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Verwandtschaft, Name und soziale Ordnung (300-1000) () || Verwandte, Freunde und Verschwägerte –...

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Gerhard Lubich Verwandte, Freunde und Verschwägerte – „ottonische Neuanfänge“? Die heutige Forschung ist weit davon entfernt, im ost- und westfränkischen Reich des 10. Jahrhunderts schon „Deutschland“ und „Frankreich“ in vollendeter staatlicher oder gar nationaler Form zu erblicken. 1 Trotz aller herausgestellten Gleichartigkeiten werden beide Herrschaftsgebilde aber unterschiedlich bewertet. Der Grund hierfür dürfte eine noch immer dynastiefixierte Betrachtungsweise sein, weswegen die Ent- wicklung des Westreichs im Zeichen karolingischer Kontinuität, genauer: kontinuier- licher Dekomposition gedeutet wird. Orientiert man sich als Referenzgröße am Reich Karls des Kahlen, 2 so erscheint das Westfrankenreich des 10. Jahrhunderts als ein durch die Implosion von 887/88 reduziertes Reich (Lotharingien/Burgund). Faktisch beherrscht wurde es durch autonome Adelsherrschaften (principautés), regiert ledig- lich nominell noch durch ein Königtum, das in Ermangelung wirklicher Macht an in- haltsleeren Traditionen festhielt. 3 Im Gegensatz dazu werden die Entwicklungen im ostfränkischen Reich zumeist als Neubeginn verstanden. Schließlich herrschte dort seit 911 weder ein Karolinger und seit 919 noch nicht einmal mehr ein Franke. Karolingische Kontinuitäten in die Ottonenzeit hinein werden zwar durchaus gesehen, 4 doch veranschlagt man gemein- hin mit dem Herrschaftsantritt Heinrichs I. die viel berufenen „ottonischen Neuan- fänge“. 5 Insbesondere die Formen, in denen Heinrich seine Königsherrschaft zur Gel- tung brachte, werden nicht von der Substanz, wohl aber von der Anwendungsart her als neuartig eingestuft. Dies gilt in besonderem Maße für die Bündnispolitik mit dem 1 Die alte Debatte über die Nationswerdung im Mittelalter wurde in den 1990er Jahren in der Nach- folge des umstrittenen Alterswerks von Brühl (1990) neu belebt; die Diskussion bemängelte in der Re- gel zumeist Brühls Ton, weniger seine Ergebnisse. – Weitere Forschungen der Zeit in: Brühl/Schneid- müller (1997). – Zusammenfassend Ehlers (1998). – Gleichsam „kanonisiert“ wird diese Perspektive durch die Anlage des Werkes von Althoff/Keller (2008). 2 Trotz des biographischen Überblicks von Gobry (2007) immer noch verbindlich: Nelson (1992). Die deutsche Forschung, die sich dieses Herrschers eher selten angenommen hat, mag durch die mittler- weile durch Irmgard Fees vorgelegten Regesten Karls möglicherweise Impulse erhalten; vgl. die Re- gesten des Kaiserreichs unter den Karolingern 2/1 (Böhmer/Fees 2007). 3 Grundlegend nach wie vor Dhondt (1948), zum Ende der karolingischen Herrschaft im Westfran- kenreich vgl. Lot (1891). – Zum Charakter der prinzipalen Herrschaft vgl. etwa die Zusammenfassung bzw. die Zusammenstellung der Belege zur Herrschaftsbegründung gratia/favente Dei bei Le Jan (1995), S. 136–141. – Bei Mazel (2010) markiert das Jahr 888 die Zäsur, von der ab die westfränkische „anarchie féodale“ bis hin zu ihrer endgültigen Ausprägung im 12. Jahrhundert zu verfolgen wäre. – Zu den italienischen Verhältnissen zuletzt Ricci (2009), S. 395–422. 4 An einem Beispiel bereits deutlich Goetz (1980), S. 56–125; strukturell und übergreifend Deutinger (2006). 5 Namengebend der Band: Schneidmüller/Weinfurter (2001). Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst Library Authenticated | 10.248.254.158 Download Date | 9/14/14 5:34 AM
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Gerhard LubichVerwandte, Freunde und Verschwägerte –„ottonische Neuanfänge“?Die heutige Forschung ist weit davon entfernt, im ost- und westfränkischen Reich des10. Jahrhunderts schon „Deutschland“ und „Frankreich“ in vollendeter staatlicheroder gar nationaler Form zu erblicken.1 Trotz aller herausgestellten Gleichartigkeitenwerden beide Herrschaftsgebilde aber unterschiedlich bewertet. Der Grund hierfürdürfte eine noch immer dynastiefixierte Betrachtungsweise sein, weswegen die Ent-wicklung des Westreichs im Zeichen karolingischer Kontinuität, genauer: kontinuier-licher Dekomposition gedeutet wird. Orientiert man sich als Referenzgröße am ReichKarls des Kahlen,2 so erscheint das Westfrankenreich des 10. Jahrhunderts als eindurch die Implosion von 887/88 reduziertes Reich (Lotharingien/Burgund). Faktischbeherrscht wurde es durch autonome Adelsherrschaften (principautés), regiert ledig-lich nominell noch durch ein Königtum, das in Ermangelung wirklicher Macht an in-haltsleeren Traditionen festhielt.3

Im Gegensatz dazu werden die Entwicklungen im ostfränkischen Reich zumeistals Neubeginn verstanden. Schließlich herrschte dort seit 911 weder ein Karolingerund seit 919 noch nicht einmal mehr ein Franke. Karolingische Kontinuitäten in dieOttonenzeit hinein werden zwar durchaus gesehen,4 doch veranschlagt man gemein-hin mit dem Herrschaftsantritt Heinrichs I. die viel berufenen „ottonischen Neuan-fänge“.5 Insbesondere die Formen, in denen Heinrich seine Königsherrschaft zur Gel-tung brachte, werden nicht von der Substanz, wohl aber von der Anwendungsart herals neuartig eingestuft. Dies gilt in besonderem Maße für die Bündnispolitik mit dem

1 Die alte Debatte über die Nationswerdung im Mittelalter wurde in den 1990er Jahren in der Nach-folge des umstrittenen Alterswerks von Brühl (1990) neu belebt; die Diskussion bemängelte in der Re-gel zumeist Brühls Ton, weniger seine Ergebnisse. – Weitere Forschungen der Zeit in: Brühl/Schneid-müller (1997). – Zusammenfassend Ehlers (1998). – Gleichsam „kanonisiert“ wird diese Perspektivedurch die Anlage des Werkes von Althoff/Keller (2008).2 Trotz des biographischen Überblicks von Gobry (2007) immer noch verbindlich: Nelson (1992). Diedeutsche Forschung, die sich dieses Herrschers eher selten angenommen hat, mag durch die mittler-weile durch Irmgard Fees vorgelegten Regesten Karls möglicherweise Impulse erhalten; vgl. die Re-gesten des Kaiserreichs unter den Karolingern 2/1 (Böhmer/Fees 2007).3 Grundlegend nach wie vor Dhondt (1948), zum Ende der karolingischen Herrschaft im Westfran-kenreich vgl. Lot (1891). – Zum Charakter der prinzipalen Herrschaft vgl. etwa die Zusammenfassungbzw. die Zusammenstellung der Belege zur Herrschaftsbegründung gratia/favente Dei bei Le Jan(1995), S. 136–141. – Bei Mazel (2010) markiert das Jahr 888 die Zäsur, von der ab die westfränkische„anarchie féodale“ bis hin zu ihrer endgültigen Ausprägung im 12. Jahrhundert zu verfolgen wäre. –Zu den italienischen Verhältnissen zuletzt Ricci (2009), S. 395–422.4 An einem Beispiel bereits deutlich Goetz (1980), S. 56–125; strukturell und übergreifend Deutinger(2006).5 Namengebend der Band: Schneidmüller/Weinfurter (2001).

