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Verletzungen und Überlastungsschäden beim Golf

Date post: 30-Dec-2016
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REVIEW Verletzungen und Uberlastungssch aden beim Golf Holger Schmitt 1 , FabianBu¨nker 2 1 Leitender Arzt, ATOS Klinik, Heidelberg 2 Sportlicher- und Akademieleiter, GC St. Leon-Rot Eingegangen/submitted: 04.03.2013; akzeptiert/accepted: 08.04.2013 Einleitung Die Sportart Golf hat in den vergan- genen Jahren einen erheblichen Zu- wachs an Mitgliedern zu verzeichnen. Im Deutschen Golfverband (DGV) wa- ren 2011 knapp 625.000 Mitglieder registriert (2001 knapp 400.000). Etwa 10% sind unter 18 Jahre alt, die ho ¨chsten Zuwachsraten finden sich in der Altersgruppe > 55 Jahre (ca. 5% pro Jahr), u ¨ber 60% sind ma ¨nnlich. Mit der Anzahl der aktiven Mitglieder steigt in Deutschland auch das Angebot an Spielmo ¨glichkeiten. U ¨ ber 700 Golfanlagen waren Ende 2011 in Betrieb, durchschnittlich sind u ¨ber 800 Mitglieder pro Club gemeldet (www.golf.de). Dem welt- weiten Trend der zunehmenden Zahl aktiver Golfer folgend wird die Sport- art Golf erstmalig 2016 bei den Olym- pischen Spielen in Rio ins Olympische Programm aufgenommen. Die Anfor- derungen an die Sportart Golf sind vielschichtig. Golf ist eine Ausdauer- sportart, bei der nur sehr selten Be- lastungsspitzen auftreten. Anforde- rungen werden insbesondere an koor- dinative und mentale Qualita ¨ten gestellt. Die Entwicklung im interna- tionalen Spitzensport der vergange- nen Jahre hat gezeigt, dass zuneh- mend ju ¨ngere und athletischere Spie- ler auf den ersten Pla ¨tzen der Weltrangliste erscheinen. Verbesse- rungen in der Ausru ¨stung und der Athletik der Spieler tragen dazu bei, dass gro ¨ßere Schlagweiten erzielt werden. Prinzipiell wird der gesamte Bewegungsapparat beim Golfspieler belastet. Sowohl bei der Schlagbewe- gung mit langen und ku ¨rzeren Schla ¨- gern als auch bei den Gehdistanzen (18-Loch-Anlage > 6000 Meter) ko ¨n- nen Probleme auftreten. Akute Ver- letzungen sind selten (< 20%) [11]. U ¨ berlastungsscha ¨den (> 80%) fin- den sich bevorzugt beim ambition- ierten Freizeitgolfer. Wa ¨hrend bei Spielern mit ho ¨herem Handicap vor allem technische Probleme in der Schwungmechanik fu ¨r Beschwerden verantwortlich gemacht werden ko ¨n- nen, ist bei Spielern mit niedrigem Handicap und Professionellen die Ur- sache eher in der Intensita ¨t als U ¨ ber- lastung zu sehen [2]. Die ja ¨hrliche Verletzungsrate betra ¨gt 15,8 Verlet- zungen pro 100 Spieler und liegt zwi- schen 0,36 und 0,6 Verletzungen pro 1000 Stunden Spielzeit pro Spieler [24]. Beschwerden an der lumbalen Wirbelsa ¨ule stehen im Vordergrund (18,3%), gefolgt von Beschwerden am Unterarm bzw. Handgelenk (17,2%). Ob geschlechtsspezifische Unterschiede bestehen, ist wissen- schaftlich nicht eindeutig gekla ¨rt. Biomechanische Untersuchungen konnten geringe Unterschiede zwi- schen Ma ¨nnern und Frauen dokumen- tieren. Ma ¨nner beugen zum Beispiel beim Ru ¨ckschwung ihr linkes Zusammenfassung In der Sportart Golf wird erstmalig 2016 in Rio de Janeiro bei Olympischen Spie- len um Medaillen gekampft. Intensive Belastungen konnen zu Verletzungen und Uberlastungsbeschwerden fuhren. Akute Verletzungen sind selten (<20%). Bei Uberlastungsschaden ste- hen Beschwerden im Bereich der Lenden- wirbelsaule und des zervikothorakalen Ubergangs im Vordergrund. Sehnen- und Bandverletzungen an Schulter und Ellenbogen sowie Handgelenken domi- nieren an der oberen Extremit at. Weich- teilverletzungen am Huftgelenk und Uberlastungsphanomene am Kniegelenk bis hin zu Meniskus- und Knorpelschaden sind an der unteren Extremit at gehauft anzutreffen. Auch mit endoprotheti- schem Ersatz an Huft- und Kniegelenk kann Golfspielen empfohlen werden. Kraft- und Koordinationstraining wird empfohlen, um pr aventiv das Verlet- zungsrisiko zu reduzieren. Schlusselworter Golf – Verletzung – Knie – Rucken – Gelenkersatz H. Schmitt, F. Bu¨nker Injuries and overuse problems in golfers Abstract In 2016 in Rio de Janeiro golf as a new discipline will be part of the Olympic games for the first time. High loads in training and competition can lead to injuries and overuse problems in leisure sport golfers and in high competitive golfers. Low back pain and neck pain occur in 20-30% of all golfers. Tendino- pathies and ligament strains of the shoulder, elbow or wrist are very common in the upper extremity. Soft tissue injuries around the hip and overuse syndromes around the knee including meniscal tears and cartilage problems can stop the sporting activity. Golf can be recom- mended for patients with arthroplasty of the hip or knee joint. Strengthening exercises and proprioceptive training can reduce the risk of injury or overuse. Keywords Golf – injury – knee – lumbar spine – arthroplasty Sport Orthop. Traumatol. 29, 82–88 (2013) Elsevier – Urban&Fischer www.elsevier.de/SportOrthoTrauma http://dx.doi.org/10.1016/j.orthtr.2013.04.005 Orthopadie Traumatologie 82 H. Schmitt, F. Bunker Verletzungen und Uberlastungsschaden beim Golf SCHWERPUNKT / REVIEW
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Page 1: Verletzungen und Überlastungsschäden beim Golf

