Fortgeschrittenen-Praktikum
VersuchPhotometrie und Spektroskopie
Thomas Rauch
Kepler Center for Astro and Particle PhysicsInstitut für Astronomie und Astrophysik
Sand 172076 Tübingen
1. August 2017
http://www.uni-tuebingen.de/de/4203
Inhaltsverzeichnis1 Vorbemerkung 1
2 Einführung 12.1 Koordinatensysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.2 Teleskope . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
2.2.1 Öffnungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.2.2 Das Auflösungsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52.2.3 Refraktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72.2.4 Reflektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82.2.5 Teleskopmontierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112.2.6 Aktive und adaptive Optiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
2.3 Bilddetektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172.3.1 Grundlagen des CCD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172.3.2 CCDs in der Astronomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.4 Spektroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212.4.1 Beugungstheorie am Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222.4.2 Die Dispersion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252.4.3 Das Auflösungsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
2.5 Strahlungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252.6 Strahlungsintensität und Strahlungsfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
2.6.1 Strahlung im thermodynamischen Gleichgewicht . . . . . . . . 272.6.2 Effektivtemperatur und Leuchtkraft . . . . . . . . . . . . . . . 282.6.3 Helligkeiten und Farben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
2.7 Farben-Helligkeits-Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292.8 Spektralklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
3 Versuchsaufbau 323.1 Spiegelteleskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323.2 Der 10 C-Gitterspektrograph . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333.3 CCD-Kameras STL-1001E und HX916 . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
4 Versuchsdurchführung 374.1 Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374.2 Sternspektroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384.3 Photometrie eines Sternhaufens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
5 Literatur 47
A Mögliche Beobachtungsobjekte 48
B Wellenlängenkalibration 49
C Starke Linien in Sternspektren. 50
D Aufbau des Versuchsprotokolls 54
I
1 VorbemerkungDer Versuch „Photometrie und Spektroskopie“ soll grundlegende Methoden zur Auf-nahme und Auswertung astronomischer Daten verständlich machen. Dabei soll insbe-sondere auf die auch sonst in der Physik anwendbaren technologischen Grundlageneingegangen werden. Neben einem Verständnis für die Funktionsweise der Instrumen-te sind die praktische Anwendung, die wissenschaftliche Motivation und die zugrundeliegende Physik der Anwendungsbeispiele das Entscheidende.
Astronomische Kenntnisse auf dem Niveau der Einführungsvorlesung sind für dieDurchführung des Versuchs zwingend erforderlich, Erfahrung im Umgang mit Com-putern ist vorteilhaft, aber keineswegs notwendig. Wir haben versucht, in dieser An-leitung die für die Durchführung des Versuchs notwendigen Informationen zusammen-zustellen. Darüber hinausgehende Informationen finden Sie in der zitierten Literatur.Die Programmbefehle zur Steuerung der Kamera und der verwendeten Software sindalle aufgeführt, es wird aber nicht erwartet, dass Sie damit ohne weitere Einweisungvor Ort zurechtkommen. In der Astronomie ist es immer noch gebräuchlich, Einheiten,die nicht dem SI-System entstammen, zu verwenden. Prominente Beispiele sind dasÅngström als Wellenlängeneinheit oder der Tag als Zeiteinheit. Diese Anleitung folgtdieser Gepflogenheit, lassen Sie sich bitte nicht von etwas ungewohnten Einheiten ab-schrecken. . .
Um Ihnen die Vorbereitung des Versuchs zu vereinfachen, haben wir in diese Einlei-tung einfache Aufgaben eingestreut. Sie sollten diese Aufgaben vor dem Praktikumgelöst haben, die Lösung ist Teil Ihres Praktikumsprotokolls. Im Ausgleich für dieseVorarbeit kann die Nachbereitung des Versuches wesentlich kürzer ausfallen.
2 EinführungIm Gegensatz zu allen anderen Naturwissenschaften ist die Astronomie eine rein em-pirische Wissenschaft. Es ist den Astronomen unmöglich, die Gegenstände ihrer Un-tersuchungen unter kontrollierten Bedingungen zu manipulieren oder Experimente mitihnen anzustellen. Die alleinige Information, die zur Wissensgewinnung dient, liegt inder Form der von astrophysikalischen Quellen beobachteten Strahlung vor. Die Kunstder Astronomie als Wissenschaft liegt darin, die in der Strahlung steckende Informationauszuwerten.
Die von astronomischen Quellen beobachtete Strahlung ist meist sehr schwach,Strahlungsflüsse von 10−29 Wcm−2 s−1 (=1 mJy [milli Jansky], astronomische Einheitfür Strahlungsflüsse) im optischen oder einigen wenigen Photonen pro cm2 und Se-kunde im Röntgenbereich sind üblich1. Zusätzlich ist unser Beobachtungsstandort aufder Erde ein äußerst ungünstiger – die detektierte Strahlung muss vor der Beobachtungdie Erdatmosphäre passieren, die Erde ist keine ruhende Plattform, sondern dreht sichusw. . . Der Drang zur Untersuchung immer schwächerer Objekte führte im 20. Jahr-hundert zur Entwicklung immer größerer Teleskope und zur Entwicklung sehr licht-empfindlicher Detektoren. In dieser Einführung möchten wir Sie mit den Grundlagen
1Eine in der Astrophysik der kosmischen Strahlung gebräuchliche Einheit ist die der detektierten Teil-chen, die pro Quadratkilometer und Jahr gemessen werden – die Detektionsgrenze für den Teilchenflussliegt hier im Bereich von ungefähr 10−2 Teilchenkm−2 a−1. . .
1
dieser Detektoren, soweit sie für das Praktikum von Bedeutung sind, vertraut machen.Wir werden uns dabei zunächst mit astronomischen Teleskopen beschäftigen und dannauf die Detektoren für elektromagnetische Strahlung eingehen.
2.1 KoordinatensystemeDas Aufsuchen von astronomischen Objekten erfordert die Festlegung eines Koordina-tensystems. Es ist dabei sinnvoll, ein System zu definieren, das vom Beobachtungsortund der Zeit unabhängig ist. Da wir es in der Astronomie, abgesehen von Objekten in-nerhalb unseres Sonnensystems, mit sehr großen Entfernungen zu tun haben, könnenwir ein Koordinatensystem auf einer unendlich großen Himmelskugel festlegen und soauf zwei Koordinaten einschränken. Die Änderung der Koordinaten aufgrund der täg-lichen bzw. jährlichen Erddrehung ist sehr klein, da die Entfernung der Objekte vielgrößer als der Erdbahnradius ist (der nächste Stern, Proxima Centauri, hat eine Entfer-nung von etwa 270000 Erdbahnradien).
Abbildung 1: Himmelskugel mit Himmelsko-ordinaten (Quelle: Unsöld & Baschek, 1988,Abb. 2.2.3).
Da die Ausrichtung der Rotationsachse der Erde im Raum (nahezu) fest ist, ist ei-ne Projektion des äquatorialen Systems auf die Himmelskugel ein geeignetes orts- undzeitunabhängiges Bezugssystem. Die Schnittlinie zwischen der Himmelskugel und derÄquatorebene ist ein Großkreis, der als Himmelsäquator bezeichnet wird. Die Verlän-gerung der Erdachse definiert die Himmelspole (siehe Abb. 1). Der Winkelabstand einesSterns von der Äquatorebene wird durch die Erdrotation nicht beeinflusst. Dieser Win-kel wird auf einem Großkreis, der durch beide Himmelspole und den Stern verläuft, demsog. Stundenkreis, abgetragen und als Deklination δ bezeichnet. Gemessen wird von derÄquatorebene aus, positive Winkel bezeichnen Objekte auf der Nordhalbkugel, negativesolche auf der Südhalbkugel. Dies ist die erste Koordinate. Die zweite Koordinate wird
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auf dem Äquator gegen den Uhrzeigersinn gemessen. Wir benötigen aber noch einenBezugspunkt, der von der Erdrotation unabhängig ist. Die Wahl dieses Punktes ist imPrinzip beliebig, es macht aber Sinn, einen Punkt mit besonderen Eigenschaften auszu-wählen. Die projizierte Bahn der Sonne, die Ekliptik, schneidet den Himmelsäquator anden Punkten der Tagundnachtgleichen. Einer dieser beiden Schnittpunkte, nämlich derFrühlingspunkt, wird als Bezugspunkt gewählt. Früher befand sich dieser im SternbildWidder und wird daher auch Widderpunkt (ϒ) genannt. Der Winkel zwischen Objektund Frühlingspunkt auf dem Äquator wird in Stunden angegeben. Damit haben wir diezweite Koordinate, die Rektaszension α (oder auch R.A.).
Die Präzession der Erdachse bewirkt eine Änderung der Koordinaten, für eine prä-zise Katalogisierung benötigen wir also noch die Angabe desjenigen Zeitpunktes, diesog. Epoche, an dem der Frühlingspunkt definiert wurde, z.B. 1950 oder 2000. Es gibtnoch weitere Effekte, die die Koordinaten beeinflussen, auf die hier aber nicht weitereingegangen werden soll.
Aufgabe 1: Verschaffen Sie sich die Koordinaten der Objekte aus der Objektliste(Tab. 7), z.B. unter Zuhilfenahme der Datenbank SIMBAD (http://simbad.u-strasbg.fr/Simbad).
3
O du vielwissendes Rohr, kostbarerals jedes Szepter! Wer dich in seinerRechten hält, ist er nicht zum König,
nicht zum Herrn über die WerkeGottes gesetzt!
Johannes KeplerDioptrice, 1611
2.2 TeleskopeVon den in der Einleitung dargestellten Gegebenheiten lassen sich die folgenden Anfor-derungen an astronomische Teleskope ableiten: Teleskope müssen über
• eine möglichst hohe Lichtausbeute,• ein gutes Auflösungsvermögen• und natürlich eine sehr gute Bildqualität
verfügen. Es gibt zwei verschiedene Klassen von Teleskopen, mit denen diese Anfor-derungen erreicht werden können. Zum einen sind dies die Refraktoren, bei denen mitHilfe von Linsensystemen eine Abbildung erreicht wird, zum anderen die Reflektoren,bei denen das Gleiche mit Hilfe der Kombination von sphärisch oder parabolisch ge-schliffenen Spiegeln erreicht wird.
2.2.1 Öffnungsverhältnis
Abbildung 2: Herleitung des Abbildungsmaß-stabs.
Beiden Arten von Teleskopen ist gemein, dass sie das sich im Unendlichen befindlicheastronomische Objekt mit einem Objektiv oder Hohlspiegel des Durchmessers D undder Brennweite f in eine Fokalebene projizieren, in der das Bild des Objekts untersuchtwird. Abbildung 2 zeigt als Beispiel den Strahlengang eines einfachen Reflektors. DasVerhältnis D/ f bezeichnet das Öffnungsverhältnis des optischen Systems, beim Pho-toapparat ist das Inverse des Öffnungsverhältnisses, f/D, als die Blendenzahl bekannt.Aus Abbildung 2 kann die Bildausdehnung a eines im Unendlichen unter dem Winkelω erscheinenden Objekts abgelesen werden:
a = 0.0175ω f (1)
wobei ω im Gradmaß gemessen wird. Ein Teleskop mit einer Auffangfläche ∼ D2 kon-zentriert also die aufgefangene Energie eines flächenhaften Objekts auf einer Fläche
4
∼ f 2. Das Verhältnis dieser Größen definiert daher die Lichtstärke:
Lichtstärke ∝
(Df
)2
(2)
Die Lichtstärke bei flächenhaften Objekten ist also nur vom Öffnungsverhältnis abhän-gig (also von der „Blendenzahl“, wie beim Photoapparat). Für ein punktförmiges Objektwie z.B. einen Stern gilt hingegen
Lichtstärke ∝ D2 (3)
Die meisten astronomischen Objekte sind sehr weit entfernt, also punktförmig, so dassastronomische Teleskope große Durchmesser haben sollten, um möglichst viel Lichtaufzusammeln.
2.2.2 Das Auflösungsvermögen
Die Auflösung astronomischer Teleskope ist durch die Beugung des von den Sternenausgesandten kohärenten Lichts begrenzt. Aus der Beugungstheorie erhält man für dieIntensitätsverteilung I(θ) einer kreisförmigen Blende mit Radius r im Winkelabstand θ
(z.B. Born & Wolf, 1980; Kitchin, 1984)
Iθ ∝π2r4
m2 (J1(2m))2 (4)
wobeim =
πr sinθ
λ(5)
und durch J1(2m) die Besselfunktion erster Art der Ordnung eins bezeichnet wird. InAbbildung 3 ist J1(2m)/m dargestellt.Die Intensität ist also Null in konzentrischen Ringen mit Radius
θ ≈ 1.220λ
d,
2.233λ
d,
3.238λ
d, . . . (6)
wobei d = 2r der Durchmesser des Beugungsscheibchens ist. Die innerste Beugungs-zone bezeichnet man als Airy-Scheibchen, nach dem englischen Royal Astronomer Ge-orge B. Airy, der als erster Gleichung 4 hergeleitet hat. Abbildung 4 stellt die Airy-Scheibchen für zwei gleich helle Punktquellen im Abstand 4.46λ/d dar. Die Abbildungeines Sterns mit einem astronomischen Teleskop führt also zu einer ausgedehnten Schei-be mit Radius 1.22λ/d, die von Beugungsringen umgeben ist.
Zur Charakterisierung der Auflösung eines Teleskops wird meist das von Lord Ray-leigh eingeführte Kriterium verwendet. Das Rayleigh-Kriterium besagt, dass zwei gleichhelle Objekte gerade dann noch auflösbar sind, wenn das Intensitätsmaximum der Beu-gungsfigur des einen Objekts genau in das erste Intensitätsminimum der Beugungsfigurdes zweiten Objekts fällt. Damit ist die Auflösung α gerade
α[rad] =1.220λ
d. (7)
Aufgabe 2: Berechnen Sie die Auflösung in Bogensekunden eines Teleskops mit einem Tele-skopdurchmesser von d = 0.8 m bei einer Wellenlänge von 5700 Å.
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0 2 4 6m
-0.2
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0J 1
(2m
)/m
Abbildung 3: Graph der Funk-tion J1(2m)/m, deren Quadratdie Intensitätsverteilung an einerkreisförmigen Blende beschreibt(Glg. 4).
Wie diese Herleitung zeigt, ist das Rayleigh-Kriterium nur eine grobe Näherung fürdas tatsächliche Auflösungsvermögen eines Instruments. Die tatsächlich erreichbarebeugungsbegrenzte Auflösung hängt sehr vom Intensitätsverhältnis der beobachtetenObjekte ab (eine sehr schwache Quelle ist in der Umgebung eines sehr hellen Objektsnatürlich schwerer zu detektieren als ein vergleichsweise helles Objekt). Zusätzlich istbei erdgebundener Beobachtung die Erdatmosphäre der eigentlich die Auflösung be-grenzende Faktor (siehe Abschnitt 2.2.6). Daher ist für praktisches Arbeiten α ≈ λ/deine ausreichende Näherung.
2.2.3 Refraktoren
Mit der Demonstration des Fernrohrs zum „Näherholen“ entfernter Gegenstände aufdem Campanile von San Marco in Venedig am 21. August 1609 durch Galileo Gali-lei begann die naturwissenschaftliche Nutzung der Teleskope. Galilei hatte Gerüchteüber die Entdeckung eines holländischen Glasmachers, Hans Lippershey, vernommenund sich ein eigenes kleines Fernrohr durch die Kombination einer Sammel- und einerStreulinse gebaut. In Verneinung der eigentlichen Urheberschaft dieses Instrumenteswird die Kombination einer Sammel- und einer Streulinse ein „galileisches Fernrohr“genannt; seinem geschickten Marketing hatte Galilei eine Gehaltsverdoppelung zu ver-danken. Als Alternative zum Galileischen Fernrohr schlug Johannes Kepler in seinerDioptrice, 1611, die Kombination zweier Sammellinsen vor, das „keplersche Fernrohr“.Im Gegensatz zum galileischen Fernrohr besitzt das keplersche eine echte Fokalebene,d.h. es kann für quantitative astronomische Messungen und nicht nur zur Beobachtungbenutzt werden.
Obwohl sich Refraktoren in einigen Bereichen, zum Beispiel als Feldstecher, durch-gesetzt haben, werden Refraktoren in der Astronomie als Instrumente heute nicht mehreingesetzt. Der Hauptgrund dafür ist, dass der Maximaldurchmesser eines Refraktors
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Abbildung 4: Beugungsbild zweier gleichheller Punktquellen im Abstand 4.46λ/dan einer kreisförmigen Blende, wie in derAstronomie üblich als Negativ dargestellt(schwärzer entspricht also heller).
bei ∼ 1 m liegt, also bei einer vergleichsweise kleinen Lichtsammelfläche. Die Begrün-dung für diesen kleinen Maximaldurchmesser ist, dass größere Linsen nur sehr schwerherstellbar und im Gebrauch aufgrund ihres hohen Eigengewichtes nur sehr schwer sta-bilisierbar sind. Bei der Änderung der Pointierungsrichtung eines Teleskops verformensich Linsen sehr stark, da sie im Gegensatz zu einem Spiegelsystem nicht unterstütztwerden können – etwas weniger akademisch ausgedrückt bedeutet hier „sehr starkeVerformung“ nichts anderes als „zerbrechen“. Ferner muss zur Herstellung einer Linsegroßen Durchmessers ein Glasblock entsprechenden Durchmessers ohne Lufteinschlüs-se hergestellt werden, was große Kosten verursacht. Desweiteren entspricht die Bau-länge eines Refraktors seiner Brennweite, was zu großen, unhandlichen und instabilen(Durchbiegung!) Instrumenten führt. Schließlich muss auch noch berücksichtigt wer-den, dass der Brechungsindex von Glas wellenlängenabhängig ist, was zu Bildfehlernführt (chromatische Aberration).
Aus diesen Gründen haben sich in der Astronomie seit Mitte des 20. JahrhundertsReflektoren auf breiter Linie durchgesetzt. Die in manchen Sternwarten, so auch derTübinger Sternwarte, noch vorhandenen Refraktoren haben nur noch Museumswert undwerden für die aktive Forschung nicht eingesetzt2. Die einzige Ausnahme bildet hierbeidie Spezialanwendung der Astrometrie, also der Vermessung von Sternpositionen, beider Refraktoren mit typischen Durchmessern < 30 cm als sogenannte Meridiankreiseeine Nische gefunden haben. Auch diese Instrumente wurden seit 1985 mehr und mehrvon satellitengestützten Instrumenten, so zum Beispiel dem europäischen Hipparcos-Satelliten, ersetzt.
Einen sehr schönen Überblick über den historischen Wettstreit um den weltgrößtenRefraktor gibt der Artikel aus Sterne und Weltraum (August 2011) im Anhang dieserAnleitung auf Seite 55.
2Der Tübinger Refraktor wird in der Öffentlichkeitsarbeit für Sternführungen eingesetzt.
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2.2.4 Reflektoren
Wie bereits oben dargestellt, bestehen Reflektoren aus der Kombination eines koni-schen, fokussierenden Hauptspiegels mit weiteren Spiegeln zur Bestimmung der Lagedes Fokus.
Abbildung 5: Strahlengang des newtonschen Teleskops (Newton, 1730, Fig. 29).
Weit verbreitet in der Amateurastronomie sind Reflektoren mit dem Strahlengang,der 1671 von Isaac Newton erfunden wurde (Abb. 5). Hier wird das Licht mit einem pa-rabolischen Hauptspiegel fokussiert. Die vom Hauptspiegel kommenden Strahlen wer-den durch einen zweiten, plan geschliffenen Fangspiegel aus dem Teleskoptubus reflek-tiert. Der Brennpunkt befindet sich also am Ende des Tubus, weit entfernt vom Haupt-spiegel. Dies hat den Nachteil, dass die Baulänge des Teleskops in der Größenordnungder Brennweite liegt. Ferner müssen die Detektoren weit vom Schwerpunkt des Tele-skops entfernt angebracht werden, was mechanisch wenig sinnvoll ist.
Bei neueren Teleskopen haben sich – auch im Amateurbereich – daher andere Strah-lengänge durchgesetzt, bei denen das vom Hauptspiegel ausgehende konvergente Strah-lenbündel durch einen Fangspiegel auf ein zentrisch im Hauptspiegel angebrachtes Lochzurückreflektiert wird. Der Fokus befindet sich dann nahe des Hauptspiegels, das heißtnahe am Schwerpunkt des Teleskops. Ferner ist die Baulänge des Teleskops nur noch∼ f/2. Eine solche Anordnung bezeichnet man als Cassegrain-Strahlengang.
Allerdings hat auch der Cassegrain-Strahlengang noch den Nachteil, dass der Fokusnicht ortsfest ist. Mit anderen Worten muss die Instrumentierung am Teleskop selbst an-gebracht werden, was für schwere Detektoren nicht verwirklichbar ist. In einem solchenFall gibt es weitere Teleskopkonstruktionen, bei denen mit verschiedenen Spiegelanord-nungen tatsächlich ein raumfester Fokus erreicht werden kann. Daher werden Großtele-skope meist mit mehreren möglichen Strahlengängen konzipiert, die je nach Anforde-rung des Instruments ausgewählt werden können. Abbildung 6 zeigt beispielhaft die beiden 8 m-Teleskopen des „Very Large Telescope“ des Europäischen Süd-Observatoriums(ESO) verfügbaren Strahlengänge.
Da der Spiegel bei Reflektoren auf der Rückseite unterstützt werden kann, sind sei-ner maximalen Größe nur technologische, nicht aber prinzipielle Grenzen gesetzt. DieseGrenzen werden durch das zur Herstellung vorgesehene Material und die bei der Spie-gelherstellung eingesetzten Verfahren bestimmt.
Das für den Hauptspiegel verwendete Material ist im Prinzip frei wählbar, da dieReflektivität des Spiegels durch eine auf die Spiegeloberfläche aufgedampfte Schicht
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Abbildung 6: Spiegelkonfigurationen eines8 m-VLT-Units. Der „Nasmyth-Fokus“ be-zeichnet die Lage des raumfesten Brenn-punkts bei azimutaler Montierung des Te-leskops (siehe Abb. 2.2.5; Quelle: ESO).
(meist aus Aluminium) gewährleistet werden kann. Dieses Material sollte möglichsteinfach schleifbar und sehr gut polierbar sein sowie einen kleinen thermischen Ausdeh-nungskoeffizienten besitzen, um eine stabile Oberflächenform auch während der Tem-peraturschwankungen der Beobachtungsnacht zu gewährleisten. Aus diesen Gründenkommen in der Praxis für Teleskopspiegel heute ausschließlich glasartige Substanzenin Frage3. Normales (Kron-)Glas wird wegen seines großen thermischen Ausdehnungs-koeffizienten dabei nur für Kleinteleskope benutzt, für Teleskope größerer Bauart wer-den Quarzglas und Glaskeramiken benutzt. Eine klassische in der Astronomie beliebteGlaskeramik ist Zerodur, das einen fast vernachlässigbaren Ausdehnungskoeffizientenhat. Unter verschiedenen Markennamen werden solche Glaskeramiken außerhalb derAstronomie zum Beispiel zur Herstellung von Küchenherden verwendet, die ja auchbei extremen Temperaturunterschieden nicht durch innere Spannungen zerstört werdensollen.
Bis in die 1970er Jahre hinein wurden auch große Teleskopspiegel mit konventionel-len Methoden hergestellt. Dazu wurde zunächst ein möglichst luftblasenfreier Glasblockals Ausgangspunkt genommen. Dieser wurde dann mit immer feinerem Schleifpulver(Korund und -derivate) in die endgültige Spiegelform geschliffen. Den Abschluss diesessehr zeitaufwändigen Verfahrens bildete eine Endpolierung auf die notwendige mittle-re Oberflächenrauhigkeit der Endoberfläche von wenigen nm (kleiner als die mittlereWellenlänge von sichtbarem Licht). „Zeitaufwändig“ bedeutet hier einige Jahre.
3Einige Spezialteleskope verwenden als Hauptspiegel ein rotierendes Quecksilberbad. Diese könnennatürlich nur für Beobachtungen im Zenit verwendet werden, sind aber um Größenordnungen billiger alskonventionelle Teleskope (zumindest in Ländern mit geringen Umweltauflagen. . . ).
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Ein großer Nachteil dieses klassischen Verfahrens ist, dass der Spiegelrohling beimSchleifen großen internen Belastungen ausgesetzt ist und daher sowie aus Stabilitäts-gründen beim späteren Einsatz eine vergleichsweise große Dicke haben muß. Die da-durch bedingte hohe Masse des Teleskopspiegels führt dazu, dass sich der Spiegel imEinsatz nur langsam an die Außentemperatur anpasst, und stellt hohe Anforderungenan die Teleskopmontierung. Bohrungen in der Spiegelrückseite können diese Nachtei-le zum Teil ausgleichen und zudem die Stabilität des Spiegels gegenüber plastischenVerformungen erhöhen. Ferner kann beim Spiegelschleifen eine kurze Brennweite nurschwer erreicht werden, da dafür sehr viel Material vom Spiegelrohling entfernt werdenmuss.
