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Date post: 12-May-2018
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1. Unterstütz erkreis-Bericht Nina Manke „Sociedad de Beneficencia – Villa Huidif“ Balmaceda 6030, Collico 5090000 Valdivia Entsendeorganisation: IN VIA Köln 29.09.2015 „Und plötzlich weißt du: Es ist Zeit etwas Neues zu beginnen und dem Zauber des Anfangs zu vertrauen.“ (Meister Eckhart, deutscher Mystiker 1260-1327) Mit diesen Worten möchte ich meinen ersten Unterstützerkreis-Bericht (im folgenden UK-Bericht genannt) beginnen. Seit dem 25.08.2015, also schon ein paar Tage mehr als einen Monat, bin ich nun in Valdivia in Chile und kann zu Anfang sagen, ich bin mittlerweile angekommen. Aber ich möchte gerne am Anfang des Abenteuers „Freiwilligendienst mit Weltwärts“ beginnen um euch einen möglichst umfangreichen Einblick in meine Erlebnisse zu gewähren. Die letzten Jahre meine Schulzeit habe ich neben Lernen, Klausuren und Ausbildungs/Abitur-Stress mit dem Gedanken an das Ausland verbracht. Zu Anfang meiner Pläne sehnte ich mich nach der Ferne, danach etwas Neues zu erleben… Schnell wurde mir jedoch eine Sache klar: Natürlich, ich habe eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin und was 1
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Page 1: ninainvaldivia.files.wordpress.com  · Web view„Und plötzlich weißt du: Es ist Zeit etwas Neues zu beginnen und dem Zauber des Anfangs zu vertrauen.“ (Meister Eckhart, deutscher

1. Unterstütz erkreis-Bericht Nina Manke

„Sociedad de Beneficencia – Villa Huidif“Balmaceda 6030, Collico

5090000 ValdiviaEntsendeorganisation: IN VIA Köln

29.09.2015

„Und plötzlich weißt du: Es ist Zeit etwas Neues zu beginnen und dem Zauber des Anfangs zu vertrauen.“ (Meister Eckhart, deutscher Mystiker 1260-1327)

Mit diesen Worten möchte ich meinen ersten Unterstützerkreis-Bericht (im folgenden UK-Bericht genannt) beginnen. Seit dem 25.08.2015, also schon ein paar Tage mehr als einen Monat, bin ich nun in Valdivia in Chile und kann zu Anfang sagen, ich bin mittlerweile angekommen.

Aber ich möchte gerne am Anfang des Abenteuers „Freiwilligendienst mit Weltwärts“ beginnen um euch einen möglichst umfangreichen Einblick in meine Erlebnisse zu gewähren.

Die letzten Jahre meine Schulzeit habe ich neben Lernen, Klausuren und Ausbildungs/Abitur-Stress mit dem Gedanken an das Ausland verbracht. Zu Anfang meiner Pläne sehnte ich mich nach der Ferne, danach etwas Neues zu erleben… Schnell wurde mir jedoch eine Sache klar: Natürlich, ich habe eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin und was liegt näher als das „Abenteuer Ausland“ in Form eines Au-Pair-Jahres zu verbringen? Aupair, Work and Travel, ein längerer Urlaub… All diese Angebote reizten mich jedoch überhaupt nicht. Als ich mich zu Ende meines Abiturs im Jahr 2014 näher mit dem Plan beschäftigte und viel Zeit mit Recherchen im Internet verbrachte, wurde mir klar: Es wird ein Freiwilligendienst. Mich motivierte der Gedanke ein Jahr lang in eine neue, mir unbekannte Kultur einzutauchen, meine Kenntnisse hilfreich vor dem Studium irgendwo einzusetzen. Für mich war und ist der Freiwilligendienst keine „Zeitüberbrückung“ oder eine Orientierungsphase für mein weiteres Leben, da ich durch meine Ausbildung schon ziemlich klar weiß, was ich nach