REVIEW

Verletzungen und€Uberlastungssch€aden beim Golf

Holger Schmitt1, Fabian Bunker21Leitender Arzt, ATOS Klinik, Heidelberg2Sportlicher- und Akademieleiter, GC St. Leon-Rot

Eingegangen/submitted: 04.03.2013; akzeptiert/accepted: 08.04.2013

Einleitung

Die Sportart Golf hat in den vergan-genen Jahren einen erheblichen Zu-wachs anMitgliedern zu verzeichnen.Im Deutschen Golfverband (DGV) wa-ren 2011 knapp 625.000 Mitgliederregistriert (2001 knapp 400.000).Etwa 10% sind unter 18 Jahre alt,die hochsten Zuwachsraten findensich in der Altersgruppe > 55 Jahre(ca. 5% pro Jahr), uber 60% sindmannlich. Mit der Anzahl der aktivenMitglieder steigt inDeutschland auchdas Angebot an Spielmoglichkeiten.Uber 700 Golfanlagen waren Ende2011 in Betrieb, durchschnittlichsind uber 800 Mitglieder pro Clubgemeldet (www.golf.de). Dem welt-weiten Trend der zunehmenden Zahlaktiver Golfer folgend wird die Sport-art Golf erstmalig 2016 bei den Olym-pischen Spielen in Rio ins OlympischeProgramm aufgenommen. Die Anfor-derungen an die Sportart Golf sindvielschichtig. Golf ist eine Ausdauer-sportart, bei der nur sehr selten Be-lastungsspitzen auftreten. Anforde-rungenwerden insbesondere an koor-dinative und mentale Qualitatengestellt. Die Entwicklung im interna-tionalen Spitzensport der vergange-nen Jahre hat gezeigt, dass zuneh-mend jungere und athletischere Spie-ler auf den ersten Platzen derWeltrangliste erscheinen. Verbesse-rungen in der Ausrustung und der

