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TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt BM Politische Systeme...

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TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Pat zelt BM Politische Systeme Sicherung und Bändigung von Herrschaftsmacht
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BM Politische Systeme

Sicherung und Bändigung von Herrschaftsmacht

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Gliederung der Vorlesung

I. Was ist Politik?II. Was ist ein ‚politisches System‘?III. Warum und wie vergleicht man politische Systeme?IV. Wie läßt sich politische Macht ausüben und

bändigen?V. Welche Arten politischer Systeme gibt es?

VI. Wie wandeln sich politische Systeme? VII. Welche Strukturen und Funktionen besitzen die

zentralen Elemente moderner politischer Systeme?

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Gliederung des Gedankengangs

Warum soll es überhaupt politische Ordnung, Herrschaft oder die Institution des Staates geben?

Wie läßt sich die Macht des Staates begrenzen und kontrollieren?

Im einzelnen: Wie was meinen und wie funktionieren ... Rechtsstaatlichkeit Gewaltenteilung Demokratie Liberalismus?

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zentrale politische Herausforderungen

Wie läßt sich ...(Bürger-) Krieg vermeiden?friedliches Zusammenleben von

Menschen sichern?dabei ein Höchstmaß an persönlicher

Freiheit gewährleisten?

Antwort: Aufbau guter politischer Systeme

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Rahmenbedingungen von politischer Systembildung sind ...

die natürliche Sozialität von Menschen in Kleingruppen Aristoteles als wichtigster Theoretiker: Mensch ist zóon

politikón Folge unter anderem: Vision des Anarchismus

die faktische Xenophobie von Menschen gegenüber den Mitgliedern anderer Gruppen und somit Unfriedlichkeit zwischen Gruppen Thomas Hobbes als wichtigster Theoretiker: ‚Krieg aller

gegen alle‘ Folge unter anderem: Autoritarismus attraktiv als ‚letzter

Ausweg‘ politischer Ordnungssicherung

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Der ‚Große Leviathan‘

Kleingruppenregeln ihre internen Beziehungen

auf der Grundlage von ‚natürlicher Sozialität‘

zwischen Kleingruppen:• Xenophobie, Unfriedlichkeit• ‚Krieg aller gegen alle‘

geben ihr natürliches Recht auf Gewalt-anwendung zur Selbstverteidigung an eine Zentralstelle

schaffen so den ‘Staat‘ erhalten dafür

Sicherheit im Inneren

Schutz nach außen

‚GroßerLeviathan‘

anderer Staatanderer

Staatanderer Staat

Unsicherheit

Schutzlosigk

eit

= Wert des ‚Staates‘

Erweiterung der akzeptiertenGruppe: ‚Kosmopolitismus‘

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Doppelaufgabe einer guten politischen Ordnung

Es muß verläßliche Herrschaftsmacht aufgebaut und gesichert werden. historische ‚Lösung‘: Erfindung und

Wertschätzung von ‚Staatlichkeit‘ seit knapp 10.000 Jahren beim Übergang zur Seßhaftigkeit (‚neolithische Revolution‘)

Es muß die entstandene und erwünschte Staatsmacht gebändigt und begrenzt werden.scheinbares Paradox: Autoritarismus

Anarchismus

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Herrschaftsaufbau und Systembildung

Politische Systembildung beginnt mit dem Aufbau von Herrschaft.

Der Aufbau nachhaltig wirkungsvoller Herrschaft verlangt Antworten auf zwei Fragen: (Wie) Wird die Herrschaftsmacht gesichert? (Wie) Wird die tatsächlich ausgeübte Herrschaftsmacht

gebändigt?

Von den Antworten auf beide Fragen hängt ab, ob legitime oder illegitime Herrschaft entsteht.

Achtung: Es ist historisch nicht die Regel, daß der Aufbau stabiler Herrschaftsmacht gelingt!

Vielmehr historisch üblich und in Gestalt ‚gescheiterter Staaten‘ heute wiederkehrend: ausgedehnte herrschaftslose Räume mit instabilen und oft eher clanartigen als fest institutionalisierten machtausübenden Gruppen !

