494 | Zeitschrift für Rheumatologie 6 · 2014
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. Uwe Lange Kerckhoff-Klinik GmbH, Rheumatologie, klinische Immunologie, physikalische Medizin und OsteologieBenekestr. 861231 Bad [email protected]
Originalpublikation
Farahmand P, Ringe JD, Feustel A et al (2013) Früherkennung und Prä-vention der Osteoporose bei Män-nern. Osteologie 22:267-270.
Früherkennung und Prävention der Osteoporose bei Männern
Update Rheumatologie · Osteologie und physikalische Medizin
Die Beiträge stammen aus dem Handbuch Rheumatologie 2014 und entsprechen den Seminarunter-lagen des 9. Rheuma Update 2014 der med update GmbH.
Z Rheumatol 2014 · 73:494–495 DOI 10.1007/ s00393-014-1470-4 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
Etwa6%derüber50-jährigenMänner sind in DeutschlandvonOsteoporosebetroffen,ob-gleichbereitseinebreitePaletteanMedikamentenzurBehand-lungdermännlichenOsteoporo-sezurVerfügungstehtundMän-nermitosteoporotischenFraktu-reneinedeutlichhöhereMortali-tätalsFrauenmitFrakturenha-ben,werdenMännerseltenerbe-handelt.NacheinerHüftfrakturwerdenetwa2/3allerFrauenmiteinem osteoporosespezifischenMedikamentbehandelt,beiMän-nernistesabernurdieHälfte.BeiMännernstehenin50-60%derFälle sekundäre Osteoporosen
Originalpublikation
Meier RP, Perneger TV, Stern R et al (2012) Increasing occurence of atypical femoral fractures associa-ted with bisphosphonate use. Arch Intern Med 172:930-936.
Erhöhen Bisphosphonate das Risiko für atypische Frakturen?
DerEinsatzvonBisphosphona-tenbeivorliegenderOsteoporo-seerfolgtumeinenVerlustanKnochenmassezuverhindernbzw. um die Knochendichteauchzuerhöhen.InaktuellenPublikationenwurdejedochimZusammenhang mit der Ver-
imVordergrund,beipostmeno-pausalenFrauenhingegennur30%.DiehäufigstenRisikofaktorenbeidermännlichenOsteoporo-sesindNikotinkonsum,systemi-scheGlukokortikoide,Alkohol-konsum,chronischobstruktiveAtemwegserkrankungenundderHypogonadismus.EinScreeninghinsichtlichdesVorliegensvonRisikofaktorenistdaherbeiMän-nernzurFrüherkennungderOs-teoporoseunerlässlich.Imposi-tivenFalleisteinesystematischeosteologischeAbklärunginklusi-veKnochendichtemessung,Bild-gebungderWirbelsäuleundLa-bordiagnostikerforderlich.Prä-ventionmussbereitsimKindes-undJugendaltererfolgendurchkörperlicheAktivität,EiweißundkalziumreicheErnährungkombi-niertmitadäquaterVitamin-D-Versorgung.BereitsbeiDiagno-sestellungvonErkrankungen,diemitderEntwicklungeinerOsteo-poroseverbundenseinkönnen,isteineosteologischeDiagnostikerforderlich.NursokannderEnt-
wicklungeinerOsteoporosefrüh-zeitigbegegnetwerden.
Kommentar DieniedrigeOsteoporoseprä-valenz des Mannes nach demklinischenAlterlässtsichnichtüberdieschlechterePrognosevon Männern mit osteoporo-tischen Frakturen hinwegtäu-schen. Die männliche Osteo-poroseistinbiszu70%derFäl-lemitRisikofaktorenverbun-den.DahersolltenMänneraufRisikofaktoren hin gescreentwerden,damitimpositivenFallstrukturierteineosteologischeAbklärungerfolgenkann-in-klusive der Untersuchung derUrincalciumausscheidung.BeiAuftreten von ErkrankungenmitnegativerAuswirkungaufdenKnochenstoffwechselmussbereitsbeiDiagnosestellunganeine osteologische Diagnostikgedacht werden, um der Ent-wicklungvonosteoporotischenFrakturen frühzeitig entgegentretenzukönnen.
schreibung von Bisphospho-natenproblematisiert,dassdieSubstanzendieHäufigkeitvonStressfrakturenerhöhenkönn-ten.IndervorliegendenStudieausderSchweizwurdeninsge-samt477Patientenretrospek-tiveingeschlossen.Diesewarenzwischen 1999 und 2010 auf-grundeinerFemurfrakturbe-handeltworden.Beurteiltwur-dendieFrakturenanhandvonRöntgenaufnahmen als klas-sischoderatypisch.DieKont-rollebestandaus200Versuchs-personen ohne Femurfraktur.