Athletik der Spieler tragen dazu bei,dass großere Schlagweiten erzieltwerden. Prinzipiell wird der gesamteBewegungsapparat beim Golfspielerbelastet. Sowohl bei der Schlagbewe-gung mit langen und kurzeren Schla-gern als auch bei den Gehdistanzen(18-Loch-Anlage> 6000 Meter) kon-nen Probleme auftreten. Akute Ver-letzungen sind selten (< 20%) [11].Uberlastungsschaden (> 80%) fin-den sich bevorzugt beim ambition-ierten Freizeitgolfer. Wahrend beiSpielern mit hoherem Handicap vorallem technische Probleme in derSchwungmechanik fur Beschwerdenverantwortlich gemacht werden kon-nen, ist bei Spielern mit niedrigemHandicap und Professionellen die Ur-sache eher in der Intensitat als Uber-lastung zu sehen [2]. Die jahrlicheVerletzungsrate betragt 15,8 Verlet-zungen pro 100 Spieler und liegt zwi-schen 0,36 und 0,6 Verletzungen pro1000 Stunden Spielzeit pro Spieler[24]. Beschwerden an der lumbalenWirbelsaule stehen im Vordergrund(18,3%), gefolgt von Beschwerdenam Unterarm bzw. Handgelenk(17,2%). Ob geschlechtsspezifischeUnterschiede bestehen, ist wissen-schaftlich nicht eindeutig geklart.Biomechanische Untersuchungenkonnten geringe Unterschiede zwi-schenMannern und Frauen dokumen-tieren. Manner beugen zum Beispielbeim Ruckschwung ihr linkes

Zusammenfassung

In der Sportart Golf wird erstmalig 2016in Rio de Janeiro bei Olympischen Spie-len um Medaillen gek€ampft. IntensiveBelastungen k€onnen zu Verletzungenund €Uberlastungsbeschwerden f€uhren.Akute Verletzungen sind selten(<20%). Bei €Uberlastungssch€aden ste-hen Beschwerden imBereich der Lenden-wirbels€aule und des zervikothorakalen€Ubergangs im Vordergrund. Sehnen- undBandverletzungen an Schulter undEllenbogen sowie Handgelenken domi-nieren an der oberen Extremit€at. Weich-teilverletzungen am H€uftgelenk und€Uberlastungsph€anomene am Kniegelenkbis hin zuMeniskus- undKnorpelsch€adensind an der unteren Extremit€at geh€auftanzutreffen. Auch mit endoprotheti-schem Ersatz an H€uft- und Kniegelenkkann Golfspielen empfohlen werden.Kraft- und Koordinationstraining wirdempfohlen, um pr€aventiv das Verlet-zungsrisiko zu reduzieren.

Schl€usselw€orterGolf– Verletzung– Knie– R€ucken– Gelenkersatz

H. Schmitt, F. Bunker

Injuries and overuseproblems in golfers

Abstract

In 2016 in Rio de Janeiro golf as a newdiscipline will be part of the Olympicgames for the first time. High loads intraining and competition can lead toinjuries and overuse problems in leisuresport golfers and in high competitivegolfers. Low back pain and neck painoccur in 20-30% of all golfers. Tendino-pathies and ligament strains of theshoulder, elboworwrist arevery commonin the upper extremity. Soft tissue injuriesaround the hip and overuse syndromesaround the knee including meniscal tearsand cartilage problems can stop thesporting activity. Golf can be recom-mended for patients with arthroplastyof the hip or knee joint. Strengtheningexercises and proprioceptive training canreduce the risk of injury or overuse.

