, seine knappen finanziellen Mittel dergestalt aufzuteilen, dass er sich Tag für Tag bzw.Monat für Monat entscheiden kann, welche Güter ihm im Vergleich zu anderen einenhöheren Nutzen stiften und welche Güter er somit am Markt nachfragt.

Bei Nutzenindifferenz stiften die Güter einen gleich hohen Nutzen. Unterstellt man, dassein Konsument zwischen zwei Gütern auswählen kann, so gibt eine Indifferenzkurve allemöglichen Mengenkombinationen dieser beiden Güter an, bei denen der Nutzen aus sei-ner Sicht gleich groß ist. Betrachtet man beispielsweise die Indifferenzkurve 1 (I1) in nach-folgender Abbildung, so erreicht der Haushalt bei Güterkombination 1 einen ebensohohen Nutzen wie bei Güterkombination 2. Möchte der Haushalt also eine im Vergleich zuGüterbündel 1 größere Menge von Gut 1 (+ Δ Gut 1) konsumieren, so muss er hierfür aufden Konsum einer entsprechenden Menge des Gutes 2 (– Δ Gut 2) verzichten.

Da normalerweise – Nichtsättigung vorausgesetzt – eine mengenmäßig höhere Versor-gung zu einem höheren Nutzen führt, gilt allgemein: Je weiter eine Indifferenzkurve vomUrsprung des Koordinatensystems entfernt liegt, desto höher ist das Nutzenniveau, dassie verkörpert.

Die Budgetgerade (auch Bilanz- oder Haushaltsgerade genannt) ist der geometrische Ortaller maximal erwerbbaren alternativen Güterbündelkombinationen bei gegebenem Ein-kommen und gegebenen Preisen. Steigt das Haushaltseinkommen oder fallen die Preisefür beide nachgefragten Güter, so verschiebt sich die Budgetgerade weiter nach rechts,sodass eine weiter vom Ursprung entfernte Indifferenzkurve und somit ein höheres Nut-zenniveau realisiert werden kann.

Unterstellt man, dass sich die Nachfrage eines Haushaltes auf zwei Güter beschränkt, solässt sich mithilfe der Indifferenzkurvenanalyse das Haushaltsoptimum bestimmen.Theoretisch kann der Haushalt all jene Güterkombinationen realisieren, die auf bzw. linksvon der Bilanzgeraden liegen. Da der Gesamtnutzen umso höher ist, je weiter die Indif-ferenzkurve vom Ursprung entfernt liegt, erreicht der Haushalt bei gegebener Budget-gerade dort sein Nutzenmaximum, wo die Bilanzgerade die am „weitesten“ vom Ursprungentfernte Indifferenzkurve tangiert. In nachfolgender Abbildung läge das Nutzenmaxi-mum des Haushalts also im Tangentialpunkt von Budgetgerade und Indifferenzkurve 2(I2).

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Abbildung: Indifferenzkurven und Budgetgerade

2.6 Notwendigkeit des Wirtschaftens

Da nur noch sehr wenige Güter freie Güter sind, handelt es sich bei den meisten Gütern,die Haushalte und Unternehmen benötigen, um knappe Güter. Dieses „Phänomen derKnappheit“ der Güter gilt es zu überwinden.

Gleichzeitig ergibt sich ein Spannungsverhältnis daraus, dass den unendlich großenBedürfnissen der Menschen nur begrenzte finanzielle Mittel zu deren Befriedigung zurVerfügung stehen. Zur Überwindung der Knappheit der Güter auf der einen Seite und derKnappheit der Kaufmittel auf der anderen Seite sind die Wirtschaftssubjekte gezwungen,zu wirtschaften. Wirtschaften bedeutet somit letztlich nichts anderes, als die aufgezeigtenSpannungen durch planvolles Handeln so weit wie möglich zu verringern und somiteinen größtmöglichen Nutzen zu realisieren.

Hierbei gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass jede wirtschaftliche Entscheidung mitBlick auf die generelle Knappheit ihren Preis hat; den Nutzenentgang der zweitbestenLösung. Diesen Nutzenentgang bezeichnet man in der Volkswirtschaftslehre auch alsOpportunitätskosten („Alternativkosten“ = entgangener Nutzen für die zweitbeste, nichtgewählte Alternative). Wie derartige Kosten bei alltäglichen Entscheidungen anfallen,verdeutlicht nachfolgendes Beispiel.

Menge vonGut 2

Menge vonGut 1

Güterbündel 1

– Δ Gut 2

Güterbündel 2

+ Δ Gut 1

I1

I2

I3

Indifferenzkurve (I)

Budgetgerade

Haushaltsoptimum

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Überträgt man vorgenanntes Beispiel auf die Gesamtwirtschaft, so lässt sich verdeut-lichen, dass innerhalb einer Volkswirtschaft immer wieder Entscheidungen anstehen, diemit derartigen Alternativkosten verbunden sind.

Unterstellen wir beispielsweise, dass mithilfe des gesamtwirtschaftlichen Produktions-potenzials grundsätzlich zwei verschiedene Güterkategorien – Konsum- oder Investitions-güter – hergestelltwerden können, las-sen sich die denk-baren Produktions-kombinationen in ei-nem Koordinaten-system mithilfe ne-benstehend abgebil-deter Produktions-möglichkeitenkurve(auch Transforma-tionskurve genannt)darstellen.

Abbildung: Transformationskurve

Die blau gekenn-zeichnete Transfor-mationskurve 1 re-präsentiert alle mög-lichen Kombinatio-nen von Konsum- und Investitionsgütern, die unter Auslastung sämtlicher Faktorkapazitä-ten alternativ produziert werden können. Wird eine Güterkombination unterhalb derTransformationskurve realisiert (z.B. die Kombination in Punkt C), so deutet dies daraufhin, dass entweder nicht alle vorhandenen Produktionsfaktoren eingesetzt oder diesenicht optimal ausgelastet sind.

Eine rechts von der Transformationskurve liegende Güterkombination (z.B. Punkt D) kannbei gegebenem Bestand an Produktionsfaktoren und technisch-organisatorischem Wis-sen hingegen nicht verwirklicht werden.

Wird in einer Volkswirtschaft die in Punkt A markierte Güterkombination realisiert, so ver-fügt diese am Ende der Produktionsperiode über die Menge K1 an Konsumgütern und dieMenge P1 an Produktionsgütern. Soll nunmehr künftig eine höhere Menge an Konsum-gütern produziert werden (z.B. Menge K2), so lässt sich dies nur unter Verzicht auf eine

Beispiel:

Ein Haushalt verfügt aufgrund der Zahlung vonWeihnachtsgeld über ein frei disponierbaresEinkommen in Höhe von 1500,00 EUR. Mit die-sem Geldvermögen könnte nunmehr entwe-der einer der beiden seit längerer Zeit geheg-ten Wünsche – eine dreiwöchige Urlaubsreiseüber den Jahreswechsel in den sonnigenSüden anzutreten bzw. einen neuen PC nebstFlachbildschirm und Drucker anzuschaffen –

realisiert werden oder das angesparte Eigenka-pital für den in naher Zukunft geplanten Haus-bau erhöht werden. Unabhängig davon, fürwelche Verwendung sich der Haushalt letztlichauch entscheiden mag, auf die beiden anderenAlternativen muss er dann (zunächst einmal)verzichten. Dieser Verzicht beziffert dann dieOpportunitätskosten ihrer Entscheidung.

Konsumgüter

Produktionsgüter

K2

+ Δ K

K1

P2 P1

– Δ P

E

C

A

DB

Transformationskurve 1

Transformationskurve 2

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bestimmte Menge an Investitionsgütern realisieren. Dieser Substitutionsvorgang entlangder Transformationskurve kann mithilfe der Opportunitätskosten gemessen werden.Dieses Messkonzept gibt beispielsweise an, auf welche Menge an Produktionsgütern ver-zichtet werden muss, wenn die Menge an Konsumgütern um eine Mengeneinheit steigensoll.

Opportunitätskosten = Verringerung der Menge des Gutes PErhöhung der Menge des Gutes K—

Mit fortwährender Substitution eines Gutes durch das andere Gut lässt sich – wie nach-folgende Abbildung verdeutlicht – beobachten, dass die hierbei anfallenden Opportuni-tätskosten stetig ansteigen. Dieses Gesetz der zunehmenden Opportunitätskostenberuht auf der Überlegung, dass der Verzicht auf die Gütermengen der substituiertenAlternative (hier Produktionsgüter) mit zunehmendem Substitutionsprozess immer höherbewertet wird.

Abbildung: Gesetz der zunehmenden Opportunitätskosten

Dieses Phänomen lässt sich auch anhand von einfachen Beispielen aus dem täglichenLeben und einer Grafik verdeutlichen.

+ Δ 1 K

+ Δ 1 K

+ Δ 1 K

Produktionsgüter

Konsumgüter

– Δ P

– Δ P

– Δ P

Beispiele:

Die 27-jährige Theresia isst für ihr Leben gernSchokolade. So hat sie es sich zur Ange-wohnheit gemacht, täglich mindestens einehalbe Tafel dieser Leckerei zu verspeisen. Dadieser Genuss auf Dauer nicht gesund ist,möchte sie nunmehr den Verzehr von Scho-kolade stufenweise gegen den Verzehr vonObst austauschen. Von Woche zu Woche solljeweils ein weiterer Tag mit Schokoladenver-

zehr gegen einen mit Obstverzehr ersetzt wer-den. Der Austausch von Obst gegen Schokoladean einem von sieben Wochentagen dürfte ihrsicherlich ohne allzu große Mühen gelingen. Mitjeder weiteren Woche jedoch dürfte ihr dieSubstitution von Schokolade gegen Obst ver-hältnismäßig immer schwerer fallen; die Oppor-tunitätskosten steigen also mit fortwährendemAustauschprozess.

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Der weiter oben geschilderten Güterknappheit kann man grundsätzlich mit zwei verschie-denen Strategien begegnen: der Rationierung knapper Güter beispielsweise in Formeines Zuteilungssystems oder eines Verzichts sowie der Rationalisierung. Allerdings seian dieser Stelle angemerkt, dass beide Strategien das Problem der Knappheit allenfallsmildern, nicht aber vollständig beseitigen können.

Unter Rationalisierung versteht man die Erhöhung der Produktivität und die Vergröße-rung der Produktionsmöglichkeiten einer Volkswirtschaft. Dabei können folgende dreiPrinzipien angewendet werden:� die Spezialisierung im Sinne einer Arbeitsteilung;� die Investierung im Sinne eines Konsumverzichts mit der Aussicht auf eine steigende

Produktion sowie� die Ökonomisierung im Sinne eines Handelns nach dem ökonomischen Prinzip, dass

weiter unten beschrieben werden soll.

Zu der Investierung ist anzumerken, dass in jeder Produktionsperiode ein Teil der Produk-tionsgüter abgenutzt oder gar verbraucht wird. Dieser „Verlust“ ist durch die Produktionentsprechender Produktionsgüter als Ersatz- oder Reinvestition wieder auszugleichen,will man auch zukünftig über die gleichen Produktionsmöglichkeiten verfügen.

Wird in einer Volkswirtschaft durch Verzicht auf Konsumgüter aber eine entsprechendgroße Menge an Produktionsgütern hergestellt (vgl. die Güterkombination in Punkt E inder Abbildung zur Transformationskurve), so ermöglicht diese Kombination nicht nur denErsatz der verbrauchten bzw. abgenutzten Produktionsgüter, sondern darüber hinaussogar eine Ausweitung der Produktionsmöglichkeiten für künftige Perioden. Die Trans-formationskurve verschiebt sich nach rechts (Verschiebung von Transformationskurve 1hin zur Transformationskurve 2) und ermöglicht somit eine höhere Güterproduktion.Durch Konsumverzicht in der laufenden Produktionsperiode können die Produktions-möglichkeiten ausgeweitet und somit ein höherer Konsum in der nächsten Periode reali-siert werden.