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Kernstück der amicitia, bei deren Gestaltung Heinrich I. gerne eine gewisse Kreativi-tät und besonderes Geschick attestiert wird.6 Das Mittel der Schwurfreundschaft sollihm zunächst innerhalb des ostfränkischen Reichs in den Grenzen von 911 konkretzur Durchsetzung seiner Herrschaft gedient haben, später zu deren Anerkennungdurch auswärtige Herrscher, um schließlich mit dem Erwerb Lotharingiens die Aus-dehnung von 888 zu erreichen. Die friedensstiftende und herrschaftssichernde Funk-tion derjenigen amicitiae und pacta, die Heinrich innerhalb seines Reiches schloss,führte zur Bildung von Personengruppen, wobei verschiedene Mechanismen neben-einander oder gemeinsam wirksam wurden – regionale Beziehungen etwa, politischeInteressenkonvergenzen oder auch Verwandtschaft.

Kann – und dies ist die Kernfrage der folgenden Überlegungen – auch auf derEbene der Verwandtschaft von „ottonischen Neuanfängen“ gesprochen werden? Vor-derhand erscheint eine solche Überlegung nicht unplausibel: Immerhin könnte dieneuartige Herrschaftsgestaltung eines frisch an die Macht gelangten Verwandt-schaftsverbandes – einer neuen Dynastie – mittelbar auch Konsequenzen im Umgangmit dem Bindungsmechanismus „Verwandtschaft“ als solchem gehabt haben, nichtzuletzt deswegen, weil die Liudolfinger als Sachsen möglicherweise ein anderes Sys-tem der Verwandtschaft hatten als ihre fränkischen Vorgänger.7 „Verwandtschaft“ istschließlich kein von Zeit und Raum unabhängiger Sachverhalt, sondern ein sozialesPhänomen und daher so wandelbar wie die Gesellschaft.

Mit dieser Überlegung wird jedoch die Frage nach den „ottonischen Neuanfän-gen“ grundsätzlich. Um sie adäquat zu beantworten, bedarf es einer Analyse des vor-ottonischen ebenso wie des ottonischen Systems, und zwar nicht hinsichtlich etwader Frage genealogischer Kontinuitäten innerhalb der Eliten,8 sondern vielmehr hin-sichtlich der eigentlichen Struktur und Ausprägung des damaligen „Verwandt-schaftssystems“. Anders formuliert: Die Frage nach „ottonischen Neuanfängen“ aufdem Feld der Verwandtschaft ist keine genealogische, sondern eine verwandtschafts-geschichtliche. Ein Genealoge findet zunächst nur das, wonach er sucht, nämlichVerwandte in seinem Sinn; durch genealogische Forschungen konstituierte Gruppenbestehen dementsprechend zunächst einmal nur durch die Forschung des Genealo-gen und seine Vorstellung von „Verwandtschaft“. Ob diese Vorstellung aber auchderjenigen der untersuchten Zeit entspricht, ob sich Personenverbände tatsächlichentlang dieser Verbindung organisierten, sich demnach als „Verwandtengruppen“

6 Die Diskussion über die weithin akzeptierte These von Althoff und Keller findet sich zusammenge-fasst bei Kaeding/Seidel/Kümmerlen (2000). Erwähnt, jedoch nicht ganz ausgeschöpft ist dort Epp(1999); leider konnte dort auch nicht verwendet werden: Althoff/Wollasch (2000). – Postel (2006),S. 129–149, sieht bereits einen Ansatz zu dieser Politik unter Konrad I.7 Zum grundlegenden Sachverhalt vgl. die Literatur bei Guichard/Cuvillier (1997), S. 59–64.8 Exemplarisch hierfür – mit breiter Literatur – Hlawitschka (2006); dass jedoch derartige Werkedie Diskussion nicht abschließen (können), zeigen die unmittelbar darauf erschienenen Werke vonJohannes Fried (2006); dagegen wiederum Heinzelmann (2011).

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verstanden oder als solche gesehen wurden – all dies gilt es erst zu prüfen. Eine un-differenzierte Begrifflichkeit des Betrachters kann Vorurteile transportieren oder fürUnschärfen sorgen, wenn die eigene Begrifflichkeit den Ausdrücken des beobachte-ten Systems nicht entspricht. Zudem verstellt das Ausblenden der sprachlichen Ebeneden Blick auf Entwicklungen, die (wie zu zeigen sein wird) ihren Ausdruck durchausauch im System der Quellensprache finden können.

Erst wenn annähernd Klarheit darüber herrscht, wie eine untersuchte Zeit dasgesuchte System „Verwandtschaft“ strukturierte, kann auch die funktionale Ebenein den Blick genommen werden.9 Erst dann kann gefragt werden, ob und wie sichauf der Basis solcher Beziehungen Gruppen bildeten, ob (oder welche) Verwandteetwa eine „Personengruppe“ ohne erkennbare Hierarchien bildeten10 oder ob (oderwelche) Verwandtengruppen eher nach dem Vorbild einer patriarchalisch-hierar-chischen Familie strukturiert waren.11 Oder lässt sich „Verwandtschaft“ eher als Netz-werk begreifen, als ein komplexes, nicht notwendig zentriertes System aus unter-schiedlich starken Bindungen („strong/weak ties“)?12 Dann stellte sich die Fragedanach, ob „Verwandtschaft“ tatsächlich als isoliertes Netzwerk zu betrachten wäre –die Bindungen (und ggf. ihre Effekte wie Verwandtensolidarität) müssten dann ausdem Bereich der „Verwandtschaft“ stammen, die Intensität der Bindungen sich alsoetwa umgekehrt zum Verwandtschaftsgrad entwickeln. Oder ist „Verwandtschaft“nur einer von mehreren Bindungsparametern im Netzwerk „Gesellschaft“, der sich inAnbetracht der Komplexität des sozialen Ganzen nicht allein fassen lässt, dessen Stel-lenwert durchaus historischen Schwankungen unterlag und dessen Formen sich im-mer wieder wandelten?13

All diese Fragen deuten die Komplexität des Untersuchungsgegenstandes an,wobei der geäußerte Appell an die methodische Sorgfalt nicht zu verwechseln ist mitübertriebener Skepsis oder gar einer grundsätzlichen Leugnung des Sachverhalts,

9 Dieses Vorgehen entspricht demjenigen von Goetz (2009) sowie von Goetz (2008). Allerdings be-trachtet Goetz die Sprache und mithin auch das Verwandtschaftssystem des von ihm untersuchtenfrüheren Mittelalters offenbar als statisch, zumal er zur Füllung der lateinischen Begriffe (in: Goetz[2009], S. 18–23) unterschiedslos Quellen aus dem 6. Jahrhundert (Lex Salica, Gregor von Tours) biszum 12. Jahrhundert (Rahewin, Hugo von St. Viktor) heranzieht.10 So etwa noch deutlich spürbar bei Althoff (1990), S. 29ff.11 Vgl. den Überblick bei Goetz (2009), S. 15ff., sowie die semantisch orientierten Überlegungen vonKuchenbuch (2009).12 Grundlegend der Überblick bei Weyer (2000). – Der Unterschied zwischen einem „Netzwerk“ undeiner (genossenschaftlichen) „Personengruppe“ liegt wohl (neben der Definitionssicherheit bei„Netzwerk“) vornehmlich in der Vorstellung der Interaktion der Gruppenmitglieder: Bei einer „Perso-nengruppe“ scheint mir vom Begriff her die unmittelbare Interaktion, beim Netzwerk zudem der mit-telbare Kontakt im Vordergrund zu stehen.13 Diese Auffassung habe ich in meiner Habilitationsschrift vertreten: Lubich (2008). – Um die Fuß-noten nicht noch mehr zu strapazieren, wird in den Anmerkungen mit Ausnahme kurzer oder präg-nanter Zitate auf die dort zu findenden Belege verwiesen.