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diesem Jahr machen möchte. Natürlich, ich hätte auch direkt studieren gehen können, aber ich wollte mir diese Erfahrung nicht nehmen lassen. Der Gedanke mich in einem Jahr sehr weiter zu entwickeln, die Welt von einem anderen Blickwinkel aus kennen zu lernen und meine eigene Einstellung in diesem Jahr zu überdenken und weiterzuentwickeln reizt mich sehr. Ein Jahr Work and Travel beispielsweise in Neuseeland hätte mich persönlich vermutlich auch verändert, jedoch fehlte mir hierbei ein anderer Aspekt: Ich weiß, dass ich mit meinem Freiwilligendienst die Welt nicht verändern kann und nicht nur eine reine Hilfe für die Menschen vor Ort bin, jedoch weiß ich eins sicher… Nach diesem Jahr werde ich das Land Chile (welches als „aufstrebendes Schwellenland“ gilt), die Kultur und alle Dinge, welche ich in dem Jahr erleben werde, besser verstehen können. Natürlich profitiere ich viel von diesem Jahr, jedoch glaube ich auch daran, dass ich in meinem Projekt durchaus eine Entlastung sein kann und bei den Menschen, denen ich begegne, wenn auch unbewusst, etwas bewegen kann. Die Menschen möchte und kann ich nicht verändern, aber jede Begegnung in unserem Leben hinterlässt Spuren in einem. Das Jahr kann also gut genutzt werden um sowohl bei mir, als auch bei Menschen, die ich treffe, ein interkulturelles Verständnis und eine interkulturelle Beziehung aufzubauen.

Durch die Vielzahl an Angeboten gesucht bin ich irgendwann auf „Weltwärts“ gestoßen und hatte dabei sofort ein gutes Gefühl.

Was genau ist „Weltwärts“ überhaupt?

Das Programm „Weltwärts“ wurde 2008 durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ins Leben gerufen und wird als „Entwicklungspolitischer Freiwilligendienst“ definiert. Das Programm „Weltwärts“ bietet allen jungen Menschen zwischen 18 und 28 Jahren die Möglichkeit, einen Freiwilligendienst in einem sogenannten „Entwicklungs- oder Schwellenland“ zu leisten. Hierbei arbeiten die jungen Menschen in lokalen Partnerorganisationen für Bildung, Gesundheit, Umwelt, Landwirtschaft, Kultur oder Menschenrechte.

Das BMZ definiert Weltwärts als einen Lerndienst, wobei das interkulturelle Lernen im Vordergrund steht. Als Ziele werden hier folgende aufgeführt:

- Ein Projekt unterstützen - Interkulturellen Austausch fördern- Impulse für die entwicklungspolitische Inlandsarbeit setzen- Nachwuchs fördern

Das Programm weltwärts wird vom BMZ gefördert und übernimmt bis zu 75 Prozent der Ausgaben, die restlichen 25 Prozent werden von den Freiwilligen durch den Unterstützerkreis in Form von Spenden eingebracht. „Nach dem Freiwilligendienst engagieren sich die Rückkehrer und Rückkehrerinnen weiter in der entwicklungspolitischen Arbeit und tragen somit ihre Erfahrungen in die Gesellschaft und leisten und leisten über ihren Auslandseinsatz hinaus einen persönlichen Beitrag für eine gerechtere Welt) [http://www.weltwaerts.de/de/ueber-weltwaerts.html]

Wer sich weiter über Weltwärts informieren möchte, den verweise ich auf die Internetseite: www.weltwaerts.de

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Ich bin nach vielen Recherchen und Bewerbungen auf die Entsendeorganisation IN VIA Köln gestoßen.

Was macht die Organisation IN VIA Köln?

Die Organisation In Via Köln ist ein katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit und widmet sich der Aufgabe, Menschen, die Unterstützung und Begleitung benötigen, zu unterstützen.

Neben Aufgabenfeldern wie z.B. Beratung, Berufshilfe, Freizeitangeboten, Jugendwohnen oder Bildung und Betreuung in Schulen ist IN VIA eine der Entsendeorganisationen von Weltwärts.

Für mehr Informationen über die Organisation IN VIA Köln könnt ihr gerne die Internetseite www.invia-koeln.de besuchen. Dort erhaltet ihr einen vielfältigeren Überblick über die Arbeit von IN VIA als ich es hier zusammenfassen kann.