‚Sta

atlic

hkeit‘ =

Au

sn

ah

me !

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Herrschaft

Herrschaft ist die verläßliche Chance, für einen Befehl angebbaren Inhalts Gehorsam zu finden (Max Weber).

Ein politisches System erbringt nur auf der Basis gesicherter Herrschaft seine Leistung, für eine Gesellschaft verläßlich allgemein verbindliche

Regelungen und Entscheidungen herzustellen sowie durchzusetzen.

Herrschaft kann von den Regierten als zu Recht ausgeübt (‚legitim‘) oder als zu Unrecht ausgeübt (‚illegitim‘) angesehen werden (‚Legitimitätsglaube‘).

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Legitimität

... ist „Geltung von Herrschaft als rechtens“, d.h. als zu Recht ausgeübt(Max Weber).

Zu welchem Grad Herrschaft legitim ‚ist‘, hängt allein davon ab, wie sehr die Regierten die über sie ausgeübteHerrschaft für legitim halten.( Legitimitätsglaube)

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Legitimitätsglaube

Aus drei Gründen halten Menschen typischerweise Herrschaft für legitim (Max Weber) :weil es mit dem Herrschaftssystem ‚eben so ist‘ oder

‚immer schon so war‘ (= traditionale Legitimität)weil der Inhaber der Herrschaftsmacht persönlich

überzeugt (= charismatische Legitimität)weil es vernünftige und als solche akzeptierte

Gründe gibt, bestehende Herrschaft als zu Recht ausgeübt zu empfinden (= rationale Legitimität)

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Entstehung von Staatlichkeit

Einführung und Durchsetzung des Monopols auf legitime physische Zwangsgewalt bei einem zu genau diesem Zweck errichteten politischen System.

ausnahmeartige Systematisierung dieses Monopols dahingehend, daß ...auf einem abgegrenzten Gebiet (Staatsgebiet) über die dort lebenden Menschen (Staatsvolk)Zwangsgewalt ausgeübt wird, die von einer

einheitlichen Zentralstelle ausgeht (Staatsgewalt).

Kristallisationspunkte von ‚Staatlichkeit‘

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typische Kristallisationspunkte von Staatlichkeit

ziemlich dichte Besiedelung mit einer Produktionsstruktur, die auch Anreize für aktiven wie passiven Fernhandel setzt

Notwendigkeit aufwendiger gemeinsamer Anstrengungen, z.B. in Wasserbaukulturen

Notwendigkeit, ein besiedeltes und vergleichsweise reiches Gebiet gegen Invasions-, Siedlungs- oder Annexionsdruck von außen zu sichern, z.B. an Grenze von Seßhaften und Nomaden oder von hegemoniebestrebten Mächten

‚Export‘ von Staatlichkeit, z.B. seitens der Kolonialmächte in viele Gebiete Afrikas

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Vorzüge von Staatlichkeit

Bannung der Gefahr des Bürgerkriegs, Chancen friedlicher Entwicklung im Inneren.

Effektivierung der Steuerungs- und Gestaltungsmöglichkeiten des Staates: wirksame Fiskalsysteme rationale Verwaltungsstrukturen Erzeugung eines – ggf. nach

Gerechtigkeitsgesichtspunkten staatlich umzuverteilenden – ‚Mehrprodukts‘.

Klare institutionelle Ansatzpunkte für die Bändigung und Begrenzung von Staatsmacht.

Kosten von ‚Staatlichkeit‘

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‚Kosten‘ von Staatlichkeit

wirtschaftliche Kosten: teuer sind Armeen und Verwaltungen (‚harter Kern‘ von Staatlichkeit), desgleichen jene sozialstaatlichen Leistungsstrukturen, nach deren Umfang heute oft die Legitimität von Staatsgewalt bemessen wird. das heißt: Staatlichkeit ‚funktioniert‘ ohnehin erst ab einem