Dieses Beispiel veranschaulicht nochmals die bereits eingangs hervorgehobene Bedeu-tung derartiger Entscheidungen innerhalb einer Volkswirtschaft.

2.6.1 Ökonomisches Prinzip

Eines der zentralen Ausgangsprobleme der Wirtschaftswissenschaft lässt sich mit derFrage umschreiben: Was reduziert die relative Knappheit der Güter? Eine mögliche Ant-wort zur Bewältigung dieses Problems ist das ökonomische Prinzip.

Der 23-jährige Lars möchte sich das Rauchenwieder abgewöhnen, da neben seinemPortemonnaie auch seine Kondition zuse-hends unter dieser schlechten Angewohn-heit leidet. Seit er vor ca. zwei Jahren mit die-sem Laster angefangen hat, steigerte sichsein Zigarettenkonsum kontinuierlich aufnunmehr 15 Zigaretten täglich. Um den Ver-zicht auf Zigaretten zu erleichtern, tauscht erden Genuss von Zigaretten gegen den von

Kaugummis oder Gummibärchen. Zu Beginndürfte die Verringerung des täglichen Zigaret-tenkonsums für ihn noch relativ einfach sein,schließlich fällt es nicht sonderlich ins Gewicht,ob man nun statt fünfzehn nur noch vierzehnoder dreizehn Zigaretten täglich raucht. Mit fort-schreitendem Substitutionsprozess hingegendürfte Lars der Verzicht jeder weiteren Zigaretteschwerer fallen, sodass die Opportunitätskostensteigen.

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Aufgrund der Knappheit der Mittel sind die Wirtschaftssubjekte zum Wirtschaftengezwungen. Bei vernünftigem (rationalem) Verhalten geschieht dieses Bewirtschaftennach dem sogenannten ökonomischen Prinzip. Zur Umsetzung dieses Wirtschaftlichkeits-prinzips sind zwei Handlungsalternativen denkbar.

Abbildung: Ökonomisches Prinzip

Unsinnig, d.h. logisch nicht umsetzbar, wäre die Formulierung des ökonomischen Prin-zips dergestalt, dass mit geringstmöglichen Mitteln ein größtmöglicher Erfolg angestrebtwerden soll. So ist es beispielsweise undenkbar, ohne jeglichen Lernaufwand alle Prü-fungsaufgaben richtig zu beantworten.

Ökonomisches Prinzip

Maximalprinzip

Mit einem vorgegebenen Einsatz an Mittelnversuchen die Wirtschaftssubjekte einengrößtmöglichen (maximalen) Erfolg (Nut-zen) anzustreben.

Beispiele:

� Die Angestellte Claudia Schiffnermöchte mit ihrer Gratifikation inHöhe von 200,00 EUR bei einemEinkaufsbummel möglichst vieleArtikel der neuen Sommerkollek-tion kaufen.

� Die Compudata GmbH setzt sichzum Ziel, mit der vorhandenenAnzahl an Mitarbeitern den größt-möglichen Gewinn zu erreichen.

Minimalprinzip

Die Wirtschaftssubjekte versuchen einenvorgegebenen Erfolg mit möglichst gerin-gem (minimalem) Einsatz an Mitteln zuerreichen.

Beispiele:

� Der Student Markus Koch machtzurzeit den Führerschein und hatsich vorgenommen, möglichst we-nig Fahrstunden zu nehmen.

� Eine Fastfood-Kette möchte dasUmsatzniveau des vergangenenGeschäftsjahres beibehalten. Zu-gleich soll allerdings die Mitarbei-terzahl drastisch reduziert werden.

Von der Maximierung des Nutzens

Um angesichts der Vielzahl von Optionen zu ermes-sen, welche Entscheidung für welche Alternative un-ter Berücksichtigung von Bedürfnissen und Knapp-heit rational ist, bieten sich Kosten-Nutzen-Analy-sen an. Ökonomen beziehen dabei nicht nur dieKosten des gewünschten Gutes ein, sondern auchdie Kosten für die entgangene zweitbesteAlternative, die sogenannten Verzichts-, Alternativ-oder Opportunitätskosten.Warum dies sinnvoll ist, wird deutlich bei der Ent-scheidung, entweder ein Studium oder eine Ausbil-dung aufzunehmen. Die Entscheidung für ein Stu-

dium bedingt den Verzicht auf das gegenwärtige Aus-bildungseinkommen, während die Entscheidung füreine Ausbildung den Verzicht auf ein höheres Ein-kommen in der Zukunft bedeuten kann. Die Berück-sichtigung der Lebenshaltungskosten während dieserZeit ist dagegen irrelevant, denn sie fallen in beidenFällen an. Manche Verzichtskosten einer Ausbildunglassen sich allerdings schwer beziffern, wie etwa dieindividuelle Bereicherung durch Bildung, die größe-ren Freiheiten des Studienalltags oder die besserenAnstellungs- und Entfaltungsmöglichkeiten nacheiner akademischen Ausbildung.

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Quelle: Informationen zur politischen Bildung Nr. 308.

2.6.2 Kritische Betrachtung des ökonomischen Prinzips

2.6.2.1 Begriff Homo oeconomicus

Die Wirtschaftstheorie unterstellt in ihren Modellen grundsätzlich, dass die Wirtschafts-subjekte immer nach dem ökonomischen Prinzip handeln. Wirtschaftssubjekte sind diewirtschaftlich handelnden Einzelpersonen, Gruppen und Organisationen (z.B. Betriebe,staatliche Stellen, Gewerkschaften, Unternehmensverbände).

Wirtschaftssubjekte, die ihr gesamtes Handeln ausschließlich an dem ökonomischenPrinzip ausrichten, bezeichnet man als „Homo oeconomicus“.

Handlungsbestimmend für den Homo oeconomicus ist das Streben nach Nutzenmaxi-mierung (Konsumenten) bzw. nach Gewinnmaximierung (Produzenten). Viele Modelleder Volkswirtschaftslehre basieren auf dieser Fiktion1 des Homo oeconomicus.

In der Realität hingegen lässt sich aufzeigen, dass Wirtschaftssubjekte ihr Handeln ebennicht ausschließlich an dem ökonomischen Prinzip ausrichten, sondern nicht seltenandere Motive das Handeln des Einzelnen prägen.

Mit der wissenschaftlichen Untersuchung rationalen Verhaltens beschäftigt sich unter an-derem die Spieltheorie, die ein besonderes Gewicht auf das Studium menschlicher Inter-aktionen legt. Die spieltheoretische Modellbildung geht von einem allgemeinen Entschei-dungsproblem für mehrere Individuen aus und betont die Aspekte von Konflikt und Ko-operation, die sich aus der konkurrierenden Zielsetzung der einzelnen Individuen erge-ben. Wie derartige Untersuchungen den „Homo oeconomicus“ widerlegen, soll am Bei-spiel des „Ultimatum-Spiels“ verdeutlicht werden.

1 Fiktion: Vorstellung, Vermutung.

Da von knappen Ressourcen ein bestimmter Druckausgeht und fortgesetzte Irrtümer kostspielig sind,unterstellen Ökonomen, dass Menschen aus derMenge möglicher Alternativen vorrangig jene aus-wählen, die am ehesten ihrem Nutzen dienen. Sieunterstellen, dass die Menschen fähig sind, zweckra-tional entweder verfügbare Mittel so einzusetzen,dass sie den größtmöglichen Nutzen daraus ziehen(Maximumprinzip), oder die Kosten zu minimieren,um einen bestimmten Nutzen zu realisieren (Mini-mumprinzip).

Die Ökonomen nehmen mit dem Modell des homooeconomicus an, dass Individuen ihren Nutzenmaximieren wollen, während ihre Entscheidungendurch Preise, Einkommen, Institutionen (die soge-nannten Restriktionen) eingeschränkt werden, unddass individuelle Verhaltensänderung auf der Ände-rung von Restriktionen basiert, weniger aber auf-grund veränderter Werthaltungen erfolgt. Mit die-sen Annahmen können Ökonomen einfachereModelle entwickeln, denn Werte sind schwierig zumodellieren und zu messen.

Beispiele:

Vorführungen im Kino werden am Wochen-ende besser besucht als Vorführungen unterder Woche, und das, obwohl diese mitunterwesentlich preiswerter angeboten werden.

Ein Landwirt arbeitet weiterhin in seinemBetrieb, obwohl er bei gleicher Anzahl vonArbeitsstunden in einem Unternehmen einwesentlich höheres Einkommen erzielenkönnte.

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2.6.2.2 Ultimatum-Spiel

Bei diesem Spiel handelt es sich um die Simulation einer ökonomischen Entscheidung.Die Grundidee des Spiels besteht darin, dass ein feststehender Betrag (z.B. 1000,00 EUR)unter zwei Personen (A und B) aufgeteilt werden soll. Dabei muss Spieler A dem Spieler Bunter Angabe eines Ultimatums ein Angebot unterbreiten, wie viel Letzterer erhalten soll.Die strengen Spielregeln sehen vor, dass beide Personen nicht miteinander kommunizie-ren dürfen, sodass keine Verhandlungen im eigentlichen Sinne stattfinden. Des Weiterengilt, dass das Spiel nicht wiederholbar ist. Spieler B hat nach Unterbreitung des Angebotsnunmehr zwei Optionen:

� Er nimmt dieses Angebot an mit der Konsequenz, dass der Betrag dann entsprechend demVorschlag des Spielers A zwischen beiden Personen aufgeteilt wird.

� Lehnt B das Angebot ab, so gehen beide Parteien leer aus; der Geldbetrag ist unwiderruflichverloren.

Der Wirtschaftstheorie folgend müsste eigentlich gelten, dass Spieler A im Sinne der Nut-zenmaximierung dem Spieler B einen möglichst geringen Betrag anbietet, um sein Ein-kommen zu maximieren. Spieler B hingegen müsste dem Rationalprinzip folgend jedenBetragsvorschlag akzeptieren. So bedeutet beispielsweise ein Angebot von 1,00 EUR,dass Spieler B bei Annahme des Angebots diesen Euro erhält, wohingegen er im Falleeiner Ablehnung nichts erhalten würde.

Tatsächlich aber zeigen die Ergebnisse dieses spieltheoretischen Versuchs – unabhängigvom zu verteilenden Betrag, des Kulturkreises oder anderer Einflussfaktoren –, dass imGegensatz zur bloßen Maximierung des Nutzens (hier Einkommens) die meisten Men-schen hohen Wert auf Fairness legen. So haben nur wenige Spieler in der Rolle der Per-son A eine stark „ungleiche“ Verteilung vorgeschlagen. Gleichzeitig war zu beobachten,dass die Bereitschaft der Spieler B, einen Verteilungsvorschlag zu akzeptieren, abnahm, jeschlechter der Verteilungsschlüssel für ihn ausfiel.

Wie die Spieltheorie belegt, richten Menschen ihr gesamtes Handeln nicht ausschließlichan dem ökonomischen Prinzip aus, vielmehr scheinen andere Werte – wie beispielsweiseSolidarität, Fairness und Gerechtigkeit – ihnen gleichfalls von Bedeutung zu sein.

