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Udo Froneberg - Vortrag Klinische Schmerztherapie 10.03.11...

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Udo Froneberg - Vortrag Klinische Schmerztherapie 10.03.11 HBB Kerpen 1 Einführung in die Klinische Schmerztherapie für Heilpraktiker Schmerztherapie ja, aber wann? Begrüßung Sehr geehrte Damen und Herrn, liebe Kolleginnen und Kollegen, es freut mich das sie heute hier sind. Die Klinische Schmerztherapie ist für viele Kolleginnen und Kollegen aus der Heilpraktikerschaft, besonders wegen des Einsatzes von Opiaten, immer noch ein unbekanntes Phänomen oder ein rotes Tuch. Entweder weil es schlicht zum Teil um Opiate handelt, oder aber weil immer wieder angeführt wird: Das dürfen wir doch gar nicht verordnen! 1. Es ist richtig das wir Heilpraktiker Opiate nicht verordnen dürfen, aber wir dürfen sie absetzten und die Dosierung verändern. 2. Auch besteht für uns Heilpraktiker eine Sorgfallspflicht, weshalb wir Patienten entsprechend zu beraten oder zumindest auf Unstimmingkeiten aufmerksam zu machen haben. Das beinhaltet auch das wir wissen sollten wann es sinnvoll ist eine entsprechende Behandlung anzuraten 3. Wir arbeiten mit Patienten die einer entsprechenden Medikation unterliegen. Weshalb wir wissen müssen worum es dabei geht. 4. Und als weiteren Punkt möchte ich anfügen, das es wichtig ist auch mit der Ärzteschaft einen gemeinsamen Nenner und eine gemeinsame Sprache zu haben. Das würde dem Standesdünkel wenigstens etwas die Luft nehmen. Dazu möchte ich Ihnen in den nächsten 45 Min. stichpunktartig einen Einblick geben. Leider kann ich dabei nicht alle Facetten ansprechen, dafür ist die Zeit zu knapp. Die Kollegen der Ärzteschaft absolvieren dafür das „Curriculum spez. Schmerztherapie“, an dem ich auch teilnehmen durfte, mit 80 Unterrichtseinheiten. Schmerzen sollten immer ernst genommen und nie leichtfertig abgetan werden. Und generell ist zu sagen das eine Schmerztherapie immer eine multimodele und interdisziplinäre Behandlung mit den unterschiedlichsten Ansatzpunkten umfassen sollte. Ärzte unterschiedlichster Fachrichtungen, spez. Schmerztherapeuten, Psychotherapeuten, und Physiotherapeuten arbeiten hier zusammen. Aber auch wir als Heilpraktiker können und sollen uns in dieses System eingliedern und eine adäquates Miteinander zum Wohle des Patienten suchen. Um hierfür eine Grundlage zu haben muß es erst einmal ein einheitliche Begriffsbestimmung bzw. Definition u.a. vom Begriff Schmerz geben. Und um zu verstehen wie man Schmerz bekämpfen kann, muß man wiederum die Entstehungs-, Verarbeitungs- und Chronifizierungsmechanismen verstehen. Eine gründliche Diagnostik mit ausführlicher Anamnese stellt hierbei eine besondere Herausforderung dar.
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Udo Froneberg - Vortrag Klinische Schmerztherapie 10.03.11 HBB Kerpen

1

Einführung in die Klinische Schmerztherapie für Heilpraktiker Schmerztherapie ja, aber wann?

Begrüßung

Sehr geehrte Damen und Herrn, liebe Kolleginnen und Kollegen, es freut mich das sie heute hier sind.

Die Klinische Schmerztherapie ist für viele Kolleginnen und Kollegen aus der Heilpraktikerschaft, besonders

wegen des Einsatzes von Opiaten, immer noch ein unbekanntes Phänomen oder ein rotes Tuch.

Entweder weil es schlicht zum Teil um Opiate handelt, oder aber weil immer wieder angeführt wird:

Das dürfen wir doch gar nicht verordnen!