Mindestmaß an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit! politische Kosten: Durchsetzung des eines staatlichen Waffen-

und Bewaffnetenmonopols, Notwendigkeit der Unterdrückung von Aufständen, Mißlingen ‚guten Regierens‘ mit erheblichen Folgelasten für die Legitimitätslage

soziale Kosten: schwer durchzusetzender oder durchzuhaltender Verzicht auf Sozialstrukturen und Kulturmuster, die sich schlecht mit einem hierarchischen Institutiongefüge vertragen (z.B. stets Nomadentum, oft auch auf Eigenleben bedachte ethnische Vielfalt)

Transaktionskosten sowohl von Verfassungsstaatlichkeit als auch von Diktatur

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Bändigung der Staatsmacht durch

Rechtsstaatlichkeit (formale materielle)Gewaltenteilung (‚Verfassungsstaatlichkeit‘,

‚gouvernement modéré‘)Bindung der Staatsgewalt an die – immer

wieder überprüfte – Zustimmungsbereitschaft der Regierten: Demokratieprinzip

Beschränkung der legitimen Gestaltungsansprüche des Staates: Liberalismus

Ziel: Minimierung verläßlicher Staatsmacht

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Rechtsstaat

Alles staatliche Handeln bedarf einer Rechtsgrundlage.

Solche Rechtsgrundlagen dürfen nur auf Wegen geschaffen werden, die ihrerseits vom Recht vorgesehen sind (= Sicherung von Partizipationsmöglichkeiten).

Nicht für jede staatliche Gestaltungsabsicht darf eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, sondern nur für solche Gestaltungsabsichten, die mit vorstaatlichen Menschenrechten in Übereinklang sind.

Der Staat muß Rechtsgrundlagen für solches Staatshandeln schaffen, welches der Sicherung und Durchsetzung von Menschenrechten dient.

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formaler und materieller Rechtsstaat

Rechtsstaatlichkeit beendet persönliche Willkürherrschaft (d.h. das Prinzip: ‚Macht geht vor Recht‘).

Alle Rechtsstaatlichkeit beginnt mit formaler Rechts-staatlichkeit.

Formale Rechtsstaatlichkeit allein gerät in folgende Sackgassen: wertneutraler Positivismus (‚Was gestern Recht war, kann

heute nicht Unrecht sein!‘) politisch funktionalisierte Gesetzlichkeit (‚Nur Parteilichkeit

verbürgt richtige Rechtsanwendung!‘) Erst materielle Rechtsstaatlichkeit verankert den

formalen Rechtsstaat am Menschen als eigenständigem Rechts-träger.

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Der materielle Rechtsstaat

stellt klar:Nicht der Staat (oder die Gemeinschaft) ‚verleiht‘ dem Einzelnen seine Rechte – sondern jede Person besitzt Rechte allein schon deshalb, weil sie ein Mensch ist.

setzt selbst der Demokratie Schranken:Keine Mehrheit hat das Recht, dem Einzelnen seine Menschenrechte zu beschneiden!

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Gibt es überhaupt‚vorstaatliche‘ Menschenrechte?

Keine ‚immer schon‘ verbreitete Idee!Viel eher typisch für menschliche

Geschichte und Gegenwart:SklavereiMensch als ‚Störfaktor‘ (z.B. Behinderte,

v.a. solange ungeboren)Mensch als ‚Mittel zum Zweck‘ (z.B.

‚über-zählige Embryonen‘)

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Begründungsmöglichkeitenfür die Existenz ‚vorstaatlicher‘ Menschenrechte

religiös:Gott als Schöpfer hat jedem Menschen gleiche Rechte gegeben, die ihm von anderen Menschen allenfalls vorenthalten, doch nicht genommen werden können.

Problem: Wie überzeugend ist das für Leute, die nicht an Gottes Schöpferrolle glauben?

philosophisch:Es gehört zum Wesen des Menschen, Träger eigenständiger Rechte zu sein!

Problem: Zirkelschluß – denn man legt in den Begriff ‚Wesen des Menschen‘ einfach von vornherein das hinein, was man dann aus ihm ableitet!

durch Setzung und Tabuisierung:Behandeln wir Menschen immer so, als ob sie eigenständige Rechte hätten!

Problem: Wie lange hält sich eine Gesellschaft an diese Setzung und rüttelt nicht am Tabu, Menschen nie guten Gewissens als Mittel zum Zweck oder als Störfaktoren zu behandeln?