Grenzen rationaler Nutzenmaximierung

Im realen Leben stößt das Prinzip der Nutzenmaxi-mierung an seine Grenzen: Es scheint geradezu ihrGegenteil zu bewirken. Der permanente Vergleichund die rastlose Suche nach der besten Option füh-ren bei ständig sich ändernden Möglichkeiten dazu,das Gegebene kaum genießen zu können, dauerndVerzichtskosten zu spüren und noch nicht einmalverlässliches Routineverhalten zu entwickeln. Somitkann die Nutzenmaximierung geradezu als Voraus-setzung zum Unglücklichsein dienen. Die rationaleEntscheidung für den größten Vorteil hat insofernihre Grenzen, als Kosten und Nutzen der Entschei-dungsalternativen oft ungewiss und für die Zukunftschwer vorauszusehen sind. Informationen müssennicht nur angemessen ausgewählt, wahrgenommen

und berücksichtigt, sondern auch bewertet undgewichtet werden. Dabei sind die eigenen Präferen-zen oft gar nicht bewusst, vielmehr scheint dasGespür für die eigenen Bedürfnisse so begrenzt wiefür die notwendigen Mittel.Angesichts der Vielfalt der Möglichkeiten scheinenWahlentscheidungen des Nutzenmaximierers heutevor allem eins zu erzeugen: Stress. Es wirdzunehmend deutlich, dass Menschen sich weder stän-dig rational verhalten können noch wollen. Sie neigenzu systematischen Wahrnehmungsfehlern und Fehl-einschätzungen, bilden Automatismen aus, wägenEntscheidungen nicht lange ab und stellen sie oftnachträglich in einen Vernunftzusammenhang.

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Quelle: Informationen zur politischen Bildung, Heft 308.

2.6.3 Weitere Prinzipien des Wirtschaftens

Neben dem ökonomischen Prinzip werden in neuerer Zeit verstärkt auch andere Prinzi-pien genannt. Diese weiteren Prinzipien sind – im Unterschied zu den ökonomischen Prin-zipien – allesamt geprägt von einer wirtschaftsethischen Grundhaltung. Im Zentrum die-ser Prinzipien stehen also Werte wie etwa Verantwortung, Solidarirät oder Humanität. DieRechtfertigung derartiger wirtschaftsethischer Normen ergibt sich aus den Folgen wirt-schaftlichen Handelns für andere Menschen und die Umwelt. Die zugrunde liegendenMaßstäbe des Agierens im Sinne dieser Prinzipien orientieren sich in erster Linie anGerechtigkeit und einem verantwortungsvollen Umgang mit der Knappheit natürlicherRessourcen.1

Beispiele für weitere Prinzipien des Wirtschaftens sind:

1 Vgl. hierzu Kapitel 10.4.

Öko-logischesPrinzip

Mit der zunehmenden Umweltbelastung durch die Industriestaaten und dergleichzeitigen Erkenntnis der Endlichkeit der Rohstoffvorräte rückten in den letz-ten Jahrzehnten verstärkt ökologische Aspekte in den Fokus des wirtschaftlichenHandelns, die lange Zeit außer Acht gelassen bzw. vernachlässigt wurden.

Ziel des Handelns nach dem ökologischen Prinzip sollte es sein, bei allen (wirt-schaftlichen) Handlungen die Umweltbelastungen und den Ressourcenverbrauchmöglichst auf ein Minimum zu reduzieren. Als Beispiele für einen schonenden Um-gang mit dem Leistungsfaktor Natur (Umwelt) können angeführt werden:� umweltfreundliche Produktionstechniken (Reduzierung des Ressourcen-

verbrauchs, Einbau von Filteranlagen),

� Produktion umweltfreundlicher Produkte (Mehrwegflaschen bzw. -ver-packungen, Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen),

� Recycling von gebrauchten Rohstoffen.

� Menschen neigen zu Unterschätzungen undÜberschätzungen, vermeiden gerne aktive Ent-scheidungen und entwickeln Daumenregeln, umden Entscheidungsdruck zu senken.

� Sie vergleichen in der Regel sehr wohl, suchendabei aber – vor allem, wenn sie sich über denWert eines Gutes unsicher sind – nach bestimm-ten Ankern wie zum Beispiel Marken oder Prei-sen, die nicht unbedingt etwas mit der gegebenenEntscheidung zu tun haben müssen.

� Ihre Angst vor Verlusten ist größer als die Freudeüber Gewinne. So halten sie an Entscheidungenfest, wenn „versunkene“ Kosten durch frühereEntscheidungen damit verbunden sind. Kredit-karten und Flatrates lindern den Schmerz des Be-zahlens, da sie die Vorstellung erzeugen, „etwasumsonst“ zu bekommen. Die Konsumnachfragereagiert sensibler auf Preiserhöhungen als aufPreissenkungen.

� Aus Gründen der Fairness sind Menschen auchbereit zu Opfern. Wenn sie negative Handlungenanderer sanktionieren, reagiert das Belohnungs-zentrum im Gehirn positiv.

� Auch Kooperation wirkt sich als Nutzen aus. Soscheinen Menschen eher bereit, umsonst Hilfe zuleisten als gegen Bezahlung. Monetäre Anreizeberücksichtigen eben nur einen Teil der zugrun-deliegenden Motive. Sie können auch das Ge-genteil bewirken und freiwillige Kooperationverdrängen.

Für ein gutes Leben, für Glück und Zufriedenheit istder absolute materielle Wohlstand oft wenigerbedeutsam als angenommen, wichtiger sind Verän-derungen in Wohlfahrt und Besitz sowie der Ver-gleich mit anderen.

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1.

2. Güter sind Mittel zur Bedürfnisbefriedigung. Sie stiften einen Nutzen.

3.

4. Das sogenannte erste Gossen‘sche Gesetz lautet: Mit zunehmender Bedürfnisbefriedi-gung durch ein Gut nimmt der Grenznutzen ab.

Im Rahmen des Handelns nach dem ökologischen Prinzip ist es durchaus möglich,dass die Umsetzung umweltbewusster Maßnahmen mit höheren Kosten einherge-hen kann. Nicht zuletzt deshalb versucht der Staat in einigen Bereichen unter öko-logischen Gesichtspunkten auf die Entscheidungen der Wirtschaftssubjekte Ein-fluss zu nehmen, z.B. über Aufklärungsbroschüren, Umweltschutzgesetze, Steuern(höhere Besteuerung umweltschädlicher Güter) oder Subventionen (Zuschuss fürSolaranlagen, verbilligte Kredite für energetische Sanierung von Wohnhäusern).

Angemes-senheits-prinzip

Viele kleinere Betriebe (z.B. Einzelhandelsbetriebe, Handwerker) handeln nachdem Angemessenheitsprinzip. Sie sind zufrieden, wenn der Betrieb nach Ansichtder Geschäftsinhaber einen angemessenen Gewinn abwirft.

Human-prinzip

Das Humanprinzip zielt auf den Leistungsfaktor Arbeit ab. Es besagt, dass die Ar-beit der Selbstverwirklichung und -bestätigung dient und sich unter humanen Be-dingungen vollziehen soll.

Prinzip dergerechtenGüterver-teilung

Im Rahmen dieses Zieles wird eine „angemessene“ Verteilung von materiellen Gü-tern und Ressourcen angestrebt. Dabei ist jedoch nicht nur der Zugang zu den Gü-tern der Befriedigung von Grundbedürfnissen wie Ernährung, Kleidung oder Woh-nung gemeint, sondern auch eine Chancengleichheit bzw. Chancengerechtigkeit inBezug auf medizinische Versorgung oder Zugang zu Bildung.

Bedürfnisse

Bedarf

Nach-frage

Immaterielle Güter(Rechte, digitale Güter)Dienstleistungen

Sachgüter(materielle Güter)

wirtschaftliche Güterfreie Güter

Güter

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5. Nach dem zweiten Gossen‘schen Gesetz erreicht der Konsument dann sein Nutzenmaxi-mum, wenn er seine Konsumsumme dergestalt auf die in seinen Begehrskreis fallendenGüter verteilt, dass die verschiedenen Konsumakte pro Geldeinheit jeweils den gleichhohen Grenznutzen erbringen.

6. Die moderne Nutzentheorie basiert auf der Vorstellung, dass Nutzen allenfalls in einerOrdinalskala messbar ist, d.h., der Konsument lediglich in der Lage ist, die Nutzen einzel-ner Güter in eine natürliche Rangfolge zu bringen.

7. Bei Nutzenindifferenz stiften die Güter einen gleich hohen Nutzen. Unterstellt man, dass einKonsument zwischen zwei Gütern auswählen kann, so gibt eine Indifferenzkurve alle mög-lichen Mengenkombinationen an, bei denen der Nutzen aus seiner Sicht gleich groß ist.

8. Aufgrund der Knappheit der Mittel sind die Wirtschaftsteilnehmer gezwungen, durch plan-volles Handeln einen möglichst großen Nutzen (Gewinn) zu erzielen.

9. Jede wirtschaftliche Entscheidung hat mit Blick auf die generelle Knappheit ihren Preis; denNutzenentgang der zweitbesten Lösung (= Opportunitätskosten).

10. Das Gesetz der zunehmenden Opportunitätskosten besagt, dass mit fortwährender Subs-titution eines Gutes durch das andere Gut die hierbei anfallenden Opportunitätskosten ste-tig ansteigen.

11. Das Problem der Güterknappheit kann man grundsätzlich mit zwei verschiedenen Strate-gien mildern: der Rationierung im Sinne eines Verzichts oder der Rationalisierung.

12. Bei vernünftigem (rationalem) Verhalten geschieht das Wirtschaften nach dem sogenann-ten ökonomischen Prinzip entweder nach dem Maximal- oder Minimalprinzip.

13. Handeln nach dem Maximalprinzip bedeutet, mit gegebenem Input einen möglichst gro-ßen Output zu erreichen; das Minimalprinzip hingegen zielt darauf ab, einen gegebenenOutput durch einen möglichst geringen Input zu realisieren.

14. Wirtschaftsubjekte, die ihr gesamtes Handeln ausschließlich an dem ökonomischen Prinzipausrichten, bezeichnet man als „Homo oeconomicus“.

15. Die Spieltheorie belegt, dass die Menschen ihr gesamtes Handeln nicht ausschließlich andem ökonomischen Prinzip ausrichten, vielmehr spielen andere Werte – wie beispiels-weise der verantwortungsvolle Umgang mit der Knappheit natürlicher Ressourcen – eineRolle.

16. Zu den weiteren Prinzipien des Wirtschaftens zählen u.a. das:

� ökologische Prinzip,

� Angemessenheitsprinzip,

� Humanprinzip,

� Prinzip der gerechten Güterverteilung.

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Übungsaufgaben und Prüfungstraining:1. Von der Möglichkeit bisher rein öffentliche Güter in sogenannte private Güter „umzuwan-

deln“, berichtet nachfolgender Artikel.

Quelle: www.wdr.de

Diskutieren Sie weitere Möglichkeiten der Umwandlung öffentlicher Güter in private Güter!Gehen Sie bei Ihren Vorschlägen auch auf die konkrete Umsetzung ein und erläutern Sie mög-liche Probleme bei der Durchführung!

