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für die Welt In die Welt Magazin der Vereinten Evangelischen Mission 2/2010 »Die fernen Inseln« – Mentawai »Land der Menschen« – Nias
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Magazin derVereinten

EvangelischenMission2/2010

»Die fernen Inseln« – Mentawai»Land der Menschen« – Nias

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Edito

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In die Welt für die Welt 2/2010

Liebe Leserin, lieber Leser,

Nias und Mentawai – wenn die beiden indonesischen Insel-gruppen nicht gerade von einem Erdbeben oder einem Tsu-nami heimgesucht werden, liegen sie weit außerhalb derAufmerksamkeit der Welt. Selbst für viele Indonesier sind dieInseln westlich von Sumatra unbekanntes Terrain, befindensie sich doch fernab der Haupt-Handelswege. Der schwierigeAlltag der Menschen basiert auf Armut und Unterentwicklung,schlechter Schulbildung und mangelnder medizinischer Ver-sorgung. Trotzdem hält die Menschen dort etwas zusammen,das christliche Leben ist der Kitt der dortigen Gesellscha.Die Entwicklung der von vielen vergessenen Inseln voranzu-treiben, dazu sind die Kirchen treibende Kra. Wir möchtenSie mit dieser Ausgabe in die Welt von Nias und Mentawaientführen. Spannende Einblicke finden Sie auf den Seiten5 - 15 und 19.

Spannend – das beschreibt auch meine Eindrücke der erstenWochen meiner neuen Aufgabe bei der Vereinten Evangeli-schen Mission. So viele interessante Menschen, so viele begei-sternde Projekte, so viel überzeugende Arbeit in Asien, Afrikaund Deutschland: Da fällt mir meine Aufgabe als neuer Team-leiter Kommunikation und Medien nicht schwer. Was einenfesselt, erzählt man schließlich gerne weiter. So freue ichmich darauf, gemeinsam mit meinem Team möglichst vielenMenschen die Arbeit der Vereinten Evangelischen Missionnahe zu bringen.

Und natürlich freue ich mich auf Rückmeldungen. Wenn Siealso Fragen oder Anmerkungen, Lob oder Kritik zu unsererÖffentlichkeitsarbeit haben, sprechen Sie mich oder meineKolleginnen gerne an. Was Sie interessiert, was Sie wissenmöchten, wovon Sie mehr erfahren wollen, das ist ein wichti-ger Wegweiser für unsere Arbeit. Trotzdem möchten wir Sieauch überraschen mit erstaunlichen Perspektiven aus ganzunterschiedlichen Lebenswelten auf dieser Erde. Denn einBlick über den Tellerrand ist fast immer – auch für die eigene

Sichtweise – spannend.

Christoph WandTeamleiter Kommunikation undMedien der VEM

Ursprünglich diente der Sprung über die über zwei Meterhohe Steinpyramide dazu, Mut und Kampfkraft der jungenniassischen Krieger zu beweisen.

Paul-Gerhard Aring besucht Angguruk.

Friska Susanti Simamora ist eine der drei Moderatorinnendes Kirchenradios auf Mentawai.

»DIE FERNEN INSELN« – MENTAWAI»LAND DER MENSCHEN« – NIAS

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Fotos: Jusup Sukatendel/VEM (Titel, Seite 2 oben, Seite 3 Mitte),Gerald Biebersdorf (Porträt), Siegfried Zöllner/VEM (Seite 2 unten),Sieglinde Repp-Jost (Seite 3 oben), David Tulaar/VEM (Seite 3)

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In die Welt für die Welt 2/2010

InhaltMärz 2010

Biblisches WortFreude und Schmerz miteinander teilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

Brennpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

Thema NiasNias zwischen Adat und Bollywood . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

DiakonieNothilfe mit Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Thema MentawaiDer heißeste Fleck auf dem Pazifischen Feuerrring . . . . . . 10

Stichwort Mentawai . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11

PorträtAugust Lett – »Herr vergib den armen Mentawaiern,denn sie wissen nicht, was sie tun« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

Thema Mentawai»Das Leben verbessern« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

Meditation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

Stimme des Generalsekretärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Schwesterngemeinschaft»Die fernen Inseln« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

Entwicklung»Wir haben die Vision einer integralen Mission« . . . . . . . . . . 20

PartnerschaftWer wichtelt denn an Ostern? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

PartnerschaftMit einem Sprechfunkgerät Kontakt zur Außenwelt . . . 24

Leben in der VEM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Service, Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

Projekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

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Alle helfen mitbeim Wiederauf-bau der Kirchenauf Mentawai.

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> Die Kinder der KiTa »AmSchwanenteich« präsentierenstolz ihre selbst gebasteltenWichtel.

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In die Welt für die Welt 2/2010

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Dieser Spruch steht im Rahmen eines Abschnittes über dasErlassjahr, einer religiös begründeten Lebensordnung ausder Frühgeschichte Israels, nach der das 7. Jahr auf beson-dere Weise Gott geweiht werden soll. In regelmäßigen Ab-ständen sollen die durch menschliches Eingreifen mani-pulierten Lebensbereiche wieder in ihrer gottgewolltenOrdnung erneuert werden. Mensch und Natur sollen sichwieder erholen können. Dazu gehört selbstverständlichauch der soziale Ausgleich. Dem, der sich verschuldet hat,sollen die Schulden erlassen werden. Er soll wieder neuanfangen können. Obwohl sich diese Regel zunächst nurauf das eigene Volk beschränkte, konnte sie nicht einmaldort eingehalten werden. Der Verfasser stellt ernüchterndfest: Nie wird es im Lande an Armen fehlen. Der ursprüng-liche Zustand der Schöpfung kann nicht wieder hergestelltwerden. Wir leben in einer von Sünde und Not verzerrtenWelt.

Kein Grund zur HoffnungslosigkeitUnd doch gibt es keinen Grund zur Hoffnungslosigkeit.Gottes Güte zeigt sich da, wo Menschen sich füreinanderöffnen. Wenn sich das Herz des Erfolgreichen nicht vordem Leid des Schwachen verschließt. In Barmherzigkeitund Solidarität wird Gottes Heil auch in dieser gebroche-nen Realität erfahrbar. Was aber, wenn dieses Band derMenschlichkeit fehlt? Wenn einer nicht zur Gemeinschaftzählt? Wenn der »Ausländer» nicht als »Bruder« gilt (ver-

gleiche Vers 3)? Die in unserem Text ge-forderte Solidarität bewegt sich im Rah-men einer bestimmten Bundesgemein-schaft: Israel, das Volk Gottes. Als Christglaube ich darüber hinaus, dass Gott inJesus Christus seinen Bund mit der gan-zen Welt geschlossen hat und dass imPrinzip alle Menschen zu dieser Bundes-gemeinschaft gehören dürfen.

Partnerschaften pflegenTrage ich also für alle Menschen Verant-wortung? Für die Opfer des schreck-lichen Erdbebens in Haiti genau so wiefür meine Nachbarn in Wuppertal? Ei-gentlich schon, da die modernen Me-dien mir die Not des haitianischen Kin-

des aber möglicherweise näher bringenals mir die Not meines Nachbarn bekannt ist,

ist die Opferbereitschaft für den fernen Unbekannten wo-möglich viel größer als für die Menschen in meiner Nach-barschaft oder sogar im Familienkreis. Letztlich muss sichmein Herz entscheiden, wem und in welchem Maße ichmeine »Hand öffne«. Aber wer oder was bestimmt meinHerz? Die universale Gemeinschaft in Christus sollte we-der eine abstrakte Idee noch eine Fiktion der Medien sein.Sie manifestiert sich nämlich tatsächlich nur da, wo Men-schen im Namen Gottes miteinander in Beziehung treten,wo sie Freude und Schmerzen miteinander teilen, einan-der ohne Scham um Beistand bitten können und ohneÜberheblichkeit helfen.

Um dies zu fördern, ist die Pflege von Partnerschaften er-forderlich: die nahen und fernen gleichermaßen. Nur wermit seinen Verwandten, Nachbarn und Kollegen ab und zuetwas Zeit verbringt, weiß auch um ihre Sorgen und kannkonkret darauf eingehen. Nur wer auf den muslimischenMitbürger zugeht, kann seine Ängste verstehen und etwaszum gutem Zusammenleben beitragen. Und nur wer sichfür andere Kulturen öffnet, bereit ist zu reisen oder Gästeeinzuladen, vermag Verständnis und Respekt für andereVölker zu entwickeln und in der Not tatkräftig Verantwor-tung zu übernehmen. Dabei gilt, wie im alten Israel, dassder Idealzustand einer weltweiten Gemeinschaft sicherlichnicht erreicht werden kann. Es wird immer irgendeine»Armut« geben, sei es materiell oder spirituell, sei es hü-ben oder drüben. Aber trotz aller Schwächen muss es auchimmer wieder zu menschlichen Beziehungen kommen,zur Begegnung der Herzen, aber auch zum Öffnen derHände.

Dr. Uwe Hummel ist seit März 2010 Dozent amTheologischen Hochlandseminar Ogelbeng inPapua-Neuguinea.

Foto: Etty Hulu / VEM

Von Uwe Hummel

»Die Armen werden niemals ganz aus dei-nem Land verschwinden. Darum mache Ichdir zur Pflicht: Du sollst deinen Not leiden-den und armen Bruder, der in deinem Landlebt, deine Hand öffnen.« (5. Mose 15,11)Monatsspruch Februar 2010

Freude und Schmerzmiteinander teilen

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In die Welt für die Welt 2/2010

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Foto: Uwe Hummel/VEM

Von David Tulaar

Innerhalb von vier Monaten wurde dieInsel Nias von zwei schweren Natur-katastrophen heimgesucht. Am 26.Dezember 2004 verwüstete der Tsu-nami im Indischen Ozean die West-küste der Insel Nias. 122 Menschenstarben und viele Hunderte verlorenihre Häuser. Am 28. März 2005 er-schütterte ein neues Erdbeben die In-sel. Diesmal starben 1.100 Menschen,Zehntausende verloren ihre Häuserund Wohnungen und die gesamte In-frastruktur der Insel wurde schwerbeschädigt. Heute, fünf Jahre danach,ist das Leben auf der Insel Nias wiedernormal. Es gibt keine Flüchtlingslagermehr. Das von der Regierung gegrün-dete Amt für Wiederaufbau hat seineAufgabe erfüllt. Die ausländischenHilfsorganisationen haben Nias ver-lassen. Die Bevölkerung ist sehr dank-bar für die Hilfe, die sie erhalten hat.Der größte Teil der Infrastruktur istbesser wiederhergestellt als vor demErdbeben.

Durch das Erdbeben von 2005 gab esauch unter den Mitgliedern der Nias-kirche (BNKP) viele Tote und Ver-letzte. Gemeindeglieder verloren ihreHäuser. Auch etliche kirchliche Ge-bäude, Kirchen, Büros, Schulen undKindergärten wurden zerstört. DieVEM half der BNKP-Kirche, sowohlbei der ersten unmittelbaren Kata-strophenhilfe nach dem Tsunami2004 und dem Erdbeben 2005 alsauch in der Phase des Wiederaufbausder zerstörten kirchlichen Gebäude.Sie unterstützte auch einige Woh-nungsbauprojekte, wie etwa in Si-rombu. Dort wurde Land gekauft, aufdem 30 erdbebensichere Wohnhäusersowie eine Kirche und ein Kindergar-ten gebaut wurden. Das so neu ent-standene Dorf trägt den NamenSyalom. In der Nähe werden jetzt Ge-bäude für eine Schweinezucht errich-

tet. Auch wurdenzwei Hektar Landfür die Landwirt-schaft zur Verfü-gung gestellt. Siebildet die wirt-schaftliche Grund-lage für das neueDorf.

Die Programme zurVerbesserung derwirtschaftlichenLage der Gemein-den führt im Auf-trag der Kirche dersogenannte Dienstan der Gesellschaft(PELMAS) durch.PELMAS ist ein dia-konischer Dienst inner-halb der BNKP-Kirche. Er hilft Ge-meindegliedern bei Aktivitäten zurVerbesserung ihrer wirtschaftlichenLage. Ein wichtiges Projekt der PEL-MAS im Zuge des wirtschaftlichenWiederaufbaus nach dem Erdbebenist die Versorgung der Landwirte inden Gemeinden mit jungen Gummi-bäumen. Die Landwirte werden auf-gefordert, Kleingruppen zu bilden,und dann werden jedem Gruppen-mitglied 50 Gummibäume geschenkt,die es auf seinem Land pflanzen soll.Die Gruppen werden von Fachleutenbegleitet und angeleitet, wie man dieBäume pflegt, damit die Ernte gutausfällt. Die Begeisterung für diesesProjekt in den Gemeinden ist groß.Zurzeit beteiligen sich 382 Landwirtemit ihren Familien daran.

Auf den Mentawai-Inseln, etwa 200Kilometer südlich der Insel Nias gele-gen, bebte am 12. September 2007die Erde. In den Berichten war vonsieben Toten die Rede. Viele Gebäudeauf den Inseln wurden zerstört. Fast

an allen Kirchengebäuden der Evan-gelischen Kirche GKPM entstandenschwere Schäden. Auf Bitten derGKPM-Kirche hat die VEM beimWiederaufbau einiger Kirchenge-bäude finanziell geholfen. Die neuenKirchen wurden so gebaut, dass sienicht nur erdbebensicher sind, son-dern auch als Schutzraum für dieGemeinde dienen können, falls eswieder eine Naturkatastrophe gibt.Das heißt vor allem, dass die neuenKirchen mit sanitären Einrichtungenausgestattet wurden. Ende Januar2010 ist die zehnte neu gebaute Kir-che fertig und eingeweiht worden.

Die VEM hat nicht nur finanziell ge-holfen. Sie hat auch dazu beigetragen,dass in den Gemeinden der BNKP undder GKPM ein Bewusstsein für mögli-che Katastrophen entstand, und dassman ihnen begegnen kann.

David Tulaar ist stellvertre-tender Abteilungsleiter Asiender VEM.

Die Naturkatastrophen auf Nias undMentawai und die Hilfe der VEM

Nach dem schweren Seebeben haben Fischer Holzbekommen, um neue Boote zu bauen.