Aus diesen Gründen war der maximale Teleskopdurchmesser von den 1930er Jah-ren bis in die 1980er Jahre hinein auf kleiner als 6 m begrenzt, mit nur zwei Instru-menten mit Durchmessern größer als 4.50 m: dem berühmten 5 m (200 in) Teleskopauf dem Mt. Palomar bei Los Angeles und dem russischen 6 m-Teleskop im Kaukasus.Aufgrund großer thermischer Probleme ist letzteres nur zur Spektroskopie verwendbar.Mit der Entwicklung neuartiger Techniken zur Spiegelherstellung konnte seither dermaximale Spiegeldurchmesser auf ∼10 m vergrößert werden, das heißt, es wurde ei-ne Vervierfachung der Sammelfläche erreicht. Eine dieser Techniken besteht darin, denHauptspiegel aus mehreren kleinen Segmenten zusammenzusetzen. Ein Beispiel hier-für sind die zwei Keck-Teleskope auf dem Mauna Kea in Hawaii mit einem effektivenTeleskopdurchmesser von 10 m (Abb. 7).
Abbildung 7: Der aus Segmen-ten zusammengesetzte Hauptspiegeldes 10 m-Keck I-Teleskops auf Ha-waii (Quelle: W.M. Keck Observa-tory).
Alternative Techniken, bei denen Spiegel großen Durchmessers am Stück hergestelltwerden, basieren im Wesentlichen auf der Tatsache, dass die Oberfläche einer rotieren-den Flüssigkeit näherungsweise ein Paraboloid ist, dessen Oberfläche in Zylinderkoor-dinaten durch
z− z0 =r2ω2
2g(8)
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gegeben ist, wobei g die Oberflächenbeschleunigung, ω die Umdrehungsfrequenz undz0 die z-Koordinate des Scheitelpunktes des Paraboloids ist. Die Oberfläche der rotieren-den Flüssigkeit entspricht also schon der angestrebten Teleskopoberfläche. Am Mirror-Lab der University of Arizona in Tucson unter Roger Angel wurde daher die Methodedes sogenannten „Spin Casting“ entwickelt. Hier wird das später den Spiegel bilden-de Material in einem rotierenden Ofen geschmolzen. Die Rotationsgeschwindigkeit desOfens bestimmt hierbei die spätere Brennweite des Spiegels, die vergleichsweise kleinsein kann. Durch kontrolliertes Abkühlen des Spiegels bei weiterhin rotierendem Ofenkann erreicht werden, dass der dabei entstehende Spiegelrohling eine Form hat, dieschon sehr nahe an der endgültigen Spiegelform liegt. Zudem ist der Spiegelrohlingweitgehend frei von inneren Spannungen, so dass wesentlich dünnere und damit leich-tere Spiegel kleiner Wärmekapazität hergestellt werden können. Beispiele für mit derTechnik des Spin Casting hergestellte Spiegel finden sich in den 8 m-Teleskopen desVery Large Telescope des Europäischen Südobservatoriums.
Aufgabe 3: Mit welcher Winkelgeschwindigkeit (in Einheiten ◦/s oder sinnvoller) muss einOfen rotieren, um bei einem Spiegel mit 10 m Durchmesser ein Öffnungsverhältnis vonD/ f = 1/5 zu erreichen? Tip: Die Normalform der Parabel kann in einer Form geschrie-ben werden, die die Brennweite enthält (Bronstein & Semendjajew (1987)):
y =1
4 fx2 (9)
2.2.5 Teleskopmontierungen
Nach der Teleskopoptik selbst ist die Montierung eines Teleskops von besonderer Be-deutung. Die Teleskopmontierung hat die Aufgabe, das Teleskop sicher und genau anjede beobachtbare Stelle des Himmels zu pointieren und dann der Himmelsdrehungnachzuführen. Genau bedeutet hier, dass jeder sichtbare Himmelsausschnitt mit einerGenauigkeit im Bereich weniger Bogensekunden wiederholbar erreicht wird.
Die Katalogisierung von Sternen mit Hilfe des in Abschnitt 2.1 beschriebenen äqua-torialen Systems ist der erste Schritt. Der zweite besteht darin, die Objekte an einemTeleskop einzustellen. Traditionell wurden Teleskopmontierungen mit zwei bewegli-chen Achsen ausgestattet, von denen die eine, die Pol- oder Stundenachse, parallel zurErdachse aufgehängt wird und die andere, die Deklinationsachse, senkrecht zur Stun-denachse. Eine solche Teleskopmontierung heißt parallaktische Montierung (Abb. 8,links), wie dies technisch verwirklicht werden kann zeigt Abbildung 9. Da sich derHimmel scheinbar um die Erdachse dreht, hat ein solcher Aufbau den Vorteil, dass nachder Pointierung des Teleskops dieses nur noch mit konstanter Winkelgeschwindigkeitum die Stundenachse gedreht werden muss.
Da wir uns mit dem Teleskop nicht in einem raumfesten Bezugssytem befinden, be-nötigen wir für die Einstellung eines Himmelsobjektes nun doch eine Zeitangabe, diedie Drehung des zeitunabhängigen Himmelssystems relativ zum Bezugssystem der Te-leskopmontierung beschreibt. Bei der parallaktischen Montierung kann die Deklinationdirekt an der Deklinationsachse eingestellt werden. Für den Winkel in der Äquatore-bene definieren wir uns den Stundenwinkel (siehe auch Abb. 1). Dieser ist der Winkelim Uhrzeigersinn, gemessen in Stunden, zwischen dem Meridian (Großkreis von Süden
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Abbildung 8: Parallaktische (links) und azimutale Montierungen (Quelle: Karttunenet al., 1990, Abb. 3.16).
durch beide Himmelspole) und dem Objekt auf dem Äquator. Der Stundenwinkel fürein Objekt ist also sowohl orts- als auch zeitabhängig.
Der Stundenwinkel des Frühlingspunktes wird als Sternzeit bezeichnet. Diese be-schreibt die wahre Rotation der Erde. Nach einem siderischen Tag hat die gesamte Him-melskugel mit allen Sternen wieder die gleiche Stellung erreicht. Da die Erde währendeines Tages auch ein Stück auf ihrer Bahn um die Sonne zurücklegt, ist ein siderischerTag etwas kürzer als ein synodischer Tag, der Zeit zwischen zwei Meridiandurchgängender Sonne. Zur Frühlings-Tagundnachtgleiche entspricht Mitternacht 12:00 Uhr Stern-zeit, zur Herbst-Tagundnachtgleiche 0:00 Uhr.
Aufgabe 4: Mit welcher Winkelgeschwindigkeit muss ein Teleskop dem Sternhimmel nach-geführt werden, um die Erdrotation auszugleichen? Gehen Sie von einer Jahreslängevon 365.25 Tagen aus. . . Wie lang ist ein Sterntag? Überlegen Sie sich mit Hilfe der Ko-ordinaten der Objektliste (Tab. 7) einen Beobachtungsplan für die Praktikumsnacht, d.h.welche Objekte können wann beobachtet werden?
Der Nachteil der auf die Pole ausgerichteten Montierungen ist, dass diese sehr schwerzu bauen sind, da das Gewicht des Teleskops auf einer unter einem Winkel zur Erdgra-vitation stehenden Achse lastet. Daher werden moderne Großteleskope heute meist miteiner sogenannten azimutalen Montierung ausgestattet, bei denen das Teleskop auf einerin der Senkrechten beweglichen Achse auf einem Drehtisch lagert (Abb. 8, rechts). DerName „azimutale Montierung“ kommt daher, dass die Teleskopachsen das Instrumentin der Höhe über dem Horizont (engl. „Altitude“) und im Azimut, dem von der Nord-Süd-Richtung ausgehend am Horizont gemessenen Winkel, bewegen. Der Übergang aufazimutale Montierungen war aufgrund der Entwicklung sehr gut steuerbarer Schrittmo-toren und schneller Computer möglich, da es heute keine Probleme mehr bereitet, einTeleskop auch bei gleichzeitiger Drehung um zwei Achsen sicher nachzuführen. EinBeispiel für die technische Realisierung einer azimutalen Montierung ist in Abbildung10 zu sehen.
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Abbildung 9: Technische Realisierungen der parallaktischen Montierung: a deutscheMontierung, b Kniemontierung, c englische Achsenmontierung, d englische Rahmen-montierung und e Gabelmontierung. S bezeichnet die Stundenachse, D die Deklinati-onsachse, F ist das Fernrohr und G ein eventuell notwendiges Gegengewicht (Quelle:Weigert & Zimmermann, 1976, S. 109).
2.2.6 Aktive und adaptive Optiken
In diesem Abschnitt soll noch kurz auf technologische Entwicklungen, die hauptsäch-lich seit den 1980er Jahren Einzug in die optische Astronomie gehalten haben, einge-gangen werden. Diese Entwicklungen zielen darauf, den Einfluss von Störquellen aufastronomische Optiken weitestgehend auszugleichen. Solche Störquellen sind insbeson-dere das durch die Erdatmosphäre verursachte „Zwinkern“ der Sterne, das astronomi-sche „Seeing“ und die Verformung der Teleskopoptik unter ihrem Eigengewicht.
Seeing und adaptive Optiken Ein großer Nachteil der erdgebundenen Astronomieist, dass astronomische Objekte durch die Erdatmosphäre hindurch beobachtet werdenmüssen. Kleinste Schwankungen in Temperatur und Druck, normalerweise in Luftzellenvon ∼50 cm Durchmesser, führen zu kleinen Änderungen im Brechungsindex der Luft.Diese Änderungen führen dazu, dass von einem Stern ausgehende Lichtstrahlen gering-fügig andere Wege durch die Erdatmosphäre nehmen – damit ist das Bild eines Sternsauf dem Erdboden nicht mehr punktförmig, sondern verwaschen. Dieser Effekt, dasastronomische „Seeing“, ist das bekannte Flackern von Sternen, das besonders bei hori-zontnahen Objekten gut zu beobachten ist. Es führt dazu, dass die effektive Auflösung
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Abbildung 10: Links: Die azimutale Montierung eines der 8 m-Teleskope der Europäi-schen Südsternwarte. Rechts: Das fertig aufgebaute 8 m-Teleskop in Chile. BeachtenSie die Größe der Struktur! (Quelle: ESO).
großer Teleskope durch die Erdatmosphäre und nicht etwa durch den Teleskopdurch-messer bestimmt ist.Aufgabe 5: Ab welchem Durchmesser ist dies der Fall, ab welchem Teleskopdurchmesser
wird also die nutzbare Auflösung des Teleskops vom Seeing bestimmt? Nehmen Sie fürdiese Abschätzung einen Wert von 0.1 Bogensekunden für das Seeing an.
Der in der Aufgabe genannte Wert von 0.1 Bogensekunden wird nur an den bestenastronomischen Beobachtungsstandorten, zum Beispiel auf Hawaii oder in den chile-nischen Anden (Abb. 11) erreicht, wo aufgrund lokaler meteorologischer Bedingungeneine sehr geringe Luftunruhe herrscht. Zur Erforschung kleinster Strukturen in astro-nomischen Aufnahmen ist eine effektive Auflösung im Bogensekundenbereich aller-dings zu grob, und, wie Sie gerade gezeigt haben, weit von der beugungsbegrenztenAuflösung der Großteleskope entfernt. Mit konventionellen Teleskopen kann diese nurim Weltraum erreicht werden (zum Beispiel mit dem Hubble Space Telescope), auf demErdboden muss versucht werden, das Seeing durch direkten Eingriff in die Teleskopop-tik zu korrigieren. Diese Korrekturen fasst man unter dem Stichwort „Adaptive Optik“zusammen.
Die oben angesprochenen Schwankungen des Brechungsindex in der Luft führendazu, dass eine außerhalb der Erdatmosphäre ursprünglich parallele Wellenfront in derAtmosphäre verformt wird (Abb. 12, unten). Diese Verformung führt dann zum beob-achteten „Flackern“ des Sterns. Wäre es möglich, die Verformung der Wellenfront aus-zugleichen, dann wäre eine wesentlich bessere Abbildungsqualität gewährleistet. Mitder Entwicklung schneller Elektroniken rückt eine solche Korrektur zunehmend in denBereich des technisch Machbaren. Zur Zeit eingesetzte adaptive Optiken analysierendas Bild einer Testpunktquelle mit Hilfe eines Wellenfrontsensors. Durch kleine Ver-formungen des Fangspiegels wird dann die Wellenfront wieder „parallelisiert“. Solche
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Abbildung 11: Standort des „VeryLarge Telescope“ auf dem Paranalnahe Antofagasta in Chile (Quelle:ESO).
Korrekturen müssen sehr schnell erfolgen und eine Genauigkeit von ∼ λ/2 haben, woλ die Wellenlänge des beobachteten Lichts ist. Daher funktionieren sie zur Zeit haupt-sächlich im langwelligen Bereich, zum Beispiel bei Beobachtungen im nahen Infraro-ten. Da die Testpunktquelle hell genug sein muss, um die Verformung der Wellenfrontzu messen, kommt häufig ein „künstlicher Stern“ als Testquelle zum Einsatz, der durchResonanzübergänge in einer ∼50 km hohen Natriumschicht in der Erdatmosphäre miteinem auf die NaD-Linie eingestellten Laser erzeugt wird. In Deutschland wird an derEntwicklung adaptiver Optiken insbesondere am Max-Planck-Institut für Astronomie inHeidelberg und an der Europäischen Südsternwarte in Garching bei München geforscht.Erste Systeme sind am Very Large Telescope des ESO und am 10 m Keck Observatoryauf Hawaii in Einsatz.
Aktive Optiken Die Möglichkeit, dünne Spiegel herzustellen, reduziert nicht nur dieMasse des Teleskopspiegels, sondern erlaubt es auch, Ungenauigkeiten in der Telesko-poptik auszugleichen. Diese Ungenauigkeiten entstehen zum Beispiel durch die schonin Abschnitt 2.2.4 angesprochene Verformung des Teleskopspiegels bei Temperatur-änderungen und durch die plastische Verformung des Teleskops und insbesondere desHauptspiegels während der astronomischen Beobachtungen (Abb. 12, oben). Die Me-thode der aktiven Optik macht sich die leichte Verformung der dünnen Spiegel zu Nut-ze, indem sie den Spiegel durch gezielte Verformungen in seiner Idealform hält. Einegroße Zahl (∼ 80–100) sogenannter Aktuatoren auf der Rückseite des Spiegels ziehtund drückt dabei den Spiegel auf die Idealform. Durch ständige Überwachung einerReferenzpunktquelle, z.B. eines hellen Sterns, kann dadurch die Qualität der Gesamtop-tik nahezu ideal gehalten werden. Abbildung 13 zeigt als Beispiel die Spiegelhalterungeines der Teleskope des VLT.
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Abbildung 12: Prinzipien der aktiven und adaptiven Optik (Quelle: ESO).
2.3 BilddetektorenIst das Licht eines astronomischen Objekts einmal mit dem Teleskop gesammelt wor-den, muss es physikalisch analysiert werden. Auch mit dem Auge sind quantitativeastronomische Messungen möglich, zum Beispiel basiert die in der Astronomie heutenoch verwendete Skala für die Lichtintensität auf der (grob) logarithmischen Empfind-lichkeit des Auges. Für genaue Messungen ist das Auge allerdings nicht geeignet. Mitder Erfindung der Photographie Mitte/Ende des 19. Jahrhunderts gelang es, einen De-tektor zu entwickeln, der unabhängig vom individuellen Beobachter ist und der fähig ist,Licht über einen längeren Zeitraum aufzuintegrieren. Außerdem war es mit der Photo-graphie erstmals möglich, Messungen aufzuzeichnen und später auszuwerten. Aus die-sen Gründen waren photographischer Film und Photoplatten bis Ende der 1970er Jahreder vorherrschende astronomische Bilddetektor, bevor sie nach der Entwicklung elek-tronischer Detektoren, insbesondere des Charge Coupled Device (CCD), mehr und mehrverdrängt wurden. Nur noch für einige sehr spezielle Bereiche war die Photographie bisvor wenigen Jahren noch unentbehrlich, insbesondere weil es möglich war, sehr großelichtempfindliche Flächen (Photoplatten bis 36 cm×36 cm) herzustellen. Hersteller wieKodak sind heute jedoch nicht mehr bereit, für wenige Platten pro Jahr die Produktionnoch aufrecht zu erhalten. In den letzten Jahren wurden Arrays von CCD-Detektorenentwickelt, die so auch die letzte Anwendung der Photoplatte übernehmen können. DasCCD ist daher für optische Anwendungen in der Astronomie der Bilddetektor schlecht-hin.
2.3.1 Grundlagen des CCD
Das Charge Coupled Device wurde 1969 von W.S. Boyle und G.E. Smith von den BellLaboratories erfunden, das Patent für das CCD wurde 1974 erteilt. Einen Überblick über
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Abbildung 13: Die Spiegelhalterungeines der 8 m-Teleskope des „Ve-ry Large Telescope“ mit den akti-ven Elementen zur Verformung desHauptspiegels (Quelle: ESO).
Tabelle 1: Bandlücken für verschiedene Halbleitermaterialien (nach McLean, 1997,Tab. 6.2).
Material Temperatur Bandlücke[K] [eV]
CdS 295 2.4CdSe 295 1.8GaAs 295 1.35Si 295 1.12Ge 295 0.67PbS 295 0.42InSb 295 0.18
77 0.23
die Entwicklungsgeschichte des CCD gibt McLean (1997).Das CCD ist ein Halbleiterdetektor, der aus einer zweidimensionalen Anordnung
von Siliziumdioden besteht. Die einfallenden Photonen erzeugen innerhalb des Fest-körpers Elektron-Loch-Paare, wenn ihre Energie ausreicht, um die Elektronen vomValenz- in das Leitungsband des Halbleiters anzuheben (innerer Photoeffekt), wenn diePhotonenenergie also größer als die Bandlücke des Halbleiters ist. Für einen Silizium-Halbleiter beträgt die Bandlücke 1.12 eV (Tab. 1). Die freigesetzten Ladungen könnenan der Grenzschicht zwischen p- und n-dotiertem Silizium durch äußere Spannungenin Potentialmulden gesammelt werden, um somit ein Ladungsbild über längere Belich-tungszeiten aufzubauen. Die erzeugte Ladungsmenge ist dem einfallenden Lichtflussauf das betrachtete Bildelement (Pixel) proportional.
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Abbildung 14: Schematischer Aufbau und Prin-zip des Ausleseverfahrens bei einem dreipha-sigen CCD. Die unter den Elektroden ange-sammelten Ladungen werden durch stufenwei-se Änderung der an den Pixeln anliegenden Po-tentiale verschoben (McLean, 1997, Fig. 6.9)
Aufgabe 6: Schätzen Sie ab, wie viele Elektronen pro Photon bei Licht der Wellenlängeλ = 4686Å in einem Si-Halbleiter entstehen. Warum ist es nicht möglich, einen solchenHalbleiter als CCD für Infrarot-Strahlung im K-Band bei λ = 2.2µm zu verwenden?Welches Material würden Sie wählen?
Nach Beendigung der Belichtung werden durch geeignetes Verändern der Potentialedie Ladungsverteilungen der Pixel Zeile für Zeile an den Bildrand geschoben und übereinen Verstärker hintereinander ausgelesen (Abb. 14). Dabei werden die angesammel-ten Ladungen in Spannungen umgewandelt, die durch einen Analog-Digital-Wandlerdigitalisiert und vom Computer als Daten übernommen werden.
Für die Astronomie sind CCD-Chips insbesondere wegen der im folgenden aufgeli-steten Eigenschaften interessant:
Effizienz: Der Quantenwirkungsgrad (quantum efficiency) guter CCDs beträgt bis zu∼100%, das heißt, nahezu 100% aller auf das CCD auftreffenden Photonen wer-den registriert. Das bedeutet eine etwa hundertfach höhere Empfindlichkeit ge-genüber den konventionellen Photoplatten. Abbildung 15 zeigt den Wirkungsgradverschiedenartiger Detektoren in Abhängigkeit von der Wellenlänge.
Linearität: Außer der höheren Empfindlichkeit bietet das CCD gegenüber der „norma-len“ Photographie den Vorteil der Linearität: Die gemessene Ladungsmenge istproportional zur Strahlungsintensität. Es ist also nicht nötig, eine Schwärzungs-kurve zu erstellen (die eine zusätzliche Ungenauigkeit einführt). Die Gewinnungqualitativ hochwertiger Aufnahmen mit Photoplatten erfordert viel Übung undErfahrung. CCDs dagegen sind sehr einfach zu handhaben. Ein weiterer Vorteil
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Abbildung 15: Vergleich der Effektivitätvon Detektoren in der Astrophysik. Dieals Signal auswertbare Lichtmenge in Pro-zent des einfallenden Lichtes (logarithmi-sche Skala) ist gegen die Wellenlänge auf-getragen.
der CCDs liegt darin, dass die Aufnahmen sofort in digitaler Form für die weite-re Bearbeitung (Bildverarbeitung) am Computer vorliegen. Photoplatten müssenentwickelt und für eine Weiterverarbeitung digitalisiert werden.
Spektrale Empfindlichkeit: Gewöhnliche CCD-Chips haben ihre Maximalempfind-lichkeit im roten Wellenlängenbereich. (600 nm–700 nm, siehe Abb. 15). Mit spe-ziellen Beschichtungen und durch Verwendung von „back illuminated“ CCDs istes möglich, den Empfindlichkeitsbereich zu kürzeren Wellenlängen hin auszudeh-nen. Heute gibt es CCDs, die bis in den Röntgenbereich empfindlich sind.
Geringer Untergrund: Auch ohne Lichteinfall tritt ein sogenannter Dunkelstrom auf,da eine gewisse Zahl von Elektronen allein aufgrund ihrer thermischen Energieins Leitungsband gelangt und sich im Bild als Rauschen bemerkbar macht. DerDunkelstrom ist daher temperaturabhängig. In der Praxis wird der Dunkelstromdurch Kühlung des CCD-Chips reduziert. Dies geschieht mit Flüssig-Stickstoffoder bei einfacheren Kameras mit Hilfe eines Peltier-Elements. Bei modernenCCDs ist der Dunkelstrom inzwischen so weit reduziert, dass auch sehr langeAufnahmen ohne wesentliche Störung möglich sind.
CCDs registrieren auch einfallende hochenergetische Teilchen kosmischen Ur-sprungs oder von umgebender Radioaktivität. Ein solches Ereignis hinterlässt ei-ne sehr große Ladungsmenge auf dem getroffenen Pixel, so dass dieses für dielaufende Aufnahme nicht mehr verwendbar ist. Diese sogenannten Cosmics sinddie eigentliche Begrenzung bei Langzeitbelichtungen. Belichtungszeiten über ei-ne Stunde sind meist nicht sinnvoll. Längere Aufnahmen müssen in Einzelauf-nahmen aufgeteilt werden.
Dynamik: Die minimale messbare Intensität ergibt sich aus dem Dunkelstrom, die ma-ximale messbare Intensität aus dem maximalen Speichervermögen des einem Pi-xel zugeordneten Potentialtopfs. Für in der Astronomie verwendete CCDs beträgtdieser dynamische Bereich ungefähr 1000:1, bei einer normalen Photoplatte le-diglich 30:1, das heißt, es können auf einer Aufnahme helle (z.B. Sterne oderhelle Nebel) wie auch dunkle Gebiete (z.B. Filamente) quantitativ untersucht wer-den. Die Bildtiefe des im Rechner repräsentierten Bildes hängt vom verwendetenAnalog-Digital-Wandler ab, dessen Dynamik größer sein sollte als die Dynamikdes CCD. Sie beträgt meist zwischen 16 und 32 bit.
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Auslesezeit: Beim Auslesen des Chips muss darauf geachtet werden, dass das regi-strierte Ladungsmuster nicht verwischt wird. Die Auslesegeschwindigkeit kanndaher nicht beliebig gesteigert werden. Die Auslesezeit der hier verwendeten Ka-mera beträgt etwa 2–3 s. Für einen großen Chip benötigt man leicht einige Mi-nuten. Zur Registrierung schnellerer Prozesse sind Standard-CCDs daher nichtgeeignet. Für schnelle Photometrie werden daher immer noch fast ausschließlichPhotomultiplier verwendet. Die Entwicklung rauscharmer und schneller Ausle-seelektronik ist zur Zeit ein aktuelles Thema. Am Institut für Astronomie undAstrophysik sind wir z.B. an der Entwicklung der schnellen Ausleseelektronikfür Röntgen-CCDs für Satelliten beteiligt.