2. Wirtschaftliche Güter lassen sich nach deren Eigenschaften in Bezug auf Rivalität und Aus-schließbarkeit unterteilen. Auf der Basis dieser Kriterien lassen sich die wirtschaftlichen Güterin vier Gruppen unterteilen.

a) Erläutern Sie kurz das Rivalitäts- und das Ausschlussprinzip!

b) Vervollständigen Sie die unten stehende Tabelle, indem sie nachfolgende Beispiele in dieÜbersicht eintragen!– Straßenbeleuchtung – überfüllter städtischer Kindergarten– Laptop – terrestrische Rundfunkübertragung– MP3-Player – Fußballübertragung im „pay-per-view-Verfahren“

Teststrecke in Lemgo – Straßenbeleuchtung per SMSVon Markus Rinke

Dunkle Abende, unbeleuchtete Straßen – ein un-wohles Gefühl auf dem Heimweg. Viele Kommunenschalten nachts die Straßenbeleuchtung aus. Im Lip-pischen Lemgo sind die Bürger nicht nur sparsam,sondern auch findig. Hier sollen die Lampen perKurzmitteilung angehen.„Wir haben hier einen tollen Fahrradweg und einetolle Beleuchtung, aber nachts geht das Licht aus“,sagt Angelika Grote. Die Stadt Lemgo spart seit dreiJahren nachts Strom. Um elf Uhr werden in den Au-ßenbezirken die Laternen abgestellt. Rund 50000Euro spart die Stadt so jedes Jahr. Doch der Muttervon zwei Jugendlichen war es ein Dorn im Auge,dass die Kinder im Dunkeln nach Hause kommen.„Gerade am Wochenende, wenn die Jugendlichen aufPartys sind, wollen sie nicht abgeholt werden.“ Aberes gibt eine Lösung: Ehemann Dieter Grote wählt mitseinem Handy eine Kurzmitteilung an die Stadtwer-ke und schon wenige Sekunden später ist der stock-dustere Weg durch Laternen ein wenig erleuchtet.Die Lösung des Problems kam ganz spontan. Ehe-mann Dieter Grote sah auf einer Ausstellung derStadtwerke einen Stromzähler mit Münzeinwurf.Säumige Haushaltskunden bekamen früher so einGerät, mussten Geld einwerfen, den Knopf drehenund hatten dann wieder Strom. „Da kam ich auf dieIdee, das Licht an den Straßen individuell einzuschal-ten“, sagt Dieter Grote. Statt Münzeinwurf ist es al-lerdings zeitgemäßer, das Handy als Schalter zu nut-zen. Von dieser Idee waren die Stadtwerke spontanso begeistert, dass sie eine Teststrecke eingerichtethaben.Und die Umsetzung ist relativ einfach. Ähnlich wiebeim Parkscheinziehen per Handy, ist in den Schalt-kästen ein Modem eingebaut. Der Fußgänger schickteine SMS mit einer Nummer an die Stadtwerke. Vondort geht das Signal weiter an den Schaltkasten undschon geht das Licht an. Bei den modernen Lampen,

die schnell leuchten und relativ wenig Strom ver-brauchen, ist das technisch kein Problem, versichertGeorg Klene, der das Projekt bei den Stadtwerkenleitet. Der Fußgänger muss sich allerdings mit sei-nem Handy bei den Stadtwerken registrieren lassenund später den Strom bezahlen. Damit soll der Miss-brauch vermieden und Geld verdient werden.Für die zwei Kilometer lange Teststrecke soll eine 15Minuten dauernde Beleuchtung 50 Cent kosten. Al-lerdings ist das nur ein grober Richtwert und zumin-dest für Dieter Grote nebensächlich: „Das ist schonein tolles Gefühl, wenn man hier mit dem Handy dasLicht einschalten kann.“ Angenehmer Nebeneffektfür die Grotes ist dabei, dass es sich bei der Versuchs-strecke genau um den Weg handelt, den die Kinderimmer aus Lemgo nach Hause nehmen.Doch die Lipper gelten nicht umsonst als sparsamund geschäftstüchtig. Bisher ist es noch ein Versuch,doch die Stadtwerke haben das Anschalten der La-ternen per SMS als Patent angemeldet und damitgroße Pläne: „Wir können das deutschlandweit ein-setzen und stehen schon aktiv mit mehreren Kom-munen in Kontakt“, sagt Georg Klene. Noch in die-sem Jahr stellt er die Idee in einer Stadt im Ruhrge-biet vor. Und Dieter Grote hat bereits weitere Pläne:So könnten Rettungswagen nachts Einsätze inWohngebieten beleuchten lassen, Taxifahrer ihrenKunden Licht vor der Haustür als besonderen Ser-vice anbieten oder Jogger an Winterabenden dasFlutlicht eines Sportplatzes anschalten. Die Idee seidoch überall umsetzbar, ist Dieter Grote überzeugt.Dabei betonen die Initiatoren aber immer wieder,dass es sich bei der Beleuchtung um ein zusätzlichesAngebot handelt. Alles andere würde vermutlichauch ein politisches Feuerwerk entfachen. Keine 20Kilometer entfernt in der Nachbarstadt Bad Salzuflengibt es zurzeit einen heftigen Streit um die nächtlicheBeleuchtung auf den Straßen.

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– Bauland in Ballungsgebieten – öffentliches Schwimmbad– saubere Luft – Warnsignal eines Leuchtturms– Telefonfestnetz – verstopfte öffentliche Straßen

3. Ein Vergleich der im Einzelhandel nachgefragten Warengruppen ergab in Bezug auf ihreAnteile an den Gesamtausgaben folgende Veränderungen in %:

a) Welche Ursachen könnten diese Veränderungen haben?b) Wodurch können die Bedürfnisse des Einzelnen und die der Gesellschaft beeinflusst

werden?

4. Welche Unterschiede können Sie zwischen den folgenden Gütern feststellen?Trinkwasser; Spezial-Bohrmaschine; Luft; Kartoffel; Wolle; Banküberweisung; Reparatur derHeizung; Lebensversicherung; Kochtopf; Eisenerz; Kühlschrank; Verlagsrechte.

5. a) Füllen Sie das Schaubild mit jeweils zwei Beispielen aus!

Rivalitätsprinzip möglich

Ja Nein

Ausschluss-prinzipmöglich

Ja

private Güter�

Kollektivgüter�

Nein

gesellschaftliche Güter(Allmendegüter)

(reine) öffentliche Güter

Milch, Milcherzeugnisse, Speisefette und -öle sowie Eier . . . . . + 1Tabakwaren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – 17Kartoffeln, Gemüse, Obst und Marmelade . . . . . . . . . . . . . . + 3Getränke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ± 0Fische und Fischwaren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . + 2Bekleidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . + 2Waren für Körperpflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – 3Schuhe und Schuhwaren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – 7Kraftstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . + 9Arzneimittel (innere Anwendung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . + 11Brennstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . + 16

Güter

Freie Güter

1.2.

Wirtschaftliche Güter

Sachgüter

1.2.

Dienstleistungen

1.2.

Rechte

1.2.

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b) Worin liegt der Unterschied zwischen einem freien und einem wirtschaftlichen Gut?c) Suchen Sie jeweils zwei weitere Beispiele für

ca) Konsumgüter,cb) Produktivgüter!Geben Sie zu den gefundenen Beispielen an, ob es sich jeweils um ein Verbrauchs- oderGebrauchsgut handelt!

6. Das Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen erlaubt Aussagen über das Konsum- und Nach-frageverhalten von Wirtschaftssubjekten.Erläutern Sie verbal und grafisch die Kurvenverläufe von Gesamt- und Grenznutzenfunktion!Bestimmen und erläutern Sie in diesem Zusammenhang auch die Sättigungsmenge und dasNutzenmaximum!

7. Betrachten Sie bitte nachstehende Indifferenzkurve, sowie die Güterkombinationen A,B,C,D.

Bringen Sie die Güterkombinationen (A,B,C,D) in eine Nutzenrangfolge!

8. Erläutern Sie nachfolgende Abbildung!

9. Welche grundlegenden Strategien können zur Milderung des Phänomens der Güterknappheitangewandt werden? Erläutern Sie diese kurz!

10. Erläutern Sie grafisch und verbal das Gesetz der zunehmenden Opportunitätskosten!

11. Entscheiden Sie, nach welchem Prinzip sich die Handelnden in den folgenden Fällen verhal-ten und worin sich dieses Verhalten zeigt!a) Die Studentin Ingrid Schick hat monatlich 250,00 EUR zu ihrer freien Verfügung. Sie führt

bei ihren Ausgaben Preisvergleiche durch.

D C

BA

Indifferenzkurve

Konsumgüter

Produktionsgüter

K2

+ Δ K

K1

P2 P1

– Δ P

E

C

A

DB

Transformationskurve 1Transformationskurve 2

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b) Das Bauunternehmen A. Schneider beteiligt sich an der Ausschreibung für die Rohbau-arbeiten zum Bau einer Schule. Es ist sehr an diesem Auftrag interessiert.

c) Die Stahlbau GmbH möchte das Außenlager mit Verbundsteinen pflastern lassen. Hierzuholt der Geschäftsführer Angebote ein.

d) Der Landwirt Emil Haas hat ein jährliches Nettoeinkommen von 20000,00 EUR. Als Arbei-ter könnte er ein Nettoeinkommen von 25000,00 EUR erzielen.

e) Ein Auktionator versteigert auf einer Kunstauktion ein Gemälde.

12. Beurteilen Sie diese Formulierung des ökonomischen Prinzips:„Mit möglichst geringem Aufwand an Mitteln soll der größtmögliche Erfolg erzielt werden.“!

13. Angenommen ein Haushalt verfügt über ein Budget in Höhe von 100,00 EUR. Des Weiterenwird angenommen, dass die Preise für die beiden Güter x1 und x2, die in den Begehrskreis desbetrachteten Haushaltes fallen, p1 = 2,00 EUR und p2 = 4,00 EUR seien.Bei Darstellung der Budgetgeraden wird x2 auf die y-Achse und x1 auf die x-Achse gesetzt.Wie verändert sich die Lage der Budgetgerade, wenn der Preis von x2 sinkt?

14. Der Langzeitstudent Kevin ist leidenschaftlicher Gin-Tonic-Trinker. Er nimmt immer einMischungsverhältnis von Gin zu Tonic von 1:3. Sein monatliches Budget für Gin und Tonicbeträgt 120,00 EUR. In seinem Lieblingsgetränkeladen kostet 1 Liter Gin 12,00 EUR, für einenLiter Tonic muss er 6,00 EUR zahlen.

Wie viel Liter Gin bzw. Tonic wird Kevin pro Monat trinken?

15. Entscheiden Sie, welche Güterarten in den unten stehenden Fällen angesprochen sind. Tra-gen Sie die zutreffende Bezeichnung in das vorgesehene Feld ein! Folgende Ziffern stehen zurAuswahl:(1) freie Güter,(2) Sachgüter,(3) Dienstleistungen,(4) Rechte,(5) Ungut.

a) Ein Automobilkonzern kauft ein Patent zur Herstellung eines mit Wasser-stoff betriebenen Pkws.

b) Der Hobbygärtner Jens Pütz gießt seine Blumen und sein Gemüse aus-schließlich mit Regenwasser.

c) Der Angestellte Frank Rost eröffnet beim Bankhaus Siegen ein Girokonto.

d) Der Kunde Peter Pump nimmt seinen eingeräumten Dispositionskredit inAnspruch.

e) Familie Meier sammelt Plastikmüll im gelben Sack und stellt diesen einmalmonatlich zur Abholung an die Straße.

f) Um Geld zu sparen, verbrennt Herr Knauser jeden Samstag seinen Haus-müll auf seinem Grundstück.

g) Zur Vorbereitung auf eine Klausur belegt der Student Matthias Schlappnereinen Vorbereitungskurs eines privaten Bildungsträgers für 350,00 EUR.

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16. A: Bei welchen der nachfolgenden Sachverhalte handelt es sich um ein(1) Konsumgut(2) Produktionsgut

und

B: welche Nutzung ist mit diesem Produkt verbunden:(3) Gebrauchsgut(4) Verbrauchsgut?

Tragen Sie die entsprechende Lösung in die jeweilige Lösungsspalte ein! Sollte keine Zuord-nung möglich sein, tragen Sie eine (9) ein!

17. Entscheiden Sie, in welcher Beziehung die jeweiligen Güterpaare zueinander stehen! TragenSie eine(1) für Komplementärgüter,(2) für Substitutionsgüter und eine(9) ein, wenn kein Beziehungszusammenhang besteht!

