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Tumorreduktion plexiformer Neurofibrome im kraniofazialen und Halsbereich

Date post: 26-Aug-2016
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S86 Die Neurofibromatose Typ 1 (NF1, früher: Neurofibromatose von Reck- linghausen) [15] ist eine autosomal-do- minante Erbkrankheit mit hoher Pene- tranz und sehr variabler Expressivität [12]. Durch ihr Auftreten bei 1:3000 Lebendgeburten ist sie eine der häufig- sten Erbkrankheiten des Menschen [2, 3, 4, 12, 16]. Die Unterscheidung zwi- schen kutan disseminierten (einfachen) und plexiformen Neurofibromen hat sich für die Planung und Beurteilung der Behandlung der NF1 im Mund- Kiefer-Gesichtsbereich als nützlich er- wiesen [7–9]. Faziale Neurofibrome be- treffen häufig Lider und Orbita [5, 10] und involvieren die Periorbita [1]. Ei- ne tumorbedingte Ptosis ist regelmäßig die Folge dieser Tumorlokalisation und ein vom Gliom des N. opticus un- abhängiger Faktor der Sehkraftminde- rung [16]. Wie andere Primärmanife- stationen der Neurofibrome im Versor- gungsgebiet des N. trigeminus infil- trieren auch die Neurofibrome der Or- bitaregion häufig diffus und ohne kap- selartige Abgrenzung die benachbarten Gewebe. Dagegen sind im Schädelba- sis- und Halsbereich auftretende Neu- rofibrome in der Regel mit einer Pseu- dokapsel versehene größere und präpa- ratorisch abgrenzbare Raumforderun- gen [12], die durch Bewegungsein- schränkungen des Halses, Schluckbe- schwerden oder spontan auftretende Schmerzen symptomatisch werden. Aufgrund des infiltrativen Wachstums- musters der Tumoren und des progres- siven Krankheitsverlaufs können nur Tumorreduktionen [7–10] und keine vollständigen -resektionen durchge- führt werden. Diese retrospektive Un- tersuchung gilt der Auswertung sym- ptomatischer Behandlungserfolge nach Tumorreduktionen bei NF1, insbeson- dere im periorbitalen und Halsbereich. Patienten und Methode An der Klinik für MKG-Chirurgie der Univer- sität Hamburg wurden bisher 74 Patienten mit NF1 behandelt. Alle Patienten erfüllten die dia- gnostischen Kriterien der NF1 [12]. Mit Neuro- fibromen der Lider, Orbita und angrenzender Regionen waren 42 Patienten (56%) betroffen. Weitere 5 Patienten mit funktionell wirksamen Neurofibromen der Schädelbasis bzw. des Hals- bereichs bzw. Parapharyngealraums wurden operativ behandelt (gesamt: 47). Ausgewertet wurden Lokalisationen der Tumoren im (peri)orbitalen und Halsbereich, vorbestehende funktionelle Einbußen, Zugangswege zur Tu- morentfernung, Häufigkeit der Eingriffe je Pa- tient, Komplikationen und Behandlungsresul- tate. Ergebnisse Typisch für die Lokalisation plexifor- mer Neurofibrome des Gesichts war ihr halbseitiges Ausbreitungsmuster im Versorgungsgebiet des N. trigeminus mit geringer Mittellinienüberschrei- tung. Letztere konnte im weiteren Krankheitsverlauf stärker ausgeprägt Mund Kiefer GesichtsChir (1998) 2 [Suppl 2] : S 86–S90 © Springer-Verlag 1998 Tumorreduktion plexiformer Neurofibrome im kraniofazialen und Halsbereich R. E. Friedrich 1 , G. Gehrke 1 , M. Giese 1 , V.-F. Mautner 2 , R. Schmelzle 2 1 Klinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie Nordwestdeutsche Kieferklinik (Prof. Dr. Dr. R. Schmelzle), Universitäts-Krankenhaus Eppendorf, Universität Hamburg 2 Neurologische Klinik (Dr. A. Gottesleben), Klinikum Nord Ochsenzoll, Hamburg PD Dr. Dr. R. E. Friedrich, Klinik für Mund- Kiefer-Gesichtschirurgie (Nordwestdeutsche Kieferklinik), Universitäts-Krankenhaus Eppen- dorf, Martinistraße 52, D-20246 Hamburg Zusammenfassung Die Neurofibromatose Typ 1 (NF1) ist eine autosomal-dominante Er- krankung hoher Penetranz mit sehr variabler Expressivität. Epi- demiologische Daten über den An- teil kraniofazialer Manifestationen fehlen bisher. An der Klinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie der Universität Hamburg wurden bis- her 74 Patienten mit NF1 behan- delt. Hiervon waren 42 Patienten mit periorbitalen oder orbitalen Neurofibromen variabler Aus- breitung und unterschiedlichen Schweregrads betroffen. Die ope- rative Therapie basiert im wesent- lichen auf einer Tumorreduktion, die im Gesichtsbereich häufig mit einem Face-Lift kombiniert wird. Im Halsbereich sind nach eigenen Erfahrungen die Neurofibrome häufiger von einer Pseudokapsel eingescheidet und daher leichter zu präparieren als die diffusen, mehrheitlich rezidivierenden plexi- formen Neurofibrome im Versor- gungsgebiet des N. trigeminus. Schlüsselwörter Neurofibromatose Typ 1 · Orbitale Neurofibrome · Tumorreduktion ORIGINALIEN
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Page 1: Tumorreduktion plexiformer Neurofibrome im kraniofazialen und Halsbereich