1. Es ist richtig das wir Heilpraktiker Opiate nicht verordnen dürfen, aber wir dürfen sie absetzten und die Dosierung verändern.

2. Auch besteht für uns Heilpraktiker eine Sorgfallspflicht, weshalb wir Patienten entsprechend zu beraten oder zumindest auf Unstimmingkeiten aufmerksam zu machen haben. Das beinhaltet auch das wir wissen sollten wann es sinnvoll ist eine entsprechende Behandlung anzuraten

3. Wir arbeiten mit Patienten die einer entsprechenden Medikation unterliegen. Weshalb wir wissen müssen worum es dabei geht.

4. Und als weiteren Punkt möchte ich anfügen, das es wichtig ist auch mit der Ärzteschaft einen gemeinsamen Nenner und eine gemeinsame Sprache zu haben. Das würde dem Standesdünkel wenigstens etwas die Luft nehmen.

Dazu möchte ich Ihnen in den nächsten 45 Min. stichpunktartig einen Einblick geben.

Leider kann ich dabei nicht alle Facetten ansprechen, dafür ist die Zeit zu knapp. Die Kollegen der Ärzteschaft absolvieren dafür das „Curriculum spez. Schmerztherapie“, an dem ich auch teilnehmen durfte, mit 80 Unterrichtseinheiten.

Schmerzen sollten immer ernst genommen und nie leichtfertig abgetan werden.

Und generell ist zu sagen das eine Schmerztherapie immer eine multimodele und interdisziplinäre Behandlung mit den unterschiedlichsten Ansatzpunkten umfassen sollte. Ärzte unterschiedlichster Fachrichtungen, spez. Schmerztherapeuten, Psychotherapeuten, und Physiotherapeuten arbeiten hier zusammen. Aber auch wir als Heilpraktiker können und sollen uns in dieses System eingliedern und eine adäquates Miteinander zum Wohle des Patienten suchen.

Um hierfür eine Grundlage zu haben muß es erst einmal ein einheitliche Begriffsbestimmung bzw. Definition u.a. vom Begriff Schmerz geben. Und um zu verstehen wie man Schmerz bekämpfen kann, muß man wiederum die Entstehungs-, Verarbeitungs- und Chronifizierungsmechanismen verstehen.

Eine gründliche Diagnostik mit ausführlicher Anamnese stellt hierbei eine besondere Herausforderung dar.

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Auch sollte man sich als Behandler trauen beim Patienten öfter nach zu fragen und ihm auch mal unangenehme Fragen zu stellen. Die meisten Kollegen aus der Praxis werden mir da zustimmen, dass dann plötzlich Dinge Zutage kommen, die den Blickwinkel stark verändern.

Was ist Schmerz?

Schmerz wird von der „International Association for the Study of Pain“ definiert als „… eine unangenehme Erfahrung verbunden mit einen tatsächlichen oder potentiellen Gewebeschaden …“, beinhaltet neben peripheren Prozessen zur Detektion (Feststellung) und Transmisson (Übertragung), mindestens 2 Arten zentralnervöser Informationsverarbeitung: - Sensible Verarbeitung, die dem Gehirn räumliche, zeitliche und quantitative Informationen vermittelt - und affektiv-vegetative Verarbeitung, welche die sensible Information emotional negativ einfärbt. Bedrohung signalisiert und auch motorische sowie vegetative Antworten einschließt.

Daher ist Schmerz nicht nur ein Warnsignal des Körpers sondern durch seine seelische Komponente ganz individuell in der Wahrnehmung.

Kurz gesagt, Schmerz ist subjektiv, kann ohne Gewebeschädigung auftreten und hat immer eine psychologische Komponente.

Schmerzmessung

Wie misst man Schmerzen und wie beschreibt man diesen.

Als hilfreich hat sich die s.g. Visuelle Analog Skala kurz VAS herausgestellt.

Es gibt sie es in unterschiedlichsten Ausführungen mit Smiles oder für Kopfschmerzen usw. Hierbei soll der Patient seine subjektive Schmerzsituation aufzeichnen, also definieren wie stark er seinen Schmerz empfindet.