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religiöse Begründung für die Existenz ‚vorstaatlicher‘ Menschenrechte

Gott als Schöpfer hat jedem Menschen gleiche Rechte gegeben, die ihm von anderen Menschen allenfalls vorenthalten, doch nicht genommen werden können.

Problem: Wenn man nicht an Gottes Schöpferrolle glaubt!

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philosophische Begründung für die Existenz ‚vorstaatlicher‘ Menschenrechte

Es gehört zum Wesen des Menschen, Träger eigenständiger Rechte zu sein!

Problem: Zirkelschluß – denn man legt in den Begriff ‚Wesen des Menschen‘ das hinein, was man dann aus ihm ableitet.

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konstruktivistische Begründungfür die Existenz ‚vorstaatlicher‘ Menschenrechte

durch Setzung und Tabuisierung: „Behandeln wir Menschen so, als hätten sie eigenständige Rechte!“

Problem: Wie lange hält sich eine Gesell-schaft an diese Setzung und rüttelt nicht am Tabu, Menschen nie guten Gewissens als Mittel zum Zweck oder als Störfaktoren zu behandeln?

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Zu einem Rechtsstaat gehören ...

unabhängige Gerichteunabhängige RichterProzeß vor dem ‚gesetzlichen Richter‘

Rechtswegegarantiematerielle Möglichkeit, vor Gericht zu gehen

ferner äußerst wünschenswert:

VerwaltungsgerichteVerfassungsgericht

ermöglichen es, den Staat selbst zu verklagen!

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Gewaltenteilung besteht in ...

sozialer Gewaltenteilungdezisiver Gewaltenteilungvertikaler Gewaltenteilunghorizontaler Gewaltenteilungtemporaler Gewaltenteilungkonstitutioneller Gewaltenteilung

alles ZU

SA

MM

EN

mach

t Gew

altenteilu

ng

aus!

nach Winfried Steffani

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Soziale Gewaltenteilung

Alle politischen Positionen sind für alle Bürger im Grundsatz frei zugänglich.

Die Auswahl erfolgt allein ...nach Kriterien, die ohne Anbetracht der konkreten

Person gelten, in fairer Konkurrenz unter Rechtsgleichen.

angestrebte Folge: Keine Schicht oder Klasse kann die Staatsmacht usurpieren!

... ist Kennzeichen von offenen Gesellschaften.

Achtung: Nicht alles was rechtlich vorgesehen ist, stellt sich auch praktisch so ein!

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Dezisive Gewaltenteilung

Beim Prozeß der politischen Willensbildung und Entscheidungsfindung gibt es keine Politikmonopole von Personen, Gruppen, Organisationen oder Institutionen.

Entfaltet in Gestalt von praktiziertem Pluralismus.

... ist Kennzeichen von offenen Gesellschaften.

von lat. decísio, d.h. Entscheidung

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Leitgedanken von Pluralismus

Menschen haben zu Recht sehr verschiedene, von ihnen selbst bestimmte Interessen (‚legitime Vielfalt‘).

Es ist vernünftiger, diese Interessenvielfalt zu akzeptieren, als sie zu vereinheitlichen. Darum soll der Staat den Bürgern nur minimale Vorgaben machen.

Insgesamt soll das politische System auf Interessen-konkurrenz aufgebaut werden, wobei allgemein nur das verbindlich wird, was die Mehrheit entscheidet.

Ohne Gefahr von Bürgerkrieg und Gemeinwohl gelingt das aber nur auf der Basis von ... immer wieder neu zu sicherndem Minimalkonsens wirkungsvollem Schutz von Minderheiten und Schwachen.

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Vertikale Gewaltenteilung

Gesellschaft

zpEs

zpEs

zpEs zpEs

zentrales politisches Entscheidungssystem

nationale Regierungsubnationale Regierung

(Gliedstaat, Provinz, kommunale

Selbstverwaltung ...)

supranationale Regierung, z.B. EU

jeweils eigene Kompetenzen

nach dem Grundsatz der Subsidiarität

= Aufteilung der Staatsmacht auf verschiedene ‚Staatsebenen‘

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Das Subsidiaritätsprinzip

entstammt der katholischen Soziallehremeint:

Zuständigkeiten und Gestaltungsressourcen sollen möglichst nahe bei den Betroffenen liegen.