KeywordsGolf– injury– knee– lumbar spine– arthroplasty

Sport Orthop. Traumatol. 29, 82–88 (2013)Elsevier – Urban&Fischer

www.elsevier.de/SportOrthoTraumahttp://dx.doi.org/10.1016/j.orthtr.2013.04.005

Orthop€adieTraumatologie

82 H. Schmitt, F. B€unker � Verletzungen und €Uberlastungssch€aden beim Golf

SCHWERPUNKT / REVIEW

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Kniegelenk signifikant mehr alsFrauen [5] und konnen beimSchwung in Handgelenk und Ellen-bogen hohere Winkelgeschwindig-keiten erreichen [34].Bei langen Schlagen kommt es nachEinnehmen der Ansprechposition(Abb. 1) je nach Lage des Ballesbeim Ruckschwung zu einer Flexionund Rotation der Wirbelsaule mit

einer Verwringung von Huften undSchultern gegeneinander, um einemuskulare Vorspannung zu erzeugen(Abb. 2). In Ab- und Durchschwungdrehen Schultern und Hufte wieder indie Ausgangsposition und weiterdaruber hinaus, wobei die Hufte et-was vorlauft (Abb. 3). Die Fuß- undBeinmuskulatur und das linke Knie-gelenk beim Rechtshander werden

insbesondere beim Durchschwungbelastet. Durch die Fixierung des lin-ken Beines im Golfschwung und eineRotation der Huften und des Ober-korpers in Schlagrichtung entstehengroße Druck- und Zugbelastungenauf die Kniegelenkstrukturen. In derEndposition werden die Arme uberdie linke Schulter gefuhrt und dasBecken zeigt Richtung Ziel (Abb. 4).

Abbildung 1Ansprechposition (Set-up).

Abbildung 2R€uckschwung mit Drehung des K€orpers umdie Wirbels€aule, um eine muskul€are Vor-spannung zu erzeugen.

Abbildung 3Der rechte Fuß leitet die Abschwungbe-wegung ein und schiebt die H€ufte nachlinks.

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Akute Verletzungen

Schadelverletzungen treten gehauftbei Kindern und Jugendlichen auf.Kinder unter 12 Jahren sind zu 80%betroffen. Ursache ist in uber 50%der Falle ein Schlag mit dem Golf-schlager [31]. Schwerwiegende aku-te Verletzungen am Rumpf sind sel-ten. Akute Blockierungen im Bereichder Brust- und Lendenwirbelsaulemit Muskelhartspann treten auf,konnen haufig durch manualthera-peutische und antiphlogistischeMaßnahmen schnell zur Ausheilung

gebracht werden. Im Vergleich zuanderen Sportarten werden Stress-frakturen an den Rippen gehauftbeobachtet, am ehesten bei Anfan-gern, beim Rechtshander eher anden linksseitigen Rippen. AuchStressreaktionen am Os hamatumder Handwurzelknochen werden beiGolfern beobachtet [17]. Inwieweitein einmaliges Ereignis oder die re-petitiven Belastungen hierfur ver-antwortlich gemacht werden kon-nen, ist nicht eindeutig geklart.Fur eine stabile Ansprechpositionund kontrollierte Schwungbewegun-gen insbesondere auch bei Schragla-gen ist eine gute Standposition er-forderlich. Die Verwendung von Spi-kes (heute uberwiegend Softspikes)soll die Haftung zum Untergrundverbessern, ohne die Drehfahigkeitzu sehr einzuschranken. Unebenhei-ten des Untergrundes konnen zu Su-pinationsverletzungen der Sprung-gelenke fuhren. Bei jugendlichenSpielern fuhren derartige Verletzun-gen eher zu Rupturen des Außen-bandapparates, bei alteren Spielerntreten Frakturen gehauft auf.

€Uberlastungssch€aden

Obere Extremit€at

Fehlbelastungsfolgen treten beimRechtshander uberwiegend am lin-ken Arm auf. Am Schultergelenk tre-ten das subakromiale Impingement,Lasionen der Rotatorenmanschette,Entzundungen an der Bizepssehnesowie Arthrosen am Akromioklaviku-largelenk und am Glenohumeralge-lenk auf [16]. Die haufigste Problem-zone beim Freizeitgolfer ist derEllenbogen der nichtdominantenSeite, d.h der linke Ellenbogenbeim Rechtshander. Die Sehnenan-satzzone der Handgelenkstrecker(Epicondylitis humeri radialis) oder-beuger (Epicondylitis humeri ulna-ris, sog. Golferellenbogen) konnenbetroffen sein. Schmerzen und Mus-