Damit ist es dann möglich den Verlauf einer Therapie definiert zu verfolgen.

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Schmerzarten

Häufig wird Schmerz nur unterschieden in „AKUT“ und „CHRONISCH“ oder nach dem WHO Stufenschema I-III in Schwach, Mittel und Stark.

Gehen wir zuerst auf die grobe die Unterscheidung in Akut und Chronische ein: Sie unterscheiden sich nicht nur in der Dauer, sondern auch in ihrer Pathophysiologie. Akut ist der Schmerz wenn ein Gewebeschaden auftritt. Bei chronischem Schmerz dagegen ist nicht unbedingt ein Zusammenhang oder eine Ursache erkennbar. Oft liegen z.B. die Prozesse zeitlich so weit zurück dass der Patient sie nicht mehr nachvollziehen kann. Bei akuten Schmerzen gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Gewebeschaden und der Schmerzstärke, das ist bei chronischem Schmerz nicht der Fall. Akute Schmerzen haben also eine Warn- und Schutzfunktion und sind eine emotionale Erfahrung. Chronische Schmerzen dagegen haben keine Warnfunktion mehr, da er über das Stadium der Schädigung hinaus besteht. Akuter Schmerz wird lokal empfunden, während chronischer als flächig und je nach Dauer als immer weiter ausstrahlend empfunden wird. Chronischer Schmerz verursacht körperliche und psychische Veränderungen und ist daher eine eigenständige Krankheit, die einer besonderen Therapie unterliegt.

Bei chronischen Schmerzen kommt es im Laufe der Erkrankung zur morphologischen Veränderungen im Gehirn, bis hin zur fortschreitenden Abnahme der grauen Substanz. Unter dem Motto: Schmerz verstehen, beurteilen und behandeln; wurde das s.g. biopsychosoziale Schmerzmodel entwickelt. Chronische Schmerzen unterliegen 3 Faktoren: - Dem biologisch körperlichen Schmerz mit Mobilitäts- und Funktionseinschränkung. - Dem psychischen und dem sozialen Faktor mit Schlaf- und Appetitstörung, Beklemmung und Depression.

Bei Patienten mit chronischen Schmerzen, steht dieser irgendwann so im Lebensmittelpunkt, dass sich der Circulus vitiosus aus Rückzug aus dem Leben, Vereinsamung und Schmerzverstärkung immer schneller dreht.

Beim biologisch körperlichen Faktor dreht sich der Teufelskreis ausgehend vom Schmerz, der Funktionseinschränkung und Vermeidung, über den Verlust von Durchhaltevermögen, Gewichtszunahme und Mobilität über definitive strukturelle und funktionelle Veränderungen des ZNS, was erneut die Schmerzsituation fördert.

Depression, Angst, Wut, Selbstwerteinbruch und Frustration sind Zeichen des psychischen Schmerzfaktors. Positive Empfindungen können den Schmerz senken, Negative in verstärken.

Der soziale Faktor mit Rückzug aus dem Leben, Arbeitsunfähigkeit, Zukunftsangst und Vermeidungstaktik, belastet den Patienten zusätzlich.

Eine weitere Unterteilung bei Schmerzen bezieht sich auf die körperliche Ebene im Hinblick auf die Neuroanatomie.

Grundsätzlich werden 2 Hauptgruppen unterschieden, der Nozizeptive und der Neuropathische Schmerz. Als 3tes Segment kommt der s.g. Gemischte Schmerz, mit Anteilen beider Hauptarten hinzu.

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Nozizeptiver Schmerz wird durch Gewebeschädigung ausgelöst. Nicht aber nur durch starke mechanische oder thermische Reize, sondern auch durch chemische Substanzen (Mediatoren), die bei Entzündungen ausgeschüttet werden. Typisch für nozizeptiven Schmerz sind z.B. der Arthroseschmerz aber auch Schmerzen bei Arhritis, s.g. inflammatorischer Schmerz.

