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Unternehmensmodellierung für das Digital Business · Herausforderung für Unternehmen, Wirtschaft...

Date post: 22-Jul-2020
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IWW-Studienprogramm Vertiefungsstudium / Aufbaustudiengang Modul XXIX Unternehmensmodellierung für das Digital Business von Univ.-Prof. Dr. Stefan Strecker
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Page 1: Unternehmensmodellierung für das Digital Business · Herausforderung für Unternehmen, Wirtschaft und Gesellschaft bleiben: »Unser Denkfehler ist: Wir erwarten einen Wandel. Digitalisierung

IWW-Studienprogramm

Vertiefungsstudium / Aufbaustudiengang

Modul XXIX

Unternehmensmodellierung für das Digital Business

von

Univ.-Prof. Dr. Stefan Strecker

Page 2: Unternehmensmodellierung für das Digital Business · Herausforderung für Unternehmen, Wirtschaft und Gesellschaft bleiben: »Unser Denkfehler ist: Wir erwarten einen Wandel. Digitalisierung

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbe-sondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung unddes Nachdruckes, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten.Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikro�lm oderein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des IWW – Institut fürWirtschaftswissenschaftliche Forschung und Weiterbildung GmbH reproduziertoder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oderverbreitet werden. Dies gilt auch für jede Form der Kommunikation zwischen denStudierenden des IWW.

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Inhaltsverzeichnis iii

Inhaltsverzeichnis

Bearbeitungshinweise vÜberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . vHinweise zur Klausur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . viiLiteraturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . viiRechtliche Hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . viii

1 Einleitung 11.1 Digital Business und die digitale Transformation . . . . . . . . . . 11.2 Unternehmensmodelle als Managementinstrument . . . . . . . . 41.3 Einführung und Einordnung der Unternehmensmodellierung . . . 61.4 Unternehmensmodellierung im Praxiseinsatz . . . . . . . . . . . . 10

2 Grundlagen 172.1 Modellbegri�, Modellverständnis, Abstraktion . . . . . . . . . . . 172.2 Konzeptuelles Modell, Unternehmensmodell . . . . . . . . . . . . 212.3 Modellierungssprache, Modellierungsmethode . . . . . . . . . . . 262.4 Modellierungsprinzipien, Modellierungstechniken . . . . . . . . . 35

3 Unternehmensmodellierung mit ArchiMate 483.1 Einführung in ArchiMate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483.2 Modellieren von Zielen und Strategien (»Motivation«) . . . . . . 523.3 Modellieren der Geschäftsebene (»Business Layer«) . . . . . . . . 523.4 Modellieren der Anwendungsebene (»Application Layer«) . . . . 523.5 Modellieren der Technologieebene (»Technology Layer«) . . . . . 523.6 Modellieren ergänzender Sachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . 52

Literaturverzeichnis 53

Lösungsskizzen zu den Übungsaufgaben 58

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Bearbeitungshinweise v

Bearbeitungshinweise

Überblick

Herzlich Begrüßung undEinleitung

Willkommen zu »Unternehmensmodellierung für das Digital Business«(Modul XXIX). Das erfolgswirksame Gestalten digitalen Wandels mit dem Ziel, dieChancen der Digitalisierung geschickt und unternehmerisch vorteilhaft zu nut-zen, fordert von Führungskräften, Fachkräften und IT-Experten ein gemeinsames,tiefgreifendes Verständnis organisatorisch-betriebswirtschaftlicher und informa-tionstechnischer Sachzusammenhänge in ihrem Zusammenwirken und bedingtdas Durchdringen dieser komplexen Zusammenhänge, um die mit ihnen verbunde-nen Chancen und Risiken erkennen und das Digital Business gestalten zu können.Der vorliegende Studientext führt in die Unternehmensmodellierung für das Digi-tal Business ein und zeigt auf, wie informationstechnische, organisatorische undbetriebswirtschaftliche Sachzusammenhänge durch Unternehmensmodelle visua-lisiert, kommuniziert und besser durchdrungen werden können. Der Studientextsetzt den internationalen Modellierungsstandard ArchiMate® des Industriekonsor-tiums T�� O��� G���� ein und unterstützt die Vorbereitung auf korrespondieren-de Zerti�zierungen (z. B. »ArchiMate 3 Foundation«). Nach dem Studium diesesStudientextes können Sie die Anwendungspotenziale der Unternehmensmodellie-rung einschätzen; auf einer fundierten begri�ichen und theoretischen GrundlageUnternehmensmodelle lesen und interpretieren, erstellen und visualisieren, undgewinnbringend für das Digital Business einsetzen.

