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Ueber den ersten Aegyptischen Götterkreis

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Ueber den ersten Aegyptischen Götterkreis Source: Rheinisches Museum für Philologie, Neue Folge, 8. Jahrg. (1853), pp. 416-431 Published by: J.D. Sauerländers Verlag Stable URL: http://www.jstor.org/stable/41251617 . Accessed: 20/05/2014 00:28 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . J.D. Sauerländers Verlag is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Rheinisches Museum für Philologie. http://www.jstor.org This content downloaded from 91.229.248.61 on Tue, 20 May 2014 00:28:10 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Page 1: Ueber den ersten Aegyptischen Götterkreis

Ueber den ersten Aegyptischen GötterkreisSource: Rheinisches Museum für Philologie, Neue Folge, 8. Jahrg. (1853), pp. 416-431Published by: J.D. Sauerländers VerlagStable URL: http://www.jstor.org/stable/41251617 .

Accessed: 20/05/2014 00:28

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Ueber den erften Aegyptischen Gotterkreis.

Die Besprechung von R. Lepsius' Abhandlung ,,uber den ersten agyptischen Gotterkreis und seine geschichtlich mythologische Entstehung ')" in einer Zeitschrift, wel- che wesentlich der Erforschung des classischen Alterthums gewidmet ist, wird wohl keiner weitlauftigen Rechtfertigung bedurfen. Wenn irgend em andereS Volt des Alterthums Anspruch darauf hat, in den KreiS der Classicitat hineingezogen zu werden, so ist eS gewist das Negyptische - nicht allein wegen der, sei es groheren, sei eS geringeren, jedenfalls materiell vorhandenen Beziehungen Aegyptens zu HettaS , sondern auch , Weil cS den innern Charakter der Classi- citat entschieden an sich tragt: namlich die sichere und feste AuS- pragung der inneren Individualitat in der autzeren Form , die Nb^ rundung und Abschliehung deS Wesens zu einem Ganzen, und die vollstandige Durchbildung des GeisteS in jedeS Einzelne hinein, wel- che wir als S t y l im besten Sinne bezeichnen durfen. Was wir auch von kunstlerischer, politischer und sittlicher Bildung bci andern Volkern deS Alterthums, des Orients wie des Occidents sinden, erscheint fragmentarisch , vereinzelt , incongruent - als Rest oder zersprengter Theil einer fremden Bildung, und vermischt oder durch- wachsen von Hrher ausgebildeter Masse; ebeu darum tragt auch das Beste immer noch einen barbarischen Charakter. Aegypten ist kein Bruchstuck einer fremden Bildung ; und innerhalb seines Krei< ses hat die bestimmte Culturstufe, die der menschliche Geist dort

1) Gelesen in derKonigl. Akademie der Wiffenschaften am 26. Iuni 1851. Mit 4 Tafeln. AuS den Nbhandlungen der Akademie besonders erschienen bei W. Hertz (Vesscrsche Vuchhandlung), Berlin 1851 58 Sei- ten 4".

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Ueber ben ersten agyptt'schen ©otterkreid. 417

erreicht hatte, allen Lebendelementen ihr bestt'mmted , unverfennbares ©tegel aufgepragt. Wir burfen Aegypten nt'cht barbarifch nennen.

Wer burfte auch so von einem Lanbe fprechen, aus toelchem ©riecht'fche Weife ihre Weidheit geholt zu haben bekannten ober auch nur vorgaben? Wie toett ed tm einzelnen Falle bad Cine ober bad Anbre gewefen fei , wollen wir bahin gestellt fein lassen ; wichtiger tst bte Frage: ob bad Griecht'fche Volk tm ©anzen seine alteste Weidhett, ober tote viel von ihr es and Aegypten geholt haben mochte? Die alteste Weidhett et'ned Volfed tst ncimlich feme Religion unb Theologte, unb batz em getoifsed Verhaltnist ber ©rt'e- chischen Religion zur Aegyptischen statt fanb, bast biefed Verhaltnitz, welcher Art ed auch fei, klar erfannt unb verstanben toerben must, wenn bte Griechische Mythologie vollstcinbig verstanben unb nach allen ©etten hin fcharf abgegrdnzt werben foll, toirb toohl nicht leicht geldugnet werben.

Hier must aber fogleich bad Bekenntnitz abgelegt toerben, bast ed noch nicht an ber Zeit t'st, bad Verhdltnih ber ©riechischen zur Aegyptifchen Mythologie zu bestimmen unb festzustellen. Wir muf- fen und befcheiben, basi wir auf biese, fur bie Urgefchichte bed menfch- lichen ©eisted nicht unwichttge Frage noch feme Antwort geben konnen. Auch bie vorliegenbe Abhanblung thut ed nicht ; unb wir loben sie gerabe barum , bah fie ed nicht vorzeitig verfucht. Vor- erst kommt ed barauf an , bie Aegyptische ©otterlehre in sich felbst zu erfennen, ben Thatbestanb berfelben festzustellen unb wo moglich ihre innere Glieberung unb Entwickelung richtig aufzufassen. Ehe biefe Arbeit nicht gethan ift, wirb jebe Verknupfung berselben - ober rt'chtiger bedjenigen, wad wir von ihr zu wiffen glauben, - mtt ber ©riechischen Mythologie nur ein ganz in ber Lust stehen- bed Rathen fein unb nur zu heillofer Verwirrung fuhren. Das vorzeitige Vergleichen unb Verbinbett Aegyptischer ©otter mit Grie- chifchen, moge ed nun auf etymologischen ©pielereien, ober auf ber Combination verwanbter getstiger unb sittlicher Attribute beruhen, fchabet bent ©tubium ber hellenischen Mythologie; eine fcharfe ©on- berung unb Akrunbunq beiber unb bad Cinbringen in bad Wefen ber Aegyptifchen Theologie forbert auch jened. Mus. f. Phttol. 3t. F. VIII. 27

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4l8 Ueber ben ersten agypti/chen GStterkreis.