Insgesamthatten39PatienteneineatypischeFemurfrakturvs.438mitklassischenFrakturen.InderGruppemitatypischenFrakturenhatten32derPatien-ten(82,1%)inderVergangen-heit ein Bisphosphonat erhal-ten,inderklassischenGruppewaren es 28 (6,4 %). Demge-genübernahmeninderKont-rollgruppe11,5%derTeilneh-mer Bisphosphonate ein. DerBisphosphonatgebrauch redu-ziertedasRisikofüreineklas-sischeFemurfrakturum47%(OddsRatio0,5;95%-KI0,3-
Abb. 66-jähriger Patient mit gluko-kortikoidinduzierter Osteoporose im Stadium III: ausgeprägte Kyphose der BWS und daraus resultierende Einengung im Bauchraum mit Quer-faltenbildung im Oberbauch und Bauchvorwölbung. Durch die Ver-kürzung des Thorax erscheinen die Arme relativ zu lang. Aus: Farah-mand P, Ringe J D (2006) Osteoporo-se - Diagnostische und therapeuti-sche Strategien. CME 3(3):11–23.
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▶ Osteoporose: Versor-gungsinanspruchnahme und Behandlungskosten
Zur Beschreibung der aktuellen Ver-sorgungssituation von Patienten mit Osteoporose und den assoziierten Kosten wurden anonymisierte Ab-rechungsdaten 2006 bis 2009 der Techniker Krankenkasse analysiert (Analyse der Bone Evaluation Study). Berücksichtigt wurden Versicherte über 50 Jahren mit osteoporosespezi-fischer Arzneimittelverordnung, Os-teoporosediagnose oder der Diagno-se einer osteoporosebedingten Frak-tur. Analysiert wurden Verordnungs-prävalenzen, Knochendichtemessun-gen sowie Kosten für osteoporosebe-zogene Leistungen zu Lasten der GKV. Die Verordnungsprävalenz osteoporo-sespezifischer Arzneimittel lag bei 18%, die der Basistherapie bei 30%. Knochendichtemessungen wurden bei 14% der Versicherten mit Fraktur durchgeführt. Die osteoporosebezo-genen Versorgungskosten betrugen im Jahr 2009 714 € pro betroffenem TK-Versicherten; dies ergibt 4,5 Mrd. Euro für die Osteoporoseversorgung in Deutschland. Obwohl Menschen mit Osteoporose häufiger behandelt werden als 2003, lässt sich feststellen, dass eine große Zahl an Versicherten mit Frakturen und Mehrfachfrakturen keine medikamentöse Therapie er-hält. Dies lässt auf Optimierungsbe-darf bei der Behandlung schließen, zumal wesentliche Kostenfaktoren Art und Anzahl von Frakturen waren.
Kommentar Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die medikamentöse Versor-gung seit 2003 etwas verbessert hat, deutliche Defizite bestehen aller-dings weiterhin insbesondere bei der Behandlung von Patienten mit osteoporotischen Frakturen sowie auch bei diagnostischen Leistungen. Die große Zahl an Mehrfachfraktu-ren bei gleichzeitig geringeren Ver-ordnungsprävalenzen und einen ge-ringeren Anteil an Patienten mit Knochendichtemessungen lassen auf einen deutlichen Optimierungs-bedarf hinsichtlich Diagnostik und Behandlung der Osteoporose in Deutschland schließen.
Klein I et al (2013) Osteologie 22:277-282
Ticker
Originalpublikationen
McClung MR, Grauer A, Boonen S et al (2013) Inhibition of sclerostin with romosozumab in postmeno-pausal women with low bone mi-neral density: phase 2 trial results. Ann Rheum Dis 72(Suppl3):136.