Sachverhalt A B

a) Der Bankangestellte Hans Spurt fährt jeden Morgen mit seinem neuenMountainbike zur Arbeit.

b) Die Sparkasse Siegerland kauft für 5000,00 EUR Kopierpapier.

c) Der Angestellte Fritz Fischer nimmt sich nach Geschäftsschluss den Lap-top seines Arbeitgebers mit nach Hause, um dort in aller Ruhe weiterzuar-beiten.

d) Die Car Concept AG hält in ihrer Kantine täglich etwa 1000 Mittagessen fürdie Mitarbeiter bereit.

e) Die Sparkasse Neuhausen stattet die beiden Vorstandszimmer mit jeweilseinem Kühlschrank aus.

f) Die Büroangestellte Kerstin Meier tankt morgens für 10,00 EUR Superplus, um zur Arbeit fahren zu können.

g) Der Rechtsanwalt Ralf Klug kauft sich für seinen privaten PC einen WLAN-Router, um das Internet nutzen zu können.

h) Seit dieser Anschaffung surft Herr Klug allabendlich ca. drei Stunden imInternet.

a) Pfeffer und Salz

b) Wasser und Feuerwehrschlauch

c) Lampe und Energiesparbirne

d) Zucker und Süßstoff

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18. Kennzeichnen Sie nachfolgende Fälle mit einer

(1), wenn es sich um ein Vorgehen nach dem Minimalprinzip handelt,

(2), wenn es sich um ein Vorgehen nach dem Maximalprinzip handelt,

(9), wenn es sich weder um ein Vorgehen nach dem Minimal- noch nach dem Maximalprinziphandelt.

e) Girokonto und Sparkonto

f) Kreditkarte und Sparkarte

g) Geldausgabeautomat und Girocard

a) Der Student Stefan Schlonz möchte mit möglichst wenig Lernaufwand diebeste Klausur schreiben.

b) Die Clever & Smart GmbH setzt sich als Ziel, mit den zurzeit fünf Angestell-ten den Umsatz im nächsten Jahr zu steigern.

c) Thorsten Schumacher möchte einen neuen Porsche 911 zu einem mög-lichst günstigen Preis kaufen.

d) Aus mehreren Angeboten wählt Thorsten (vgl. Aufgabe c) das teuersteaus.

e) Die Spar GmbH möchte den Vorjahresumsatz wieder erreichen, wobeiallerdings die Kosten deutlich gesenkt werden sollen.

f) Mit einem festgelegten Werbeetat soll bei der Car Concept AG ein mög-lichst großer Werbeerfolg erreicht werden.

g) Der Student Hansi Fleiß möchte mit insgesamt 14 Stunden Lernaufwandeine möglichst gute BWL-Klausur schreiben.

h) Der Bankauszubildende Ralf Schuppe möchte für seine Ausbildungsver-gütung möglichst wenig arbeiten.

i) Bei gleicher Servicequalität entscheidet sich ein Bankkunde bei der Konto-eröffnung aus persönlichen Gründen nicht für das preisgünstigste Institut.

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2.7 Der Wirtschaftskreislauf

2.7.1 Der einfache Wirtschaftskreislauf

Das Zusammenspiel der Wirtschaftseinheiten in einer Volkswirtschaft lässt sich durcheine Kreislaufdarstellung abbilden. Beim einfachen Wirtschaftskreislauf wird unterstellt,dass in dieser Wirtschaft nur Haushalte und Unternehmen am Wirtschaftsleben teilneh-men, die ökonomischen Beziehungen beispielsweise zu dem Staat oder Ausland bleibenbei dieser Betrachtung außen vor.

Sämtliche Ersteller von Gütern und Dienstleistungen in einer Volkswirtschaft werden indem Sektor „Unternehmen“ zusammengefasst, während sämtliche Verbraucher den Sek-tor „Private Haushalte“ bilden.

Zur Deckung des Bedarfs einer Volkswirtschaft sind Güter und Dienstleistungen erforder-lich. Diese werden, abgesehen von den wenigen freien Gütern, von einer Vielzahl vonUnternehmen produziert bzw. erbracht.

Zur Erstellung dieser Güter und Dienstleistungen werden von den Unternehmen Arbeits-kräfte, Boden und Kapital benötigt. Diese sogenannten Produktionsfaktoren kaufen sievon den privaten Haushalten. Die „Kaufpreise“ fließen diesen z.B. in Form von Arbeitsein-kommen, Pachten, Mieten, Zinsen oder Dividenden zu. Die privaten Haushalte geben wie-derum – im einfachsten Falle – ihre Einkommen vollständig zum Kauf von Gütern undDienstleistungen aus.

Aus diesen Vorgängen lässt sich unmittelbar ableiten, dass innerhalb des Wirtschafts-kreislaufes zwei unterschiedliche Ströme fließen: der Geldkreislauf und der Güterkreis-lauf.

� Geldkreislauf: Die Unternehmen zahlen an die Haushalte Entgelte für die Bereitstel-lung der Produktionsfaktoren. Dieses Geld fließt den Unternehmen allerdings durchden Verkauf von Gütern und Dienstleistungen an die Haushalte wieder zu.

� Güterkreislauf: Die Haushalte stellen den Unternehmen Produktionsfaktoren zur Ver-fügung und die Unternehmen liefern an die Haushalte die von ihnen produzierten bzw.bereitgestellten Güter und Dienstleistungen.

Betrachtet man beide Ströme, stellt man fest, dass Geld- und Güterstrom entgegenge-setzt verlaufen; wertmäßig sind sie jedoch gleich.

Abbildung: Einfacher Wirtschaftskreislauf

Güter und Dienstleistungen

Entgelte für Güter und Dienstleistungen

Entgelte für PF: Löhne, Gehälter, Gewinne, Pacht, Zinsen

Produktionsfaktoren (PF): Arbeit, Boden, Kapital

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2.7.2 Der erweiterte Wirtschaftskreislauf

Bei diesem Modell des Wirtschaftsprozesses wird die Kreislaufdarstellung noch um denStaat, die Kreditinstitute und das Ausland erweitert, wobei zwischen allen fünf Wirt-schaftssubjekten jeweils Beziehungen in Form eines Geld- und Güterkreislaufes bestehen.Zu einigen Kreislaufströmen des erweiterten Modells sind in nachfolgender Tabelle Bei-spiele aufgeführt.

Beziehung zwischen . . . Geldkreislauf Güterkreislauf

Haushalt und Staat � Der Auszubildende CarstenClever bezahlt von seinemWeihnachtsgeld die Kfz-Steuer.

� Familie Müller erhält Kinder-geld.

� Hans Schmidt arbeitet alsLehrer an einer staatlichenSchule.

� Die Stadt Siegen baut eineneue Spielstraße.

Haushalt undKreditinstitute

� Der vermögende Daniel Duckerhält eine Zinsgutschrift fürsein Sparguthaben.

� Der Angestellte Ralf Schuppzahlt an seine Bank Kontofüh-rungsgebühren.

� Der Immobilienbesitzer HansBecker vermietet sein Ge-schäftshaus an die SparkasseSiegerland.

� Die Volksbank Mittelhessenverkauft einem Münzsamm-ler eine Goldmünze.

Haushalt und Ausland � Dem in Luxemburg arbeiten-den Egon Kling wird sein Ge-halt an die Sparkasse Trierüberwiesen.

� Die preisbewusste Tanja Sparbezahlt ihren in Italien gekauf-ten Kleinwagen.

� Der Spekulant Bodo Bostel-lani legt einen Teil seines Ver-mögens in den USA an.

� Ein kalifornischer Winzer ver-sendet eine Kiste Wein aneinen deutschen Weinliebha-ber.

Unternehmenund Staat

� Die Hinkelstein AG überweistihre Körperschaftsteuer andas zuständige Finanzamt.

� Der Staat tätigt Subventions-zahlungen an deutsche Un-ternehmen.

� Die Firma Hochbau GmbH er-stellt ein neues Berufsschul-gebäude im Auftrag einesLandkreises.

� Die städtische Müllabfuhrentsorgt den Müll der FirmaBallast GmbH.

Unternehmenund Kreditinstitute

� Die Computer GmbH erhälteine Gutschrift für gelieferteHardware.

� Die Volksbank Oberschwa-ben belastet die Fritz VerzugAG mit Sollzinsen.

� Die Paper GmbH beliefert dieörtliche Sparkasse mit Büro-material.

� Die Volksbank Maintal ver-kauft der „Second-Hand KG“ausrangierte Büromöbel.

Unternehmenund Ausland

� Die Maschinenbau AG erhälteine Dividendenzahlung aufausländische Aktien.

� Die Möbel Import GmbHüberweist eine Rechnung aneinen italienischen Zulieferer.

� Die Wassertechnik OHG ent-sendet einen Ingenieur in denSudan.

� Ein deutsches Maschinen-bauunternehmen mietet einBetriebsgebäude in Portugal.

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2.7.3 Kritik am Modell des Wirtschaftskreislaufs

In dem Modell wird unterstellt, dass sich die realen und monetären Ströme entsprechen.Dies gilt allerdings nur dann, wenn die Haushalte ihr gesamtes Einkommen (Y = yield)konsumieren. In der Realität haben die Haushalte bezüglich der Verwendung ihres Ein-kommens zwei Möglichkeiten: Konsum (C = consumption) oder Konsumverzicht in Formvon Sparen (S = save). Konsumverzicht bedeutet zunächst einmal, dass verfügbare Ein-kommensteile nicht für Konsum verwendet werden. Bezüglich der Einkommensverwen-dung privater Haushalte gilt also:

Y = C + S (Einkommensverwendungsgleichung)

Durch den geringeren Konsum der Haushalte werden Produktionskapazitäten nicht inAnspruch genommen, die nunmehr statt für die Herstellung von Konsumgütern für dieProduktion von Produktionsgütern genutzt werden können. Das so gebildete Sachkapi-tal steht den Unternehmen im Rahmen des Produktionsprozesses langfristig zur Ver-fügung (= Investition). Hierdurch erhöhen sich die volkswirtschaftlichen Produktions-kapazitäten, was letztlich mit einem Anstieg des „volkswirtschaftlichen Vermögens“gleichzusetzen ist. Unternehmen können also entweder Konsum- oder Produktionsgüterherstellen. Für die Entstehung von Einkommen gilt also:

Y = C + I (Einkommensentstehungsgleichung)

Da sich beide Wertströme in ihrer Größe entsprechen, kann man sie gleichsetzen undnach mathematischen Grundregeln wie folgt umformen:

C + I = C + SI = S

In dem Modell des einfachen Wirtschaftskreislaufs fehlt also dieser Prozess des Vermö-genszuwachses (Geldvermögen bei den Haushalten, Realvermögen bei den Unterneh-men) innerhalb einer Volkswirtschaft, der sich auch auf einem „Vermögensänderungs-konto“ darstellen lässt.

2.8 Die Produktionsfaktoren

Die Produktion wirtschaftlicher Güter geschieht durch die Kombination von Produktions-faktoren. Als Produktionsfaktor werden somit alle materiellen und immateriellen Güterbezeichnet, deren Einsatz für die Hervorbringung anderer wirtschaftlicher Güter aus tech-nischen oder wirtschaftlichen Gründen erforderlich sind.

2.8.1 Die Produktionsfaktoren aus volkswirtschaftlicher Sicht

Aus volkswirtschaftlicher (gesamtwirtschaftlicher) Sicht unterteilt man die für die Produk-tion eingesetzten Güter in Arbeit, Boden und Kapital.

Vermögensänderungskonto

Investitionen Ersparnis

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Produktionsfaktor Erläuterungen

Arbeit Unter dem Produktionsfaktor Arbeit im volkswirtschaftlichen Sinne ver-steht man die Tätigkeiten des Menschen, die er gegen Entgelt ausführt.Privat geleistete Arbeit (z.B. Hausfrauentätigkeit) oder Freizeitbetätigungenfinden keine Berücksichtigung.