In biefem Sinne mochten wir We vorliegenbe Abhanblung ganz besonbers nicht nur ben Aegyptologen, fonbern ben Forschern bes klassifchen Alterthums iiberhaupt empfehlen , obwohl sie Wel we- niger birekte Anbeutungen uber bie Beziehungen Aegyptifcher zu Griechischen ©ottern barin sinben werben als in sonstigen mytholo- gifchen Untersuchungen.

Wenn bie akabemischen Abhanblungen fonst mehc barauf be- rechnet sinb, einzelne Punkte ber Wt'ssenschaft in ihrem Detail zu behanbeln unb vollstanbig zu erfchopfen: so nimmt bte vorliegenbe noch eine anbre ©eltung in Anspruch, inbem sie einen Blick in ei- nen ganz neuen Kreis ber Wissenfchaft eroffnet, unb bie ©runbsteine fur ben Ausbau berfelben legt. Sie beschaftigt sich nicht blos mit einem einzelnen, aufzuklarenben Faktum , fonbern mit ben G r u n b - fatzen fur We wissenschaftliche Vehanblung ber Aegyptischen My- thologie.

Den Pht'lologen mochte blsher, wenn er einmal sich unter bie monumentalen Materialien ber Aegyptifchen Gotterlehre hineinwagte, leicht ein ©rauen ankommen, nicht allein vor ben wt'berstrebenben Thierbilbungen unb bem anfcheinenb bustern Charakter ber ganzen Auffafsung, fonbern fchon vor ber unenblichen, fcheinbar verworre- nen Menge von ©ottergestalten, bie bas Aegyptifche Pantheon bil- ben ; ein noch grotzeres Grauen aber vor ber Verwirrung , welche die ersten Ausbeuter bes monumentalen FunbeS in letzterem felbst, burch bie vorzeitige Anwenbung besselben auf bie ©riechifche Got- terlehre unb burch bas lustige Spiel mit ben wechselnben Wolken- gebilben phantastischer Etymologien angerichtet haben. Die ersten Aegyptologen, beren natitrliche Aufgabe es freilich fein muhte, zuerst nur bas vorhanbene Material zu sammeln unb aufzustellen, haben sich, man mochte sagen, kopfuber in biesen Reichthum von Darstell- ung hineingesiurzt, unb sich bamit begnugt , biefelbep zu reprobuci- ren, einzelne auf ben ersten Blick bebeutenbe auszuzeichnen , anbere meift willkuhrlich zufammenzustellen. Unb in ber That, waren wir auf bie Monumente allein angewiefen, so wurbe es fchwer halten, innerhalb biefer Masse eine Orbnung unb ©lieberung aufzusinben. Es sinb am Enbe boch auch hier bie Nachrichten ber ©riechischen

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Ueber ben erften agyptischen ©stterlreis. 419

A u t o r e n, Vater H e r o b o t an ber Spitze, welche uns helfen, bai Aegypttsche Alterthum aufzuschltepen , bessen Priefter selbst unS erst bann verstanblich unb belehrenb werben, wenn sie, wie Mane thos, ber ©rtechischen Literatur in Bilbung unb Sprache sich einreihen.

Aus Herobot (11, 145) wissen wir, bap bte Aegypter brei verschiebene ©otterlreise hatten, bie in einer chronologischrn Reihenfolge ber Entstehung gebacht wurben ; zu ben acht alteften rechnet er ben Pan von MenbeS unb bie Le to vonButo(o. 156); zu ben zweiten zwolf ben H erakl es (o. 43. 145); zu ben jung- ften, beren Zahl er nicht angiebt, ben Dionysos -Osiris.

Dap btesen ©otterkreisen bte von Manetho angefuhrten ©otter-Dynastien entsprechen, ist eine Forberung, bie man schon von selbst, ohne alle Beziehung auf bte Monuments machen mup. Denn bap Manetho brei vormenschliche Dynastien kennt : ber © o 1 1 e r, ber H e r o e n ober Halbgotter, ber M a n e n ober Tobten, bas geht selbst aus ber Confusion bes Tertes bes Eusebius, bem auch bie Armenische Uebersetzung nicht vollstanbig abhilft, beutlich genug hervor.

AlS erste in sich abgeschloffene Rethe nennt er 7 ©otter (Okronol. l.. I. c. 20 , ecl. Mai) :

1. Vulcanus (Pklak). 2. Sol (ka). 3. Lucke, auSgefullt burch Agathobaemon. 4. Saturn (8el>). 5. Osiris. 6. Typhon (8ot). 7. HoruS.

Dap biese sieben ©otter bte 8 Herobotischeu bes ersten Kreises bar- stellen mussen, kann nicht zweifelhaft sein ; aber eben so klar in bie Augen springenb ist glet'ch ber Wiberspruch, bap Osiris von Herobot zu ben jungsten, von Manetho zu ben altesten gezahlt wtrb.

Hier mussen bte Monumente entscheiden ; unb zwar nicht ein- zelne willkuhrlt'che Bezuge berselben, sonbern ihr Zusammenhang unb ihre innere Orbnung.

Unb hier sinben wir eben bas grope Verbienft beS Verfassers

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420 Ueber ben ersten agyptifchen GotterkreiS.

in ber Behanblung ber Monumente unb t'hrer Verbinbung mtt ben Griechischen Nachrichten.

