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Verletzungen der oberen Extremitäten

Date post: 07-Feb-2017
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Page 1: Verletzungen der oberen Extremitäten

Update Unfallchirurgie · Verletzungen der oberen Extremitäten

676 |  Der Unfallchirurg 8 · 2013

Korrespondenzadresse

PD Dr. R. GaulkeUnfallchirurgische Klinik Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover [email protected]

Die Beiträge stammen aus dem Handbuch Orthopädie/Unfallchirur-gie 2013 und entsprechen den Semi-narunterlagen des 5. Ortho Trauma Update 2013 der medupdate GmbH.

Unfallchirurg 2013 · 116:676–677DOI 10.1007/s00113-013-2452-8 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

KlavikularschaftfrakturOperationsindikation und - häufigkeit nach Klavikulaschaft-frakturRetrospektive Analyse von 232  Erwachsenen, welche zwi-schen 2006-2009 in 2 niederländi-schen Kliniken behandelt wurden [1]. Die häufigste Op-Indikation war die Klavikulaverkürzung >20 mm. Der Anteil der operativ versorgten Frakturen stieg von 5% im Jahre 2006 auf 44% im Jahre 2009, dies ließ sich nicht durch die Frakturmorphologie erklären. Die Autoren führen diesen Anstieg auf veränderte Ansprü-che der Patienten und Chirurgen zurück.

Versorgungssituation und klinische Ergebnisse nach KlavikulaschaftfrakturIn den letzten Jahren wird die Klavikulaschaftfraktur wieder öfter operiert. Dies wird damit begründet, dass die Klavikula-pseudarthrosen nach konservati-ver Therapie häufiger sind als noch bis vor wenigen Jahren ver-mutet [2]. Da die Osteosynthese

eine bessere Wiederherstellung der anatomischen Stellung der Klavikula ermöglicht, wird diese Therapie bei verschobenen Frak-turen aktuell empfohlen.

Kommentar: Bezüglich der Frak-turversorgung am Klavikula-schaft hat ein Paradigmenwechsel hin zur operativen Stabilisierung stattgefunden. Die zugrunde liegende Argumentation, dass Klavikulapseudarthrosen nach konservativer Behandlung häufi-ger auftreten und deshalb der ope-rativen Frakturversorgung der Vorzug zu geben sei, erscheint aber sehr Röntgenbild-orientiert. Es ließe sich auch umgekehrt argumentieren, dass zwar ver-mehrte Pseudarthrosen nach konservativer Therapie auftreten, diese aber unentdeckt bleiben, da sie nur geringe oder keine Beschwerden verursachen. Eine Patienten-orientierte Versorgung sollte daher zu einer offenen Auf-klärung der Patienten über kon-servative und operative Therapie-alternativen führen.

Plattenosteosynthese vs. Armschlinge bei dislozierter Klavikulaschaftfraktur Von 60 (8W/52M) randomisierten Patienten konnten 26 nach Re-konstruktions-plattenosteosyn-these und 25 nach konservativer Behandlung in einer Armschlinge nach 6 Wochen, 3 und 12 Monaten untersucht werden [3]. Alle 26 ope-rierten Schlüsselbeine heilten. In der konservativen Gruppe (n=25) traten 9 Pseudarthrosen auf (p=0,01). Bei 2 weiteren Patienten lag eine Heilung in Fehlstellung (Verkürzung von >20 mm) vor, beide lehnten die Korrekturosteo-tomie wegen nur geringer Beschwerden ab. Keine Pseud-arthrose führte zu operationswür-digen Beschwerden. Nach einem Jahr zeigte sich 1 Platte verbogen

und eine weitere gebrochen. Ein Patient aus der konservativen Gruppe wurde wegen einer Plexusirritation operiert. 2 Refrak-turen des Kallus nach Stürzen in der konservativen Gruppe standen einer Periimplantatfraktur nach Sturz gegenüber. In den klinischen Scores fanden sich keine signifi-kanten Unterschiede in beiden Gruppen.

Kommentar: Trotz schlechterer radiologischer Ergebnisse nach konservativer Behandlung unter-scheiden sich die klinischen Ergebnisse nicht signifikant von denen nach operativer Therapie. Dies wirft die Frage auf, ob die in den letzten Jahren wieder zuneh-mend durchgeführte Klavikula-osteosynthese tatsächlich in jedem Falle indiziert ist. Die Ergebnisse sprechen dafür, zumindest die Patienten mit hohem Operations-risiko der konservativen Therapie zuzuführen. Alle anderen müssen über beide Alternativen aufgeklärt sein.