Neuropathische Schmerz wie z.B. die diabethische Polyneuropathie oder Neuralgie werden ausgelöst durch eine Schädigung peripherer, oder zentraler Nervenbahnen. > [Nach neuesten Erkenntnissen (Fachmagazin "Nature Chemical Biology". (doi: 10.1038/nchembio.767) wird im Rückenmark von den Nervenzellen das Molekül Dimethylsphingosin in hoher Konzentration ausgeschüttet, was zu Entzündung und Schmerzen führt. Als Rückschluß entsteht neuropatischer Schmerz nicht peripher.] < Neuropathische Schmerzen treten oft sehr plötzlich und heftig auf: Sie sind oft einschießend, kurz und attackenförmig: Häufig werden sie als "messerscharf" und "brennend" beschrieben. Eine extreme Berührungsempfindlichkeit und Missempfindungen wie Taubheit und Kribbeln können hinzukommen. Begriffsbestimmung: Neuropathisch bedeutet "durch eine Nervenerkrankung bedingt". > Bespiele in der Tabelle. Eine ebenfalls in diese Kategorie fallende Erkrankung ist der M. Sudeck heute als komplexes regionale Schmerzsyndrom (CRPD) bekannt.

Gemischtem Schmerz liegen Schmerzmechanismen beider Hauptarten zu Grunde und treten in der Praxis häufig auf. Hierzu zählen z.B. der Rücken- und der Tumorschmerz oder das Carpaltunnel-Syndrom (CTS).

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Auch ist wichtig das, je länger ein Schmerz ansteht, also je chronischer er wird, aber auch je stärker, umso stärker tritt der neuropathische Anteil in den Vordergrund.

Neuroanatomie

Schmerzentstehung

Wie entsteht Schmerz? Hierzu muß ich einen Abstecher in die Neuroanatomie machen.

Das Neuron ist die kleinste funktionelle Einheit im Nervensystem. Sie besteht aus der Nervenzelle mit ihren Fortsätzen, den kurzen Dendriten und langen Axonen. Axone bündeln sich im ZNS, also dem Rückenmark und Gehirn zu Leitungsbahnen, Tractus, vom lateinischen „gezogener Strang“, genannt. Im PNS als den Hirnnerven, Spinalnerven und deren Ästen, bündeln sie sich zu den zu den Nerven.

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Nozizeptoren (Schmerzsensoren) erkennen eine Gewebeschädigung und melden diese zum Rückenmark. Hier liegen Interneurone wie die WDR-Neurone (wide dynamic range Neurone).

Von hier geht es über zentrale Schmerzbahnen im Hinterhorn des Rückenmarks zum Gehirn.

Erst im Gehirn kommt dann die eigentliche Wahrnehmung und Bewertung des Schmerzes.

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Nozizeptoren (Schmerzrezeptoren) werden nicht nur durch starke mechanische oder thermische Reize erregt, sondern auch durch chemische Substanzen (Mediatoren), die bei Entzündungen ausgeschüttet werden. Es sind Histamin, Bradykinin, Serotonin und Prostaglandine usw., wodurch gespeicherte Neuropeptide wie Substanz P, CGRP (Calcium-gene-related peptide [Calcitonin]), Somastotatin freigesetzt werden, mit Folge der Vasodilatation und Ödembildung.

Bei Nozizeptoren handelt es sich auch überwiegend um freie Nervenendigungen. Typ. 1 gehört zu den schnellen Aδ-Fasern und übermittelt neben dem Schmerzreiz, der als gut lokalisierbar, scharf, stechend beschrieben wird, auch Kälte und mechanische Reize. Typ. 2 gehört zu den langsamen C-Fasern, der als schlecht lokalisierbar, dumpf oder brennend beschrieben wird. Ihre Aktivierung in den Muskeln bewirkt einen langanhaltenden, ziehenden Schmerz.

