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Urteil des Schiedsgerichtshofes für das Abkommen über deutsche Auslandsschulden vom 26. Januar...

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Urteil des Schiedsgerichtshofes für das Abkommen über deutsche Auslandsschulden vom 26. Januar 1972 betreffend griechische Entschädigungsforderungen gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen Neutralitätsverletzung im ersten Weltkrieg Source: Archiv des Völkerrechts, 16. Bd., 3. H. (1975), pp. 339-351 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40798305 . Accessed: 14/06/2014 00:35 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Archiv des Völkerrechts. http://www.jstor.org This content downloaded from 194.29.185.37 on Sat, 14 Jun 2014 00:35:05 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Page 1: Urteil des Schiedsgerichtshofes für das Abkommen über deutsche Auslandsschulden vom 26. Januar 1972 betreffend griechische Entschädigungsforderungen gegen die Bundesrepublik Deutschland

Urteil des Schiedsgerichtshofes für das Abkommen über deutsche Auslandsschulden vom 26.Januar 1972 betreffend griechische Entschädigungsforderungen gegen die BundesrepublikDeutschland wegen Neutralitätsverletzung im ersten WeltkriegSource: Archiv des Völkerrechts, 16. Bd., 3. H. (1975), pp. 339-351Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40798305 .

Accessed: 14/06/2014 00:35

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Entscheidungen 339

examine together, in the light of the information available, the measures required for the conservation and development, and equitable exploitation, of those resour- ces, taking into account any international agreement that might at present be in force or might be reached after negotiation.

The most appropriate method for the solution of the dispute was clearly that of negotiation with a view to delimiting the rights and interests of the Parties and regulating equitably such questions as those of catch-limitation, share allo- cations and related restrictions. The obligation to negotiate flowed from the very nature of the respective rights of the Parties and corresponded to the provisions of the United Nations Charter concerning peaceful settlement of disputes. The Court could not accept the view that the common intention of the Parties was to be released from negotiating throughout the whole period covered by the 1973 interim agreement. The task before them would be to conduct their negotiations on the basis that each must in good faith pay reasonable regard to the legal rights of the other, to the facts of the particular situation and to the interests of other States with established fishing rights in the area.

Urteil des Schiedsgerichtshofes für das Abkommen über deutsche Auslandsschulden

vom 26. Januar 1972

betreffend griechische Entschädigungsforderungen gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen Neutralitätsverletzung im ersten Weltkrieg*)

Urteils-Tenor**)

1. Der Ausdruck »Verhandlungen« im Sinne des Artikels 19 Absatz 1 des Ab- kommens über deutsche Auslandsschulden vom 27. Februar 1953 in Verbindung mit dem Ausdruck »weitere Besprechungen« im Sinne der Ziffer 11 der Anlage I des Abkommens bedeutet, daß sich die Regierung der Bundesrepublik Deutschland und die Regierung des Königreichs Griechenland verpflichtet haben, sich mit dem Ziel ins Benehmen zu setzen, eine Einigung zu erreichen.

2. Der schriftliche und mündliche Meinungsaustausch zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Königreichs Griechenland seit Inkrafttreten des Abkommens stellt keine Verhandlungen im Sinne der vorstehen- den Definition dar.

3. Aufgrund des Artikels 19 Absatz 1 in Verbindung mit Ziffer 11 Anlage I des Abkommens ist die Regierung der Bundesrepublik Deutschland auf Ersuchen des Königreichs Griechenland verpflichtet, in Verhandlungen im oben definierten Sinne einzutreten. Im Rahmen dieser Verhandlungen sind die Parteien verpflichtet, inner- halb einer angemessenen Frist jeden vernünftigen Versuch zu unternehmen, hinsicht- lich der Regelung der strittigen Forderungen zu einer Vereinbarung zu gelangen,

*) Schiedsgerichtshof und Gemischte Kommission für das Abkommen über deut- sche Auslandsschulden - Entscheidungen und Gutachten. 1970/ 1972. Nr. 5. 1973.

**) AaO S. 62. - In einem Zwischenurteil vom 24. März 1970 (aaO S. 9-15) hatte der Schiedsgerichtshof die von der Bundesrepublik Deutschland erhobene Einrede der Unzuständigkeit verworfen.

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um diese dann den Regierungen der Französischen Republik, des Vereinigten Kö- nigreichs von Großbritannien und Nordirland und der Vereinigten Staaten von Amerika zur Genehmigung zu unterbreiten.

4. Die aufgrund der obigen Ziffer 3 zu führenden Verhandlungen müssen fol- genden Grundsätzen Rechnung tragen:

a) Sie sollen sinnvoll und nicht nur ein formelles Verhandlungsverfahren sein. Sinnvolle Verhandlungen können nicht geführt werden, wenn eine der Parteien auf ihrem eigenen Standpunkt beharrt, ohne eine Änderung desselben in Erwägung zu ziehen.

b) Beide Parteien sind verpflichtet, ihr Verhalten so einzurichten, daß die Grund- sätze des Abkommens zur Anwendung gelangen, um ein befriedigendes, den Grund- sätzen der Billigkeit entsprechendes Ergebnis zu erzielen.

Entscheidungsgründe ***)

45. Für den Schiedsgerichtshof ist das Vorbringen der Parteien eine große Hilfe gewesen. Dieses mit Sorgfalt erarbeitete und ins Einzelne gehende, sowohl schrift- lich als auch mündlich unterbreitete Vorbringen sowie die Sachverständigengut- achten haben die Streitfragen klar hervortreten lassen und dem Schiedsgerichtshof darüber hinaus ein Gesamtbild der historischen Gegebenheiten vermittelt, die den Hintergrund zu dem vorliegenden Streitfall bilden. Die Vertreter der Parteien ha- ben sorgfältige Nachforschungen über die früheren, der Londoner Schuldenkonfe- renz vorausgegangenen, internationalen Verträge und Abkommen angestellt.

46. Der Schiedsgerichtshof kann jedoch unter den Umständen des vorliegenden Falles seine Aufgabe erfüllen, ohne darüber zu befinden, ob die Rechtsansichten, zu denen die eine oder die andere Partei aufgrund der früheren internationalen Ab- machungen gelangt ist, begründet sind.

47. Das heißt nicht, daß wir bei Prüfung der uns vorliegenden Streitfragen die im Sachverhalt erwähnten internationalen Abmachungen außer Betracht gelassen hätten. Diese sind von geschichtlichem Interesse und dienen als Hintergrund dem besseren Verständnis der vor 1953 bestehenden Lage. Sie waren daher in der zeit- lichen Reihenfolge der zur Londoner Schuldenkonferenz führenden Vorgänge zu beachten. Die Kenntnis der Bestimmungen dieser internationalen Abmachungen er- möglicht ein volles Verständnis vom Wesen des zwischen den Parteien bestehenden Streits. Die bei Unterzeichnung des Abkommens bestehende Lage wird am ehesten dadurch verständlich, daß man die Geschehnisse untersucht, die zu ihr geführt haben.

