Universität zu Köln
Physikalisch Chemisches Praktikum
Modul Funktion und Anwendung MN-C-FA
Raum: PC 150 5. Semester
Solarzelle
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Solarzellen
Versuchsziel
Ziel des Versuches ist das Verständnis der Funktion anorganisch-organischer
Hybridsolarzellen. Dazu werden Solarzellen vom Typ der Grätzelzelle (dye sensitized solar
cell, DSSC) hergestellt und charakterisiert. Vermittelt werden elementare Kenntnisse über die
Funktion einzelner Komponenten der Solarzelle, und Messmethoden, wie die Strom-
Spannungsmessung und photometrische Messungen zur Charakterisierung von Lichtquellen.
1 Grundlagen
In Solarzellen wird die Energie der Sonne in elektrischen Strom umgewandelt. Je nach
aktivem Medium kann zwischen anorganischen und organischen Solarzellen unterschieden
werden. Außerdem gibt es Hybridsolarzellen, die aus anorganischen und organischen
Materialien bestehen. Ein Vertreter ist die Farbstoff-sensibilisierte oder elektrochemische
Solarzelle (Grätzel Zelle, dye sensitized solar cell, DSSC)[1,2,3]. Einen Überblick über die
verschiedenen Solarzellentypen und ihre Effizienz der Energieumwandlung gibt Abb. A1
(Anhang).
1.1 Anorganische Solarzellen
Kommerziell erhältliche Solarzellen bestehen aus anorganischen Halbleitern, überwiegend
aus dotiertem Silizium. Neben einkristallinem, polykristallinem und amorphen Silizium
kommen jedoch auch andere Halbleiter wie GaAs oder AlGaAs (III-V-Halbleiter), CdTe (II-
VI Halbleiter) und CuInSe2 oder CuInS2 (CIS, ternäre Chalkopyrite) zum Einsatz. Wesentlich
für die Funktion eines Halbleiterbauelementes als Solarzelle ist die Ausbildung von pn- und
oder pin-Übergängen. Die Funktion anorganischer Solarzellen ist ausführlich in der
Literarur[4,5]dokumentiert, weshalb hier auf eine Darstellung verzichtet wird. Die Kenntnis der
Grundlagen anorganischer Solarzellen ist prüfungsrelevant.
1.2 Farbstoffsensibilisierte Solarzellen
Farbstoffsensibilisierte Solarzellen (DSSC) gehören zur Klasse der photoelektrochemischen
Zellen. Sie basieren auf der Erkenntnis, dass Halbleiter (HL) in einer Elektrolytlösung
gleichrichtende Kontakte bilden und somit pn-Übergänge analog zum HL Festkörper
entstehen. Heute sind DSSC meist Kombinationen aus anorganischen Halbleitern,
Elektrolytlösungen und organischen Farbstoffen. Der Farbstoff ist dabei für die Absorption
der Sonnenstrahlung verantwortlich. Die Trennung der Ladungsträger erfolgt an der
organisch/anorganischen Grenzfläche. Der Transport der Ladungsträger findet im
anorganischen Halbleiter und dem Elektrolyten statt.
Als Farbstoffe können sowohl organische Farbstoffe wie z.B. Anthocyane (Roter Farbstoff
von Beeren) als auch metallorganische Komplexverbindungen eingesetzt werden. Die 1991
von M. Grätzel et. al.[1] entwickelte photoelektrochemische Zelle, auch Gätzel-Zelle genannt,
besteht aus einer etwa 10 µm dicken Schicht aus nanokristallinem Titandioxid auf einem
transparenten Träger (Glas), beschichtet mit einem transparenten leitfähigem Oxid (FTO,
fluor doped tin oxide). Das TiO2 ist mit einer Monoschicht eines Rutheniumfarbstoffes
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beschichtet. Als Elektrolyt wurde eine Lösung von Lithiumiodid und Iod in Acetonitril
gewählt und mit Platin beschichtetes FTO als Gegenelektrode verwendet.