Jede höhere Ebene soll nur jene Zuständigkeiten besitzen, welche auf der niedrigeren Ebene nicht wirkungsvoll ausgeübt werden können.

Die einzelnen Ebenen sind durch aufrichtige Solidarität miteinander verbunden (‚Bundestreue‘).

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Merkmale vertikaler Gewaltenteilung

Vertikale Gewaltenteilung entsteht durch ... Ausdifferenzierung von Subsystemen (‚dissoziativer

Föderalismus‘, ‚zentrifugaler Föderalismus‘) Ausbildung eines gemeinsamen Suprasystems

(‚assoziativer Föderalismus‘, ‚zentripetaler Föderalismus‘) erfordert besondere institutionelle Ausgestaltungen,

v.a. … des Zusammenwirkens der einzelnen staatlichen Ebenen der Regelung der Finanzbeziehungen

steigert die Komplexität des politischen Prozesses erheblich

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Horizontale Gewaltenteilung

Gesellschaft

Aufteilung der Funktionen des zpES

auf mehrere Institutionen

wechselseitiges Ausbalancieren der Macht jener

Institutionen

verschiedenartige Wechselbeziehun

gen jener Institutionen mit der Gesellschaft

zpEs

= Aufteilung der Staatsmacht auf verschiedene Institutionen

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Typ des Regierungssystems und horizontale Gewaltenteilung

präsidentiellesRegierungssystem

parlamentarisches Regierungssystem

‚alter Dualismus‘

‚neuer

Dualismus‘

Volk Volk

Parlament Parlamen

tRegierung

Regierung

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Mißverständnisse horizontaler Gewaltenteilung

horizontale Gewaltenteilung meint nicht ...die Aufteilung der Funktionen des zpEs genau

auf ‚Legislative‘, ‚Exekutive‘ und ‚Judikative‘.Diese Dreiteilung verdankt sich nur der

europäischen Tradition, in welcher es jahrhundertelang starke Stände und deren Vertretungskörperschaften gab!

daß die gewaltenteilenden Institutionen strikt voneinander getrennt sind.

ein ‚metaphysisches‘ Prinzip ‚richtigen‘ Staats-aufbaus.

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richtiges Verständnis horizontaler Gewaltenteilung

horizontale Gewaltenteilung meint ...Funktionentrennung bei institutioneller Kooperation

sowie ein institutionell abgesichertes Strukturgefüge von

‚checks and balances‘,

beides geschaffen und aufrechterhalten zur Gewährleistung eines ‚gouvernement modéré‘, d.h. einer gemäßigten Regierungsweise,

und konstituiert genau dadurch Verfassungsstaatlichkeit.

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Temporale Gewaltenteilung

Vergabe von Macht auf Zeit Wirkung: Persönliche Netzwerke um das Amt

eines Machthabers werden sich mit dessen Ausscheiden aus dem Amt auflösen. Der Bildung eines dauerhaften ‚Machtfilzes‘ wird so entgegengewirkt.

Ermöglicht ferner die Einrichtung des ‚Wiederwahlmechanismus‘

Form der Institutionalisierung von Demokratie

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Der ‚Wiederwahlmechanismus‘

Er verdankt sein Amt freien Wahlen.

Er möchte so gerne wiedergewählt werden.

Er ist aber abhängig von der freien Entscheidung der Wähler.

Er kann wiedergewählt werden.

Also fühlt er starken Anreiz sein Amt so führen,

daß ihn die Wähler wirklich wiederwählen

wollen.

... hat ein Amt auf Zeit.

Und darum kann er während seiner Amtszeit nicht allzu lange oder allzu weit von dem abweichen, was die Wähler zu akzeptieren bereit sind!

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Konstitutionelle Gewaltenteilung

Zur Änderung der Verfassung oder verfassungsgleicher Gesetze sind größere Mehrheiten erforderlich als für ‚normale‘ Gesetzgebungsverfahren, ggf. sogar auch Volksabstimmungen.