Durch bte letzteren, beren wefentltche Authentie er an- nahm, veranlaht, hat er feme monumentalen Nachforfchungen auf bte ,,hauftg auf Denkmalern vorkommenbe Zufammenstellungen von ©ot- ,,tern, welche offenbar beftimmt abgefchloffene Kreife bilben" (S. 110 gewanbt. Dabet fanb er nun balb, bah ,,Ein ©otterkrels sich ,,von allen ubrigen unterfchetbet , sowohl burch bie grohere Anzahl ,,von Perfonen, bte ihn bilben, als baburch, bah er bte bekanntesten ,,unb am meiften verehrten ©otter umfaht"; von bemfelben ist es ihm gelungen, nicht weniger als 36 Beispiele von verfchtebenen Monumenten zusammenzustellen , welche, mtt einzelnen - fpdter zu erklarenben - Abwet'chungen im Wefentlt'chen biefelbe Ret'he von ©otthet'ten barstellen.

Dt'ese sinb: (S. 110 1. Mentu. 2. Atmu. 3. Mu mit femer ©efahrttn (©atttn?) Tefnet. 4. Seb (Kronos) mtt femer ©attm Nut (fonst Netpe

gelefen). 5. Osiris mtt femer ©attm Isis. 6. Set (Typhon) mtt femer ©atttn Nephthys. 7. Horns mtt femer ©efahrttn (©atttn?) Hathor.

Auch hier ist wieber bie Uebereinstimmung mit ber Manelho- nt'fchen ©otter- Dynastie auf ben erften Blick ht'nreichenb klar, urn bie Ueberzeugung zu geben, bast bie Differenz fecunbdr ist unb ihre Erklarung finben musi. Die Erfcheinung ber weiblichen neben ben mannlichen ©otthet'ten ist nicht einmal fur et'ne Differenz zu nehmen. Denn in bem Begriff ber Dynastie liegt es schon , bah Manetho nur bte ©otter als regterenbe Konige, nicht aber bie Gottinnen als ihre kont'glichen Gemahlinnen auffuhrte. Unb so burfen wir auch mit Sicherhett annehmen, bast unter bes Herobot 8 dltesten ©otter die Frauen nicht mitzuzahlen sinb, sonbern bah nur 8 mdnnlt'che ©otter ober ©otterpaare gemeint feien.

Wenn nun biese monumentale Liste in fo fern fur Manetho

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Ueber ben ersten agyptischen Gotterkreid. 421

gegen Herobot entschetbet, ald sie autzer allen Zweifel setzt, bast Osiris zu bem altesten ©otterkreise gehort: fo ist boch auch bie Ab* weichung von Manetho wieber nicht gering. Die 4 letzten ©otter sinb biefelben; fur ben britten, Mu, hat ber Versasser wenigstens einen Anknupfungdpunkt gefunben in bem Gotte ©od ober ©osid, welcher in einem Fragment bed Joannes Antiochenud (bei Ch. Mul- ler, Fragmenla Hislol-io. Lra^cor. Vol. IV. p. 536) erfchet'nt, bad ber Verfaffer mit groher Wahrfcheinlichket't ald ben athten ma- nethonifchen Listen nach ber Reeension bed Africanud entnommen ansieht (©. 13 ff.).

Aber bie wichtigste Differenz liegt in ben beiben ersten Got* tern. Datz Manetho ben Ptah-Hephaistos unb Ra-Heliod an bie ©pitze geftellt habe , bezeugen alle auf ihn zuriickfithrenbe Nachrichten, unb ben hephaistod nennen auch anbere ©chrlftsteller ben alteften ©ott ber Aegypter. Dagegen beginnen fast alle mo* numentalen Listen mit Mentu unb Atmu, welche beiben ©otter von ben ©riechifchen ©chriftstellern nirgenbs genannt werben. Denn felbst ben Manbulis in ben fpaten, aber merlwurbigen kleinen Votiv* Infchriften von Kalabscheh erlauben bie hieroglyphtschen Infchriften, wel- che von einem ganz verschiebenen Gott Merul reben, nicht mit Mentu zu ibentisieiren , wozu auch freilich fchon bie Orthographie nicht pasit.

Der Versasser giebt eine Lofung biefer ©chwt'erigkeit , welche eben fo fchlagenb, als in ihrer Anwenbung folgenreich unb in ihrer richtigen Auffassung wichtig fiir bie Beurtheilung bes Verhaltnissed ber ©riechischen Nachrichten zu ben Monumenten iiberhaupt ist (©. 15ff.).

©ie beruht auf ber unlaugbaren Verschiebenheit von Ober- Aegypten unb Unter - Aegypten. Zwifchen biesen beiben, fchon burch bie Natur bed Lanbed unb bie klimatischen Verhaltnisse verschiebenen Theilen bed Nt'lthald hatte sich histort'fch ein bebeu- tenber Unterfchieb ausgebilbet, urn fo lcichter, ald im alteren Reiche beibe meist von verfchiebenen Konigsfamilien beherrfcht wurben, be* ren Resibenzen Theben unb Memphis waren. Nld sie bauernb vereintgt worben, nannten sich bie Herrfcher ,,Konige bed oberen

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unb unteren Lanbes"; eine bt'alektische Verschiebenheit blteb in ber Sprache, unb auch bte Kunst trug einen anbern Charakter zu Mem- phis als zu Theben. Daher konnte es kaum anbers set'n, als bah auch bte ©otterlehre beiber Lanbcstheile Eigenthnmlichkeiten unb Verschiebenheiten hatte, unb bah bte Gottcrkulte unb Prt'esterlehren ber beiben Refibenzen, wenn auch auf gemeinsamer ©runblage, stch boch verschiebenartig entwickelten.