Abb. 1.2.1: Aufbau und Farbstoff der Grätzel-Zelle.[6]
Fällt Licht auf eine solche Zelle, werden die Photonen entsprechend des eingesetzten
Farbstoffes absorbiert und so das Farbstoffmolekül (Donorkomponente) in einen angeregten
Zustand überführt. Dabei wird ein Elektron aus dem angeregten Zustand des
Farbstoffmoleküls in das Leitungsband des Halbleiters mit sehr großer Bandlücke (TiO2,
Akzeptorkomponente) injiziert und zur Elektrode geleitet. Der so oxidierte Farbstoff wird von
dem im Elektrolyten enthaltenen Redoxpaar (I-/I3-) wieder reduziert (Lochleitung). Es fließt
ein Strom der im externen Stromkreis abgegriffen werden kann. Derzeit liegen die
Umwandlungseffizienzen bei ca. 11%.[2]
Abb. 1.2.2: Energieschema der Grätzel-Zelle.[2]
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1.3 Organische Solarzellen
Gegenüber anorganischen Verbindungen zeigen organische Halbleiter diverse Vorteile. Sie
weisen ein geringeres Gewicht und oft eine größere mechanische Flexibilität auf. Ihre
Eigenschaften können durch geeignete Synthesewege gezielt den jeweiligen Anforderungen
angepasst werden. Zudem sind sie zum einen potenziell kostengünstiger herstellbar und zum
anderen kann bei der Bauteilfertigung, vor allem bei großflächiger Anwendung, auf
kostengünstige Verfahren zurückgegriffen werden.
Zwar sind organische Solarzellen im Prinzip kostengünstiger herstellbar als anorganische,
jedoch bleiben die von rein organischen Solarzellen erreichten Effizienzen zur Umwandlung
von solarer Energie in elektrische Energie weit hinter denen anorganischer Solarzellen zurück
(maximale 5 %[7] gegenüber maximalen 25 %[8] für einfache Heterostrukturen). Im Folgenden
beschränken wir uns auf die Betrachtung polymerer Solarzellen. Umfassende Information
über organische Solarzellen (auch solche aus niedermolekularen Verbindungen) findet man in
[9].
1.4 Aufbau und Funktionsweise[10,11]
Polymere Solarzellen bestehen aus einer Donor- und einer Akzeptorkomponente. Als
Donorverbindungen werden häufig Polymere Poly(3-Hexylthiophen) (P3HT) (s. Abb. 1.4.1)
und Farbstoffe verwendet. Als Akzeptoren werden Fullerenderivate wie beispielsweise
PCBM und als Lochtransportmaterial Poly(3,4-ethylendioxythiophen)/Polystyrolsulfonat
(PEDOT:PSS) (s. Abb. 1.4.1) eingesetzt.
Abb. 1.4.1: Strukturformeln der Verbindungen PEDOT:PSS, P3HT und PCBM.
Die organischen Komponenten werden auf ein mit einem transparenten, elektrisch leitfähigen
Oxid (transparent conducting oxide TCO), z.B. ITO (Indiumzinnoxid) oder FTO (Fluor
dotiertes Zinnoxid), beschichtetes Glas aufgebracht. Als Gegenelektrode wird ein Metall, z.B.
Aluminium aufgedampft. Wichtig ist jedoch, dass dieses Metall eine zum TCO
unterschiedliche Austrittsarbeit (Lage des Fermi-Niveaus) aufweist, da nur dann bei Kontakt
der beiden Elektroden in der Zelle ein elektrisches Feld entsteht, welches für die Trennung der
Ladungen wichtig ist.
Im Gegensatz zu anoranischen Solarzellen, in denen die Absorption von Licht zur Erzeugung
von freien Ladungsträgern durch einen Valenz-Leitungsband Übergang führt, ist die
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Ladungsträgererzeugung in organischen Materialien ein Mehrstufenprozess. Absorbiert der
Donor Licht, so wird er in einen angeregten Zustand überführt. Dieses lokalisierte Exziton
(Elektronen-Loch-Paar) diffundiert zur Donor/Akzeptor-Grenzschicht, wo die
Ladungstrennung erfolgt. Aufgrund der hohen Elektronenaffinität des Akzeptors – tiefer
liegendes LUMO als das des Donors - erfolgt die Aufnahme des Elektrons durch den
Akzeptor, anschließend bewirkt das durch die Kontakpotentialdifferenz hervorgerufene Feld
eine Trennung der Ladungen.
E
Abb. 1.4.2: Energieschema und schematischer Aufbau einer organischen Zweischichtsolarzelle.
Zu den limitierenden Faktoren zählt unter anderem die Rekombination der Ladungen. Das
bedeutet, dass für eine hohe Effizienz der Zelle die Diffusion des Exzitons zur Grenzschicht
und die Abgabe des Elektrons an den Akzeptor schneller erfolgen müssen als die Rückkehr in
den elektronischen Grundzustand (Fluoreszenz) des Donors.
Um dieses Problem zu umgehen wurde die so genannte Bulk Heterojunction (BHJ) Solarzelle
entwickelt. Dabei wird eine Mischung aus Donor- und Akzeptorkomponente aufgetragen.