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dass „Verwandtschaft“ im Mittelalter eine Bindungsfunktion wahrnahm. Lenkt manden Blick auf die karolingischen oder ottonischen Herrscher, so wird man unter ihrenUnterstützern immer wieder Verwandte finden, ebenso im Umkreis von mächtigenAdligen. Aber eine genauere Betrachtung lehrt ebenso, dass weder alle Helfer mitei-nander verwandt noch dass alle Verwandten auch Helfer waren. Allein dies nötigtschon zur Vorsicht, warnt vor unzulässigen Rückschlüssen und möglicherweise un-historischen Unterstellungen. Und zur Vorsicht mahnt auch, dass Verwandte im Um-kreis der Herrscher offenbar vornehmlich unter den hier zu behandelnden Dynastiender Karolinger und Ottonen eine große Rolle spielten (wie wir sehen werden: zumin-dest zeitweise), während die Herrscherhäuser vor und nach ihnen diese Bindung of-fenbar kaum nutzten.

Gewiss mag es umständlich erscheinen, zunächst die Ausdrucksebene der unter-suchten Kultur zu befragen, und auch eine solche Methode basiert zwangsläufig aufPrämissen, die ganz eigene Gefahren bergen. Akzeptiert man nämlich – was aus derFixierung auf die Begrifflichkeit zwangsläufig resultiert – lediglich diejenigen als„verwandt“, die auch so bezeichnet werden, dann engt dies den erfassbaren Perso-nenkreis beträchtlich ein. Dies könnte dazu führen, das möglicherweise Alltäglicheder verwandtschaftlichen Praxis nicht genügend zu berücksichtigen. Wenn es näm-lich, wie die genealogisch-funktionale Betrachtungsweise voraussetzt, „alltäglich“,„gewöhnlich“ oder „normal“ war, dass Verwandte etwa einander Unterstützunggewährten, dann war dies vielleicht auch kaum der Rede wert. Dem mag durchaus sogewesen sein – doch bleibt die Behauptung einer umfassenden, stillschweigendpraktizierten Verwandtensolidarität notwendig ein argumentum e silentio. Eine Be-griffsbestimmung dürfte demgegenüber den Vorteil haben, zumindest ein verifizier-bares Minimalergebnis zu erzielen, das sich als gesicherte Basis für weiter gefassteBetrachtungen eignet. Voraussetzung hierfür ist wiederum die Erfassung der relevan-ten Termini sowie ihre adäquate, nach Textgruppen geschiedene Deutung.14 Diese Er-fassung darf natürlich auch die Sprachentwicklung nicht aus den Augen verlieren;dementsprechend ist an dieser Stelle zu fragen, ob der Wechsel einer Dynastie undder Politik zugleich auch seine Entsprechung in einem Wechsel auf der Ausdrucks-ebene fand.

Der terminologische Grundbestand sowie die sprachhistorische Position insbeson-dere des 10. Jahrhunderts lassen sich wie folgt beschreiben: Im Latein des Mittelalters

14 Meine Position zur Scheidung in Textgruppen Lubich (2008), S. 241ff. sowie S. 250f.; Goetz diffe-renziert hier nicht: So finden sich als Grundlage der Begriffsbestimmungen bei Goetz (2009), S. 18–23,zumeist historiographische Texte, jedoch auch Briefe und Gesetzestexte. Goetz bezieht in seine Unter-suchung zudem als einzigen Gruppenbegriff denjenigen der parentes ein (nicht jedoch stirps, genera-tio, parentela etc.), dessen präzise genealogische Füllung (auf welche Art und wie nahe musste manverwandt sein, um dazuzugehören?) sich als durchaus schwierig gestaltet (Goetz [2009], S. 20). Über-dies scheint der Begriff im Sinne von „Verwandten“ in der nachfränkischen Zeit immer seltener zuwerden.

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bezeichnen in der Hauptsache vier, genau genommen fünf Termini die Relation des„Verwandtseins“, in Ableitung auch Personengruppen von Verwandten: Affinitas, pro-pinquitas, consanguinitas sowie cognatio, wobei der letztgenannte Begriff in seltenenFällen durch agnatio ergänzt wird. Historische Definitionsangebote, wie sie die For-schung zumeist übernommen hat, liefern definitorische Texte, etwa die Etymologiendes Isidor von Sevilla.15 Diese Begriffe, als Substantive wie als Adjektive, stellen das all-gemeine Korrelat zu konkreten Verwandtenbezeichnungen dar – nepos, avus etc.

Für beide Arten, Verwandte zu bezeichnen, kann nun gelten, dass sie sich außer-halb juristisch-theologischer Diskussionen wie etwa zum Inzestverbot16 in der Regelauf einen recht überschaubaren Kreis von Verwandten beziehen, nämlich auf dieDrei-Generationenfamilie (Großeltern, Eltern, Kinder) sowie Cousins bis zum maxi-mal zweiten Grad. Ausnahmen stellen einige wenige bekannte, allgemein erinnertegenealogische Referenzfiguren dar, etwa bedeutsame Herrscher. Dies bedeutet, dassfast ausschließlich lebende nahe Verwandte überhaupt als „verwandt“ gekennzeich-net werden. Weiter reichender Verwandtschaft hingegen – gleich, auf welche Art kon-stituiert – wurde keine besondere Bedeutung zugeschrieben; zumindest wird sienicht im Kontext der Handlungen erwähnt.

Dieser recht allgemeine Befund lässt sich am Beispiel der relationalen Termininoch erhärten und spezifizieren. Betrachtet man etwa die Herrscherurkunden, so fälltauf, dass in ihre recht normierte, von Formeln durchsetzte Sprache die allgemeineVerwandtschaftsterminologie erst im 9. Jahrhundert Einzug gehalten hat,17 allerdingsin sehr beschränktem lexikalischen Umfang: Der Terminus affinitas samt Ableitun-gen findet sich bis zum Jahre 1100 in nur drei Urkunden west- oder ostfränkischerHerrscher,18 der Begriff cognatio in deren fünf.19 Die angesprochenen Verwandtschafts-

15 Lubich (2008), S. 32–41.16 Zur Sache grundsätzlich Ubl (2008).17 Lubich (2008), S. 52ff.18 Das Merow. Dep. 40 (Kölzer 2001) basiert auf einer Überlieferung vom Ende des 11. Jahrhunderts,wobei als affinitas das Verwandtschaftsverhältnis zwischen Chlothar I. und seinen Nichten (Bruder-töchtern) erscheint. – Das ungewöhnliche, vielleicht eher Ludwig II. als Karl III. zuzuschreibendeD Karl 37 (Kehr 1937) nennt ebd. S. 64 als Intervenienten Berengarium ducem et affinitatis nobis coni-unctum. Zur Überlieferungssituation vgl. die Vorbemerkung (D Karl 37 [Kehr 1937], S. 63); Karl III. warein Enkel Ludwigs des Frommen in männlicher Linie, Berengar in weiblicher Linie. – Die affinitas zwi-schen Ludwig IV. (dem Kind) von Ostfranken und dem matfridingischen Bischof Stephan von Lüttichist unklar, vgl. Hlawitschka (2006), S. 171f.19 Nicht zuzuordnen sind Balilla/Rodtrud als cognata Lothars I. (D Lo I 90 [Schieffer 1966], S. 221,Z. 21), Ansild als cognata des Königs Adelchis in einem Diplom Karls des Großen (D Kar. 1 111 [Mühl-bacher 1906], S. 157, Z. 26), Bischof Radulf von Noyon als cognatus Ludwigs IV. von Westfranken (Urk.Ludwigs IV. Nr. 39 [Lauer 1914], S. 90, Z. 13) sowie die in D O III 398 (Sickel 1957), S. 831, Z. 13, genannteWaldrada, cognata des Bischofs Petrus von Como. – Arnulf von Kärnten war ein Urenkel Ludwigs desFrommen, seine cognata (D Arn 49 [Kehr 1940], S. 69, Z. 30) Irmingard eine Urenkelin Ludwigs desFrommen, beide in männlicher Linie. – Zur uneindeutigen cognatio Ottos I. nach D O I 1 (Sickel 1956),S. 90, Z. 15, vgl. Lubich (2008), S. 57f. – Nicht berücksichtigt wurden die Erwähnungen einer cognatio