Die Griecht'schen ©chriftsteller nun von Herobot bis Ma- tt etho, bem unter-Aegyptischen Priester unb Schriftgelehr- ten, reprasentiren uns hauptsachlich Unter-Aegypten, bte Denk- maler hauptsachlich Ober-Aegypten, benn letzteres wurbe nt'cht allein von ben ©riechen weniger befucht, sonbern war auch zu ihrer, unb noch mehr zu ber Romtschen Zet't, selbst mit seiner Hauptstabt Theben, einigermahen in Verfall gcrathen unb an Bebeutung gegen Unter-Aegypten, der Kornkammer bes Romtschen Ret'chs unb burch Alexanbrien bie Vermt'ttlert'n bes Welthanbels, zuruckgetreten ; aus bem untern Theil bes Nilthales aber, biesem eigentltchen ©eschenke bes ©tromes, hat eben bieser Strom in ber Fulle unb bem Wech- set seiner zdhrlich erneuten ©egnungen , unb nt'cht ohne die fteitzt'ge Hand ber Menschen bte met'sten Denkmaler wieber weggewt'scht, we- nige ©puren von Tempeln unb offentlt'chen Kulten sinb bort erhal- ten, bie ©rdber von Memphis geben uns eine Menge von Nach- richten, aber nur uber Privatpersonen unb beren Verhaltnifse. In Ober-Aegypten haben Wuste, Fels, trocknes Klima unb _verhdltntsi- masiig gert'ngere Menschenmenge zusammengewirkt, urn Tempel, Pa- ldste unb unzahlige Denlmale bes offentlt'chen Cultus uns aufzube- wahren. Datz also die Nachricht ber ©chriftsteller unb bie Monu- mente sich nicht immer ganz genau becken, ist nt'cht zu verwunbern, unb eher em ZeugntH fur als gegen bie Wahrhaftigkeit beiber.

Daneben ist auch noch bas besonbere Verhaltnitz ber Lokal- kulte, welches in jebcr alien Mythologie eine so bebeutenbe Nolle sptelt, in Anschlag zu bringen. Ein solcher Lokalkult war z. B. ursprunglich ber bes Ammon, ber zuerst ein Thebanischer went'g genannter Gott von untcrgeorbneter Bebeutung war, bet' bem WachS- thum Thebens aber schon in ber 12. Dynastie beS alien ReicheS

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sich mit ben Herrfchern , bte in Theben resibt'rten, an Macht und Einflutz ausbehnt, bann befonbers tm neuen Ret'che, mtt bem uralten ©onnen-Gott ibentt'sietrt, als ,,Amon-Ra, Konig ber ©otter" Him- mel unb Erbe bominirt unb zuletzt fchon von alten ©chriftstellern als Kern unb ©pt'tze bes ganzen Aegyptischen ©ottersystems ange- fehen wirb. Aber in ben eigentlichen, abgeschlofsenen Kreis ber al- ten grohen ©otter ist er boch ntcht eingebrungen ; nur hin unb wt'eber, in Theben, btefen vorangestellt; Mentu unb Atmu blet'ben, wie sruher, an ber ©pt'tze bes Ober- Aegyptischen ©otterlretses, Phtah-Hephaiftos unb Ra- Helios an ber ©pt'tze bes Unter-Aegyp- tifchen.

Em birektes Zeugnt'tz aber fur bte Wahrhaftigkeit bes Ma-» netho gewahrt ein vereinzeltes Denkmal, welches ber Verfaffer in Ober-Aegypten, unb zwar in Philae gefunben hat, unb welches bie Memphitische Reihenfolge, ganz wie sie von Manethos angegeben wirb, mit Phtah unb Ra an ber ©pitze barstcllt. ,,Es ist aus bem ,,Enbe ber Ptolemaer - Herrschaft , als Memphis langft wt'eber ben ,,Glanz von Theben verbunkelt hatte; baraus erklart sich bieser ver- ,,et'nzelte fpeciell memphitifche Anllang am fnbltchen Enbe Aegyptens. „- Durch bt'eses wichtige Denkmal wirb bie Ibentitat bes auf ben ,,ober- agyptifchen Denkmalern erfchet'nenben ©ottercyklus mit her ,,ersien Manethonischen Gotterbynastte , trotz bes abweichenben An- ,,fangs, vollig auper Zwet'fel gestellt" (©. 18.).

HerobotS Angaben bestatt'gen sich auch ferner: set'n Pan von Menbes ist ntcht ber Ober - Slegyptt'fche von Panopolis ober Chem- mt's (bie phallische Form bes Simmon), sonbern eine Unter-Aegyptt- fche Form beS Osiris ; gehort also , eben wie bte Leto von Vuto, welche eine lokale Form ber Hathor zu fetn fcheint, zu bem ersten ©otterkreis.

Nur in Betreff ber ©tellung bes Osiris kann ber Verfasser ben Vater ber ©efchichte von einem Irrthum ntcht fretsprechen, ben er ubrigens fchon anberswo (Lepsius Chronologt'e ber Aegypter I. p. 253) zu erklaren verfucht hat. Aus ber unter ben Griechen verbreiteten Ansicht, welche ben menfchlichen Hcrrscher Menes fo- gleich auf ben letzten ber alten Gotterbynastie , Horns, mit Ueber-

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springung bes zweiten unb brttten ©otterkreises (ber Heroen unb Manen) folgen liest, wurbe, wenn ble En'stenz mehrerer ©otter - kreise sich aufbrdngt, ber Rnckschlup gemacht, batz Horus unb fein Vater Osiris ben jungeren ©ottern angehoren musse.