48. Dadurch, daß die Parteien die der Unterzeichnung des Abkommens voraus- gegangenen Geschehnisse unterschiedlich ausgelegt haben, ist der zwischen ihnen be- stehende Streit klar und deutlich zutage getreten. Diesen Streit können aber nur die Parteien selbst gemäß Artikel 19 des Abkommens beilegen. Dieser Artikel ist dazu bestimmt, in das Abkommen selbst ein besonderes Verfahren zur Schlichtung jenes Streites einzuführen.

49. Zwischen den beiden Weltkriegen hat das Königreich Griechenland die strit- tigen Forderungen wiederholt und beharrlich mit der Behauptung geltend gemacht, daß sie der Höhe nach festgestellt und fällig seien und das Deutsche Reich zur Zahlung verpflichtet sei. Das Deutsche Reich dagegen hat wiederholt und beharr- lich bestritten, daß solche Forderungen nach Inkrafttreten des Dawes-Plans noch geltend gemacht werden könnten. So blieb die Lage bis zum Beginn der Londoner Schuldenkonferenz.

***) AaO S. 46 ff. - Zum umfangreichen Sachverhalt (Ziff. 1-44) aaO S. 17 ff.

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50. Der Schiedsgerichtshof hält es für angebracht, darauf hinzuweisen, daß er bei der Prüfung des Falles davon ausgegangen ist, daß beide Regierungen in gutem Glauben gehandelt haben.

Das Vorbringen des Königreichs Griechenland impliziert, die Bundesrepublik habe bei den Verhandlungen während der Londoner Schuldenkonferenz versucht, einer Regelung der strittigen Forderungen auszuweichen, indem sie behauptete, ihr fehl- ten ausreichende Unterlagen, um sich ein Urteil zu bilden, während nach der vom Königreich Griechenland gegebenen Darstellung solche Unterlagen zur Verfügung gestanden hätten. Außerdem vertritt das Königreich Griechenland die Meinung, die Bundesrepublik Deutschland habe es damals vermieden, geltend zu machen, daß die Forderungen gemäß Artikel 5 Absatz 1 des Londoner Schuldenabkommens zurück- gestellt seien; denn hätte sie dies getan, so hätte der Dreimächteausschuß »dazu so- fort Stellung nehmen können und die deutsche Delegation darauf hingewiesen, daß es sich bei den hier geltend gemachten griechischen Ansprüchen keineswegs um >aus dem Ersten Weltkrieg herrührende Regierungsforderungen<, deren Prüfung zurück- gestellt sei, handele und daß er dies der deutschen Delegation mit dem Schreiben des Konferenzsekretärs vom 12. Juli 1952, von dem sie Abschrift erhalten hat, be- reits mitgeteilt habe« (siehe Ziffer 22).

Soweit diese Darstellungen den Schiedsgerichtshof davon überzeugen sollen, daß die Bundesrepublik nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben handelte oder absichtlich weiteren Besprechungen oder Verhandlungen mit dem Ziel einer mög- lichen Regelung aus dem Wege gegangen sei, ist der Schiedsgerichtshof der Ansicht, daß derartige Schlußfolgerungen in den ihm vorliegenden Unterlagen keine Stütze finden.

5 1 . Die von der Bundesrepublik eingegangene Verpflichtung, für die von Deutsch- land als Ganzem geschuldeten Beträge zu haften, stellte einen in der Geschichte internationaler Beziehungen einmaligen Vorgang dar. Das Ausmaß dieser Ver- pflichtung und die Schwierigkeit, die sich aus der Feststellung und Bemessung der in Betracht zu ziehenden Schulden ergaben, stellten die deutsche Delegation bei den Londoner Verhandlungen vor eine Aufgabe, die offensichtlich erforderte, hinsicht- lich der einzelnen Kategorien von zu prüfenden Schulden und Forderungen gewisse Prioritäten zu setzen.

52. Die vom Königreich Griechenland im vorliegenden Fall geltend gemachte Forderung war gewiß wesentlich und wichtig. Sie war jedoch nur eine von vielen Forderungen, die die Aufmerksamkeit und Zeit der Konferenzteilnehmer in An- spruch nahmen. Außerdem standen der deutschen Delegation, wie sich aus Dr. Gra- nows Schreiben vom 23. Oktober 1952 ergibt, die detaillierten Unterlagen, die man benötigte, um den zwischen den beiden Regierungen bestehenden Streit seinem We- sen nach voll und ganz zu verstehen, selbst im vorgeschrittenen Stadium der Ver- handlungen nicht ohne weiteres zur Verfügung (siehe Ziffer 22). Erst kurz vor der Übersendung des Schreibens des Leiters der deutschen Delegation vom 12. Januar 1953 war das Material tatsächlich beschafft und ausgewertet.

53. Es ist der gegenwärtige Standpunkt der Bundesregierung, die im Schreiben des Generalsekretärs der Konferenz vom 12. Juli 1952 in bezug genommene Erklä- rung des Dreimächteausschusses, daß »seiner Auffassung nach die griechische Forderung aus den Entscheidungen des nach dem Ersten Weltkrieg eingesetzten Gemischten Griechisch-Deutschen Gerichtshofs, soweit solche Entscheidungen zugunsten von nicht-öffentlichen Anspruchsberechtig- ten ergangen waren, nicht in die von den Verhandlungen der Konferenz auszu- schließende Schuldenkategorie fällt . . .« (siehe Ziffer 22), habe lediglich bedeutet, daß die griechischen Forderungen auf der Konferenz be-

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handelt werden durften; diese Erklärung sei in keiner Weise eine Entscheidung des Inhalts gewesen, daß die Forderungen positiv geregelt werden müßten. Auch habe sie nicht bedeutet, daß nach Ansicht des Dreimächteausschusses die Forderungen als Privatpersonen zustehend festgestellt worden seien. Ferner wird geltend gemacht, es hätten alle Einwände gegen die Forderungen, sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach, und auch bezüglich der Frage, ob Inhaber der Forderungen Privatper- sonen seien, vorgebracht werden können.

54. Das Königreich Griechenland macht dagegen im wesentlichen geltend, infolge der oben erwähnten Erklärung des Dreimächteausschusses sei man mit den Forde- rungen so weit vorangekommen, daß nur noch zu entscheiden gewesen sei, zu wel- chen Bedingungen eine Regelung erfolgen solle.