Donor und Akzeptor befinden sich also in derselben Schicht, wobei sie in sich gegenseitig
durchdringenden Domänen (bikontinuierliches Netzwerk) enthalten sind. Dadurch erfolgt die
Absorption immer nahe der Grenzschicht, was die Wahrscheinlichkeit der Rekombination der
Ladungen verringert.
Abb. 1.4.3: Querschnitt einer BHJ Solarzelle.[12]
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1.5 Kenngrößen von Solarzellen[10]
Die Leerlaufspannung VOC (open circuit voltage) ist die theoretisch maximale Spannung, die
eine Solarzelle aufbauen kann. Im Falle der Farbstoffsolarzellen ist sie gegeben durch die
Differenz des Ferminiveaus der Akzeptors (TiO2) und des Redoxpotential des Elektrolyten
bzw. Ferminiveaus der Kathode. Für organische Solarzellen ist die maximal mögliche VOC
durch die Differenz der beteiligten Grenzorbitale gegeben. Im Folgenden wird die organische
Solarzelle zu Erläuterung herangezogen.
VOC ~ LUMOAkzeptor - HOMODonor
Abb. 1.5.1: Energieschema einer organischen Solarzelle.
Der Kurzschlussstrom ISC ist vom Absorptionsspektrum des Donors abhängig. Je mehr
Photonen des eingestrahlten Lichts absorbiert werden desto höher ist der Kurzschlussstrom.
Eine wichtige Kenngröße ist die interne Quanteneffizienz (IQE). Die IQE ist der Quotient aus
erzeugten Ladungsträgern j, die die Elektroden erreichen, und der Anzahl der absorbierten
Photonen N einer Wellenlänge λ.
%100N
jIQE (1)
Die externe Quanteneffizienz (EQE) entspricht der IQE bezogen auf die Gesamtmenge aller
eingestrahlten Photonen, auch diejenigen die durch Reflexion an der Oberfläche oder
Transmission durch die Schicht nicht zur Ladungstrennung beitragen. IQE und EQE sind
abhängig von der Photonenenergie, wobei die Effizienz oder auch PCE (power conversion
efficiency) über das gesamte Photonenspektrum integriert ist.
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Ohne Beleuchtung zeigt die Strom-Spannungs-Kennlinie einer Solarzelle den Verlauf einer
Dioden-Kennlinie. In Sperrrichtung ist der Stromfluss gehemmt und es fließt nur ein geringer
Sperrstrom. Bei umgekehrter Polung liegt die Spannung im Bereich der Durchlassrichtung
und der Stromfluss steigt exponentiell an.
Abb. 1.5.2: Energiediagramm einer organischen Solarzelle bei a) offenen Klemmen,
b) Spannung in Durchlassrichtung und c) Spannung in Sperrrichtung.
Dieses Diodenverhalten lässt sich durch Betrachtung des Energieniveauschemas einer
organischen Solarzelle in Abbildung 1.5.2 erklären.
Im Energiediagramm der Solarzelle bei offenen Klemmen ohne Beleuchtung verlaufen die
HOMOs vom Elektronendonor und LUMOs vom Elektronenakzeptor horizontal (Abbildung
1.5.2 a)). Im Diagramm sind die HOMOs und LUMOs zwar als durchgezogene Linien
dargestellt, in der Solarzelle liegt jedoch nicht ein ausgedehnter Transportzustand vor,
sondern eine Vielzahl von lokalisierten Zuständen benachbarter Moleküle mit leicht
variierenden Energien. Das FERMI-Niveau der Metallelektrode liegt bei einer größeren
Energie als das FERMI-Niveau des ITOs. Wird nun eine positive Spannung angelegt,
verschieben sich die FERMI-Niveaus (Abbildung 1.5.2 b)). Dabei soll die Metallelektrode als
Kathode und die ITO-Elektrode als Anode geschaltet sein. Da der organische Halbleiter eine
verschwindende geringe Konzentration an Ladungsträgern aufweist, fällt das elektrische Feld
homogen über der organischen Schicht ab.. Die Elektronen können gemäß der Stromrichtung
die geringe Energiebarriere χe von der Metallelektrode in das LUMO überwinden und
gelangen so zur ITO-Elektrode. Die Löcher überwinden von der ITO-Elektrode aus die
Barriere χh zum HOMO und gelangen über das HOMO zur Metallelektrode. Auf diese Weise
wandern die Ladungsträger durch die Solarzelle, und es fließt ein Strom.