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In die Welt für die Welt 2/2010 Foto: Uwe Hummel/VEM, Jusup Sukantendel

Ursprünglich diente derSprung über die überzwei Meter hohe Stein-pyramide dazu, Mut undKampfkraft der jungenniassischen Krieger zubeweisen.

Über 100 Inseln gehören zum Nias-Archipel.

NIAS ZWISCHENADAT UNDBOLLYWOODVon Uwe Hummel

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In die Welt für die Welt 2/2010Karte: Peter Philips/MediaCompany

Unweit der Stadtmitte von Gunungsitoli, der Kreishaupt-stadt von Nias, befindet sich der Hilihati, der Hügel derHerzen. Von hier aus hat man nach Nord, Süd und Westeinen weiten Ausblick über die Stadt und das Land undnach Osten hin über den Indischen Ozean. Bei gutemWetter kann man sogar die Silhouette des 100 Seemeilenentfernten Sumatra erkennen. Neben einer Regierungs-funkstation mit hohem Sendemast, Gräbern von Bischö-fen der evangelischen Kirche (BNKP) und Ruinen aus derZeit der niederländischen Kolonialverwaltung (1864-1943) und der Japanischen Besatzung (1943-1945), stehthier auch das Missionarshaus der Vereinten Evangeli-schen Mission (VEM), der Nachfolgeorganisation derRheinischen Mission (RMG).

Nias ist eine etwa 120 Kilometerlange und 45 Kilometer breite In-sel vor der Westküste von Nordsu-matra. Über hundert weitere, klei-nere Inseln, darunter auch diesüdlicher gelegenen Batu-Inseln,gehören zum Nias-Archipel, dervom Äquator durchkreuzt wird.Ständige Hitze und sehr hoheLuftfeuchtigkeit begünstigen tro-pische Krankheiten. Die Unterent-wicklung und Armut der etwa700.000 Einwohner werden abervor allem durch die isolierte Lageverursacht, wie ein Vergleich mitdem reichen Singapur auf der an-deren Seite Sumatras zeigt, das zwar auf demselben Brei-tengrad, aber an der Haupthandelader Asiens, der Wasser-straße von Malaka, liegt.

Die Menschen gelten als »Schweine Gottes«Die Ureinwohner von Nias nennen sich Ono Niha, die Kin-der der Menschen; ihre Heimat ist Tanö Niha, das Land derMenschen. Ihre alte, recht komplizierte Sprache heißt LiNono Niha, die Zunge der Ono Niha. Der Alltag wird weit-gehend von der Hada Nono Niha, der von den Ahnen über-lieferten Adat oder Sitte, bestimmt. In der Adat spielt dasSchwein eine zentrale Rolle. Kein richtiges Fest, schon garkeine Hochzeit oder Beerdigung, ohne Schweinefleisch!Auch der Brautpreis wird in Schweinen berechnet undausgezahlt. Die Menschen gelten als »Schweine Gottes«und der Stab des Schweinehirten, der als Messlatte fungie-rende Afore, ist das Symbol für Gerechtigkeit. Mit demSchwein wird nur Gutes verbunden und es ist folglich desOno Niha liebste Beschäftigung, Schweine zu züchten.

Morgens früh, noch bevor sie den Männern und Kinderndas Frühstück bereiten, richten die Frauen das Schweine-futter aus Süßkartoffelblättern und Kokosnuss an. Nach-mittags sieht man in den Dörfern Männer mit ihren Lieb-lingsschweinen spazieren gehen. Eine Leine an einemHinterbein sorgt dafür, dass das Schwein nur die Lecker-

bissen am Wegesrand erreicht, und nicht in Gärten undHäuser eindringt. Früher, als die alte Geister- und Opferre-ligion der Ono Niha noch stark war, gab es sogar heiligeSchweine, die jahrelang frei herumliefen und überall reindurften, bis sie ganz groß und fett geworden waren. Dannschlachtete der Hohepriester das Schwein in einer Opfer-zeremonie und verteilte das Fleisch an alle Einwohner inden verbündeten Dörfern. Jeder bekam ein Stück, auchwenn es nur so groß wie eine Erdnuss war. Alle mussten andem sakramentalen Erneuerungsmahl der Gemeinschaftteilhaben. Bis heute wird peinlichst darauf geachtet, dassdas Schweinefleisch gemäß der Adat gerecht an alle Teil-nehmer eines Festes – und das können bei Hochzeiten dieEinwohner ganzer Dörfer sein – verteilt wird. Kommt je-

mand zu kurz, kann ein generatio-nenlanger Streit entbrennen; istaber alles rechtens, herrscht größteFreude und Eintracht.

90% Niasser sind ChristenDie »Schweinekultur« ist wohl auchein Grund dafür, dass die Ono Nihazu über 90 Prozent Christen gewor-den sind. Eigentlich hatte der Is-lam, zu dem sich heute 88 Prozentder etwa 250 Millionen Indonesierbekennen, lange vor dem Christen-tum Nias erreicht. Islamische Skla-venhändler aus dem benachbartenAceh überfielen immer wieder diekleineren, zerstreuten Dörfer von

Nordnias. Einige Regionalfürsten führten nur deshalbKriege, um erbeutete Kriegsgefangene – vor allem die vonden Acehnesen begehrten schönen niassischen Frauen – indie Sklaverei verkaufen zu können. In den Küstendörfernund Handelsplätzen siedelten sich neben einigen chinesi-schen, vor allem islamische Händler an. Diese sogenanntenDawa (Bekenner des muslimischen Glaubens) heiratetenzwar vereinzelt Ono Niha, da die Hochzeiten jedoch nichtgemäß der Adat mit Schweinefleisch gefeiert wurden, wur-den die Muslime weder integriert noch konnte sich ihreReligion unter den Ono Niha ausbreiten. Diesbezüglichsollte das Christentum gewiss einen Vorteil gegenüber demIslam haben.

Im September 1865 eröffneten der rheinische MissionarErnst Denninger und seine Frau Sophie auf Nias ein neues»Missionsfeld«. Im Schutzbereich der niederländischen Ko-lonialverwaltung in Gunungsitoli, übersetzte DenningerTeile der Bibel und Schulbücher. Seine Verkündigungsar-beit verlief jedoch sehr schwierig. So lud der MissionarLeute vom Markt zu einem »Gespräch« in sein Haus ein undbewirtete die Gäste mit Kaffee, Tabak und Betelnuss. Redeteer aber zu lange, fuhr man ihm jäh ins Wort, denn dieselbstbewussten Ono Niha mochten zwar die Geschichtender Bibel, ließen sich aber nicht bevormunden. Nach fastneun Jahren schwerer Arbeit und mit Verstärkung jüngerer

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In die Welt für die Welt 2/2010 Foto: Kristin Jäger / VEM

Kollegen, konnte Denninger am Ostersonntag 1874 die»Erstlinge« der niassischen Kirche taufen: Balugu Jawa-duha Zebua, Häuptling des sieben Kilometer von Gunung-sitoli entfernten Hilinaa, und 24 seiner Gefolgsleute wurdendie ersten Ono Niha Keriso (niassische Christen). Ein Anfangwar gemacht, aber noch kein Durchbruch. Solange dieMacht der Häuptlinge in den freien Gebieten ungebrochenwar, wagten wenige den Schritt zum Christentum. Christenwurde verübelt, nicht mehr an den Opferfesten teilzuneh-men, welche die Häuptlinge zu bestimmten Anlässen ver-anstalteten. Diese Feste stimmten die Ahnengeister gnädig,stärkten die sozialen Bande und bestätigten die Loyalitätgegenüber dem Ausrichter des Festes. Wer sich fernhielt,galt als Feind undmöglicher Kolla-borateur.

1908 gelang es denHolländern, ganzNias zu unterwer-fen. Nach undnach wurden tra-ditionelle Führer,die sich nicht füg-ten, gegen Koope-rationswillige aus-getauscht. Dasneue Kriterium fürpolitische Machtund Anerkennungwar westliche Bil-dung. Da diese aufNias weitgehend in der Hand der Mission lag, galt dasChristentum als der neue Weg in die Zukun. 1915 wurdedie formale Macht der Häuptlinge weitgehend abgeschaf.Immer mehr Dörfer wurden an die Hauptverkehrsstraßenumgesiedelt. Die Zwangsarbeit an den Wegen und Brückenund die Steuern drückten schwer auf die Bevölkerung.

Westliche Bildung lag in der Hand der MissionMitten in dieser Krise bekam das Evangelium für viele eineneue Bedeutung. Die Misere wurde dem alten Leben inSünde und Unwissenheit zugeschrieben. In Jesus Christusaber gibt es Vergebung und neues Leben. In dieser Gewiss-heit entstand in den Jahren 1915 bis 1930 eine Erwe-ckungsbewegung, die über eine geistliche Erneuerung derGemeinden hinausging. Die Ono Niha selbst trugen dasEvangelium von Dorf zu Dorf, bis in Gebiete, die von denMissionaren nie erreicht worden waren. Durch diese»Große Reue« (Fangesa Dödö Sebua) wurden die Ono Nihaein christliches Volk. 1936 entstand die eigenständige Sy-node der Christlich-Protestantischen Kirche auf Nias.Während des Zweiten Weltkrieges bewies die junge Kircheihre geistliche Kra unter der Drangsal und Verfolgung

durch die japanischen Besatzer. Während des darauffolgen-den Befreiungskampfes gegen die Niederländer zeigte siezudem, dass sie eine genuin indonesische und keine westli-che Kra war. Trotz dieser klaren antikolonialen Identitätlud die BNKP in den 1950er Jahren aber wieder deutscheMissionare ein, allerdings nicht mehr als Vormund, son-dern als ökumenische Berater und Mitarbeiter.

Einfluss von MTV und BollywoodDie Unabhängigkeit brachte allerdings auch große Heraus-forderungen für die junge Kirche. Regionale Unterschiedeund Machtkämpfe gaben Anlass zu Kirchenspaltungen.Auch stiegen die Katholiken mit einer recht erfolgreichen

Missionsarbeit ein,sodass heute über 20Prozent der Christenzur Römisch Katho-lischen Kirche gehö-ren. Erst die Wirrender Nach-Suharto-Zeit und die Notnach dem Tsunami(Dezember 2004)und dem großenErdbeben (März2005) schmiedetendie unterschied-lichen Kirchen in ih-rem Dienst für dieMenschen zusam-men. In den kom-menden Jahren wer-

den alle gesellschalichen Kräe auf Nias an einem Strangziehen müssen, um die Unterentwicklung und Armut zuüberwinden und dem erstarkten Islam als selbstbewussterPartner entgegentreten zu können.

Wenn die heutige ökumenische Mitarbeiterin der VEM,eine Englischdozentin aus den Philippinen, auf dem Hili-hati auf ihrer Terrasse sitzt, wird sie immer öer Zeugin ei-ner neuen Entwicklung auf Nias: Liebespärchen treffen sichzum Rendezvous, während der heißen Siesta und in denlauschigen Nächten. Auch die ein oder andere Muslima mitKopuch erkennt man. Trotz strengster Sanktion durchAdat und Religion, die intime Kontakte zwischen Unverhei-rateten streng verbieten, ist der Einfluss von MTV undBollywood unverkennbar. Auf dem »Hügel der Herzen«zeigt sich eine geistlich-moralische Wende, wohl die größteHerausforderung für die Kirche von Nias im 21. Jahrhun-dert.

Dr. Uwe Hummel ist seit März 2010 Dozent amTheologischen Hochlandseminar Ogelbeng inPapua-Neuguinea.

Das Internat »Debora« in Gunungsitoli wurde nach dem Erdbeben mit Hilfe derVEM und dem Landkreis Ludwigsburg wieder aufgebaut.

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In die Welt für die Welt 2/2010

Peter Jung, Ober-bürgermeister derStadt Wuppertal,

und VEM-General-sekretär FidonMwombeki beider Gedenk-

veranstaltung

Die drei asiatischenVEM-Mitarbeiter DavidTulaar, Deonal Sinagaund Robin Butarbutar(v.l.) singen indonesi-sche Volkslieder bei derGedenkveranstaltung.

Nothilfe mitPerspektiveVEM erinnerte an Tsunamivor fünf Jahren

Von Manfred Gronwald

Fotos: Christoph Wand / VEM

»Die Aufbauarbeit geht weiter. MitUnterstützung der Menschen hier inWuppertal und im ganzen Land könnenwir das schaffen«, erklärte der Gene-ralsekretär der Vereinten Evangeli-schen Mission Dr. Fidon Mwombekiam 18. Januar in Wuppertal. An die80 Menschen waren einer Einladungder VEM ins Missionshaus gefolgt, umder Tsunami-Katastrophe in Südost-asien vor fünf Jahren zu gedenken.Erinnern wollte man sich auch an dieHerausforderung, vor der die VEMdamals stand, als am 2. Weihnachts-tag 2004 ein schweres Erdbeben vorder Küste Sumatras eine Flutwellevon bis dahin ungekannter Dimen-sion den Küstenregionen Indone-siens, Sri Lankas, Thailands und In-diens Tod und Verderben brachte.

Die Vereinte Evangelische Missionhatte bis dahin keinerlei Erfahrungals Organisation der Katastrophen-hilfe. Wohl aber hatte sie intensiveund langjährige Beziehungen zu Mit-gliedskirchen in Indonesien und SriLanka, den am stärksten betroffenenLändern. Dort gab es von Anfang anMenschen, die sich einen Überblicküber die verheerenden Schäden ver-schaffen konnten und darüber, wel-che Hilfe wo zuerst gebraucht wurde.Pastoren, ehrenamtliche Mitarbeiter-innen und Mitarbeiter und Männerund Frauen im kirchenleitenden Amtgehörten zu den ersten, die damalsanpackten und das unbeschreiblicheLeid linderten, so gut sie es konnten.Und nicht zu vergessen: In Medan aufSumatra hatte die VEM ihr Regional-büro Asien. Das verschaffte der VEMin gewisser Weise einen »Vorsprung«,bedeutete aber auch eine besondere

Verantwortung. Vieles davon kam zurSprache bei dem Treffen am 18. Januar.Zu den Gästen gehörten »VEM-Tsuna-mihelfer der ersten Stunde«, etwa Dr.Robinson Butarbutar, der heute dieAbteilung »Training and Empower-ment« leitet. Vor fünf Jahren leitete erdas VEM-Regionalbüro in Medan. Un-mittelbar nach dem Tsunami hatte ersich in das völlig verwüstete BandaAceh durchgekämpft, in Wuppertalsaßen zu der Zeit die ersten Mitarbei-ter, die man hatte zusammentrom-meln können (eigentlich war das Mis-sionshaus wegen Betriebsferien ge-schlossen) und warteten auf eineE-Mail von ihm.