55. Für die Zwecke unserer Entscheidung ist es nicht notwendig, darüber zu be- finden, welche Befugnisse der Dreimächteausschuß möglicherweise hatte, über das Bestehen oder die Art der strittigen Forderungen zu entscheiden. Die Meinung des Dreimächteausschusses, wie sie in dem Schreiben des Konferenzsekretärs zum Aus- druck kam, ist zwar für unsere Auslegung des Abkommens nicht ausschlaggebend, für diese aber insofern hilfreich, als sie zumindest zu erkennen gibt, daß über die griechischen Forderungen auf der Konferenz bedenkenlos verhandelt werden könne. Entscheidend ist der einschlägige Wortlaut des Artikels 19 und der Ziffer 11 der Anlage I, auf den sich die Parteien geeinigt hatten. Hiervon müssen wir bei der Prüfung des Falles ausgehen. Dies ist der Wortlaut, der auszulegen ist. Bei der Aus-

legung folgen wir der in Artikel 31 Absatz 1 der Wiener Konvention über das Recht der Verträge (treaties) von 1969 enthaltenen allgemeinen Regel, welche wie

folgt lautet: »Ein Vertrag ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nach der gewöhn-

lichen Bedeutung, welche die in dem Vertrag verwendeten Begriffe in ihrem jewei- ligen Zusammenhang haben, sowie unter Berücksichtigung von Ziel und Zweck des Vertrages auszulegen.«

56. Die Arbeit des für die Entscheidung über die griechischen Forderungen zu- ständigen Ausschusses A der Londoner Schuldenkonferenz war beendet, noch ehe die Parteien zu einer Einigung gelangen konnten. Daher wurde in dem Bericht der Konferenz über deutsche Auslandsschulden festgestellt, daß »zwischen der Griechischen und Deutschen Delegation ein vorläufiger Meinungs- austausch über die Ansprüche von Privatpersonen aus Entscheidungen des nach dem Ersten Weltkrieg errichteten deutsch-griechischen Gemischten Schiedsgerichtshofes stattgefunden (hat). Weitere Besprechungen werden folgen. Das Ergebnis dieser

Besprechungen soll im Falle der Billigung in das Regierungsabkommen aufgenom- men werden.«

Diese Erklärungen sind später wörtlich in dem Abschnitt D Ziffer 11 der An- lage I des Abkommens aufgenommen worden (siehe Ziffer 19 und 20).

57. Die »weiteren Besprechungen«, von denen in dem Bericht die Rede ist, waren vor Unterzeichnung des Abkommens noch nicht beendet. Infolgedessen sind die griechischen Ansprüche ausdrücklich in Artikel 19 unter der Überschrift »Ergän- zende Abkommen« erwähnt. Soweit dieser Artikel auf das vorliegende Verfahren Bezug hat, lautet er wie folgt:

»(1) Abkommen auf Grund von Verhandlungen gemäß (a) Ziffer 11 der Anlage I dieses Abkommens (Forderungen aus Sprüchen des

deutsch-griechischen Schiedsgerichts) ,

sind von der Regierung der Bundesrepublik Deutschland (gegebenenfalls nach Ge- nehmigung durch diese) den Regierungen der Französischen Republik, des Ver-

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einigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland und der Vereinigten Staaten von Amerika zur Genehmigung vorzulegen.

(2) Jede dieser Vereinbarungen soll nach Genehmigung durch die genannten Regierungen in Kraft treten und in jeder Hinsicht als Anlage dieses Abkommens gelten. Die Regierung des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nord- irland wird allen Parteien dieses Abkommens eine Notifikation hierüber zugehen lassen.«

58. Wie ersichtlich, ist in Ziffer 11 der Anlage I von »weiteren Besprechungen« die Rede, während Artikel 19 des Abkommens von »Verhandlungen« spricht. Für den Fall, daß diese Begriffe nicht übereinstimmen, hat der Text des Artikels 19 des Abkommens Vorrang vor dem der Anlage. Diese Möglichkeit ist ausdrücklich in Artikel 27 des Abkommens in Betracht gezogen, der wie folgt lautet:

»Falls Bestimmungen dieses Abkommens mit Bestimmungen einer seiner Anlagen nicht übereinstimmen, sind die Bestimmungen des Abkommens maßgebend.«

59. Für die von uns zu entscheidende Frage besteht jedoch kein Widerspruch zwischen diesen Begriffen. Auch stellt der dem Abkommen als Anhang B beigefügte Bericht der Konferenz über Deutsche Auslandsschulden, worin bezüglich der grie- chischen Ansprüche von »weiteren Besprechungen« die Rede ist, diesen Ausdruck selbst klar. In bezug auf »verschiedene Schuldenfragen . . . , deren besonderer Cha- rakter eine vollständige und endgültige Regelung im Verlaufe der Konferenz nicht zuließ«, stellt Ziffer 16 des Berichts ausdrücklich fest, daß »Vorkehrung für ihre spätere Lösung durch Verhandlungen unter den beteiligten Interessengruppen ge- troffen (wurde)«. Weiter heißt es: »Die später aufzunehmenden Verhandlungen sollen im Rahmen der Grundsätze und Ziele der Konferenz stattfinden.« Es scheint somit offensichtlich, daß die weiteren zwischen den Parteien vorgesehenen »Bespre- chungen« sowohl der Form als auch dem Inhalt nach »Verhandlungen« sein sollten.

60. Wie aus dem eindeutigen Wortlaut der Präambel klar ersichtlich, ist das von den Regierungen geschlossene Abkommen von den in dem Bericht der Konferenz dargelegten Grundsätzen und Zielen getragen. Wir sehen daher keinen Widerspruch zwischen dem in Artikel 19 des Abkommens und dem in Ziffer 11 der Anlage I verwendeten Wortlaut. Bei Prüfung der uns vorliegenden Streitfragen sind wir davon ausgegangen, daß »verhandeln« bedeutet: sich mit jemand ins Benehmen setzen, um eine Einigung zu erreichen.

61. Dem »klaren«, »natürlichen« und »eindeutigen« Sinn des Wortlauts eines Vertrages ist der Vorzug zu geben, wenngleich er andere Bedeutungen nicht unbe- dingt ausschließt (siehe Artikel 31 Absatz 4 der Wiener Konvention). Ein Wort oder ein Ausdruck können in einem Zusammenhang eine, und in einem anderen eine ganz andere »gewöhnliche« Bedeutung haben. Eine genauere Richtlinie für die Auslegung von Verträgen bietet der Begriff »ordinary meaning in context« (die nach dem Zusammenhang gewöhnliche Bedeutung) (siehe American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Foreign Relations Law of the United States [1965] part III, »International Agreements« Seiten 451 ff.). Er hat uns bei Prüfung des vorliegenden Falles als Richtschnur gedient. In unserer Entscheidung vom 3. Juli 1958 im Falle der Schweizerischen Eidgenossenschaft gegen die Bundesrepublik Deutschland ist der in der Anlage VII Abschnitt I Ziffer 2 (a) des Abkommens verwendete Begriff »Zahlungsort« seinem natürlichen Sinn nach ausgelegt worden. Zu dieser Auslegung ist der Schiedsgerichtshof nach Prüfung der Entstehungs- geschichte der Anlage VII gelangt, die sich aus den der Vorbereitung des Schulden- abkommens dienenden Dokumenten sowie aus der Rechtsstellung der Gläubiger zur Zeit der Londoner Konferenz ergab. In dieser Entscheidung hat der Schiedsgerichts- hof seiner Auslegung den Begriff des »ordinary meaning in context« zugrunde ge-

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legt (siehe Entscheidungen des Schiedsgerichtshofs und der Gemischten Kommission 1958, Seite 38).