Wird eine Spannung in Sperrrichtung angelegt, kehrt sich die Fermienergie der Elektroden um
(Abbildung 1.5.2 c)). Das hat zur Folge, dass die energetische Barriere e, die die Elektronen
(h für Löcher) überwinden müssen, um von der ITO-Elektrode (Metall-Elektrode) in das
LUMO (HOMO) zu gelangen, sehr groß ist. Es fließt nur wenig Strom.
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Abb. 1.5.3: Elektrische Ströme in einer beleuchteten organischen Solarzelle bei a) Kurzschluss (V = 0), b)
Spannung < VOC und c) Spannung > VOC.
Wird die Solarzelle beleuchtet, werden Ladungsträger erzeugt. Auch wenn keine Spannung
anliegt findet Stromfluss – der Photostrom IPh – statt (Abbildung 1.5.3 a)). Die Strom-
Spannungs-Kennlinie verläuft daher nicht durch den Ursprung des Koordinatensystems
(Abbildung 1.5.4).
Im positiven Spannungsbereich bis zur Spannung VOC wandern Elektronen zur
Metallelektrode und Löcher zur ITO-Elektrode (Abbildung 1.5.3 b)). Für die Stromerzeugung
ist dieser Bereich der Kennlinie, der im vierten Quadranten des Koordinatensystems liegt, von
Bedeutung. Im Energiediagramm ist zu erkennen, dass Elektronen zur Metallelektrode
strömen, obgleich ihr Potential höher ist als das der ITO-Elektrode. (Umgekehrtes gilt für
Löchern und die ITO-Elektrode.) Verläuft die Kennlinie durch den vierten Quadranten
bedeutet das also, dass der Stromfluss in negative Richtung verläuft, obwohl die Spannung
positiv ist.
Bei Spannungen größer VOC werden Ladungsträger aus den Elektroden in die Grenzorbitale
injiziert, und Photostrom und Diodenstrom fließen in die gleiche Richtung (Abbildung
1.5.3 c)). Wird die Dunkelkennlinie von der Kennlinie, die unter Beleuchtung aufgenommen
wurde, abgezogen, resultiert daraus die generierte netto Photostromdichte Jnet.
Abb. 1.5.4: Kennlinie einer Solarzelle im Dunkeln und unter Beleuchtung und einige Kenngrößen.
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Die Schnittpunkte der Kennlinie mit dem Koordinatensystem geben die maximalen Werte für
die Spannung (Leerlaufspannung, VOC) und den Stromfluss (Kurzschlussstrom, ISC) an, die
eine Solarzelle erreichen kann (siehe Abbildung 1.5.4). In beiden Fällen ist jedoch die
elektrische Leistung der Zelle (Produkt aus Spannung und Strom) gleich null. Die optimale
Betriebsspannung (Um) der Solarzelle liefert ein Maximum der elektrischen Leistung
(Maximum Powert Point, M) mit dem Stromfluss Im. Der relative Anteil der Leistung am M
an der theoretischen Leistung (Produkt aus VOC und ISC) wird Füllfaktor FF genannt
(Gleichung 2). Er ist ein Maß für die Krümmung der Kennlinie, die im idealen Falle bei
kleinen Spannungen waagerecht zur Abszisse verläuft und erst kurz vor Erreichen von VOC
steil ansteigt. Um die Größe der Solarzelle zu berücksichtigen, wird statt ISC die
Kurzschlussstromdichte JSC angegeben. Sie ergibt sich aus ISC geteilt durch die Fläche A der
Solarzelle. Aufgrund der Schaltung der Solarzelle werden negative JSC-Werte gemessen.
OCSC
mm
OCSC
mm
VI
VI
VJ
VJFF
(2)
Die Umwandlungseffizienz η einer Solarzelle wird nach Gleichung 3 berechnet.
11
AP
JVFF
AP
VJ
in
SCOC
in
mm (3)
Dabei ist Pin·A-1
die Leistung des eingestrahlten Lichts pro Flächeneinheit (Lichtintensität).
Für eine hohe Umwandlungseffizienz müssen demnach FF, VOC und JSC möglichst große
Werte annehmen.
1.6 Sonnenspektrum
Abb. 1.6.1: AM0- und AM1.5-Spektrum und das eines schwarzen Körpers bei 5800 K.
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Die Energiemenge der Sonnenstrahlung im freien Raum bei der mittleren Entfernung
zwischen Sonne und Erde von 149,6 Mio. km und senkrechtem Einfall beträgt 1353 W m-2.