Körpereigene Schmerzbeeinflussung

An den aufsteigenden Schmerzbahnen befinden sich an deren Enden s.g. myopioid Rezeptoren. Hier setzten Endorphine an und hemmen die Reizübertragung. Desweiteren werden vom Gehirn Schmerzhemmende Bahnen aktiviert. Sie enden im Rückenmark und hemmen die Reizübertragung mittels Serotonin und Noradrenalin. Noradrenalin wirkt potenziell hemmend auf die Weiterleitung, Serotonin dagegen kann sowohl hemmend als auch fördernd wirken.

Im Rückenmark nehmen Interneurone die auf γ-Aminobuttersäure (GABA) ansprechen Einfluss auf WDR-Neurone (viele pehriphere Neurone schalten hier auf ein einziges um). Zusätzlich existieren hemmende und modulierende Neurone sog. Gate Controler.

Gate-Control-Theorie

TENS = Transkuten elektr. Nervenstiulation / SCS = Spinal Cord Stimulation

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Ob ein WDR Neuron weiter leitet wird u.a. durch diese Neurone entschieden.

Sensorisch afferent wird durch sie die Wirkung von Glutamat (Neurotransmitter) und dessen Rezeptoren unterdrückt. Gleichzeitig wird efferent über das WDR-Neuron die Übertragung mit Serotonin gehemmt. Ebenso kommt es an den Interneuronen zur Ausschüttung von Enorphinen.

Chronifizierung (Schmerzgedächtnis) Schmerzen länger als 3 -6 Monate

Periphere Sensibilisierung Kommt es über die Nozizeptoren zu einer Sensibilisierung, werden an den Synapsen vermehrt Natriumkanäle gebildet, was zu einer gesteigerten Erregbarkeit führt. Bei einer dauerhaften Schmerzsituation werden u.a. diese Natriumkanäle nachhaltig gebildet. Aber auch andere Rezeptoren wie Vanilloidrezeptoren bei Hitzehyperalgesie oder TRPM8-Kanal bei Kältehyperalgesie spielen eine Rolle.

Auch die spinalen WDR-Neurone fungieren dann nicht mehr als rein passive Schalter, sondern als Integrator und Ralaisstation sich wiederholender Schmerzimpulse.

Einfach gesagt kommt es von einem rein passiven Signalempfang und Übertragung über Strukturelle Änderungen an den Synapsen und Rezeptoren zu einer aktiven Verarbeitung ungefilterter Impulse.

Zentrale Sensibilisierung Im weiteren Verlauf der peripheren Sensibilisierung kommt es zu einer gesteigerten Ausschüttung von Glutamat, Aspartat und Substanz P mit folge der Sensibilsisierung der WDR-Neurone. Da diese nun leichter erregbar sind, kommt es über nicht-nozizeptive Reize zu Veränderungen an der multirezeptiven Neuronen, was zur Wahrnehmung einer mechanischen Allodynie (Schmerzauslösung ohne eigentlichen Schmerzreiz) führt. Es kommt über eine Verschiebung der Kalziumkonzentration der Nervenzellen zu einer Aktivierung der Glutamatrezeptoren. Glutamat steigert die Erregbarkeit der Nervenzellen.

Zusammenfassend Je länger ein Schmerz besteht um so mehr ist die Wahrscheinlichkeit der Chronifizierung gegeben. Und ist der Schmerz einmal Chronisch, kommt es durch die Strukturellen Änderungen im und am Nervensystem zu einer immer schwerer beherrschbaren Schmerzreduktion. Beispiel: Vereinfacht gesagt je länger und schneller ein Auto fährt, umso weniger funktioniert dessen Bremse!

Schmerzmittel

Schmerzmittel setzten an unterschiedlichen Bereichen an und ermöglichen so eine effektivere Therapie, je nach Schmerzart. Nozizeptive Schmerzen werden in der Regel mit NSAR, Nicht - Opioiden oder Opioiden therapiert. Neuropathische Schmerzen dagegen mit Anitdepressiva, Antikonvulsiva (Antiepileptika) oder Opioiden. Bei gemischten Schmerzen werden oft verschiedene Wirkansätze kombiniert.