62. Mit der Ratifizierung des Abkommens erkannten die Parteien an, daß der bis dahin erfolgte Meinungsaustausch nur vorläufiger Natur gewesen sei (siehe Ziffer 11 der Anlage I). Ungeachtet dessen, daß beide Seiten sich bislang geweigert hatten, die im Laufe der Jahre verhärteten Standpunkte aufzugeben, verpflichteten sie sich, über den Streit erneut zu verhandeln. Artikel 19 muß als ein pactum de negotiando verstanden werden. Die Übereinstimmung, zu der die Parteien im vor- liegenden Fall gelangt sind, ist kein pactum de contrahendo, wie wir es verstehen. Diese Bezeichnung sollte jenen Fällen vorbehalten bleiben, in denen die Parteien schon eine rechtlich bindende Verpflichtung eingegangen sind, eine Vereinbarung abzuschließen (McNair, Law of Treaties, 1962. S. 27 ff.; Dahm, Völkerrecht, Band III, 1961, S. 66 ff.). Daß diese Voraussetzung im vorliegenden Fall nicht erfüllt ist, ergibt sich deutlich aus Artikel 19 (1) (a) und Ziffer 11 der Anlage I des Londoner Schuldenabkommens.

Jedoch ist auch ein pactum de negotiando rechtlich nicht wirkungslos. Das heißt, daß beide Seiten sich auf der Grundlage von Treu und Glauben um eine beiderseits befriedigende Kompromißlösung bemühen sollen, selbst wenn dies nur unter Auf- gabe bislang unnachgiebig behaupteter Positionen möglich sein würde. Dies setzt die Bereitschaft voraus, zum Zwecke der Verhandlung früher eingenommene Stand- punkte aufzugeben und der anderen Seite ein Stück entgegenzukommen. Der Text des Abkommens kann nicht dahin verstanden werden, daß jede Seite erklären darf, sie beharre auf ihrem bislang eingenommenen Standpunkt und bestehe dar- auf, daß die Gegenpartei in vollem Umfang kapituliere. Eine solche Auffassung wäre mit dem Begriff der »Verhandlung« unvereinbar. Sie würde auf das genaue Gegenteil von dem hinauslaufen, was man beabsichtigte. Eine Verpflichtung, zu verhandeln, erfordert die Bereitschaft, mit der Gegenpartei zu reden, um sich mit ihr zu einigen. Obwohl der Schiedsgerichtshof nicht annimmt, daß Artikel 19 in Verbindung mit der Ziffer 11 der Anlage I den Parteien eine absolute Verpflich- tung, sich zu einigen, auferlegt, sind nach seiner Meinung durch diese Bestimmun- gen die Parteien verpflichtet, Verhandlungen mit der Absicht zu führen, auf der Grundlage von Treu und Glauben ein für beide Seiten annehmbares Ergebnis anzustreben und so diesen sich über einen langen Zeitraum erstreckenden Streit beizulegen. Ein solch positives Ergebnis ist schon deshalb im Verhältnis zwischen Staaten noch viel wünschenswerter als zwischen Privatpersonen, weil hier bei wei- tem mehr auf dem Spiel steht. Wenn Staaten sich feierlich verpflichtet haben, ihre Differenzen beizulegen und dann einer solchen Verpflichtung nicht nachkommen, kann daraus unermeßlicher Schaden erwachsen. Die Notwendigkeit, Meinungs- gegensätze zwischen Staaten auf friedlichem Wege auszutragen, ist für das Wohl- ergehen der Völkergemeinschaft so groß und wesentlich, daß dort, wo die streiten- den Parteien schon so weit sind, daß sie ihr Einverständnis bekunden, über den noch unerledigten Streit zu verhandeln, die Verhandlungen dann im Normalfall auch zu einem befriedigenden und gerechten Ergebnis führen sollten (siehe Arti- kel 1 des Abkommens).

63. Das Einverständnis, im vorliegenden Fall über den strittigen Geldanspruch zu verhandeln, umfaßt notwendigerweise die Bereitschaft, einen Kompromiß in Betracht zu ziehen. Dies trifft zu, wenngleich der Streit nicht nur die Höhe der Forderungen, sondern auch die Frage ihres Bestehens zum Inhalt hat. Das Wesen einer vergleichsweisen Regelung wird davon nicht berührt. Artikel 19 verlangt nicht unbedingt, daß die Parteien die verschiedenen zwischen ihnen streitigen Rechtsprobleme lösen. So brauchen sie zum Beispiel nicht zu einer völligen Über- einstimmung über bestimmte, von ihnen unterschiedlich beurteilte Fragen zu ge-

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langen, wie etwa die, ob die strittigen Forderungen rechtlich bestehen, oder ob es sich bei ihnen um Regierungsansprüche oder um private Ansprüche handelt. Die Parteien waren sich in der Tat darüber einig, in diesen Fragen uneins zu sein. Sie haben sich jedoch ungeachtet ihrer zu diesen Fragen eingenommenen Standpunkte verpflichtet, die Verhandlungen so weit wie möglich mit dem Ziel des Abschlusses einer vergleichsweisen Regelung fortzusetzen.

64. In seiner zu dem Fall des Nordsee-Festlandsockels erlassenen Entscheidung vom 20. Februar 1969 mußte sich der Internationale Gerichtshof mit der Verpflich- tung befassen, zu verhandeln, um zu einer friedlichen Regelung internationaler Streitigkeiten zu gelangen. In dem betreffenden Fall hatten die Regierungen des Königreichs Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland und des Königreichs der Niederlande den Internationalen Gerichtshof gebeten zu entscheiden, nach welchen völkerrechtlichen Prinzipien und Regeln die Abgrenzung des Nordsee-Festland- sockels zwischen den Parteien zu erfolgen habe. In zwischen diesen Regierungen geschlossenen Sonderabkommen hatten diese sich geeinigt, die Grenzen des Nordsee- Festlandsockels zwischen ihren Ländern im Wege der Vereinbarung unter Zugrunde- legung der vom Gerichtshof erbetenen Entscheidung zu bestimmen. Der Inter- nationale Gerichtshof leitete aus diesen Sonderabkommen eine Verhandlungspflicht der Parteien ab. Der Gerichtshof stellte fest, daß »den Parteien die Verpflichtung (obliegt), Verhandlungen mit dem Ziel zu führen, zu einer Vereinbarung zu kom- men, und nicht nur ein formelles Verhandlungsverfahren als eine Art Vorbedin- gung für die automatische Anwendung einer bestimmten Abgrenzungsmethode beim NichtZustandekommen einer Vereinbarung ablaufen zu lassen; ihnen obliegt die Verpflichtung, sich so zu verhalten, daß die Verhandlungen sinnvoll sind, was nicht der Fall sein wird, wenn eine von ihnen auf ihrem eigenen Standpunkt beharrt, ohne ein Abrücken von diesem Standpunkt zu erwägen«. (International Court of Justice Reports 1969, Seite 47). Der Gerichtshof wies darauf hin, daß die von den Parteien eingegangene Verpflichtung, zu verhandeln, nur eine besondere Anwen- dungsform eines Grundsatzes darstelle, der sämtlichen internationalen Beziehungen zugrunde liegt und der darüber hinaus in Artikel 33 der Satzung der Vereinten Nationen als ein Mittel zur friedlichen Beilegung internationaler Streitigkeiten anerkannt wird.