2.3.2 CCDs in der Astronomie
Derzeit bestehen astronomische CCDs aus ungefähr 320×512 bis zu 8k×8k Pixeln.Die typischen Pixelgrößen betragen zwischen 7µm und 20µm. Die Gesamtdetektorflä-che ist also im Vergleich zu konventionellen Photoplatten (Größe bis zu 32 cm×32 cm)sehr klein, das heißt, der abgebildete Himmelsbereich beträgt (an astronomischen Te-leskopen) nur bis zu einigen Bogenminuten. Für viele astronomische (Einzel-)Objekteist dies jedoch keine Einschränkung, da deren Winkelausdehnung sehr gering ist. Le-diglich großflächige Himmelsdurchmusterungen – wie z.B. die Palomar Sky Survey,die mit Hilfe von Schmidt-Kameras (Bildfeld 6◦×6◦) gemacht wurde – sind bisher nurmit erheblichem Aufwand möglich (CCD Arrays). Das räumliche Auflösungsvermögenwird von der Pixelgröße und vom Abbildungsmaßstab der Optik bestimmt. Um dasAuflösungsvermögen des Instruments bei guten atmosphärischen Bedingungen auszu-nutzen, sollten die einzelnen Pixel weniger als 1ı des Himmels abbilden.
Typische Anwendungsgebiete des CCD in der modernen Astronomie sind die Bild-gewinnung und die Messung von Sternhelligkeiten (Photometrie). Ferner werden CCDsals Strahlungsdetektoren in der Spektroskopie eingesetzt:
Bilder werden meist mit Filtern aufgenommen. Im Licht einer einzelnen Emissionsli-nie aufgenommene Bilder werden beispielsweise dazu benutzt, den Ionisations-zustand verschiedener Objekte zu untersuchen.
Spektroskopie: Das CCD dient als hochempfindlicher linearer Detektor, bei dem dasvom Spektrographen erzeugte Spektrum des Objekts auf das CCD abgebildetwird.
Lichtkurven (CCD-Photometrie): Quantitative Flussbestimmungen aus einer Folgevon CCD-Aufnahmen werden zu einer Lichtkurve zusammengesetzt.
Positionsmessung (Astrometrie) dient zur Messung von Winkelabständen von Him-melskörpern anhand von Bildern.
In diesem Versuch werden wir exemplarisch die ersten beiden oben aufgelisteten Punktebehandeln.
2.4 SpektroskopieDie Aufgabe eines Spektrographen besteht darin, die Intensitätsverteilung des Lichtsals Funktion der Wellenlänge darzustellen. Während beim Prismenspektrographen das
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Spektrum durch Lichtbrechung entsteht, erfolgt dies beim Gitterspektrographen durchLichtbeugung. Dabei muss der Spektrograph so effizient wie möglich sein, da die Licht-quellen sehr schwach sein können.
Moderne Spektrographen werden heutzutage fast ausschließlich mit einem Gitteranstatt eines Prismas als dispergierendem Element gebaut, da ein Prismenspektrographeine ungleichförmige Dispersion zeigt, während sie beim Gitterspektrographen in guterNäherung linear ist. Darüberhinaus werden anstelle von lichtdurchlässigen Gittern meistReflexionsgitter verwendet, mit welchen die Interferenzen des reflektierten anstatt destransmittierten Lichtes beobachtet werden.
Es gibt mehrere Vorteile der Reflexionsgitter gegenüber Transmissionsgittern: Zumeinen wird bei einem Reflexionsgitter verhindert, dass Licht ein von Luft verschiede-nes Medium passieren muss und dadurch Störungen des Spektrums durch chromatischeAberration auftreten. Desweiteren sind Reflexionsgitter einfacher und damit billiger her-zustellen. Der Hauptvorteil der Reflexionsgitter liegt aber vor allem darin, dass sie „ge-blazed“ werden können, das heißt, dass ein großer Teil des zur Verfügung stehendenLichts in eine Ordnung gebeugt werden kann. Dieses Verfahren ermöglicht daher einebeachtliche Verringerung von Lichtverlusten am Beugungsgitter.
Für die Qualität eines Spektrographen sind vor allem die folgenden zwei Kriterienausschlaggebend: Zum einen sorgt eine hohe Winkeldispersion für ein möglichst weitauseinander gezogenes Spektrum. Zum anderen bestimmt das Auf lösungsvermögen ei-nes Gitters, ob zwei eng benachbarte Spektrallinien gerade noch trennbar sind. Im Fol-genden wird die Beugungstheorie des Gitters besprochen, um danach auf die beidenQualitätspunkte Dispersion und Auflösungsvermögen näher einzugehen. Als weiterfüh-rende Literatur sei auf Schmidt (1995) und Staudt (1993) verwiesen.
Abbildung 16: Geometrie der Beugung amDoppelspalt: benachbarte Ordnungen lie-gen um λ/a = sinβ− sinε auseinander; aist der Abstand der parallelen Gitterstriche,ε der Einfallswinkel und β der Ausfalls-winkel (Schmidt, 1995)
2.4.1 Beugungstheorie am Gitter
Die Beugungstheorie eines Reflexionsgitter entspricht der eines Transmissionsgitters.Zur besseren Veranschaulichung wird im Folgenden die Beugungstheorie anhand einesTransmissionsgitters beschrieben. Entsprechend Abbildung 16 ergeben sich am Beu-gungsgitter Intensitätsmaxima, wenn der Gangunterschied ∆ = a(sinβ− sinε) benach-
21
barter Strahlen einem ganzzahligen Vielfachen n der Wellenlänge λ entspricht:
sinβ− sinε =nλ
a(10)
Benachbarte Ordnungen liegen um sinβ − sinε = λ
a auseinander. Somit ist die Lageder jeweiligen Hauptmaxima bei der Interferenz monochromatischen Lichtes der Wel-lenlänge λ an einem Gitter unabhängig von der Anzahl der Gitterspalte N, wohl aberabhängig von der jeweiligen Wellenlänge des verwendeten Lichtes. Das Maximum er-ster Ordnung für langwelliges Licht entsteht somit unter größerem Winkel als jenes fürkurzwelliges Licht. Zwischen den Hauptmaxima erhält man entsprechend Abbildung17 jeweils N −2 kleine Nebenmaxima, die mit zunehmender Spaltenzahl N schwächerwerden, was gleichzeitig zur Folge hat, dass sich die Linienschärfe der Hauptmaximaerhöht.
Abbildung 17: Beugung am Gitter; n = ±1,±2,±3, . . .: Ordnung des Spektrums ; g:Abstand der parallelen Gitterstriche; α: Ausfallswinkel, ∆: Gangunterschied (Staudt,1993)
Bei den bisherigen Überlegungen wurde davon ausgegangen, dass die einzelnen Git-terspalte beliebig schmal seien und daher nur eine Elementarwelle von ihnen ausginge.Dies ist in der Praxis jedoch nicht der Fall: die Kugelwellen, welche von einem Gitter-spalt ausgehen, interferieren zusätzlich miteinander. Dadurch wird das Interferenzbildeines Gitters durch das eines Einzelspaltes moduliert. Die Funktion des Interferenz-bildes am Einzelspalt wird dann zur Einhüllenden des Gitterinterferenzbildes, so dassdie Hauptmaxima des Gitters unterschiedliche Intensitäten haben. Zum Beispiel könnenGittermaxima an der Stelle eines Minimums vom Einzelspalt völlig ausgelöscht werden.Vor allem aber enthält das Maximum nullter Ordnung, welches keine Beugungsinfor-mation enthält, die größte Lichtmenge.
Bei einem Reflexionsgitter kann man dies umgehen, indem die einzelnen Spalteentsprechend Abbildung 18 als keilförmige Stufen mit dem Blazewinkel Θ ausgeführtwerden, so dass die auf die unterschiedlichen Stufen eintreffenden Strahlen mit einemGangunterschied ∆ = nasin(Θ+ δ) reflektiert werden. Maxima n-ter Ordnung entste-hen, analog zum normalen Gitter, wenn der Gangunterschied ein ganzzahliges Viel-faches der Wellenlänge beträgt. Somit kann die Hauptmenge des Lichtes, welche ur-sprünglich keine Information enthielt, als Informationsträger genutzt werden.
Zur Bestimmung des mit einem Blazegitter beobachtbaren Spektralbereichs betrach-ten wir zunächst den Fall einer monochromatischen Lichtquelle. Fällt Licht mit der Wel-
22
.
ε
β
δΘ
Θ
Θ
.
.
einfallender
.
reflektierterStrahl
Strahl
NG
G
N N
a
a
.
∆
δ
−δ
Θ+δ
Abbildung 18: Strahlengang am Blazegitter: eintreffende Strahlen werden mit einemGangunterschied ∆ = nasin(Θ+δ) reflektiert, G: Gitternormale, N: Spiegelflächennor-male, Θ: Blazewinkel, δ: Ein- bzw. Ausfallswinkel
lenlänge λB unter dem Einfalls- bzw. Ausfallswinkel δ auf die Blaze-Spiegelflächen, sogilt
ε = δ−Θ und β = Θ+δ (11)
und daher∆
a=
nλB
a= sin(Θ+δ) = sin(2Θ+ ε) (12)
Damit stehen die Wellenlänge λB, der Reflexionswinkel δ und der Blazewinkel Θ inenger Beziehung zueinander. Durch minimale Änderung des Reflexionswinkels δ ver-schiebt sich die Lage der Spektrallinie innerhalb einer Ordnung entsprechend. Durcheine Änderung des Einfallswinkels durch Drehen des Gitters im Strahlengang ist es alsomöglich, abschnittweise einen sehr breiten Wellenlängenbereich zu detektieren.
Abbildung 19: In „erster Ordnung geblazedes“ Gitter (Schmidt, 1995).
Für nicht-monochromatisches Licht ist die Intensitätsverteilung des Spektrums durchdie Beugung am Gesamtgitter bestimmt. Diese Verteilung bezeichnet man als die Blaze-
23
funktion des Blazegitters. Ihre Breite bei halber Intensität ist als sogenannter nutzbarerWellenlängenbereich λ/b definiert (Abb. 19). Es gilt
∆λ =λB
n(13)
wobei n die Beugungsordnung und die Blazewellenlänge λB die zentrale Wellenlängeist. Ein maximal großer nutzbarer Wellenlängenbereich ergibt sich daher bei n = 1.
2.4.2 Die Dispersion
Die Dispersion ist ein Maß dafür, um welchen Wellenlängenanteil sich das Spektrumeiner Ordnung mit zunehmendem Winkel ändert. In der folgenden Herleitung sei derEinfachheit halber der Einfallswinkel gleich Null. Beugungsmaxima entstehen nachGleichung 10 dann für
λ =asinβ
n. (14)
wobei β der Ausfallswinkel, a der Abstand der Gitterstriche und n die Ordnung desSpektrums ist. Damit ist
dβ
dλ=
nacosβ
(15)
Da β im Allgemeinen klein und damit cosβ≈ 1 ist, bleibt daher die Dispersion innerhalbeiner Ordnung praktisch konstant. Dies ist ein entscheidender Vorteil des Dispersions-gitters gegenüber dem Prisma, welches eine nichtlineare Dispersion zeigt. Üblicherwei-se wird die Dispersion in Å/mm angegeben.
2.4.3 Das Auflösungsvermögen
Zur Herleitung der spektralen Auflösung eines Spektrographen geht man von der An-nahme aus, dass die Intensitätsverteilungen zweier Linien mit den Wellenlängen λ undλ+∆λ gerade dann noch getrennt wahrgenommen werden können, wenn das Hauptma-ximum der einen Linie mit dem ersten Minimum der anderen Linie zusammenfällt. DasVerhältnis
A =λ
∆λ(16)
wird als das Auflösungsvermögen des Spektrographen bezeichnet. Für einen Gitterspek-trographen erhält man
λ
∆λ= Nn (17)
wobei N die Zahl der Gitterstriche und n die Beugungsordnung ist.Das spektrale Auflösungsvermögen hängt somit theoretisch nur von der zu analy-
sierenden Ordnung und der Anzahl der Gitterstriche des Beugungsgitters ab. Praktischwird die spektrale Auflösung eines Spektrographen allerdings zusätzlich von einer Rei-he von Faktoren beeinträchtigt. Neben den Eigenschaften des Gitters sind dies insbe-sondere die Auflösung der optischen Anordnung des Spektrographen und die Breite desEintrittsspaltes. Auf diese Punkte soll hier jedoch nicht weiter eingegangen werden.
24
2.5 StrahlungstheorieDie elektromagnetische Strahlung eines astronomischen Objektes ist die wesentlicheInformationsquelle, die uns für eine Untersuchung der physikalischen Eigenschaften zurVerfügung steht. Für die folgenden Aufgaben benötigen wir daher eine Beschreibungdes Strahlungsfeldes.
2.6 Strahlungsintensität und Strahlungsfluss
Abbildung 20: Definition der Intensität (Quelle:Unsöld & Baschek, 1988, Abb. 4.2.1).
Betrachten wir eine strahlende Fläche wie z.B. die Oberfläche eines Sterns, dann ist dieIntensität Iν die Energie ∆E des Strahlungsfeldes, die im Frequenzintervall [ν,ν+∆ν],im Zeitintervall [t, t +∆t] in den Raumwinkel ∆ω um die Flächennormale ~n und durchdas Flächenelement senkrecht zu~n am Ort~r mit der Fläche ∆A verläuft (Abb. 20):
Iν(ν,~n,~r, t) :=∆E
∆ν∆t∆ω∆Acosϑ
Der Strahlungsfluss Fν in Richtung~n ergibt sich aus der Integration über alle Raumwin-kel:
Fν =∫
π
0
∫ 2π
0Iν cosϑsinϑdϑdϕ
Für ein isotropes Strahlungsfeld ist der Strahlungsfluss also gleich Null. Auf derSternoberfläche kommt die Strahlung nur aus einer Hemisphäre (aus dem Sterninneren),Einstrahlung von außen kann abgesehen von sehr engen Doppelsternen vernachlässigtwerden. Die Ausstrahlung eines Sternes ist also:
F+ν =
∫π/2
0
∫ 2π
0Iν cosϑsinϑdϑdϕ
Die mittlere Intensität Iν einer projizierten Sternscheibe ist gegeben durch (Abb. 21):
25
Abbildung 21: Mittlere Intensität einer Stern-scheibe (Quelle: Unsöld & Baschek, 1988,Abb. 4.2.3).
πR2Iν =∫ 2π
0
∫π/2
0Iν(ϑ,φ)R2 cosϑsinϑdϑdϕ
Kürzt man mit R2 und vergleicht mit der Definition der Ausstrahlung, dann ist
πIν = F+ν ,
d.h., die mittlere Intensität der Sternscheibe ist proportional zum Strahlungsfluss an derSternoberfläche. Befindet sich der Stern (Radius R) in einer großen Entfernung r vomBeobachter, so gilt für den im Detektor registrierten Strahlungsstrom fν:
fν = FνR2/r2.
Die Intensität der Gesamtstrahlung I sowie der Gesamtstrahlungsfluss F ergeben sichaus der Integration über alle Frequenzen.
2.6.1 Strahlung im thermodynamischen Gleichgewicht
Die Intensität eines Gases im thermodynamischen Gleichgewicht lässt sich durch dieplancksche Strahlungsformel angeben (Strahlung eines „schwarzen Körpers“, Abb. 22):
Bν(T ) =2hν3
c21
ehν/kT −1.
Die gesamte Ausstrahlung lässt sich also schreiben als
F+ = πB(T ),
und ist nach dem stefan-boltzmannschen Strahlungsgesetz proportional zur vierten Po-tenz der Temperatur:
F+ = πB(T ) = σT 4
mit der Strahlungskonstante σ = 5.67 ·10−8W m−2K−4 = 5.67 ·10−5ergs−1cm−2K−4.
26
Abbildung 22: Planckfunktion, wiensches Ver-schiebungsgesetz.
2.6.2 Effektivtemperatur und Leuchtkraft
Sterne sind nicht im thermodynamischen Gleichgewicht, die Energieverteilung entsprichtdaher auch nicht der eines schwarzen Körpers. Die plancksche Strahlungsformel kannaber trotzdem zur groben Beschreibung herangezogen werden. Aus dem Vergleich desGesamtstrahlungsstroms eines Sternes mit dem eines schwarzen Körpers kann man dieEffektivtemperatur definieren:
σT 4 = πB(T ) = F = σT 4eff
Die Effektivtemperatur eines Sternes ist also die Temperatur, die ein schwarzer Körperhaben müsste, um die gleiche Energie pro Fläche und Zeiteinheit abzustrahlen.
Die gesamte Energie pro Zeiteinheit, die von einem Stern emittiert wird, die Leucht-kraft, ergibt sich durch die Multiplikation des Gesamtstrahlungsstroms mit der Sterno-berfläche:
L = 4πR2F = 4πR2σT 4
eff.
2.6.3 Helligkeiten und Farben
Die astronomische Helligkeitsdefinition orientiert sich einerseits an der logarithmischenEmpfindlichkeit des Auges und andererseits an der antiken Helligkeitseinteilung vonHipparch. Die scheinbare Helligkeit eines Objekts mit dem Strahlungsstrom s1 relativzu einem Strahlungsstrom s2 ist definiert als:
m1 −m2 =−2.5log(s1/s2).
Beispiele sind Wega (α Lyr) mit einer visuellen Helligkeit von 0.m14, Sirius mit −1.m6und die Sonne mit −26.m8. Neben der spektralen Energieverteilung eines Objektes hängtdie Helligkeit auch noch von dem Empfindlichkeitverlauf des Instruments ab. Idealer-weise hängt diese wiederum nur von dem verwendeten Filter ab. Helligkeitsangaben inden verschiedenen Filtern werden mit einem entsprechenden Index gekennzeichnet. Wirverwenden ein Filtersystem, das sich an das von Johnson und Morgan definierte anlehnt(Abb. 23).
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U Ultraviolett: λeff = 3500 Å
B Blau: λeff = 4350 Å
V Visuell: λeff = 5550 Å
R Rot: λeff = 7100 Å
I Infrarot: λeff = 9700 Å
Abbildung 23: Filterfunktionen des Johnson-Systems (U,B,V,R, I) (Quelle: Unsöld & Ba-schek, 1988, Abb. 4.4.1).
Die Differenz aus zwei Filterhelligkeiten wird als Farbe bezeichnet, wobei immermkurzwellig−mlangwellig angegeben wird. Wegen der relativen Definition der Helligkeitenkönnen wir den Nullpunkt wählen. Dieser ist auf Wega bezogen, die in allen Farben denWert 0 haben soll.
2.7 Farben-Helligkeits-DiagrammDas Farben-Helligkeits-Diagramm (FHD, Abb. 24) ist das Fundamentaldiagramm derstellaren Astrophysik. Die Farbe ist ein Maß für die Effektivtemperatur.
Aufgabe 7: Erklären Sie mit Hilfe von Schwarzkörper-Sternen den Zusammenhang von Farbeund Temperatur. Warum gibt es bei sehr heißen Sternen keine Farbänderung mit derTemperatur mehr?
Die Helligkeit ist ein Maß für die Leuchtkraft, hier geht aber auch die Entfernung ein.Erstellt man ein Farben-Helligkeits-Diagramm eines Sternhaufens, sind die Helligkeits-unterschiede zwischen den Sternen direkt ein Maß für die Leuchtkraftunterschiede, daalle Sterne in erster Näherung gleich weit entfernt sind (die Haufenausdehnung ist vielkleiner als die Haufenentfernung).
Das Farben-Helligkeits-Diagramm ist äquivalent zum Hertzsprung-Russell-Diagramm(HRD), wo der Spektraltyp (s.u.), der ebenfalls ein Maß für die Effektivtemperaturist, gegen die Helligkeit aufgetragen ist. Eine weitere Variante stellt das physikalischeHertzsprung-Russell-Diagramm mit Effektivtemperatur und Leuchtkraft als Achsenpa-rametern dar. Sterne nehmen im HRD bzw. FHD charakteristische Positionen ein. Ver-gleiche von Sternpositionen im HRD mit theoretischen Entwicklungsrechnungen erlau-ben z.B. die Bestimmung des Entwicklungszustandes eines Sterns. Da Sterne in Stern-haufen alle gleich alt sind, erlaubt der Vergleich des FHDs des Haufens mit theoreti-schen FHDs (Isochronen) eine Altersbestimmung. An dieser Stelle lohnt es sich, densehr schönen Artikel über offene Sternhaufen aus Sterne und Weltraum (August 2011)auf Seite 65 im Anhang dieser Anleitung zu lesen.
28
Abbildung 24: Farben-Helligkeits-Diagramm(Quelle: Unsöld & Baschek, 1988, Abb. 4.5.2).
2.8 SpektralklassenSternspektren spiegeln die physikalischen Bedingungen in der äußeren Hülle wider.Durch Vergleich von beobachteten Spektren mit theoretischen kann man z.B. die Effek-tivtemperatur, die Oberflächenschwerebeschleunigung und die chemische Zusammen-setzung bestimmen. Dies erlaubt, bei bekannter Entfernung, z.B. die Einordnung insHRD. Um nicht bei jedem neuen Stern eine detaillierte Spektralanalyse durchführen zumüssen, ist eine Klassifikation der Sternspektren sinnvoll. Neue Objekte müssen dannnur in dieses Schema eingeordnet werden, um deren Parameter bestimmen zu können.
Abbildung 25: Schematisches HRD mit Leucht-kraftklassen (Quelle: Karttunen et al., 1990,Abb. 9.9).
Gebräuchlich ist heute die Spektralklassifikation nach Morgan und Keenan, die einezwei-parametrige Klassifikation (Abb. 25) nach Spektraltyp und Leuchtkraftklasse defi-niert haben. Der Spektraltyp wird nach der Havardklassifikation mit den Buchstaben O,
29
Abbildung 26: Spektralklassifikation (Quelle:Seeds, 1997, Abb. 7-16).
B, A, F, G, K und M gekennzeichnet, wobei jede Spektralklasse noch in zehn Unter-klassen von 0 bis 9 unterteilt wird. In jüngster Zeit ist die Einführung von zwei weiterenSpektralklassen, L und T, für sehr rötliche Objekte notwendig geworden. Die Einteilungin die Klassen erfolgt über die Vermessung von Linienstärken verschiedener Spektralli-nien (Abb. 26). Der Spektraltyp ist ein direktes Maß für die Effektivtemperatur.
Aufgabe 8: Welcher Effektivtemperatur entspricht die Spektralklasse B, welcher M? Wiesonimmt die Stärke der Balmerlinien mit zunehmender Effektivtemperatur erst zu unddann wieder ab (Abb. 27)?
Der zweite Parameter, die Leuchtkraftklasse (I: Überriesen bis V: Zwerge) orientiertsich an den Linienbreiten. Bei gleichem Spektraltyp nimmt z.B. die Linienbreite derBalmerlinien mit abnehmender Leuchtkraftklasse ab.
Aufgabe 9: Welches ist die Spektralklasse der Sonne?
30
Abbildung 27: Linienstärken verschiedenerElemente in Abhängigkeit von der Temperatur.
31
3 VersuchsaufbauDie Spektroskopie von Sternen werden wir mit dem 10 C-Reflexionsspektrographenam 0,8 m-Reflektor des Instituts für Astronomie und Astrophysik, Abteilung Astro-nomie, durchführen. Der Versuchsaufbau besteht aus dem 0,8 m-Reflektor, dem 10 C-Reflexionsspektrographen und einer CCD-Kamera, die als Detektor für das aufgenom-mene Spektrum dient. In den nächsten Abschnitten werden Sie diese Komponenten ge-nauer kennenlernen.
3.1 Spiegelteleskop
Abbildung 28: Der Tübinger 0,8m Reflektor.
Das Tübinger 0,8 m-Spiegelteleskop (Tab. 2) wurde 2003 von der Firma Astro Op-tik Philipp Keller hergestellt und montiert, es befindet sich in einer 5 m durchmessen-den Kuppel der Firma Baader (Abb. 28). Das Teleskop ist parallaktisch in einer Ga-bel montiert, besitzt einen Friktionsantrieb und ist vollständig computergesteuert. DieNachführung wird zusätzlich durch hochauflösende Encoder in Echtzeit korrigiert. Al-lerdings liegt aufgrund der extrem präzisen Mechanik auch ohne Encoder der RMS-Nachführfehler bereits weit unter einer Bogensekunde pro Minute. Nähere Informatio-nen finden sich unter http://www.astrooptik.com.
32
Tabelle 2: Technische Daten des Tübinger 0,8 m-Reflektors.
HauptfernrohrÖffnung D 800 mmBrennweite f 6400 mmÖffnungsverhältnis f/D 8
3.2 Der 10 C-GitterspektrographBei dem in Tübingen verwendeten Spektrographen handelt es sich um einen 10 C-Reflexionsgitterspektrographen der Firma Optomechanics Research, Inc., Vail, Arizona(Abb. 29, Tab. 3).