NSAR

Die Nicht-steroidalen Antirheumatika sind die ersten Mittel die eingesetzt werden um Schmerzen unter Kontrolle zu bekommen. Hierzu zählen ASS, Paracetamol, Ibuprofen, Diclofenac und Etoricoxib (Arcoxia) um nur einige zu nennen. Sie bewirken eine Schmerzlinderung innerhalb von Stunden, ebenso sind sie entzündungshemmend und Abschwellung.

Mögliche Nebenwirkungen können z.B. Magen- und Darmprobleme wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen, Magenschleimhautentzündung, Magengeschwür, Kopfschmerzen, Ödembildung, Müdigkeit und Schwindel, Hautausschlag, Juckreiz, Hypertonie, Bläschenbildung im Mund- und

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Rachenbereich, Haarausfall, Leberschäden und Nierenschäden, Blutdruckerhöhung, Herzinfarkt, Schlaganfall sein.

NSAR wirken indem sie alle Prostaglandine in ihrer Funktion hemmen.

Prostaglandine sind Gewebshormone die durch Cxclyoxygenase (COX 1 +2), ein Enzym, entstehen. Sie wirken auf Schmerz, Entzündung und Blutgerinnung.

Anwendungsbeschränkung

Sie dürfen nicht bei Asthma oder Heuschnupfen angewendet werden, da sie einen akuten Anfall auslösen können. Ebenso zählen entzündlichen Darmerkrankungen wie M. Chron oder Magengeschwüren zu den Kontraindikationen.

Langzeittherapie

Aufgrund der Hohen Nebenwirkungsrate und der Belastung für Leber und Nieren ist speziell bei älteren Patienten von einer Langzeitbehandlung mit NSAR abzuraten. Die Schädigung der Nieren könnte in höherem Alter (ab ca. dem 65-70 Lj.) sogar zur Dialysepflicht führen.

Niedrig Dosierte Opiate sind dann eine adäquate Alternative.

Klassische Opioide wie Morphin und Oxycodon wirken an den zuvor erwähnten Myopioid-Rezeptoren, ebenso wie die Endorphine und blockieren die Reizweiterleitung afferent.

Wirkstoffe wie Fentanyl, Hydromorphon, Tilidin, Naloxon, Tramadol oder soger Loperamid als Darmtherapeutikum gegen Durchfall, gehören ebenfalls in diese Gruppe.

Oft treten typische Nebenwirkungen auf. Hierzu zählen: Übelkeit, Erbrechen, Obstipation, Somnolenz als leichtester Form der Bewusstseinsstörung, Schwindel, Stimmungsänderung, Hautausschläge, Juckreiz, aber auch zunehmende Gewöhnung.

Vorurteile und Ängste prägen immer noch das Bild der Opioide obwohl mit der neuen Generation von Medikamenten die Wirkung verbessert wurde bei gleichzeitiger Abnahme der Nebenwirkungen. Auch die Suchtgefährdung wird immer wieder angeführt um Opiate nicht verordnen zu müssen. Auch hier sind die neueren Präparate deutlich im Vorteil, da sie auch bei Langzeitbehandlung kaum noch ein entsprechendes Potential entwickeln.

Bedeutung für die Schmerztherapie

Heute werden Opioide sehr häufig und erfolgreich in der Behandlung von chronischen, starken und sehr starken Schmerzen unterschiedlichster Genese eingesetzt. Sie haben auf innere Organe wie Magen, Nieren oder Leber keine schädigende Wirkung und daher eignen sie sich besonders gut für eine dauerhafte Therapie.

[Opioide können das Schmerzgedächtnis löschen Dr. Eva Maria Wellnitz Wissenschaftskommunikation der Medizinischen Fakultät Universitätsmedizin Mannheim

Wissenschaftliche Veröffentlichung: Erasure of a Spinal Memory Trace of Pain by a Brief, High-Dose Opioid Administration Ruth Drdla-Schutting, Justus Benrath, Gabriele Wunderbaldinger, Jürgen Sandkühler Science 13 January 2012: Vol. 335 no. 6065 DOI: 10.1126/science.1211726]

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Immer wieder kommen Patienten in meine Praxis und beschweren sich das ihr Arzt sie nicht ernst nimmt mit ihren Schmerzen. Er hab ein Antidepressivum oder Antiepileptikum aufgeschrieben und sie hätten werde Depressionen noch Anfälle.