Neben Herobot debars Diobor kaum noch ber Erwdhnung, obgleich ber Verfaffer annimmt, bah er bte Schrtft bes Manethos ,,birekt ober inbirekt" benutzt habe (S. 20). Die Benutzung ist, wenn uberhaupt eine statt fanb, sicher eine fehr inbt'rekte gewefen; ben Diobor scheint ein naturlicher Instt'net meist bazu gefuhrt zu haben, schlechte unb abgeleitete Quellen ben ursprungltchen guten vorzuziehen. Ieboch hat er auch hier, wte so oft, neben Falschem unb Unsinnigem, auch - unb zwar ohne es zu ahnen - baS Richtige.

Wte fehr selbst bte Zeitangaben bes Herobot, sowet't fie sich in Vezug auf bie Dauer ber verfchiebenen ©otter - Orbnungen fest- ftellen laffen, mit ben Manethontfchen Zahlen stimmen, moge man bet bem Verfasser felbst nachlefen (S. 22ff.).

Die bet ihm auf nur 8 angegebene Anzahl ber ersten ©otter ift nicht als eine Ungenauigkeit anzusehn. Warum bie ©ottinnen nicht mitzdhlen / ist fchon oben erwdhnt. Manethos nennt 7 Dyna- sten; bie Monumente fugen biesen sieben vster den emeu ober ben anbern ©ott unb ©ottin bet, aus lokalen ©runben (wie wir oben von Ammon in Theben bemerkt); baburch werben es mehr als 8 Paare. Die Herobotische Acht beruht wahrscheinlich auf ber Lehre einer beftimmten Prtesterfchaft, vt'elletcht ber ber Stabt Memphis.

Iene sieben aber sinb bie wefentlich unb uberall burchgehen- den, unb nachbem diese einmal festgestellt sinb (wie sie ber Verfas- ser auf S. 39 vollstdnbig in beiben Lehren , mit ihren hieroglyphi- schen unb ©riechischen Namen zusammenfaftt), konnen bie einzelnen Abweichungen auf ben Denkmdlern , welche ber Verfaffer durchgeht, nlcht mehr t'rre machcn. Die t'nteressanteste unter btefen ist bas Ausfallen bes Set-Typhon aus ben fpdteren Denkmdlern, wo er meist burd) Thoth ersetzt wirb. Cm besonberer Zusatz am Schluh ber Abhandlung (S. 48 ff.) verfolgt ndher bas interessante Faktum ber Abfetzung dieses ©ottcs (desscn eigentlicher Nalne Stt ober

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Ueber ben ersten agyptischen GStterlreis. 4L5

Sutech gewefen zu fein scheint, ber aber auch oft Nubti, b. h. ber Ombifche ©ott, genannt wirb) unb feme Entfernung auS bem-Got- terkreife. Die auf biesem Felbe sehr schwierigen Unterfuchungen haben zu ber Vermuthung gefuhrt, bah ©et, bessen ©egenfatz zu Osiris unb Horns fich fehr fruh manifestirt, uberhaupt als ber ©ott b es auher-Aegyptischen Lanbes angefehen wurbe, in welchem sich alle einzelnen auslanbischen ©otter wiebersinben liesien, bessen ©egenfatz zu Aegypten aber nicht nothwenbig unb nicht urfprunglich em fet'nb- licher war. Erst allmahlig wurbe er bieh, vielleicht in Folge von Nieberlagen ber Aegypter, bte wachfenben Hah gegen bas Frembe erzeugten ; ba wirb er ber ©ott bes Bofen, Verberblichen , ber ©riechische Typhon, unb konnte nun nicht mehr unter ben grohen ,,Gottern" unb neben bem ,,guten ©ott" Osiris erfcheinen. Daher finben wir bie Figur unb ben Namen bes ©et fast auf allen Denk- malern ausgehackt unb verstummelt. Die Epoche wann bieS ge- fchah, ist mit Bestimmtheit noch nicht nachzuweifen; es ist nur zu fagen, bah fie nach ber 21 ten Dynastie fallt. Die ©age von ber Ueberwinbung bes Qsiris burch Typhon unb ber Rache beS jungen Horns (ber einzige eigentlich bramatifch lebenbige, unb barum auch von ben ©riechen befonbers geliebte Mythus ber Aegypter) halt ber Verfasser, wenn gleich fur fpciter ausgebilbet, boch im Wesentlichen fur alt, unb glaubt ,,batz wir biese Crzahlung fur bte mythologische ,,Auffassung ober vielmehr fur ben symbolischen Ausbruck ber grohen ,,gefchichtll'chen Ereignisse zu halten haben, welche bas Retch aus bem ,,tiefsten Verfall burch bie cnbliche wieberholie Besiegung ber norb- ,,lichen Erbfeinbe auf ben ©ipfelpunkt seines RuhmeS erheben, unb ,,bie nationalen ©esuhle ber Aegypter im Innersten aufregen muhte" (©. 55). Iebenfalls aber ist biese historisch-symbolische ©runblage ber ©age, wie in alter Mythologie, auch mit allgemeinen ethischen unb mystischen Elementen verbunben, fur beren allgeineingultige, innerlich menschllche, wir mochten sagen, ewt'ge Bebeutung bas ht'sto- rische Ercignih selbst nur ein Ausbruck unb gleichsam Kleib wurbe.