Die Eintrittsspaltanordnung des Spektrographen besteht aus drei Einzelspalten. Durchden mittleren, etwas längeren Spalt tritt das Licht, welches von dem zu untersuchendenObjekt (z.B. Sonne, Stern, Flatfield) ausgesandt wird, ein. Zu beiden Seiten des Zentral-spaltes ist jeweils ein kürzerer Spalt mit derselben Breite wie der Hauptspalt angebracht.Es stehen zwei Spaltanordnungen unterschiedlicher Breite (50µm und 100µm) zur Ver-fügung. Das Licht der Vergleichslampen tritt mittels einer optischen Anordnung, be-stehend aus Linse, Umlenkspiegel und Lichtleitern, auf die beiden Nebenspalte. Damitkann simultan zum Spektrum des astronomischen Objekts das Spektrum einer bekann-ten Quelle aufgenommen werden. Dieses Spektrum kann dann zur Wellenlängenkali-bration des astronomischen Spektrums verwendet werden. Am Tübinger Spektrographwerden als Vergleichslampen eine Quecksilber- und eine Neon-Lampe verwendet. Ab-bildung 30 zeigt das Emissionslinienspektrum dieser Lampen. Tabelle 8 auf S. 49 imAnhang listet die genaue Lage der Emissionslinien der Kalibrationslampen auf. Astro-nomischer Konvention entsprechend werden dabei die Ionen mit römischen Zahlen nu-meriert: Hg I entspricht also neutralem Quecksilber, Hg II entspricht Hg+ und so weiter.
Abbildung 29: Aufbau des 10 C Spektrographen Quelle: (Optomechanics Research,1997).
33
Tabelle 3: Technische Daten des 10 C-Gitterspektrographen.
Gewicht ∼ 4.5 kgKameraBrennweite f = 135mmÖffnungsverhältnis f/D = 2.8KollimatorBrennweite f = 225mmHauptspaltAbmessungen 50 µm×1.5 mm
100 µm×1.5 mmNeigung gegenüber der opt. Achse 35◦
Projektion auf Kamera 40 µm bzw. 80µm900µm = 100pixel
NebenspalteAbmessungen Breite wie Hauptspalt ×0.75mmProjektion auf Kamera 455µm ∼ 50 pixelGitter 1Abmessung 25mm×25mmLinienzahl g1 = 600/mmMaximum 1. Ordnung 5000 ÅDispersion 1.04 Å/pixel∆λ 5.97 Åλ/∆λ 840 bei 5000 ÅÜberlappung 300 ÅGitter 2Abmessung 25mm×25mmLinienzahl g2 = 1200/mmMaximum 1. Ordnung 5000 ÅDispersion 0.54 Å/pixel∆λ 2.85 Åλ/∆λ 1754 bei 5000 ÅÜberlappung 160 ÅHg VergleichslampeTyp Osram Hg 100Brennspannung 45 VBetriebsstrom 1 ALeistung 22. . . 44 WNe VergleichslampeTyp Osram Ne/10Brennspannung 30 VBetriebsstrom 1 ALeistung 30 WBlaufilterOpazität 5100 Å–5500 ÅLinienfreiheit in 1. Ordnung < 7500 ÅAbmessungen 12.5 mm× 16.5 mm × 3 mm
34
Hg 4047Hg 4078
Ne 4314
Hg 4358
Hg 4916
Ne 5330/41
Ne 5400
Hg 5461
Hg 5770Hg 5791
Ne 5852Ne 5881
Ne 5944Ne 5975
Ne 6029
Ne 6074Ne 6096
Ne 6143Ne 6164
Ne 6217
Ne 6266Ne 6305Ne 6334
Ne 6383Ne 6402
Ne 6506Ne 6532
Ne 6599
Ne 6678Ne 6717
0 1 2
40
00
45
00
50
00
55
00
60
00
65
00
We
llen
lan
ge
/A o
log relativer Fluß
Abbildung
30:Hg/N
e-Kalibrationsspektrum
,aufgenomm
enm
itdem1200erG
itter.
35
Tabelle 4: Technische Daten der STL-1001E Kamera.
Format 1024×1024 pixelPixelgröße 24 µm × 24 µmChipgröße 24,5 mm × 24,5 mmKühlung ∆T = 40◦C
Tabelle 5: Technische Daten der HX916 Kamera.
Format 1300×1030 pixelPixelgröße 6,7 µm × 6,7 µmChipgröße 8,7 mm × 6,9 mm
Hinter der Spaltanordnung befindet sich ein Blaufilter, welcher durch einen Filter-schieber wahlweise aus dem Strahlengang genommen werden kann. Er ist im Wellen-längenbereich unterhalb von 5100 Å opak, also lichtundurchlässig, während er 90% derStrahlung oberhalb von 5500 Å transmittiert. Mit dem Blaufilter wird bei einer Wellen-länge oberhalb von 7500 Å eine Kontamination der Linien erster Ordnung durch jenezweiter Ordnung vermieden.
Der 10 C-Gitterspektrograph ist mit zwei Blazegittern ausgestattet, welche Gitter-konstanten von g1 = 600/mm und g2 = 1200/mm haben. Das von diesen Gittern er-zeugte Spektrum wird schließlich mit einer Kameralinse auf den zur Detektion desSpektrums verwendeten CCD-Detektor der Kamera HX916 gelenkt.
3.3 CCD-Kameras STL-1001E und HX916Die am 0,8 m-Teleskop als abbildendes Instrument und Detektor für den Spektrographeneingesetzten CCD-Kameras sind handelsübliche Kameras vom Typ STL-1001E (Tab. 4)der kalifornischen Santa Barbara Instrument Group (SBIG) bzw. HX916 (Tab. 5) vonStarlight XPress. Die CCD wird mit einem Peltier-Element gekühlt. Am CCD-Chip las-sen sich so ca. 30-40◦C unter der Umgebungstemperatur erreichen. Die Belichtungszeitlässt sich von 0.01 s bis 3600 s mit einer Genauigkeit von 0.01 s einstellen und wirddurch einen mechanischen Shutter realisiert. Die Bedienung der Kamera erfolgt überMaximDL.
36
„My dear Watson, try a little analysisyourself“, said he, with a touch of
impatience. „You know my methods.Apply them, and it will be instructive
to compare results“.Conan Doyle
The Sign of the Four
4 Versuchsdurchführung
4.1 VorbereitungDiskutieren Sie die in den vorherigen Abschnitten beschriebenen Grundlagen:
• Koordinatensysteme• Aufbau astronomischer Teleskope• Eigenschaften und Vergleich verschiedener Bilddetektoren• Prinzip des CCD• Prinzip des Gitterspektrographen• Farben-Helligkeits-Diagramm• Spektralklassifikation
Um es noch einmal zu wiederholen: Lösen Sie die in die vorherigen Abschnitte ein-gestreuten Aufgaben vor dem Versuch und bringen Sie ihre Lösungen am Tag der Ver-suchsdurchführung mit!
Das Praktikum besteht aus zwei Teilen. Der erste Praktikumstag bzw. -abend istder Datenaufnahme gewidmet. Zu diesem Termin sollten Sie bereits Kenntnis über denallgemeinen Inhalt des Versuchs sowie das verwendete Teleskop haben. Da wir nichtviele brauchbare Beobachtungsnächte zur Verfügung haben, müssen wir jede zur Ver-fügung stehende Nacht nutzen. Das erfordert von Ihnen und von uns ein hohes Maß anFlexibilität. Denken Sie bitte - insbesondere im Winter - auch an ausreichend warmeKleidung.
Am zweiten Tag beschäftigen wir uns nach einem Testat, bei dem wir auch dievon Ihnen mitgebrachten Aufgaben und eventuell noch ungeklärte Fragen besprechen,mit der Datenauswertung: Wir werten die Spektren und die Photometrie aus. Gleich zuBeginn schon der Hinweis, dass Sie sich Mehrarbeit ersparen, wenn Sie bei der Aus-wertung die folgenden Punkte berücksichtigen:
• Ziehen Sie die sich öffnenden Plotfenster nicht mit der Maus größer/kleiner.• Schließen Sie diese Fenster nicht einfach.• Denken Sie daran, Dezimalzahlen mit Punkten, nicht Kommas, zu trennen.• Kein close_print ohne vorigen open_print-Befehl; ansonsten müssen Va-
riablen eventuell neu gesetzt werden.• Die für die Photometrie verwendete Routine kennt kein Zurück. Sorgfältiges Ar-
beiten hilft, nicht von vorne beginnen zu müssen.
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Im Folgenden stellen wir die einzelnen Arbeitsschritte dar. Sie sollten diesen Ab-schnitt gelesen haben, so dass Sie die Reihenfolge der Arbeitsschritte verstehen. Dieaufgelisteten Programmbefehle dienen als Referenz für die Versuchsausführung, Siemüssen sie jetzt noch nicht verstehen oder gar auswendig lernen!
4.2 SternspektroskopieZur Aufnahme der Sternspektren wird der in 3.1 beschriebene 0,8 m-Reflektor mit dem10 C-Spektrographen und der Kamera HX916 verwendet. Dieses Teleskop befindet sichin der Beobachtungskuppel auf dem Gelände des Instituts. Die Vorbereitung der Beob-achtung wird an Ort und Stelle erklärt, dazu gehören:
1. Vorbereitung des Teleskops und Spektrographen
2. Vorbereitung der Kuppel
3. Vorbereitung der Rechner
Das Programm MaximDL dient einerseits zur Steuerung der Kamera (Belichtung, Küh-lung, usw.), andererseits sind damit auch einige Datenreduktionen machbar. Im Prakti-kum werden mit diesem Programm die Belichtungen durchgeführt, während die Aus-wertungen der aufgenommenen Bilder mit einem speziellen Bildverarbeitungsprogramm(IDL) erfolgen. Zum Hochfahren des CCD sind die folgenden Schritte durchzuführen:
1. Das Programm MaximDL starten. Es kann einige Sekunden dauern, bis die Ver-bindung zum CCD hergestellt ist.
2. Im Kamera-Setup die Temperaturregelung einstellen, Setpoint −30◦C einstellen.Dieser Wert wird u.U. nicht erreicht, eine Messung ist nur dann sinnvoll, wennTemperaturen unter 0◦C erreicht werden können. Sollte dies im Sommer nichtder Fall sein, werden Ihnen die prinzipiellen Schritte der Aufnahme erklärt. Dienachfolgende Datenauswertung muss dann leider „aus der Konserve“ erfolgen.Warten Sie einige Minuten, bis sich die Temperatur des CCD stabilisiert hat.
Um eine CCD-Aufnahme zu erhalten, wird wie folgt vorgegangen:
1. Settings
2. Autodark aktivieren
3. Expose
4. In der Dialogbox ist die Belichtungszeit (in sec) einzugeben
Während der ersten ∼ 10 s der Belichtung muss außerdem das Licht der Vergleichslam-pen aufgenommen werden. Nach der Belichtung wird das Bild automatisch ausgelesen,in den PC übertragen und dann dargestellt.
Anschließend ist das Bild zu speichern mit File-Save Filename (mit Exten-sion FIT angeben!), um die Daten auf einen anderen Rechner transferieren zu können.Das FITS-Format (Flexible Image Transport System) ist ein Datenformat, das sich fürCCD-Bilder in der Astronomie allgemein durchgesetzt hat. Im Vergleich zu anderen
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Bildformaten (z.B. GIF oder Jpeg) verzichtet es auf Datenkompression und anderenPlatz sparenden „Schnickschnack“. Daher können FITS-Dateien sehr groß werden. EinVorteil des FITS-Formates ist, dass es maschinenunabhängig ist und außer den reinenBilddaten weitere Informationen wie zum Beispiel die Beobachternamen, eine Identifi-kation des beobachteten Objektes, des Teleskops usw. enthält.
Für den Versuch sind die folgenden Aufnahmen zu machen:• Eine oder mehrere Aufnahmen von Sternspektren mit gleichzeitigem Vergleichs-
spektrum. Die jeweilige Belichtungsdauer ist abhängig von der Himmelshellig-keit, Richtwert sind 60 bis 600 s.
• Mehrere Dunkelstromaufnahmen („Dark Frames“ ). Diese sind mit gleicher Be-lichtungszeit wie die vorher ausgewählte Spektralaufnahme zu machen.
Flatfield-Aufnahmen entfallen an dieser Stelle, da diese bereits in der Dämmerungvon einem sternenfreien Gebiet des Himmels gemacht werden müssten, wofür im Rah-men des Praktikums ein zu kurzes Zeitfenster zur Verfügung steht.
Auswertung
Die folgenden Auswerteschritte führen Sie an einem LINUX-Rechner durch. IhreAufgabe ist es, anhand der Wellenlängenliste (Tab. 8) und des in Abbildung 30 auf Sei-te 35 gezeigten Kalibrationsspektrums die sichtbaren Kalibrationslinien zu identifizie-ren und diese in Ihrem Ausdruck zu markieren. Da der Spektrograph in guter Näherungeine lineare Dispersion hat, können Sie anschließend mit Hilfe einer linearen Regressionden Spektrographen eichen.
Die Auswertung der Aufnahmen erfolgt mit der Interpretersprache IDL (InteractiveData Language) der Firma Research Systems, Boulder, CO, die seit September 2000zu Kodak gehört. IDL kann sowohl in einem interaktiven Modus betrieben werden alsauch komplette Programme ausführen. Der große Vorteil von IDL liegt in der einfachenBehandlung von Datenfeldern (Arrays), wodurch es besonders für die Bildverarbeitungprädestiniert ist.
Starten Sie zunächst IDL durch den Befehl idl. Das Programm meldet sich mitdem Prompt
IDL>
Laden Sie das CCD-Bild des Sternspektrums in ein Array namens image und zei-gen Sie es in einem Fenster an:
IDL> image=readfits(’filename.fits’,header)IDL> ccd_tv,imageIDL> shade_surf,image
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Starten Sie nun die Routine show_xy, mit der Sie sich die x/y-Koordinate der ak-tuellen Cursorposition im Bildfenster anzeigen lassen können. Notieren Sie sich jeweilseine y-Position für die Eichspektren und für die Ober- und Unterkante des Sternspek-trums:
IDL> ccd_tv,imageIDL> show_xy
Sie verlassen die Routine show_xy durch einen Klick mit der rechten Maustastein das Bildfenster. Speichern Sie die notierten Werte in Variablen. Achten Sie bei denVariablen für das Sternspektrum darauf, welche Variable den kleineren, welche den hö-heren Wert enthält - dies spielt beim nächsten Schritt eine Rolle. Hier ein Beispiel mitden Variablen yeich und yspek:
IDL> yeich1 = 396IDL> yeich2 = 112IDL> yspek1 = 230IDL> yspek2 = 250
Kopieren Sie jeweils eine Zeile aus dem Bild, um den Intensitätsverlauf im Eich-spektrum und im Sternspektrum in einem Array zu speichern. Erläuterung: Sie greifenauf das zweidimensionale Array image zu mit dem x-Index *= alle Elemente und demzuvor gespeicherten y-Index. Die Arrays eicharr und spekarr enthalten nun denjeweiligen Intensitätsverlauf:
IDL> eicharr1 = image[*,yeich1]IDL> eicharr2 = image[*,yeich2]IDL> spekarr = image[*,yspek1]*1.0IDL> for k=1,yspek2-yspek1+1 do
spekarr = spekarr + image[*,yspek1+k]*1.0IDL> spekarr = spekarr / (yspek2-yspek1+1)
Plotten Sie den Inhalt der Arrays in einem Bildschirmfenster. Hinweis: Mit /ylogwählen Sie eine logarithmische Darstellung, mit ystyle=1 weisen Sie IDL an, diey-Grenzen der Grafik auf die tatsächlichen Minimum- und Maximum-Werte zu setzen.
IDL> plot,eicharr1,/ylog,ystyle=1IDL> oplot,eicharr2IDL> plot,spekarr,ystyle=1
Erzeugen Sie nun einen Ausdruck von diesen Plots. Auf den Ausdrucken solltendie Achsen beschriftet sein und der Plot einen Titel haben. Der Ausdruck wird aufPostscript-Druckern erfolgen. Dazu ist der Plot in eine Datei (hier eichplot.ps)zu schreiben, welche anschließend auf dem Drucker ausgegeben wird (lange Zeilen ge-ben Sie über den Rand hinaus ein, es erfolgt automatisch ein Umbruch in die nächsteZeile):
40
IDL> open_print,’eichplot.ps’,/postscriptIDL> plot,eicharr1,/ylog,ystyle=1,title="Eichspektrum",
ytitle="Intensitaet",xtitle="Pixelnummer"IDL> close_print,/ghost
Nach dem letzten Befehl erscheint das Programm Ghostview, welches die Dateieichplot.ps auf dem Bildschirm darstellt. Über den Menüpunkt „File/Print...“ kanndie Datei auf dem angegebenen Drucker ausgedruckt werden, eventuell ist der Drucker-name zuvor zu ändern.
Plotten Sie nun das Eichspektrum noch einmal auf dem Bildschirm (mit den Pfeil-tasten lassen sich vorherige Befehle nochmals aufrufen), und rufen Sie die Routineshow_xy auf, um die x-Positionen der Spektrallinien der Eichlampen zu bestimmen.Notieren Sie diese auf Ihrem Ausdruck.
IDL> plot,eicharr1,/ylog,ystyle=1,title="Eichspektrum",ytitle="Intensitaet",xtitle="Pixelnummer"
IDL> show_xy
Bestimmen sie mit Hilfe einer Cross-Correlation (c_correlate) die Verschiebungzwischen den beiden Eichspektren. Wie groß ist die Verschiebung, die Sie für das Stern-spektrum berücksichtigen müssen? indgen(41)-20 erzeugt dabei ein Feld, belegtmit Integerwerten von -20 bis +20. Der x-Wert des Peaks gibt die Verschiebung an.Falls Sie das Gefühl haben, die Verschiebung ist mehr als nur 20 Pixel, ändern sie dieGrenzen des indgen(41)-20-Befehls entsprechend ab.
IDL> shift = indgen(41)-20IDL> fit = c_correlate(eicharr1,eicharr2,shift)IDL> plot,shift,fit
Anschließend versuchen Sie, diese Linien durch Vergleich mit dem Eichspektrum(Abb. 30) zu identifizieren. Beachten Sie, dass die Linienintensitäten nicht unbedingtim gleichen Verhältnis zu stehen brauchen wie in der Vorlage, wichtig ist das Verhältnisder Linienabstände!
Notieren Sie sich zu jeder identifizierten Linie die Wellenlänge. Tragen Sie Ihregemessenen Pixelnummern und die Wellenlängen der identifizierten Linien in jeweilsein Array ein. Addieren sie die Verschiebung des Sternspektrums bzgl. der Eichspektrenauf pixarr auf. Beispiel: Pixelwerte in pixarr und Wellenlängenwerte in wvlarr:
IDL> pixarr=[7,26,76,122,186,231,249,345,371,432,506,542]IDL> pixarr = pixarr + VerschiebungIDL> wvlarr=[6143,6164,6217,6266,6334,6383,6402,6506,6532,
6599,6678,6717]
Plotten Sie Pixel gegen Wellenlänge. Wenn Ihre Identifizierung richtig war, solltesich eine Gerade ergeben:
41
IDL> plot,pixarr,wvlarr,ystyle=1,psym=2
Sollte sich keine Gerade ergeben, so überprüfen Sie zunächst, ob Sie in beide Arraysgleich viele Werte eingetragen haben. Sie können die Einträge korrigieren, indem Sieden betreffenden Befehl mit den Pfeiltasten wieder aufrufen, und dann editieren. Wennkein Tippfehler vorliegt, ist vermutlich die Identifizierung falsch. Versuchen Sie, einebessere Identifizierung zu finden und korrigieren Sie Ihre Werte, bis sich eine Geradeergibt. Drucken Sie Ihre Eichkurve zur Dokumentation wieder aus:
IDL> open_print,"eichgerade.ps",/postscriptIDL> plot,pixarr,wvlarr,ystyle=1,title="Eichgerade",
ytitle="Wellenlaenge (A)",xtitle="Pixelnummer",psym=2IDL> close_print,/ghost
Zur Bestimmung der Geradengleichung führen Sie eine lineare Regression durch.Dies erledigt die IDL-Funktion poly_fit. Sie führt eine Polynom-Anpassung an dieWertepaare durch, der Grad des Polynoms ist als Parameter zu übergeben. Für eine Ge-rade ist der Grad 1. Rückgabewert der Funktion ist ein Array (hier a) mit den Polynom-Parametern:
IDL> a=poly_fit(pixarr,wvlarr,1)
Lassen Sie sich die Parameter anzeigen:
IDL> print,a
Die erste angezeigte Zahl ist der y-Achsen-Abschnitt der Eichgeraden, also die Wel-lenlänge für Pixel 0. Die zweite Zahl ist die Steigung der Geraden, also der Eichfaktorin Å/Pixel.
Nun ist das Sternspektrum mit einer Wellenlängeneichung zu versehen. Dazu müs-sen Sie zunächst die Größe des Arrays mit dem Sternspektrum wissen:
IDL> help,spekarrSPEKARR FLOAT = Array[765]
Die zweite Zeile ist die Ausgabe des help-Befehls. In diesem Fall handelt es sichalso um ein Array mit 765 Werten. Erzeugen Sie nun ein Array mit den Pixelwerten von0 bis 764 (findgen(765)) und wenden Sie darauf die Geradengleichung mit dengefundenen Eichparametern an:
IDL> lambda=a[0]+a[1]*findgen(765)
Das Ergebnis ist ein Array mit den Wellenlängenwerten (hier lambda) zu jedem Pixel-wert des Sternspektrums.
42
IDL> open_print,"eichgerade.ps",/postscriptIDL> plot,pixarr,wvlarr,ystyle=1,title="Eichgerade",
ytitle="Wellenlaenge (A)",xtitle="Pixelnummer",psym=2IDL> oplot,findgen(765),lambdaIDL> close_print,/ghost
Plotten Sie Ihr Sternspektrum mit Wellenlängenskala zunächst auf dem Bildschirmund drucken Sie es anschließend aus. Drucken Sie auch das Eichlampenspektrum mitWellenlängeneichung aus:
IDL> open_print,"sternspektrum.ps",/postscriptIDL> plot,lambda,spekarr,ystyle=1,title="Sternspektrum",
ytitle="Intensitaet",xtitle="Wellenlaenge (A)"IDL> close_print,/ghostIDL> open_print,"eichspektrum.ps",/postscriptIDL> plot,lambda,eicharr1,ystyle=1,/ylog,title="Eichspektrum",
ytitle="Intensitaet",xtitle="Wellenlaenge (A)"IDL> close_print,/ghost
Rufen Sie wieder die Routine show_xy auf und bestimmen Sie die Wellenlängender Absorptionslinien:
IDL> plot,lambda,spekarr,ystyle=1,title="Sternspektrum",ytitle="Intensitaet",xtitle="Wellenlaenge (A)"
IDL> show_xy
Identifizieren Sie die wichtigsten Linien anhand Anhang C. Zusätzlich können Siedie NIST Atomic Spectral Database zu Hilfe nehmen (http://physics.nist.gov/PhysRefData/ASD/lines_form.html). Sollte show_xy keine Koordi-naten anzeigen, identifizieren Sie sie von Hand mit Hilfe der Ausdrucke. Vergleichen Siedie gemessene Wellenlänge mit der tabellierten Wellenlänge. Falls dort eine Differenzvon mehr als 1 Å auftritt, kann es sein, daß die CCD-Kamera nicht völlig parallel zumSpektrum ausgerichtet war. Sie werden dann im CCD-Bild eine Differenz der Pixel-positionen für einzelne Spektrallinien im oberen und unteren Eichspektrum feststellen.Etwa die Hälfte dieser Differenz ergibt sich damit als Abweichung zwischen Eichspek-trum und Sternspektrum. Berücksichtigen Sie diesen Offset bei der Identifizierung derübrigen Linien.
Tip: Sie können auch mit dem Cursor alle in der Tabelle angegebenen Linienpositio-nen anfahren und nachsehen, ob sich dort im Sternspektrum eine Absorption befindet.
Aufgabe 10: Stellen Sie anhand Ihrer Ausdrucke dar, wie die Aufnahmen reduziert und wel-lenlängenkalibriert wurden. Welcher ist der Spektraltyp des aufgenommenen Sterns?
Aufgabe 11: Was ist physikalisch der qualitative Unterschied des Spektrums der Vergleichs-lampen und dem der Sterne? Warum sehen Sie also im Spektrum der Sterne Absorpti-onslinien, in dem der Vergleichslampen Emissionslinien? Was für Informationen kön-nen aus den aufgenommenen Sternspektren gewonnen werden?
43
Abschließend vergleichen Sie die beobachteten Spektren mit einem Sonnenspek-trum vom NOAO. Erstellen Sie in gewohnter Weise einen Ausdruck mit Achsbeschrif-tung, markieren und identifizieren Sie die signifikantesten Spektrallinien. Hierzu ist esvon Vorteil, den dargestellten Plotbereich mittels xrange=[3500,4500] schrittweise ab-zutasten.