kelverspannungen machen sich imVerlauf der Sehnen und Muskeln anUnterarm und Handgelenk (vor allemMm. extensor carpi ulnaris und ra-dialis sowie M. extensor digiti mini-mi) bemerkbar. Beim professionellenGolfer treten Beschwerden haufigeram Handgelenk auf [32]. An der do-minanten Hand kommt es zu Reiz-ungen der Sehne des M. flexor carpiulnaris [23]. Durch die beim Ge-brauch kurzer Schlager (Annaherun-gen, Pitchs, Chips) auftretende forc-ierte Ulnarabduktion im Handgelenkwerden Uberlastungsphanomene amHandgelenk der nichtdominantenSeite provoziert.Der kurze Annaherungsschlag ist eineKurzform des vollen Schwunges. Inder Ansprechposition (Set up ge-nannt) befindet sich das Gewichtleicht auf dem linken Fuß. Der Ballliegt in der Standmitte. Im Ruck-schwung winkeln die Handgelenkeab und die Schultern rotieren nachrechts (Rechtshander). Der Unterkor-per bleibt stabil. Im Abschwung soll-te der Winkel zwischen Handgelenk

Abbildung 5Abschwung beim Ann€aherungsschlag.

Abbildung 4In der Endposition zeigt das Becken inRichtung Ziel.

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und Schaft moglichst lange beibe-halten werden und erst kurz vordem Impact (Treffmoment Schlager- Ball) aufgelost werden (Abb. 5).Dabei werden beide Handgelenke ul-nar gewinkelt (Abb. 6). Die Schulterhat sich schon starker Richtung Zielrotiert als die Hufte. Im Durch-schwung rotieren Hufte und Schulterweiter und die Arme fuhren denSchlager durch den Ball hindurchbis in das Finish, die Endpositiondes Schwunges.Neben Entzundungen der Sehnen mitSchwellungen, Schmerzen, teilweiseauch Schnapp-Phanomenen kommtes zu Degeneration und Rissbildungdes Discus articularis, in Einzelfallenzu Instabilitaten im Carpus. Eine Dif-ferenzierung der zu Schmerzen fuh-renden Ursache ist bei ulnarseitigenBeschwerden am Handgelenk haufignicht einfach. Zwischen extra- undintraartikularen Ursachen muss un-terschieden werden, eine Schnitt-bildgebung und diagnostisch-thera-peutische Infiltrationen konnen hilf-reich sein [33]. In denmeisten Fallenkonnen konservative Therapiemaß-nahmen in Kombination mit einerAnpassung der Schwungtechnik undvorubergehender Antiphlogese zur

Beschwerdefreiheit fuhren [32].Bewegungsanalysen konnten aufzei-gen, dass bei Amateuren undSpielern mit hohem Handicap im Ver-gleich zu professionellen Golfspie-lern wesentlich deutlichere Abwei-chungen von der Ideallinie beimAusfuhren eines Golfschwunges auf-treten [26]. Elektromyographischkonnte gezeigt werden, dass beiAmateuren insbesondere in der Be-schleunigungsphase hohere Muskel-aktivitaten am rechten Unterarmauftreten, wogegen bei professionel-len Spielern diese am linken Unter-arm (M. pronator teres) vorhandensind [7].Wesentliche Voraussetzung zur Opti-mierung eines Golfschwunges ist derkorrekte Griff. Gerade bei Anfangernkonnen das Auftreten von Blasen aufder Handinnenseite die Spielfreudetruben.

Rumpf

Uber Beschwerden im Bereich derWirbelsaule mit bevorzugter Lokali-sation an der Lendenwirbelsaule kla-gen zwischen 15 und 34% aktiverGolfspieler [1]. Wahrend die Inzidenzbei jugendlichen Golfspielern mit