Antidepressiva wie Amitriptylin oder Duloxetin, s.g. Noradrenalin Wiederaufnahmehemmer (NRI), wirken auch Schmerzlindernd. Sie setzten an den absteigenden noradrenergen Nervenfasern im Rückenmark an. Sie hemmen die Wiederaufnahme von Noradrenalin an den Synapsen und verlängern so die schmerzdämpfende Wirkung auf der efferenten Seite. Sie sind aber auch wichtig in einer Therapie da Langzeitschmerzpatienten oft Depressionen entwickeln.

In der Schmerzbehandlung wird die Dosis aber deutlich unterhalb der Antidepressiven Wirkstoffmenge gehalten.

Auch hier können Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Schläfrigkeit, Mundtrockenheit, Schwindel, Schwitzen aber auch Gewichtszunahme, auftreten.

Ein mögliches Einsatzgebiet sind z.B. Fibromyalgiepatienten.

Antikonvulsiva / Antiepileptika wie Gabapentin, Pregabalin oder Carbamazepin blockieren Natriumkanäle an den Synapsen und hemmen so die Übertragung.

Auftretende Nebenwirkungen sind hierbei: Ataxie, Schwindel, Müdigkeit, Schläfrigkeit, Fieber und erhöhte Infektanfälligkeit. Deshalb ist eine ganz individuelle Dosierung erforderlich.

Ihr Einsatzgebiet liegt bei Migräne und neuralgischen Schmerzen wie der Trigeminus Neuralgie. Aber auch der diabetischen Polyneuropathie.

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Botulinumtoxin A

Überwiegender Einsatz bei Triggerschmerz und Migräne.

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http://www.mundipharma.de/fachkreise-bereich/schmerztherapie-fachkreise/schmerz-fachkreise0/chronifizierung-fachkreie0.html

Grundsätzlich sollten alle Patienten zur Vermeidung einer Schmerzchronifizierung frühzeitig entsprechend diagnostiziert und therapiert werden. Immer ist neben einer medikamentösen- auch eine psychologische und körperliche Behandlung anzuraten. Die gleichzeitige psychologische Therapie ist besonders im Hinblick auf einen schon bestehenden chronischen Prozess wichtig.

Unterschiedlichste physikalische- und naturheilkundliche Methoden können hier ebenso helfen eine Chronifizierung zu vermeiden. Auch hier zeigt die Forschung immer neue Zusammenhänge auf, die interdisziplinäre Wege eröffnen.

Ältere Patienten

Oft besteht eine Multimorbidität, also ein nebeneinander unterschiedlichster Erkrankungen. Die Leber – und Nierenfunktionen nehmen mit zunehmendem Alter ab. Daher sollte diese Patientengruppe nicht Langzeit mit NSAR behandelt werden. Es könnte sonst zu ernsthaften Nieren- und Leberkomplikationen kommen. Für ältere Patienten ab dem 65-70 Lj. sind daher niedrig dosierte Opiate trotz ihrer Nebenwirkungen eher anzuraten. Hierzu stehen z.B. Pflastersysteme wie bei Norspan (Buprenorphin) zur Verfügung.

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Zusammenfassend

Unbehandelt können über längere Zeiträume akute Schmerzen, chronisch werden. Der Schmerz bleibt bestehen obwohl die eigentliche Ursache nicht mehr relevant ist. Hier setzt eine adäquate Schmerztherapie an und daher ist eine Zusammenarbeit von Therapeut und Patient, unter Berücksichtigung aller Faktoren, mit Zielsetzung der Schmerzkontrolle unablässig. Man bezeichnet sie daher auch als „Multimodale Schmerztherapie“. Allerdings ist bei der Komplexität und Individualität besonders des chronische Schmerzes nicht unbedingt die Schmerzfreiheit das Endziel. Eher die relative Schmerzarmut, Zurückgewinnung der Mobilität und der Lebensqualität stehen hier im Vordergrund. Neuentwicklungen bei Schmerzmedikamenten zielen dahin die Wirkungsweise zu verbessern und die Nebenwirkungsrate zu senken.