IDL> .r read_solspec
Das Sonnenspektrum können sie mit einer Gaussfunktion glätten:
IDL> smoothed_flux=gaussfold(WAVE_SOL,FLUX_SOL,6)IDL> plot,WAVE_SOL,smoothed_flux
4.3 Photometrie eines SternhaufensDie Photometrie wird ebenfalls mit unserem 0,8 m-Reflektor durchgeführt. Die Inbe-triebnahme wird an Ort und Stelle erklärt. Zur Datenaufnahme verwenden wir eineSTL-1001E-Kamera, deren Bedienung nahezu identisch zu der bei der Spektroskopieverwendeten ist. Ein Unterschied ist ein Filterrad (Tab. 6), in dem verschiedene Filteruntergebracht sind. Die Ansteuerung des Filterrads geschieht über das SteuerprogrammMaximDL.
Tabelle 6: Filterbestückung der STL-1001E Kamera.
Filter Bandbreite [Å]Rot (R) 5800 - 6800Grün (V) 4500 - 5800Blau (B) 3900 - 5000Luminance (L) 4000 - 6800Clear (C) 3000 - 10000
Eine Verbesserung des Ergebnisses der Photometrie würden Flatfield-Aufnahmenermöglichen, die für alle verwendeten Filter in der Dämmerung aufgenommen werden.Wie auch bei der Spektroskopie, entfällt dieser Schritt in der Beobachtungsnacht auszeitlichen Gründen.
Das Teleskop wird nun auf einen offenen Sternhaufen ausgerichtet und dieser pho-tometriert.
Aufgabe 12: Nehmen Sie den Sternhaufen in den Filtern B und V auf. Mehrere kürzere Auf-nahmen sind besser als eine lange. Aktivieren Sie bei den Aufnahmen die Autodark-Funktion, um eine automatische Darkkorrektur vorzunehmen. Notieren Sie sich am be-sten auch gleich die Belichtungsdauer.
44
Auswertung
Zur Auswertung werden wir wieder IDL verwenden. Mit Hilfe des ProgrammsMakeFHD erfolgt die Auswertung automatisch. Folgen Sie den vom Programm vorge-gebenen Schritten, achten Sie also auf Bildschirmmeldungen.
IDL> .r MakeFHD
Zuerst werden die mit verschiedenen Filtern aufgenommenen Bilder eingelesen undFlatfield-korrigiert. Nun müssen die Helligkeiten in den verschiedenen Filtern an dieHelligkeiten der Standardfilter angepasst werden. Dazu markiert man mehrere Sterne,die man in der Literatur (z.B. SIMBAD, Webda) identifizieren kann und vergleicht dieHelligkeitsangaben in B und V aus der Literatur mit denen der Aufnahmen. Anschlie-ßend gibt man fuer B und V Korrekturwerte an.
Sternkataloge:
• SIMBAD (http://simbad.u-strasbg.fr/Simbad)
• Webda (http://www.univie.ac.at/webda/navigation.html)
Hier eine kleine Anleitung für den Umgang mit Webda:
1. Display the Page of the Cluster: Name des Clusters eintragen
2. cluster chart
3. chart form
4. Achsen anpassen (eventuell auch die maximale Helligkeit)
5. Sterne auswählen, B und V notieren
6. Grafik für das Protokoll ausdrucken
Der nächste Schritt besteht darin, die einzelnen Aufnahmen exakt aufeinander aus-zurichten. Hierzu ist es notwendig, auf den einzelnen Bildern jeweils denselben Refe-renzstern zu markieren.
Jetzt werden die Haufen-Sterne auf einem Bild von Hand identifiziert und ihre Hel-ligkeiten auf allen Bildern automatisch bestimmt. Sterne nahe am Rand werden dabeivon der Software ignoriert. Die (B-V)-Helligkeiten der Sterne werden berechnet undein Farben-Helligkeits-Diagramm erzeugt. Die interstellare Extinktion muss der Litera-tur entnommen und angegeben werden.
Um den Abstand des Sternhaufens von der Erde zu berechnen, muss der Entfer-nungsmodul V −Mv bestimmt werden. Aus den erzeugten Postscript-Plots des FHD und
45
der ZAMS (Alter-Null-Hauptreihe) bestimmt man per Augenmaß einen ersten Schätz-wert für V −Mv, gibt ihn an und optimiert ihn iterativ derart, dass sich das FHD derSterne an die ZAMS anschmiegt.
Um das Alter des Sternhaufens zu berechnen, bestimmt man die absolute Hellig-keit der hellsten Sterne des FHD, die sich gerade noch auf der Hauptreihe befinden.Die zweite Methode besteht darin, wiederum iterativ das FHD des Sternhaufens mitberechneten Isochronen in Übereinstimmung zu bringen.
Aufgabe 13: Was erkennt man im Plot des FHD ?Wie groß sind Entfernung und Alter des Sternhaufens ?Vergleichen Sie Ihre Ergebnisse mit Literaturwerten und diskutieren Sie eventuelle Ab-weichungen.
Damit sind wir mit der Photometrie fertig.
46
5 LiteraturBorn M., Wolf E., 1980, Principles of Optics,
Pergamon, Oxford, New York, 6th edition 5Bronstein I.N., Semendjajew K.A., 1987, Ta-
schenbuch der Mathematik, Harri Deutsch11
Karttunen H., Kröger P., Oja H., et al., 1990,Astronomie, Springer, Berlin, Heidelberg12, 30
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47
A Mögliche Beobachtungsobjekte
Tabelle 7: Verzeichnis von Beobachtungsobjekten.
Name TypM11 offener HaufenM29 offener HaufenM35 offener HaufenM36 offener HaufenM37 offener HaufenM38 offener HaufenM52 offener HaufenNGC 6819 offener Haufenα Aql Sternα Aur Sternα Cyg Sternβ Cyg Sternβ Gem Sternα Lyr Sternα Ori Sternη UMa Stern
48
B Wellenlängenkalibration
Tabelle 8: Laborwellenlängen der Hg- und Ne-Kalibrationslampen nach Kurucz(http://cfa-www.harvard.edu/amdata/ampdata/kurucz23/sekur.html).
Ion λ [Å] Ion λ [Å] Ion λ [Å]Hg I 4046.559 Hg I 5790.660 Ne I 6266.495Hg I 4077.827 Ne I 5852.488 Ne I 6304.789Ne I 4314.252 Ne I 5881.895 Ne I 6334.428Hg I 4358.323 Ne I 5944.834 Ne I 6382.991Hg I 4916.062 Ne I 5975.534 Ne I 6402.246Ne I 5116.503 Ne I 6029.997 Ne I 6506.528Ne I 5330.777 Ne I 6074.338 Ne I 6532.882Ne I 5341.094 Ne I 6096.163 Ne I 6598.953Ne I 5400.562 Ne I 6143.062 Ne I 6678.331Hg I 5460.731 Ne I 6163.594 Ne I 6717.043Hg I 5769.593 Ne I 6217.281
49
C Starke Linien in Sternspektren.
WasserstoffHα Hβ Hγ Hδ Hε Hζ Hη Hθ
6563 Å 4861 Å 4340 Å 4102 Å 3970 Å 3889 Å 3835 Å 3798 Å
Hι Hκ H13 H14 H15 H16 H17 H18
3771 Å 3750 Å 3734 Å 3722 Å 3712 Å 3704 Å 3697 Å 3692 Å
Helium
He I 3820 Å 3965 Å 4009 Å 4026 Å 4144 ÅHe I 4387 Å 4471 Å 5876 ÅHe II 3923 Å 4100 Å 4199 Å 4340 Å 4542 ÅHe II 4686 Å 4861 Å 5411 Å 6678 Å
Kohlenstoff
C II 4267 Å
C III 4069 Å 4123 Å 4187 Å 4340 Å 4375 Å 4515 Å 4650 Å
C IV 4441 Å 4650 Å 4786 Å
Stickstoff
N II 3995 Å 5005 Å 5679 Å
N III 4100 Å 4640 ÅN IV 4057 Å
50
Sauerstoff
O I 6158 Å
O II 3749 Å 4119 Å 4317 Å 4320 Å 4349 Å 4415 Å 4417 Å 4649 Å
O III 3444 Å 3760 Å 4069 ÅO IV 4786 ÅO V 4123 Å 4157 Å 4187 Å
Natrium
Na I 5890 Å 5896 Å
Silizium
Si II 4128 Å 4130 Å
Si III 4552 ÅSi IV 4089 Å
Calcium
Ca I 4227 Å 4289 Å 4303 Å 4435 Å 4455 Å 5016 Å 5262 Å
Ca I 5270 Å 5589 Å 5857 Å 6122 Å 6439 Å 6718 ÅCa II 3934 Å 3968 Å
51
Eisen
Fe I 3930 Å 4005 Å 4045 Å 4064 Å 4144 Å 4250 Å 4260 Å 4272 Å
Fe I 4325 Å 4384 Å 4405 Å 4528 Å 4668 Å 4891 Å 4958 Å 5255 Å
Fe I 5269 Å 5616 Å 6609 Å 6663 Å 6678 ÅFe II 3914 Å 3938 Å 3945 Å 4179 Å 4233 Å 4385 Å
verschiedene Metalle
Mg I 3838 Å 5167 Å 5173 Å 5184 ÅMg II 4481 ÅSc II 4247 ÅTi I 4523 Å 4527 Å 4533 Å 4545 Å 4617 ÅTi I 4640 Å 4982 Å 5036 Å 6258 ÅTi II 4164 Å 4300 Å 4395 Å 4400 Å 4408 Å 4444 Å 4468 Å
Cr I 4254 Å 4646 Å 4651 ÅCr II 4242 ÅMn I 3807 Å 4031 Å 4033 Å 4034 Å 4041 ÅSr II 4077 Å 4215 Å 4305 ÅSr III 4335 ÅEu II 4205 Å
52
Moleküle
CH CN CN
4300 Å 3883 Å 4216 Å
TiO TiO TiO TiO TiO TiO
4585 Å 4761 Å 4954 Å 5000 Å 5167 Å 6159 Å
Emissionslinien in Gasnebeln
[O I] [O I] [O I] [O I] [O II]
5007 Å 5577 Å 6300 Å 6363 Å 3727 Å
[O III] [O III] [O III] [O III]
4363 Å 4391 Å 4959 Å 5007 Å
[Ne III] [S II] [Fe III] [N I] [Cl III] [Cl III] [N II] [S II]
3868 Å 4069 Å 4658 Å 5200 Å 5517 Å 5537 Å 5754 Å 6723 Å
Erdatmosphäre
O2 O2 O2 O2 O2 H2O
6280 Å 6867 Å 6875 Å 6906 Å 7594 Å 7165 Å
53
D Aufbau des Versuchsprotokolls
1. Ziel und Inhalt des Experiments
• Was soll gezeigt bzw. herausgefunden werden ?
• Was ist der größere Kontext ?
2. Material, Methoden, Durchführung
• verwendetes Material (Teleskop, Kamera, Spektrograph) genauerläutern
• genaue, detaillierte Experimentbeschreibung
• Skizzen des Aufbaus und Ablaufs, falls erforderlich
• evtl. Probleme und ihre Lösungen schildern
3. Darstellung der Ergebnisse
• Messwertetabelle (z.B. Helligkeiten der Referenzsterne) mit ge-nauer Erläuterung
• graphische Darstellungen mit Beschriftung
• durchgeführte Berechnungen, verwendete Gleichungen (z.B. Ent-fernungsmodul)
• Aufgaben aus der Anleitung mit Aufgabenstellung und detail-lierter Lösung inkl. Lösungsweg
4. Interpretation und Diskussion
• Wurde das gesetzte Ziel erreicht ?
• Was sagt uns das Ergebnis, was kann man daraus lernen ?
• Muss das Experiment verändert werden, um das Ziel zu errei-chen ?
• gegebenenfalls Abweichung des Ergebnisses von Literaturwer-ten diskutieren
54
44 August 2011 Sterne und Weltraum
WeltderWissenschaft:Grossteleskope
Sie sind Zeugen einer bedeutenden
Epoche der Astronomie: die gro
ßen Refraktoren. Heute meist nur
noch Museumsstücke, gehörten
sie im 19. Jahrhundert zur Standardaus
stattung jeder bedeutenden Sternwarte.
Zunächst für visuelle Beobachtungen
genutzt, wurden sie später auch für foto
grafische und spektroskopische Zwecke
eingesetzt.
Ein großer Refraktor diente aber noch
einem anderen Zweck: Er sollte Ruhm und
Ehre bringen. So gab es einen andauernden
Wettstreit der Nationen, Sternwarten und
Sponsoren um das weltweit größte Lin
senfernrohr. Wie im Sport entschieden oft
nur wenige Millimeter über den Sieg, und
so mancher Rekordhalter verschwand bald
wieder in der Bedeutungslosigkeit.
Die Konstrukteure erreichten die
Grenzen des technisch Möglichen – und
überschritten sie teilweise. Einige Exem
plare erinnern eher an Kanonenrohre als
an Teleskope. Ihre Länge und das enorme
Gewicht von Objektiv, Tubus und Montie
rung erforderten gewaltige Kuppelbauten.
Die folgende kurze Geschichte der großen
Refraktoren berichtet von Erfolgen, aber
auch von Fehlschlägen und Katastrophen.
Der Startpunkt ist 1824, das Jahr, in dem
Joseph von Fraunhofer neue Maßstäbe im
Fernrohrbau setzte.
präzisiongegenÖffnungEnde 1824 erhielt Wilhelm Struve, der Di
rektor der Sternwarte Dorpat (heute Tartu
in Estland), 22 schwere Kisten aus Deutsch
land. Sie enthielten Fraunhofers Meister
stück: einen 24,4ZentimeterRefraktor
mit 4,1 Meter Brennweite – den größten
der Welt. Nachdem Struve die Einzelteile
sorgsam zusammengefügt hatte, war das
imposante Gerät an Heiligabend betriebs
bereit: ein edler Mahagonitubus auf einer
uhrwerkgetriebenen Montierung mit ge
schwungenem Holzstativ (siehe Bild auf
S. 46 links). Sein englischer Kollege John
Herschel pries es als »probably the very
best refracting telescope ever made«.
Sogleich begann Struve mit dem Ver
messen von Doppelsternen; im Jahr 1827
erschien ein erster Katalog. Zwischen 1835
und 1838 versuchte er mit dem Präzisions
instrument die Parallaxe des Sterns Wega
einefragederehreIm 19. Jahrhundert entbrannte ein Wettstreit um das größte Linsenfernrohr der Welt.
Zwar gab es gute wissenschaftliche Gründe für leistungsstarke Teleskope, aber in vielen
Fällen ging es hauptsächlich um die nationale Ehre. Oft entschieden nur Millimeter
über den mehr oder weniger ruhmreichen Rekordhalter.
VonWolfgangsteinickeundstefanBinnewies
derWettstreitumdenweltgrößtenrefraktor
ó Nachdem in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Herstel-lung von Linsen und Objektiven perfektioniert wurde, setzte ein Wettstreit um den weltgrößten Refraktor ein.
ó Neben staatlich finanzierten Sternwarten in Europa und den USA beteiligten sich auch private Sponsoren und Amateurastro-nomen am Bau immer größerer Linsenfernrohre.
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www.astronomie-heute.de August 2011 45
der27-zoll-Grubb-refraktorderWienerUniversitätssternwar-teholte1883dentiteldesweltgrößtenlinsenteleskopsvondenUsanacheuropazurück.
56
46 August 2011 Sterne und Weltraum
zu ermitteln. Der erhaltene Wert war je
doch noch sehr ungenau. Da zur gleichen
Zeit Friedrich Wilhelm Bessel – auch mit
einem Refraktor aus der Fraunhofer’schen
Werkstatt – einen zuverlässigen Wert für
die Parallaxe des Sterns 61 Cygni ermit
telte, gilt Bessel als derjenige, der als Erster
die Entfernung eines Sterns bestimmte.
Bereits kurz nach der Errichtung des
DorpatRefraktors bestellte die Münchner
Sternwarte bei Fraunhofer ein Gerät mit
einem Objektivdurchmesser von 35,6 Zen
timetern. Bedingt durch Fraunhofers Tod
im Jahr 1826 konnte der Nachfolger Georg
Merz aber nur einen 28,5ZentimeterRe
fraktor liefern, der 1835 in Bogenhausen
aufgestellt wurde. Im gleichen Jahr erhielt
die Berliner Sternwarte ein Duplikat des
DorpatRefraktors. Damit entdeckten
Gottfried Galle und Heinrich d’Arrest am
23. September 1846 den Planeten Neptun.
Das historische Instrument ist heute im
Deutschen Museum in München zu se
hen. Der 28,5ZentimeterMerzRefraktor
steht nach wie vor in Bogenhausen. Stru
ves »Fraunhofer« wurde 1993 in Tartu re
stauriert und kann in der alten Sternwarte
besichtigt werden.
Den Titel des weltgrößten Refrak
tors übernahm derweil ein Unikum im
irischen Markree Castle. Im Jahr 1831 hat
te der Schlossherr und begeisterte Ama
teurastronom Edward Cooper von dem
Pariser Optiker RobertAglae Cauchoix ein
35,5ZentimeterObjektiv mit 7,6 Meter
Brennweite erstanden. Zwischen Coopers
Refraktor und den Instrumenten von
Fraunhofer und Merz liegen allerdings
Welten. Zunächst erhielt das Teleskop ei
nen einfachen Holztubus auf azimutaler
HerschelMontierung, drei Jahre später
versah der irische Optiker und Teleskop
bauer Thomas Grubb das Gerät mit einem
Eisentubus und setzte es auf eine paral
laktische Montierung, die auf einer vier
Meter hohen Steinpyramide ruhte (siehe
Bilder rechts oben und Mitte).
Der Refraktor stand nicht in einer
Kuppel. Vielmehr schützte ein vier Meter
hoher Mauerring das Instrument notdürf
tig vor Wind und Wetter. Coopers größte
Leistung war die Erstellung des »Markree
Catalogue«, der über 60 000 Sterne entlang
der Ekliptik enthält. Er erschien zwischen
1851 und 1856 in vier Bänden; der zuge
hörige Atlas blieb unveröffentlicht und
lagert heute im englischen Cambridge.
Das Schicksal des MarkreeRefraktors
ist so seltsam wie sein Aussehen. Nach
Jahren des Zerfalls kam er 1902 nach
Hongkong – und stand dort wieder im
Regen. Im Jahr 1941 wurde das Fernrohr
bei einem Luftangriff stark beschädigt,
das Objektiv tat aber bis 1989 im Littrow
Spektrografen der Sternwarte Manila sei
nen Dienst.
transatlantischerivalenDie Firma Merz, mittlerweile durch Joseph
Mahler verstärkt, konterte im Jahr 1839.
Auf Anweisung von Zar Nikolaus I. hatte
Wilhelm Struve in Dorpat mit der Planung
für ein russisches Nationalobservatorium
in Pulkowo bei St. Petersburg begonnen.
Merz & Mahler lieferte dafür einen Re
fraktor mit 38 Zentimeter Öffnung und
6,9 Meter Brennweite (siehe Bild auf S. 48
oben links). Die Sternwarte wurde im Au
gust 1839 eingeweiht, Struve wurde ihr
ers ter Direktor. Zentrales Arbeitsgebiet
war die Beobachtung von Doppelsternen,
wobei sich besonders Otto Struve her
vortat, der 1862, zwei Jahre vor dem Tod
seines Vaters, die Leitung von Pulkowo
übernahm.
Der russische Refraktor rief einen neu
en Konkurrenten auf den Plan: die USA.
Selbstbewusst wollten Astronomen der
Neuen Welt der europäischen Übermacht
in der Astronomie endlich etwas entge
gensetzen. Eine erste Antwort war der
1845 in Cincinnati aufgestellte 30,5Zenti
meterRefraktor von Merz & Mahler. Als
dervonJosephvonfraunhofergebautedorpat-refraktoristheuteeinMuseums-stück.
dreiGesichterdesMarkree-refraktors:aufeinerhölzernenherschel-Montierung(oben),parallaktischmontiertmitvolumi-nösemsteinsockel(Mitte)undinneuemGewandinhongkong(unten)
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57
www.astronomie-heute.de August 2011 47
Nächstes wollte man Pulkowo übertref
fen. William Bond, der Direktor des Har
vard College Observatory in Cambridge,
Massachusetts, bestellte also in München
bei Merz & Söhne einen Refraktor mit
38,1 Zentimeter Öffnung – ein Millimeter
mehr als in Dorpat!
Das Gerät, das heute noch in Harvard
zu sehen ist, leistete große Dienste bei
der Beobachtung von Kometen, Planeten,
Sternen und Nebelflecken (siehe Bild auf
S. 48 oben rechts). Besonderen Ruhm ern
teten William Bond und sein Sohn George
für die Entdeckung des Saturnmonds
Hyperion. Auch die Zeichnungen des Ko
meten Donati 1858 sowie des Orion und
Andromedanebels erregten Aufsehen.
Im August 1852 stellte John Craig in
Wandsworth bei London einen neuen
Rekord auf. Gegenüber Pulkowo und Har
vard steigerte er die Öffnung um 60 Pro
zent. Der Glashersteller Robert Chance in
Birmingham fertigte das 61Zentimeter
Objektiv; der zigarrenförmige Metalltubus
und die bizarre Turmmontierung sind das
Werk des Ingenieurs William Gravatt (sie
he Bild auf S. 48 unten links). Mechanische
Probleme und fehlerhaft korrigierte Lin
sen führten jedoch dazu, dass der Refrak
tor bereits 1856 wieder abgebaut wurde.
Schon zwölf Jahre später übertrumpfte
der schottische Ingenieur und Astronom
Robert Newall Craigs Refraktor. In Gates
head bei Newcastle errichtete er 1868 einen
neuen Rekordhalter (siehe Bild auf S. 48
unten Mitte). Das parallaktisch montierte
Gerät, gebaut von Thomas Cooke & Sons
in York, besitzt ein 62,5ZentimeterOb
jektiv mit 9,1 Meter Brennweite. Das neun
Tonnen schwere Instrument war auf einer
5,8 Meter hohen Säule montiert. Wegen
der großen Luftverschmutzung und dem
miserablen Wetter gelangen Newall nur
wenige Beobachtungen. Im Jahr 1891 kam
der 25Zöller nach Cambridge und tat dort
diewichtigstenrefraktoren,geordnetnachdemJahrderinbetriebnahmestandort sternwarte/instrument land Jahr konstruktion durchmesserD
inzentimeternBrennweitefinMetern
f/D höheinMetern
Dorpat Sternwarte Dorpat EST 1824* Fraunhofer 24,4 4,1 16,8 67Markree Castle Privatsternwarte Cooper IRL 1831* Cauchoix/Grubb 35,5 7,6 21,5 45Berlin Berliner Sternwarte D 1835 Merz 24,4 4,3 17,6 47München Sternwarte Bogenhausen D 1835 Merz 28,5 4,9 17,2 500St. Petersburg Sternwarte Pulkowo RUS 1839* Merz & Mahler 38,0 6,9 18,2 75Cincinnati University Observatory USA 1845 Merz & Mahler 30,5 5,3 17,4 247Cambridge Harvard College Obs. USA 1847* Merz & Söhne 38,1 6,8 17,9 24Wandsworth Craig-Refraktor UK 1852* Chance/Gravatt 61,0 23,2 38,0 10Paris Porro-Refraktor F 1856 Porro 52,0 15,0 28,8 60Walworth Buckingham-Refraktor UK 1862 Buckingham/Wray 54,0 8,7 16,1 10Chicago Dearborn Observatory USA 1863 Clark 47,0 8,2 17,4 175Dunsink South Equatorial IRL 1868 Cauchoix/Grubb 29,8 5,8 19,5 91Gateshead Privatsternwarte Newall UK 1868* Cooke 62,5 9,1 14,6 20Bothkamp Privatsternwarte v. Bülow D 1870 Schröder 29,3 4,9 16,7 32Washington U.S. Naval Observatory USA 1873* Clark 65,5 9,9 15,1 38Potsdam Astrophysikalisches Obs. D 1878 Schröder 29,8 5,2 17,4 100Dresden Privatsternwarte
v. EngelhardtD 1879 Grubb 30,6 3,9 12,6 124
Straßburg Universitätssternwarte D (F) 1880 Merz & Söhne / Repsold 48,7 6,9 14,2 144Princeton Halsted Observatory USA 1882 Clark 58,0 9,8 16,9 75Wien Universitätssternwarte Ö 1883* Grubb 68,6 10,5 15,3 240St. Petersburg Sternwarte Pulkowo RUS 1884* Clark/Repsold 76,2 13,7 18,0 75Charlottesville Leander McCormick Obs. USA 1885 Clark 66,8 9,9 14,9 259Nizza (Mont Gros)
Sternwarte Bischoffsheim F 1887* Henry/Gautier 76,9 17,9 23,3 376
Mt. Hamilton Lick Observatory USA 1888* Clark 91,4 17,4 19,0 1283Meudon Observatoire de Paris-Meudon F 1891 Henry/Gautier 83,0 16,2 19,5 162Greenwich Royal Observatory UK 1893 Grubb 71,1 8,5 12,0 47Berlin-Treptow Archenhold-Sternwarte D 1896 Steinheil/Hoppe 68,0 21,0 30,9 41William Bay Yerkes Observatory USA 1897* Clark / Warner & Swasey 102,0 19,4 19,0 334Potsdam Astrophysikalisches Obs. D 1899 Steinheil/Repsold 80,0 12,2 15,3 95Paris Teleskop der Weltausstellung F 1900* Mantois/Gautier 125,0 57,0 45,6 65Hamburg Sternwarte Bergedorf D 1912 Steinheil/Repsold 60,0 9,0 15,0 50Pittsburgh Allegheny Observatory USA 1914 Brashear 76,2 14,4 18,9 370Potsdam Sternwarte Babelsberg D 1915 Zeiss 65,0 10,1 15,5 35Johannesburg Yale Observatory SA 1925 Grubb 66,0 10,6 16,1 1760Llano del Hato Obs. Astronómico Nacional VEN 1972 Zeiss 65,0 10,5 16,2 3600Hida Hida Observatory J 1972 Zeiss 65,0 10,5 16,2 1275La Palma Swedish Solar Telescope (SST) S (SP) 2002 Svenska Bearing 97,0 20,6 21,2 2400
* bedeutet neuer Öffnungsrekord
58
48 August 2011 Sterne und Weltraum
seinen Dienst bei der Beobachtung von
Doppelsternen, bis er in den 1950er Jahren
ausgemustert wurde. Der NewallRefraktor
wurde dann dem Athener Observatorium
geschenkt und steht seit 1960 in Penteli,
nordöstlich von Athen. Seit 1995 ist das
betagte Instrument ein Museumsstück,
das viele Besucher anlockt.