Nachdem ich mich also bei In Via beworben hatte, wurde ich zu einem Auswahlwochenende eingeladen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich bei einer anderen Organisation bereits ein Angebot für einen Freiwilligendienst in Afrika an einer Schule. Trotzdem habe ich mich dazu entschlossen das Auswahlwochenende zu besuchen und daran teilzunehmen. Rückblickend lässt sich sagen, dass es eine sehr gute Entscheidung war. Zum einen habe ich mit der Organisation In Via Köln ein sehr gutes Gefühl, ich habe mich vom ersten Moment des Auswahlwochenendes wohl gefühlt und wusste, dass es der richtige Weg sein würde, dass Jahr mit In Via zu gehen. Zum anderen habe ich mich sofort in ein Projekt verliebt. Mit dem Angebot der Schule in Afrika habe ich mich zwar gut gefühlt, aber als ich mir am Auswahlwochenende noch einmal die Projektbeschreibung von der „Villa Huidif“ in Valdiva, Chile durchgelesen habe, wusste ich direkt: Es wird entweder dieses Projekt oder erst einmal keins.

Somit kann ich auch die Frage beantworten, die mir auch hier vor Ort so oft gestellt wird, wieso ich meinen Freiwilligendienst in Chile verbringen wollte. Es war nicht das Land, welches mich gereizt hat, sondern von der ersten Minute an die Projektbeschreibung.

Nach dem Auswahlwochenende ging also das große Zittern los ob ich eine Zusage von In Via bekommen würde und ob es dann auch tatsächlich mein Wunschprojekt werden wird. Wie allen bewusst sein sollte, hat es natürlich geklappt und nach der endgültigen Zusage aus Chile ist die Zeit bis zu meiner Ausreise nur so vor sich hin gerast. In der Zeit zwischen der Zusage und meiner Ausreise ist noch eine ganze Menge geschehen… Arbeit, Abschluss der Ausbildung und letztendlich die Vorbereitung auf das Jahr. Das erste Vorbereitungsseminar von In Via stand eher unter dem Motto „Kennenlernen“. Das umfasste das Kennenlernen von den anderen Freiwilligen, aber auch den Landesmentoren, welche für das Seminar extra aus Afrika, Argentinien und Chile angereist sind. Wir hatten intensive 9 Tage, in welchen wir uns alle das erste Mal richtig mit dem Land und der Vorbereitung auseinander gesetzt haben.

Zwischen all diesen Ereignissen ging es darum mir einen Unterstützerkreis für das Jahr aufzubauen und daran hatte ich viel Freude. Den Menschen erzählen was ich vor habe, was mir dieses Jahr bedeutet und darauf eine so große positive Antwort zu bekommen. An dieser Stelle möchte ich noch einmal allen recht herzlich für diese tolle Unterstützung danken. Es gibt mir ein sehr gutes Gefühl zu wissen, dass meine Unterstützer nicht nur finanziell, sondern auch mental hinter mir stehen und mich in diesem Jahr, wenn auch

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unbewusst, in meiner Entscheidung des Freiwilligenjahres unterstützen und mir eine Menge Kraft geben. Danke dafür!

Doch auch nach dem Vorbereitungsseminar hatte ich das Gefühl ich habe noch ewig Zeit bis es endlich losgeht. Rückblickend lässt sich sagen; Die Zeit rast auf einmal. Kurz vor dem zweiten Vorbereitungsseminar in Solingen, wo es um eine kritische Auseinandersetzung mit dem Freiwilligendienst ging, wurde mir klar, dass es bald losgeht. Nicht einmal 10 Tage vor der Ausreise ist mir dann plötzlich bewusst geworden; Es geht bald los und es passiert wirklich. Die letzten zwei Wochen in Deutschland nach dem Vorbereitungsseminar waren sehr voll gepackt, da man das Gefühl hat sich von allen noch einmal verabschieden zu müssen. Am 25.08.2015 ging die lange Reise endlich los, 24 Stunden Reise lagen vor uns und noch die Verabschiedung von der Familie, welcher mir nun wirklich nicht leicht gefallen ist. Mein erster Langstreckenflug ging von Frankfurt nach Sao Paulo (Ja, ich kann behaupten ich war in Brasilien) über Santiago de Chile, anschließend ein kleiner Zwischenstopp in Osorno und danach erst das Endziel Valdivia. Der Flug war sehr anstrengend für mich, kaum Schlaf und langes Sitzen… All das wurde allerdings kurz vor Santiago mit einem atemberaubenden Blick auf die Berge belohnt, diesen möchte ich euch nicht vorenthalten:

Als wir (Julika, meine Mitfreiwillige und ich) am 26.08.2015 nachmittags endlich in unserer neuen Heimat ankamen wurden wir am Flughafen schon freudig von Brigitte (Unserer Landesmentorin) erwartet. Mit einem Bus ging es dann weiter Richtung Collico, dem Ort in dem wir wohnen. Am Heim angekommen wurden wir von den beiden ehemaligen Freiwilligen, den Mädels und den Tias schon erwartet.