Der Produktionsfaktor Arbeit lässt sich in vielfältiger Art und Weise differen-zieren nach der:� Art der Tätigkeit: körperliche und geistige Arbeit;� Intensität der Ausbildung: ungelernte Arbeit, angelernte Arbeit, ge-

lernte Arbeit;� Selbstbestimmtheit der Tätigkeit: selbstständige Arbeit, unselbst-

ständige Arbeit;� Leitungsfunktion: leitende (dispositive) Arbeit, ausführende (exekuti-

ve) Arbeit.

Träger des Faktors Arbeit ist der einzelne Mensch. Die Natur stellt in allerRegel keine gebrauchsfertigen Güter für uns zur Verfügung, sondern nurRohstoffe bzw. Energiequellen, die der Mensch erst gewinnen odererschließen muss. Die zu diesem Zweck vom Menschen aufzuwendendeArbeit hat eine quantitative (die Zahl der Arbeitskräfte) und eine qualitati-ve Seite (der Ausbildungsstand der Arbeitskräfte).

Spätestens seit der ersten industriellen Revolution hat das Wissen um dieHerstellung von Gütern stark an Gewicht zugenommen. Deshalb rechnetman heute das Wissen entweder als vierten Produktionsfaktor zu den dreiklassischen Produktionsfaktoren hinzu oder ordnet ihn dem Faktor Arbeitzu. Eine gute Ausbildung ist eine Investition in die eigene Arbeitskraft, diezu besserer Entlohnung führen kann. Zudem hat man in zahlreichen Stu-dien nachweisen können, dass ein höherer Bildungsabschluss das Risikovon Arbeitslosigkeit verringert.

Vor diesem Hintergrund ist Bildung für breite Bevölkerungsschichten diebeste Investition in die Zukunft jedes Einzelnen und somit auch eines Staa-tes. Dies erklärt zudem, warum das Recht auf Bildung zu den Grundrechtenunseres Landes zählt. Heute versteht man unter „Recht auf Bildung“ auchdie Weiter- und Höherbildung.

In den Entwicklungsländern ist die Bedeutung des Produktionsfaktors Wis-sen längst erkannt worden, aber ökonomische, gesellschaftliche und poli-tische Strukturen verhindern noch eine breite Ausbildung der Bevölkerungund somit auch einen stärker ansteigenden Wohlstand.

Die Industriestaaten können deshalb vergleichsweise hochwertigere Güterals Entwicklungsländer herstellen, weil sie unter anderem über ein höheresMaß an Bildung im weitesten Sinne, vor allem aber technischem Wissen(Know-how, Human Capital) verfügen. Umfang und Qualität der Produktionhängen somit nicht nur von den Produktionsfaktoren Boden, Arbeit und Ka-pital, sondern auch vom technischen Fortschritt der wirtschaftenden Men-schen ab.

Da Bildung und Ausbildung dem Menschen nicht von vornherein gegebensind, sondern oft mühevoll erworben werden müssen, handelt es sich beider Bildung ebenfalls um einen abgeleiteten (derivativen) Produktionsfak-tor. Mit Blick auf die Bedeutung der Bildung für den wachsenden Wohlstandeiner Volkswirtschaft haben Investitionen in Bildung einen besonders star-ken Einfluss auf die künftige wirtschaftliche Entwicklung eines Landes.

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Kapital Der Produktionsfaktor Kapital umfasst alle in einem Produktionsprozesseingesetzten (produzierten) Produktionsmittel wie beispielsweise Gebäu-de, Maschinen oder Werkzeuge. Er bezieht sich ausschließlich auf dasRealkapital und nicht auf das Geldkapital. Im volkswirtschaftlichen Sinneerleichtert das Geld(-kapital) als allgemeines Tauschmittel lediglich die Ge-schäftsabwicklung.

Da Kapital erst durch die Kombination der beiden „ursprünglichen“ Produk-tionsfaktoren Arbeit und Boden hergestellt werden kann, bezeichnet mandiesen Faktor auch als „abgeleiteten“ Produktionsfaktor. Eine Produktionunter Einsatz von Kapital führt zu einer höheren Ausbringungsmenge alseine Produktion ohne Einsatz von Kapital.

Die Bildung von Realkapital setzt das Sparen (Konsumverzicht) voraus.

Die Anlage von Geld- und Sachkapital in Produktivvermögen bezeichnetman als Investition. Bei den Investitionen unterscheidet man allgemein fol-gende Arten:

Produktionsfaktor Erläuterungen (Forts.)

Anlageinvestitionen

Investitionen in Anlage-vermögen (Ausrüstungen,Bauten) und immaterielleAnlagen

Bruttoinvestitionen

Summe aller Investitionen

Vorratsinvestitionen

Vermehrung oder Vermin-derung (Desinvestition) inUmlaufvermögen (z.B.Bestand an fertigen undunfertigen Erzeugnissen)

Ersatzinvestitionen(Anlagereinvestition)

Mittels dieser Investitionwird der Anlagebestand er-halten. Ersatzinvestitionenkönnen allerdings zu Ver-besserungen der Produk-tion führen, sodass eineProduktionssteigerungauch dann möglich ist,wenn die Nettoinvestitionengleich null sind.

Nettoinvestitionen(Anlageneuinvestition)

Diese die Anlageersatz-investition übersteigendenInvestitionen führen zueiner Kapitalneubildungund erhöhen die Leistungs-kraft einer Volkswirtschaft.

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2.8.2 Die Produktionsfaktoren aus betriebswirtschaftlicher Sicht

In Abgrenzung zur Volkswirtschaftslehre untergliedern sich die betriebswirtschaftlichenProduktionsfaktoren in den dispositiven Leistungsfaktor (leitende Arbeit) und die elemen-taren Leistungsfaktoren. Zu den elementaren Leistungsfaktoren zählen die ausführendeArbeit, das Sachvermögen (Gebäude, Werkstoffe und Betriebsmittel), Rechte (immate-rielle Leistungsfaktoren) und auch das Geldvermögen.

Abbildung: Betriebswirtschaftliche Leistungsfaktoren

2.9 Die Arbeitsteilung

In den meisten Fällen geschieht die Produktion und Bereitstellung wirtschaftlicher Güterdurch Arbeitsteilung, also durch die Auflösung des Herstellungsprozesses in Teilverrich-tungen, die von verschiedenen Wirtschaftseinheiten ausgeführt werden. Diese Arbeits-teilung ist letztlich eine Strategie, um durch bestmögliche Verteilung der Güter undProduktionsfaktoren die Auswirkungen der Knappheit der Güter auf den Menschen zu mil-dern.

2.9.1 Arbeitsteilung zwischen den Wirtschaftssektoren

Untergliedert man die verschiedenen Zweige einer arbeitsteiligen Wirtschaft in vertikalerRichtung, so lassen sich folgende Wirtschaftsstufen unterscheiden: Erzeugung (primärerSektor), Weiterverarbeitung (sekundärer Sektor) und Verteilung (tertiärer Sektor). Unter-stützt werden diese drei Wirtschaftssektoren von den Dienstleistungsbetrieben, dieebenfalls dem tertiären Sektor zugerechnet werden.

Betriebswirtschaftliche Leistungsfaktoren

elementareLeistungsfaktoren

ausführendeArbeit

dispositiverLeistungsfaktor

leitende (disposi-tive) Arbeit

menschlicher

Leistungsfaktor

Geldvermögen

Betriebsmittel

Werkstoffe

Gebäude

Rechte

trr

zrr

u

Sach-vermögen

trr

rzr

rr

u

materielle (stoffliche)Leistungsfaktoren

immaterielleLeistungsfaktoren

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Die Bedeutung der einzelnen Wirtschaftssektoren verändert sich im Zeitablauf. Wie dienachfolgende Abbildung verdeutlicht, hat sich auch in Deutschland in den letzten knappzweihundert Jahren eine deutliche Verlagerung vom primären zum sekundären undschließlich zum tertiären Sektor vollzogen. Nicht ohne Grund spricht man hierzulandenicht mehr von der Industrie-, sondern Dienstleistungsgesellschaft, da mittlerweile mehrals zwei Drittel aller Arbeitsplätze im tertiären Sektor angesiedelt sind. Die Ursachen fürdiesen Strukturwandel sind sehr vielschichtig, wie beispielsweise Veränderung der Nach-frage, neue Technologien oder Produktivitätsfortschritte.

Abbildung: Prozentuale Aufteilung der Erwerbstätigen in Deutschland gegliedert nach den dreiSektoren

Neben der Arbeitsteilung zwischen den einzelnen Sektoren lassen sich im Wesentlichennoch zwei weitere Formen der Arbeitsteilung unterscheiden.

Übersicht: Einzelne Wirtschaftsbereiche

Wirtschaftsbereiche Erläuterungen

Erzeugung(primärer Sektor)

Die Funktion dieses Sektors ist die Bereitstellung von Rohstoffen.Hierzu zählen beispielsweise land- und forstwirtschaftliche Betriebe,Fischereien, Bergbauunternehmen, Kiesgruben, Erdöl und Erdgas för-dernde Betriebe.

Weiterverarbeitung(sekundärer Sektor)

Gegenstand dieser Unternehmen ist die Umwandlung der Rohstoffe inInvestitions- und Konsumgüter.

Verteilung(tertiärer Sektor)

Unternehmen dieser Wirtschaftsstufe übernehmen die Verteilung derGüter vom Produzenten bis zum Endverbraucher. Hierzu zählen in ers-ter Linie Handelsbetriebe.

Sonstige Dienstleis-tungsbetriebe

Die Übernahme von Hilfsfunktionen bei der Erzeugung, Weiterverar-beitung und Verteilung von Gütern obliegt den Dienstleistungsunter-nehmen, die ebenfalls dem tertiären Sektor zugerechnet werden (z.B.Kreditinstitute, Versicherungen, Verkehrsbetriebe).

Prozent 8070605040302010

0

80

10 10

24

4333

74

2

24

1800 1950 2011Jahr

Primärer Sektor

Sekundärer Sektor

Tertiärer Sektor

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2.9.2 Innerbetriebliche Arbeitsteilung

Die Gesamtaufgabe eines Betriebes wird in Teilaufgabenzerlegt und bestimmten betrieblichen Funktionsbereichen(z.B. Beschaffung, Produktion, Vertrieb und Verwaltung)zugewiesen. Ziel dieser betrieblichen Arbeitsteilung ist vorallem eine Steigerung der Produktivität.

Adam Smith (1723–1790), der Begründer der klassischenVolkswirtschaftslehre, hat am Beispiel einer Stecknadeldeutlich gemacht, wie durch arbeitsteilige Produktion inkurzer Zeit eine wesentlich größere Menge der gleichenGüter erzeugt werden kann.

Quelle: Informationen zur politischen Bildung Nr. 293/2006.

2.9.3 Internationale Arbeitsteilung

Die internationale Arbeitsteilung geht auf die Erkenntnis zurück, dass jedes Land diejeni-gen Erzeugnisse im Tauschweg international anbieten wird, die es mit den vergleichs-weise (relativ) niedrigsten Kosten erzeugt. Diese Erkenntnis wurde von David Ricardo indem Gesetz der komparativen Kostenvorteile formuliert.