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verhältnisse folgen offenbar keinem erkennbaren System, und in keinem der ange-sprochenen Fälle entsprechen sie eindeutig der klassischen, an Isidor angelehntenDefinition als „Schwiegerverwandter“ respektive „kognatisch Verwandter“.

In ausreichender, für eine Systematik brauchbarer Anzahl finden sich in den Di-plomen lediglich consanguinei, allesamt Nachfahren Ludwigs des Frommen in männ-licher Linie. Consanguinitas wird in der Urkundensprache bis in das 11. Jahrhundertso gut wie ausschließlich für Verwandte mit einem gemeinsamen Vorfahren in männ-licher Linie gebraucht.20 Auch die Amtsvorgänger im Königtum erhalten dasselbe Epi-theton, wobei die Amtsbeziehung (und nicht die gemeinsame Abstammung) mituntersogar entscheidend für die Vergabe des Prädikats gewesen zu sein scheint, wenn etwadie Salier ihre kognatischen Amtsvorgänger, die Ottonen, zugleich als antecessoresund consanguinei erinnern.21 Dieselbe Strategie mag auch bei der identischen Bezug-nahme Konrads I. auf die Karolinger befolgt worden sein.22 Consanguinitas, verwen-det in Herrscherurkunden, ist der einzige relationale Verwandtenbegriff, dem eineüber zwei Generationen hinausgehende Tiefe eigen ist. Er impliziert Erbgang und/oder Amtsgleichheit.

Gegen Ende des 9. Jahrhunderts werden erstmals in nennenswertem Umfang undmit Regelmäßigkeit auch propinqui in Herrscherurkunden erwähnt. Nach heutiger Be-grifflichkeit handelt es sich bei ihnen um kognatische Verwandte, zumeist die Mit-glieder bedeutender Adelsfamilien, in die eine Karolingerin eingeheiratet hatte.23

Diese Verbindung der Karolinger mit dem einheimischen Adel resultierte aus dernach 771 zunächst recht konsequent befolgten Strategie, nur innerhalb des eigenenReiches zu heiraten.24 Die Erwähnung der propinqui trägt der politischen Bedeutungdieser dadurch im Umkreis des Königtums verankerten Familien Rechnung, honoriertalso in gewisser Weise die Kontinuität politischer Nähe – schließlich ist kognatischeVerwandtschaft die genealogische Konsequenz der Verschwägerung. Im 10. Jahrhun-dert nimmt die Frequenz der propinquus-Bezeichnungen dann ab, zunächst durchden offenbar eingegrenzten Verwandtenkreis der Ottonen, später dann aufgrund ih-res Heiratsverhaltens; der Thronfolger und, je später desto mehr, die Königstöchterwurden dem Heiratskreis im Inneren des Reiches konsequent vorenthalten – kogna-tische Verwandte kamen so nicht in den Umkreis des Hofes.25

im Rahmen der Pertinenzformel der Urk. Ludwigs IV. Nr. 28 (Lauer 1914), S. 69, Z. 14, sowie das verun-echtete D H II 511 (Bresslau 1900–1903), S. 655, Z. 30: fidelium et cognatorum.20 Vgl. die bei Lubich (2008), S. 60, Anm. 233, zusammengestellten Belege; zu den AusnahmefällenLubich (2008), S. 62f.21 Vgl. D H III 37 (Bresslau/Kehr 1931), S. 47, Z. 35 und S. 48, Z. 1, sowie D H IV 479 (Gladiss/Gawlik1941–1978), S. 654, Z. 10.22 D Ko I 3 (Sickel 1956), S. 4, Z. 10.23 Lubich (2008), S. 61–65.24 Zum Verpflichtungscharakter dieser Strategie vgl. die Diskussion bei Kasten (1997), S. 254ff.25 Zum Hintergrund Lubich (2008), S. 212ff.

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Ein erstes Zwischenergebnis: In den Herrscherurkunden werden erst seit dem9. und dann im 10. Jahrhundert ausdrücklich Verwandte genannt. Hierunter stellendie consanguinei als Abstammungsverwandte bzw. Erblasser (auch im auf „Amts-nachfolge“ übertragenen Sinn) einen festen Bestandteil dar. Die propinqui, kogna-tisch Verwandte, erscheinen zunehmend häufig in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhun-derts. Ihr Auftauchen lässt sich deuten als ein Resultat des karolingischen Heirats-und Bündnisverhaltens dieser Zeit.

Zu den erzählenden Quellen: Auch hier sind in der fraglichen Zeit auffällige Neue-rungen zu verzeichnen, deren bedeutendste wohl das Auftauchen des Wortes affini-tas im Sinne einer Verwandtschaftsbezeichnung ist.26 Im Quartett der bekannten Be-griffe hatte die so gebrauchte affinitas zwar seit der Spätantike ihren Platz, jedoch fastausschließlich in definitorischen und juristischen Quellen,27 nicht jedoch in den er-zählenden Quellen: In der fränkischen Historiographie verweist affinitas vielmehr auförtliche oder auch emotionale Näheverhältnisse,28 doch auch dies erst seit dem frühe-ren 9. Jahrhundert, etwa bei Nithard29 oder Einhard.30 Auch in Zusammenstellungenwie affinitas sanguinis, affinitas propinquitatis oder affinitas consanguinitatis, die re-gelmäßig Abstammungsverwandtschaft bezeichnen,31 determiniert affinitas nicht dieArt der Verwandtschaft. Abstammungsverwandtschaft wird in den narrativen Textenvor 900 in der Regel mit consanguinitas und propinquitas wiedergegeben, wobei keinUnterschied zwischen weiblicher und männlicher Abstammung gemacht wurde; esliegt nahe, ein bilineares Abstammungsdenken anzunehmen.32 Schwiegerverwandte,die ja nach Isidor eigentlich mit dem Begriff affines bezeichnet hätten werden müs-sen, erscheinen in den Quellen zumeist als cognati.33