Der AufbauStudientext setzt keine Modellierungskenntnisse voraus. In einer ausführli-chen Einleitung führt Kapitel 1 in die Idee der Unternehmensmodellierung ein undillustriert ihre Anwendungspotenziale an Beispielen. Kapitel 2 behandelt die Grund-begri�e Modell, Abstraktion, konzeptuelles Modell sowie Unternehmensmodellund thematisiert begri�iche, theoretische und methodische Grundlagen der Unter-nehmensmodellierung. Aufbauend auf diesen Grundlagen führt Kapitel 3 in denModellierungsstandard ArchiMate®ein und entwickelt schrittweise das Erstellenund Anwenden von Unternehmensmodellen mit ArchiMate.

Nach Lernzieledem Studium des vorliegenden Textes sollten die Leserinnen und Leser in derLage sein,

• Unternehmensmodelle als Managementinstrument zu verstehen und ihreAnwendung als Managementinstrument zu erläutern,

• das Einsatzspektrum von Unternehmensmodellen für das Digital Business zuskizzieren und typische Einsatzszenarien zu beschreiben,

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vi Bearbeitungshinweise

• die Ziele, Annahmen, Möglichkeiten und Grenzen der Unternehmensmodel-lierung zu benennen,

• der Unternehmensmodellierung einen geeigneten Modellbegri� und ein ge-eignetes Modellverständnis zugrunde zu legen.

• die Besonderheiten von »konzeptuellen Modellen« und »Unternehmensmo-dellen« zu erläutern,

• die Grundidee der Unternehmensmodellierung fachsprachlich fundiert dar-zustellen,

• den Zusammenhang von Modellierungsmethode, Modellierungssprache undUnternehmensmodell zu erläutern,

• grundlegende Modellierungsprinzipien undModellierungstechniken und ihreFunktionen zu erläutern,

• den Aufbau und die Struktur der Modellierungssprache ArchiMate zu be-schreiben,

• die vorgestellten Sprachkonzepte von ArchiMate zu charakterisieren undanzuwenden,

• die vorgestellten Konstruktionsregeln für Unternehmensmodelle mit Archi-Mate zu benennen,

• mit ArchiMate erstellte Unternehmensmodelle zu lesen und angemessen zuinterpretieren.

Der Aufbau des vorliegenden Moduls orientiert sich an diesen Lehr-/Lernzielen.Vielfach liegt den Ausführungen aus didaktischen Gründen die Annahme zugrun-de, dass Akteure in einem Digital Business eine bestimmte analytische Fragestel-lung zu beantworten, eine bestimmte Aufgabe zu bewältigen oder eine bestimmteEntscheidung zu tre�en haben. Diese Sichtweise soll das »praktisch-normativeVorstellungsvermögen« der Leserinnen und Leser schulen.

Um die oben genannten Lehrziele zu erreichen, ist es nicht in jedem Einzelfall erfor-derlich, alle Einzelheiten der folgenden, teilweise recht detaillierten Ausführungenauswendig zu beherrschen. In vielen Fällen dürfte es ausreichen, sich die zugrun-deliegende Überlegung zu vergegenwärtigen und sie anhand der angebotenenÜbungsaufgaben und Einsendearbeiten zu festigen.

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viii Bearbeitungshinweise

Rechtliche Hinweise

ArchiMate® and The Open Group® are registered trademarks of The Open Group.

UML® is a registered trademark of the Object Management Group and BPMN™ is atrademark of the Object Management Group.

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1 Einleitung 1

1 Einleitung

1.1 Digital Business und die digitale Transformation

Unternehmen Unternehmen sind heuteein »Digital Business«

sind heute ein »Digital Business«: Durchdrungen von IT, digitalverbunden mit Dienstleistern, Lieferanten und Kunden, angewiesen auf Vernetzungund ständige Netzwerkverfügbarkeit.1 Die »The digital revolution is far

more signi�cant than theinvention of writing or evenof printing.« – Douglas C.Engelbart, Computer- &Internet-Pioneer

Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebsist heute – in allen Wirtschaftszweigen und Branchen – ohne den weitreichendenund intensiven Einsatz von IT unternehmerisch nicht mehr darstellbar. Die fort-geschrittene und weiter voranschreitende Di�usion von IT führt dazu, dass sichunternehmerisch relevante Wirkungen der Digitalisierung auf allen Ebenen desUnternehmens entfalten.