Erst 1893 erhielten die Briten einen grö
ßeren Refraktor: das wiederum von Grubb
gebaute Instrument im Royal Greenwich
Observatory mit 71,1 Zentimeter Öffnung
und 8,5 Meter Brennweite. Es besaß eine
eigenwillige englische Rahmenmontie
rung und war in einer zwiebelförmigen
Kuppel untergebracht, die 1944 durch eine
deutsche V 1 beschädigt wurde. Danach
verlegte man den 28Zöller nach Herst
monceux Castle, später der Sitz des Royal
Greenwich Observatory. Im Jahr 1971 zog
er zusammen mit dem gesamten Obser
vatorium nach Greenwich um, wo er heu
te eine der Hauptattraktionen des Royal
Observatory ist.
ein38-zentimeter-refraktor,vonMerz&MahlerinMünchenhergestellt,wurde1839 dashauptinstrumentderneuenrus-sischennationalsternwarteinpulkowo.
Miteinemduplikatdespulkowo-refraktorswolltenastronomenamharvardcollegeobservatoryandieerfolgeihrereuropäischenkollegenanknüpfen.
Johncraigließ1852 indernähevonlondoneinmonströsesturmteleskopmiteinem61-zentimeter-objektiverbauen.
der25-zoll-refraktorvonrobertnewall,1868inGateshead(england)errichtet,stehtseit1960inpenteli,Griechenland.
Mitdem26-zoll-refraktordesU.s.navalobservatoryinWashingtonentdeckteasaphhall1877diebeidenMarsmonde.
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www.astronomie-heute.de August 2011 49
Am Harvard College Observatory in
Cambridge war der große Refraktor von
Merz & Mahler unterdessen in die Jahre
gekommen, und die Amerikaner wollten
den Titel unbedingt zurückgewinnen. Mit
Alvan Clark hatten sie nun auch selbst ei
nen hervorragenden Teleskopbauer. Seine
Firma in Cambridgeport, Massachusetts,
sollte für den Rest des Jahrhunderts den
Markt dominieren.
Im Jahr 1873 lieferte er dem U. S. Naval
Observatory in Washington den neuen Re
kordhalter: einen Refraktor mit 65,5Zenti
meterObjektiv und 9,9 Meter Brennweite
(siehe Bild auf S. 48 unten rechts). Vier Jah
re später machte dieses Gerät Schlagzei
len, als Asaph Hall damit die Marsmonde
Phobos und Dei mos entdeckte. Das her
vorragende Teleskop wurde hauptsächlich
zur Positionsbestimmung von Planeten,
Monden und Doppelsternen benutzt. Das
Gerät ist heute noch intakt.
Nicht nur der Neid der Europäer hielt
die Entwicklung in Gang, auch die inner
amerikanische Konkurrenz schlief nicht.
Dies führte zum Bau eines weiteren
ClarkRefraktors, der den 26Zöller des
U. S. Naval Observatory um 1,3 Zentimeter
übertreffen sollte. Bereits 1870 hatte der
Chicagoer Industrielle Leander McCor
mick die Idee, den weltgrößten Refraktor
aufzustellen. Doch es vergingen noch
einige Jahre, bis er der University of Vir
ginia in Charlottesville Mittel für eine
Sternwarte zur Verfügung stellte. Der Bau
verzögerte sich durch allerlei Probleme,
so dass schon vor dessen Vollendung ein
58ZentimeterRefraktor am Halsted Ob
servatory, Prince ton, in Betrieb ging. Doch
damit nicht genug: Als McCormicks Gerät
auf dem 260 Meter hohen Mt. Jefferson im
April 1885 endlich erstes Licht sah, waren
in Wien und Pulkowo bereits zwei größere
Instrumente in Betrieb gegangen.
dereuropäischedreikampfWien hatte den Titel des weltgrößten Re
fraktors durch einen von Grubb gebauten
27Zöller mit 10,5 Meter Brennweite 1883
nach Europa zurückgeholt. Der 68,6Zen
timeterRefraktor thront seitdem in einer
14MeterKuppel auf dem mächtigen Ge
bäude der Universitätssternwarte an der
Türkenschanze (siehe Bild auf S. 45).
Die Freude in Wien währte indes nur
eineinhalb Jahre, dann gab es einen neu
en Spitzenreiter. Otto Struve hatte für die
Sternwarte in Pulkowo bei Alvan Clark &
Sons einen imposanten 76,2Zentimeter
einschlankerriese:der76,9-zentimeter-refraktordersternwartenizzamit17,9MeterBrennweite.dieoptikstammtvondenBrüdernhenry.
der36-zoll-refraktordeslickobservatorywurdemitprivatenMittelnerbaut.erst1888,zwölfJahrenachdemtoddesstiftersJameslick,wurdederBaudersternwarteaufdemMt.hamiltoninkalifornienvollendet.
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50 August 2011 Sterne und Weltraum
Refraktor mit 13,7 Meter Brennweite in
Auftrag gegeben. Im Jahr 1884 ging das
Gerät in einem zylinderförmigen Schutz
bau in Betrieb. Die Montierung stammte
von der Hamburger Firma Repsold. Der
alte »Merz« musste nun weichen und wur
de (ohne Objektiv) verkauft. Das Fernrohr
stand später im Deutschen Museum in
München, bis es dort Ende 1944 durch alli
ierte Bomber zerstört wurde. Noch schlim
mer erging es der Sternwarte Pulkowo: Sie
wurde 1942/43 während der deutschen
Belagerung von Leningrad verwüstet.
Im Jahr 1887 machte ein neuer Standort
von sich reden: der 360 Meter hohe Mont
Gros nahe Nizza. Das Observatorium war
ein Geschenk des Industriellen Raphaël
Bischoffsheim. Auch er träumte vom welt
größten Refraktor. Diesmal gelang das Vor
haben: Mit dem 76,9 ZentimeterObjektiv
der Brüder Paul und Prosper Henry wurde
Pulkowo um 7 Millimeter geschlagen
(siehe Bild S. 49 oben). Nizza lag auch mit
einer Brennweite von 17,9 Metern vorn,
und die von Gustave Eiffel konstruierte
Kuppel übertraf mit 26 Meter Durchmes
ser und 95 Tonnen Masse alles bisher da
Gewesene. Sie war nicht wie sonst üblich
auf Rollen gelagert, sondern schwamm in
einer kreisförmigen Wanne. Mittlerweile
ist das Instrument mitsamt dem neo
klassizistischen Gebäude renoviert; die
schwimmende Kuppel wurde auf Rollen
gesetzt.
denkmälerfürdieewigkeitWährend die Messlatte in Europa nun auf
76,9 Zentimeter gelegt worden war, holten
die USA zum finalen Gegenschlag aus. Die
entscheidende Rolle spielten dabei wiede
rum finanzkräftige Privatpersonen.
Es kam zunehmend in Mode, sich mit
einem großen Teleskop ein Denkmal zu
setzen. So stiftete der durch Grundbesitz
reich gewordene James Lick fast sein ge
samtes Vermögen, um den weltgrößten
Refraktor auf einem möglichst hohen
nachwievorderrekordhalter:derYerkes-refraktormit1,02MeterÖffnung.dieBrennweitebeträgt19,8Meter,diebeweglichenteilewiegen20tonnen.
dergrößtedoppelrefraktorstehtinMeudonbeiparis.diebeidenteleskopesindübereinanderineinemkastenförmigentubusuntergebracht.
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n61
www.astronomie-heute.de August 2011 51
Berg zu errichten. Nach seinem Tod im
Jahr 1876 dauerte es aber noch zwölf Jahre,
ehe das ehrgeizige Projekt Realität wurde.
Dann stand ein 91,4ZentimeterRefraktor
auf dem 1283 Meter hohen Mt. Hamilton
bei San José in Kalifornien (siehe Bild S. 49
unten).
Das Lick Observatory war die erste
echte Bergsternwarte. Der 36Zöller mit
17,4 Meter Brennweite ist in einer 18,3Me
terKuppel untergebracht. Die zehn Meter
hohe Säule, welche die schwere deutsche
Montierung trägt, dient zugleich als Grab
stätte. An ihrem Sockel findet sich die In
schrift »Here lies the body of James Lick«.
Der Standort mit seiner transparenten,
ruhigen Luft und fast 300 klaren Näch
ten im Jahr ließ spektakuläre Ergebnisse
erwarten. Und tatsächlich entdeckte im
Jahr 1892 Edward E. Barnard den fünften
Jupitermond (Amalthea). Zusammen mit
Sherbourne W. Burnham beobachtete Bar
nard Planeten, Doppelsterne und Nebel.
Leider kam es zum erbitterten Streit
mit dem autoritären Direktor Edward
Holden. Burnham und Barnard verließen
deshalb schweren Herzens das Lick Obser
vatory. Sie hatten bereits ein neues Ziel:
Williams Bay in Wisconsin, 140 Kilometer
nordwestlich von Chicago. Kein besonders
guter Standort, aber offenbar der geeig
nete Platz für ein neues Denkmal, dieses
Mal errichtet zu Ehren von Charles Yerkes.
Der schwerreiche Transportunternehmer
hatte sich in den Kopf gesetzt, Lick noch
zu übertreffen. Es ist das Verdienst von
George Ellery Hale, dass mit dem Geld,
welches Yerkes der University of Chicago
zur Verfügung stellte, ein monumentales
Observatorium errichtet werden konnte.
Bereits im Jahr 1893 wurde das Teleskop
auf der Chicagoer Weltausstellung präsen
tiert – noch ohne Objektiv. Das lieferten
zwei Jahre später Alvan Clark & Sons. Es
übertraf erstmals die EinMeterMarke
und wog 500 Kilogramm. Die Daten des
Instruments sind beeindruckend: 102 Zen
timeter Öffnung, 19,8 Meter Brennweite,
20 Tonnen Masse der beweglichen Teile
(siehe Bild S. 50 oben).
Leider hatte der YerkesRefraktor kei
nen guten Start: Kurz nach der Einwei
hung im Jahr 1897 rissen die Halteseile
des Kuppelbodens, der krachend in die
Tiefe stürzte. Zum Glück wurde niemand
verletzt. Im Jahr 1933 erregte der 40Zöl
ler erneut Aufsehen: Das Licht des Sterns
Arktur wurde auf eine Fotozelle gelenkt,
und der dadurch erzeugte Strom schaltete
die Festbeleuchtung bei der Eröffnung der
Weltausstellung in Chicago ein.
Doch der monströse YerkesRefraktor
war bereits zur Jahrhundertwende ein
Auslaufmodell. Sowohl seine Konstruk
tion als auch der Standort in nur 334 Me
ter Höhe waren nicht mehr zeitgemäß.
Die neue Astrophysik verlangte nach
lichtstarken Reflektoren auf hohen Ber
gen – und Hale lieferte sie. Er schuf nach
einander das Mount Wilson Observatory
mit einem 2,5MeterSpiegel (finanziert
von John Hooker und seit 1917 aktiv) und
das Mount Palomar Observatory mit dem
legendären FünfMeterReflektor, der 1948
in Betrieb ging. Er trägt Hales Namen.
Mit einem Durchmesser von etwa
einem Meter war die Obergrenze für Re
fraktoren erreicht. Nun galt es, mit beson
deren Konstruktionen neue Bestmarken
zu setzen. Hier ist vor allem der Doppel
refraktor zu nennen, bestehend aus visuell
und fotografisch korrigierten Objektiven
mit unterschiedlichen Öffnungen, aber
ähnlichen Brennweiten. Der visuelle Teil
dient dabei als Leitrohr zum Nachführen.
Im Jahr 1891 schufen die Brüder Henry
zusammen mit dem Instrumentenbauer
Paul Gautier in dieser Gattung das Maß
der Dinge: das Teleskop in Meudon bei Pa
ris. Die Objektive haben Durchmesser von
83 Zentimeter (visuell) und 62 Zentimeter
(fotografisch); die Brennweiten betragen
16,2 beziehungsweise 15,9 Meter. Die in
einem kastenförmigen Tubus zusam
mengefügten Fernrohre werden von einer
deutschen Montierung getragen (siehe
Bild S. 50 unten).
diedeutscheantwortaufMeudon:der»Großerefraktor«inpotsdam.imJahr1899errichtet,wurdedasinstrument2005umfassendrenoviert.
Rain
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62
52 August 2011 Sterne und Weltraum
Im Jahr 1899 ging ein vergleichbarer
Doppelrefraktor am neuen Astrophy
sikalischen Observatorium Potsdam in
Betrieb. Kaiser Wilhelm II. kam persönlich
zur Einweihung. Die Daten sind beein
druckend: Objektivdurchmesser 80 Zen
timeter (fotografisch) und 50 Zentimeter
(visuell) bei jeweils 12,2 Meter Brennweite
(siehe Bild S. 51). Die Optik wurde von
Steinheil gefertigt, die deutsche Montie
rung von Repsold. Seit 2005 ist der »Große
Refraktor« vollständig renoviert (siehe
SuW 4/2008, S. 52).
Leider erfüllte das dunkelgrün lackierte
Monstrum nicht die Erwartungen der
Astrophysiker. Mehrfach mussten beide
Objektive nachgeschliffen werden. Ein
weiteres Problem war der Standort auf
dem nur 96 Meter hohen Telegrafenberg.
Licht und Luftverschmutzung vereitelten
regelmäßige Beobachtungen. Mit den
gleichen Problemen hatte auch das nur
zehn Kilometer südwestlich von Paris auf
165 Meter Höhe gelegene Observatorium
Meudon zu kämpfen.
Der Potsdamer Refraktor ist das größte
deutsche Linsenfernrohr. Eine in etwa
vergleichbare Größe besaß nur noch das
Treptower »Kanonenrohr« mit 21 Meter
Brennweite (siehe Bild links). Der kup
pellose Refraktor mit einer Öffnung von
68 Zentimetern war die Hauptattraktion
der Berliner Gewerbeausstellung von
1897. Das von Steinheil und Hoppe ge
baute 160 Tonnen schwere Gerät ist heute
Teil der ArchenholdSternwarte.
nachzüglerdes20.JahrhundertsDie Pariser Weltausstellung im Jahr 1900
sollte zum Ruhm der Grande Nation etwas
Besonderes bieten: ein Linsenfernrohr,
das alle anderen übertreffen sollte. Schon
angesichts des schlechten Standorts war
dies ein kühner Plan, doch die Ausmaße
ließen das Projekt zu einer teuren Eintags
fliege ohne wissenschaftlichen Nutzen
werden (siehe Bild links und SuW 12/1978,
S. 403).
Das Objektiv mit 1,25 Meter Durchmes
ser wog 1,8 Tonnen. Schon beim Yerkes
Refraktor hatten sich die gewichtsbedingte
Deformation des Objektivs und eine da
mit einhergehende Verschlechterung der
optischen Eigenschaften störend bemerk
bar gemacht. Deshalb entschied man sich
in Paris für einen in NordSüdRichtung
orientierten Horizontalrefraktor – ange
sichts der Brennweite von 57 Metern blieb
auch keine andere Wahl!
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Mit21MeterBrennweiteimmernochderlängsterefraktorderWelt:das»kanonenrohr«derarchenhold-sternwarteinBerlin-treptow.
nurzumanschauen,nichtzumdurchschauengeeignet:derhorizontal-refraktormit1,25MeterÖffnungwährendderpariserWeltausstellung
63
www.astronomie-heute.de August 2011 53
Für Himmelsbeobachtungen lenkte
ein ebener Spiegel, ein Coelostat, mit zwei
Meter Durchmesser das Sternenlicht in
das waagrecht liegende Teleskop. Selbst
der Okularauszug war überdimensional
und musste auf Schienen bewegt werden.
Beobachtungen waren schwierig und
entsprechend selten. Selbst bei der Mi
nimalvergrößerung von 500fach betrug
das Gesichtsfeld nur drei Bogenminuten.
Die Projektion des Mars auf eine 400 Qua
dratmeter große Leinwand erwies sich als
Fehlschlag. Nach Ende der Ausstellung
fand das Riesenteleskop keinen Käufer
und wurde demontiert; Objektiv und
Planspiegel kamen in die Pariser Stern
warte. Seitdem ist der YerkesRefraktor
wieder die Nummer eins in der Welt.
Obwohl weltweit Reflektoren die Ober
hand gewannen, wurden auch im 20. Jahr
hundert vereinzelt große Linsenfernrohre
gebaut. Im Jahr 1912 bekam die neue
Sternwarte HamburgBergedorf einen
60ZentimeterRefraktor von Steinheil /
Repsold. Nach seiner Renovierung strahlt
das zehn Meter lange Gerät heute wieder
in altem Glanz.
Im Jahr 1914 wurde am Allegheny
Observatory in Pittsburgh der von John
Brashear gefertigte ThawRefraktor aufge
stellt. Er besitzt 76,2 Zentimeter Öffnung
(identisch mit Pulkowo) sowie 14,4 Meter
Brennweite und dient heute noch der As
trometrie. Die letzten großen (klassischen)
Refraktoren gingen 1972 in Betrieb. Sie
stehen am Hida Observatory in Japan und
auf dem Llano del Hato in Venezuela. Es
sind Standardgeräte von Zeiss mit 65 Zen
timeter Öffnung und 10,5 Meter Brenn
weite. Das Besondere am venezolanischen
Refraktor: Mit 3600 Meter Höhe ist er der
weltweit Höchstgelegene.
Ein trauriges Schicksal erlitt das von
Grubb gebaute YaleColumbiaTelescope
(66 Zentimeter Öffnung, 10,6 Meter Brenn
weite): 1925 in Johannisburg aufgestellt,
kam es 1952 zum australischen Mount
Stromlo Observatory, wo es im Januar 2003
zusammen mit fünf weiteren Geräten von
einem Buschfeuer zerstört wurde.
Um ein Haar wäre der YerkesRefraktor
im Jahr 1928 übertroffen worden. Russ
land hatte bei der Firma Grubb einen
41Zöller für die PulkowoAußenstelle in
Simeis auf der Krim bestellt. Nachdem
bereits Montierung und Kuppel fertigge
stellt waren (mittlerweile vom Nachfolger
GrubbParsons), wiesen die Russen die
beiden Glasrohlinge mit je 105 Zentimeter
Durchmesser als mangelhaft zurück. Das
Projekt wurde gestoppt, und Yerkes be
hielt seinen Titel.
Im Jahr 2002 bekam der YerkesRefrak
tor auf seine alten Tage noch einmal un
erwartet Konkurrenz – in Gestalt des Swe
dish Solar Telescope (SST) auf dem über
2400 Meter hohen Roque de los Mucha
chos der Kanareninsel La Palma (siehe Bild
oben). Das Objektiv ist mit 107 Zentimeter
Durchmesser sogar größer; die genutzte
Öffnung beträgt aber nur 97 Zentimeter –
immerhin mehr als beim LickRefraktor.
Gleichwohl kann von einer Renais
sance des Refraktors keine Rede sein. Die
Zukunft gehört azimutalen Reflektoren,
wie dem geplanten European Extremely
Large Telescope mit einem 39MeterSpie
gel, das Ende dieses Jahrzehnts in Betrieb
gehen soll. Die verbliebenen und zum Teil
noch wissenschaftlich arbeitenden groß
en Refraktoren haben indes nichts von
ihrer Faszination verloren. Rund 40 Ge
räte haben Öffnungen von 50 Zentimeter
und mehr, sieben davon übertreffen die
70ZentimeterMarke. Der Besucher steht
vor eindrucksvollen Relikten einer bedeu
tenden Epoche der Astronomie. In Pots
dam, Treptow, Wien, Meudon, Nizza oder
am Lick und Yerkes Observatory kann sich
jeder selbst davon überzeugen.
literaturhinweiseGussmann,e.-a.,kühn,G.: Der wieder-erstandene Große Refraktor. Neuer Glanz auf dem Potsdamer Telegrafen-berg. In: Sterne und Weltraum 4/2008, S. 52 – 55hartl,G.: Der Refraktor der Sternwarte Pulkowa. In: Sterne und Weltraum 7–8/1987, S. 397 – 404king,h.: The History of the Telescope. Dover Publications, New York 1979Müürsepp,p.: Die alte Sternwarte Tartu. In: Sterne und Weltraum 6/1966, S. 129 – 131oberndorfer,h.: Ein Fernrohr-Unikum. In: Sterne und Weltraum 12/1978, S. 403 – 404riekher,r.: Fernrohre und ihre Meister. VEB Verlag Technik, Leipzig 1957steinicke,W.: Nebel und Sternhaufen. Geschichte ihrer Entdeckung, Beob-achtung und Katalogisierung – von Herschel bis zu Dreyers »New General Catalogue«. Books on Demand, Norder-stedt 2009steinicke,W.,Binnewies,s.: Sternwar-ten. 95 astronomische Observatorien in aller Welt. Oculum Verlag, Erlangen 2008
www.klima-luft.de/steinickeKataloge, Geschichte und visuelle Beobachtung von DeepSkyObjekten
stefanBinneWies, Inter-nist und Pneumologe, ist in freier Arztpraxis tätig. Seit 30 Jahren ist er begeisterter Amateur astronom mit den Schwerpunkten Astro-fotografie und Finsternisex-
kursionen. Zusätzlich arbeitete er an mehreren astronomischen Buchprojekten mit.
WolfGanGsteinickeist Physiker, Autor und seit 40 Jahren Amateurastro-nom. Seine Schwerpunkte sind die Geschichte der Astronomie, insbesondere die Entdeckungen der Nebel
und Sternhaufen im 19. Jahrhundert, sowie die visuelle Deep-Sky-Beobachtung. Er leitet die VdS-Fachgruppe »Geschichte« und ist Mitglied der Royal Astronomical Society.
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daszweitgrößtelinsenfernrohrderWelt:das20Meterhoheswedishsolartelescopeauflapalma
64
30 August 2011 Sterne und Weltraum
ó Sterne entstehen in Haufen oder Gruppen entlang der Spiralarme unserer Galaxis. Die Haufen sind zunächst in dichte Wolken aus Staub und Gas eingebettet.
ó Wenn die heißesten Mitglieder mit ihrer Strahlung und ihren Winden die Umgebung leer gefegt haben, werden die offenen Stern-haufen sichtbar und bieten oft ein herrliches Schauspiel.
ó Offene Sternhaufen leben nicht lange – im Mittel etwa 300 Mil-lionen Jahre. Danach werden sie schnell von den Gezeitenkräften der Milchstraße »aufgerieben«, und ihre Mitglieder im weiten Umfeld zerstreut.
InKürze
WeltderWIssenschaft:aufbauderGalaxIs
diesternedieserlockerenGruppesinderstkürzlichauseinerdichtenWolkeausGasundstaubentstanden.dieheißestenunterihnenhabenmitihrerstrahlungundihremWinddierestederWolkeaufgelöst.diegemeinsamebewegungdersterneimraumbezeugtihrengemeinsamenursprung.dasGebildeistein»offenersternhaufen«,seineoffiziellebezeichnungistnGc4755,undseinglitzernderanblickhatihmdennamen»schatzkästlein«eingebracht.eristnurzehnMillionenJahrealt,seineentfernungbeträgtknapp2000Parsecoder6600lichtjahre.