Seit unserer Ankunft vor einem Monat ist sehr viel geschehen.

Jeder Tag ist im Moment noch ein kleines Abenteuer, auch wenn dies eher unbewusst passiert. Ich gehe abends in mein Bett und merke; Ja, ich habe schon wieder neue Wörter gelernt, neue Menschen kennengelernt, etwas mir bisher unbekanntes gegessen, getrunken oder gemacht. Das wird wohl auch noch eine Weile so bleiben. Aber nach einem Monat kann ich mit einem guten Gefühl sagen; Ich bin angekommen.

Ich fühle mich hier im Heim, wo wir auch wohnen, sehr wohl und die Leute, die hier leben oder arbeiten, sind mittlerweile zu einer kleinen Ersatzfamilie für mich geworden.

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Erst einmal zu meiner Aufnahmeorganisation vor Ort. Die Sociedad de Beneficencia Hogar del Nino wurde 1952 als solidarische Initative valdivianischer Frauen gegründet und wurde bis 1985 von Ordensschwestern, danach und bis zum heutigen Zeitpunkt von Fachpersonal geleitet. Sie befindet sich in der südchilenischen Stadt Valdivia, im ca. 7 km entfernten Stadtteil Collico. Zur Partnerorganisation gehört das Mädchenheim „Villa Huidif“, sowie die benachbarte Gesamtschule mit integrierter Vorschule.

Ich lebe und arbeite in dem Hogar del Nino – Villa Huidif, welches sich ebenfalls in Collico befindet. Im Mädchenheim werden momentan 13 Mädchen im Alter zwischen 14 und 20 Jahren von einem multiprofessionellen Team betreut, welche aus sehr problematischen und zum Teil gewaltvollen Familienverhältnissen stammen. Auf die Vorerfahrungen der Mädchen werde ich nicht weiter eingehen, da dies dem Datenschutz wiedersprechen würde.

Das Ziel des Mädchenheims ist es den Mädchen vor allem ein sicheres und geschütztes Umfeld zu bieten, die traumatisierenden Erfahrungen durch verschiedenste Programme zu verarbeiten. Weitere Ziele sind die psychosoziale Stabilisierung, schulische Wiedereingliederung, Berufsvorbereitung und vieles mehr.

Villa Huidif von außen

Angekommen sind wir hier an einem Mittwochnachmittag, nach dem „Once“ (so etwas wie eine Brotzeit um 17 Uhr), welche mit vielen Fragen gefüllt war, habe ich es noch gerade so in die Dusche und danach in mein Zimmer geschafft. Ich war doch ziemlich erschöpft von dem langen Flug. Ich habe mich für das kleinere der beiden Zimmer entschieden, da ich mich hier wohler fühle. Nach dem Koffer auspacken bin ich dann auch schon in mein Bett gefallen und kurz darauf eingeschlafen.

Die ersten Tage hatte ich frei und zum Glück hatten wir noch etwas Gesellschaft von Anna und Paulina (den beiden Freiwilligen, die vor uns hier waren). Paulina hat uns am ersten Tag die Stadt gezeigt, welche ich auf den ersten Blick nicht besonders schön fand (aber dazu später mehr).

Die ersten Tage haben Julika und ich die Stadt viel erkundet und am Wochenende waren wir mit unserer Landesmentorin in ‚Niebla‘ am Strand. Die ersten Tage hat Valdivia das

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geboten, was ich erwartet hatte…. Regen. Montags war mein erster Arbeitstag und ich habe einen Einblick in die Arbeit bekommen.

(Der erste Tagesausflug an den Strand nach „Niebla“. Von dort aus kann man gut sehen, wie der Fluss in das Meer mündet.)

Das Wetter hat sich in den letzten vier Wochen deutlich gebessert, man merkt, dass hier Frühling wird und die Sonne scheint im Moment fast jeden Tag.

Das Leben im Heim ist sehr gemütlich. Julika und ich haben unsere Zimmer auf der oberen Etage, wo sonst nur die Büros sind. Tagsüber trifft man hier den Heimleiter, Sozialarbeiter und Psychologen. Ab ca. 18 Uhr haben wir hier aber unser eigenes kleines Reich. Ein eigenes Bad haben wir hier oben auch, worüber ich wirklich froh bin. Lediglich zum Duschen müssen wir runter gehen, aber daran habe ich mich mittlerweile gewöhnt. Genauso wie an die Kälte, die im Moment noch in unseren Zimmern hängt und einen an manchen Tagen wirklich frieren lässt. (Manchmal habe ich das Gefühl im Heim ist es kälter als draußen.)