Unmittelbar nach dem Jahreswechselliefen damals die ersten Spendenak-tionen für die VEM an: Das Wupper-taler Hallenfußballturnier erbrachte5.555 Euro! Am Ende waren es vierMillionen, die sich vor allem aus vie-len Tausend Kleinspenden zu-sammensetzten, wie Viktor Grapentinvon der Abteilung »Projekte undSpenden« berichtete. Es dauerte na-turgemäß eine gewisse Zeit, bis dieVEM zusammen mit ihren betroffe-nen Mitgliedskirchen ihre Linie ge-funden hatte: Nothilfe mit Perspek-tive. Diese Linie, die die Betroffenen

wirklich beteiligte, ihnen die Hilfenicht »überstülpte« und immer denWiederaufbau im Blick hatte, konntedann – bei allen Schwierigkeiten –weitgehend durchgehalten werden.

Das würdigte auch der WuppertalerOberbürgermeister. Peter Jung hattees sich nicht nehmen lassen, zu demTreffen am 18. Januar zu kommen. Erhatte sich vor fünf Jahren dafür einge-setzt, dass die Stadt Wuppertal ihreTsunami-Hilfsaktivitäten über eineenge Kooperation mit der VEM abwi-ckelte. »Aus der Sicht der Stadt ist eineKooperation mit diesem professionel-len Partner der beste Weg«, hatte erdamals erklärt, eine Einschätzung, dieer heute ausdrücklich bestätigte.

Manfred Gronwald hat über drei Jahr-zehnte in verschiedenen Positionen inder westfälischen Kirche journalistischgearbeitet, die letzten 15 Jahre als Leiterder Pressestelle im westfälischen Lan-deskirchenamt. Von April 2004 bis Ende2005 war Gronwald in der AbteilungÖffentlichkeitsarbeit der VEM tätig. SeitAnfang 2007 hat er in die Altersteilzeitgewechselt und lebt in Dortmund.

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Von Jusup Sukatendel

Der heißeste Fleck aufdem Pazifischen FeuerringSchwerpunkte der Mentawai-Kirche 2010: Bildung, Gesundheit undökonomische Entwicklung

Die zu Indonesien gehörigen Menta-wai-Inseln (Siberut, Sipora, Nordpagaiund Südpagai) liegen vor der West-küste Sumatras. Sie sind erst seit 1999ein offizieller VerwaltungsbezirkWestsumatras. Auf der Inselgruppefindet derzeit wenig Entwicklungstatt. Der wichtigste Verkehrsweg aufden Mentawai-Inseln ist das Wasser.Von Padang aus verkehren Fähren zudrei Orten des Archipels, zehn bisvierzehn Stunden dauert die Reise.

Wenig EntwicklungZur Stadt Sikakap, wo die Kirchenlei-tung der Christlich-ProtestantischenMentawai-Kirche (GKPM) ihren Sitzhat, gibt es einmal wöchentlich eineFährverbindung von Padang aus. Werdas Büro der GKPM-Kirchenleitungbesucht, muss am selben Tag nachPadang zurückkehren oder auf dieFähre in der nächsten Woche warten.Die meisten Dörfer auf den Menta-wai-Inseln sind von der Stadt aus nurmit kleinen Booten zu erreichen.Diese Boote fahren selten, der Fahr-plan richtet sich nach Bedarf undWetter. Wegen der relativ hohenTransportkosten sind die Preise fürProdukte aus der lokalen Landwirt-schaft niedrig, während importierteProdukte erheblich teurer sind. Die

Menschen auf den Mentawai-Inselnverdienen weniger Geld und gebenzugleich mehr Geld aus als andereIndonesier. Die Inselgruppe ist einerder ärmsten VerwaltungsbezirkeIndonesiens.

ÄrztemangelZwar ist Schulbildung auf den Menta-wai-Inseln fast kostenlos, qualitativaber alles andere als gut. Es stehen imländlichen Raum nur Grundschulenzur Verfügung und vielen von ihnenfehlt es an Lehrkräften. In den meis-ten Fällen unterrichtet ein Lehrerzwei Klassen parallel. Wer nach demsechsten Schuljahr (mit 12 Jahren)eine weiterführende Schule besuchenwill, muss in die Stadt gehen. VieleSchülerinnen und Schüler müssendann in einer kleinen, einfachenHütte ohne Elektrizität wohnen. Man-che Schüler haben Glück und findeneinen Platz in einem kirchlichenWohnheim oder können bei ihrenVerwandten in der Stadt unterkom-men.

Das Niveau der medizinischen Ver-sorgung ist sehr niedrig. Es gibt nureine sehr begrenzte Anzahl von Ärz-ten in der Stadt, häufig steht über-haupt kein Arzt zur Verfügung. Ende

vergangenen Jahres erkrankten vieleMenschen in Nord- und Südpagai amChikungunyafieber (tropische Infek-tionskrankheit), aber die staatlichenGesundheitsbehörden reagiertenkaum auf den Ausbruch der Krank-heit.

LehrkräftemangelDie Westküste von Sumatra, vor derNias und die Mentawai-Inseln liegen,gilt als der heißeste Fleck auf dem Pa-zifischen Feuerring (dem Vulkangür-tel, der den Pazifischen Ozean um-gibt, Anm. d. Red.). Drei schwere Erd-beben haben sich in den vergangenenJahren in diesem Gebiet ereignet. Dasin Aceh und der Tsunami 2004, dasauf Nias 2005 und das auf der Menta-wai-Inselgruppe 2007 waren diezweit-, siebt- und zehntstärksten Erd-beben weltweit seit 1900. Das Erdbe-ben im September 2007 zerstörteviele Häuser und Kirchen auf den In-seln. Leider warnen Seismologen,dass es immer noch Erdbebenenergiegibt, die den Mentawai-Archipel unddie Region Westsumatra treffenkönnte. Diese Bedrohung und die ent-sprechenden Berichte in den Mediensind für die Dorfbewohner auf denMentawai-Inseln häufig sehr beunru-higend und erschreckend. Die

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Der Mentawai-Archipel liegt im äu-ßersten Westen Indonesiens und ge-hört zu einer Kette nicht-vulkani-scher Inseln vor Sumatra, Nord- undSüdpagai, Sipora und die größte un-ter ihnen, Siberut. Die Bewohnerunterscheiden sich physisch, kulturellund sprachlich stark von den VölkernSumatras und Nias. Ihre Kultur warbis zu Beginn des 20. Jahrhundertsjung-steinzeitlich, ohne jede Prägungdurch Hinduismus, Buddhismus oder

Islam. Der Kontakt der Bewohner beschränkte sich auf wenige indische undmalayische Händler, die Metallmesser, Stoffe und Glasperlen gegen Kopra,Rotang und Holz eintauschten. 1904 wurde die erste holländische Garnisonauf Siberut errichtet und etwa zur gleichen Zeit kamen die ersten christlichenMissionare der Rheinischen Missionsgesellschaft aus Barmen nach Nordpagai.

Das traditionelle Leben der Mentawaier erfolgt in Harmonie mit dem Regen-wald. Die Menschen leben von der Jagd, dem Fischfang, vom Anbau vonSago, Taro, Bananen und Kokospalmen. Auf Siberut gibt es noch einigeweitab lebende Clans, die versuchen, an ihrer alten Lebensweise festzuhalten,aber auch sie bewegen sich am Rande der Assimilation. Ähnlich wie die Dayakin Kalimantan, leben die traditionellen Dorfgemeinschaften in Langhäusern(der Uma) und auch ihre Glaubensvorstellung geht von einem dreigeteiltenKosmos aus. Alles was begrifflich gefasst werden kann, hat für die Menschenauf Mentawai eine Seele und besonders eng fühlen sie sich mit den eigenenAhnen verbunden. Die Seele ist eine Art geistige Entsprechung für alles wasexistiert. Sie kann sich vom Körper lösen und selbstständig umherstreifen.Zwischen der Seele und dem Körper besteht immer eine enge Verbindung,wenn der Seele etwas Schädliches zustößt, hat dies auch schädliche Konse-quenzen für den Körper.

Einige Jahrzehnte lang versuchte die indonesische Regierung die angeblichrückständige Kultur der einheimischen Bevölkerung auszumerzen, indem siedas traditionelle Leben im Langhaus, das Tragen der Lendentücher, die langenHaare der Männer und die animistische Religion verbot. Heute wird, auch un-ter dem Druck internationaler Organisationen, den archaischen Stammesge-bräuchen wieder ein gewisser Wert beigemessen. JM

Christlich-Protestantische Menta-wai-Kirche ist in dieser Situation ge-fordert. Im Jahr 2009 baute die GKPMzehn Kirchen wieder auf, die das Erd-beben im September 2007 zerstörthatte. Diese Kirchen wurden im Rah-men eines von der VEM unterstützenWiederaufbauprogramms der GKPMerdbebensicher entworfen und ge-baut.

Engagement der GKPMIm Jahr 2010 wird sich die GKPMschwerpunktmäßig auf die BereicheBildung, Gesundheit und ökonomi-sche Entwicklung des Gemeinwesenskonzentrieren. Die VEM unterstütztdie GKPM in ihren Bemühungen, einepädagogische Einrichtung aufzu-bauen, durch nachhaltige Programmezur Ernährung von Schülern beizu-tragen und das Internat der GKPMfinanziell auf eigene Füße zu stellen.Zudem unterstützt die VEM dasGesundheitsprogramm der GKPM,das eine bessere medizinische Versor-gung erreichen will – sowohl in Sika-kap als auch durch eine mobileAmbulanz (auf einem Motorboot) imländlichen Bereich. Gemeinsam mitihren Partnern engagiert sich dieGKPM auch für die wirtschaftlicheEntwicklung des Gemeinwesens.

Jusup Sukatendel ist derehemalige Leiter des kirchlichenWiederaufbauprogramms für Nias unddie Mentawai-Inseln und ehemaligerKoordinator der kirchlichen Tsunami-Hilfe in Aceh und auf Nias.

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In die Welt für die Welt 2/2010

Alle helfen mit beim Wiederaufbau der Kirchen auf Mentawai.

Fotos: Marie-Luise Dahlhaus-Flöck/VEM, Jusup Sukatendel

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In die Welt für die Welt 2/2010

Arbeit auf Mentawei aufnehmen?« Schon 1881 erreichteihn zudem ein Anruf mit der Bitte um missionarischenBeistand auf Mentawai. Der Hafenmeister von Padang aufSumatra schickte eine Lanze mit folgenden Worten insMissionshaus: »Mit dieser Lanze haben die Mentaweileuteeinen Mann von einem chinesischen Handelsboot getötet.Die Menschen sind da noch alle rohe Heiden. Wann wer-den diese armen Leute endlich das Evangelium hören?«

31. Dezember 1901: Beginn der MissionAuch diese Bitte ist an Dr. Schreiber gerichtet und so fasstdie Missionsleitung am 12. August 1901 den endgültigenBeschluss auf Mentawai tätig zu werden. August Lett istder erste Missionar der Rheinischen Missionsgesellschaft,der an der Südküste Nordpagais seine Arbeit aufnimmt.Seine Frau Dora und seine Kinder Theodore, August,Lydia und Ernst folgen ihm ein Jahr später. Otto undJohanna werden in der Zeit seines Wirkens auf Mentawaigeboren. Der Tag seines endgültigen Verbleibens auf derInsel Nordpagai, der 31. Dezember 1901, gilt als Grün-dungstag der Mentawai-Mission und der Kirche. An Borddes Schiffes, mit dem er anreist, befinden sich auch hol-ländische Polizeitruppen, Zimmerleute und Kulis. Es istsehr wahrscheinlich, dass die einheimische Bevölkerungden Beginn der Missionierung mit der holländischen Be-satzung gleichstellt, zumal die Missionsstation in derNähe der Polizeistation und von den gleichen Handwer-kern unter der Anleitung Letts gebaut wird.

Eine Zusammenarbeit mit der Kolonialverwaltung stelltLett nicht in Frage, im Gegenteil, er unterstützt sie aktiv inihrem Bestreben, die einheimischen Medizinmänner un-ter Kontrolle zu bringen. Diese sind seines Erachtens nachfür die ablehnende Haltung seinen missionarischen Be-

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Missionar Lett –»…Herr vergib den armenMentaweiern; denn sie wissennicht was sie tun!«Von Jeanette Mohr

Das Licht der Welt erblickt August Lett am 4. September1861 in Straßburg, wo er nach dem Tod seiner Mutter imstädtischen Waisenheim unter die Obhut katholischerSchwestern kommt. In der Sonntagsschule entfaltet sichaus Mitleid mit »den armen Heiden« der Wunsch in denDienst der Mission zu gehen zum ersten Mal. Im Militär-dienst hält er sich trotz allen Spottes an die Worte Gottesund an das Gebet, was ihm wie er sagt: »großen Segeneinbringt«. Im Missionshaus in Barmen absolviert er seineAusbildung zum Missionar und reist am 8. Oktober 1890nach Nias, seiner ersten Dienststelle, aus.

Bitte um missionarischen BeistandAm 20. August 1909 wird Missionar August Lett von zweijungen Männern Südpagais, einer der drei Inseln Menta-wais, bei einem Vermittlungsunterfangen zwischen derholländischen Kolonialverwaltung und einem aufständi-schen Dorf ermordet. Zu diesem Zeitpunkt kann er eineDienstzeit von achtzehn Jahren für die Rheinische Mis-sionsgesellschaft aufweisen, die er auf Missionsstationenauf Nias und Sumatra verbrachte und in der er reichlichMissionserfahrungen sammelte. Mentawai befindet sichseit 1825 im Besitz der holländischen Kolonialregierung,die wiederholt Strafexpeditionen aussendet, um die Be-völkerung Mentawais gefügig zu machen. 1893 stationiertsie den ersten Beamten auf Sipora, der sich jedoch nichtetablieren kann und 1899 von der einheimischen Bevöl-kerung wieder vertrieben wird.