D Veranstaltungshinweis
Wiesbaden, 06.-07.03.2015 Rheuma Update 201510. Rheumatologie-Update-Seminar Unter der Schirmherrschaft der DGIM und der Rheumaakademie
Erbkrankheit gibt wichtigen Hinweis für ein neues Osteoporose-Medikament
Im Jahr 1960 kam es in Süd-afrika bei einem Zusammen-stoßvonzweiPKWszueinemschwerenVerkehrsunfall.Meh-rere Insassen des einen Wa-genserlittenschwereundmas-siveVerletzungen,andenensiewenigspäterstarben.DiePas-sagieredesanderenAutosblie-benjedochbisaufSchürfwun-denunverletzt.BeiBefragungder Überlebenden stellte sichheraus,dassKnochenbrücheinderenGroßfamilieüberGene-rationenhinwegnichtaufgetre-tenwaren,wedernachUnfällennoch beim Rugby- oder Fuß-ballspielen.DasoffensichtlichäußerststabileSkelettverdank-tensiejedocheinerErbkrank-heit,diespäteralsVan-Buchem-Krankheitbezeichnetwurde.ImJahr2002entschlüsseltenGene-tikerdieUrsache:DiesenPerso-nen fehltdasKnochenproteinSklerostin.Sklerostinistoffen-bareinBremssignalfürdieRe-generationdesKnochens.Fehlt
dieBremseSklerostin,wiebeider Van-Buchem-Krankheit,wirdvermehrtKnochenaufge-bautunddamitdieKnochensta-bilitätverbessert.
AufdemEULAR-Kongress2013inMadridwurdeeinein-teressanteStudiepräsentiert.Eshandelte sich um eine rando-misierte, Placebo-kontrollier-tePhase-II-StudiezurEffekti-vitätundSicherheitdeshuma-nenSklerostin-AntikörpersRo-mosozumabbei419postmeno-pausalenFrauen(55bis85)mitniedrigerBMD(T-Score<-2,0und > -3,5 an LWS, Gesamt-hüfteoderOberschenkelhals).Währendderersten12MonatewurdendiePatientenauffünfverschiedeneDosierungen(s.c.70,140oder210mg1xmonat-lich,140oder210mg3xmonat-lich)oderPlaceboopen-label–zweiaktiveVergleichssubstan-zen(70mgAlendronatoralwö-chentlichoder20µgTeriparatids.c.täglich)randomisiert.Pri-märerEndpunktwardiepro-zentualeVeränderungderBMDanderLWSvonStudienbeginnbisMonat12.Eszeigtesich,dassalleDosierungendesMonat12gegenüberPlacebosignifikantdieBMDanalledreiSkelettlo-kalisationen(p<0,005)steiger-ten.DergrößteZugewinnwur-
demitRomosozumab210mg1xmonatlicherreicht,miteinemBMD-AnstieganLWSundGe-samthüfteum11,3bzw.4,1%.DieseZuwächsewarenauchsi-gnifikantgrößer imVergleichzu Alendronat und Teripara-tid(p<0,0001).MitallenRomo-sozumab-DosierungenkameszueinemAnstiegs-P1NPundeinerReduktionvonsCTXbin-neneinerWoche.DieRateun-erwünschter Wirkungen warunterRomosozumabundPla-cebovergleichbarmitAusnah-mevonhäufigeren–aberge-nerellmildverlaufenden–Re-aktionenanderEinstichstelleunterRomosozumab12vs.4%.
Kommentar Der humane Sklerostin-Anti-körperRomosozumabführtezueinemraschenundausgeprägtenBMD-Anstieg.OffenbarinFolgedergleichzeitigenStimulationdesKnochenaufbausundAbnahmederKnochenresorption,fieldie-sergrößerausalsunterAlendro-natundTeriparatid.UnterBe-rücksichtigungderzugleichgu-tenVerträglichkeitkönntedieserSklerostin-Antikörper zukünf-tig–guteFrakturdatenvorausge-setzt–einsehrvielversprechen-derKandidatfürdieOsteoporo-se-Therapiedarstellen.
0,9).WurdedieDauerderBis-phosphonateinnahme mit be-rücksichtigt,stiegdasRisikofüratypischeFemurfrakturenmitzunehmenderEinnahmedauerimVergleichzuPersonenohneBisphosphonateinnahme: BeieinerEinnahmedauervonbiszu2JahrenlagdieORbei35,1(95%-KI10,0-123,6),beieinerDau-ervon2bis5Jahrenbei46,9(95
%-KI14,2-154,4),beieinerEin-nahme über 5 bis 9 Jahre bei117,1(95%-KI34,2-401,7)undbeieinerDauerüber9Jahrebei175,7(95%-KI30,0-1027,6).
Kommentar DievorliegendenResultatelas-sen spekulieren, dass atypi-scheFemurfrakturenmiteinerEinnahmevonBisphosphona-
tenassoziiertsind.Unterande-remerhöhteeinelängerdauern-deEinnahmedasRisikozuneh-mend. Es handelt sich jedocheinschränkendumeineretro-spektive Analyse, sodass einekausaleAssoziationnichtnach-gewiesenwerdenkann.