Die Verfolgung bes Set-Typhon steht ubngens nicht verein- zelt in ber Aegyptischen ©eschichte ba. Dcr Verfasser fuhrt (©. 40) bie mcrlwurbige Thatsache einer religiosen Revolution

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tm alien Aegypten naher aus, beren ©puren bisher von manchem Aegyptologen bemerkt, abcr von keinem richttg gewurbigt unb ver- stanben waren. Ein ©ohn nnb Nachfolger bes gro^en Amenopht's ill. Memnon , bes bebeutenbsten Herrfchers ber XVIllten Dynastie, ber tm Anfang bes XV. Iahrhunberts vor Christo ben Thron be- stieg unb feinen ursprunglt'ch ebenfalls Amenopht's lautenben Namen in Be ch-en-aten (Verehrer bes ©onnenbiskus) verwanbelte, erhob sich gegen bt'e gauze Aegypttsche ©otterlehre, unb lt'eh, foweit bies aussiihrbar war, alle Gotternamen unb Bilber verstummeln unb ausmeiheln - eine Verfolgung, welche besonberS hart ben bamals fchon bebeuteub hervorgetretenen Ammon, seine ©attt'n bie ©ot- termutter M u t, unb bie ©oben von Eileithyia, welche mit jener Mut bas Symbol bes ©eiers gemein hatte, betraf. An ihre ©telle wollte er ben reinen Cultus ber ©onne fetzen, bie er uberall als einen Diskus mtt Strahlen, bte in Hanbe auSlaufen, barstellen ltesi ; unb wie fehr Cultus unb Lokalitat in Aegypten zusammenhan- gen, zetgt sich auch bartn , bast mtt bieser Neuerung auch etne Ver- legung ber Resibenz verbunben war. Aber biese Revolution war vorubergehenb ; bie ©otternamen unb Bilber sinb wieber hergestcllt worben ; bie ©onne bleibt in t'hrer alten Wurbe beS Ra in Ammon Ra; unb von ber ©onnenstabt, bie bald barauf, als btefe Linie ber Amenopht's Kinber fur illegttim ^erllart wurbe, zerftort zu fetn fchetnt, sinb nur in ber ©egenb von Tell el Amarna bebeutenbe unb t'n- tereffante Ruinen unb eine an ben fchonsten Darstellunqen ret'che Fels-Nekropole erhalten.

Die Erwahnung bieses merkwurbigen , unb jetzt vollkommen historifch nachweisbaren Creignisses in bem geistigen unb religiofen Leben Aegyptens mag zugleich als Beweis bt'enen, bah bie alte Aegyptt'sche Gefchichte nicht fo inhaltleer, nicht so ganz nur ein bur- res Gewebe von Chronologischem ©chemattsmus, von Namen unb Zahlen ist, wie man gewohnlt'ch annimmt.

Aber nicht nur bie negative ©efchichte ber Zerftbrung unb Ausmerzung ber ©otter gt'ebt uns ber Versafsrr in ber vorliegen- bcn Albhanblung; es ist ihm auch, ohne Hypothesen unb philosophi- fche Theorien, nur aus bcr einfachen unb unbefangenen Auffaffung

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Ueber ben ersten agy ptischen ©otter kreis. 427

ber auf ben Monumenten felbst gegebenen Daten, gelungen, auf bie allmahlige Enttoickelung unb Ausbilbung, auf bas Wachsthum jenes ©otterkreifes felbst, ber boch nur als bte eigentliche Form ber Aegypttschen Lehre angefehen toerben must, em bebeutenbes unb t'n- teressantes Ltcht zu toerfen; ein neuer Velvet's, ba^ grunbltche unb befchetbene Forfchung, bte sich ber Thatfache untertoirft, sie auffucht und sich t'hr anfchlteht, am Cube boch noch wetter fuhrt, als bas geistret'chste Spiel ber Theorien unb Hypothefen.

In bem ©otterkreise felbst unterfcheiben sich namlich auf ben ersten Blick zwei ©ruppen, ron benen bie ztoette bas Osiris ©e- fchlecht umfa^t, nach oben nut ben Eltern bes Osiris, Seb unb Nut, nach unten mt't feinem ©ohn Horus unb beffen ©efahrtin Hathor abfchlt'ehenb (©. 31.).

Die vorangehenbe ©ruppe bilben in Ober-Aegypten Mentu, Atmu, Mu, - letzterer, ber Wortbebeutung nach Lichtglanz heitzt constant ©ohn ber ©onne; Mentu unb Atmu sinb , tote bies ausbrucklich durch Darstellungen unb Infchriften bestatt'gt totrb (Atmu toirb gerabezu ,,©onne ber Nacht" genannt, Mentu mit Ra ibentisicirt) nichts anbres als et'ne ©paltung biefes ©ottes in felne zwei Hauptphasen, bccher Mu auch toohl ©ohn bes Mentu unb ©ohn bes Atmu genannt toirb. (Einzelne eingefchobene ©otter, toie Ka ober Ki unb Tera gehoren als Ertoeiterungen zu bieser ©ruppe; anbere fchliehen sich besser bem ganzen ©otterkreife an.)

Mentu unb Atmu vertreten also in ber Ober - Aegyptifchen Reihe ben Helios-Ra ber Unter-Aegyptifchen, neben toelchen fonach in beiben Reihen fein ©ohn Mu mt't seiner Tochter Tefnet (aus- brucklich ,,Tochter ber ©onne" genannt) erfcheint.

Den Phtah-HephaistoS, ber auf ben Denkmalern nur einmal, in ber oben erwahnten fpaten Darstellung aus Phtlae erfcheint, halt ber Verfasser fur urfprunglich nicht zu bem Gotterkrct'se gehort'g, fonbern fur einen Lotalgott von Memphis, ber, tote Ammon in The- ben, an ber ©pitze beffelben nur aus befonberer Verehrunss fur ben Lokalkult ber Hauptstabt gerathm war, unb sich bort freilich sicherer an btefer ©telle erhielt, weil er bei ber fruheren Bedeutung unb Macht von Memphis, bie toir nun boch jebenfalls fur bie altere

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428 Ueber ben ersten agyptischen ©otterkreis.