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Die Neurofibromatose Typ 1 (NF1,früher: Neurofibromatose von Reck-linghausen) [15] ist eine autosomal-do-minante Erbkrankheit mit hoher Pene-tranz und sehr variabler Expressivität[12]. Durch ihr Auftreten bei 1:3000Lebendgeburten ist sie eine der häufig-sten Erbkrankheiten des Menschen [2,3, 4, 12, 16]. Die Unterscheidung zwi-schen kutan disseminierten (einfachen)und plexiformen Neurofibromen hatsich für die Planung und Beurteilungder Behandlung der NF1 im Mund-Kiefer-Gesichtsbereich als nützlich er-wiesen [7–9]. Faziale Neurofibrome be-treffen häufig Lider und Orbita [5, 10]und involvieren die Periorbita [1]. Ei-ne tumorbedingte Ptosis ist regelmäßigdie Folge dieser Tumorlokalisationund ein vom Gliom des N. opticus un-abhängiger Faktor der Sehkraftminde-rung [16]. Wie andere Primärmanife-stationen der Neurofibrome im Versor-gungsgebiet des N. trigeminus infil-trieren auch die Neurofibrome der Or-bitaregion häufig diffus und ohne kap-selartige Abgrenzung die benachbartenGewebe. Dagegen sind im Schädelba-sis- und Halsbereich auftretende Neu-rofibrome in der Regel mit einer Pseu-dokapsel versehene größere und präpa-ratorisch abgrenzbare Raumforderun-gen [12], die durch Bewegungsein-schränkungen des Halses, Schluckbe-

schwerden oder spontan auftretendeSchmerzen symptomatisch werden.Aufgrund des infiltrativen Wachstums-musters der Tumoren und des progres-siven Krankheitsverlaufs können nurTumorreduktionen [7–10] und keinevollständigen -resektionen durchge-führt werden. Diese retrospektive Un-tersuchung gilt der Auswertung sym-ptomatischer Behandlungserfolge nachTumorreduktionen bei NF1, insbeson-dere im periorbitalen und Halsbereich.

Patienten und Methode

An der Klinik für MKG-Chirurgie der Univer-sität Hamburg wurden bisher 74 Patienten mitNF1 behandelt. Alle Patienten erfüllten die dia-gnostischen Kriterien der NF1 [12]. Mit Neuro-fibromen der Lider, Orbita und angrenzenderRegionen waren 42 Patienten (56%) betroffen.Weitere 5 Patienten mit funktionell wirksamenNeurofibromen der Schädelbasis bzw. des Hals-bereichs bzw. Parapharyngealraums wurdenoperativ behandelt (gesamt: 47). Ausgewertetwurden Lokalisationen der Tumoren im (peri)orbitalen und Halsbereich, vorbestehendefunktionelle Einbußen, Zugangswege zur Tu-morentfernung, Häufigkeit der Eingriffe je Pa-tient, Komplikationen und Behandlungsresul-tate.