Adam Smith legte den Grundstein fürdie klassische Volkswirtschaftslehre

ulls

tein

– G

rang

er C

olle

ctio

n

Anstatt einer entstehen 4800 StecknadelnEin Arbeiter, der noch niemals Stecknadeln gemachthat und auch nicht dazu angelernt ist [. . .], könnte,selbst wenn er sehr fleißig ist, täglich höchstens eine,sicherlich aber keine zwanzig Nadeln herstellen.Aber so, wie die Herstellung von Stecknadeln heutebetrieben wird, ist sie nicht nur als Ganzes ein selb-ständiges Gewerbe. Sie zerfällt vielmehr in eineReihe getrennter Arbeitsgänge, die zumeist zur fach-lichen Spezialisierung geführt haben. Der eineArbeiter zieht den Draht, der andere streckt ihn, eindritter schneidet ihn, ein vierter spitzt ihn zu, einfünfter schleift das obere Ende, damit der Kopf auf-gesetzt werden kann. Auch die Herstellung des Kop-fes erfordert zwei oder drei getrennte Arbeitsgänge.Das Ansetzen des Kopfes ist eine eigene Tätigkeit,ebenso das Weißglühen der Nadel, ja, selbst dasVerpacken der Nadeln ist eine Arbeit für sich. Umeine Stecknadel anzufertigen, sind somit etwa 18verschiedene Arbeitsgänge notwendig, die in eini-gen Fabriken jeweils verschiedene Arbeiter besor-gen, während in anderen ein einzelner zwei oderdrei davon ausführt. Ich selbst habe eine kleineManufaktur dieser Art gesehen, in der nur 10 Leute

beschäftigt waren, so dass einige von ihnen zweioder drei solcher Arbeiter übernehmen mussten.Obwohl sie nun sehr arm und nur recht und schlechtmit dem nötigen Werkzeug ausgerüstet waren,konnten sie zusammen am Tage doch etwa 12 PfundStecknadeln anfertigen, wenn sie sich einigermaßenanstrengten. Rechnet man für ein Pfund über 4000Stecknadeln mittlerer Größe, so waren die 10 Arbei-ter imstande, täglich etwa 48000 Nadeln herzustel-len, jeder also ungefähr 4800 Stück. Hätten sie indesalle einzeln und unabhängig voneinander gearbeitet,noch dazu ohne besondere Ausbildung, so hätte dereinzelne gewiss nicht einmal 20, vielleicht sogarkeine einzige Nadel am Tag zustande gebracht. Mitanderen Worten, sie hätten mit Sicherheit nicht denzweihundertvierzigsten, vielleicht nicht einmal denviertausendachthundertsten Teil von dem produ-ziert, was sie nunmehr infolge einer sinnvollen Tei-lung und Verknüpfung der einzelnen Arbeitsgängezu erzeugen imstande waren.

Adam Smith, Der Wohlstand der Nationen (1776),München 1978, S. 11 f.

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Beispiel Ricardos:Portugal würde die Erzeugung einer bestimmten Menge Textilien 90 Arbeitstage kosten,die Erzeugung einer bestimmten Menge Wein 80 Arbeitstage.

England benötigt für die gleichen Mengen 100 bzw. 120 Arbeitstage.

Obwohl Portugal beide Güter billiger produzieren kann, lohnt sich die Arbeitsteilung fürbeide Länder, wenn sich jedes Land auf das Gut spezialisiert, das es mit den relativgeringsten Kosten herstellen kann. In dem Beispiel sollte sich Portugal auf Wein, Englandauf Textilien beschränken, obwohl England beide Produkte mit höheren absoluten Kostenerzeugt.

Beweis unter der Annahme, dass jedes Land 10 t Textilien und 10 hl Wein produziert hat.

1. Der Wirtschaftskreislauf bildet modellhaft das Zusammenspiel der Wirtschaftseinheiten ineiner Volkswirtschaft ab.

2. Innerhalb des Wirtschaftskreislaufes lassen sich zwischen den jeweiligen Sektoren (Haus-halte, Unternehmen, Staat, Kreditinstitute und Ausland) zwei Ströme unterscheiden:� Geldkreislauf und� Güterkreislauf.

3. Geld- und Güterstrom verlaufen entgegengesetzt, wertmäßig sind sie jedoch gleich.

4. Produktionsfaktoren sind alle materiellen und immateriellen Güter, deren Einsatz für dieHervorbringung anderer wirtschaftlicher Güter erforderlich ist.

5.

Kosten/Güter

Länder

Kosten für z.B. 10 tTextilien (T) inArbeitstagen

Kosten für z.B. 10 hlWein (W) in

Arbeitstagen

komparative (vergleichs-weise) Kostenvorteile

T : W

PortugalEngland

90100

80120

1 : 0,881 : 1,2

LänderGüter

Portugal EnglandGesamtkostenin ArbeitstagenTexti-

lien Wein Texti-lien Wein

Kosten ohne internationaleArbeitsteilung inArbeitstagen 90 80 100 120 390

Kosten mit internationalerArbeitsteilung inArbeitstagen – 160 200 – 360

Kostenersparnis inArbeitstagen 10 20 30

Produktionsfaktoren

Arbeit Boden Kapital

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6. Um die Auswirkungen der Knappheit der Güter auf den Menschen zu mildern, wurdenbestimmte Strategien entwickelt. Durch die Arbeitsteilung soll eine bestmögliche Vertei-lung von Produktionsfaktoren und Gütern erreicht werden.

7.

Übungsaufgaben und Prüfungstraining:19. a) Stellen Sie die Beziehungen zwischen den Sektoren „Unternehmen“ und „Haushalte“ in

einer Skizze dar! Beachten Sie dabei, dass es Geld- und Güterströme gibt!

b) Wie verhalten sich Güter- und Geldkreislauf zueinander?c) Welcher der beiden Kreisläufe ist wertmäßig größer?d) Welche Annahmen werden über das Konsumverhalten der Haushalte in diesem Modell

gemacht?e) Welche Arten von Unternehmen können bei der Erstellung von Gütern und Dienstleistun-

gen unterschieden werden?

20. Vor vielen Jahrhunderten lebte ein Mann mit seiner Frau und einer vielköpfigen Familie in derNähe eines Weihers. Die Arbeit des Mannes bestand darin, seine Familie zu ernähren. Dies tater durch das Sammeln von Früchten in der Natur. Die meiste Zeit wandte er dafür auf, mit blo-ßen Händen Fische im Weiher zu fangen.

Welche Faktoren setzte der Mann zur Deckung seiner Bedürfnisse ein?

21. Nach einem arbeitsreichen Tag kam unser Mann aus dem vorigen Fall zu dem Schluss, dasses so nicht weitergehen könne.

Er entschloss sich, einen Weg zu finden, wie er das sehr mühsame Fischen ändern könne.

Nach einigem Nachdenken kam ihm die Idee, aus den Weidenruten vor seiner Höhle ein Fang-gerät zu bauen, mit dem das Fischen leichter würde.

Da er an diesem Tag ein gutes Fangergebnis hatte, sagte er zu seiner Frau, dass sie einigeFische für den nächsten und übernächsten Tag aufheben solle, da er ein Gerät zum Fischfangbauen wolle.

Es gelang ihm, eine Technik zu entwickeln, mit der er die Weidenruten zu einem Fangkorbflechten konnte. Als er am dritten Tag mit seinem Fangkorb fischte, konnte er in kurzer Zeitmehr Fische fangen als vorher.

Welche Mittel setzte der Mann ein, um das bessere Fangergebnis zu erreichen?

Formen der Arbeitsteilung

volkswirtschaftlicheinternationale innerbetriebliche

sekundärer Sektorprimärer Sektor tertiärer Sektor

Unternehmen Haushalte

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22. a) Wodurch wurde es dem Mann in Aufgabe 21 möglich, Kapital zu bilden?b) Welche volkswirtschaftlichen Produktionsfaktoren waren ursprünglich (originär) vorhan-

den, welcher Produktionsfaktor ist erst nachträglich (derivativ) entstanden?

23. Drei Freunde treffen sich bei einer Feier, zu der Oskar nach bestandener Prüfung zumBetriebswirt eingeladen hatte.

Mit Willi und Eberhard unterhält sich Oskar über seine Zukunftspläne.

Er meint, dass er sich möglichst bald selbstständig machen will. Die Herstellung von Wärme-pumpen wäre in dieser Zeit das Richtige. „Das wäre auch etwas für mich“, sagte Willi, „alsgelernter Elektromechaniker mit Elektronikkenntnissen könnte ich die Produktion leiten. Duübernimmst den kaufmännischen Teil.“

Eberhard will in seinem bisherigen Beruf als Krankenpfleger bleiben. Er bietet den beidenFreunden aber an, sie könnten sich ihr Unternehmen in seinem Haus einrichten. Sein Onkelhatte dort früher eine Schlosserei betrieben. Das Grundstück sei groß genug, um eine Erwei-terung der vorhandenen Werkstatt durchzuführen. Das Grundstück mit dem Gebäude könnteer als Sacheinlage in das Unternehmen einbringen; er sei aber auch bereit, ihnen das Anwe-sen zu verpachten.

Jetzt mischte sich auch Heike, die Freundin von Oskar, ein, die dem Gespräch zugehört hatte.„Woher wollt ihr denn das Geld nehmen, das zum Betreiben eines solchen Unternehmenserforderlich ist? Wer gibt euch denn das Wissen, wie eine Wärmepumpe gebaut wird? Ihrbraucht auch noch Arbeitskräfte, Maschinen und was weiß ich noch alles!“

Das Gespräch kam jetzt erst richtig in Gang.a) Welche Produktionsfaktoren (Leistungsfaktoren) wurden in diesem Gespräch erwähnt,

die zum Betreiben eines Unternehmens erforderlich sind?b) Welche Leistungsfaktoren werden außer den oben genannten noch erforderlich sein?c) In welche Gruppen lassen sich diese Leistungsfaktoren zusammenfassen?

24. In einem Unternehmen sind für Schreibarbeiten 13 Schreibkräfte beschäftigt. Die durch-schnittlichen Kosten einer Schreibkraft für Gehalt, Betriebsmittelausstattung u.a. betragenmonatlich 2250,00 EUR.

Dem Unternehmen wird von einem Büromaschinenhändler ein Schreibautomat angeboten,der eine Schreibleistung von 4 Schreibkräften erbringt. Der Kaufpreis beträgt 60000,00 EURund ist auf 5 Jahre Nutzungsdauer gleichmäßig zu verteilen. Die durchschnittlichen War-tungs- und Reparaturkosten pro Anlage und Jahr sind mit 2000,00 EUR anzunehmen. 10%Zinsen auf das durchschnittliche Kapital von 30000,00 EUR je Anlage sind zu berücksichtigen.

Das Gehalt einer Bedienungskraft für diese Anlage wird mit 2000,00 EUR je Monat angenom-men.

Keine Teilzeitbeschäftigung des Personals.a) Führen Sie einen Vergleich der Kosten pro Jahr für Schreibarbeiten durch, wenn

1. nur Schreibkräfte eingesetzt werden,2. Schreibautomaten angeschafft werden!

b) Begründen Sie, für welche Alternative Sie sich unter den gegebenen Umständen ent-scheiden!

c) Welche zusätzlichen Gesichtspunkte könnten bei der Entscheidung zu b) herangezogenwerden?

d) Zu welchem Ergebnis führt Ihre Entscheidung hinsichtlich des Anteils der verschiedenenbetrieblichen Produktions-(Leistungs-)faktoren an der Leistungserstellung?

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e) Suchen Sie mindestens vier weitere Beispiele für den gegenseitigen Austausch (Substi-tution) von Leistungsfaktoren!

f) Nach welchem Prinzip haben Sie Ihre Entscheidungen getroffen?

25. Die Beziehungen der Wirtschaftssubjekte werden modellhaft als Wirtschaftskreislauf darge-stellt. Dieser Wirtschaftskreislauf zeigt die Güter- und Geldströme zwischen den beteiligtenWirtschaftssubjekten. Der Geldkreislauf einer offenen Volkswirtschaft mit staatlicher Aktivitätweist folgende Werte aus (Angaben in Mrd. EUR):

a) Worin unterscheidet sich die offene von der geschlossenen Volkswirtschaft?b) Berechnen Sie die Konsumausgaben der privaten Haushalte!c) Ermitteln Sie die von den Unternehmen in Anspruch genommenen Kredite!d) Ermitteln Sie die Importausgaben der Unternehmen bei ausgeglichener Handelsbilanz!e) Nennen Sie drei Formen von Einkommen, die den privaten Haushalten von den Unter-

nehmen zufließen!f) Nennen Sie vier Formen von Einnahmen des Staates von privaten Haushalten und von

Unternehmen!g) Nennen Sie zwei Formen von Transferzahlungen des Staates an die privaten Haushalte!