26 Lubich (2008), S. 69–84.27 Die Belege Lubich (2008), S. 33ff. sowie S. 43f.; Goetz (2009), S. 19f., führt zur Definition des Be-griffs allein eine definitorische Quelle des 12. Jahrhunderts an; der Begriff wird ansonsten noch ein-mal bei Goetz (2008), S. 561, Anm. 79, gebraucht, spielt aber offenbar in der Grundkonzeption einegroße Rolle (vgl. das Schaubild bei Goetz [2009], S. 36). Die folgenden Ausführungen verstehen sichals Versuch, am Beispiel dieses Begriffs die Differenzierungsmöglichkeiten des im Vorangegangenengeschilderten Ansatzes zu demonstrieren.28 Er gleicht damit grundsätzlich der propinquitas und ihren Entwicklungen, vgl. Goetz (2009), S. 21f.29 Topographische Nähe eindeutig bei Nithard, Hist. (Müller 1965), IV, 4, S. 42 = (Rau 2008),S. 386–461, hier S. 448. – Auch die immer wieder diskutierte Stelle zu den Prinzipien affinitas et con-gruentia bei der Reichsteilung von Verdun (Nithard, Hist. [Müller 1965], IV, 4, S. 40 = [Rau 2008],S. 446) dürfte allein im geographischen Sinn zu verstehen sein, vgl. Lubich (2008), S. 199ff.30 In Bezug zur Freundschaft als emotionale Nähe bei Einhard, Vita Karoli Magni (Holder-Egger1965), c. 19, S. 24 = (Rau 2008), S. 190.31 Lubich (2008), S. 96–99.32 Die Behauptung von Patrilinearität, die ich noch in: Lubich (2003), S. 30ff., vertreten hatte, ist (fürerzählende Quellen, nicht jedoch für Urkunden) fehlerhaft, worauf zu Recht hinweist: Goetz (2009),S. 21. Korrigiert habe ich meinen Fehler in Lubich (2008), S. 92–97.33 Lubich (2008), S. 84–91. – Goetz (2008), S. 21, sieht in den cognati „alle Verwandten“; sein Beispielfür eine Abstammungsverwandtschaft ist die bei Thegan, Vita Ludovici (Tremp 1995), c. 2, S. 176 (= rec.

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Gegen Ende des 9. Jahrhunderts ändert sich dieses seit Jahrhunderten stabile Sys-tem. Affinitas wird nunmehr zur Bezeichnung für Schwiegerverwandtschaft. Affinitastritt damit zunächst neben cognatio, womit aber nunmehr zunehmend auch Abstam-mungsverwandte in weiblicher Linie bezeichnet werden, ganz im Sinne der gelehrtenmittelalterlichen Norm und des modernen Jargons.34 Mehr noch: Seit dem 10. Jahrhun-dert wird propinquitas mehrdeutig, zumal der Terminus nicht mehr allein zur Be-zeichnung von Abstammungs-, sondern auch von Schwiegerverwandten gebrauchtwird.35 Lediglich die Verwendung von consanguinitas als „Abstammungsverwandt-schaft“ bleibt stabil, ist aber ebenso wenig auf die männliche Linie beschränkt wiepropinquitas.36

Wie ist dieser „shift“ in der Verwandtschaftssemantik erklärbar? Grundsätzlichscheint er sich durch eine stärkere Orientierung an der tradierten gelehrten Norm aus-zuzeichnen, tendieren doch nunmehr die Verwendungen hin zum isidorischen Mo-dell (mit Ausnahme der inzwischen schillernden propinquitas). Doch wäre ein Stre-ben nach gelehrter Normierung für das „dunkle“, also: quellenarme 10. Jahrhundertein ganz erstaunlicher Befund, sieht man doch in dieser Zeit gerade im ostfränkischenReich tendenziell eher eine Abkehr vom gelehrten literalen Diskurs zugunsten einer„oral society“37 mit einer entsprechenden Vernachlässigung schriftbezogener Bil-dung. Zumindest gibt es keinerlei Anlass zu der Vermutung, man habe im Sinne einercorrectio bewusst und aktiv die Sprachnorm geändert. Damit lässt sich die Möglich-keit erwägen, dass der Wandel des semantischen Felds durch neue Verhältnisse erfor-derlich wurde, dass also neue Strukturen neue Begriffe notwendig machten. Den an-geführten Beobachtungen entsprechend dürfte der Ausgangspunkt in dem Bereich zusuchen sein, der mit Ehe in Verbindung stand und der heute mit dem Begriff „Schwie-gerverwandtschaft“ denotiert wird. Immerhin wurde das entsprechende Feld mitaffinitas um einen Begriff erweitert, und auch propinquitas nahm nunmehr Bedeutun-gen in diesem Feld ein.

Der genauere Blick auf die Verwendungssituationen und die funktionalen Kon-texte dieser Termini zeigt nun, dass keineswegs drei mehr oder minder synonyme Be-griffe vorhanden waren, sich also einfach das Lexikon erweiterte. Vielmehr sind die

B2, ebd. S. 260), überlieferte Ahnenliste der Hildegard de cognatione Gotefridi. Der Beleg stammt ausdem 9. Jahrhundert und scheint von der Konstruktion her an die Bibel (insbesondere das Alte Testa-ment – Belege bei Lubich [2008], S. 28f.) angelehnt zu sein, was selbstredend nichts an dem bereitseingeräumten Sachverhalt ändert, dass prominente genealogische Referenzpunkte durchaus erinnertwurden.34 Lubich (2008) S. 86ff. – Die anlässlich der Designation Heinrichs I. in der Cont. Regin. (Kurze1890), a. 919, S. 156, genannten cognati sind nicht näher zu bestimmen; dennoch ist die Wahl des Be-griffes durchaus am Platze, zumal die Designation in Ermangelung leiblicher Nachkommen und unterZurücksetzung des Bruders Eberhard geschah. Zur Stelle vgl. Goetz (2009), S. 26f.35 Lubich (2008), S. 110f.36 Lubich (2008), S. 93–96 sowie S. 107–110.37 Grundsätzlich im Überblick über den Forschungsgang Buc (2004).

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Verwandte, Freunde und Verschwägerte 251

affines ganz besondere Schwiegerverwandte und in ihrer Rolle keineswegs mit co-gnati und propinqui gleichzusetzen: Im Unterschied zu diesen sind affines ausnahms-los Unterstützer ihrer Verwandtschaftspartner; einen gegnerischen affinis kennen dieQuellen nicht, verfeindete propinqui jedoch sehr wohl. Dies legt den Schluss nahe,dass affinitas ein durch funktionale Komponenten besonders angereicherter Begriffist. Aus dem gesamten Feld ist er der Begriff, der am stärksten auf Verwandtensolida-rität hinweist, die sich sogar als Teil seines Bedeutungsgehaltes verstehen lässt. ImVergleich zu den anderen Termini steht affinitas wesentlich häufiger im Kontext vonamicitia, pacta, foedera oder den fideles und socii. Affinitas verweist somit auf denBündnischarakter der Ehe, die ergänzend zu anderen Bündnisformen hinzutritt. DaVerheiratung bzw. Verschwägerung als „gemachte“, also auf Sozialpraktiken beru-hende Verwandtschaftsarten frei wählbar sind, erstaunt die politische Konnotationnicht, insbesondere in Anbetracht des fast exklusiv auf Eliten fixierten sozialen Hori-zonts der zeitgenössischen Quellen.38