65
www.astronomie-heute.de August 2011 31
OffenesternhaufenbausteinederMilchstraße
Eine Bestandsaufnahme der offenen Sternhaufen in der weiteren Sonnen umbebung
hat gezeigt, dass es heute in der galaktischen Scheibe etwa 100 000 Exemplare gibt,
und dass rund 40 Prozent aller Sterne der Scheibe ihre Jugend in solchen Haufen
verbringen. Die anderen 60 Prozent bilden sich in »eingebetteten Haufen«, die sich
bereits tief im Innern der Molekülwolken auflösen, aus denen sie entstanden sind.
ESO
66
32 August 2011 Sterne und Weltraum
Vonsiegfriedröserundelenaschilbach
Die offenen Sternhaufen gehö
ren zu den beliebtesten Beob
achtungsobjekten am Nacht
himmel. Sind sie bloß schöne
Episoden im weiten Feld der Galaxis, oder
erfüllen sie eine wichtige Funktion bei
Aufbau und Entwicklung des Milchstra
ßensystems?
Aus zwei Gründen ist ihr Studium von
großer Bedeutung: Da alle ihre Mitglieder
praktisch gleichzeitig entstanden sind
und die gleiche chemische Zusammenset
zung haben, sind sie ein natürliches Labor,
in dem sich Theorien zur Entstehung und
Entwicklung der Sterne prüfen lassen;
und während man früher annahm, dass
offene Sternhaufen nur weniger als zehn
Prozent zur stellaren Population der dün
nen Scheibe des Milchstraßensystems bei
tragen, wissen wir heute, dass die galak
tische Scheibe zu etwa 40 Prozent aus den
Zerfallsprodukten aller jemals gebildeten
offenen Sternhaufen besteht. Sie sind also
mit Fug und Recht als Bausteine unserer
Galaxis zu bezeichnen. Diese quantitative
Aussage ergab sich aus der Analyse einer
umfassenden Stichprobe naher offener
Sternhaufen, die wir im letzten Jahrzehnt
durchgeführt haben und von der im Fol
genden die Rede ist.
lockereansammlungenmitGruppendynamikDas Band der Milchstraße zieht sich in
einem Großkreis über den Himmel. Es
ist die Heimat der offenen Sternhaufen,
die, im Gegensatz zu den Kugelstern
haufen, stark zur Ebene der Galaxis hin
konzentriert sind. Die Skalenhöhe ihrer
Verteilung – das ist die Höhe über der
galaktischen Ebene, bei der die Zahl der
Haufen im Vergleich zum galaktischen
Äquator um den Faktor 1/e ≈ 0,37 gesun
ken ist – beträgt nur etwa 50 Parsec. Die
Scheibe, in der sich die Population der
offenen Sternhaufen befindet, ist somit
als sehr dünn zu bezeichnen, selbst wenn
man ihren Radius nur mit dem Abstand
der Sonne vom Galaktischen Zentrum,
sternhaufen–wichtigeentfernungsindikatoren
Die Bestimmung von Entfernungen im Weltall ist eine grundlegende
Aufgabe, die sich den Astronomen im-mer wieder stellt. Ohne deren Kenntnis wäre zum Beispiel die Energieerzeu-gung der Sonne und der Sterne nicht zu verstehen. Die trigonometrische Entfernungsbestimmung ist der erste Schritt ins Weltall, aber ihre Reichweite ist durch den Durchmesser der Erdbahn um die Sonne und die Genauigkeit der Messinstrumente begrenzt. Daher konn-te selbst Hipparcos, der astrometrische Satellit der ESA, nur Entfernungen bis etwa 150 Parsec mit einer Genauigkeit von besser als zehn Prozent bestimmen.
Mit einem anderen Verfahren, der »Hauptreihenanpassung«, lässt sich die Entfernungsbestimmung der offenen Sternhaufen auf mehrere tausend Parsec ausdehnen. Die Methode beruht auf theoretischen Entwicklungsmodellen, die für jeden Stern gegebenen Alters, gegebener Masse und chemischer Zusammensetzung dessen Leucht-kraft und effektive Temperatur liefern. Daraus lassen sich über die Kenntnis des Aufbaus der Sternatmosphären für verschiedene Metallhäufigkeiten die zugehörigen absoluten Helligkeiten und Farben berechnen. Trägt man im Farben-Helligkeits-Diagramm (FHD)eines neugeborenen Haufens die Farben und Helligkeiten seiner Mitglieder unter-schiedlicher Masse ein, so kommen sie alle auf der Alter-Null-Hauptreihe zu liegen – die massereichen links oben (hell und heiß), die massearmen rechts unten (lichtschwach und kühl.
Später, nach Jahrmillionen der Entwicklung, bilden die Haufenmit-glieder eine so genannte Isochrone (Linie gleichen Alters, siehe Bild oben). Solche Isochronen wurden für Stern-haufen beliebigen Alters berechnet. Die für Sternhaufen verschiedenen Alters berechneten Isochronen unterscheiden sich in der absoluten Helligkeit und im Farbindex, bei denen sie von der Alter-Null-Hauptreihe abweichen. Das höhere Alter bewirkt ein Abknicken der Isochrone bei geringerer Helligkeit (oder geringerer Masse) und größerem Farbin-dex (oder geringerer Temperatur).
soverteilensichdie650offenensternhaufenderindiesemartikelvorgestell-tenuntersuchungaufdiegalaktischeebene.JederPunktstellteinenhaufendarundhatetwadessengemessenefarbe.diejüngstenhaufen,indenennochsternederspektralklassenOundbleuchten,sindalsblauePunktedargestellt,ihreVerteilungfolgtdemVerlaufdergalaktischenspiralarmeinderweiterensonnenumgebung.derPfeilweistzumGalaktischenzentrumhin,diegalaktischerotationumdaszentrumverläuftimuhrzeigersinn.
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A Sonne
galaktisches Zentrum 1000 Parsec
67
www.astronomie-heute.de August 2011 33
Aus fotometrischen Beobachtungen erhalten wir scheinbare Helligkeiten und Farben (zum Beispiel V und B – V) für Haufenmit-glieder. Die gemessene Sequenz ist gegenüber der für absolute Helligkeiten berechneten, theoretischen Isochrone um einen festen Betrag senkrecht im FHD verschoben, und zwar um den Entfernungsmodul V – MV (die Differenz der scheinbaren und der absoluten Helligkeit in Größenklassen). Die Entfernung R ergibt sich daraus im Prinzip einfach, und zwar nach der Beziehung
V – MV = 5 log R – 5.
Die Wirklichkeit ist jedoch komplizierter, da gleichzeitig auch in-terstellare Verfärbung und Extinktion bestimmt werden müssen. Dies verursacht eine waagerechte und zusätzlich eine senkrechte Verschiebung der empirischen Sequenz gegenüber der theore-tischen Isochrone im FHD.
Es kommt hinzu, dass das Alter eines untersuchten Hau-fens zunächst nicht bekannt ist. Deshalb vergleicht man alle möglichen Isochronen mit den Beobachtungen, bis die beste Übereinstimmung gefunden ist. Die Methode liefert recht gute Abschätzungen für Entfernung, Alter und interstellare Verfärbung der Sternhaufen. Voraussetzung ist jedoch, dass die theoretischen
Modelle zuverlässig sind. Die Modellparameter müssen zu Anfang mit Hilfe naher Sternhaufen kalibriert werden, für die möglichst genaue trigonometrische Parallaxen vorliegen. Wie problematisch das sein kann, zeigt der Streit um die Entfernung der Plejaden.
Der Streit brach nach den Beobachtungen des Hipparcos-Satel-liten der ESA zwischen Astrometern und theoretischen Astrophy-sikern aus. Hipparcos hatte die trigonometrischen Parallaxen der Plejaden gemessen, woraus sich deren Entfernung zu 120,2 ± 1,9 Parsec ergab. Andererseits hatte die Anpassung der Hauptreihe an theoretische Isochronen im Farben-Helligkeits-Dia gramm stets mindestens 131,8 ± 2 Parsec ergeben. Die Differenz von mehr als elf Parsec lässt sich durch die jeweiligen Messfehler nicht erklären. Wir hoffen nun, dass die bevorstehende astrometrische Gaia-Mission der ESA diese Diskrepanz auflösen wird.
Indiesemfarben-helligkeits-diagrammsinddiealter-null-hauptreihe(schwarz)sowiedieberechnetenIsochronen(liniengleichenalters)für10, 100und1000MillionenJahrealtesternedargestellt.zumbeispielliegenaufderblauenKurve(alterzehnMillionenJahre)sternemit0,4sonnenmassenbeiMV=10mag,sternemiteinersonnenmassebeiMV=4,82magundsternemit20sonnenmassenamoberenendederKurve.
diesesfarben-helligkeits-diagrammzeigtdielagedersterneverschiedeneroffenersternhaufensowiedesKugelhaufensM 3.rechtsuntenliegenkühle,massearme,linksobenheiße,masse-reichesterne.allesterneeineshaufenshabendasgleichealterundliegenaufderdiesemalterentsprechendenIsochronen.ausdemabknickpunktihrerIsochronenvonderalter-null-hauptreiheweg,bessernochausderlagedesKnieslässtsichdurchdenVergleichmittheoretischenIsochronendasalterderhaufenundihreentfernungermitteln.füreinigehaufenistinKlammerndassoermitteltealter(inMillionenJahren)angegeben:esvariiertzwischen1,2 und2500MillionenJahren.
Alter-Null-Hauptreihe
Farbe B–V
Alter:
10 Mio.Jahre
100 Mio.Jahre
1000 Mio.Jahre
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Farbe B–V
NGC2362
NGC188
NGC752 752
Sonne
Coma
Plejaden (120)
Hyaden (650)Praesepe
M 41
M 41M 3
M 11 M 11
M 67 (2500)H + P
h + c Persei (1,2)
h + c Persei
A. Sandage / SuW-Grafik
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34 August 2011 Sterne und Weltraum
etwa 8500 Parsec, gleichsetzt. (Ein Parsec
ist die Entfernung, aus welcher der mittle
re Radius der Erdbahn um die Sonne – die
Astronomische Einheit – unter dem Win
kel von einer Bogensekunde erscheint; sie
entspricht etwa 3,26 Lichtjahren.)
Anders als Kugelsternhaufen erschei
nen offene Haufen als lockere, unregelmä
ßige Ansammlungen von Sternen und mit
weniger Mitgliedern, so dass es manch
mal schwierig ist, sie vom allgemeinen
Sternfeld zu trennen. Aber alle Mitglieder
eines offenen Haufens sind am gleichen
Ort und zur gleichen Zeit entstanden und
erinnern sich während ihres gesamten
Sternenlebens an ihre Geburt: Sie alle ...
ó sind gleich weit von der Erde entfernt,
ó haben die gleiche chemische Zusam
mensetzung,
ó sind gleich alt und
ó bewegen sich mit annähernd gleicher
Geschwindigkeit durch den Raum.
Das dynamische Verhalten der Haufen
mitglieder bewirkt, dass sie für einige Zeit
zusammenbleiben. Schließlich jedoch
wer den sie von den Gezeitenkräften der
Milchstraße auseinandergetrieben. Wir
kennen deshalb keine offenen Sternhau
fen, die so alt wären wie die galaktische
Scheibe selbst.
Betrachten wir die Verteilung der 650
von uns untersuchten offenen Stern
haufen in der Sonnenumgebung, pro
jiziert auf die galaktische Ebene (siehe
Bild auf S. 32). Ein solches Bild würden
Astronomen in der »BlackEyeGalaxie«
M 64 erhalten, sollten sie mit ihrem
Weltraumteleskop unser Milchstraßen
system beobachten. Diese Galaxie steht
senkrecht über der Ebene unserer Gala
xis, und sie ist so weit von uns entfernt,
dass das Bild gerade einer Aufnahme des
Weltraumteleskops Hubble mit der ACS
Kamera entsprechen würde. Die Darstel
lung zeigt, dass die jüngsten und hellsten
offenen Sternhaufen die Spiralstruktur
des Milchstraßensystems nachzeichnen.
Dies hängt damit zusammen, dass Sterne
bevorzugt in Spiralarmen entstehen.
Auch die jüngsten, massereichen
Sterne der Spektralklassen O und B zeich
nen die Spiralstruktur nach, allerdings
nicht in der gleichen Klarheit. Denn ihre
Entfernung lässt sich weniger genau be
stimmen als diejenige der offenen Stern
haufen. Deshalb haben die offenen Hau
fen große Bedeutung für die Bestimmung
astronomischer Entfernungen (siehe
Kasten auf S. 32/33).
derjungeoffenesternhaufennGc3603 enthältnebenmehrals 50hellenundmassereichenO-sternenmitinsgesamtmindestens1000sonnenmas-senauchzahlreichesterne,derenMassegeringeristalsdiejenigedersonne.alleMitgliedersindinnerhalbderletztenMillionJahreauseinerriesigenGas-undstaubwolkeentstanden.dasbildisteinKompositausaufnahmenindenWellenlängenbereichenJ, HundKsimnahenInfrarot,dasdenstaubdurchdringtundauchsterneimInnerenderWolkesichtbarmacht.
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A / E
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HST
69
www.astronomie-heute.de August 2011 35
VieleeingebettetesternhaufenlösensichschonsehrfrühaufSterne entstehen in Gruppen oder Hau
fen im Innern von dichten, mit Staub
angereicherten Molekülwolken. Folglich
sind solche Sternentstehungsgebiete im
sichtbaren Licht durch die diffuse Materie
in ihrer Umgebung weit gehend verhüllt.
Infrarotes Licht hingegen wird durch
das Gas und den Staub weit weniger ge
schwächt, so dass Aufnahmen in diesem
Wellenlängenbereich den Blick auf gerade
entstehende Sternhaufen gestatten (siehe
die Bilder links und unten).
Junge Sterne sind zunächst noch in die
Gas und Staubwolken eingebettet, aus de
nen sie kürzlich entstanden sind. Vor eini
gen Jahren haben die USamerikanischen
Astronomen Charles und Elizabeth
Lada eine umfassende Sammlung von
Messungen an solchen »eingebetteten
Sternhaufen« zusammengestellt, als de
ren Prototyp der unten zweimal gezeigte
innere Teil des Orionnebels gilt: Während
im Optischen wenig mehr als die vier
Trapezsterne sichtbar sind, erscheint im
Infraroten ein Sternhaufen mit tausenden
Mitgliedern, von denen die ältesten we
nige Millionen, die jüngsten nur 500 000
Jahre alt sind. Und sehr wahrscheinlich
entstehen dort auch heute noch Sterne.
Charles und Elizabeth Lada haben sich
besonders für die Gesamtmassen der
eingebetteten Haufen interessiert. Die Be
stimmung der Massen ganzer Sternhau
fen ist kompliziert, und unterschiedliche
Methoden führen oft zu widersprüch
lichen Ergebnissen. Am einfachsten wäre
es, alle Mitglieder eines Sternhaufens
zu zählen,und jedem einzelnen entspre
chend seiner Helligkeit eine Masse zuzu
ordnen. Die Addition der Einzelmassen
ergäbe dann die Gesamtmasse. Allerdings
lassen sich die Sterne nur bis zu einer be
stimmten Grenzhelligkeit erkennen, und
man muss extrapolieren, wie viele schwä
chere Sterne es zusätzlich gibt. Die se Ex
trapolation ist unsicher. Alternativ nutzt
man die Tatsache, dass die Sternhaufen
den Gezeitenkräften der Milchstraße
ausgesetzt sind. Die am Rand eines Hau
fens liegenden Sterne sind gerade noch
durch Gravitation an ihn gebunden und
können nicht entweichen. Deshalb lässt
sich aus der Größe des Haufens auf seine
Masse schließen; die so bestimmten Mas
senwerte heißen »Gezeitenmassen«, von
ihnen wird noch die Rede sein.
Auch aus der gemessenen Geschwin
digkeitsverteilung der Mitglieder lässt sich
auf die Masse der Haufen schließen, da im
Gleichgewicht die kinetische, in der Bewe
gung steckende Energie der Sterne halb
so groß ist wie ihre potenzielle, durch die
vorhandene Masse und deren Verteilung
bestimmte Energie. Die erforderlichen
Beobachtungen sind kompliziert und feh
leranfällig. Bei eingebetteten Haufen wird
die Massenbestimmung zusätzlich durch
die Extinktion erschwert. Charles und Eli
zabeth Lada haben die vorhandenen Daten
aus der Literatur zusammengestellt, die
Haufenmitglieder gezählt, ihre Massen
bestimmt, zu kleineren Sternmassen ex
trapoliert und damit die in der Grafik auf
S. 36 oben dargestellte Massenfunktion
der ein gebetteten Sternhaufen abgeleitet.
Sie gibt an, wie viele Haufen der Masse M
in den einzelnen Massenintervallen dM
vorhanden sind.
Wie aus dieser Grafik ersichtlich, liegen
die Massen eingebetteter Sternhaufen im
Bereich zwischen 10 und 3000 Sonnen
massen, und die Verteilung folgt in die
sem Bereich einem Potenzgesetz der Form
n(M) = Ma dM mit dem Exponenten
a = –1,7. Ein Exponent mit dem Wert a = –2
würde bedeuten, dass jedes Massenin
tervall gleich viel zur Gesamtmasse aller
eingebetteten Sternhaufen beiträgt. Wäre
der Exponent kleiner als –2, so trügen die
vielen massearmen Haufen den Löwen
anteil. Der Exponent –1,7 besagt, dass die
derOrionnebelistunsalsfarbenprächtigesGebildeausleuchtendemGasunddunklenstaubstrukturenvertraut,dennsoerscheinterimsichtbarenlicht.nurdietrapezsterneinseinerMitteundwenigeanderesindzuerkennen,undfrüherkamniemandaufdieIdee,dasssichinderdichtenWolkenochweiteresterneverbergen(linkesbild).Ganzandersalsimsichtbarensiehtdieumge-bungdertrapezsterneimnahenInfrarotaus.dasinfrarotelichtdurchdringtdievorgelagertenstaubmassen,undnunzeigtsich,dassdastrapezinWahrheitausdenfünfhellstensterneneinesgroßensternhaufensmitmehrerentausendMitgliedernbesteht(rechtesbild).M
. McC
augh
rean
/ ES
O
70
36 August 2011 Sterne und Weltraum
wenigen massereichen eingebetteten
Sternhaufen den Hauptanteil zur Ge
samtmasse beitragen. Interessanterweise
werden kaum eingebettete Sternhaufen
mit Massen größer als etwa 3000 Sonnen
massen gefunden. Erst in den letzten Jah
ren hat man einige wenige entdeckt. Alle
eingebetteten Sternhaufen sind ähnlich
jung wie NGC 3603 oder der Sternhaufen
um das Trapez im Orionnebel, die ältesten
sind nur etwa fünf Millionen Jahre alt.
Die Auswertung der Sammlung von
Charles und Elizabeth Lada hat gezeigt,
dass in der galaktischen Scheibe die Ent
stehungsrate der eingebetteten Sternhau
fen pro Flächeneinheit und pro Million
Jahre etwa zehnmal so hoch ist wie die
Entstehungsrate der klassischen offenen
Sternhaufen, von denen hier die Rede sein
wird. Dies führte zu dem Schluss, dass
sich etwa 90 Prozent der eingebetteten
Sternhaufen schon nach wenigen Milli
onen Jahren auflösen und somit nicht zu
offenen Sternhaufen werden. Dieses Phä
nomen wird als »Kindersterblichkeit« der
eingebetteten Haufen bezeichnet.
Mit den überlebenden zehn Prozent
wollen wir uns in der Folge beschäftigen.
Die se Haufen haben die sie umgebende
Gas und Staubwolke im Wesentlichen ver
loren und sind nun im sichtbaren Licht zu
beobachten. Unsere Untersuchungen aus
den letzten Jahren sprechen dafür, dass
aus diesen zehn Prozent der eingebetteten
Haufen letztlich die klassischen offenen
Sternhaufen hervorgegangen sind.
KlassischeoffenesternhaufenStatistisch aussagefähige Ergebnisse zur
gesamten Population der offenen Stern
haufen erhält man nur, wenn man eine
große Stichprobe gleicher Qualität mit
wissenschaftlich überprüfbaren Metho
den untersucht. Eingehende Untersu
chungen einzelner Objekte wie der Pleja
den, der Hyaden, von Praesepe oder M 67
haben ihre Bedeutung, aber das Stu dium
der Gesamtheit der offenen Sternhaufen
in der galaktischen Scheibe erfordert eine
größere Stichprobe.
Vor einigen Jahren haben wir zu
sammen mit Kollegen in Kiew, Moskau
und Potsdam mit einer systematischen
Untersuchung der offenen Sternhaufen
in Sonnenumgebung begonnen. Unsere
Arbeitsgrundlage war eine vollständige
Himmelsdurchmusterung, bestehend aus
dem Tycho-2Katalog, der die astrome
trischen und fotometrischen Messungen
dieMassenvertei-lungder»einge-bettetensternhau-fen«nachladaundladalässtsichdurcheinPotenzgesetzmitdemexpo-nentena =-1,7 darstellen. diedunkleflächezeigtdiewenigenindenletztenJahrengefundenenmassereicheneingebettetensternhaufen.
Rein
hold
Witt
ich
diemeistenhellensterneimzentralteilderPlejadensindMitgliederdeshaufens,aberdiebeidendurchPfeilemarkiertensternestehenimVorder-grund,dennihreallzugroßeneigenbe-wegungenpassennichtzudenenderPlejaden(siehedasbildaufs.38).).
Masse der Sternhaufen in Sonnenmassen
Anza
hl d
er S
tern
hauf
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ro M
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nint
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10
10
1
105 106100
100
1000
1000
10000
10000
Lada
201
0 / S
uW-G
rafik
Massenverteilung der»eingebetteten Sternhaufen«zu kleineren und größeren Mas-sen extrapoliertes Potenzgesetzspäter gefundene massereiche Haufen
71
www.astronomie-heute.de August 2011 37
des HipparcosSatelliten sowie die Daten
des Astrographischen Katalogs aus dem
frühen 20. Jahrhundert enthält. Somit
standen uns für 2,5 Millionen Sterne Ei
genbewegungen und Fotometrie im Blau
en und im Visuellen zur Verfügung.
Tycho2 ist vollständig bis zur schein
baren visuellen Helligkeit V = 11,5 mag.
In diesen Daten haben wir nach der
folgenden objektiven Methode offene
Sternhaufen gesucht: Am ganzen Him
mel haben wir unseren Rechner für jeden
Stern heller als V = 9,5 mag prüfen lassen,
ob die Sterndichte in seiner Umgebung
erhöht war, ob es in einer eventuellen
Dichteerhöhung weitere Sterne gleicher
Eigenbewegung gab und ob diese Sterne
im FarbenHelligkeitsDiagramm auf
einer einheitlichen Isochronen lagen. Es
gibt insgesamt etwa 250 000 Sterne heller
als V = 9,5 mag, und erwartungsgemäß fiel
der Test in den allermeisten Fällen negativ
aus. Jedoch fanden wir 520 Sternhau
fen, die bereits in einer 1700 Mitglieder
zählenden Liste möglicher Sternhaufen
aufgeführt waren. Zusätzlich entdeckten
wir im Tycho2Katalog 130 neue Stern
haufen, die zuvor noch nirgends ver
zeichnet waren, so dass die Gesamtzahl
der bestätigten Haufen 650 beträgt. Ihre
Verteilung in der galaktischen Ebene zeigt
das Bild auf S. 32. Die Untersuchung der
räumlichen Verteilung unserer Stichprobe
ergab, dass sie bis zu einem Abstand von
850 Parsec von der Sonne vollständig ist.
In diesem Bereich liegen 250 offene Hau
fen. Daraus können wir auf deren Gesamt
zahl schließen, die sich gegenwärtig in der
galaktischen Scheibe befinden. Es sind
etwa 100 000 – weitaus mehr als die Zahl
der Kugelsternhaufen, die wohl nur einige
hundert Mitglieder beträgt.
Woranerkenntmandieechtenhaufenmitglieder?Sternhaufen fallen dadurch auf, dass
an der betreffenden Stelle des Himmels
die Konzentration absolut heller Sterne
frühen Spektraltyps höher ist als in der
Umgebung; dies allein will aber noch
nicht viel heißen, denn zunächst sind die
Entfernungen der einzelnen Sterne ja un
bekannt. Ein schönes Beispiel hierfür sind
die Plejaden, deren Zentralteil im neben
stehenden Bild gezeigt wird. Die beiden
mit Pfeilen markierten Sterne sechster
Größe sind Vordergrundsterne und ge
hören nicht zum Sternhaufen. Auch eine
stark variable Extinktion kann an einer
Stelle eine höhere Sternkonzentration als
in der Umgebung vortäuschen.