unter 20% angegeben wird, tretenderartige Beschwerden bei alterenSpielern deutlich haufiger auf. Diemit zunehmendem Alter vorhande-nen degenerativen Veranderungen,die mit einer zunehmenden Bewe-gungseinschrankung einhergehen,unddie abnehmende rumpfstabilisie-rende Muskelmasse werden hierfurverantwortlich gemacht. Blockierun-gen, Bandscheibenveranderungen,in Einzelfallen auch Spondylolysenund bei alteren Spielern Interver-tebralarthrosen werden beobachtet[14]. Inwieweit die gewahlteSchwungtechnik einen Einfluss aufdas Auftreten von lumbalen Be-schwerden hat, ist nicht eindeutiggeklart. Die wahrend eines Golf-schwunges auftretenden Belastun-gen im Bereich der Lendenwirbelsau-le werden durch Scherkrafte, Kom-pression, Torsion und Seitneigungbeschrieben [14]. Eine verbesserteBeweglichkeit der Wirbelsaulescheint einen positiven Einfluss zuhaben, Ruckenschmerzen treten we-niger haufig auf [10]. Golfspieler mitRuckenbeschwerden weisen schlech-tere Rumpfkraftwerte auf [30]. Obdurch Golfspielen spezifische struk-turelle Veranderungen provoziertwerden konnen, ist umstritten. Esgibt Hinweise dafur, dass sich dege-nerative Veranderungen (sog. MO-DIC-Veranderungen im MRT) bei Gol-fern bevorzugt (beim Rechtshander)auf der rechten Halfte der Grund- undDeckplatten an der unteren Lenden-wirbelsaule darstellen lassen. Bei Ru-ckenbeschwerden wird empfohlen,die golfspezifische Belastung zureduzieren, konservative Therapie-maßnahmen (zunachst detonisie-rend, mobilisierend und schmerzlin-dernd, spater stabilisierend) in Kom-bination mit einer Antiphlogesedurchzufuhren, wobei wissenschaft-liche Untersuchungen hierzu nichtausreichend vorliegen. Kraft- undBeweglichkeitstraining kann Ru-ckenbeschwerden reduzieren [12].

Abbildung 6Bewegungen des Handgelenkes bei einer Ann€aherung (Phasen €ubereinander gelegt).

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Untere Extremit€at

Auch im Bereich der unteren Extre-mitat treten Ubelastungsbeschwer-den beim Rechtshander eher amlinken Bein auf. Vermehrte Beugebe-lastungen (z.B beim Aufheben desBalles) konnen zu Impingementpha-nomenen am Huftgelenk fuhren. La-brumlasionen und femoroacetabula-res Impingement (FAI) werden beiGolfspielern gehauft beobachtet. Inca. 70% der Falle treten Labrumlasio-nen mit einem Cam-Impingementkombiniert auf [18]. Neben einerarthroskopischen Reparatur oderResektion mobiler Labrumanteilewerden knocherne Dekompressionenerforderlich, die bei Golfspielernund anderen Nicht-Kontakt-Sportar-ten in ca. 80% der Falle zu einerRuckkehr zum Sport auf demselbenLevel wie praoperativ (Hip-OutcomeScore Sports Scale praop. 45% -postop. 75%) fuhren [18,27]. Beiprofessionellen Golfspielern undanderen Leistungssportlern scheintdie eventuell intraoperativ erfor-derlich werdende Knorpelreparaturim Sinne einer Mikrofrakturierungkeinen Einfluss auf das Outcomezu haben [22]. Bei beginnendendegenerativen Veranderungen kon-nen intensive golfspezifische Be-lastungen zu Reizzustanden intra-und periartikular fuhren. Schonen-dere Techniken werden Spielernmit beginnenden Arthrosenempfohlen.Durch die wahrend der Schwungpha-se auftretende Valgus- und Außen-rotationsbelastung kommt es zuReizungen und Uberdehnungen amInnenband bzw. am Innenmeniskus.Akute Verletzungen (z.B. Rupturendes Innenmeniskus) sind eineRaritat. Knorpelschaden werden be-schrieben, treten meist als Uberlas-tungsfolge auf. Vereinzelt kommt eszu Distorsionen im Bereich derSprunggelenke. Unebener Unter-grund und Schraglagen erhohen

das Verletzungsrisiko am Kapsel-Bandapparat der Sprunggelenke. Be-gleitendes Training zur Stabilisie-rung und Verbesserung der Koordi-nation kann das Verletzungsrisiko imBereich der Sprunggelenke reduzie-ren, wie Studien aus anderen Sport-arten zeigen [6].