Die Erwähnung der amicitia im Zusammenhang mit der affinitas mag an die ein-gangs erwähnte Bündnispolitik Heinrichs I. denken lassen. Handelt es sich aber tat-sächlich um „ottonische Neuanfänge“, wenn Heinrich sich mit Giselbert von Lothrin-gen durch Verheiratung seiner Tochter affinitate pariter cum amcitia verband, wie unsWidukind schildert?39 Wohl kaum. Schließlich ist der Begriff als solcher älter und istin seiner typischen Konstruktion weder auf die ostfränkischen Quellen noch auf Be-richte über ostfränkische Verhältnisse beschränkt. Bei Regino von Prüm etwa wird dieVerknüpfung von affinitas als Verwandtschaftsbindung mit entsprechenden funktio-nalen Aspekten deutlich: Regino berichtet über die Eheschließung Lothars II. mitTheutberga, einer Schwester Hucberts; die Ehe sei geschlossen, eo quod tunc fidelis-sime putaretur, utpote affinitate coniunctus.40 Wenn Regino dann vom wenige Jahrespäter folgenden Konflikt mit Hucbert berichtet, wird dieser konsequent nicht mehrals affinis bezeichnet.41 Dass Verschwägerung dann nicht mehr als gültige Verwandt-schaftsbeziehung betrachtet werden musste, wenn die Erwartung enttäuscht wurde,von einem Schwager Unterstützung zu erhalten, steht wohl auch hinter dem quon-dam propinquus, also dem „ehemaligen Verwandten“, den Widukind in seiner Ver-sion des Iringlieds anführt.42 Affinitas, so lässt sich schließen, war ein kombiniertesPrädikat, das Verschwägerung und Handlungsgemeinschaft zugleich bezeichnete,wobei ganz offensichtlich die politische Funktion im Vordergrund stand, Wohlver-halten also durch Ehen verlängert werden sollte. Ehebündnisse traten schließlichflankierend zu bereits bestehenden politischen Interessenkonvergenzen hinzu –

38 Lubich (2008), S. 76–84.39 Widukind von Corvey, Res gest. Sax. (Hirsch/Lohmann 1989), I, 30, S. 43 = (Bauer/Rau 2002), S. 62.40 Regino von Prüm, Chron. (Kurze 1890), a. 859, S. 78 = (Rau 2002), S. 188.41 Regino von Prüm, Chron. (Kurze 1890), a. 866, S. 91 = (Rau 2002), S. 214.42 Widukind von Corvey, Res gest. Sax. (Hirsch/Lohmann 1989), I, 9–13, S. 10–23 = (Bauer/Rau 1992),S. 28–42. – Lubich (2008), S. 2–7 (zum Kontext); Lubich (2008), S. 83f.

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252 Gerhard Lubich

Schwäger handelten nicht deswegen gemeinsam, weil sie verwandt waren, sondernsie waren deswegen verschwägert, weil sie gemeinsame Interessen und gemeinsameHandlungsziele hatten.

Von hier aus lässt sich der Bogen zum Befund schlagen, der aus den Urkunden er-hoben wurde: Affinitas war ebenso wie die neu in die Urkundensprache aufgenom-mene propinquitas das Resultat politischer Gemeinsamkeiten auf verwandtschaft-licher Ebene. Doch nicht „Verwandtschaft“ im Allgemeinen, also gleich welcher Art,wurde nach Ausweis der Begrifflichkeit nunmehr verstärkt betrachtet. Vielmehrscheint die Ehe Ausgangs-, Dreh- und Angelpunkt der Änderungen zu sein, erschei-nen doch die propinqui der Urkunden (kognatische Verwandte) als die männlichenNachkommen der in narrativen Quellen als affines bezeichneten Bündnis- und Hei-ratspartner der späten Karolinger; unter der Voraussetzung allerdings, dass sich dieaffines tatsächlich auch als solche verhielten und ihres Status nicht verlustig gingen.Damit stützt das, was aus einer Beobachtung der Verwandtschaftsterminologie zuentnehmen ist, die alte Auffassung vom Machtverfall des karolingischen Königtumszugunsten führender Adelsfamilien, die zumeist auch in die Königsdynastie eingehei-ratet hatten.43 Dass die genealogische Erblast der einheimischen Heiraten auf dieDauer beträchtlich war, zeigen die Ereignisse der Jahre 887/88: So gut wie alle reguliwaren Nutznießer der karolingischen Heiratsstrategie und daher mit dem Königshausaktuell verschwägert oder aber kognatisch verwandt.

Die (nach Ausweis der Begrifflichkeit) neue Rolle der Verwandtschaft unter weib-licher Vermittlung findet ein Korrelat in der bewegten Geschichte der Ehe dieser Zeit.Zu denken ist dabei natürlich zunächst an so grundsätzliche Wandlungen wie die(endgültige) Durchsetzung der Einehe in der Königsfamilie, die zwar nicht zum Ver-schwinden des Konkubinats, im 10. Jahrhundert dann jedoch zum endgültigen Aus-schluss unehelicher Söhne von der Nachfolge im Königsamt führte.44 Hinzu kommenspektakuläre, mitunter wesentlich mit Politik vermengte Affären. Die Auseinander-setzungen um die Ehen Lothars II. sind hierunter die wohl bekanntesten,45 allerdingsnur die Spitze eines Eisbergs, wie hauptsächlich die angelsächsische und franzö-sische Forschung in den letzten Jahren herausgearbeitet hat. Genannt seien die noto-rischen Fälle um die Unfreie Northild,46 um den vassus Falcric und seine Lebens-gefährtinnen,47 um den Grafen Boso und seine mit einem vassus flüchtige Frau

43 Exemplarisch etwa: Bouchard (2001).44 Dies wird besonders deutlich bei Erzbischof Wilhelm von Mainz; die Forschung über ihn zusam-menfassend Glocker (1989), S. 289; zum Hintergrund im 9. Jahrhundert zusammenfassend Brühl(1990), S. 372f.45 Zu den politischen Implikationen und mit der älteren Literatur Brühl (1990), S. 358ff., sowie Hei-decker (1990), S. 127–146; Heidecker (1998), S. 225–235; zusammenfassend Heidecker (2010), auchzum Folgenden; Bauer (1994); Airlie (1998); Saar (2002), S. 404–424.46 Nelson (2005), S. 20f.; modifizierend Stone (2007), S. 468 und 476.47 Stone (2007), S. 472.

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Verwandte, Freunde und Verschwägerte 253

Ingiltrude/Engeltrude,48 um Graf Stephan,49 um Balduin von Flandern und die Kö-nigstochter und zweifache Königswitwe Judith50 – wenngleich die Quellen zumeistdie Probleme um Eheauflösung und Wiederheirat innerhalb der Eliten darstellen, sozeigt bereits diese unvollständige Auflistung, dass sich der Wandel offenbar nicht aufden Adel beschränkte.51 Ein neues Eheverständnis lässt sich wohl auch ablesen ausder nunmehr verstärkt diskutierten Inzestproblematik52 sowie den Problemen um denraptus, die „Raubehe“.53 Während letztere Praxis im 10. Jahrhundert weitgehend zuverschwinden scheint, ist bei der Anwendung des Inzestverbots geradezu eine Radi-