In dieser Situation ruft die Kolonialverwaltung die Mis-sion zu Hilfe. Der damalige Inspektor der RheinischenMission in Barmen, Dr. August Wilhelm Schreiber, wird1898/99 auf einer Visitationsreise von dem Gouverneurvon Niederländisch-Indien gefragt: »Wann werden Sie die

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In die Welt für die Welt 2/2010Foto: AMS

mühungen gegenüber verantwortlich, da er davon über-zeugt ist, die Bevölkerung Mentawais stünde ganz in de-ren Bann. Die holländische Kolonialmacht dagegen ver-folgt mit ihrer Beihilfe ein konkretes Ziel.

Lett als Friedensvermittler1901 wird in den Niederlanden die »Ethische Politik« ge-schaffen, die den Stand der Bildung in den Kolonien erhö-hen soll. Als Partner bieten sich die Missionsgesellschaf-ten an, in diesem Fall die Rheinische, die bis dahin schonin einigen Gebieten Niederländisch-Indiens erfolgreichtätig war. Diese nimmt eher zögerlich die Aufgabe an,nachdem andere Gesellschaften eine Tätigkeit auf Menta-wai ablehnten. Es gelingt Lett in den ersten fünf Jahrennicht, einen wirklichen Zugang zu den Mentawaiern zufinden. Erst Ende 1906 beginnt eine Wendung in seinerArbeit. Er gewinnt zunächst das Vertrauen der Bewohner,indem er bei Zusammenstößen zwischen Einheimischenund der holländischen Kolonialregierung als Vermittlerfungiert.

Die Lage spitzt sich indes zu und bei einem neuerlichenVersuch, Frieden zwischen die verfeindeten Parteien zubringen, verliert August Lett 1909 in der Nähe des DorfesTaluh Pulai sein Leben. In der Rolle als Unterhändler fährter mit dem Regierungsdampfer in das eine halbe StundeSchifffahrt von Sikakap gelegene Dorf und lässt sich für

die Verhandlungen mit einem Mentawaiboot übersetzen.Unvermittelt legen vom Strand zwei Boote ab und steigenmit Buschmessern bewaffnet zu Lett und fügen ihm dortso schwere Verletzungen zu, dass er am nächsten Tag aufder Missionsstation verstirbt. In seinen letzten Wortenvergibt er seinen Mördern: »…Herr vergib den armenMentaweiern; denn sie wissen nicht was sie tun!«

Hermann Sundermann schreibt in seinem Nachruf aufihn: »Lett stand am liebsten allein und passte auch nachseiner Eigenart am besten auf einen Posten, wo er völligfreie Hand hatte. Er hatte, wie sich das oft bei energischenund gegen sich selbst rücksichtslosen Charakteren findet,eine scharf ausgeprägte Eigenart, die ihm das Zusammen-arbeiten mit anderen und andern das Zusammenarbeitenmit ihm nicht leicht machte.« Seine Worte beschreibentreffend diesen ungewöhnlichen Missionar der Rheini-schen Missionsgesellschaft in den Anfängen des 20. Jahr-hunderts, dem es zwar nicht vergönnt war zu taufen, deraber durch seine fundierten Sprachkenntnisse einen we-sentlichen Beitrag zu der Arbeit auf Mentawai geleistethat.

Jeanette Mohr ist Leiterin des Völkerkundemuseumsder Archiv- und Museumsstiftung der VEM inWuppertal.

Missionar August Lett rechts im Bild (1861 bis 1909).

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In die Welt für die Welt 2/2010Foto: David Tulaar/VEM

»Das Leben verbessern«Das Kirchen-Radio Sinula Mandiri fördert die Kommunikation zwischen den Gemeinden undverbreitet Nachrichten

»Einen guten Morgen allen Hörerinnenund Hörern! Auf der Kurzwellenfre-quenz 99,3 meldet sich Radio SinulaMandiri vom Hügel Nemnemleleu!«Klar und deutlich ist die Stimme vonResni Silaleubaja in meinem kleinenRadioempfänger zu hören. Ich sitzeim Gästehaus der Kirche, morgensum halb sieben. Die Sendung im Ra-dio läuft schon seit einer halbenStunde. Ich hatte die Gelegenheit, dieSendestation von Radio Sinula Man-diri (RSM) zu besuchen, eine Einrich-tung der Evangelischen Kirche vonMentawai (GKPM). Sie liegt auf demHügel Nemnemleleu hinter dem sichdas Büro der Kirchenleitung und daskirchliche Zentrum der GKPM befin-

det. Der Hügel liegt zwei Kilometerwestlich des Örtchens Sikakap an derSüdküste der Insel Nordpagai. DieMentawai-Inseln umfassen vier grö-ßere und Dutzende kleinerer Inseln.Die Evangelische Kirche von Menta-wai entstand aus der Arbeit der Mis-sionare der Rheinischen Missionsge-sellschaft (RMG). Der erste Bote desEvangeliums war August Lett, der imJahr 1901 nach Mentawai kam (Seite12). Später arbeiteten auch Evange-listen der Batakkirche mit den deut-schen Missionaren zusammen.

Seit dem 16. September 2009 istResni Sprecherin bei RSM. An die-sem Tag meldete sich der Sender

zum ersten Mal im Äther. In einemfeierlichen Gottesdienst hatte PfarrerParsaoran Simanjuntak, Bischof derGKPM, zuvor die Sendestation eröff-net. Resni und die beiden anderenMitarbeiter, Frau Friska Susanti Si-mamora und Herr Topit Roegino Sia-haan, waren drei Monate lang inDenpasar, Bali, und in Malang, Ost-java, für ihre Arbeit als Betreiber ei-nes Senders und Gestalter von Radio-programmen ausgebildet worden.Die Idee, in Mentawai einen Radio-sender aufzubauen, kam von derkleinen mittel-javanischen Kirche,der GKJTU, ebenfalls eine VEM-Mit-gliedskirche. Die GKJTU hat geholfendie Gebäude zu errichten, die Sende-

Von David Tulaar

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anlage besorgt und installiert. Auchein kleines Aufnahmestudio hat sieaufgebaut. Die javanische Kirche hatsich auch um die Ausbildung der dreiRadio-Journalisten gekümmert, dienun den Sender betreiben. Die VEMhat das Projekt einschließlich der ges-amten Einrichtung finanziert. Sieübernimmt auch die Kosten für diezwei kommenden Jahre. Danach sollder Sender RSM auch finanziell aufeigenen Füßen stehen.

RSM ist ein Segen für dieBevölkerung»Sinula« ist ein Wort aus der Menta-waisprache und heißt »Knospe«. DerName »Sinula Mandiri« bedeutet,dass eine »Knospe« dabei ist aufzu-blühen, sich aus eigener Kraft entfal-tet und schließlich zu einer kräftigenBlume oder einem starken Baumwird. Ein Radiosender wie Radio Si-nula Mandiri ist ein Segen nicht nurfür die Gemeinden der GKPM, auchfür die Bevölkerung auf Mentawai –und zwar in einem Umkreis von 30Kilometern, das ist der Radius desSendebereichs. Der Sender RSM isteine Art Bindeglied, das die Kommu-nikation der Hörer untereinandererst ermöglicht und fördert, entspre-chend seinem Motto »Das Leben ver-bessern«.

»SMS Sahabat« (»Grüße an denFreund«) ist bei den Hörern das be-liebteste Programm. Jeder kann eineKurznachricht an den Sender schi-cken und für sich selbst oder füreinen Freund ein Lied wünschen. Da-bei kann auch ein kurzer Gruß anFreunde oder Angehörige weitergege-ben werden. Der Sprecher liest dieNachricht vor und lässt die ge-

wünschte Melodie abspielen. Täglicherhält der Sender auf diese Art unge-fähr 80 Kurznachrichten (SMS).Wegen der großen Popularität diesesProgramms überlegt die Sendelei-tung, wie man das wirtschaftlichnutzen kann, um Einnahmen für dasKirchen-Radio zu erwirtschaften. Mitder Telekom sollen Verhandlungengeführt werden, sodass die Kurz-nachrichten, die den Sender errei-chen, mit einem höheren Tarif belas-tet werden. Diese Gebühren kämendem Sender zugute. Eine Lizenz fürdie kommerzielle Nutzung ist bereitsbei der Provinzregierung beantragt.Wenn diese genehmigt wird, kannder Sender auch Werbung ausstrah-len. Eine weitere Einnahmemöglich-keit.

Der einzige Radiosender aufden Inseln»Unser Sender kann noch nicht 100-prozentig arbeiten«, erklärt Friska.»Denn das Elektrizitätswerk in Sika-kap schaltet immer noch reihum be-stimmte Ortsteile ab. Es fehlen Kapa-zitäten. Daher können wir nur vonmorgens sechs bis mittags um einUhr auf Sendung gehen. Dann müs-sen wir unser Programm beenden,weil wir keinen Strom mehr haben.Vielleicht ist nachmittags um fünfUhr der Strom wieder da, aber das istvöllig ungewiss.« Die Stromversor-gung in Sikakap erfolgt durch einenDieselgenerator, der nicht genug pro-duziert, daher wird der Strom immerwieder abgeschaltet. Der Sendermöchte einen eigenen Generatorkaufen, um die Ausfallzeiten desstaatlichen E-Werks zu überbrücken.Der Strombedarf von Radio SinulaMandiri ist groß. Das feuchtheiße tro-

pische Klima ist für die elektronischenInstallationen, die für den Sendebe-trieb nötig sind, schädlich. Daher müs-sen der Senderaum und das Aufnah-mestudio mit einer Klimaanlage ge-kühlt werden. Trotz dieser Hindernisse,der verkürzten und unsicheren Sende-zeit, bemüht sich RSM seine Hörerin-nen und Hörer zufrieden zu stellen:Am frühen Morgen mit einer Morgen-andacht und geistlichen Liedern undspäter abwechselnd mit Unterhal-tungsprogrammen, Informationen, lo-kalen Nachrichten und Lehrsendungenetwa zum Thema Menschenrechte,Umweltschutz und Landwirtscha so-wie praktische Illustrationen zum all-täglichen Umgang miteinander.

Der neue Sender RSM ist ein wichti-ger Beitrag der Kirche zur Weiterent-wicklung der Bevölkerung, auchwenn seine Reichweite noch begrenztist. Immerhin ist er der einzige Radio-sender auf den Inseln. RSM plantnoch an weiteren Orten Relaisstatio-nen zu errichten, um seinen Sende-bereich zu vergrößern. Noch eineandere Möglichkeit wird erwogen:Neben der Sendung auf einer Kurz-wellenfrequenz könnte man auf einerMittelwellenfrequenz senden. »Wirfangen mit dem an, was da ist«, sagtEphorus Simanjutak. »Aber wir hal-ten an unseren Träumen fest undwerden sie Schritt für Schritt ver-wirklichen.«

David Tulaar ist stellvertretenderAbteilungsleiter Asien der VEM.

< Friska Susanti Simamora ist eineder drei Moderatorinnen des Kir-chenradios auf Mentawai.

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Foto: Uwe Hummel /VEM

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Wenn ein Unglück ... über uns kommt, sollen wir stehen ... vor dir ...

und schreien zu dir in unsrer Not, so wollest du hören und helfen?

2. Chronik 20,9

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Foto: Ilse Straube /VEM

Ich weiß nicht, wie viele Male wirdiese Worte im vergangen Jahr als sehrtröstend empfunden hätten. So ofthatten wir Angst. Sorgen. Schwierig-keiten. Furcht um den Arbeitsplatz.Furcht um die Gesundheit unsererLieben und um uns selbst. Wir sorg-ten uns um die Menschen in Ländern,in denen Krieg und Naturkatastro-phen herrschten. Aber so war das Le-ben immer schon. Dieses Jahr wird dakeine Ausnahme sein. Wir werden Si-tuationen begegnen, die für uns aufdie eine oder andere Art nicht leichtsein werden. Krankheiten. Wirt-schaftskrise. Arbeitsplatzabbau. Neueterroristische Anschlagstechniken.Klimabezogene Naturkatastrophen:Dürre und Überschwemmungen inTansania, Erdbeben in Haiti, Vulkan-ausbrüche in den Philippinen, unge-wöhnlicher Schnee in Europa, usw.

Aber wir dürfen nicht von der Angstregiert werden. Der Tod von RobertEnke hat uns gezeigt, dass die Herzenzahlreicher Menschen von vielen Be-drohungen und Ängsten geplagt sind.Wenn wir uns begegnen und zusam-men Kaffee trinken, wissen wir nicht,was tief in dem anderen verborgenliegt. Unser Arbeitsplatz, unsere Ge-sundheit, unsere soziale Stellung oderirgendetwas anders in dieser Weltkann nicht Grundlage unseres Ver-trauens sein. Deshalb gab es für Jesusnur einen sicheren Grund, unser Herznicht zu schrecken: »Glaubt an Gott,glaubt auch an mich!« Gott ist dasEinzige, das sich nicht verändert. Gott

In die Welt für die Welt 2/2010

verlässt uns nicht. Gott versprichtuns, bei uns zu bleiben, während allerVeränderungen und aller Gefahren.Das ist unser Sicherheitsgrund.

Ich denke dabei an ein Kind, das vonanderen Freunden oder Freundinnengeärgert wird. Es tröstet sich mit demSatz: »Das werde ich meiner Mamasagen.« Das alleine bringt schon Frie-den. Es weiß, dass sich eine gute Mut-ter um ihr Kind sorgen wird und hel-fen kann. Doch manchmal kannselbst die Mutter die Situation nichtlösen. Der Schmerz und der Verlustmögen bleiben. Aber die tröstendenHände, das aufmerksame Zuhörenund der Einsatz der Mutter lösen denSchreck und die Sorgen des Kindes.Deshalb lehrte uns Jesus: UnserGlaube soll der eines Kindes sein, umdas Königreich Gottes zu erben.