Operative und konservative The-rapie der Klavikulaschaftfraktur 631 Patienten aus 6 randomisier-ten Studien und 559 Patienten aus 7 Fallkontrollstudien wurden in diese Metaanalyse eingeschlossen [4]. Die Pseudarthrosenrate lag je nach Studie nach operativer The-rapie bei 0-4%, nach konservativer Therapie bei 0-29%. Die postope-rative Infektionsrate betrug 0-31%. Die Komplikationen bei-der Verfahren wurden in den Stu-dien sehr unterschiedlich gewich-tet, woraus extreme Schwankun-gen der Komplikationsraten nach operativer Therapie von 1,5-76% und nach konservativer Therapie von 1,3-93% resultierten. Zusam-menfassend sind die klinischen Ergebnisse nach 6 Wochen nach operativer Versorgung besser, die-ser Effekt ist nach 6 Monaten nicht mehr nachzuweisen. Die

Pseudarthrosenrate ist nach kon-servativer Therapie höher. Eine Evidenz für die Überlegenheit einer der beiden Therapieverfah-ren findet sich nicht. Die Autoren empfehlen daher die operative Therapie der Klavikulaschaft-fraktur ausschließlich für junge, hoch aktive Patienten.

Operative und konservative Therapie der dislozierten Klavikulaschaftfraktur412 Patienten aus 6 randomisier-ten Studien wurden analysiert [5]. Nach konservativer Therapie war die Pseudarthrosenrate mit 29 bei 200 Patienten (14,5%) gegenüber der operativen Therapie mit 3 bei 212 Patienten (1,5%) 10-fach er-höht (p=0,001). Von diesen waren 17 in der konservativen und keine in der operativen Gruppe sympto-matisch (p<0,001). Die operative Therapie führt zu einer geringe-ren Pseudarthrosenrate und zu einer früheren Wiederherstellung der Funktion, dennoch fehlen Langzeitergebnisse zu beiden Verfahren, um eine Überlegenheit der operativen Therapie mit aus-reichender Evidenz zu belegen.

Kommentar: Beide Metanalysen beziehen sich auf klinische und radiologische Ergebnisse mit kur-zem Nachuntersuchungsintervall von 6 Monaten bis zu maximal 2 Jahren. Es darf als sicher gelten, dass Klavikulapseudarthrosen häufiger nach konservativer The-rapie auftreten. Ob diese jedoch dauerhaft symptomatisch bleiben, ist fraglich. Hier fehlen mittel- und langfristige Ergebnisse.

Literatur1. Stegeman SA et al (2012) Eur J Emerg

Med (epub ahead of print) 10.1097/MEJ.0b013e3283574d82

2. Pandya NK et al (2012) J Am Acad Orthop Surg 20:498-505

3. Virtanen KJ et al (2012) J Bone Joint Surg Am 94:1546-1553

4. Virtanen KJ et al (2012) Acta Orthop 83:65-73

5. McKee RC et al (2012) J Bone Joint Surg Am 94:675-684

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Ticker

 ▶ Thrombose der Vena bra-chiocephalica als Kom-plikation der dorsalen SCG-Luxation 

Ein 15-Jähriger stellte sich 6 Tage nach einem Sturz auf die linke Schul-ter beim Ringen mit zunehmender schmerzhafter Schwellung des linken Armes erstmals vor. Im Ultraschall und der Kontrastmittel-CT wurde eine Kompression der V. brachioce-phalica durch die nach dorsal luxierte mediale Klavikula mit einer Throm-bose verifiziert. Nach offener Reposi-tion kam es ohne Gefäßintervention zu einer Restitutio ad integrum.Fazit: Eine isolierte venöse Thrombose wurde nach dorsaler SCG-Luxation im Gegensatz zu den Arrosionen der Arterien bisher nicht beschrieben. Bei jüngeren Patienten muss die Epiphyseolyse, welche auf-grund der hohen Instabilität immer operativ stabilisiert werden sollte, sicher von der konservativ behandel-baren Luxation abgegrenzt werden.

Chotai PN et al (2012) Orthopedics 35:e1542-1547

 ▶ Osteosynthese  hypertropher Klavikula-schaftpseudarthrosen mit LCDCP

51 Klavikulaschaftpseudarthrosen, davon 30 (18W/12M; 19-70 (Ø 43,4) Jahre) nach operativer und 21 (8W/13M; 31-70 (Ø 49,3) Jahre) nach konservativer Therapie, welche von 1995-2008 nach Kallusresektion, Markraumaufbohrung und Bohr-mehlanlagerung an die Osteotomie mit einer 3,5 mm LCDCP stabilisiert wurden, konnten nach 18-35 (Ø 18,9) Monaten nachuntersucht werden. Alle Frakturen heilten im Mittel nach gut 9 Wochen. Es fanden sich keine signifikanten Unterschie-de in beiden Gruppen (initial opera-tiv vs. initial konservativ).Fazit: Die Studie bestätigt, dass die gut durchblutete hypertrophe Pseud-arthrose zur Durchbauung der Ruhig-stellung bedarf. Aufgrund der guten lokalen Durchblutung ist, im Gegen-satz zur atrophen Pseudarthrose, keine Spongiosaplastik erforderlich.