48 Devisse (1975), S. 429–432. – Bougard (2000) behandelt zunächst die genealogische Frage nachder möglichen Identität des Grafen Boso mit Boso von Vienne (S. 33–41), bevor er – unter Nennung dereinschlägigen Quellen – die Positionen Lothars II. und Engeltrudes trotz des Geschlechtsunterschiedsparallelisiert. Diese durchaus interessante Perspektive hinsichtlich möglicher patriarchaler Tenden-zen in der Ehegesetzgebung der Zeit wird bei der eher typologischen Arbeit von Stone (2007) nichtdeutlich; ihre Auseinandersetzung mit Bougard reduziert sich auf – in unserem Zusammenhang – pe-riphere genealogische Diskussionen (S. 470, Anm. 86).49 Devisse (1975), S. 432–435. – Zu den Auffassungen von Nelson (2005), S. 196f., und de Jong (1989),S. 44f., zuletzt zusammenfassend Ubl (2008), S. 352–356.50 Zu Judith, insbesondere zu ihrer Zeit als englische Königin, vgl. Konecny (1976), S. 152–155; Schief-fer (1993), S. 130f.; Ennen (1994), S. 60–63. – Zur Aufsehen erregenden Eheschließung mit Balduinvon Flandern vgl. zusammenfassend Stone (2007), S. 470–473, die ebd. S. 475 meint, Judith habegrundsätzlich ihre eigenen Entscheidungen getroffen; dies mag zwar für die angebliche Entführungstimmen, die mit ihrer Zustimmung erfolgte und als raptus verfolgt wurde, vgl. hierzu zuletzt Stone(2009), S. 436f. Allerdings bedurfte es laut Hinkmars Ann. Bert. (Waitz 1883), S. 56f. = (Rau 2002),S. 108, der Zustimmung ihres Bruders Ludwig (des „Stammlers“), worauf zuletzt hingewiesen hat:Geary (2006), S. 52f. Zu weit gehen allerdings die älteren Urteile, die Judith jeglichen Handlungsspiel-raum absprechen, vgl. etwa Sproemberg (1936), S. 916: „So hat Judith nach wie vor für ihren Vaternichts weiter bedeutet als ein Objekt seiner Politik“, sowie S. 916f. mit Verweis auf die ZustimmungLudwigs. – Die Rolle Hinkmars veranschlagt gering Devisse (1975), S. 436. – Die den Eindruck einesSammelbands erweckende Publikation Miller/Vandome/McBrewster (2010) scheint einer der mehrals 77000 Bände zu sein, der diesen Herausgebern zugeschrieben wird und die nicht mehr als Wiki-pedia-Artikel bieten; zur Verlagspraxis und ihren Konsequenzen vgl. Nohn (2010).51 Weitere Hinweise finden sich etwa in den Papstbriefen; hierzu Lubich (2010); vgl. etwa das Reg.Ioh. (Caspar 1927), ep. 154, S. 128f. (Rostagnus und Berthild); vgl. auch entsprechende diesbezüglicheHinweise an verschiedene Bischöfe etwa Reg. Ioh. (Caspar 1927), ep. 156, S. 130 (an Wala von Metz);ep. 261, S. 231f.; ep. 281, S. 248; ep. 285, S. 250ff. (an Romanus von Ravenna); sowie ep. 294, S. 256f. (anWillibert von Köln). – Ioh. epp. coll. (Caspar/Laehr 1927), ep. 9, S. 326–329 (Constantia). – Fragm. reg.Ioh. (Caspar 1927), ep. 54f., S. 307ff. (Bava und Rudolf); vgl. Fragm. reg. Ioh. (Caspar 1927), ep. 10,S. 278f. (Wiederverheiratungsverbot). – Le Jan (1995), S. 280ff., weist in diesem Zusammenhang aufdie gestiegene Anzahl von Scheidungen hin, durch die eine gesteigerte Schutzbedürftigkeit der ver-lassenen Damen bestanden habe, was letztlich zu den Reformen geführt habe. Dies trägt jedoch kaumder feststellbaren weiblichen Initiative Rechnung.52 Die verschiedenen Perspektiven und Interessenlagen bei Ubl (2008), S. 291–383.53 Vgl. zur hier behandelten Epoche zusammenfassend Le Jan (1995), S. 301f.; zuletzt Stone (2007).Das Werk Joye (2012) stand mir bei der Abfassung dieser Überlegungen leider noch nicht zur Verfü-gung.

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kalisierung festzustellen.54 Einen weiteren Bezug zum 10. Jahrhundert stellen dieoffensichtlich größer gewordenen Handlungsspielräume von Frauen dar. Die Königs-gattinnen und -witwen Richgard,55 Richild56 und insbesondere Angilberga57 erschei-nen in gewisser Weise wie Präfigurationen der bedeutenden ostfränkischen Frauenan der Jahrtausendwende; zu denken wäre hierbei an Gerberga,58 Adelheid und Theo-phanu59 oder die schwäbische Herzogin Hadwig,60 zudem auch an das internationalecolloquium dominarum des Jahres 985.61

Zurück zum ausgehenden 9. Jahrhundert: In der Summe wirkten die Veränderun-gen dieser Zeit im Sinne einer Einschränkung der Heiratsmöglichkeiten für die männ-lichen Mitglieder der Königsfamilie, deren Auswahl durch die bereits angesprocheneBegrenzung auf das eigene Reich ohnehin nicht unmäßig groß war. In der Ökonomiedes Heiratsmarktes führte dies zu einer gesteigerten Wertschätzung der Eheverbin-dung als solcher. Man wählte wohl sorgfältiger (abzulesen etwa am steigenden Ver-heiratungsalter),62 was in der Konsequenz auf eine stärkere Betonung des Bündnis-charakters hinauslief (affinitas), wobei wiederum die Nachkommen – sozusagen diegenealogische Konsequenz aus der affinitas – als propinqui erscheinen. Auch die Kö-nigstöchter entzog man – wie bereits Karl der Große – dem Heiratsmarkt,63 wobei dieVerheiratung der Judith mit dem angelsächsischen Königshaus auch den Weg für dieVerheiratung der Thronfolger wies: Bereits seit der Mitte des 9. Jahrhunderts bemüh-ten sich Ludwig II. „der Stammler“ von Westfranken sowie Ludwig II. von Italien umauswärtige Heiratspartner, was jedoch zunächst Projekt blieb.64

Der Prozess der Herauslösung des Königshauses bzw. zumindest des Thronfol-gers aus der Adelsgesellschaft des eigenen Reiches war keineswegs reibungslos ver-laufen – hinsichtlich der Anfangsschwierigkeiten ist zu verweisen auf die zu Aufstän-

54 Ubl (2008), S. 384–476.55 Reg. Ioh. (Caspar 1927), ep. 309, S. 267ff.; vgl. auch ep. 291, S. 254f.56 Vgl. etwa die päpstlichen Schreiben aus dem Reg. Ioh. (Caspar 1927), ep. 12, S. 11, ep. 27, S. 25f.,ep. 33, S. 32f., ep. 54, S. 49f.57 Zu ihr noch immer Pölnitz-Kehr (1940) sowie Odegaard (1951); vgl. noch Konecny (1976), S. 118–126;sowie zuletzt Offergeld (2001), S. 474ff., 482 und 502.58 Zusammenfassend Glocker (1989), S. 272; vgl. Offergeld (2001), S. 643ff.59 Hlawitschka (1997); zum Umfeld vgl. die Beiträge in: Euw/Schreiner (1991) sowie Engels/Schreiner(1993).60 Zettler (2003), S. 150ff.; zur Rezeption Schwarzmaier (2002). Überlegungen zu den bislang kaumberücksichtigten Genderaspekten jüngst bei Tesch-Mertens (2012).61 Lediglich erwähnt in: Gerbert von Reims, Briefsammlung (Weigle 1966), ep. 62f., S. 93, sowieep. 66, S. 96f.62 Le Jan (1995), S. 276.63 Zur Familienpolitik Karls des Großen zusammenfassend Lubich (2008), S. 178f. – Le Jan (1995),S. 300, macht zu Recht darauf aufmerksam, dass von den zehn Töchtern Lothars I., Ludwigs des Deut-schen und Karls des Kahlen lediglich zwei verheiratet, die anderen zu Äbtissinnen gemacht wurden.64 Vgl. Kasten (1997), S. 444–448, sowie zu Ludwig II. von Italien: Regesten des Kaiserreichs unterden Karolingern 3/1 (Böhmer/Zielinski 1991), Nr. 291, S. 119.