Gott fordert uns auf, ihm unsere Sor-gen anzuvertrauen. Gott liebt uns,kennt unsere Lage und kümmert sichum uns. Gott ist da, wenn es keinenmehr gibt, der uns versteht. Gott lässtuns nicht fallen, wenn wir unsereSorgen und Ängste keinem anderenmehr mitteilen können. Gott sitzt beiuns in der Dunkelheit und hört unse-rem Weinen zu. Gott hört die kleinenWorte, die wir leise sprechen, wennwir auf der Straße gehen, oder Musikhören im Zug, oder allein im Autofahren. Ja, wir sind Gottes geliebteKinder und wissen, dass er sich umuns kümmert. Unser Herz soll nichtschrecken.

»EuerHerzerschreckenicht.Glaubtan Gottundglaubtan mich.«(Johannes 14,1)

Jahreslosung 2010

Von Fidon Mwombeki

Dr. Fidon Mwombeki istGeneralsekretär der VereintenEvangelischen Mission.

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ein weiteres Verständnis von Gesund-heit und Krankheit erschloss, ein ganz-heitlicheres. Es geht um die Harmonievon Körper und Seele. Im Alltag sollman zu seiner Seele gut sein. »Andern-falls zieht die Seele aus dem Körper ausund wir werden krank«, sagte mirEvangelist Liberty. »Heilung kann nurgeschehen, wenn die Seele wieder inden Körper zurückfindet.«

Liberty war als junger Mann erst Christgeworden und von der südlichsten aufdie nördlichste Insel gezogen. Die Ge-meinden, in die uns die Kirchenleitungschickte, hatten durch ihn und seineFrau erstmals vom Evangelium gehört.Besser sollte ich sagen, sie hatten dasEvangelium erlebt, bevor sie es hörten:

Kinderlos waren sie auf die Insel ge-kommen und nach altem Brauch hätteLiberty seine Frau längst fortschickensollen. Aber er hielt an ihr fest. Späternahmen sie ein Kind an, dessen Muttergestorben war. Das war für die Men-schen damals ungewöhnlich, denn siewaren davon überzeugt, dass das Un-glück bringe. Für eine mentawaiischejunge Mutter war es unvorstellbar, ne-ben ihrem eigenen Kind noch ein frem-des zu stillen. Das eigene würde Scha-den nehmen.

... Harmonie von Körper und SeeleAber Liberty und seine Frau konnteneine stillende Mutter dazu überreden,ihr angenommenes Kind zu stillen, er-zählten von ihrem Gottvertrauen, undalle erlebten, dass beiden Kindernnichts geschah. Es wurden Gesprächeüber den Glauben geführt und allmäh-lich entstanden christliche Gemeinden.

Dabei gab es immer wieder Anknüp-fungen an ihren alten Glauben. Kedjak,einer der ersten Christen brachte es aufden Punkt: »Was ihr Missionare uns er-zählt von dem menschenfreundlichenGott, der Ewigkeit und all dem – dashaben wir tief drinnen schon gewusst.Nur hatten wir noch keine Namen da-für.« Ein modernes Glaubensbekennt-nis sagt: »Ich glaube, dass Gott von al-len seinen Geschöpfen ersehnt wird,dass aber keine Sehnsucht und keineReligion Gott ganz erfassen kann. Ichglaube, dass dieses Unvermögen einebreite Straße der Begegnung, dergegenseitigen Duldung, der hilfsberei-ten Liebe sein kann, die letztlich in Gottmündet.« (Ursula Glatzel) Unsere Zeitin Mentawai beschenkte uns mit solch

einer »Straße der Begegnung!« Ihrtabufreier Umgang mit Sterben undTod, mit der Zeit, mit Schicksalsschlä-gen war Ausdruck ihrer Geborgenheit,die im »großen Dorf« endet, wie sie esnennen. Dorthin sind ihre Vorfahrengegangen und dieses Aufgehoben-Seinwirkt in ihren Alltag hinein, weil »nichtwir die Wurzeln tragen, sondern dieWurzeln uns«.

Mir scheint, dass es mehr denn je Men-schen braucht, die in ihrem Glaubenbeheimatet sind und die sich in allerUnterschiedenheit, die sie behalten sol-len, zusammenfinden. Mich hat esreich gemacht und offener.

Elisabeth Falkenroth ist Mitglied derSchwesterngemeinscha innerhalb derVEM.

Foto: Magdalene Eckert

Nicht nur bei Jeremia 31 Vers 10 ist dieRede von den »fernen Inseln«. Auch inden Psalmen kommen sie o vor. Niehaben sie einen Namen, aber schon alsJungscharmädchen Anfang der 1950erJahre meinte ich, ihre Namen zu ken-nen: die Mentawai-Inseln. Unermüd-lich baten wir damals unsere Mütterum alte Leintücher, rissen sie in achtbzw. zehn Zentimeter breite Streifenund rollten sie zu Binden auf. Über dieRheinische Mission gingen sie zu den»fernen Inseln«: Schwester MarieHeuschmann auf der südlichsten derdrei Inseln in Sikakap verband damitWunden und Tropengeschwüre. DasNord-Rheinische Mädchenwerk derRheinischen Kirche hatte eine Art Pa-tenscha für Mentawai übernommen.

Damals ahnte ich noch nicht, dass ichselbst einmal in der Kirche Mentawaisals Mitarbeiterin im Gesundheitswesenfür zwölf Jahre eine Heimat findenwürde. Vom ersten Tag an im Frühjahr1971 fühlte ich mich zu Hause.

Es geht um die ...Selbst aus dem Ruhrgebiet stammendtraf ich auf eine Agrargesellscha, tiefverbunden mit der Erde, den Abläufender Natur und den Pflanzen. Ihre Spra-che macht dies schon deutlich, leitetsich doch der Name ihrer Naturreligion»sa-bulung-an« von dem Wort »buluk«(»Blatt«) ab. Mit Hibiskusblüten hinterdem Ohr schmücken sie sich gerne.»Damit die Seele sich in unserem Kör-per wohlfühlt«, so die Erklärung. Mitdem Fachwissen einer ausgebildetenKrankenschwester war ich angereist,aber ich spürte bald, dass sich mir imZusammenleben mit den Mentawaiern

»Die fernen Inseln«Von Elisabeth Falckenroth

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Elisabeth Falckenroth bereitet inder Kirche eine Bibelarbeit vor.Hinten links im Bild sitzt die

Frau des Evangelisten Liberty.

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Fotos: Horst Bagusche/VEM

»Wir haben die Visioneiner integralen Mission«Die Shyogwe-Diözese der Anglikanischen Kirche in Ruanda bietet

Jugendlichen die Chance einer soliden Schul- und Berufsausbildung

Von Marion Unger

Ruanda pflegt sein Image als aufstrebender, westlich orien-tierter Staat. Seine aufblühende Wirtschaft verdeckt jedochoft das Elend derjenigen, die noch immer unter den Folgendes Völkermords vor 16 Jahren leiden. So hat der Bürger-krieg eine Million Waisen hinterlassen, denen die Shyogwe-Diözese der Anglikanischen Kirche mit praktischen Hilfen inihren 28 Kirchengemeinden einen Platz in der Gesellschaftzu sichern versucht. Eine dieser Initiativen ist das Projekt»Youth at Risk«, mit dem 200 Jugendliche die Chance erhal-ten, ihre teilweise lückenhafte Schulbildung zu vervollstän-digen und einen Beruf zu erlernen.

Ruandas Wirtschaft boomt, doch das Wirtschaswachstumwird gebremst von einem eklatanten Mangel an Fachkräf-ten im Handwerk und in den technischen Berufen. Wer indiesem Metier derzeit hier Geld verdient, kommt in den we-nigsten Fällen aus dem Land selbst. »Die Menschen in Ru-anda können ihr Einkommen entscheidend verbessern,wenn sie die Chance erhalten, diese Berufe zu erlernen«, er-klärt Generalsekretär John Wesley Kabango. Kabango hatdie Vision, dass Ruanda diese Fertigkeiten nicht mehr ausanderen Ländern importieren muss, sondern selbst genü-gend Fachleute ausbildet.

Hilfe zur SelbsthilfeIn der Shyogwe-Diözese hat er das Projekt »Youth at Risk«ins Leben gerufen und kämp dafür, dass die Chance zu ei-ner soliden Ausbildung an benachteiligten Jugendlichennicht vorbeigeht. Das betrif vor allem diejenigen, die auf-grund ihrer Vorgeschichte als gefährdet gelten. Davon gibt esviele in Ruanda. Verwaist durch den Genozid und späterdurch die Aids-Epidemie lebten zahlreiche Kinder und Ju-gendliche jahrelang in Familien ohne Erwachsene zusam-men oder schlugen sich auf der Straße durch. Die Älterenkümmerten sich um jüngere Geschwister und konnten des-halb nicht zur Schule gehen. Jetzt kommen sie in ein Alter, indem sie einen Beruf brauchen, um ihren Lebensunterhalt zuverdienen und eine Familie zu gründen. Aber vielen fehlt esdafür an den notwendigsten Voraussetzungen. »Wir habenmehrere Trainingszentren eingerichtet, in denen sie zurSchule gehen und auf einen Beruf vorbereitet werden, damitsie bald für sich selbst sorgen können«, erläutert Kabango.

Aus konkreten Notlagen heraus wurde ein Konzept derHilfe zur Selbsthilfe entwickelt, das mit geringen Mittelnauskommt. Die Grundausbildung dauert in der Regel einJahr und gliedert sich in Schulunterricht und praktischeArbeit. Danach soll eine spezifisch auf bestimmte Berufeausgerichtete Ausbildung einsetzen. Sorgfältig werden diedafür in Frage kommenden Jugendlichen ausgewählt, ehesie zur Schulung in die Trainingszentren kommen dürfen.Die Arbeit begann in Gitarama, rasch folgten weitere Ein-richtungen in Shyogwe und inzwischen auch in kleineren

< Am Beispiel von Handkarren lernen Jugendliche Grundtechniken des Schlosserhandwerks.

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Ortschaen. Jüngstes Vorhaben ist die Einrichtung einerSchule für 90 bis 120 Kinder in der Gemeinde Vunga. Jenach Bedarf kommen weitere Teilprojekte hinzu. Schuleund Ausbildung bereiten auf praktische Berufe vor, in de-nen die jungen Leute gute Aussichten haben, ihren Lebens-unterhalt selbst zu verdienen. So gibt es zum Beispiel eineTischlerei, die Grundtechniken vermittelt. In der nahenWerkstatt werden sie beim Bau von Möbeln umgesetzt.Eine breite Produktpalette kann die Schlosserei vorweisen:Wandregale, Tische, Sessel, Klapphocker, Gehhilfen, Gar-tengeräte oder Betten mit aufrollbarem Lattenrost – lauterpraktische Dinge für den Alltag, die sich gut verkaufen las-sen. Als der Staat gesetzlich verordnete, dass jeder Bürger

Ruandas Schuhe tragen müsse, richtete man eine Schuster-werkstatt ein. Auch Grundkenntnisse in der Landwirtschawerden vermittelt und dabei mit den Bauern auf den um-liegenden Ananasplantagen zusammengearbeitet. So verar-beiten die Jugendlichen Früchte zu Sa oder Marmelade.Geflügelgehege und Schweinekoben sind ebenso zu findenwie Gewächshäuser und eine kleine Baumschule.

Die Mädchen träumen von einer eigenen BoutiqueWährend die jungen Männer von einem Job in einer Auto-werkstatt träumen, wünschen sich die heranwachsendenMädchen eine eigene kleine Boutique. Dafür üben sie sicheifrig im Schneiderhandwerk. Sie nähen Schuluniformen,die wiederum verkau werden können, stricken unterAnleitung Socken und Mützen, besticken Decken mitkunstvollen Mustern oder fertigen aus Bananenblätterngeschmackvolle Grußkarten an. Gestaltet mit Weihnachts-motiven sind sie ein Bestseller auf dem europäischenMarkt. Nur sehr wenige Mädchen haben überhaupt dieChance, einen Beruf zu erlernen. Weiterführende Schulenerheben Schulgeld, das sich arme Familien höchstens fürein Kind – meist einen Jungen – leisten können. Hier ist dasProjekt eng mit der Arbeit der Mothers Union verknüp.Die Organisation ist fast in allen Kirchengemeinden vertre-ten und versucht die Lebensbedingungen von Frauen zu

verbessern. Alphabetisierungskurse für Erwachsene, Auf-klärung über Hygiene und gesundheitliche Vorbeugung –vor allem im Zeichen von HIV/Aids – und Familienplanunggehören zum Standardprogramm. Mothers Union fördertgezielt Existenzgründungsprojekte für Frauen und ist indiesem Zusammenhang in das »Youth at Risk«-Projekt ein-gestiegen. »Die Idee breitet sich in Wellen aus«, freut sichJohn Wesley Kabango. »Youth at Risk« in Gitarama ist dasModell für andere Gemeinden. So entstand eine Nähwerk-statt in Ruhango, in der HIV-positive Frauen arbeiten undeine weitere für 20 Mädchen in dem Bergdorf Shaki. Dasehrgeizige Ziel, innerhalb von zwei Jahren 240 jungen Leu-ten zu einer Berufsausbildung zu verhelfen, muss allerdings

korrigiert werden, größer als anfangs angenommen sindbei manchen Jugendlichen die Defizite. Viele benötigeneinfach eine längere Zeit der Begleitung. Einige der Werk-stätten leiden zudem an beengten räumlichen Verhältnis-sen und auch an der Ausstattung mangelt es bisweilen. Sokönnte die Schneiderwerkstatt in Shaki deutlich mehr Näh-maschinen und Material gebrauchen. Noch nicht befriedi-gend gelöst ist zudem die Frage, ob die jungen Leute nachder Ausbildung auch tatsächlich Arbeit finden.

»Youth at Risk« steht auf der Basis eines Fünf-Jahres-Plans,den die Shyogwe-Diözese der Anglikanischen Kirche für dieEntwicklung ihrer Gemeinden aufgestellt hat. Offen oderverdeckt sei der Genozid die allgegenwärtige Herausforde-rung für die christlichen Kirchen in Ruanda, sagt John Wes-ley Kabango. »Wir haben die Vision einer integralenMission«, legt er dar. »Die Verkündigung des Evangeliumsmuss mit dem sozialen Handeln an den Ärmsten derArmen Hand in Hand gehen.«

Marion Unger arbeitet als freie Journalistin.