Essen ist hier ein großer Bestandteil des Tages. Wenn ich aufstehe, mache ich mich im Bad fertig und gehe anschließend runter. Dann gibt es Frühstück, die ersten Wochen habe ich Weißbrötchen gegessen mit Margerine (wer mich kennt, weiß dass ich Margerine nicht so gerne mag). An manchen Tagen gibt es dazu Marmelade und an sehr seltenen Tagen sogar so etwas wie Leberwurst. Seit letzter Woche konnte ich das alltägliche, weiße Brötchen nicht mehr sehen und habe mir im Supermarkt Joghurt, Müsli und Obst gekauft. Nach ein paar Stunden arbeiten gibt es dann um ca. 13 Uhr schon wieder Mittagessen. Natürlich warm und meistens super lecker !!!! Für die Mädchen im Heim gibt es dann um 17 Uhr, wenn sie aus der Schule kommen, „Once“. Hier gibt es auch Brot, Kakao und Tee. Diese Mahlzeit habe ich mir vom ersten Tag an gespart, weil ich um die Uhrzeit einfach keinen Hunger habe. Gegen 20 Uhr gibt es dann Abendessen. Das heißt… Unter der Woche essen die Mädchen in einem anderen Raum als die Tias (so werden die Mitarbeiter hier genannt). Also essen die Mädchen um 20 Uhr und wir essen

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anschließend gegen 20:30 Uhr mit den Tias gemeinsam in der Küche zu Abend. Wieder warm und wieder meistens super lecker!! Also, an Essen fehlt es hier nicht, weswegen ich beschlossen habe mit dem Joggen anzufangen. Ach ja, was ich fast vergessen hätte: Die Getränke. Grundsätzlich habe ich es so wahrgenommen, dass hier in Chile viel Tee getrunken wird. Jedoch scheine ich sogar noch mehr Tee zu trinken als die Chilenen, da eine Tia mich damit aufzieht, dass ich den ganzen Tag Tee trinke. Es ist eben ein effektives Mittel gegen die Kälte hier…. Ansonsten habe ich mich an das Leitungswasser hier gewöhnt, welches man ohne Probleme trinken kann. Desweiteren gibt es hier zu den Mahlzeiten „Hugo“ also Saft. An diesen werde ich mich allerdings wohl nie gewöhnen, da er aus einem Pulvergemisch mit Wasser gemischt wird und extrem süß schmeckt. Gelegentlich gönne ich mir an einem der kleinen Verkaufsstände in der Stadt einen Kaffee, denn diesen gibt es im Heim nicht.

Wir sind zu einer der festlichen Zeiten in Chile angekommen, im Monat September. So hatten wir das Glück direkt in unseren ersten Wochen die Feierlichkeiten um den 18 September (Dia de la Independencia – Unabhängigkeitstag) und 19. September (Dia de la Gloria del Ejercito – Tag des Heeres) miterleben zu können. Schon in den zwei Wochen davor dreht sich alles um die Fiestas Patrias (übersetzt „Vaterlandsfeiern“). Häuser, Zimmer, Autos, Busse, Geschäfte und vieles mehr wird zu dieser Zeit in den Farben Chiles geschmückt und fast überall wohin man blickt sieht man die chilenische Flagge. Diese Zeit ist vorallem die Zeit der Familie und der Freunde, man trifft sich zu einem netten Asado (Grillfest) oder zu einem pompösen Essen. Neben viel leckerem und traditionellem Essen (wie z.B. Empanadas, Mote con huesillos oder Alfajores) wird viel getrunken (z.B. pisco sour]. Nicht nur um der nicht vermeidbaren Gewichtszunahme entgegenzuwirken kann man in der Stadt an diesen Tagen entweder selber auf vielen öffentlichen Plätzen tanzen gehen oder man schaut sich auf einem der Plätze eine Vorführung des „Cuecas“ (dem Nationaltanz) an. Im Heim haben wir die Fiestas Patrias ebenfalls ausgiebig schon eine Woche vorher mit viel Essen, Spielen und gemeinsamen Zusammensitzen gefeiert.