Dieser Wert wird als Solarkonstante bezeichnet. Die Wellenlängenverteilung der Strahlung
wird durch das per Definition festgelegte AM0-Spektrum (Air Mass Zero) wiedergegeben
(siehe Abbildung 1.6.1). Es entspricht näherungsweise der Strahlenverteilung eines schwarzen
Körpers mit einer Farbtemperatur T von 5800 K. Zur Berechnung der spektralen, spezifischen
Ausstrahlung M eines schwarzen Körpers pro Wellenlänge λ und bestrahlter Flächeneinheit
dient Gleichung 4.
1
5
2
1exp2
Tk
chchM
(4)
Dabei ist h das PLANCKsche Wirkungsquantum, c die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum und
k die BOLTZMANN-Konstante.
Die Atmosphäre der Erde verändert das solare Spektrum. Durch Anregung von
Schwingungen absorbiert zum Beispiel Wasserdampf im infraroten Bereich und Ozon im
ultravioletten Bereich. Zusätzlich wird die Sonnenstrahlung durch Streuung abgeschwächt.
Das Ausmaß dieser Schwächung hängt vom Einfallswinkel der Strahlung und der damit
verbundenen Wegstrecke der Strahlung durch die Erdatmosphäre ab. Die solaren Spektren für
verschiedene Einfallswinkel unterscheiden sich nicht in ihrer Form voneinander, sondern
lediglich durch die Intensität der Strahlung.
Weil die gemessenen Kenngrößen von Solarzellen von der Wellenlängenverteilung und
Intensität der einfallenden Strahlung abhängen, bedarf es eines Standardmessspektrums, um
verschiedene Solarzellen miteinander vergleichen zu können. Dieses Standardspektrum ist das
AM1,5-Spektrum. Die Intensität der Strahlung beträgt 1000 W m-2, welches einem
Einfallswinkel von 48,19° zwischen Sonne und Zenit entspricht[13] (s. Abb. 1.6.1).
Im Labor sind diese Bedingungen nur schwer zu realisieren. Deshalb werden Lampen mit
einem möglichst breiten und kontinuierlichen Spektrum verwendet und so betrieben, dass ihre
Intensität 1000 W m-2 entspricht.
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2 Aufgaben und Auswertung
2.1 Aufgaben
1. Bau von vier Farbstoff-Solarzellen: a: Standardzelle, b-d: Unterschied zu a fett.
Nr. Anoden-Seite Kathoden-Seite
a FTO-Substrat/TiO2/Ru-Farbstoff Platisol/ FTO-Substrat
b FTO-Substrat/TiO2/Ru-Farbstoff Graphit/FTO-Substrat
c ITO-Substrat/TiO2/Ru-Farbstoff Platisol/ FTO-Substrat
d FTO-Substrat/TiO2/Hibiskusfarbstoff Platisol/ FTO-Substrat
2. Von jeder der vier Lampen (Halogen, LED-rot, LED-grün, LED-weiß) wird das
Emissionsspektrum gemessen (in μW cm-2 nm-1). Jede Lampe wird im Abstand von 20
cm vermessen.
3. Aufnahme der Strom-Spannungs-Kennlinie einer Siliziumsolarzelle ohne
Beleuchtung.
4. Aufnahme der Strom-Spannungs-Kennlinie einer Siliziumsolarzelle im Abstand von
20 cm zur Lichtquelle unter Beleuchtung, jeweils eine Kennlinie pro Lampe.
5. Aufnahme der I-V-Kennlinien der Farbstoff-Solarzellen a-d ohne Beleuchtung.
6. Aufnahme der I-V-Kennlinien der Farbstoff-Solarzellen a-d im Abstand von 20 cm zur
Lichtquelle unter Beleuchtung, jeweils eine Kennlinie pro Lampe.
7. Die Absorptionsspektren (UV-Vis) der (verdünnten) Farbstofflösungen werden
gemessen.
2.2 Auswertung
Zu 1.: Erläutern Sie die typischen Kenndaten der hergestellten Farbstoff-Solarzellen und der
Si-Zelle (ISC, JSC, VOC, FF, Vbi, VM, JM, Jnet, ). Beschreiben Sie deren Physikalische
Bedeutung, ihre Charakteristika und wie Sie sie für die Solarzellen erhalten/berechnen.
Stellen Sie dafür ihre Daten der Si-Zelle unter Halogen-Beleuchtung in einem exemplarischen
Plot mit allen Größen wie im Skript Abb. 1.5.4 dar. Geben Sie eine Beispielrechnung für die
berechneten Werte aus der Bestrahlung der Si-Zelle mit der Halogen-Lampe an. Achten Sie
genau auf Einheiten und deren Umrechnung und geben Sie sie an.