Horst und Christel Bagusche engagieren sich im Auftrag derVEM in dem Projekt »Youth at risk«. Es ist bereits ihr dritterKurzeinsatz für die VEM.

Schule und Ausbildung bereiten auf praktische Berufe vor, in denen die jungen Leute gute Aussichten haben, ihren Lebensunter-halt selbst zu verdienen.

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Welt« besucht der Wichtel seineFreundin Chidera und feiert mit ihrund ihrer Familie die Karwoche. In-formationen zu Land, Religion undLebensweise finden sich dort nebenBastelideen, Liedern und Vorlesege-schichten. Als praktisches Elementkann jedes Kind seine persönlicheWichtelpuppe gestalten, die dann ge-meinsam an eine Partnergemeindegeschickt wird. Das muss nicht Nige-ria sein. Legen Sie den Partnern einenBrief bei und fragen, wie sie die Kar-woche begehen und erzählen von denFeiern in Ihrer Gemeinde.

Der Wichteleinstieg zu ErntedankFür die Ernte im Herbst bedanken wiruns bei Gott. Aber wir essen nicht nur

Wichteln heißt, anderen mit kleinenGeschenken eine Freude machen. Aberdas ist nicht das einzige, was einemdazu einfällt. Meist wird das Wichtelnmit Weihnachten assoziiert. Und ge-wichtelt wird tatsächlich zumeist indieser Zeit. Dabei gibt es doch so vieleverschiedene Arten des Wichtelns, dienicht auf die Weihnachtszeit be-schränkt sind. Kennen Sie schon dieweltweite Variante? Weltweit wich-teln ermöglicht es Kindergruppen inKindergarten, Grundschule und Kin-dergottesdienst, etwas über andereLänder zu erfahren, den fairen Handelkennen zu lernen und weltweit Kon-takte zu knüpfen. Praktisch funktio-niert dies mit dem Wichtel, einer fairgehandelten Handpuppe aus Stoff. Je-

des Kind gestaltet ganz kreativ seinenWichtel: so entstehen Prinzessinnen,Piraten, wilde Tiere, Fußballer odereinfach ein Selbstporträt. Diese Pup-pen werden an Kinder in anderenLändern geschickt. Dazu nutzt manam besten schon bestehende Kon-takte. Spannend wird es, wenn etwaszurück kommt. Wieso also nicht ein-fach an Ostern wichteln? – Nichtsleichter als das:

Der Wichteleinstieg an OsternDie Osterglocken blühen und derOstersonntag rückt näher. Mit IhrerKindergruppe können Sie erarbeiten,wie beispielsweise die Karwoche inNigeria gefeiert wird. Im Arbeitsheft»Feste feiern mit Kindern in aller

Werwichteltdenn anOstern?Mit »weltweit wichteln« durchdas Kirchenjahr

Von Carolin Starz

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In die Welt für die Welt 2/2010Foto: Sieglinde Repp-Jost

SO HAT ES FUNKTIONIERT

Pfarrerin Sieglinde Repp-Jost erzählt von ihrer Wichtelerfahrungim vergangenen Jahr:

»Die Kinder der Evangelischen Kindertagesstätte ›Am Schwanenteich‹ in Eschwege ha-ben in der Adventszeit zusammen mit Erzieherinnen und engagierten Eltern Wichtel-puppen für Kinder einer Kindertagesstätte auf den Müllbergen von Manila gebastelt.Stolz und voller Freude zeigten die Kinder in der dritten Adventswoche ihre Puppen.Am Tag darauf machten sich die Puppen in einem großen Paket auf die Reise zu den›Smokey Mountains‹ (Rauchende Berge).

Was so geheimnisvoll klingt, sind riesige Müllhalden am Rand der Millionenstadt Ma-nila in den Philippinen. Es ist unvorstellbar, aber dort auf dem matschigen Untergrund,umgeben von stinkendem Schmutz und beißendem Rauch, leben und arbeitenTausende von Menschen. Erwachsene und Kinder durchwühlen mit ihren Händen denabgeladenen Müll auf der Suche nach verwertbaren Resten: Plastik, Verpackungen,Papier, Dosen, Flaschen, Metalle, Reifen. Kinder schuften gemeinsam mit ihren Eltern,damit der Erlös der gesammelten Materialien zumindest für eine Mahlzeit der Familiereicht. Die evangelische Kirchengemeinde Tondo der Vereinigten Kirche Christi in denPhilippinen, hat für die etwa 10.000 Menschen dort ein Hilfsprojekt gestartet, zu demauch eine Kindertagesstätte gehört. 50 Kinder werden dort von drei ausgebildetenFrauen betreut und unterrichtet.

Über die Vereinte Evangelische Mission (VEM) wurde der Kontakt vermittelt. Im März2010 wird eine ehemalige Freiwillige der VEM den Kindern in Eschwege vom Lebendort berichten und ein Projekt gestalten, zu dem auch die Eltern eingeladen sind. Siehat ein Jahr in dieser Kirchengemeinde und mit den Müllkindern gelebt und gearbeitet.Damit das alles möglich wird und neben den Wichtelpuppen auch Geld für den Kinder-garten auf der Müllhalde überwiesen werden kann, haben die Kinder im Dezember2009 vor einem Supermarkt in Eschwege Waffeln gebacken und verkauft. Die Mitarbei-tenden des Marktes haben alle Zutaten für die Aktion gespendet.

So macht interkulturelles Lernen und entwicklungspolitisches Engagement Spaß. DieKinder in Eschwege sind jedenfalls schon jetzt sehr gespannt auf Rückmeldungen ausManila.«

Sie möchten mehr erfahren oder auch mitwichteln? – Dann kommen Sie zum www-Infotag mit Beispielen aus der Praxis amMittwoch, 26. Mai 2010, von 13 - 18 Uhr bei der VEM in Wuppertal, Tagungsort: Tagungszentrum Ökumenische WerkstattWuppertal / Centre for Mission and Leadership Studies. Anmeldungen und weitere Informationen:VEM, Meike Freyth, [email protected], Fon (0202) 890 04-158.

die Ernte aus Deutschland. Woherkommen Bananen und Orangen? Undunter welchen Bedingungen werdensie geerntet? Die Arbeitshefte »Wa-rum ist die Banane krumm?« und»Jetzt geht’s rund: Orangen« bietendazu viele bunte Informationen undMitmachmöglichkeiten – und sie füh-ren schon kleine Kinder spielerischan den fairen Handel heran. Mit ei-nem Ausflug in den Weltladen unddem Kauf der fair gehandelten Wich-telpuppen kann die Aktion starten.

Die weihnachtliche WichtelzeitIn vier Kindergottesdienstentwürfenreist der Wichtel an jedem Advents-sonntag in ein anderes Land und er-fährt, wie in Indien, Mexiko, den USAund Schweden Weihnachten gefeiertwird. Die Entwürfe können direktübernommen werden.

Carolin Starz koordiniert die Aktion»weltweit wichteln« in Stuttgart.

Alle angegebenen Materialien undweitere Informationen gibt es unterwww.weltweit-wichteln.dezum Download oder bei»weltweit wichteln« zu bestellen.Fon (0711) 636 [email protected]

< Die Kinder der KiTa »Am Schwa-nenteich« präsentieren stolz ihreselbst gebastelten Wichtel.

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den« – so Präsident Kennedy – Krieg zu führen und Indo-nesien in den Ostblock abdriften zu lassen. Die Nieder-lande wurden gezwungen, West-Neuguinea an Indonesienabzutreten. Nach spätestens sieben Jahren sollten die Pa-pua Gelegenheit haben, sich in einem Referendum unterUNO-Aufsicht für oder gegen den Anschluss an Indonesienzu entscheiden.

Kirche in Papua hat mutige PläneIn dieser politisch brisanten Lage hatte die EvangelischeKirche in West-Papua (GKI-TP) mutige Pläne, die nichtsmit der großen Politik zu tun hatten. Sie wollte eine neueMissionsarbeit im Hochland beginnen. 1954 hatten sichdort erstmals amerikanische Missionare niedergelassen.1956 hatte die Kolonialregierung im Balimtal eine Gras-piste für kleinere Flugzeuge angelegt und den Regierungs-posten Wamena gegründet. Hier bildete sich eine kleineevangelische Gemeinde. 1959 entsandte die Kirche einenjungen Pfarrer in diese Gemeinde. Pfarrer Rumere küm-

merte sich nicht nur um die Gemeindeglieder, die wieer von der Küste kamen, er besuchte auch die um-

liegenden Dörfer der Dani im Balimtal und schlossFreundschaften.

Er erfuhr, dass viele Dörfer untereinander ver-feindet waren. Einmal entging er nur mit knap-per Not einem Anschlag. Während er verfolgt

wurde und um sein Leben rannte, kam zu-fällig ein Flugzeug, das auf jener neuen

Graspiste landen wollte. Der Pilot er-kannte die gefährliche Situation aus derLuft und vertrieb die Verfolger mit eini-gen gezielten Sturzflügen und Kurven.Die Berichte von Pfarrer Rumere be-eindruckten den Kirchenpräsidenten

Pfarrer Filip Jakob Spener Ru-mainum. So wuchs in der Kirche

der Wunsch, sich an der Missions-arbeit im Hochland zu beteiligen.Rumainum wandte sich selbst andie Mission der Niederländisch

Anno domini 2010! Fünfzig Jahre sind vergangen, seit ichzum ersten Mal den Boden West-Papuas betrat. Die viermo-torige Propellermaschine landete gegen fünf Uhr morgensauf dem Flugfeld der dem Festland Neuguineas vorgela-gerten Insel Biak. Dr. Wim Vriend und ich hatten 42 Stun-den Flug hinter uns, von Amsterdam über den Nordpolmit Zwischenlandungen in Anchorage und Tokio. In Am-sterdam waren wir von der Familie von Vriend, seinerFrau und zwei kleinen Kindern, und von meiner Verlob-ten, die sich noch in der Ausbildung zur Lehrerin befand,verabschiedet worden. Sie sollten später nachkommen.

Uns erwartete eine spannende und angespannte politischeSituation. West-Papua war noch niederländische Kolonie.Der damalige indonesische Präsident Sukarno fordertelautstark die Übergabe an Indonesien. Er suchte die Nähezum Ostblock und provozierte damit die USA. Die Papuain den Küstenregionen, die politisch aufgeklärt waren,lehnten indonesische Ansprüche ab, sie forderten die Un-abhängigkeit. Alle Niederländer im damaligenNeuguinea – ob in Regierung, Kirche oderMission – unterstützten diesen Wunsch derPapua.

Unterschiedliche Kulturen achtenSie arbeiteten freundschaftlich mit denPapua zusammen und achteten dievielen unterschiedlichen Kulturen.Ein sogenannter Neuguinearat,Vorläufer eines Parlaments,wurde gewählt und nahm seineArbeit auf. Doch Präsident Su-harto schickte Truppen nachWest-Papua, sogenannte Infil-tranten. Sie sollten die nieder-ländische Kolonialregierungverunsichern und die Lagedestabilisieren. Diese Taktikerwies sich schließlich alserfolgreich. Die internatio-nale Gemeinschaft warnicht gewillt, »wegen einpaar unzivilisierten Wil-

Mit einem SprechfunkgerätKontakt zur AußenweltVor 50 Jahren haben sich zwei deutsche Missionare und ein niederländischer Arzt derRheinischen Mission auf den Weg ins abgelegene Hochland von West-Papua gemacht.SIEGFRIED ZÖLLNER blickt zurück.

< Kolubak, Oberhaupt der Yali

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In die Welt für die Welt 2/2010Fotos: Siegfried Zöllner/VEM

Reformierten Kirche und an die damalige Rheinische Mis-sion und bat um einen Missionsarzt und zwei Missionare.Der Missionsarzt war Dr. Wim Vriend, die beiden Missio-nare Pfarrer Paul-Gerhard Aring und ich.

Lebensweise der Hochlandbevölkerung kennenlernenDr. Wim Vriend und ich hatten Rumainum schon bei sei-nem Besuch in Europa kennen gelernt. Er war ein kleiner,aber kräftig gebauter Mann mit munteren Augen undmanchmal verschmitztem Lächeln, wenn er erzählte. Erkonnte aber auch streng und finster dreinblicken, wennihm etwas nicht passte. Die neue Arbeit im Hochland, diewir aufbauen sollten, war sein Lieblingsprojekt. Als jungerMann hatte er selbst als Lehrer und Evangelist unter Men-schen gearbeitet, die noch in alten Traditionen, Krieg undBlutrache gefangen waren. Er hatte in seiner Arbeit selbsterlebt, dass das Evangelium von Jesus Christus Friedenbringen kann. Er stand am Flugplatz, als wir in der Haupt-stadt Hollandia (heute Jayapura) aus dem Flugzeug stie-gen. Später haben er und seine Frau uns oft in Anggurukbesucht.

Eine knappe halbe Flugstunde östlich von Wamena lag eindicht besiedeltes Gebiet. Die Dani in Wamena nannten esYalimo. Bisher hatten nur Piloten des MissionsflugdienstesMAF (Mission Aviation Fellowship) die vielen Dörfer, Gär-ten und Felder aus der Luft beobachtet. Yalimo sollte un-ser Arbeitsgebiet werden, so wurde es zwischen der GKI-TP, den amerikanischen Missionen und dem Missionsflug-dienst vereinbart. Eine 3500 Meter hohe Bergkette trennteWamena und das Balimtal von Yalimo. Wenige Wochennach unserer Ankunft in Neuguinea schlugen wir am Fußdieser Bergkette ein Basislager als Ausgangpunkt unsererExpedition auf. Pfarrer Paul-Gerhard Aring übernahm diekleine Gemeinde in Wamena und die logistische Unter-stützung unserer Expedition. Es war geplant, dass Dr.Vriend und ich zu Fuß ins Yalimo laufen und dort einengünstigen Ort für den Bau einer Landebahn erkunden soll-ten. Dann sollten wir mit Hilfe der Bevölkerung eine Pistebauen, so dass die Cessnas des Missionsflugdienstes lan-den konnten. Danach sollten dort unsere Wohnhäuser

und ein kleines Krankenhaus gebaut werden. Bis zur Fer-tigstellung der Landebahn sollten wir durch Abwürfe vomFlugzeug aus versorgt werden. Die Kommunikation mitder Außenwelt sollte über ein Sprechfunkgerät geschehen.