(Der gedeckte Tisch im Heim für ein Asado der Fiestas Patrias)

Neben den Fiestas Patrias konnte ich zudem schon eine weitere Feierlichkeit, den Carnaval de la primavera, hier in Chile miterleben. Der chilenische Karneval ist nicht zu vergleichen mit dem Karneval den man in meiner Heimatstadt Bonn und dem daneben

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liegenden Köln feiert. (Wer hierzu gerne mehr lesen möchte, den verweise ich auf meinen Blog. Die Adresse dazu könnt ihr am Ende des UK-Berichts finden).

Neben all diesen Feierlichkeiten hat sich mittlerweile im Heim etwas wie ein Alltag eingeschlichen. Ich muss sagen, ich bin sehr froh darüber, dass der Heimleiter mir Wochenpläne mit Terminen gibt und ich so einen kleinen Überblick über alle Termine habe. Natürlich, es kann immer etwas dazwischen kommen oder spontan etwas anderes erledigt werden. Ich möchte euch hier nur einen kleinen Einblick in meine momentane Arbeit geben (darauf möchte ich gerne ausführlicher im zweiten UK-Bericht eingehen):

In den ersten Wochen habe ich die Möglichkeit gehabt erst einmal alles kennen zu lernen. So bin ich also immer mit verschiedenen MitarbeiterInnen zu verschiedenen Aktivitäten gefahren. Das Krankenhaus beispielsweise kenne ich mittlerweile sehr gut, hier müssen Medikamente abgeholt werden oder Termine mit den Mädchen wahrgenommen werden. In der Liberia werden die Schreibwarenartikel gekauft, in der Farmacia neben den Medikamenten, welche man im Krankenhaus nicht umsonst bekommt, auch Hygieneartikel. Neben diesen Einrichtungen habe ich noch die Orte kennengelernt, wo die Mädchen zu ihren Programmen hingehen. Nachdem ich die ersten Wochen viel mit einer anderen Person erledigt habe, fange ich langsam an diese Erledigungen alleine zu bewältigen. So besteht mein momentaner Alltag also aus Besorgungen aller Art, die Mädchen zu ihren Programmen zu begleiten oder in die Schule. Zudem konnte ich die letzten Wochen immer mal wieder mit dem Heimleiter und der Sozialpädagogin zu Hausbesuchen der Mädchen fahren, zugegebnermaßen freue ich mich darauf immer sehr, da ich so noch mehr von der Umgebung um Valdivia und dem Land Chile kennenlernen kann (beispielsweise fahren wir morgen auf die Insel Chiloe).

(Dieses Foto habe ich aufgenommen, als wir in meiner 2.ten Woche bei einem Hausbesuch in den Bergen waren. Ohne diese Termine würde ich in diesem wunderschönen Land vermutlich nicht die ruhigen, abgelegenen Ecken des Landes kennenlernen. So verbindet man hier Arbeit mit Erholung…)

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Momentan unterstütze ich die Tias eher auf diese Weise. Im Laufe des Jahres möchte ich gerne noch Kurse für die Mädchen anbieten, aber dafür ist der Kontakt zu den Mädchen momentan noch nicht gut genug. Der Kontakt wird von Tag zu Tag besser und ich fühle mich auch akzeptiert, jedoch ist hier die Sprache noch ein kleines Hindernis. Zu Beginn hatte ich generell große Schwierigkeiten mit der Sprache, mittlerweile verstehe ich sehr viel und spreche auch mehr als zu Beginn. Das mit dem Sprechen fällt mir allerdings nur leicht, wenn nicht mehr als zwei Personen gleichzeitig sich mit mir unterhalten. Oft habe ich noch Schwierigkeiten mich mit den Mädchen im Heim zu verständigen, da diese meistens sehr schnell sprechen und zudem ein sehr anderes Vokabular benutzten als ich es gelernt habe oder es z.B. die Tias verwenden. Aber ich bin mir sicher, im zweiten UK-Bericht kann ich euch hier nur eine positive Entwicklung nennen, denn es wird von Tag zu Tag besser.

Neben der Arbeit habe ich wie oben schon erwähnt wieder mit dem Joggen angefangen um ab und zu ein paar Minuten für mich zu haben und meine Gedanken sortieren zu können. Sonst gestalte ich meine Freizeit momentan noch sehr viel mit meiner Mitfreiwilligen Julika oder/und einer anderen deutschen Freiwilligen, von einer anderen Organisation. Oft treffen wir uns in der Stadt, bummeln, quatschen und genießen die schöne Stadt Valdivia.