Zu 2.: Emissionsspektren in einem Plot zeigen. Berechnung der Strahlungsleistung pro
Flächeneinheit Pin·A-1 [mW cm-2] (Lichtintensität) durch Integration der Emissionsspektren
über der Wellenlänge (350 nm – 900 nm).
Zu 3.-6.: Darstellung der Kennlinien: ein Plot pro Solarelle beinhaltet vier beleuchtete
Kennlinien, eine Dunkelkennlinie und den netto Photostrom (Jnet) (gestrichelt) für die
Halogenlampen-Messung. Die Kenngrößen (VOC [V], JSC [mA cm-2], FF, [%]Pin·A-1
[mW cm-2]) werden in einer Tabelle pro Solarzelle dargestellt. Bedenken Sie, dass die aktive
Fläche der Si-Zelle 1 cm2 beträgt, während die anderen Zellen bei einer aktiven Fläche von 4
cm2 gemessen wurden. Erklären Sie Unterschiede in den Kenngrößen zwischen Si- und
Farbstoff-Solarzellen, zwischen ITO und FTO basierten TCOs, zwischen Platin und
Graphit Elektroden, sowie zwischen Ru-Farbstoff und Hibiskus-Extrakt. Warum erhält man
verschiedene Kenndaten für verschiedene Leuchtmittel?
Zu 7.: Darstellung der auf das Absorptionsmaximum max normierten UV-Vis-Spektren in
einem Plot.
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2.3 Hinweise für das Protokoll
1. Achten Sie genau darauf, dass alle Rechenschritte exemplarisch nachvollziehbar sind,
und daß alle genannten Größen erläutert werden.
2. Achten Sie auf einen sachlichen, wissenschaftlichen Stil. Oft ist es sinnvoller etwas
wegzulassen, anstatt Widersprüche zu riskieren oder zu banal zu formulieren.
3. Sie brauchen weder die Durchführung noch den Versuchsaufbau zu beschreiben! Das
macht in diesem Protokoll keinen Sinn, da Sie und der Assistent den Versuch gut
kennen und kein Informationsgewinn da ist. Ein kleiner Hinweis auf das
Praktikumsskript ist genug. Das Protokoll soll in erster Linie zeigen, dass Sie wissen
was Sie warum gemacht haben und Sie in der Lage sind Ergebnisse wissenschaftlich
zu präsentieren.
4. Achten Sie darauf, daß Graphen im relevanten Bereich dargestellt sind!
5. Eine Einleitung ist angebracht, allerdings nicht mehr als eine halbe Seite. Darin sollte
die Thematik angerissen sein, und letztlich beschrieben sein wozu der Versuch dient,
welches Ziel Sie verfolgen.
6. Der Umfang sollte zwischen fünf und nicht mehr als zehn Seiten liegen.
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3 Durchführung
3.1 Bau der DSSCs
Zu Beginn des Versuches werden die Farbstofflösungen angesetzt. Für den Hibiskusfarbstoff
werden die Hibiskusblüten (ca. 1 Teelöffel) in das 100mL Becherglas gegeben und mit ca.
70mL Wasser auf der Heizplatte kurz aufgekocht. Nach zehn Minuten bei Raumtemperatur
wird die Lösung (nicht der Feststoff) in ein 30mL-Schraubdeckelgefäß überführt, beschriftet
und verschlossen. Für die Rutheniumfarbstofflösungen werden auf der Feinwaage je 7 mg des
Rutheniumfarbstoffs in je ein 30mL-Schraubdeckelgefäß (Ein Gefäß pro Substrat!
Beschriften!) eingewogen und mit 30 mL Ethanol versetzt. Das Glas wird verschlossen und
bei 65°C für 30 min. auf der Heizplatte erwärmt und ab und zu kräftig geschüttelt um eine
möglichst gute Lösung zu erhalten.
Mit Hilfe des Multimeters wird die TCO- bzw. ITO-beschichtete Seite des Glassubstrates
ermittelt (R < 100 Ω), mit Ethanol und einem Papiertuch gereinigt und anschließend mit
Klebeband eine Fläche abgeklebt (s. Abb. 3.1). Die variable Kantenlänge sollte mindestens
der Breite der Gegenelektrode entsprechen.
= TiO2
Ge
ge
ne
lekt
rod
e
Klebeband
Ge
ge
ne
lekt
rod
e
Abb. 3.1.1: Aufbringen der TiO2-Schicht.