65. Der Schiedsgerichtshof ist der Ansicht, daß der Grundsatz, auf dem die den Nordsee-Festlandsockel betreffenden Fälle beruhen, in dem hier vorliegenden Streit Anwendung findet, ein Grundsatz, der die gewöhnliche Bedeutung des Begriffs »Verhandlung« in dem vom Internationalen Gerichtshof dargelegten Sinne bestätigt und konkretisiert. Voraussetzung sinnvoller Verhandlungen ist es, daß sie mit der Absicht aufgenommen werden, zu einer Einigung zu gelangen. Das Einverständnis, zu verhandeln, enthält zwar, wie bereits erwähnt, nicht unbedingt die Verpflich- tung, eine Übereinkunft zu erreichen, wohl aber, sich ernstlich um eine solche zu bemühen.

66. Die Bundesrepublik macht geltend, der Wortlaut der Ziffer 11 der Anlage I sei schon im August 1952 formuliert worden, und seine Bedeutung könne daher nur an der damals bestehenden Lage gemessen werden. Bei Abfassung der Ziffer 11 habe die deutsche Delegation noch keine Gelegenheit gehabt, sich darüber eine Mei- nung zu bilden, ob die Forderungen berechtigt seien. Aus dem Wortlaut könne kein Anerkenntnis einer Verpflichtung oder die Zusage entnommen werden, zu einer positiven Regelung zu gelangen. Damit, daß die deutsche Delegation sich bereit erklärt habe, Besprechungen zu führen, habe sie nicht anerkennen wollen, daß die Forderungen begründet seien. Es wird von der Bundesrepublik darauf hingewiesen, daß Artikel 19 des Abkommens im wesentlichen lediglich wiederhole, was in Zif- fer 11 der Anlage I bereits ausgeführt sei. Bei Abfassung des Artikels im Oktober

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1952 habe sich die deutsche Delegation kein hinreichend klares Bild von den grie- chischen Forderungen machen können, und daher könne er nicht dahingehend aus- gelegt werden, daß Einigkeit darüber erzielt worden sei, die Forderungen positiv zu regeln. Dies sei die Vorstellung bei Abfassung des betreffenden Artikels gewesen, und an ihr habe auch der Umstand nichts geändert, daß einige Wochen vor Unter- zeichnung des Regierungsabkommens die deutsche Delegation die griechischen An- sprüche geprüft, sie für unbegründet erklärt und sich entschieden geweigert habe, sie zu regeln. Gegen den deutschen Standpunkt spreche auch nicht die Tatsache, daß Artikel 19 Absatz 1 (a) bei Unterzeichnung des Abkommens am 27. Februar 1953 unverändert geblieben sei.

67. Wir können bei unserer Entscheidung, ohne die Frage zu beantworten, davon ausgehen, daß die Auslegung und Anwendung eines Abkommens unter bestimmten Umständen weitgehend davon abhängt, ob bei der Vorbereitung eines internationa- len Vertrages eine der Vertragsparteien wesentliche Tatsachen kannte oder nicht. Wollte man diesen Grundsatz anwenden, und käme es auf den Zeitpunkt der Ab-

fassung des Textes und nicht auf den der Vertragsunterzeichnung an, dann wären die von der Bundesrepublik angeführten Argumente für den vorliegenden Streitfall von Bedeutung. Der Schiedsgerichtshof hält diese Erwägungen im vorliegenden Ver- fahren jedoch für belanglos, weil es hier auf die Gegebenheiten ankommt, wie sie bei Unterzeichnung des Abkommens bestanden. Zu diesem Zeitpunkt standen der deutschen Delegation zugegebenermaßen die wesentlichen Unterlagen zur Ver-

fügung, die sie benötigte, um sich ein Urteil über die griechischen Forderungen zu bilden. Zu einer solchen Beurteilung war sie überdies auch schon gelangt und hatte ihre Stellungnahme der Gegenseite sowie dem Dreimächteausschuß schriftlich mitge- teilt. In seinem Schreiben vom 12. Januar 1953 umriß Dr. Abs als Leiter der deut- schen Delegation die lange Vorgeschichte des Sreitf alles und stellte folgendes fest:

»Unter diesen Umständen kann ich die von der Griechischen Regierung gegen die

Bundesrepublik Deutschland erhobene Forderung auf Erstattung der von dem Deutsch-Griechischen Gemischten Schiedsgericht festgestellten griechischen Neutra- litätsschäden nicht als berechtigt anerkennen und sehe mich zu meinem Bedauern nicht in der Lage, Ihren eingangs in Bezug genommenen Aufforderungen zur Rege- lung jener Forderung eine weitere Folge zu geben. Ich werde hiervon den Drei- mächteausschuß für deutsche Schulden verständigen.« (Siehe Ziffer 22.)

In dem genannten Schreiben nahm Dr. Abs den Standpunkt ein, daß infolge der in dem Abkommen über den Dawes-Plan und dem Haager Abkommen über den

Young-Plan enthaltenen Verpflichtungen die strittigen griechischen Forderungen »verfallen und erloschen« seien. Ferner ging er davon aus, daß die Bundesrepublik nur für solche Schulden des Deutschen Reiches hafte, die »von Rechts wegen noch bestehen«, nicht dagegen für »solche Schulden, die schon vor dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches kraft Rechtsverzichts verfallen und erloschen waren, wie dies bei den griechischen Neutralitätsansprüchen der Fall ist«. In seiner Aussage vor dem Schiedsgerichtshof erklärte Dr. Abs, daß es sich bei diesem Schreiben um eine endgültige Ablehnung der griechischen Forderungen gehandelt habe, daß es ernst gemeint und nicht aus taktischen Erwägungen abgesandt worden sei.