26. Ein Fertigungsbetrieb hat diesen Organisationsaufbau:

a) Warum gibt es diese unterschiedlichen Abteilungen?b) Könnte die Geschäftsleitung auf diese Gliederung verzichten?

27. In einer Schokoladenfabrik sollen jeweils zwölf verschiedene Pralinen nach einem festgeleg-ten Schema in einen Pralinenkasten gelegt werden. Jeder Kasten wird mit einer Cellophan-banderole verschlossen. Es stehen 14 Hilfskräfte zur Verfügung.

Erarbeiten Sie einen Vorschlag, wie die Ausführung dieser Arbeit sinnvoll organisiert werdenkann!

28. Die Länder A und B sind in der Lage, jeweils 6000 Lkw und 6000 Bagger herzustellen. DieGesamtkapazität beträgt alternativ 12000 Stück.

Die Herstellungskosten betragen pro Stück:

a) In welchem Verhältnis stehen die komparativen Kosten beider Länder?

Einkommen der privaten Haushalte vom Staat 700Einkommen der privaten Haushalte von den Unternehmen 1700Ersparnisse der privaten Haushalte 240Einnahmen des Staates von privaten Haushalten 850Einnahmen des Staates von den Unternehmen 650Exporte der Unternehmen 500

Lkw Bagger

Land A 50000,00 EUR 55000,00 EUR

Land B 70000,00 EUR 60000,00 EUR

Beschaffungund Lagerung Produktion Absatz Verwaltung

Geschäftsleitung

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b) Welches Gut sollte Land A und welches Land B bei internationaler Arbeitsteilung her-stellen?

c) Wie viel EUR Kosten entstehenca) für jedes Land einzeln,cb) für beide Länder zusammen,wenn jeweils je Land 5000 Lkw und 5000 Bagger produziert werden und keine internatio-nale Arbeitsteilung besteht?

d) Wie viel EUR Kosten entstehen für jedes Land im Falle c), wenn sich die beiden Länderzum Warenaustausch entschließen und jedes Land das Gut mit den vergleichsweisegeringsten Produktionskosten herstellt?

e) Wie viel EUR Kosten können die beiden Länder einzeln und insgesamt durch die Arbeits-teilung sparen?

f) Welche Konsequenzen ergeben sich, wenn die internationale Arbeitsteilung vollständigdurchgeführt würde?

g) Wo liegen Grenzen der internationalen Arbeitsteilung?

29. Der Wirtschaftskreislauf ist ein Modell, das die Beziehungen der Teilnehmer einer Volkswirt-schaft darstellt. Kennzeichnen Sie nachfolgende Aussagen mit einer(1), wenn diese die Beziehung zwischen Haushalt und Unternehmen betreffen und zum

Güterstrom zählen,(2), wenn diese die Beziehung zwischen Haushalt und Unternehmen betreffen und zum Geld-

strom zählen,(3), wenn diese die Beziehung zwischen Haushalt und Staat betreffen und zum Güterstrom

zählen,(4), wenn diese die Beziehung zwischen Haushalt und Staat betreffen und zum Geldstrom

zählen,(5), wenn diese die Beziehung zwischen Haushalt und Kreditinstituten betreffen und zum

Geldstrom zählen,(6), wenn diese die Beziehung zwischen Unternehmen und Staat betreffen und zum Geld-

strom zählen,(7), wenn diese die Beziehung zwischen Unternehmen und Staat betreffen und zum Güter-

strom zählen,(8), wenn diese die Beziehung zwischen Unternehmen und Kreditinstitut betreffen und zum

Geldstrom zählen,(9), wenn diese die Beziehung zwischen Unternehmen und Kreditinstitut betreffen und zum

Güterstrom zählen und eine(0), wenn nichts zutrifft!

a) Monika Glück erhält für ihr Kind monatlich 184,00 EUR Kindergeld.

b) Der angehende Fachwirt Hans Hansen bezahlt zwei Lehrbücher für dieVolkswirtschaftslehre.

c) Der Bankdirektor Dr. Schümmelfeder arbeitet nebenberuflich bei derprivaten Hochschule für Bankwirtschaft als Dozent.

d) Dr. Schümmelfeder erhält dafür von diesem Bildungsträger eine monat-liche Honorarzahlung.

e) Frau Sonnenschein verbringt ihren Urlaub auf den Bahamas.

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30. Entscheiden Sie, welche volkswirtschaftlichen Produktionsfaktoren in den unten stehendenFällen hauptsächlich zur Produktion herangezogen werden. Tragen die zutreffende Bezeich-nung in das vorgesehene Feld ein! Folgende Ziffern stehen zur Auswahl:(1) Arbeit,(2) Boden,(3) Kapital,(9) wenn keine eindeutige Zuordnung möglich ist.

f) Ingo Lück vermietet ein Ladenlokal in Siegen an McRonalds.

g) Die monatliche Miete legt Herr Lück auf einem Sparkonto an.

h) Für das Sparkonto erhält Herr Lück einmal im Jahr eine Zinsgutschrift.

i) Die Obelix GmbH produziert kleine Hinkelsteine für den Hausgebrauchund bietet sie dem Endverbraucher über eine Supermarktkette an.

j) Petra Pump nimmt bei ihrer Hausbank einen Kredit auf.

k) Linda Schmidt arbeitet als Lehrerin an einer staatlichen Schule.

l) Die Energy AG erhält vom Staat eine Millionen EUR Subventionen für denBau einer neuen Windkraftanlage.

m) Das Siegener Bankhaus vermietet eine Wohnung an eine Auszubildende.

n) Die „Software GmbH“ übernimmt die Wartung der Computer der Sparkas-se Weserland.

o) Das bayerische Landesvermessungsamt vermisst das Firmengelände desBauunternehmers Alois Geiger.

p) Der Blumenladen „Blütenzauber e.K.“ erhält eine Zinsgutschrift der Spar-kasse Siegerland.

q) Die Volksbank Kiel führt die Abgeltungsteuer und den Solidaritätszuschlagan das Finanzamt ab. Die Zinsgutschrift betraf den Privatkunden FriedelHausch.

a) Das Bankhaus Wucher & Co. KG eröffnet eine SB-Zweigstelle.

b) Die Möbelschreinerei Hobel GmbH hat sich auf das Restaurieren antikerMöbel spezialisiert.

c) Der ehemalige Rennfahrer Nicki Lauda betreibt eine eigene Fluggesell-schaft.

d) Der ostfriesische Fischereibetrieb Olaf Olafson e.K. betreibt seit vielenGenerationen die Hochseefischerei.

e) Heidi Klum eröffnet auf der Düsseldorfer Königsallee eine Modeboutiquefür Designeranzüge.

f) Eine deutsche Großbank betreibt ein Beratungscenter für vermögendeAnlagekunden.

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31. Innerhalb einer Volkswirtschaft lassen sich drei Sektoren unterscheiden. Schreiben Sie hinterdie nachfolgenden Betriebe, ob es sich um ein Unternehmen aus dem(1) primären,(2) sekundären oder(3) tertiären Sektor handelt!

Ordnen Sie die zugehörige Ziffer dem jeweiligen Fall zu! Tragen Sie eine (9) ein, wenn keineZuordnung möglich erscheint!

32. In einer Fernsehsendung stellt der Moderator das Zusammenspiel der Wirtschaftseinheiteneiner Volkswirtschaft anhand des Wirtschaftskreislaufs dar. Welche der nachfolgenden Erklä-rungen ist jedoch infrage zu stellen? Tragen Sie die entsprechende Ziffer in den nebenstehen-den Kasten ein!

(1) Der Wirtschaftskreislauf spiegelt die Realität des Wirtschaftslebens nicht in vol-lem Umfang wider.

(2) Der Geldstrom verläuft im Vergleich zum Güterstrom immer entgegengesetzt.

(3) Der Wirtschaftskreislauf ist eine modellhafte Abbildung der Arbeitsteilung zwischen denWirtschaftssektoren.

(4) Im erweiterten Wirtschaftskreislauf konsumieren die Haushalte nicht ihr gesamtes Ein-kommen.

(5) Im erweiterten Wirtschaftskreislauf stellen die Haushalte auch dem Staat Produktionsfak-toren zur Verfügung.

g) Die Car Concept AG produziert Autos der gehobenen Mittelklasse.

h) Das Ingenieurbüro GPS GmbH hat sich auf die Vermessung weltweiterGroßprojekte spezialisiert, für die sie gut ausgebildete Ingenieure undhochwertige Technologie einsetzt.

a) Diskothek „Galaxy 2000“

b) Ökolandwirt Fridolin Fritz

c) Schreinerei Eder

d) Reisebüro „Fernweh“

e) Modegeschäft „Designerklamotte“

f) Bankakademie Frankfurt

g) Krabbenfischerei Hans Hansen

h) Beerdigungsinstitut „Pietät“

i) Sägewerk Karl Schnitzler GmbH

j) Bundeswehr

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33. Sie sollen im Unterricht ein Kurzreferat über die drei Produktionsfaktoren halten. Ein Mit-schüler hat Ihr Referat auf inhaltliche Fehler hin überprüft und die fünf nachfolgenden Sach-darstellungen am Rand mit einem Fragezeichen versehen. Welche Erklärung müssen Siegegebenenfalls abändern?

Tragen Sie bitte die Ziffer (9) ein, wenn die von Ihnen gemachten Ausführungen alle korrektsind!

(1) Die Produktionsfaktoren werden im Wirtschaftskreislauf dem Güterstrom zuge-ordnet.

(2) Produktionsfaktoren sind knappe Güter.

(3) Das Meer zählt zum Produktionsfaktor Boden.

(4) Konsumverzicht ist eine Grundvoraussetzung zur Bildung des Produktionsfaktors Kapital.

(5) Die Kombination von Produktionsfaktoren bezeichnet man als Produktion.

34. Im Anschluss an ein Expertenreferat zum Thema „Deutschland auf dem Weg zur Dienstleis-tungsgesellschaft“ unterhalten sich fünf Zuhörer über den Inhalt des Vortrags. Welche Äuße-rung würden Sie auf jeden Fall in Zweifel ziehen?

(1) Der primäre Sektor verliert in Industriegesellschaften zunehmend an Bedeu-tung.

(2) Die Wirtschaftssektoren sind das Ergebnis volkswirtschaftlicher Arbeitsteilung.

(3) Der Verkauf von Sorten durch Kreditinstitute zählt zu den Dienstleistungen und ist somitdem tertiären Sektor zuzuordnen.

(4) Da Kreditinstitute durch Kreditvergabe an der „Geldproduktion“ beteiligt sind, ist dieserBereich dem sekundären Sektor zuzuordnen.

(5) In Deutschland sind annähernd zwei von drei Beschäftigten im tertiären Sektor tätig.

35. Welcher der nachfolgenden Sachverhalte kennzeichnet vor allem den primären Sektor?

(1) Dieser Sektor zählt in den Industriegesellschaften zu dem Wachstumssektor.

(2) In diesem Sektor werden Sachgüter als Realkapital hergestellt.

(3) Für diesen Sektor ist der Produktionsfaktor Boden von herausragender Bedeutung.

(4) In diesem Sektor wird der Produktionsfaktor Kapital eingesetzt.

(5) In diesem Sektor werden gewöhnlich nur zwei Produktionsfaktoren eingesetzt.


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