Hauptstabt halten muffen, tfefere Wurzeln baselbst schlagen lonnte, wahrenb bef bent Aufbluhen Thebens ber ©otter - Cyklus schon zu fest abgeschloffen, bas mythologfsche Bewuptsefn zu starr geworben war, als bap ber Thebanische Gott sich eine bauernbe ©telle in bemselben hatte gewfnnen konnen. Phtah wurbe baher auch in Me genealogfsche Verknupfung aufgenommen, indent er bei Manetho ,,Va- ter bes Ra", unb selbst auf Ober-Aegyptischen Denkmalen ,,Vater ber ©otter" genannt wfrb; kefner Don befben Titeln kommt bem Ammon zu.

Aber auch Memphis war nfcht die alteste Kapitale Aegyptens. Das war Dielmehr ,,bfe oberagyptfsche ©tabt This, in welcher ,,Me Dorhfstorfsche Dynasiie ber 30 Thinitfschen Heroen resibirte, ,,aus welcher Menes, ber erste geschichtliche Konig, nach Unter- ,/AegyPten, wo er Memphis unb Me erste Memphftische Dynastie ,,grunbete, auszog, unb welche noch unter ber zweiten Manethonf- ,,schen Dynastfe als Mfttelpunkt bes ober-agyptischen Reichs bluhte" l©. 34), nachher aber in ber neben ihr gegrunbeten ©tabt Abydos aufgehenb, Derschwindet, obglefch sie boch noch in efnem ©riechischen Papyrus deS 7ten Iahrhunderts nach Chrfsto genannt wirb.

Dap in biesen beiden ©tadten ber Kult bes Osiris', ,,des Herrn Don This unb Herrn Don Abybos" hauptsachlich lokalisirt war, wiffen wir burch ©chriftsteller unb Monumente; unb so ist ber Verfasser gewip im Dollen Recht, wenn er bieser altestcn Haupt- stabt Aegyptens bfe ganze zweite ©ruppe unsres ©otterkrefses, wel- che in Eltern, Vruber unb ©ohn eben ben Osiris Mythus abrunbet, als ursprunglichen Lokalkult Dinbieirt. Dieser mupte sich bann Don ba auS am fruhesten unb allgemeinsten uber ganz Aegypten Derbrei- ten; unb so begreift sich auch Herobots Aussage (ll, 42), bap Osi- ris unb Isis Me efnzfgen ©otter Aegyptens seien, welche Don sammt- lichen Aegyptern Derehrt witrden, wahrenb bei ben ubrfgen ©ott- heften gro§e Verschfedenheft ber Verehrung statt finbe.

Durch Me Verknupfung (ober richtfger Nebeneinanderstellung, denn es ist nicht efnmal eine genealogfsche Verknupfung ba) bieser, aus efner lokalen national geworbenen Osirfsgruppe mit ber Sonnengruppe entsianb bann ber hochste Aegyptfsche ©otter-

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Ueber ben erften agypttfchen Gotterkreis. 429

krets. Fur letztere, welche ben ersten Platz behielt, weiset ber Ver- faffer mtt gewichtigen ©riinben einen ahnltchen lokalen Urfprung entfchieben ab , unb stellt aud vt'elfachen Combinationen , bie man bet' t'hm felbft nachlefen mu§, bte Anficht auf ,,bah ber ©onnen- ,,kult felbst ber fruhste Kern unb bad allgemeinste Princlp bed ,,agyptischen ©otterglaubend war, welcher, vor allen Lokalkulten vor- ,,hanben, in allen einen wefentltchen Theil bildete, unb uberhaupt ,,m'e, bid in bte fpatesten Zeiten , aufhorte ald bie autzerliche ©pitze ,,bed gefammten Religiondfystemd angefehen zu werben" (©. 37). Auch Osirid wtrb mtt Ra-Heltod identisict'rt ; unb wenn glet'ch auch anbere physifche Beztehungen, wie die Phasen bed Nil, unb ethifche Elemente in bem ersteren mit aufgenommen sinb, fo mochte sich boch fchwer gegen bed Verfasserd Annahme etwad einwenben laffen, bafi der ©onnenkultud ber ur- /a vjelleicht fchon voragyptische National- kult bed Aegyptischen (ober vtelletcht bed Hamittschen, b. h. bei bem Verfaffer bed norbafrikant'fchen, dem ©emittfchen verwanbteni Men- fchenstammed fei, unb bah ber fruheste Audstuh besselben in bem Lokalkult bed Osirid zu Tht'd unb Abybod wteber zu erkennen fei, welcher bedhalb, bei wetterer felbststanbiger Entwickelung, ald zweite ©ruppe im ©otterkret'fe ihm gleichfam untergeorbnet war, wenigstend erst auf ihn folgen konnte. In wetterer geistiger Entwickelung, bie sich wieberum an lokale Anknupfungdpunkte anfchlo^, gtng nun bad mythologische ober theologische Bewuhtfein noch uber bie Sonne hinaud , unb fetzte eine getstigere , fchaffenbe unb erzeugenbe Potenz in Memphid ald Phtah - Hephaistod vor unb fiber bie ©onne als ihren Erzeuger, wahrenb in Theben biefe geistige Potenz nur mit ber ©onne ibentisictrt warb, ald Ammon-Ra.

Von hier aud begreist sich auch bie eben erwahnte Revolu- tion bed Bech-en-aten erst recht, die fo nur ald ber vergebliche Versuch ber Ruskehr von ben fchon verget'stigten ©ottern zu bem uralten Nationalkult ber ©onne erfcheint.