Ergebnisse

Typisch für die Lokalisation plexifor-mer Neurofibrome des Gesichts warihr halbseitiges Ausbreitungsmuster imVersorgungsgebiet des N. trigeminusmit geringer Mittellinienüberschrei-tung. Letztere konnte im weiterenKrankheitsverlauf stärker ausgeprägt

Mund Kiefer GesichtsChir (1998) 2 [Suppl 2] : S86–S90 © Springer-Verlag 1998

Tumorreduktion plexiformer Neurofibrome im kraniofazialen und Halsbereich

R. E. Friedrich1, G. Gehrke1, M. Giese1, V.-F. Mautner2, R. Schmelzle2

1 Klinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie Nordwestdeutsche Kieferklinik(Prof. Dr. Dr. R. Schmelzle), Universitäts-Krankenhaus Eppendorf, Universität Hamburg2 Neurologische Klinik (Dr. A. Gottesleben), Klinikum Nord Ochsenzoll, Hamburg

PD Dr. Dr. R. E. Friedrich, Klinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie (NordwestdeutscheKieferklinik), Universitäts-Krankenhaus Eppen-dorf, Martinistraße 52, D-20246 Hamburg

Zusammenfassung

Die Neurofibromatose Typ 1 (NF1)ist eine autosomal-dominante Er-krankung hoher Penetranz mitsehr variabler Expressivität. Epi-demiologische Daten über den An-teil kraniofazialer Manifestationenfehlen bisher. An der Klinik fürMund-Kiefer-Gesichtschirurgie derUniversität Hamburg wurden bis-her 74 Patienten mit NF1 behan-delt. Hiervon waren 42 Patientenmit periorbitalen oder orbitalenNeurofibromen variabler Aus-breitung und unterschiedlichenSchweregrads betroffen. Die ope-rative Therapie basiert im wesent-lichen auf einer Tumorreduktion,die im Gesichtsbereich häufig miteinem Face-Lift kombiniert wird.Im Halsbereich sind nach eigenenErfahrungen die Neurofibromehäufiger von einer Pseudokapseleingescheidet und daher leichterzu präparieren als die diffusen,mehrheitlich rezidivierenden plexi-formen Neurofibrome im Versor-gungsgebiet des N. trigeminus.

Schlüsselwörter

Neurofibromatose Typ 1 · OrbitaleNeurofibrome · Tumorreduktion

O R I G I N A L I E N

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sein, ohne jedoch – auch bei jahrzehn-telanger Verlaufskontrolle – die ge-samte Gegenseite zu involvieren (Abb.1). Die durch den Weichgewebstumorbedingte Gesichtsasymmetrie wurdehäufig durch die Deviation des Ge-sichtsskeletts der betroffenen Seite un-terstützt (Abb. 1). Der Orbita angren-zende Regionen derselben Seite warenregelmäßig durch das infiltrative Tu-

morwachstum mitbetroffen (Wange:29, Vestibulum des Oberkiefers: 22,Nase: 17). Anamnestisch waren dieNeurofibrome der periorbitalen/orbita-len Region bereits im frühen Kindesal-ter manifest.

Für die Einschätzung der Schwereder Erkrankung, des Behandlungsbe-darfs und die Beurteilung des Behand-lungserfolgs wurden vorbestehendefunktionelle Einbußen von Organender Gesichtsregion bei periorbitalerManifestation erfaßt. Der Anteil be-reits bestehender Erkrankungsfolgenwar erheblich: Parese oder Plegie desN. facialis (17 mal), Visusminderung(29 mal), Ptosis (29 mal), Ektropium (9mal), Zustand nach Enucleatio bulbi (4mal), Veränderungen der Bulbuslage(Makroorbita) und/oder Bulbusmoti-lität (18mal). Bei den Tumoren desPharynx waren sichtbare und/oderpalpable Tumoren mit Bewegungsein-schränkungen und Schmerzen dieführenden klinischen Zeichen.

Als Zugangswege zur Tumorentfer-nung und plastischen Rekonstruktionwurden im Orbitabereich überwiegendtranspalpebrale sowie lateralfronto-temporale Zugangswege benutzt. Fürdie Tumorreduktionen im Bereich desseitlichen Halses mit Ausdehnung zurSchädelbasis wurden laterale Pharyn-

gotomien bevorzugt (Abb. 2). BeimAuftreten von periorbital/orbitalenManifestationen in Zusammenhangmit hemifazialen Neurofibromen wur-den die Tumorreduktion und funktio-nelle Blepharoplastik mit einem Face-Lift kombiniert.