Der Aufenthalt im Basiscamp Kurima (heute Polimo), spä-ter Mugwi, gab uns die Möglichkeit, die Lebensweise derHochlandbevölkerung kennen zu lernen und einen klei-nen Einblick in die Sprache zu gewinnen. Polaimakwe, derDorfchef in Mugwi, nahm uns mit offenen Armen auf. Erwusste, dass wir nach Yalimo unterwegs waren und wollteuns behilflich sein. Aber am liebsten hätte er uns bei sichbehalten, in seinem Dorf. Eines Tages erhielten wir dortvon einigen Yali-Männern Besuch. Durch ihre Kleidungund ihre Haartracht unterschieden sie sich sehr von denDani. Sie trugen auffallende Ringgürtel, die aus vielenschmalen Rotanringen bestanden und ein Kopfnetz, dasim Nacken spitz zulief. Jeder trug einen Bogen und einBündel Pfeile. Scheinbar ohne Probleme verständigten siesich mit den Dani, ihren Handelspartnern. Die Sprachenmussten also verwandt sein, die Yali hatten demnach Han-delsbeziehungen zu den Dörfern diesseits der Bergkette!Das war für uns eine ganz wichtige Entdeckung. Wenn Po-laimakwe bereit war, uns zu seinen Handelspartnern inYalimo jenseits der Bergkette zu begleiten, würden wir dortsicher ankommen und freundlich aufgenommen werden.

Die Natur macht keine UnterschiedeEines Tages war es soweit. Polaimakwe hatte alles gut vor-bereitet. Träger standen bereit, die unsere Zelte, dasSprechfunkgerät, die Batterie und ein Motor betriebenesLadegerät, die wichtigsten Instrumente und Medikamentefür den Arzt, und natürlich Verpflegung für uns tragensollten. Er hatte offensichtlich einen Boten ins Yalimo ge-schickt, denn auf dem Kamm der Bergkette, in 3500 MeterHöhe, kamen uns Yali-Männer entgegen. Sie begrüßtenuns ein wenig ängstlich, ein wenig skeptisch und dochfreundlich und übernahmen gleich Tragelasten von Polai-makwes Männern. Wegen eines am Mittag des zweiten Ta-ges einsetzenden eiskalten Regens mussten wir in einerArt Höhle unter einem überhängenden Felsen übernach-

< Paul-Gerhard Aring besucht Angguruk.

1961: Erste Flugzeuge landen in Angguruk.<

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ten. Ein großes Feuer wurde angezündet, etwa dreißig bisvierzig frierende Menschen suchten die Wärme. Da warenwir alle gleich, zwei Europäer, drei Papua von der Küste,Dani und Yali – die Natur machte keine Unterschiede.Dicht gedrängt standen oder saßen wir nebeneinander, be-rührten unsere nasse Gänsehaut und lächelten einanderan. Eine erste Brücke des Vertrauens?

Am Vormittag des vierten Tages erreichten wir das Yali-dorf Piliyam. Bis hier her wollte Polaimakwe uns geleiten.Ihm verdanken wir, dass die Yali uns freundlich aufnah-men und wir keine Feindschaft spürten. Nach zwei Ruhe-tagen machte er sich mit seinen Leute auf den Rückweg. Eswar ein Abschied für lange Zeit. Viele Jahre späterbesuchte er uns noch einmal in Angguruk. Vor uns lagenzunächst drei Aufgaben, die gleichzeitig in Angriff genom-men werden mussten: erstens das Vertrauen zu den Yali

Vriend (2. v. li) und Zöllner (re) machen Rast vor derGebirgsüberschreitung in einer Hütte im Mugwital zusammen

mit ihren Begleitern Maban (li) und Jochu. (Ende 1961)

Siegfried Zöllner und seine Frau mit ihren Freunden.

aufbauen und festigen, zweitens eine Grundkenntnis derSprache erlernen und drittens ein geeignetes Gelände füreine Landebahn finden. In der Nähe der Landebahn mus-ste dann auch genügend Platz für Wohnhäuser und dasKrankenhaus sein. Ich war den ganzen Tag mit den Yalizusammen, im Dorf, in den Gärten, besuchte auch andereDörfer und schlief sogar gelegentlich in ihren Hütten. Da-bei notierte ich mir Wörter und Sätze und es gelang mirbald, mich ein wenig mit ihnen zu unterhalten. WimVriend arbeitete als Arzt. Wir entdeckten, dass viele Yalivon der sogenannten Frambösie befallen waren, Ge-schwüre, die nicht abheilen wollten und sich immer wei-ter fraßen. Eine einzige Spritze Penizillin konnte dieKrankheit heilen. Als die Yali das begriffen hatten, sprachsich die Kunst des Arztes überall herum und er behandelteHunderte. Auch unsere Papua-Mitarbeiter von der Küstetrugen dazu bei, das Vertrauen der Yali zu gewinnen. Siehatten die gleiche Hautfarbe, das gleiche Kraushaar –wenn auch einen völlig anderen kulturellen Hintergrundund eine andere Sprache. Sie konnten besser als wir Euro-päer von Süßkartoffeln und Blattgemüse leben und besserals die Yali. Die Yali merkten, dass sie materielle Vorteilevon uns hatten. Besonders begehrt waren Eisenwerkzeuge,Messer und Äxte, die ihnen ihre tägliche Arbeit auf denFeldern sehr erleichterten. Auch einfaches Kochsalz waräußerst begehrt, Geldwährung war natürlich vollkommenunbekannt. Mit diesen Artikeln bezahlten wir Nahrungs-mittel, Bau- und Brennholz und natürlich Arbeitsleistung.

Freundliche AufnahmeEs war nicht einfach, ein Gelände für eine Landebahn zufinden. Das Yalimo besteht fast nur aus tief eingeschnitte-nen Tälern mit reißenden Flüssen und steilen Berghängen.Gelegentlich stießen wir auf einen flachen Bergrücken,doch wenn wir das Metermaß ausrollten, erwies sich dasebene Gelände als zu kurz. Der Missionsflugdienst hatteuns 500 Meter vorgegeben. Schließlich halfen uns die Pilo-ten aus der Luft. Sie entdeckten eine kleine Talsenke miteiner ebenen Fläche. Wir maßen das Gelände aus und stel-len fest, dass eine Landebahn von cirka 450 Meter gebautwerde konnte. Am unteren Ende brach das Gelände steilab, oben endete es am Fuß eines Berghangs. Die Pilotentesteten An- und Abflug aus der Luft und gaben schließ-lich ihre Zustimmung. Wir konnten uns an die Arbeit ma-chen. Die Talsenke, an deren Rand fünf Yalidörfer lagen,wurde Angguruk genannt. Der Bau der Landebahn dauertevier Monate. Ohne die tatkräftige Hilfe der Bevölkerungwäre das Flugfeld wohl nie fertig geworden. Die freundli-che Aufnahme in Angguruk und die Hilfsbereitschaft derBevölkerung dankten wir vor allem einem Mann: Kolubag.Er war eine stattliche Erscheinung, größer und kräftigerals die meisten Yali, hatte eine kräftige Stimme und wurde

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in seinem Dorf als führende Persönlichkeit geachtet. Ertrug eine Halskette mit einer großen weißen Muschel – einkostbarer Schmuck für die Yali. Kolubag war auch weit-sichtig. Er erkannte, dass die Anwesenheit der Fremdenseinem Dorf Vorteile bringen könnte, materielle Vorteile:Eisenwerkzeuge und Salz; ideelle Vorteile: Sein Dorfwürde das wichtigste Dorf im weiten Umkreis werden. Si-cherlich hat Kolubag auch die Nachteile und Gefahren be-dacht: Niemand kannte die Fremden. Warum waren sienach Yalimo gekommen? Waren es Geister aus der Toten-welt? Würden sie den Lebenden Schaden zufügen? Wür-den sie Missernten oder Krankheiten verursachen? Ersetzte sich über diese Bedenken hinweg. Die Vorteile über-wogen. Kolubag arbeitete fleißig mit am Bau der Land-ebahn. Schon vor der Landung des ersten Flugzeugs sagteer: »Wenn das Flugzeug landet, möchte ich auf jeden Falleinsteigen und mitfliegen!« Seine Neugier und sein Ver-trauen in das, was die Fremden taten, waren größer alsängstliche Vorbehalte. Kolubag hat uns bis zu seinem Tod1975 die Treue gehalten. Alles, was wir taten, beobachteteer aus der Nähe. War er nicht einverstanden, sagte er dasdeutlich und unmissverständlich. Er konnte dabei auchsehr zornig werden.

Hören auf Gottes WortMit der Zeit weitete sich der Horizont der Yali. Wenn wirfrüher von einem hohen Berg aus in der Ferne Rauch auf-steigen sahen, sagten die Yali: »Dort wohnen die Geister.Wir können dort nicht hingehen. Sie würden uns töten.«Sie lernten, dass es auch jenseits ihres Horizonts Dörfer undMenschen gab, die genau wie sie Süßkartoffeln anbautenund Schweine hielten. Die Bewohner einiger Nachbarregio-nen waren Christen geworden, hatten mit der traditionel-len Religion gebrochen, die Blutrache aufgegeben, Friedengeschlossen. Als Kolubag diese Dörfer besuchte, war er be-eindruckt und entschlossen, auch in seinem Dorf Verände-rungen durchzuführen. Veränderungen – das hieß für ihnAbkehr von der Tradition der Blutrache, Hören auf GottesWort, das lautet: »Du sollst nicht töten«. Er war der ersteYali, der mit seinem Dorf diesen mutigen Schritt tat. So öff-nete er der Friedensbotscha des Evangeliums die Tür.

Pfarrer Dr. Siegfried Zöllner war sein ganzes Berufslebenmit der VEM verbunden. So war er u.a. von 1960 bis

1973 für die RheinischeMission in Angguruk im Yalimo-Gebietin der Pioniermission tätig und übersetzte wichtige Teile der Bibelerstmals in die Yali-Sprache. In seiner Dissertation untersuchte erden Zusammenhang von Religion und Kultur der Yali, der Be-wohner des Hochlandes vonWest-Papua. Von 1996 bis 2004 warer der Koordinator desWest-Papua-Netzwerkes inWuppertal.www.west-papua-netz.de

»Höre meine Stimme«50 Jahre Zusammenarbeit Evangelische Kirche West-Papuaund Vereinte Evangelische Mission

2010 feiert die VEM ihre 50-jährige Verbindung mit der Evangeli-schen Kirche in West-Papua (GKI-TP). Anlässlich dieses Jubiläums hatdie Archiv- und Museumsstiftung der VEM mit Unterstützung desBildarchivs der VEM und des West-Papua-Netzwerkes eine Wander-ausstellung konzipiert, die seit dem 10. Februar im Völkerkundemu-seum der Stiftung in Wuppertal zu sehen ist.

Auf zwölf Fahnen werden Projekte unter anderem aus den BereichenMenschenrechte und Umwelt vorgestellt, die Anfänge der gemeinsa-men Evangelisationsarbeit beleuchtet und die Arbeit des West-Papua-Netzwerkes präsentiert. Zu der Ausstellung ist ein kostenlosesBegleitheft in englischer und deutscher Sprache erschienen.

> Völkerkundemuseum der Archiv- und MuseumsstiftungMissionsstraße 942285 [email protected]Öffnungszeiten:montags – donnerstags: 9-16 Uhr, freitags: 9-13 Uhr

West-Papua

50 Jahre Zusammenarbeit GKI-TP und VEM

Hängebrücke über den Fluss Balim

HöremeineStimme

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Foto: © Kirchenkreis Arnsberg

40 Jahre Kirchenkreispartnerschaft Ihembeund Kirchenkreis Arnsberg

Das erste Mal waren wir 1988 zur Eröffnung des Ihembe-Distrikts in der Karagwe-Diözese. Damals waren wir aufabenteuerliche Weise mit der Bahn gefahren, die die Deut-schen Anfang des 20. Jahrhunderts von Daressalam zumVictoria-See gebaut hatten. Seitdem verbindet uns eineenge Freundscha zu den Menschen in Karagwe und demdamaligen Distriktpastor von Ihembe und jetzigen Distrikt-pastor von Mabira Adrian Lwemteme und seiner Familie.Im vergangenen Jahr sind wir zum fünen Mal nach Tansa-nia gereist.

Höhepunkt des Aufenthaltes war der Besuch der Kirchen inButakya und Rugabira, die Bischof Josea Kibira und derArnsberger Superintendent Werner Philipps vor 40 Jahren– im September 1969 – eingeweiht hatten. Damit beganndie Partnerscha zwischen der Kirche in Tansania und demKirchenkreis Arnsberg. Wir haben den Kirchengemeindenin Butakya und Rugabira einen Film überreicht, der anläss-lich der Einweihung 1969 von Pastor Albrecht gedreht undvon Superintendent Philipps im Alter von über 90 Jahrenbesprochen wurde. Außerdem übergaben wir einen Geldbe-trag an beide Kirchengemeinden. Derrick Lwekika hatte uns

begleitet. Er hatte als Pfarrer für Weltmission mehrereJahre in Dortmund gelebt und arbeitet jetzt als Dis-triktpfarrer des Magharibi Distrikts.

Der Weihnachtsgottesdienst in der Lutherkirche in Dar-essalam war sehr eindrucksvoll. Die Kirche war vonDeutschen erbaut und 1901 eingeweiht worden. BischofDr. Alex Malasusa wünscht sich Blechbläserinstru-mente für die Kirche in Daressalam und für dieDiözese. Wer ein Instrument entbehren kann, wendesich bitte an Christoph Philipps, Kirchenkreis Arnsberg.

Immer wieder freuen wir uns über die tiefen Spuren,die die Bethel-Mission hinterlassen hat – wie beispiels-weise die alten Backsteinschulen und -kirchen oder dieChoräle mit den bekannten Melodien, wie im Weih-nachtsgottesdienst »O, du fröhliche«, »Herbei o, ihrGläubigen« oder »Vom Himmel hoch, da komm ichher...«.