Huang HK et al (2012) J Chin Med Assoc 75:216-220

Tab. 1 Klinische 1-Jahres-Scores nach KlavikulaschaftfrakturDurchschnitt 95% Konfidenzintervall p-Wert

Klavikulaverkürzung 21,1 mm 15,7–26,6 mm 4 x 10-7 *Akromionverschiebungnach medial 11,9 mm 9,3–14,5 mm 0,0003*nach kaudal 20,7 mm 9,3–32,1 mm 0,0009*nach ventral 4,6 mm 0,7–8,6 mm 0,02*Verschiebung Angulus superiornach medial 5,3 mm 0,6–10,0 mm 0,02*nach kaudal 8,4 mm 2,6–14,2 mm 0,005*nach ventral 0,3 mm -2,5–3,1 mm 0,4Verschiebung Angulus inferiornach medial 0,4 mm -6,6–7,4 mm 0,4nach kaudal 5,7 mm -2,2–13,6 mm 0,06nach ventral 1,6 mm -5,1–8,3 mm 0,3* = signifikant

677Der Unfallchirurg 8 · 2013  | 

DVeranstaltungshinweis

Köln, 14.–15.03.2014Ortho Trauma Update 20146. Orthopädie-Unfallchirurgie- Update-Seminar – Unter der Schirm-herrschaft der DGOU/DGSP

Skapulafehlstellung bei  fehlverheilter Klavikulaschaftfraktur18 (3W/15M) Patienten im Alter von 24-58 (Ø 41,6) Jahren mit symptomatischer fehlverheilter Klavikulaschaftfraktur wurden in der CT bzgl. der Stellungsände-

rung der Skapula im Vergleich zur gesunden Gegenseite vermessen [1]. Die Symptome waren Schul-terasymmetrie, prominenter Kal-lus, scapula alata, Schulter-Arm-

Schwäche, schnelle Ermüdbarkeit des Armes und periskapuläre Beschwerden. Die mittlere Klavi-kulaverkürzung betrug 21,1 mm (95% KI: 15,7-26,6 mm / p = 4 x 10-7). Die Fehlstellung der Skapula ist am Akromion am größten und am angulus inferior scapulae am geringsten (Tab. 1).

Kommentar: Durch die verkürzte Klavikula gleitet die Skapula nach ventral, medial und kaudal. Das Ausmaß der Skapulafehlstellung nimmt mit der Entfernung zum Akromioklavikulargelenk ab und ist abhängig von der Kraft der die Skapula umgebenden Muskulatur.

Literatur1. Ristevski B et al (2013) J Shoulder

Elbow Surg 22:240-246

Neue AO/OTA-Klassifikation  der SkapulafrakturenIm neuen Klassifikationssystem werden Frakturen der Prozessus mit „P“ („P1“: Korakoidfraktur - „P2“: Akromionfraktur - „P3“: Fraktur von Korakoid und Akro-mion), Korpusfrakturen mit „B“ („B1“: einfache Frakturen - „B2“: Mehrfragmentfrakturen des Kor-pus) und Glenoidfrakturen mit „F“ („F0“: extraartikuläre Skapu-lahalsfrakturen - „F1“: einfache, intraartikuläre Frakturen - „F2“: intraartikuläre Mehrfragment-frakturen) bezeichnet [1]. Sechs ausgewiesene orthopädische Traumatologen, bildeten mit einem Statistiker und einem medizinischen Koordinator die „Scapula classification group“, welche die neue Klassifikation er-dachte. Diese 6 Spezialisten wen-deten die Klassifikation auf 112 anonymisierte Nativröntgen-

bilder an und erreichten lediglich bei 55 von diesen eine absolute Übereinstimmung (κ=0,59). Unter Zuhilfenahme der CT-Bil-der konnte die vollständige Über-einstimmung auf 73 Fälle erhöht werden (κ=0,73). Die geringste Übereinstimmung wurde für Prozessusfrakturen (κ=0,61), die beste für die Glenoidfrakturen (κ=0,78) erreicht. Trotz dieser Ergebnisse empfehlen die Autoren die neue Klassifikation, um die Frakturen präziser definieren zu können.

Kommentar: Interessant ist die Arbeit, weil in ihr ausführlich beschrieben wird, wie die Arbeitsgruppe in mehreren Revi-sionen die einzelnen Bereiche der Skapula nicht etwa nach anato-mischen Kriterien, sondern

danach definierte, dass die höchste Übereinstimmung bei der Frakturklassifikation durch die Mitglieder der Gruppe erzielt wird! So wurde die Klassifikation der Skapulahalsfrakturen („N“ für „Neck“) bei Kappa-Werten von 0,29 wieder verworfen. Berücksichtigt man dies, so sind die Evaluationsergebnisse mit den sehr schlechten Kappa-Wer-ten umso ernüchternder. Wenn die Klassifikation nicht einmal bei Experten eine Übereinstim-mung in der Anwendung ergibt, erscheint es mehr als fraglich, ob diese Klassifikation für die All-gemeinheit der Orthopäden/Traumatologen einen Wert hat.

Literatur1. Harvey E et al (2012) J Orthop Trauma

26:364-369


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