Ein Tropfen der TiO2-Suspension wird auf die Fläche gegeben und mit dem Glasspatel
gleichmäßig über die Fläche verteilt. Dabei dienen die Klebestreifen als Abstandshalter und
verhindern so das „Herunterschieben“ des Titandioxids. Mit dem Föhn wird die Suspension
vorsichtig getrocknet und anschließend werden die Klebestreifen entfernt. Die beschichteten
Glassubstrate werden auf einem Drahtnetz bei 450 °C im Muffelofen für 30 Minuten
gesintert. Währenddessen färbt sich die TiO2-Schicht erst bräunlich, bis sie wieder weiß
erscheint und so den Fortschritt des Sinterns anzeigt. Nach Abkühlen wird das Substrat in die
Farbstofflösung gestellt. Das Hibiskus-Substrat wird 30 min. bei RT ziehen gelassen und
schließlich vorsichtig (nicht zerkratzen!) mit der blauen Plastik-Pinzette herausgenommen
und mit Wasser kurz abgespült. Die anderen Gefäße werden fest verschlossen, für 120
Minuten auf der Heizplatte bei ca. 65°C gehalten und anschließend bei Raumtemperatur über
Nacht stehengelassen (In dieser Zeit können die Aufgaben 2-4 bearbeitet werden).
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Sind von beiden Seiten des Substrats keine weißen Stellen mehr zu erkennen, werden die
Substrate mit der Pinzette herausgeholt und vorsichtig mit Ethanol abgespült um
überschüssigen Farbstoff zu entfernen (über 500mL Becherglas abspülen!). Mit dem Föhn
werden die Substrate anschließend getrocknet. Auf eine Gegenelektrode (unbeschichtetes
TCO-Substrat) wird eine dünne Schicht Graphit mit einem Bleistift aufgebracht. Auf drei
TCO-Substrate wird mit einem Pinsel ein dünner Film Platisol aufgetragen und für 5 Minuten
bei 400 °C im Muffelofen ausgeheizt. Nach Abkühlen werden die Elektroden mit Ethanol
abgespült (500mL Becherglas!) und mit dem Föhn getrocknet. Erst kurz vor der Messung
werden die jeweiligen Arbeitselektroden (mit TiO2 beschichtete, eingefärbte Substrate) auf
die jeweiligen Gegenelektroden (Substrate mit Graphit bzw. Platin) gelegt und in die
Substrathalterung eingespannt. Dabei sollte das Substrat, auf das TiO2 aufgebracht wurde, zu
Lichtquelle zeigen. Die Farbstoff-Lösungen sollen zur Messung der Absorptionsspektren
aufgehoben werden. Danach wird ein Tropfen der Elektrolytlösung über eine der Kanten
hinzugefügt, der sich aufgrund der Kapillarwirkung innerhalb weniger Minuten verteilt. Es ist
darauf zu achten, dass der Elektrolyt vollständig über die aktive Fläche verteilt ist. Ist dies
nicht der Fall wird ein weiterer Tropfen hinzugefügt.
= TiO2
Abb. 3.1.2: Grätzel-Zelle vor dem Befüllen mit dem Elektrolyten. Die TCO-beschichteten Seiten weisen
zueinander.
3.2 Aufnahme der Emissionsspektren verschiedener Lichtquellen
Die Aufnahme der Spektren erfolgt über die Software „Spectra Suite“. Zur Kalibrierung wird
der Menüpunkt „File“ → „New“ → „New Absolute Irradiance Measurement“ gestartet. Im
Dialogfeld wird der Punkt „Active Aquisition“ (USB4000, Int. Time 50ms, avg: 3, boxcar: 0)
ausgewählt und im nächsten Fenster „Get Irradiance Calibration from File“ markiert.
Nachdem die Kalibrierungsdatei „Praktikum_OOIIrrad.cal“ geladen wurde, wird als
Glasfaserdurchmesser (fiber diameter) 3900 micron eingegeben. Nun wird das
Dunkelspektrum aufgenommen, indem man den Sensor der Glasfaser abdeckt und die
Messung startet (großer Button mit grauer Glühbirne). Durch einen Klick auf „Finish“ ist die
Kalibrierung beendet und es wird die aktuelle Messung angezeigt. Jetzt können die
verschiedenen Leuchtmittel eingesetzt und gemessen werden.
Über das Speicher-Symbol („Diskette“) kann das angezeigte Spektrum gespeichert werden.
Dabei ist als „FileType“ die Option „Tab Delimited, no header“ zu wählen.