68. Die Lage bei Unterzeichnung des Regierungsabkommens durch die Parteien war somit eindeutig. Der deutschen Delegation standen damals einschlägige Unter- lagen zur Verfügung. Sie war nicht im Irrtum über Ursprung und Art der Forde- rungen, die sie bedingungslos zurückgewiesen hatte. Dagegen hatte die griechische Seite ihre Forderungen nicht nur in der Zeit, als die Konferenz in London tagte, beharrlich und unnachgiebig geltend gemacht, sondern, wie Dr. Abs in seinem Schrei- ben vom 12. Januar 1953 feststellt, »trat in den Jahren zwischen den beiden Krie- gen (die Griechische Regierung) zu wiederholten Malen, z. B. bei fast allen Han-

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Entscheidungen 347

delsvertragsverhandlungen, an die Reidisregierung mit dem Ersuchen heran, für die griechischen Ansprüche aus den Entscheidungen des Deutsch-Griechischen Gemischten Schiedsgerichts Befriedigung zu erlangen . . . Die Reichsregierung hat damals das griechische Begehren stets unter Hinweis auf das vorgenannte >Inclusive Amounts<- Prinzip der im Dawes- und Young-Plan niedergelegten Reparationsregelung abge- lehnt.«

69. Dennoch wurden, ungeachtet all dieser Geschehnisse, die beiden Regierungen freiwillig Parteien des Abkommens über Deutsche Auslandsschulden, welches sie verpflichtete, über die griechischen Ansprüche zu verhandeln. Es ist in diesem Zu- sammenhang nicht ohne Bedeutung, daß der Leiter der deutschen Delegation nach seinem Schreiben vom 12. Januar 1953 und vor Unterzeichnung des Regierungsab- kommens während der informellen Besprechungen über die Stellungnahme der Re- gierungen zu dem Abkommensentwurf im Hinblick auf die Ansprüche aus Ent- scheidungen der griechisch-deutschen Gemischten Schiedskommission erklärte, »... die griechische Regierung habe Forderungen geltend gemacht, auf welche die Bundes- republik Deutschland geantwortet habe; die Angelegenheit sei jedoch noch nicht geregelt.« (Siehe Ziffer 22.)

Bei seiner Vernehmung als Zeuge wurde Dr. Abs gebeten zu erklären, wie er das die endgültige Ablehnung der griechischen Forderungen enthaltende Schreiben vom 12. Januar 1953 mit der Feststellung in Einklang bringe, daß die Angelegenheit noch nicht erledigt sei. Er antwortete, daß er keinen Widerspruch sehe und daß die Sache erledigt gewesen wäre, wenn die griechische Seite ihn informiert hätte, sie habe das Schreiben vom 12. Januar 1953 erhalten und betrachte nach Prüfung des- selben die Angelegenheit als erledigt. Da jedoch kein solches Schreiben eingegangen sei, sei die Frage noch offen gewesen.

70. Der Standpunkt der Bundesrepublik, wie wir ihn verstehen, läuft darauf hin- aus, daß sie sich zwar bereit erklärt hatte, wegen der Forderungen Besprechungen und Verhandlungen zu führen, sich aber nicht für verpflichtet hielt, ihre frühere endgültig ablehnende Haltung aufzugeben. Sie glaubte ihre in dem Abkommen übernommenen Verpflichtungen schon damit erfüllen zu können, daß sie ihren bis- lang vertretenen Standpunkt einfach bekräftigte.

71. Wir können diese Auslegung des Artikels 19 Absatz 1 (a) in Verbindung mit Ziffer 11 der Anlage I nicht akzeptieren. Aus einem freiwillig eingegangenen Ver- trag erwächst eine ernste Verantwortung. Im vorliegenden Fall geht die Verein- barung, zu verhandeln, weit über die bloße Zusage hinaus, bereitwillig die voll- ständige Kapitulation der Gegenseite entgegenzunehmen. Um ein solches Ziel zu erreichen, sind Verhandlungen weder notwendig noch wünschenswert. Wir legen die einschlägigen Bestimmungen des Abkommens dahin aus, daß die Parteien sich unge- achtet früherer Weigerungen, Ablehnungen und Zurückweisungen verpflichteten, ihre Standpunkte zu überdenken und zu versuchen, eine Regelung auszuhandeln.

72. Da die Bundesrepublik Deutschland zu dem Ergebnis gekommen war, daß die griechischen Forderungen rechtlich nicht fundiert seien, zog sie daraus weitere unvermeidliche Folgerungen. Sie verweist darauf, daß das Abkommen lediglich im Sinne des Artikels 4 Abs. 1 (a) bestehende Ansprüche betreffe, und beantragt, der Schiedsgerichtshof möge entscheiden, daß die Befriedigung der griechischen Forde- rungen gegen die Bestimmungen des Artikels 7 des Abkommens verstoßen würde, der eine Schlechterstellung oder Bevorzugung mit Bezug auf die verschiedenen Schuldenarten verbiete. Wenn die strittigen Ansprüche tatsächlich beständen, dann handele es sich um Regierungsansprüche im Sinne des Artikels 5 Absatz 1 des Ab- kommens, die folglich bis zu einer endgültigen Regelung der aus dem Ersten Welt- krieg herrührenden Ansprüche zurückzustellen seien.

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348 Entscheidungen

73. Der Schiedsgerichtshof hat dieses Vorbringen gebührend geprüft, ist aber nicht bereit, ihm zu folgen. Er ist der Ansicht, daß der in das Abkommen aufgenommene Artikel 19, der sich speziell auf Verhandlungen über Forderungen aus Sprüchen des deutsch-griechischen Schiedsgerichts bezieht, sowie Ziffer 11 der Anlage I diesen Forderungen eine Sonderstellung einräumen. Diese wird ihrem Wesen nach deutlich, wenn man die vorgenannten Bestimmungen nicht für sich, sondern im Zusammen- hang mit den anderen Artikeln des Abkommens liest. Das dem Wortlaut dieser Bestimmungen beizumessende Gewicht darf nicht durch enge oder technische Aus- legung der Artikel 4, 5 und 8 geschmälert werden. Artikel 19 Absatz 2 bestimmt, daß eine genehmigte, als Ergebnis von Verhandlungen erzielte Vereinbarung »in jeder Hinsicht als Anlage dieses Abkommens gelten (soll)«. Die so zustandegekom- mene Anlage ist den übrigen Bestimmungen des Abkommens gleichgestellt.

74. Das Abkommen muß als Ganzes gesehen werden. Die verschiedenen Bestim- mungen sind so auszulegen, daß nicht eine von ihnen praktisch unwirksam gemacht wird, um anderen ihren Wortsinn zu geben. Von ausschlaggebender Bedeutung ist die durch Artikel 19 und Ziffer 11 der Anlage I bewiesene Tatsache, daß beide Seiten den Streit einer friedlichen Regelung zuführen wollten. Jede Auslegung dieser Bestimmungen muß dieses Ziel im Auge behalten. Das bedeutet, daß die Parteien in der hier gegebenen besonderen Situation stillschweigend davon ausgingen, daß griechischen Forderungen außer Betracht bleiben, soweit es sich um die Frage der behandelt werden sollten.