Christoph und Dr. Margit Philipps

Dr. Margit Philipps undChristoph Philipps vom Kir-chenkreis Arnsberg inmittender vielen Menschen ausRugabira, die trotz strömen-den Regens anlässlich desBesuches aus Deutschlandzur Kirche gegangen waren.

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Fotos: Gerald Biebersdorf, privat, Ilse Straube/VEM

Verstorben

Anika May ist seit dem 15. Februar neueReferentin für das Freiwilligen- und Jugendpro-gramm der VEM. Die 30-jährige Sozialpädago-gin war zuvor Dozentin im Fachbereich Politik-wissenschaft mit dem Schwerpunkt Friedens-und Konfliktstudien an verschiedenen Fakultä-ten der Universität von Amsterdam. Diegebürtige Wuppertalerin studierte Sozialpäda-gogik an der Katholischen Fachhochschule inMünster und »International Development Stu-

dies« in Amsterdam. Auslandserfahrungen in verschiedenen Feldernder Entwicklungszusammenarbeit sammelte sie unter anderem in Bel-gien, Uganda, Venezuela und Großbritannien.

Als Teilnehmerin des Freiwilligenprogramms der VEM 1998/1999 aufder indonesischen Insel Nias sowie durch die Mitwirkung an anderenJugendprogrammen der VEM, wie zum Beispiel »Youth for Children«,ist Anika May mit der Jugendarbeit der VEM bereits vertraut und bringtsomit gute Voraussetzungen für die Stelle mit. Sie ist Nachfolgerin vonSabine Schiweck, die Anfang Oktober vergangenen Jahres an den Fol-gen eines schweren Herzinfarktes gestorben ist.

Dr. Uwe Hummel hat Ende Februar die VEMverlassen. Seit dem 1. März 2010 arbeitet er imAuftrag des Leipziger Missionswerkes (LMW)als Dozent am Theologischen HochlandseminarOgelbeng in Papua Neuguinea. Er wird dort u. a.junge Theologen und Theologinnen auf ihrenDienst in den Kirchengemeinden vorbereiten.Von März 2007 bis Februar 2010 teilten sichUwe Hummel und seine Frau Sonia Parera-Hummel die Stelle der Abteilungsleitung Asien

der VEM. Der 52-jährige Theologe war von Februar 2004 bis März 2009Koordinator des bei der VEM angesiedelten West-Papua-Netzwerkes inWuppertal. Der gebürtige Hamburger ist evangelisch-lutherischer Pfar-rer in der Protestantischen Kirche in den Niederlanden (PKN) und arbei-tete von 1994 bis 2001 für die VEM in der Christlich-ProtestantischenKirche auf Nias (BNKP). Er war dort für die Aus- und Fortbildung kirch-licher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zuständig.

Schwester Lucie Olpp ist am 15. Januar im Alter von 96 Jah-ren gestorben. Lucie Olpp ist in einem Pfarrhaus in Levern(Minden-Ravensberg) aufgewachsen. Ihr Weg in die Missionschien vorgezeichnet. Ihre Eltern kamen aus Missionsfami-lien und waren selbst in Afrika beziehungsweise Indonesiengeboren. Die ausgebildete Gemeindehelferin arbeitete von1943 bis 1951 in der Münster-Gemeinde in Herford in derKinder-, Jugend- und Frauenarbeit. Ihr großer Wunsch, sich

in der Mission zu engagieren, erfüllte sich 1951, als die Rhei-nische Mission sie in den Reisedienst berief. Im September1952 wurde Olpp als »Missions-Diakonisse« eingesegnet.Aus persönlichen Gründen hat sie sich sieben Jahre späterbeurlauben lassen. Im Mai 1968 kehrte sie zurück und über-nahm die Leitung der Schwesterngemeinscha, des Schwes-ternheims und der Frauenarbeit der Rheinischen Mission –bis zu ihrem Ruhestand im Oktober 1978.

Personen

Christoph Wand heißt der neueTeamleiter Kommunikation und Me-dien der VEM. Der 33-Jährige hat zumAnfang des Jahres die neue Aufgabeim Wuppertaler Missionshaus über-nommen. Zuvor leitete er siebenJahre lang die Öffentlichkeitsarbeitder Diakonie in Düsseldorf. In seinerneuen Funktion ist er der Pressespre-cher der VEM und unter anderem fürden VEM-Infoservice und den Inter-netauftritt der Vereinten Evangeli-schen Mission zuständig. ChristophWand studierte Journalistik undevangelische Theologie in Dortmund,Göteborg und Edinburgh. Der gebür-tige Solinger wohnt seit dreieinhalbJahren in Wuppertal.

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»Dem Verborgenen auf der Spur«Archiv- und Museumsstiftung der VEM lädt ein zum Tag der Archive 2010 am 6. März

Foto: Archiv- und Museumsstiftung der VEM

»Dem Verborgenen auf der Spur« – unter diesem Themasteht am Samstag, 6. März 2010, 11 - 16 Uhr, der bundes-weite Tag der Archive, an dem auch die Archiv- und Mu-seumsstiftung der VEM wieder teilnimmt. Sie wird Kartenund Bauskizzen von Straßen und Gebäuden in Wupper-tal (Barmen und Elberfeld) vorstellen. Unter der Bezeich-nung »Fundstücke« stellt die Archiv- und Museumsstif-tung Dinge aus, die sich manchmal in Akten oder Bü-chern finden. Etwa eine »Quittung über dem Abonne-mentsbetrag der Westdeutschen Zeitung incl. Bringe-lohn« von 1889. Als Neuerwerbung werden Predigtenund Bibelstundennachschrien von dem Direktor derRheinischen Mission Friedrich Fabri (12.5.1824 -18.7.1891) präsentiert, die kürzlich von einem Antiqua-riat erworben werden konnten.

Tagung für ehemaligeMitarbeitende der VEMZum jährlichen Treffen der ehemali-gen Mitarbeitenden, Seniorinnen undSenioren der VEM lädt die VEM herz-lich ein von Freitag, 26., bis Sonntag,28. März.

Veranstaltungsort: TagungszentrumÖkumenische Werkstatt Wuppertal /Centre for Mission and Leadership StudiesMissionsstraße 9, in Wuppertal-Barmen.Anmeldungen bitte an das Büro desGeneralsekretärs, Dina KipkerFon (0202) 890 [email protected]

Ergänzung zu dem Artikel»Kleinkredite oder Grundeinkommen«(In die Welt für die Welt 6/2009, S. 8f.)

Zum Artikel »Kleinkredite oder Grundeinkommen« aus der Ausgabe 6/2009 ha-ben uns Claudia und Dirk Haarmann geschrieben, die gemeinsam mit BischofDr. Zephania Kameeta in Namibia an den Projekt des bedingungslosen Grund-einkommens »BIG« mitgearbeitet haben. BIG sei mit dem indonesischen Geld-transferprogramm BLT nur bedingt vergleichbar, außerdem höchst erfolgreichund unersetzlich, damit Menschen ein neues Leben beginnen könnten.Grundeinkommen und Kleinkredite sollten außerdem nicht in Konkurrenz zu-einander stehen, so Claudia und Dirk Haarmann. »Kleinkredite sind keineAlternative, sondern eine sinnvolle Ergänzung eines Grundeinkommens.« InBangladesch etwa zeige die Kombination von Mikrokreditprogrammen mitGeldtransferprogrammen erstaunliche Erfolge.

Jeweils um 11.30 und 14.30 Uhr wird eine Führungdurch Archiv, Bildarchiv und Bibliothek angeboten mitzwei Schwerpunkten: »180 Jahre Wupperthal / Süd-afrika«, 1830-2010, und »150 Jahre Rhenish Girls’ HighSchool Stellenbosch«, 1860-2010, die älteste Mädchen-schule von Südafrika und ehemalige Mädchenschule derRheinischen Mission.

Programm des Tages im Missionshaus,Rudolfstrasse 137 (ab 11 Uhr) :

Ausstellungen:� Straßen und Gebäude in Wuppertal,

Karten u. (Bau-)Skizzen, 1830-1945� Fundstücke� Neuerwerbungen

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Herausgeber:Vereinte Evangelische MissionGemeinschaft von Kirchen in drei ErdteilenRudolfstraße 137, 42285 WuppertalPostfach 20 19 63, 42219 WuppertalFon (0202) 890 04-0Fax (0202) 890 [email protected]

Mitglied des Gemeinschaftswerksder Evangelischen Publizistik (gep)

»In die Welt für die Welt. Magazin derVereinten Evangelischen Mission«erscheint zweimonatlich im Verlag derVereinten Evangelischen Mission

Jahresbeitrag: 6,50 Euro,durch Spenden abgegolten.Hinweis: Dieser Ausgabe ist einZahlschein der Vereinten EvangelischenMission beigeheftet.

Redaktion:Brunhild von Local (V.i.S.d.P.)Christoph WandFon (0202) 890 04-133Adressänderungen: Michael LippkauFon (0202) 890 04-194

Gestaltung:MediaCompany GmbHAstrid OstrowickiAuguststraße 29, 53229 Bonnwww.mediacompany.com

Druck:Bonifatius GmbH, PaderbornAuflage: 22500

Für unaufgefordert eingesandteManuskripte, Rezensionsexemplare undFotos übernehmen wir keine Haftung.Diese Zeitschrift ist auf 100%Recyclingpapier gedruckt.

Unser Konto:Vereinte Evangelische Mission

KD-Bank eGBLZ 350 601 90

Konto Nr. 90 90 90 8

Swift/BIC: GENO DE D1 DKDIBAN: DE 45 3506 0190 0009 0909 08

Buchtipp:

Der MMiissssiioonnaarr EEdduuaarrdd FFrriieess (1877-1923) lebte und arbeitete inden ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts auf derInsel Nias vor der Westküste Sumatras, damals ein Teil desniederländischen Kolonialreichs. Der spätere Direktor derRheinischen Missionsgesellschaft hat mit mehreren hundertAquarellen und Zeichnungen und mit seinen anschaulichenRundbriefen eine faszinierende Quelle hinterlassen, die Aus-kunft gibt über das alltägliche Leben, die Kultur, die Sittenund Mythen auf der Insel Nias, die bei den Einwohnern das»Land der Menschen« heißt. Ein Kreis von Fachleuten er-schließt diesen Bestand hier erstmals für die Öffentlichkeit. Soentsteht eine vielschichtige Darstellung nicht nur zu Lebenund Werk eines deutschen Missionars zu Beginn des 20. Jahr-hunderts, sondern auch zur Ethnologie dieses einzigartigenKulturkreises in Vergangenheit und Gegenwart.

Martin Humburg, Dominik Bonatz,Claus Veltmann (Hg.)Im »Land der Menschen«Der Missionar und Maler EduardFries und die Insel NiasVerlag für ReligionsgeschichteBielefeld 2003ISBN 3-89534-493-119 Euro

NNiiaass –– eeiinnee eeiiggeennee WWeelltt. Sagen, Mythen, Überlieferungen,unternimmt eine Re- und Neuinterpretation alter Mythen ausNord- und Mittel-Nias. Damit versucht der Autor, Unzuläng-lichkeiten und Defizite früherer Publikationen zu Religion undMythen der Niasser zu korrigieren, auszugleichen oder zu be-heben. Drei in der Nias-Literatur bekannte Mythen werdenhinterfragt und neu interpretiert. Das Hauptgewicht des Bu-ches liegt jedoch auf der Edition, Publikation und Interpreta-tion von 13 Mythentexten zur Thematik der Anthropogonie,die der Autor selber aufgezeichnet und übersetzt hat. In sei-nen Erklärungen und Deutungen folgt Hämmerle eng und ein-fühlsam den wenigen alten noch lebenden kompetenten nias-sischen Mythenerzählern. Mit einem so gefundenen möglichstgenauen Verständnis der Mythen legt er den Weg frei für einneues Nias-Verständnis. Johannes Maria Hämmerle wirkt seit1971 als Missionar auf der Insel Nias/Indonesien, seit 1981 alsindonesischer Staatsbürger. 1993 gründete er die staatlich an-erkannte Pusaka-Nias-Stiftung.

Hämmerle, Johannes MariaNias – eine eigene Welt.Sagen, Mythen, Überlieferungen.Collectanea Instituti AnthroposBd. 43St. Augustin 1999ISBN 3-89665-147-145 Euro

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Vereinte Evangelische MissionPostfach 20 19 6342219 WuppertalKD-Bank eGBLZ 350 601 90Konto 90 90 90 8Stichwort: »Radio«

Straßen und Brücken sind kaum vorhanden oder in sehrschlechtem Zustand. Direkte Verbindungen zu Wasser sindselten. Kein Wunder, dass eine der dringlichsten Aufgabender Kirche darin besteht, die Kommunikation zwischenden Gemeinden und die Versorgung mit kirchlichen Dien-sten aufrechtzuerhalten.

In dieser schwierigen Situation hat die Christlich-Protes-tantische Mentawai-Kirche (GKPM) eine Radiostation auf-gebaut. Die Idee des Kirchenradios ist es, einzelne Gemein-den miteinander zu verbinden, die Gemeindemitglieder inihrem Glauben zu stärken, indem beispielsweise Gottes-dienste oder Andachten über den Äther gehen. Damit kön-nen auch Gemeindemitglieder das Wort Gottes hören, de-nen es etwa aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich

Kirche »on air« – Radio selber machen

Fotos: Jusup Sukatendel /VEM, David Tulaar/ VEM

ist zur Kirche zu gehen. Die Kirchen-Radiojournalistenverbreiten auch Neuigkeiten aus den Bereichen Landwirt-scha, Umweltschutz und Menschenrechte.

Für den weiteren Ausbau der Station und für den Kauf ei-nes Generators ist die GKPM auf Hilfe angewiesen. IhreSpende soll dazu beitragen, die Christen in Mentawai einStück weit aus ihrer Isolation zu befreien.

Lebensgefährlich scheint die Fahrt der Motorradfahrer überdiese notdürftig in Stand gehaltene Brücke. Es sieht wie eineMutprobe aus, ist aber die Realität auf den Inseln Mentawais.

Friska Susanti Simamora ist eine der dreiModeratorinnen des Kirchenradios auf

Mentawai.


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