IT Digitale Transformationund digitale Disruption

initiiert einen tiefgreifenden, anhaltenden und dauerhaften Wandel, eine »digita-le Transformation«, die immer wieder neue, innovative und bislang nicht realisier-bare oder nicht wirtschaftlich darstellbare Optionen scha�t und die auf absehbareZeit nicht enden wird: Weltweite Vernetzung von Kleinstsensoren über mobileEndgeräte und Arbeitsplatzrechner bis zu Großrechenanlagen, steigende Rechen-leistung und Datenverarbeitungskapazität bei fortschreitender Miniaturisierungund Mobilisierung, weitergehende Automatisierung durch maschinelles Lernenund Robotik, Kunden-induzierte Innovationen über soziale Medien und Online-Plattformen, hybride Produkte mit physischen und digitalen Produktbestandteilenund neue disruptive Geschäftsmodelle werden erst durch IT realisierbar und kom-munizierbar. Plakativ, aber durchaus tre�end formuliert Carter (2015):

»The Digital Disruption Has Already Happened«

• World’s largest taxi company owns no taxis (Uber)• Largest accommodation provider own no real estate (Airbnb)• Largest phone companies own no telco infra (Skype, WeChat)• World’s most valuable retailer has no inventory (Alibaba)• Most popular media owner creates no content (Facebook)• Fastest growing banks have no actual money (SocietyOne)• World’s largest movie house own no cinemas (Net�ix)• Largest software vendors don’t write the apps (Apple, Google)

1Wir bezeichnen mit der Abkürzung »IT« sowohl Informations- und Kommunikationstechnik,d. h. reale Einrichtungen wie Hardware und Software als auch die Verfahren und Konzepte ihrerErstellung und Nutzung, d. h. Informations- und Kommunikationstechnologie. IT unterlag inden vergangenen Jahrzehnten einem raschen technologischen Wandel, der voraussichtlich inabsehbarer Zukunft anhalten wird und die »digitale Revolution« begründet.

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2 1 Einleitung

DigitalerDigitale Transformationbedeutet permanenten

Wandel

Wandel ist kein vorübergehendes Phänomen, sondern wird dauerhaft eineHerausforderung für Unternehmen, Wirtschaft und Gesellschaft bleiben:

»Unser Denkfehler ist: Wir erwarten einen Wandel. Digitalisierung istaber kein Change-Management-Prozess, der irgendwann abgeschlossenist. Bei der Digitalisierung geht nichts zu Ende. Wir stehen erst am An-fang einer Veränderung, die in kürzester Zeit 98 Prozent aller Prozessedigitalisieren wird. Wir müssen uns auf einen permanenten Wandel ohneEnde vorbereiten.« – Peter Fischer, Wirtschaftspsychologe, UniversitätRegensburg (Ilg 2019)

FührungskräfteZentrale Führungsaufgabedes »Digital Business«

stehen vor der Herausforderung, diesen permanenten Wandel auf-zugreifen und erfolgswirksam zu gestalten. Studien in Unternehmen verschiedenerBranchen, darunter Audi (Fahrzeuge), UPS (Logistik) und ING (Finanzen) stellenfür diese Führungsaufgabe immer wieder einen wesentlichen Erfolgsfaktor heraus(Ross et al. 2006): Führungskräfte in Unternehmen, die ihren digitalen Wandelerfolgreich gestalten, sehen IT gerade nicht als »unvermeidbaren Kostenfaktor«,als »ständigen Engpass« oder ausschließlich als »Rationalisierungsinstrument«,sondern verstehen und leben das sorgfältige wechselseitige Aufeinanderabstimmenvon Unternehmensorganisation und Unternehmens-IT auf Ziele und Strategienals zentrale und dauerhafte Aufgabe der Führung auf allen Führungsebenen – undbinden in die Durchführung dieser Aufgabe gezielt Fachkräfte und IT-Expertenein.2

Diese Führungsaufgabe erweist sich für das »Digital Business« als zentral: Daserfolgswirksame Gestalten digitalen Wandels mit dem Ziel, die Chancen der Di-gitalisierung geschickt und unternehmerisch vorteilhaft zu nutzen, fordert vonFührungskräften, Fachkräften und IT-Experten ein gemeinsames und tiefgreifen-des Verständnis betriebswirtschaftlicher, organisatorischer und informations-technischer Sachzusammenhänge in ihrem Zusammenwirken und bedingt dasDurchdringen dieser komplexen Zusammenhänge, um die mit ihnen verbunde-nen Chancen und Risiken erkennen und das »Digital Business« gestalten zukönnen.