Aktuell bedeutet das, dass die Medikamentendosis abhängig gemacht wird von den Bedürfnissen des Patienten, der Schmerzart, der Vortherapie und der Verträglichkeit.

Es ergibt sich also als Fazit, das eine frühzeitige Diagnose mit adäquater interdisziplinärer Therapie nötig ist.

Auch kann ich Sie nur ermutigen sich auch diesbezüglich um Weiterbildung und interdisziplinäre Zusammenarbeit zu bemühen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe dass ich ihnen einen Einblick in das Metier der klinischen Schmerztherapie geben konnte und ihre Sensibilität für dieses Thema geschärft habe.

Herzlichen Dank

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Medikamente (Gängige)

() = Markenname

Nicht-opioide Analgetika/Antiphlogistika 1. Salicylate Acetylsalicylsäure (ASS)

2. Essigsäure-Derivate Indometacin; Diclofenac

3. Propionsäure-Derivate Ibuprofen; Ketoprofen; Naproxen

4. Oxicame Piroxicam

5. Anthranilsäure-Derivate Mefaminsäure; Flufenaminsäure (Mobilat intens Salbe)

6. Aniln-Derivate Paracetamol

7. 1-Pheny-2,3-dimathyl-3-pyrazolin-5-on-Derivate Phenazon; Propyphenazon

Cox-2-selektive Antiphlogistika Celecoxib (Celebrex); Etoricoxib (Arcoxia)

Opioide-Analgetika

1. Morphin-Derivate Morphin (M-long, Sevredol); Codein

2. Dihydromorphin-D. Hydromorphon (Palladon); Oxycodon (Oxigesic,Targin)

3. Pethidin-Gruppe Pethidin

4. Methadon-Gruppe Methadon; Piritramid (Dipidolor)

5. Fentanyl-Gruppe Fentanyl

6. Partielle-Agonisten Buprenorphin (Temgesic, Transtec, Norspan); Tilidin (Valoron N); Tramadol

Antiepileptika Gabapentin (Gabagamma); Pregebalin (Lyrica)

Antidepressiva Amitriptylin (Saroten);

Botulinumtoxin A (Neurobloc)

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Qellenangabe:

Buch- und Datenträger

Fa. Grünenthal; CD - Palexia retard – Ihr Schlüssel für eine einfache und effiziente Schmerztherapie

FA. Grünenthal; CD - Pain-Education – Die med. Fortbildungs-Initiative zur Verbesserung der Schmerztherapie

Grundlagen der Speziellen Schmerztherapie; Junker / Nolte; Urban & Vogel 2005

Schmerztherapie; Standl / Schulte am Esch u.a.; Thieme 2010

Spezielle Schmerztherapie der Halte- und Bewegungsorgane; Locher / Casser u.a.; Thieme 2011

Muskel und Schmerz – Ein leitfaden für die Differenzialdiagnose und Therapie; Schoser et al; Unimed 2008

Memorix Ains Schmerztherapie; Cegla / Gottschalk; Thieme 2008

Webseiten der nachstehenden Firmen

Fa. Grünenthal http://www.grunenthal.de

Fa. Mundipharma http://www.mundipharma.de

Fa. Pfizer http://www.neuroschmerz.de

http://www.medizinfo.de

Internet

http://www.drborissommer.de/medizinische-behandlungen/schmerztherapie-frankfurt/#c433

www.wikipedia.de

U.a.

Weitere interessante Webseiten

http://www.dgschmerztherapie.de/ Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie e.V. (DGS)

http://www.dgss.org Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. (DGSS)

http://www.dmkg.de/ Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e.V. (DMKG)

http://www.schmerztag.com/


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