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den führende auswärtige Heirat Ludwigs des Stammlers oder die Streitigkeiten um dieEhe Karls des Kindes.65 Erst nach 887/88 bereiteten auswärtige Heiraten kein Problemmehr. Ludwig der Blinde hatte die im 9. Jahrhundert bereits projektierte Heiratsver-bindung mit Byzanz vollzogen,66 und die Heirat Ottos mit Edgith war nur eine vondreien, zeitlich besehen die zweite Verbindung kontinentaleuropäischer Herrschermit der Familie des Angelsachsen Aethelstan.67 Die ottonische Verwandtschaftspraxisfolgte eher karolingischen Modellen aus anderen Reichsteilen als einem andersarti-gen, genuin „ottonischen“ Modell Heinrichs.68 Der im Heiratsverhalten erkennbareLerneffekt, und dies ist mit Hinblick auf die fraglichen „ottonischen Neuanfänge“ zuvermerken, war also keine Erfindung der Ottonen.

Mithin, so ist abschließend zu konstatieren, bildete sich im langen 9. Jahrhundertdie Grundlage der Heiratspolitik, die auf Opportunität, Exklusivität und Verbindlich-keit basierte und in dieser Form ab dem Hoch- und Spätmittelalter begegnet. Dievorkarolingische Zeit kannte diese Form nur in Ansätzen: Sieht man von den wenigenineffizienten, weil von eigener Seite wohl nur halbherzig realisierten Heiratsbünd-nissen ab, so zeigen die Darstellungen der Zeit die männlichen Merowinger wenigerbeim Betreiben einer durchdachten Heiratspolitik als vielmehr getrieben durch einwenig reflektiertes Fortpflanzungsverhalten.69 Auch die (durchweg: auswärtigen)70

Ehen der Königstöchter waren selten und politisch wenig relevant.71 Die frühen Karo-linger hatten ihren Schwägern immerhin noch einen Bewährungsaufstieg gewährt,72

doch rief man dadurch Geister, die man nicht mehr los wurde, auf die man allerdingsje länger desto mehr angewiesen war – affines und propinqui zeigten sich nunmehr imUmfeld des Königtums, das durch eine neu gestaltete Heiratspolitik darauf reagierte,die wiederum als Blaupause für die ottonische Verwandtenpolitik diente.

Die Frage, ob es denn „ottonische Neuanfänge“ auf der Ebene der Verwandt-schaft gegeben hat, ist in Anbetracht der angeführten Indizien also mit „Nein“ zu be-

65 Kasten (1997), S. 444–452 mit Quellen und der älteren Literatur.66 Grundlegend Hiestand (1964), S. 90ff.; vgl. die Quellen- und Literaturzusammenstellung bei: Re-gesten des Kaiserreichs unter den Karolingern 3/2 (Böhmer/Zielinski 1998), Nr. 1154, S. 171.67 Die Aethelstan-Biographie von Foot (2011) war mir nicht zugänglich.68 Dies mag im Übrigen auch für Ottos voreheliche Verbindung gelten, die der karolingischen Praxisder „épouse de jeunesse“ gleicht, vgl. hierzu Le Jan (1995), S. 276f.69 Wood (2004), S. 15–31, erwägt, ob dies auch den Frauen der Königsfamilie zustand. Vgl. dem-nächst auch Lubich (im Druck).70 Die Vorstellung, merowingische Töchter hätten im fränkischen Adel geheiratet, ist wohl auf diebekannt suspekten genealogischen Zuschreibungen des 9. Jahrhunderts zurückzuführen; eine Arbeitdarüber befindet sich in Vorbereitung, vgl. bislang die Arbeiten von Reimitz (2000) und (2002). Ledig-lich das aus dem 12. Jahrhundert stammende Stemma Aridii (Krusch 1896), S. 611f., berichtet von eineransonsten unbekannten Waldeca nobilis femina regis Childeberti et regina Mathildis filia, deren SohnAstidius Bischof von Limoges gewesen sein soll.71 Eine Dissertation zum Thema steht von Stephanie Caspari, Bochum, in diesem Jahr zu erwarten.72 Vgl. Lubich (2008), S. 165–182.

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antworten. Was in der Ottonenzeit deutlich hervortritt, ist vielmehr ein Produkt derspäten Karolingerzeit. Wesentlich war hierfür die bewusste, sich auf der Ausdrucks-ebene spiegelnde veränderte Einbeziehung der Schwiegerverwandtschaft in das Re-servoir politischer Verbindungen. Sowohl in der Heirats- und Bündnispolitik derZeit – affinitas – als auch in der Berücksichtigung von deren biologischen, genealogi-schen Konsequenzen – propinquitas – wurde das politische Spektrum bereichert. Ge-wiss: Geheiratet wurde zu allen Zeiten, und dies geschah auf der Ebene der Eliten si-cherlich immer auch mit politischen oder zumindest ökonomischen Hintergedanken.Die Verbreitung, Struktur und Reflexion dieses Verhaltens aber fand offenbar erst imspäten 9. Jahrhundert statt, wenn wir dem Wortgebrauch der Quellen vertrauen kön-nen. In seiner Begrenztheit auf die Oberschicht und seiner Fixierung auf die relatio-nale Verwandtschaftsterminologie stellt der vorgestellte Befund sicherlich nur einenAusschnitt aus der bewegten, auch im früheren Mittelalter dem Wandel unterworfe-nen Geschichte der Verwandtschaft dar, die, wie Hans-Werner Goetz zu Recht festge-stellt hat, noch immer nicht geschrieben ist.73

Quellen-und Literaturverzeichnis

Quellen

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Diplom Heinrichs III., ed. Bresslau, Harry/Kehr, Paul (1931): MGH Diplomata regum et imperatorumGermaniae, 5, D H III 37, S. 47f. Berlin.

Diplom Heinrichs IV., ed. Gladiss, Dietrich von/Gawlik, Alfred (1941–1978): MGH Diplomata regum etimperatorum Germaniae, 6, D H IV 479, S. 653f. Berlin.

Diplom Karls des Großen, ed. Mühlbacher, Engelbert (1906): MGH Diplomata Karolinorum, 1, D Kar.111, S. 156f. Hannover.

Diplom Karls III., ed. Kehr, Paul (1937): MGH Diplomata regum Germaniae ex stirpe Karolinorum, 2,D Karl 37, S. 63f. Berlin.

Diplom Konrads I., ed. Sickel, Theodor (1956): MGH Diplomata regum et imperatorum Germaniae, 1,D K I 3, S. 4. Hannover.

73 Goetz (2009), S. 15f.

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Verwandte, Freunde und Verschwägerte 257

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Diplom Ottos I., ed. Sickel, Theodor (1956): MGH Diplomata regum et imperatorum Germaniae, 1,D O I 1, S. 89f. Berlin.

Diplom Ottos III., ed. Sickel, Theodor (1957): MGH Diplomata regum et imperatorum Germaniae, 2,D O III 398, S. 830f. Hannover.

Einhard: Vita Karoli Magni, ed. Holder-Egger, Oswald (1965): MGH Scriptores rerum Germanicarum inusum scholarum separatim editi, [25]. Hannover.

Einhard: Leben Karls des Großen, ed. Rau, Reinhold (2008): Quellen zur karolingischen Reichsge-schichte 1 (Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe, 5), S. 164–211. Darmstadt.

Fragmenta registri Iohannis VIII. papae, ed. Caspar, Erich (1927): MGH Epistolae (in Quart), 7,S. 334–353. Berlin.

Gerbert von Reims: Briefsammlung, ed. Weigle, Fritz (1966): MGH Briefe der deutschen Kaiserzeit, 2.Weimar.

Iohannis VIII. papae epistolae passim collectae, ed. Caspar, Erich/Laehr, Gerhard (1927): MGH Epis-tolae (in Quart), 7, S. 313–329. Berlin.

Merowingisches Deperditum, ed. Kölzer, Theo (2001): MGH Diplomata regum Francorum e stirpeMerovingica, 2, Dep. Mer. 40, S. 516. Hannover.

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