2Die Formulierung dieser Führungsaufgabe als zentraler Erfolgsfaktor ist keineswegs eine neueErkenntnis. Eine solche Ausrichtung der Unternehmensführung wird seit den Anfängen derDisziplin Wirtschaftsinformatik empfohlen. Unter dem Schlagwort »Business-IT Alignment«wird seit Jahrzehnten in der (Beratungs-)Praxis und der anwendungsnahen Forschung einsolches wechselseitiges Aufeinanderabstimmen angeraten, wenngleich die Vorschläge für Me-thoden und Instrumente eines solchen »Alignment« nicht immer der Komplexität der Aufgabegerecht werden. Es ist auch nicht überraschend, dass ein solches sorgsames, wechselseitigesAufeinanderabstimmen im Zuge der digitalen Transformation zunehmend ernstgenommenund durch Führungskräfte gelebt wird. Angesichts zahlreicher Digitalisierungsinitiativen inUnternehmen aller Größen dürfte die skizzierte Führungsaufgabe prinzipiell auf eine breiteZustimmung unter Führungskräften stoßen; ihre konsequente Umsetzung ist jedoch auch heu-te noch keine Selbstverständlichkeit und ihre Bedeutung wird regelmäßig unterschätzt wieStudien nahelegen (z. B. Ross et al. 2006). Der vorliegende Studientext thematisiert die Unterneh-mensmodellierung, die darauf zielt, der Komplexität der Aufgabe gerecht zu werden und dazuein methodisches Instrumentarium bereitzustellen, das von Führungskräften, Fachkräften undIT-Experten gleichermaßen für die Gestaltung des »Digital Business« zielführend eingesetztwerden kann.

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1.1 Digital Business und die digitale Transformation 3

Deutlich Herausforderungen für dasDigital Business

werden allerdings auch die besonderen Herausforderungen, mit denendiese Führungsaufgabe konfrontiert ist:

(1) Zielführender Umgangmit der erheblichen Komplexität von Unternehmens-ITund Unternehmensorganisation in ihrem Zusammenwirken bei gleichzeitignur schwer einzuschätzenden zu erwartenden Kosten, Chancen und Risiken.

(2) Sicherung des laufenden Geschäftsbetriebs bei gleichzeitiger Anpassungsfä-higkeit und Flexibilisierung des Zusammenwirkens von Unternehmensorga-nisation und Unternehmens-IT unter hoher Anpassungsgeschwindigkeit undhoher Anpassungstaktung, um raschen technologischen Wandel in Verbindungmit hoher Wettbewerbsdynamik aufnehmen und proaktiv gestalten zu können.

(3) Begleitende und fortwährende Personalentwicklung und -quali�zierung un-ter Einbezug aller zu beteiligenden Akteure, d. h. Fach- und Führungskräfte undIT-Experten, damit die Akteure die miteinander verwobenen organisatorischenund technischen Sachzusammenhänge verstehen und nachvollziehen können,um die dauerhaften Veränderungsprozesse und ihre Umsetzung mitgestaltenund an der Zielerreichung mitwirken zu können.

(4) Überbrückung »I see the arti�cial splitbetween organizational andtechnical issues as dangerousand unnecessary, and thefrequent cultural chasmbetween business people andinformation technologyprofessionals as the onefactor that can block thee�ective use of computersand communications.«– Peter G. W. Keen, 2001

elementarer und anhaltender Kommunikationsbarrieren zwi-schen zu beteiligenden Akteuren mit unterschiedlichen professionellen Hinter-gründen, deren Kommunikation geprägt ist von erheblichen Schwierigkeitengegenseitigen Verstehens, von subtilen Missverständnissen und Fehlinterpreta-tionen, von gegenseitigen Vorbehalten und Misstrauen und anderen Kommuni-kationshemmnissen – mit entsprechend problematischen Konsequenzen, dieoft als fundamentaler Kulturbruch wahrgenommen werden (s. Abb. 1.1).