In der Mehrzahl der Patienten wa-ren wiederholt Eingriffe an der Orbitaund den Lidern notwendig (2 oder 3–5Operationen: je 7, über 5 Operationen:9 Patienten). Mehrfacheingriffe warendurchgehend bei Patienten mit ausge-dehnten, häufig wammenförmigenNeurofibromen und solchen mit Au-genprothesenlagern notwendig. 11 Pa-tienten wurden nur 1mal an Lidernoder Orbita operiert und 6 Patientenmit NF im Lider-Orbita-Bereich ver-zichteten auf einen Eingriff. Periorbi-tal-temporale Neurofibrome von 2weiteren Patienten wurden operativentfernt. Skelettale Eingriffe warenselten (Tabelle 1). Bei 5 Patienten wur-den größere solitäre Neurofibrome desParapharyngealraums mit Ausbreitungzur Schädelbasis entfernt. In allen Fäl-len war ein Eingriff ausreichend (Abb.2–4).

Nach lateraler Pharyngotomie wur-den keine Komplikationen beobachtet.Bei insgesamt 129 Eingriffen im Be-reich der Orbita und angrenzender Be-reiche kam es nur vereinzelt zu Kom-plikationen (Tabelle 2). Hervorzuhe-ben ist das Infektrisiko im Operations-gebiet bei pathologischer Vaskularisa-tion und Nervenschädigung (Kerato-pathie).

Die Tumorentfernungen der Schä-delbasis und des Parapharyngealraumsführten als Behandlungsresultat zuprompten Linderungen der Schmerz-symptomatik und im Verlauf zu Ver-besserungen der Halsbeweglichkeitund Schluckfunktion. Die Oberlidkor-rekturen führten nach dem typischer-weise verzögerten Abklingen des post-operativen Ödems zu einem Gewinnan aktiv einstellbarem Gesichtsfeld desbetroffenen Auges sowie bei Redukti-on intraorbitaler Tumoranteile in Ein-zelfällen zu Visusverbesserungen. Auf-grund der Rezidivneigung im Lidbe-reich wurden in der Nachsorge der Pa-tienten entsprechend dem Lokalbefundindividuell Korrektureingriffe termi-niert. Diese waren gehäuft bei ausge-dehnten hemifazialen plexiformen

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Mund Kiefer GesichtsChir (1998) 2 [Suppl 2] : S86–S90© Springer-Verlag 1998

The reduction of plexiformneurofibroma in the craniofacial and neck areas

R. E. Friedrich, G. Gehrke, M. Giese, V.-F. Mautner, R. Schmelzle

Summary

Neurofibromatosis type 1 (NF1) isan autosomal dominant hereditarydisease of high penetrance and va-riable expression. Epidemiologicdata on craniofacial manifestationsare still lacking. Up until now 74patients with NF1 have been trea-ted at the Department of Oral andMaxillofacial Surgery of the Uni-versity of Hamburg. Forty-two pa-tients presented periorbital and or-bital neurofibromas varying in ex-tension and in the severity of fin-dings of the affected site. Surgicaltherapy is mainly based on tumourreduction, frequently combinedwith face-lifting. In our experienceneurofibromas of the neck tend tobe pseudo-encapsulated, facilita-ting the preparation of the tumour.On the other hand, identificationand preparation of diffuse infiltra-ting neurofibromas in the trigemi-nal nerve region are difficult andlocal recurrence must be expected.

Key words

Neurofibromatosis · Orbital neuro-fibromas · Tumour reduction

Abb. 1. Axiales Computertomogramm eines52jährigen Patienten mit hemifazialem plexi-formen Neurofibrom. Der Tumor infiltriert dengleichseitigen Nasenflügel und Gehörgang, ar-rodiert die faziale Fläche des Mittelgesichts undreicht bis zum Hinterhaupt. Die Gesichtsasym-metrie ist sowohl durch den Weichgewebstumorals auch skelettal verursacht

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Neurofibromen notwendig. Die Ge-staltung auch ästhetisch ansprechenderLider wurde durch die für die NF1 ty-pische vergrößerte Orbita (einschließ-lich Keilbeinflügeldysplasie) mit kon-sekutiver Bulbusdystopie erschwert.Für die NF1 im Orbitabereich patho-gnomonisch lag das Oberlid dem nachkaudal verlagerten Bulbus ohne Bil-

dung einer Lidfurche passiv auf. Beimilderen Verlaufsformen war die Pto-sis geringer ausgeprägt (Abb.5, 6).