Valdivia ist eine kleine, überschaubare aber wunderschöne Stadt. Bei meinem allerersten Besuch in der Stadt zu Beginn des Jahres fand ich die Stadt alles andere als schön (man muss dazu sagen, es hat an dem Tag geregnet). Wenn ich heute durch die beschauliche Innenstadt Valdivias gehe fühle ich mich sehr wohl. Es gibt eine Haupteinkaufsstraße, eine große Mall, mehrere kleine Märkte und den Hafen. Zudem einen Plaza, wo wir uns meistens treffen, wenn wir miteinander verabredet sind. Wenn die Sonne scheint und das Wetter gut ist kann man am Hafen sehr gut abschalten und die Zeit genießen, es gibt ein kleines Café direkt am Fluss. Hier hat man einen jedes Mal aufs Neue beeindruckenden Blick auf den gesamten Hafen, die Seelöwen und Pelikane.

(Ein Blick auf den Hafen Valdivias) (Die Seelöwen am Hafen)

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(Der Plaza, das Herz der Stadt Valdivia und somit der Ausgangspunkt in alle Richtungen)

Öfters haben wir nun auch schon kleinere Tagesausflüge zum Meer gemacht, haben ‚Niebla‘ und ‚Corral‘ besucht. Die Natur um Valdivia ist nämlich atemberaubend, aber auch hierzu verweise ich euch gerne auf meinen Blog. Diese kleinen Ausflüge sind Tage, an denen ich hier sehr gut abschalten kann und das Leben hier einfach nur genieße.

„Uns gehört nur die Stunde. Und eine Stunde, wenn sie glücklich ist, ist viel.“ (Theodor Fontane)

Neben der Arbeit und meiner Freizeit habe ich mich dazu entschlossen mich bald darum zu kümmern eine Organisation zu finden, welche sich um die Straßenhunde hier vor Ort kümmert. Jeder der mich näher kennt, weiß um meine Liebe zu Tieren (besonders Hunden) Bescheid. Sobald ich meinen Rhythmus hier im Heim bzgl. Der Arbeit gefunden habe, die Sprache noch ein bisschen besser beherrsche, werde ich mich auf die Suche machen und einmal nachfragen, ob es möglich ist, sich in diesem Jahr an den Wochenenden oder in meiner freien Zeit mit zu engagieren. Hierzu werde ich euch hoffentlich in meinem nächsten Bericht mehr zu sagen können.

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Ja, mir geht es gut hier in Valdivia und ich bereue meine Entscheidung für ein Jahr von meiner Familie und meinen Freunden weg zugehen bisher noch keine einzige Minute. Ich bin froh hier sein zu können, all diese neuen Erfahrungen zu erleben und fühle mich dabei wohl. Ich hoffe genau diesen Eindruck konnte ich euch in den vorherigen Zeilen vermitteln und euch einen Einblick in mein Leben hier in Valdivia geben.

Ich danke allen denen, die mir dies möglich gemacht haben, ob mit finanzieller und/oder seelischer Unterstützung und freue mich darüber meine Erfahrungen mit euch teilen zu können.

Auf meinem Blog findet ihr zudem viele kleine Bericht über einzelne Themen oder mein allgemeines Befinden, ich würde mich freuen, wenn der ein oder andere auch hier einmal reinschaut. Zudem findet ihr hier auch noch mehr Fotos, genauso wie auf meiner Facebookseite. Die Adresse des Blogs lautet; www. ninainvaldivia.wordpress.com

Falls bei euch Fragen entstanden sind könnt ihr mich zudem gerne unter meiner Emailadresse [email protected] an mich wenden, ich werde mir gerne Zeit nehmen Fragen zu beantworten. Auch über Rückmeldungen würde ich mich sehr freuen.

Ich danke allen, die mich auf meinem Weg begleiten und dieses Jahr (wenn auch nur in Gedanken) mit mir gehen. Der nächste UK-Bericht wird ca. im Februar nächsten Jahres bei euch eintreffen, bis dahin:

Qué te vaya bien y nos vemos!!!!

„Sag nicht, dass du nichts ändern kannst. Wenn du die Kraft hast, dich zu ändern, wird sich alles ändern.“ (Ernst Ferstl, öster. Lehrer, Dichter & Aphoristiker)

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