Führungskraft Fachkraft IT-Experte

Wir müssen die Wettbewerbsfähigkeit

verbessern!

Die Auftragserfassung ist zu umständlich.

Dieser Programmcode ist nicht getestet.

Abbildung 1.1: Notwendige Überbrückung von Kommunikationsbarrieren

Um diese Herausforderungen (1) bis (4) überwinden zu können, bedarf es einer, füralle beteiligten Akteure verständlichenKommunikationsgrundlage und darauf ab-gestimmter Methoden, die eine gemeinsame, miteinander verzahnte Betrachtungund Analyse betriebswirtschaftlich-organisatorischer und informationstechnischerSachzusammenhänge ermöglichen und darauf aufbauend die Durchführung derzentralen Führungsaufgabe des »Digital Business« unterstützen.

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4 1 Einleitung

1.2 Unternehmensmodelle als Managementinstrument

Die UnternehmensmodellierungUnternehmensmodell(Einführung)

begegnet diesen Herausforderungen durch gra-�sch visualisierte Modelle, die betriebswirtschaftliche, organisatorische und infor-mationstechnische Sachverhalte quali�ziert miteinander in Beziehungen setzen.Unternehmensmodelle visualisieren komplexe Sachzusammenhänge anschaulich,bereiten dazu ausgewählte Sachverhalte adressatengerecht auf, reduzieren proble-madäquat Komplexität und scha�en damit eine Grundlage für lösungsorientierteKommunikation und das Aufeinanderabstimmen von Unternehmensorganisationund Unternehmens-IT mit Blick auf Ziele und Strategien (vgl. Abb. 1.2).»In this world, mechanistic

thinking breaks down andmanagers have to �nd freshimages for understandingand shaping what they’redoing.« (Gareth Morgan)

Auf ihrerGrundlage wird es möglich, die modellierten Sachverhalte in ihrem Zusammen-wirken zu verstehen, zu analysieren und aufeinanderabzustimmen, und darüberhinaus Innovationspotenziale zu identi�zieren, Organisationsanalysen durchzufüh-ren, organisatorische Gestaltungsoptionen zu entwickeln, ihre Auswirkungen zuantizipieren und zu erörtern. Unternehmensmodelle sind insofern Kommunikati-onsgrundlage, Analyse- und Gestaltungswerkzeug zugleich. Ihre Erstellung undAnwendung wird durch Methoden angeleitet, die Vorgehensweisen vorschlagen,Anwendungsszenarien illustrieren und modellbasierte Analysen aufzeigen.

ERP ServerERP Software

runs on

requires

(decomposition)

Ope

ratio

nsIT

Ope

ratio

nsSe

nior

Man

agem

ent

Front OfficeBack Office

(decomposition)

ERP-System

Man

agem

ent

Sales

Org

aniz

atio

nIn

form

atio

n Sy

stem

Stra

tegy

IT M

anag

emen

t

Database Server

ERP Database Server

runs on

Asset Management

Corporate Finance

Payment and Settlement

Retail Brokerage

CRM-System

comprises

Business Process

Aggregated Business Process

Goal

Software

IT hardware resource

Complaints Management

Respond to complaint

< C. Care Staff >

Complaint answered Update Customer

History

< C. Care Staff >

Customer complaint recieved

Customer complaint

closed

MEMO Perspective

Principle Levels of Analysis

Business Process Type

Private Banking

uses

uses

Event(Message)

InformationSystem

part of

Value Chain

Core Enterprise Activity

LegendIncrease customersatisfaction through an

attractive value proposition

Abbildung 1.2: Illustration eines Unternehmensmodells (Strecker et al. 2012, S. 257).

Abbildung 1.2 illustriert ein Unternehmensmodell, das u. a. Unternehmensziele,Wertketten, Geschäftsprozesse und Organisationseinheiten (als Beispiele für be-triebswirtschaftliche und organisatorische Sachverhalte) mit informationstechni-schen Sachverhalte (Informationssysteme, Software, Hardware) in einen Sachzusam-menhang stellt und dazu quali�zierte Beziehungen zwischen diesen Sachverhaltenmodelliert (im Beispiel u. a. »comprises«/»umfasst, besteht aus«-Beziehungen).