75. Bei den nach Maßgabe der Bestimmungen des Artikels 4 Absatz 1 (a) des Abkommens zu regelnden nichtvertraglichen Geldverbindlichkeiten handelt es sich um solche, die >vor dem 8. Mai 1945 festgestellt und fällig« waren, vorausgesetzt, daß sie unter die Bestimmungen der Anlage I des Abkommens (Artikel 4 Ab- satz 2 [a]) fallen und die Bedingungen des Artikels 4 Absatz 3 erfüllen. Die For- derungen des Königreichs Griechenland fallen unter die Regelung des Artikels 4, wenn die in den Bestimmungen des Artikels 19 enthaltenen Voraussetzungen erfüllt sind. Diese bestehen darin, daß die Parteien sich über die Ansprüche geeinigt haben und die von ihnen getroffene Vereinbarung von den zum Dreimächteausschuß ge- hörenden Regierungen genehmigt worden ist. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, soll die Vereinbarung »in jeder Hinsicht als Anlage dieses Abkommens gelten«. Das schließt die Erfordernisse mit ein, daß die Ansprüche der Höhe nach festgestellt und fällig sind (Artikel 4 Absatz 1 [a]), daß sie unter die Bestimmungen der Anlage I fallen (siehe Artikel 4 Absatz 2 [a]), und die Schulden gegenüber Gläu- bigern im Sinne des Artikels 4 Absatz 3 bestehen. Der ganze Sinn des Artikels 19 wäre verfehlt, wenn eine Regelung der Ansprüche mit der Begründung abgelehnt würde, daß sie vor Unterzeichnung des Abkommens nicht als fällig im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 (a) anerkannt worden seien. Ebenso würde Artikel 19 jede vernünftige Bedeutung verlieren, wenn eine vergleichsweise Regelung mit der Be- gründung abgelehnt würde, daß sie gegen Artikel 4 und Artikel 5 Absatz 1 ver- stoße. Daher kann die Bedeutung des Dawes-Plans und des Young-Plans für die griechischen Forderungen außer Betracht bleiben, soweit es sich um die Frage der Zulässigkeit der Ansprüche handelt.

76. Die Bundesrepublik hat während des Verfahrens klar erkennen lassen, daß sie ernste Besorgnis über nicht vorhersehbare Folgen im Hinblick darauf hege, daß andere Staaten möglicherweise Forderungen erheben oder Kritik üben könnten, wenn sie trotz der Tatsache, daß aus dem Ersten Weltkrieg herrührende Regierungs- forderungen von einer Prüfung im Rahmen des Abkommens ausgenommen seien (Artikel 5 Absatz 1), über die griechischen Forderungen verhandele und diese regele. Diese Besorgnis ist unbegründet. In der Erklärung des Dreimächteausschusses vom 12. Juli 1952 wurde zum Ausdruck gebracht, daß die griechischen Forderungen,

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insoweit sie nichtöffentlichen Anspruchsberechtigten zustehen, nicht in die Kategorie der Schulden fallen, die durch die in Ziffer 11 IV (a) des Memorandums des Aus- schusses vom Dezember 195 1 enthaltene Bestimmung ausgeschlossen sein sollten, welche nach übereinstimmender Auffassung der Parteien mit dem späteren Artikel 5 Absatz 1 des Abkommens identisch ist. Diese Erklärung hat den Geschehensablauf in Gang gesetzt, der schließlich den griechischen Forderungen ihren besonderen Charakter gab und ihnen eine besondere Rechtsgrundlage im Rahmen des Abkom- mens selbst schuf. Der Schiedsgerichtshof braucht nicht darüber zu befinden, ob die Erklärung des Dreimächteausschusses rechtlich begründet war oder nicht. Worauf es ankommt, ist die Tatsache, daß die Konferenz die Schlußfolgerung des Dreimächte- ausschusses akzeptierte und empfahl, die Forderungen besonders zu prüfen (siehe Ziffer 16 des Konferenzberichts). Diese Empfehlung wurde von allen Teilnehmer- staaten angenommen und fand schließlich Aufnahme in das Abkommen (Artikel 19 in Verbindung mit Ziffer 11 der Anlage I). Aufgrund des vorher Gesagten müssen die Forderungen der griechischen Regierung als sui generis gelten. Wenn die Bundes- republik über die Forderungen verhandelte und sie regelte, wäre dies kein Präze- denzfall, auf den sich eine Regierung berufen könnte, um andere, aus dem Ersten Weltkrieg herrührende Ansprüche geltend zu machen, die auf der Konferenz nicht geprüft wurden.

7j. Entscheidender Ausgangspunkt ist: Eine in diesem Streit erfolgende ver- gleichsweise Einigung ist als wesentlicher Bestandteil des Abkommens zu betrach- ten, und der vereinbarte Betrag muß zu den Schulden gerechnet werden, welche gemäß Artikel 4 des Abkommens zu regeln sind. Die Frage, ob solche zusätzlich zu regelnden Schulden eine Ausnahme zu der in den Artikeln 4, 5 und 8 getroffenen Regelung darstellen, oder ob sie diese Artikel ergänzen, bedarf keiner Entscheidung.

78. Die Bundesrepublik macht geltend, daß seit Unterzeichnung des Abkom- mens Verhandlungen stattgefunden hätten, die zu keiner Regelung führten. Wir haben den seit Unterzeichnung des Abkommens zwischen den Parteien statt- gefundenen Schriftwechsel geprüft und sind zu der Schlußfolgerung gelangt, daß dies keine »Verhandlungen« im Sinne unserer Auslegung waren. Der Meinungs- austausch ist hauptsächlich schriftlich erfolgt. Es hat auch mündliche Besprechungen gegeben, allerdings nur im Verlaufe von Verhandlungen, die nicht Fragen dieses Falles betrafen. Dabei hat die deutsche Seite die griechischen Forderungen stets ab initio abgelehnt und Gründe für diese Ablehnung gegeben. Andererseits hat sich die griechische Regierung ebenfalls geweigert, ihre Haltung zu überprüfen.

7 9. Die Bestimmungen des Artikels 19 des Abkommens verlangten von beiden Seiten, Besprechungen mit dem Ziel aufzunehmen, sich vergleichsweise zu einigen. Eine einseitige Entscheidung, die es ablehnt, über eine mögliche finanzielle Rege- lung zu verhandeln, und dies damit begründet, daß die Ansprüche rechtlich nicht vertretbar seien, ist unvereinbar mit Artikel 19, der bestimmt, daß ein für beide Seiten annehmbares Ergebnis anzustreben sei.