Der letzte Entwicklungdtrieb ber Aegyptischen ©otlerlehre fproht noch in fpater Grtechischer Zeit hervor, freilich nur mittelft Aufpfro- pfung eined fremben Reifed auf ben ursprunglichen ©tamm, ber aber boch zur Afsimilirung noch Lebendlraft genug in sich hatte. Ed ist

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430 Ueber ben ersten agyptischen GotterkreiS.

ber Aleranbrinische ©arapis, ber, wie bunkel auch setn Ursprung tji, sicher mtt bem Osiris ibentisicirt wurbe. 3u etnem klaren Ver- stanbnitz ber eigenthumltchen Mtschung in biesem aus einer Griechi- fchen Pftanzstabt genommenen unb in etnem Aegypttschen ©otte - vielleicht bem ©tier Apis, bem Osiris - Apis , bem Btld ber ©eele des Osiris - wt'ebergefunbenen ©otte, reicht auch bas von bem Nerfasser l3usatz 6. ©. 56 ff.) beigebrachte noch nt'cht aus. Viel- leicht werben bie Ausgrabungen bes Herrn Mart'ette, ber ben ©e- rapis-Tempel von Memphis in ber Wuste nahe ben Graberfelbern von ©agara wt'edergefunben unb schon hochst eigenthumliche Monu- mente zu Tage geforbert hat, uber bte hoffentlich bie gelehrte Welt balb Naheres erfahren wirb , etwas Licht in bieses Dunkel brt'ngen.

Von ba an wurden bte Aegypttschen Kulte wohl vielfaltt'g auf wtllkuhrliche Weise von Philofophen, falschen Propheten, Poeten unb Mystagogen, Gnostikern, Neaplatonikern mtt anberen Dtenften zusammengewurfelt, urn Wetber unb Eunuchen zu bethoren ; aber von einer religwsen Entwickelung ist nicht bie Rebe mehr.

An neoplatonischen Auffassungen, bie es ben alten in Will- kuhr unb Phantasteret gleich thun , fehlt es auch in unsrer 3eit nicht. Roths lGeschichte ber Philosophie I.) Weltfeuer unb Ur- warme (Pthah) , Urgeist (Kneph) unb Urmaterie (Neith) , Urzeit (Sevech) unb Urraum (Pascht) hcitten auch in etnem Alexanbrt'ni- fchen Kopfe ihren Platz gefunben, ber boch vielleicht, in ©riechischem Sprachgefuhl ober in Kenntnt'tz bes Aegypttschen uber manche Roth- sche Etymologien ben Kopf geschuttelt hatte. Wie erqutcklich ist ge- gen solch rucksichtsloses Zufammenwurfeln bes allermanntgfaltigsten Materials aus Denkmalern unb ©chriftftellern, bie besonnene, schlt'chte, nur bie Thatsachen aufsuchenbe, sichtenbe unb zusammenstellenbe For- schung ber vorliegenben Abhandlung! Aber Roth ist boch anerken- nenswerth in seinem Fleih unb seiner vt'el umherstobernben Bemu- hung; wenn aber ein jugenblicher Nachtreter, auf behaglicher Barke ben Nil hinabgleitenb , gehaltlose Faseleien wie ben Ranch seiner Pfeife in bie Welt scht'ckt, unb bieselben in ber gelesensten beutschen 3eitung mtt bem, hoffentlich gebankenlosen Nachsprechen von Ver- laumbungen netbischer Auslanber wurzt, so verbiente bas wohl noch

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Ueber ben ersten agypttfchen ©otterkrets. 43l

eine hartere Zuchtigung als ber Verfasser S. 42 Anmerk. 2 bem Hr. Julius Braun zu Theil werben latzt. Ueber bie von Lepsius weggenommenen Sachen wtrb fich 5eber freuen, ber et'nmal bas Ae- gyptt'fche Museum in Berlin besucht hat ; was bie absichtltchen ,,Ver- ftummelungen" betrifft, fo ist es eine Schanbe, bap ein Deutfcher einem Araber ober Levantiner fo etwas glauben konnte, auch wenn er nicht gerabe zu wiffen braucht, bap ein Thetl ber in Theben vorgefunbenen Zerstorungen in ben fchonsten Grabern gerabe vun muthwillt'gen Reifenben anberer Nationen, bie hier znnachst in Rebe stehenben bet Eileithyia aber von bem Konig Bech-en-aten (von bef- fen Extstenz Herr I. Braun fchwerlt'ch eine Ahnung hat) im An- fang beS XV. Iahrh. vor Chr. herruhren. -

Doch laffen wir btefe unerfreultchen Nebenfachen; unb wun- fchen zum Schlutz, bap ber Verfasser auf dem betretenen Wege fort- gehen unb uns balb auch uber bie anbern Aegyptifchen ©otterkreise etwaS Naheres mittheilen moge; - zugleich aber auch, bah bie Philologen von Fach nicht mehr, Weber fo fcheu auf ben Wust Ae- gyptifcher Mythologie hinbltcken, noch fo vornehm bas Stubium ber Denkmaler unb thre Vergleichung mit ben Schriftstellern verfchmahen msgen. Dap fur bie nuchterne, wissenschaftliche Forschung hier un- enblt'ch vt'el zu letsten ist, zeigt gerabe bie vorliegenbe Abhanblung, welcher bie beigegebenen Tafeln, bie verfchiebenen Auffassungen beS fo Rebe stehenben Gotterkret'fes nach ben Denkmalern barstellenb, ei- nen angemessenen Schmuck unb bie fchonen hieroglyphifchen Typen im Text noch einen befonberen Reiz verleihen.

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