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1.2 Unternehmensmodelle als Managementinstrument 5

Die Gra�sches Visualisieren alsManagementpraktik

Idee, Sachzusammenhänge in und zwischen Unternehmen gra�sch zu veran-schaulichen, um sie besser verstehen, kommunizieren und analysieren zu kön-nen, ist nicht neu: In den 1930er Jahren schlägt Nordsieck »Die schaubildlicheErfassung und Untersuchung der Betriebsorganisation« (Nordsieck 1932) vor undbetont die Bedeutung gra�scher Aufbereitungen für das Durchdringen komplexerorganisatorischer Sachverhalte. Heute ist gra�sches Visualisieren gängige Manage-mentpraktik. Zahlreiche Managementinstrumente nutzen visuelle Darstellungen:Unternehmensziele visualisiert eine »Balanced Scorecard« (Kaplan / Norton 1992),Unternehmensstrategien eine »StrategyMap« (Kaplan / Norton 2004), Geschäftsmo-delle ein »Business Model Canvas« (Osterwalder / Pigneur 2010), Geschäftsprozesseein Prozessmodell (Gaitanides 2007), Aufbauorganisationen ein Organigramm undhinzukommt die unüberschaubare Zahl an Freiformgra�ken, die sich vor allem inPräsentationen auf allen Unternehmensbereichen bis auf die Ebene des Topmana-gements �nden.

Im Unternehmensmodelle sindkonzeptuelle Modelle

Unterschied zu Freiformgra�ken und Visualisierungen als Teil von Management-instrumenten sind Unternehmensmodelle konzeptuelle Modelle, die über einfachegra�sche (Freiform-)Darstellungen hinausgehen. Sie arbeiten fachsprachliche Kon-zepte und Beziehungen zwischen diesen Konzepten durch explizites Modellierenheraus, verweisen auf diese Konzepte und setzen sie in einen zweckbezogenenSinnzusammenhang (in Abb. 1.2 werden u. a. die Konzepte Wertkette und Informa-tionssystem verwendet, um das »Private Banking« und ein »ERP-System« einesFinanzdienstleistes zu modellieren). Ein konzeptuelles Modell entsteht durch einerekonstruierende Abstraktion auf Konzepte, die Akteuren verschiedener Fachkul-turen vertraut sind und von ihnen für einen bestimmten Zweck als bedeutendangesehen werden (im nachfolgenden Kapitel 2 gehen wir darauf näher ein). DieKonstruktion konzeptueller Modelle erfolgt mittels dedizierter Modellierungs-sprachen und Modellierungsmethoden, die Sprachkonzepte und eine gra�scheNotation spezi�zieren, um relevante Perspektiven auf die modellierten Sachzusam-menhänge angemessen berücksichtigen und visualisieren zu können. Sie schlagendarüber hinaus die Brücke zu Implementierungssprachen, um die Erstellung undP�ege von IT-Systemen auf der Basis von konzeptuellen Modellen zu befördern.

Unternehmensmodelle Unternehmensmodelle sindkein Selbstzweck

sind kein Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck; sie sinddarauf gerichtet, Kommunikation und Abstimmung über die in den erstellten Unter-nehmensmodellen repräsentierten Sachverhalte zu fördern, Konsensbildung überdie durch die Modelle vorgenommene Repräsentation der Sachverhalte zu errei-chen und Zustimmung zu dieser Repräsentation zu erlangen, um modellbasierteAnalysen und Entscheidungen durchführen zu können. »[T]he model that is the

result of a modellingprocess is not the ultimategoal, and not even the onlyproduct of that process.«(Lankhorst 2017, S. 143)

Unternehmensmodelleunterstützen digitalen Wandel, in dem sie notwendigen »Wandel in den Köpfen«mittelbar über das individuelle Verstehen und Wissen um diese Sachverhalte undihre Sachzusammenhänge, über gemeinsames Verstehen und miteinander geteiltesVerständnis, über Einigung und Konsens�ndung bei divergierenden Au�assungenund die daraus resultierende Zustimmung zu der durch die Unternehmensmodelleausgedrückten Organisationsrepräsentation ermöglichen. Sie unterstützen damitauch den notwendigen begleitenden kulturellen Wandel in Organisationen, derein gemeinsames, tiefgreifendes Verständnis dieser und einen Konsens über dieseSachverhalte und Sachzusammenhänge voraussetzt.