80. Der Grundsatz des Nachgebens, auf dem jedes Aushandeln beruht, gilt für beide Seiten. Was wir über das Vorbringen und die Argumente der Bundesrepublik gesagt haben, gilt ebenso für die des Königreichs Griechenland. Dieses macht nicht nur geltend, die Bundesrepublik sei verpflichtet, die strittigen Forderungen anzu- erkennen, sondern verlangt auch, daß die Zahlung des geltend gemachten Betrages und der rückständigen Zinsen sowie die Zahlungsmodalitäten und Art der Wäh- rung den bei der Regelung der Forderungen aus Entscheidungen der Gemischten Kommission zur Anwendung gelangten und in Ziffer 10 der Anlage I des Ab- kommens enthaltenen Grundsätzen entsprechen sollten. Das Königreich Griechen- land hat insbesondere beantragt, eine solche ausdrückliche Verfügung in den Tenor der Entscheidung des Schiedsgerichtshofs aufzunehmen. Es begründet diesen Antrag

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damit, daß zwischen den amerikanischen und griechischen Ansprüchen kein Unter- schied bestehe und eine unterschiedliche Behandlung der Ansprüche gegen das in Artikel 8 des Abkommens enthaltene Verbot einer Diskriminierung verstoßen sowie dem allgemeinen völkerrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung aller an einem mehrseitigen Abkommen beteiligten Parteien zuwiderlaufen würde.

81. Dies Argument überzeugt uns nicht. Satz 2 des Artikels 8 des Abkommens lautet:

»Eine unterschiedliche Behandlung der verschiedenen Schuldenarten als Folge der Regelung gemäß den Bestimmungen dieses Abkommens und seiner Anlagen gilt nicht als Schlechterstellung oder Bevorzugung.«

Wie wir bereits oben ausgeführt haben, sind die griechischen Forderungen sui generis. Es handelt sich daher bei ihnen um eine Schuldenart, die sich von den amerikanischen Ansprüchen unterscheidet. Dies wird durch die Tatsache bestätigt, daß die beiden Anspruchsarten in verschiedenen Ziffern der Anlage II behandelt werden - die amerikanischen Ansprüche in Ziffer 10 und die griechischen Ansprüche in Ziffer 11. Daraus folgt, daß eine Behandlung der griechischen Ansprüche, welche von derjenigen der amerikanischen Ansprüche abwiche, dem in Satz 1 des Artikels 8 enthaltenen Grundsatz nicht zuwiderlaufen würde. Die Frage, ob es einen völker- rechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung gibt, der gebietet, daß die Parteien eines internationalen Abkommens gleichzubehandeln sind, braucht im vorliegenden Verfahren nicht entschieden zu werden. Wenn das der Fall wäre, würde dieser Grundsatz auf die uns vorliegende Streitfrage im Hinblick auf die eindeutige, in Satz 2 des Artikels 8 enthaltene Regelung keine Anwendung finden. Die Vertreter des Königreichs Griechenland haben in dem uns unterbreiteten detaillierten Vor- bringen den Nachweis zu führen versucht, daß die griechischen Forderungen mit den amerikanischen Forderungen im wesentlichen identisch seien. Die Vertreter der Bundesrepublik waren ihrerseits bemüht, dieses Vorbringen zu widerlegen. Nach unserem Dafürhalten braucht diese Frage von uns nidit entschieden zu werden. Es genügt, zu wiederholen, daß die griechischen Ansprüche sui generis sind.

82. Die Parteien haben, wie von uns ausgeführt, ein pactum de negotiando ge- schlossen. Es kann nicht Aufgabe des Schiedsgerichtshofs sein, die einzelnen Bestim- mungen oder Bedingungen einer Regelung zwischen den Parteien festzusetzen. Den Parteien obliegt es, den Inhalt der Vereinbarung auszuhandeln, über die zu ver- handeln sie sich verpflichtet haben.

83. Die Vertreter des Königreichs Griechenland haben erklärt, sie hätten den vorerwähnten Antrag vorsorglich gestellt. Angesichts der Tatsache, daß voran- gegangene Bemühungen, zu einer Einigung zu gelangen, gescheitert seien, sei es erforderlich, daß der Schiedsgerichtshof strenge, für Verlauf und Ergebnis der Ver- handlung maßgebliche Richtlinien erteile, da sonst die Gefahr bestehe, daß das Königreich Griechenland »Steine anstelle von Brot« erhalte. Dieses Argument über- zeugt uns nicht. Es geht über den Anspruch hinaus, den die griechische Regierung auf Grund eines pactum de negotiando zu stellen berechtigt ist. Wir haben keinen Grund, anzunehmen, daß eine am vorliegenden Verfahren beteiligte Regierung nicht Wortlaut und Sinn unserer Entscheidung respektiert. Insbesondere haben wir keinen Grund zu der Annahme, daß die Verhandlungen nicht den Zielsetzungen und Zwecken des Abkommens Rechnung tragen werden.

84. Der Schiedsgerichtshof ist zwar nicht bereit, die Bedingungen oder Voraus- setzungen einer Regelung zu bestimmen, er hat aber in Ziffer 4 des Tenors dieser Entscheidung die allgemeinen Grundsätze für eine Verhandlungsführung dargelegt. Diese, insbesondere der in 4 b) des Tenors enthaltene Grundsatz, ergeben sich aus dem Abkommen selbst und verleihen ihm seinen besonderen Sinn. Das pactum de negotiando bildet einen Teil des Abkommens. Jede Regelung, zu der die Parteien

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gelangen, wird, wenn sie genehmigt worden ist, eine Anlage des Abkommens und damit ein Bestandteil desselben. Infolgedessen sollten die Verhandlungen, in die die Parteien eintreten werden, von den Zielsetzungen und Zwecken getragen sein, die auch der Konferenz über deutsche Auslandsschulden als richtungsweisend dien- ten und die in der Präambel zum Abkommen enthalten sind. Durch Festhalten an diesen Zielsetzungen und Grundsätzen wird es möglich sein, das allem übergeord- nete Ziel zu erreichen und hinsichtlich der aus der Vorkriegszeit herrührenden deutschen Auslandsschulden, soweit sie die den Gegenstand dieser Entscheidung bildenden Forderungen betreifen, nämlich zu einer zufriedenstellenden und ge- rechten Regelung zu gelangen.

85. In seiner Entscheidung vom 24. März 1970, in welcher der anfänglich gegen die Zuständigkeit des Schiedsgerichtshofs gerichtete Einwand zurückgewiesen wurde, hat der Schiedsgerichtshof festgestellt, daß die Frage, inwieweit der Schiedsgerichts- hof zuständig ist, »den von der Regierung des Königreichs Griechenland im ein- zelnen gestellten Ansprüchen zu entsprechen, nicht Gegenstand dieser Entscheidung (ist)«. Der früher von der Bundesrepublik gegen die Zuständigkeit des Schieds-

gerichtshofs gerichtete Einwand ist bezüglich der nunmehr vom Königreich Grie- chenland ausdrücklich gestellten Anträge erneut erhoben worden. Insoweit diesen

Anträgen im Tenor dieser Entscheidung nicht stattgegeben worden ist, ist die

Bundesrepublik Deutschland nicht benachteiligt, und es ist nicht erforderlich, sich mit ihrem Einwand weiter zu befassen. Der Einwand gilt als verworfen, soweit der Tenor der Entscheidung den Anträgen stattgibt.

86. Ebenso gelten die vom Königreich Griechenland gestellten Anträge, soweit sie nicht Bestandteil des Tenors sind, als verworfen.

23 ArchVR 16/3

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