Es ist darauf zu achten, dass der Abstand zwischen Lampe und Sensor (20 cm) und bei der
späteren Messung der Kennlinien der Abstand zwischen Lampe und Solarzelle der Gleiche
ist, da sonst unterschiedliche Lichtintensitäten vorliegen. Für das Protokoll und die
Rechnungen integrieren Sie das Spektrum [Wcm-2nm-1] über dem Wellenlängenbereich von
(350-900) nm. Dies kann über z. B. über das Program Origin (CIP-Raum) gemacht werden.
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3.3 Aufnahme der Kennlinien
Nach Einschalten des Multimeters (Drehschalter auf „mA“) und der Spannungsquelle wird
das Programm „smu-Praktikum“ gestartet. Als Messparameter werden folgende Werte
eingegeben:
Startspannung -0,1 V
Endspannung 0.6 V
Inkrement 0,02 V
Mit Klick auf „OK“ startet die Messung. Die Anweisungen, die das Programm bezüglich der
Polung gibt, sind einzuhalten! Nach beendeter Messung erscheint automatisch eine
Speicheraufforderung.
Bei der Messung der Kennlinie der Siliziumsolarzelle, ist diese mit der beiliegenden
Schablone zu bedecken um die aktive Fläche zu begrenzen. Bei der Messung der Farbstoff-
Solarzellen ist darauf zu achten, dass das mit TiO2 beschichtete Substrat als „Minuspol“
geschaltet ist (siehe Abb. 3.3.1).
A“ + ”
“ - ”
Spannungsquelle
“ - ““ + “
Solarzelle
“ COM ”
“ mA “Amperemeter
Laptop
Abb. 3.3.1: Schaltplan der Versuchsanordnung.
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3.4 Entsorgung
Nachdem alle Messungen beendet sind, werden die DSSCs auseinandergebaut und die mit
TiO2 beschichteten Substrate getrennt gesammelt (Diese Substrate werden wieder verwendet,
es dürfen keine mit Graphit oder Platin beschichteten Substrate darunter sein!). Die Substrate
werden mit Wasser und einem Papiertuch gereinigt (Handschuhe! 500mL Becherglas!). Die
Gegenelektroden (Graphit/Platin) werden mit Wasser abgespült und separat gesammelt.
Die gesammelten Waschlösungen im 500mL Becherglas: wässrige organische
Lösemittelabfälle
Papiertücher: mit Chemikalien verunreinigte Betriebsmittel
Ru-Farbstofflösungen: Schwermetalltonne
Hibiskusfarbstoff: Ausguss
Stückliste (1 Aufbau, 5 Durchführungen)
Spannungsquelle mit Umpolungsbox
Multimeter OLED
Kabel (Rot & Schwarz -Bananenstecker beidseitig;
Rot –Krokoklemme beidseitig;
Rot/Schwarz Multimeterkabel- Stecker—Krokoklemme;
Rot/Schwarz Multimeterkabel- Stecker—Metallspitzen)
Laptop
Platte mit Halterungen für Glasfaser und Substrate
Stativ
Spektrometer mit Glasfaser und Kosinuskorrektor (UV VIS NIR)
Leuchtmittel ( LED: rot, grün, weiß; Halogenlampe)
Klemmleuchte
Siliziumsolarzelle (Kontakte löten)
Schablone/Blende
Weißer Lackstift, schwarzer wasserfester Stift, Bleistift
„Glasspatel“
Heizplatte
Drahtnetz
Pinsel
Schraubdeckelgefäß 30mL 5 Stk.
Plastikpinzetten 3 Stk.
Becherglas 100 mL hohe Form
Becherglas 500 mL (zum Spülen)
Einmalpipetten
Messzylinder 50mL
TCO-Substrate (ManSolar) 30 Stk.
ITO-Substrat 5 Stk. (2 cm x 4 cm)
Ru-Farbstoff Uni Köln 50 mg (wenn jedes Mal neu angesetzt werden soll)
Hibiskusblüten
Platisol 3mL?
TiO2-Suspension 1 Stk. Von ManSolar
Elektrolytlösung
Ethanolspritzflasche
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Literatur
[1] B. O’Regan, M. Grätzel, Nature 1991, 353, 737 – 740.
[2] M. Grätzel, Nature 2001, 414, 338 – 344.
[3] A. Hagfeldt, M. Grätzel, Acc. Chem. Res., 2000, 33, 269 – 277.
[4] Bergmann-Schaefer, Lehrbuch der Experimentalphysik, Band 6 – Festkörper, Walter
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