Endoprothetik und Golf

Sowohl nach Implantation einerKnieprothese (Teil- oder Totalersatz)als auch nach Implantation einerHufttotalendoprothese ist Golfspie-len prinzipiell moglich. Nach Im-plantation einer Totalendoprotheseam Kniegelenk kommen ca. 2/3 derPatienten wieder zu ihrem praopera-tiv ausgeubten Sport zuruck, nachImplantation einer Schlittenprothe-se erreichen etwa 90% der Patientendieses Ziel [13]. Etwa sechs Monatenach Implantation einer Kniepro-these ist Golfspielen bei 75% derPatienten wieder moglich [15]. In-wieweit rotatorische Krafte einenEinfluss auf die Standzeit vonKnieendoprothesen haben, ist bis-lang nicht ausreichend untersucht.Spezielle Schwungtechniken werdenSpielern mit Kunstgelenken empfoh-len, um moglichst die Belastungenauf die Gelenke zu reduzieren undGolfspielen dennoch zu ermogli-chen. Biomechanisch konnte beiKnie-Endoprothesen eine deutlichhohere Belastung im Bereich der ti-bialen Komponente beim Golf-schwung im Vergleich zum Laufenoder Radfahren festgestellt werden[3]. Mehr als 95% amerikanischerOperateure sehen nach Implantationeiner Huftendoprothese keine Ein-schrankung beim Golfspielen [28].Auch nach Implantation einer Schul-terprothese war durchschnittlichnach knapp sechs Monaten nach Im-plantation eine Teilnahme am Golf-sport moglich [21]. Golfspielen wirdnach Implantation einer Schulter-

prothese von amerikanischen Opera-teuren nach Teil- oder Totalersatzempfohlen mit Einschrankung nachImplantation einer reversen Prothe-se, abhangig von der Sporterfahrung[20].

Pr€avention

Das Auftreten von Verletzungen undUberlastungsbeschwerden wird mitungenugender Aufwarmarbeit, unge-nugender Rumpfflexibilitat und-kraft in Verbindung mit technischenDefiziten in Zusammenhang gebracht[25]. Kontrollierte Studien zur Be-einflussung der Verletzungsinzidenzdurch intensives Kraft- oder Beweg-lichkeitstraining liegen aktuell nichtvor. Ruckenbeschwerden konnendurch eine Kombination von Kraft-und Dehnungstraining reduziertwerden [12]. Kraft- und plyometri-sches Training konnen die Leistungs-fahigkeit ambitionierter Freizeitgol-fer (Hcp < 10) gemessen durchSchlagerkopfgeschwindigkeit undDrivingdistanz verbessern [4,8,19],ebenso konsequentes Aufwarmen

Abbildung 7Dehnung zum R€uckschwung.

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mit Dehnungsubungen [9] (Abb. 7–9). Auch altere Golfspieler (Durch-schnittsalter 70 Jahre) profitierenvon einem Kraft- und Balancetrai-ning [29].Der Golfsport ist eine Sportart mitgeringem akutem Verletzungsrisiko.Bei technischen Fehlern und unge-nugender Vorbereitung ist mit

Uberlastungsschaden zu rechnen.Ein begleitendes Kraft- und Koordi-nationstraining kann auch in hohe-rem Lebensalter das Uberlastungsri-siko reduzieren.

Interessenkonflikt

Die Autoren erklaren, dass kein In-teressenkonflikt vorliegt.

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Abbildung 9Extension lumbal zur Vorbereitung desSet-up.

Abbildung 8Dehnung zum Durchschwung.

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Korrespondenzadresse:Prof. Dr. Holger SchmittATOS KlinikBismarckstraße 9-15D-69115 HeidelbergTel.: +49 (0)6221 98 31 80.E-Mail: [email protected]

Available online at www.sciencedirect.com

88 H. Schmitt, F. B€unker � Verletzungen und €Uberlastungssch€aden beim Golf

SCHWERPUNKT / REVIEWSport Orthop. Traumatol. 29, 82–88 (2013)


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