Das erste starke Kriterium dafür, dass
ein offener Sternhaufen ein einheitliches
Gebilde ist, ist das kinematische – die
gemeinsame Bewegung aller seiner Mit
glieder im Raum. Dies bedeutet, dass die
Radialgeschwindigkeiten und Eigenbewe
gungen aller echten Mitglieder nur we
nig um ihren gemeinsamen Mittelwert
streuen. Über die Eigenbewegungen von
Sternen gab es schon immer mehr Infor
mation, als über deren Radialgeschwin
digkeiten, deshalb hat man zunächst Ei
genbewegungen von Sternen verwendet,
um damit Mitglieder offener Haufen zu
finden.
Eigenbewegungen bestimmt man aus
den Differenzen der Sternpositionen über
mehrere Beob achtungsepochen hinweg.
Nehmen wir als Beispiel die Plejaden: Wie
Star Power!
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72
38 August 2011 Sterne und Weltraum
der Kasten oben zeigt, haben die allermei
sten Sterne in der Umgebung der Plejaden
nahezu verschwindende Eigenbewe
gungen – sie gehören zum Hintergrund.
Nur etwa 2,5 Prozent haben stark abwei
chende, aber einheitliche Eigenbewe
gungen und sind echte Mitglieder der Ple
jaden. Die beiden im Bild auf S. 36/37 mit
Pfeilen markierten Sterne liegen im Bild
oben weder in der Konzentration um den
Nullpunkt noch bei den Plejaden, sondern
besitzen große Eigenbewegungen. Also
müssen sie weit im Vordergrund stehen.
Weniger eindeutig als dieses dyna
mische Kriterium für die Mitgliedschaft
ist die Forderung, dass die Mitglieder
eines offenen Sternhaufens alle gleich alt
sein müssen. Es könnten ja im Haufen im
mer wieder neue Sterne entstanden sein,
bis der Vorrat an Gas und Staub durch
Sternbildung aufgebraucht ist. Dennoch
können wir davon ausgehen, dass Sterne
in einem Haufen gleichzeitig gebildet
werden oder zumindest innerhalb eines
Zeitraums entstehen, der kurz ist im Ver
gleich zu seiner Lebensdauer. Trägt man
nämlich die gemessenen scheinbaren
Helligkeiten und Farben eines Sternfelds
um einen offenen Haufen herum in ein
FarbenHelligkeitsDiagramm ein, so stellt
man fest, dass sich die – zum Beispiel aus
Eigenbewegungen bestimmten – echten
Mitglieder des Haufens auf einer gemein
samen Sequenz anordnen, die seinem Al
ter entspricht – der so genannten Isochro
nen (siehe die Bilder unten rechts und den
Kasten auf Seite 32/33).
Aufgrund der Lage der Isochrone eines
Haufens im FarbenHelligkeitsDiagramm
lässt sich sowohl seine Entfernung als auch
die Größe der interstellaren Staubextink
tion im Vordergrund bestimmen. Dieje
nige Isochrone, die zur beobachteten Ver
teilung im FarbenHelligkeitsDiagramm
am besten passt, liefert das Alter des
Sternhaufens. Grob gesagt, ist dieses Al
ter durch den Punkt gegeben, an dem die
Isochrone von der AlterNullHauptreihe
abzweigt. Auf der AlterNullHauptreihe
gehört zu diesem Punkt eine ganz be
stimmte Sternmasse. Alle Sterne größerer
Masse haben die AlterNullHauptreihe
bereits verlassen, diejenigen geringerer
Masse liegen noch auf ihr. Wenn, wie oben
angenommen, alle Sterne eines Haufens
gleichzeitig entstanden sind, dürfte es
keine Mitglieder geben, die oberhalb des
Abknickpunkts auf der AlterNullHaupt
reihe liegen. Auf die große Mehrzahl der
Fälle trifft dies auch zu.
Dennoch gibt es in einzelnen Haufen
(alle älter als eine Milliarde Jahre) solche
eigentlich verbotenen Mitglieder. Ihre
Mitgliedschaft wird durch die Messung ih
rer Eigenbewegung bestätigt. Wie lässt sich
dies erklären? Im zentralen Bereich eines
Sternhaufens kommt es immer wieder zu
Kollisionen zwischen Sternen. Wenn zwei
Sterne dabei verschmelzen, bildet sich
aus der Summe ihrer Massen ein neuer
Stern. Er ist später entstanden und mas
sereicher, entwickelt sich schneller und
erscheint uns dennoch jünger und blauer
als die übrigen Haufenmitglieder auf der
Hauptreihe. Solche Sterne werden »Blaue
Nachzügler« genannt, sie liegen oberhalb
des Abknickpunkts auf der Hauptreihe,
und ihre Zahl ist im Vergleich zur Gesamt
zahl der Haufenmitglieder sehr gering.
Alternativ zu dieser Erklärung könnte
in einem engen Doppelstern von der mas
sereicheren, bereits zu einem Riesen ent
wickelten Komponente Massenübertra
gung auf die masseärmere stattgefunden
haben. Letztere entwickelt sich dann als
scheinbar jüngerer, massereicherer Stern.
diePopulationdersternhaufeninunsererumgebungNachdem wir die Mitglieder der 650 Hau
fen unserer Stichprobe mit den verfüg
baren Daten so gut wie möglich bestimmt
haben, wenden wir uns den integralen
Eigenschaften der offenen Sternhaufen in
der Sonnenumgebung zu. Es geht um die
Fragen: Wie groß, wie massereich, wie alt
und wie hell sind die offenen Sternhaufen
in der Milchstraße? Wir wollen die »ein
facheren« Fragen zuerst behandeln.
Die Bestimmung des Alters wurde be
reits besprochen, ähnlich unkompliziert
ergibt sich auch die Gesamtleuchtkraft
der Sternhaufen. Man beginnt in jedem
Wellenlängenbereich mit dem jeweils
hellsten Mitglied und schreitet dann
zu den schwächeren Mitgliedern fort,
indem man jeweils die Leuchtkraft, das
heißt die pro Zeiteinheit abgestrahlte
Energie, aufsummiert. Dabei zeigt sich,
Wir haben die Eigenbewegungen von 40 000 Sternen bis zur 17. Größe in einem 16 Quadratgrad großen Feld um
die Plejaden in Rektaszension und Deklination untersucht. Dazu haben wir 20 Schmidt-Platten der Thüringer Landessternwarte in Tautenburg vermessen, die über einen Zeitraum von 25 Jah-ren aufgenommen worden waren. Das Ergebnis ist im neben-stehenden Diagramm dargestellt.
Die gemessenen Eigenbewegungen zeigen zwei Konzentra-tionen. Die allermeisten untersuchten Sterne konzentrieren sich in der Nähe des Nullpunkts – sie befinden sich in großer Entfer-nung im Hintergrund. Dagegen gibt die kleine Konzentration von nur etwa 750 Sternen bei (+20, -40) Millibogensekunden pro Jahr die gemeinsame Eigenbewegung der echten Plejaden-mitglieder wieder. Sterne mit (den Beträgen nach) noch höheren Eigenbewegungen befinden sich im Vordergrund.
MitgliederderPlejaden
Weil alle Mitglieder eines Haufens gemeinsam entstanden sind, dienen sie zum Test für unser Verständnis der Sterne.
Eige
nbew
egun
g in
Dek
linat
ion
in M
illib
ogen
seku
nden
pro
Jahr
Eigenbewegung in Rektaszension in Millibogensekunden pro Jahr
100
-100-100 -50 500 100
-80
-60
-40
-20
20
40
60
80
0
Schi
lbac
h et
al. 19
95
73
www.astronomie-heute.de August 2011 39
dass die Leuchtkraft aller Sternhaufen
meist von dem halben Dutzend ihrer
hellsten Sterne bestimmt wird. Wie viele
weitere Mitglieder ein Haufen auch hat,
sie tragen zur Gesamtleuchtkraft kaum
noch bei. Der Grund hierfür ist, dass die
massereichen Sterne wesentlich mehr En
ergie pro Masseneinheit erzeugen als die
massearmen.
Die Frage nach der Größe der Stern
haufen scheint einfach zu sein: Man muss
doch nur an den Himmel schauen! Jedoch
erweist sie sich aus mehreren Gründen
als ähnlich schwierig wie diejenigen
nach der Leuchtkaft oder dem Alter. Ba
nal ist die Tatsache, dass früher das Ge
sichtsfeld eines Teleskops die scheinbare
Größe eines Haufens begrenzte. Hatte
man seinen dichten Zentralteil erfasst,
so gab man sich zufrieden, und leitete so
einen zu kleinen Haufendurchmesser ab.
Jedoch hat auch eine flächendeckende
Himmelsdurchmusterung ihre Probleme.
Bei tiefen Durchmusterungen, etwa beim
Palomar Sky Survey, reicht die fotome
trische Genauigkeit bei weitem nicht
aus, um Mitglieder von Nichtmitgliedern
zu unterscheiden, und auch die Quali
tät der Eigenbewegungen ist zu gering.
Denn geht man in einem Sternhaufen
von den helleren zu den schwächeren
Sternen, so nimmt die Genauigkeit der
Positionsmessungen, und folglich auch
der Eigenbewegungen ab. Das bedeutet: Je
lichtschwächer und weiter entfernt die zu
vermessenden Sterne sind, desto genauer
muss die Messung sein. Dieses Problem
lässt sich nicht umgehen.
Anders als beim Palomar Sky Survey
ist die Fotometrie des TwoMicronAll
SkySurvey (2MASS) im nahen Infrarot
zwar ausgezeichnet, aber er verzeichnet
keine Eigenbewegungen, ist also auch nur
bedingt hilfreich. Die Grenzgröße der von
uns benutzten Durchmusterung auf der
Basis von Tycho2 beträgt V = 11,5 mag,
wir können also in den Haufen nur die
Verteilung der helleren Sterne bestimmen
und den Winkeldurchmesser über die Be
stimmung der Mitgliedschaft, sowie den
linearen Durchmesser über die Bestim
mung der Entfernung ableiten.
Es ergab sich dabei auch, dass sich in
den Sternhaufen die massereichsten und
somit hellsten Sterne verstärkt im Zen
trum konzentrieren – dies wird als »Mas
sensegregation» bezeichnet. Auch Simula
tionen der Entwicklung von Sternhaufen
zeigen, dass massereiche Sterne sich mit
der Zeit verstärkt im Zentrum der Haufen
ansammeln. Verständlich ist dies, wenn
man annimmt, dass sich eine Gleichver
teilung der kinetischen Energie einstellt.
Dann besitzen die massereichen Sterne
im Mittel geringere Geschwindigkeiten
als die massearmen. Letztere bewegen
sich also weiter vom Gravitationszentrum
des Haufens weg, unterliegen dadurch
verstärkt den Gezeitenkräften der Milch
straße und gehen dem Haufen leichter
verloren.
Aber auch im Sternhaufen um das
Trapez im Orionnebel sind die masse
reichsten Sterne – trotz seiner Jugend –
bereits im Zentrum konzentriert. Man
kann dies so verstehen: Wenn in einer
Molekülwolke Sterne entstehen, geschieht
dies zuerst im dichtesten Teil. Hier ist
auch die Wahrscheinlichkeit für enge Be
gegnungen am größten. Dadurch erhalten
massearme Sterne sehr bald höhere Ge
schwindigkeiten und können sich weiter
vom Zentrum entfernen, während die
massereichen langsamer bleiben und sich
stärker zum Zentrum hin konzentrieren.
Hier entwickeln sie auch bald stellare Win
de, die ihre Umgebung so weit leer fegen,
dass sich dort keine weiteren Sterne mehr
bilden.
Wenn also Massensegregation vorliegt,
muss die Durchmusterung so empfindlich
sein, dass der wesentliche Teil des Massen
spektrums, bis zu hinreichend massear
men Sternen, erfasst wird.
Wie lässt sich der »Rand« oder der Ra
dius eines Haufens physikalisch sinnvoll
bestimmen? Eine Definition lautet: Der
Rand ist dadurch gegeben, dass sich hier
die Gravitationswirkung des Haufens
und diejenige der Milchstraße gerade die
diesefarben-helligkeits-diagrammeeinigernaheroffenersternhaufenbasierenaufdenMessungendeshipparcos-satel-liten.aufgetragenistdieabsolutehellig-keitgegendiefarbe.diedurcheinzelsternedefiniertehauptreiheistsehrguterkenn-bar.diedarüberliegendenhaufenmit-gliedersinddoppelsterne,dienichtineinzelsterneaufgelöstwerdenkonnten.diefarbeB2–V1beziehtsichaufdasGenferfotometrischesystem,dassichleichtvomstandardsystemunterscheidet.
PlejadenBlanco 1NGC2516
HyadenPraesepeGroßer BärHaar der BerenikeNGC7092
Farbe B2–V1 Farbe B2–V1
abso
lute
Hel
ligke
it M
V in m
ag
abso
lute
Hel
ligke
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V in m
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0 0,5 0 0,5
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9 / S
uW-G
rafik
74
40 August 2011 Sterne und Weltraum
Waage halten. Innerhalb dieses »Gezeiten
radius« gehören die Sterne zum Haufen,
außerhalb haben sie ihn verlassen. Wir
finden eine Analogie im SonneErde
MondSystem: Der Mond befindet sich
innerhalb des Gezeitenradius des Erde
MondSystems, er ist somit ein Trabant
der Erde und kein Planet.
Vor fast 50 Jahren hat der amerika
nische Astronom Ivan King eine Theorie
entwickelt, wie man aus der Verteilung
der Sterne eines Haufens am Himmel auf
dessen Gezeitenradius schließen kann.
Die Anwendung dieser Theorie auf Ku
gelsternhaufen gelingt einfacher als auf
offene Sternhaufen, da der Kontrast zum
Hintergrund groß und die Mitgliedschaft
leichter bestimmbar ist. Bei offenen
Sternhaufen spielt die Bestimmung der
Mitgliedschaft die entscheidende Rolle.
Obwohl der Tycho2Katalog keine hohe
Reichweite besitzt, gelang es uns, die Ge
zeitenradien von 236 Haufen zu bestim
men. Es zeigte sich, dass sie etwa 3,5mal
so groß sind wie die großen Halbachsen
der Haufen im Tycho2Katalog. Mit die
ser Umrechnungsformel konnten wir die
Gezeitenradien aller 650 Haufen unserer
Liste ableiten.
Aus den Gezeitenradien lässt sich die
Masse der Sternhaufen abschätzen. Derart
bestimmte Massenwerte werden »Gezei
tenmassen« genannt. Der Gezeitenradius
ist ja dadurch gegeben, dass sich in diesem
Abstand vom Zentrum des Haufens die
Gravitationskräfte von Haufen und Milch
straße gerade aufheben. Kennt man die
Gravitationswirkung der Milchstraße am
Ort des Haufens, so ist auch die Haufen
masse gegeben. Damit waren die Massen
aller Haufen unserer Liste bestimmt.
diezeitlicheentwicklungoffenersternhaufenDamit liegen die wichtigsten Informati
onen vor, um die Entwicklung der offenen
Sternhaufen in der Sonnenumgebung zu
beschreiben. Wir kennen die Häufigkeits
verteilung Ihres Alters, ihrer Leuchtkraft
und Masse. Betrachten wir zunächst die
Altersverteilung der Haufen in der Grafik
oben: Ihre Interpretation ist aufschluss
reich. Würden einmal entstandene Haufen
nicht zerfallen, so müsste es Sternhaufen
geben, die so alt sind wie die galaktische
Scheibe (etwa zehn Milliarden Jahre). Dann
ließe sich aus der Altersverteilung die Ent
stehungsrate der Haufen im Laufe der Zeit
direkt ablesen. Dies ist offensichtlich nicht
so: Ab einem bestimmten Alter nimmt die
Anzahl der offenen Sternhaufen drastisch
ab. Ähnlich wie beim radioaktiven Zerfall
gibt es eine typische Lebenszeit, bei der
die anfängliche Zahl der Haufen um den
Faktor 1/e = 0,37 abgenommen hat. Unter
Annahme einer konstanten Bildungsrate
der Haufen lassen sich aus dem Verlauf
der Kurve sowohl diese Bildungsrate als
auch die typische Lebenszeit ableiten. Die
Rechnung ergibt, dass sich im Bereich bis
1000 Parsec um die Sonne im Mittel 1,25
Haufen pro Million Jahre bilden, ihre mitt
lere Lebensdauer beträgt 330 Millionen
Jahre. Bezogen auf das Alter der Scheibe
erleben wir damit heute die 30. bis 40. Ge
neration der offenen Sternhaufen.
Allerdings zeigen Computersimula
tionen, dass die Lebenserwartung der
Haufen stark von ihrer Masse abhängt: Je
massereicher ein Haufen ist, umso länger
dauert es, bis ihn die Gezeitenkräfte der
Milchstraße »zerrieben« haben. Weiter
finden wir, dass die Massenverteilung aller
Sternhaufen in der Sonnenumgebung von
den massearmen Haufen dominiert wird.
Die Massenfunktion der jüngsten offenen
Sternhaufen ist jener der eingebetteten
Haufen ähnlich (siehe Grafik auf S. 36).
Ein weiterer Befund: Unter den jüngsten
offenen Sternhaufen ist der Anteil derer
mit Massen unter 1000 Sonnenmassen
wesentlich geringer als bei den älteren
Haufen. Der flache Verlauf der Massenver
teilung bei den jüngsten Haufen bedeutet,
dass hier die massereicheren Haufen am
meisten zur Gesamtmasse beitragen.
In der Tat zeigt sich, dass die jüngsten
Haufen im Mittel 4500 Sonnenmassen
besitzen, die durchschnittliche Masse der
Haufen in Sonnenumgebung beträgt dage
gen nur 700 Sonnenmassen. Offenbar ver
lieren die offenen Sternhaufen während
ihres Lebens stark an Masse. Die jüngsten
Sternhaufen verlieren ihre Masse zum
Teil durch Entwicklung und Sterben ihrer
massereichsten Mitglieder in den ersten
Millionen Jahren. Allerdings kommt der
hauptsächliche Massenverlust dadurch zu
Stande, weil den Haufen vor allem mas
searme Sterne durch die Gezeitenwirkung
der Milchstraße entrissen werden.
derbeitragoffenersternhaufenzumaufbauderscheibeNun schätzen wir ab, wie viele Sterne der
galaktischen Scheibe sich jemals in einem
Sternhaufen aufgehalten haben, bevor er
aufgelöst wurde. Wie die Grafik oben zeigt,
erreichen nur wenige Haufen ein Alter
von einer Milliarde Jahren; dagegen kön
nen Sterne von einer Sonnenmasse und
weniger um ein Vielfaches älter sein, ohne
dass sie sich merklich verändert haben –
die Sterne eines Haufens können dessen
Auflösung bei Weitem überleben.
Um den Beitrag der offenen Haufen zur
galaktischen Scheibe abzuschätzen, müs
sen wir das Produkt aus der Bildungsrate
der Haufen mit ihrer mittleren Anfangs
masse über das Alter der Scheibe aufsum
mieren. Wie oben beschrieben, beträgt die
Bildungsrate im Umkreis von 1000 Parsec
um die Sonne 1,25 Haufen pro Million Jah
re und ihre mittlere Anfangsmasse 4500
Sonnenmassen. Da die Milchstraßenschei
diealtersverteilungderoffenensternhaufeninsonnenumgebungzeigt,dassdiezahlderhaufenabeinemaltervoneinigenhundertMillionenJahrendramatischabnimmt.dieroteKurvestellteinenexponentiellenabfallmiteinerzerfallszeitvon330MillionenJahrendar.
Alter der Sternhaufen in Millionen Jahre
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www.astronomie-heute.de August 2011 41
be, in der sich die Haufen bilden, im Ver
gleich zu ihrem Durchmesser sehr dünn
ist, gehen wir die Frage zweidimensional
an. Der Wert von 1,25 übersetzt sich damit
in 0,4 Haufen pro Quadratparsec und Mil
lion Jahre. Nun benötigen wir nur noch
das Alter der Scheibe. Sie ist die jüngste
Komponente der Galaxis, ihre ältesten
Sterne sind etwa zehn Milliarden Jahre
alt. Damit liefert die oben beschriebene
Rechnung für den Beitrag aller jemals ge
bildeten offenen Sternhaufen zur Massen
dichte der Scheibe den Wert von 18 Son
nenmassen pro Quadratparsec.
Aus der Analyse der Sternbewegungen
senkrecht zur galaktischen Scheibe konn
ten die Astronomen Johan Holmberg und
Chris Flynn 2004 die gesamte Massendich
te der Scheibe (Gas, Staub und Sterne) am
Ort der Sonne bestimmen. Für die Sterne
allein ergaben sich 35 Sonnenmassen
pro Quadratparsec. Aber die meisten der
jemals in der Milchstraße gebildeten mas
sereichen Sterne sind inzwischen schon
vergangen und haben einen Großteil ihrer
Masse in Form von Gas und Staub wieder
an die Scheibe abgegeben. Daraus sind be
reits mehrfach wieder Sterne entstanden.
Wenn wir dies berücksichtigen, ergibt sich,
dass in der galaktischen Scheibe insge
samt 48 Sonnenmassen pro Quadratpar
sec in Form von Sternen gebildet wurden.
Demnach haben die offenen Sternhaufen
18/48 oder rund 40 Prozent zur Gesamt
masse beigetragen. Für die Sonne wie für
jeden anderen Stern gilt also, dass sie mit
40 Prozent Wahrscheinlichkeit in einem –
inzwischen längst aufgelösten – offenen
Sternhaufen entstanden ist.
Und woher kommen die übrigen 60
Prozent der Sterne der Scheibe? Die Beob
achtungen zeigen immer deutlicher, dass
Sterne nur selten allein entstehen – dem
nach stammen diese 60 Prozent aller
Sterne vermutlich aus den 90 Prozent aller
eingebetteten Sternhaufen, die das Kin
desalter nicht überleben.
So schließt sich der Kreis, der bei
den eingebetteten offenen Sternhaufen
begann. Die Massenfunktionen der ein
gebetteten und der jungen offenen Stern
haufen haben die gleiche Gestalt. Aber
während man kaum eingebettete Stern
haufen mit mehr als 3000 Sonnenmassen
findet, gibt es umgekehrt eigentlich zu
wenige junge offene Haufen mit weniger
als 3000 Sonnenmassen. Daraus folgt, dass
massearme eingebettete Haufen schnell
zerfallen und nicht zu vergleichsweise
langlebigen, gravitativ gebundenen of
fenen Sternhaufen werden.
Und warum sind eingebettete Haufen
mit mehr als 3000 Sonnenmassen so sel
ten? Diese Frage haben Pavel Kroupa und
Chris Boily schon 2002 beantwortet: In
Sternhaufen mit 3000 Sonnenmassen und
mehr bilden sich viele O und BSterne, die
ihre Umgebung mit ihren Winden schnell
von Gas und Staub reinigen. NGC 3603
ist hierfür ein gutes Beispiel. Die Chance,
einen massereichen jungen Sternhaufen
zu entdecken, in dem die O und BSterne
ihre Umgebung noch nicht freigefegt ha
ben, ist sehr gering. Wenn andererseits in
einem massearmen eingebetteten Haufen
ein massereicher Stern entsteht, so bläst er
nicht nur Gas und Staub hinweg, sondern
auch gleich den ganzen kleinen Haufen
auseinander. Auf diese Weise kommen
die restlichen 60 Prozent der Masse der
galaktischen Scheibe zu Stande. So könnte
es der Sonne also auch ergangen sein.
sIeGfrIedröser undelenaschIlbach erforschen am Astronomischen Recheninsti-tut, Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg die offenen Sternhaufen und ihre Rolle bei der Entwicklung unserer Galaxis.
literaturhinweisebastian,u.: Hipparcos, die wissen-schaftliche Ernte beginnt. In: Sterne und Weltraum 11/1997, S. 938-941burbidge,G.: Fred Hoyle – Astrophysiker, Kosmologe, Querdenker. In: Sterne und Weltraum 1/2003, S. 26-31lada,c.,lada,e.: Embedded Clusters in Molecular Clouds. In: Annual Review of Astronomy and Astrophysics 41, 2003, S. 57-115Pfau,W.: Streifzüge im Hertzsprung-Russell-Diagramm. Teil 1 in: Sterne und Weltraum 6/2006, S. 32–40, Teil 2 in: Sterne und Weltraum 11/2006, S. 45-52
Weitere Literatur im Internet:www.astronomie-heute.de/artikel/1114729
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Diese Version der Versuchssanleitung wurde 2004-2008 von ThorstenNagel erstellt, 2015-2017 von Cornelia Heinitz und ab 2017 von Tho-mas Rauch weitergeführt. Grundlage waren die früheren Anleitungenzum Versuch CCD-Kamera aus dem Fortgeschrittenenpraktikum Experi-mentalphysik von Jörn Wilms, Stefan Dreizler, Ralf Geckeler und MartinBässgen, Kommentare von Jochen L. Deetjen, sowie die Staatsexamens-arbeit von Margit Haberreiter. Ihnen allen sei für diese Vorarbeiten ge-dankt.