Diskussion

Das Auge und hier insbesondere dasseitliche Oberlid gelten als eine derhäufigsten Manifestationen der NF1

im Gesichtsbereich (sog. „liegende Pa-ragraphenform“ des Oberlids infolgedes bevorzugt im lateralen Oberlid lo-kalisierten Tumors und der hier mani-festen Lidschwäche [10]). IsolierteNeurofibrome ohne NF1 können imOberlid und anderen Körperregionenvorkommen [10]. Diese isoliert auftre-tenden Neurofibrome werden nicht sogroß, wie es bei NF1 möglich ist [4].Die Abgrenzung isolierter Neurofibro-

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O R I G I N A L I E N

Abb. 2. Intraoperativer Situs nach lateraler Pharyngotomie. Der eingekapseltwirkende solide Tumor kommt nach Mobilisation der angeschlungenen großenHalsgefäße nach ventral zur Darstellung

Abb. 3. Solider Tumor nach Exstirpation mit einer kraniokaudalen Ausdehnungvon 10 cm und heller glasiger Schnittfläche (s. a. Abb.1)

2

3

Abb.4. Präoperatives Magnetre-sonanztomogramm (MR) des Tu-mors der Abb. 2 nach Kontrast-mittelapplikation. Der verdrän-gende Tumor erreicht die Schä-delbasis. Kontrastmittelanreiche-rungen großer Neurofibrome sindim MR regelmäßig nachweisbar[11]

Tabelle 1Skelettale Eingriffe im Bereichder Orbita/Periorbita bei Neurofibromatose Typ 1 (ohne laterale Orbitotomien)

Art des skelettalen Eingriffs Anzahl

Orbitabodenplastik• Hydroxylapatit 2• Rippentransplantat 2Orbitadachplastik

(Tabula externa) 2

Osteotomien 4

Gesamt 10

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me von der NF1 gelingt durch die An-wendung der bekannten diagnosti-schen Kriterien [12]. Insbesondere derhistologische Befund „plexiformesNeurofibrom“ ist fast immer mit der

Diagnose einer NF1 verbunden [7, 8,12]. Ausnahmen sind sehr selten [4].

Die chirurgische Behandlung derNF1 im MKG-Bereich fokussiert aufdie lokale Tumorreduktion, den Be-

handlungsmöglichkeiten der funktio-nellen Blepharoplastik und der Aufla-gerungsosteoplastik, letztere erweitertdurch Knochenersatzmaterialien (Ta-belle 1).

Die vergleichsweise geringe Zahlskelettaler Eingriffe im Orbitabereichbei dokumentierter pathologischer Or-bitastruktur und -größe [1] ist nebendem Lebensalter ganz überwiegendauf die fehlende Mitarbeit der Patien-ten zurückzuführen, die angesichts ei-ner langen Leidensgeschichte, ihrerEinsicht in den prinzipiell progredien-ten Krankheitsverlauf mit dauerhafterStigmatisierung und den aufklärungs-pflichtigen Risiken der Osteotomien[6, 13, 14, 17, 18] von derartigen Ein-griffen Abstand nehmen. Die skelettaleGrundlage der Gesichtsasymmetriewird häufig bereits im Kindesalter ma-nifest und limitiert den Erfolg des tu-moreduzierenden Eingriffs sowie desFace-Lifts (Abb.6).

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Tabelle 2Komplikationen nach Tumorreduktionen im Bereich derLider, Orbita und Periorbita (die in allen Fällen verlängerte postoperative Abschwellung derÖdeme des Operationsgebietesist nicht aufgeführt)

Komplikation Anzahl

Temporäre Keratopathie 3Verstärkung vorbestehender

Schädigungen des N. III oder N. VII 4

Nachblutung 2Dehiszenz 3Infektion/Abszeß 9Umschriebene Nekrose 2Fremdkörperabstoßung 3

(Lidplastik)Narbige Behinderung 4

der Lidfunktion

Gesamt 30

Abb. 5. Milde periorbitale NF1-Manifestation mit Hyperpigmen-tierung des bedeckenden Hautare-als. Man beachte die fast bis zurJochbeinprominenz reichende,sich nach kaudal ausdünnendeAugenbraue und die Ptosis

Abb. 6. Ansicht eines 5jährigen Knaben nachReduktion eines halbseitigen plexiformen Neu-rofibroms einschließlich Face-Lift und Keilexzi-sion des lateralen Lidbereichs. Die Ansicht vonoben macht die Gesichtsasymmetrie infolge derTumorinvasion im Nasen-Wangen-Bereich beiN.-facialis-Parese und die erhebliche skelettaleAsymmetrie deutlich. Die residuale Einschrän-kung des Gesichtsfelds beim Blick nach oben in-folge der Lidschwäche bleibt bestehen. Das Ek-tropium wurde zwischenzeitlich korrigiert

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O R I G I N A L I E N

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