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6 1 Einleitung

1.3 Einführung und Einordnung der Unternehmensmodellierung

DieSachverhalte aufbereitenund in Beziehung setzen

Anerkennung der zentrale Führungsaufgabe des »Digital Business« als Erfolgs-faktor bedeutet für alle Führungs- und Fachaufgaben, dass anstelle einer isoliertenBetrachtung betriebswirtschaftlicher, organisatorischer oder informationstechni-scher Sachverhalte eine gemeinsame, miteinander verknüpfte Betrachtung relevan-ter Sachzusammenhänge zu empfehlen ist. Eine miteinander verzahnte Betrachtungerfordert, dass Ziele, Strategien, Geschäftsfelder, Geschäftsprozesse, Organisations-einheiten, Informationssysteme, Ressourcen, Produkte und Dienstleistungen usw.zueinander quali�ziert in Beziehung gesetzt werden, um sowohl eine Gesamtschaumehrerer Sachverhalte im Überblick als auch eine Detailansicht einzelner Sachver-halte und ihrer Sachzusammenhänge vornehmen zu können.

DieUnternehmens-modellierung(Einführung)

Unternehmensmodellierung basiert auf diesem Kerngedanken. Methodender Unternehmensmodellierung rekonstruieren dazu Fachbegri�e wie Ziel, Ge-schäftsprozess, Prozessverantwortlicher, Anwendungssoftware usw. aus den Fach-sprachen, die in Unternehmen in Gebrauch sind, als Sprachkonzepte einer Mo-dellierungssprache, legen eine präzise Bedeutung dieser Sprachkonzepte fest undspezi�zieren, in welchen Beziehungen diese Sprachkonzepte in Unternehmens-modellen stehen dürfen. In einem Unternehmensmodell kann so bspw. ein Ge-schäftsprozess modelliert und in eine »ist verantwortlich für«-Beziehung zu einemProzessverantwortlichen und in eine »nutzt«-Beziehung zu einer Anwendungs-software gesetzt werden. Die gra�sche Visualisierung des Unternehmensmodellserlaubt dann sowohl eine visuelle Analyse der modellierten Sachverhalte (hier:Geschäftsprozess, Prozessverantwortlicher, Anwendungssoftware) als auch ihrerBeziehungen untereinander. Wenn das Unternehmensmodell mit einem Software-werkzeug (Modellierungswerkzeug) erstellt wird, sind weitere Analysetechnikenmöglich, u. a. wird das visuelle Navigieren durch ein Modell erleichtert und derDetailgrad der Betrachtung kann durch Ein-/Ausblenden von Modellelementenaufgabenbezogen gewählt werden. Zudem werden (teil-)automatisierte modellba-sierte Analysen möglich. Zum Beispiel ließe sich automatisiert ermitteln, welchenmodellierten Geschäftsprozessen kein Prozessverantwortlicher zugeordnet ist.

MethodenPerspektiven und Sichten der Unternehmensmodellierung basieren zudem auf dem Kerngedanken,ein Unternehmen durch Unternehmensmodelle aus verschiedenen Perspektivenzu betrachten. Unternehmensmodellierungsmethoden schlagen dazu vorde�nierteund i. d. R. kon�gurierbare Sichten (engl. »views« ausgehend von »viewpoints«,Blickwinkeln, Standpunkte) auf ein Unternehmensmodell vor, die für jeweils be-stimmte Zwecke einer Adressatengruppe dadurch aufbereitet sind, dass unwichtigeSachverhalte in der gra�schen Darstellung visuell ausgeblendet werden, um einenaufgabenspezi�sch passenden Detailgrad zu wählen.»Der Gegenstand des

Denkens wirdfortschreitend deutlicher

durch die Vielfalt derPerspektiven, die sich auf

ihn richten.« (Berger /Luckmann 2009)

Der Grundgedanke hierfürist, Sichten so zu wählen und zu kon�gurieren, das sie auf die etablierten (visuel-len) Wahrnehmungsmuster (»Perspektiven«) der intendierten Adressatengruppen(z. B. Führungskräfte, Organisationsentwickler und IT-Experten) abgestimmt unddadurch möglichst anschaulich und leicht verständlich sind. Damit werden ver-schiedene Perspektiven auf den gemeinsamen Gegenstand der Betrachtung, dasmodellierte Unternehmen, unterstützt: Führungskräfte erhalten eine andere Sichtauf diesen gemeinsamen Gegenstand als etwa Organisationsentwickler oder IT-Experten.


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