Folge: Minderheiten bekommen ein viel größeres Gewicht als im ‚normalen‘ politischen Prozeß; sie werden in diesem Fall an der Machtausübung weit überproportional beteiligt.

Sinn: Die zentralen politischen Spielregeln werden der alleinigen Verfügungsgewalt der gerade regierenden Mehrheit entzogen.

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Irreführende DemokratievorstellungenZiel: „Identität von Regierenden und Regierten“

Name: ‚Identitätstheorie der Demokratie‘alle Bürgerinnen und Bürger partizipieren politisch

= keine politische Arbeitsteilungkein professionelles politisches Personal

Probleme: Wie in Massengesellschaften organisieren?Will jede(r) sich politisch betätigen? (Neigung, Zeit,

Alternativen ...)Wie soll mit nicht auszugleichenden Interessen-

konflikten verfahren werden?Rousseau: volonté générale volontés particulières

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Realistische Demokratievorstellung

(Auch) Demokratie ist eine Form der politischen Arbeitsteilung. Es gibt also Regierende und Regierte. Entstehung von Politik

Demokratie besteht, wenn die Regierenden nicht allzu weit oder allzu lange von dem abweichen können, was die Regierten zu akzeptieren bereit sind.WiederwahlmechanismusDemokratie ist kein ‚Zustand‘, sondern ein Prozeß!

Jeder kann in den Kreis der Regierenden gelangen, falls er sich in der Konkurrenz mit Rechtsgleichen um Zutritt in diesen Kreis durchsetzt. offene Gesellschaft

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Offenheit vs. Geschlossenheit

Geschlossenheit Offenheit

Herrschaftsstruktur Zugang zu politischen Ämtern ist einem bestimmten Personenkreis vorbehalten.

Alle Formen politische Partizipation stehen jedermann offen.

Willensbildung Nicht jeder darf sich politisch artikulieren.

Jeder hat die Chance, sich kraft eigenen Entschlusses in die politische Willens-bildung einzubringen.

politischer Gestaltungsanspruch

Umfang politischer Gestaltungsaufgaben ist dem Streit entzogen.

Auch der Umfang der Staatstätigkeit gehört zum ‚streitigen Sektor‘.

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Möglichkeiten der Institutionalisierung von Demokratie

Direktwahl möglichst vieler Amtsträger bei kurzen Amtszeiten ( u.a. Wiederwahlmechanismus)

Einrichtung eines Systems demokratischer Repräsentation( wird ausführlich behandelt bei ‚Parlamentarismus‘)

Einführung plebiszitärer Elemente

Alle diese Möglichkeiten lassen sich kombinieren! Nicht jede Kombination dieser Möglichkeiten

funktioniert in der Wirklichkeit (gleich) gut!

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Plebiszitäre Elemente

Volk

zpEs

Volk

zpEs

Volksgesetzgebung (‚plebiszitäreDemokratie‘):Volksinitiative, Volksbegehren, Volksentscheidkassatives / abrogatives Referendum

Referendumsdemokratie(obligatorisches) Verfassungs- oder

Gesetzesreferendum ( Vorauswirkung) fakultative Referenden, initiiert von

Verfassungsorganen ermöglichen das Versickern politischer

Verantwortung

bewahren k

lare

Kette

n

politisc

her

Verantw

ortung

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Demokratietheoretische Paradoxien plebiszitärer Elemente

Gewünschte Wirkung: Engere Bindung des politischen Prozesses an die unmittelbare Einflußnahme seitens der Regierten und / oder Rückdrängung des Einflusses von Parteien.

Erforderlich für Nutzbarkeit: Sehr niedrige Quoren der Beteiligung und / oder Zustimmung kein Quorum oder nicht höher als 25-30 % der

Wahlberechtigten (durchschnittliche Wahlbeteilung: 50-85 %) Folge A: Plebiszitäre Entscheidungen haben meist eine

schmalere Basis als Wahlen. Folge B: Minderheiten können weit überproportionale

Bedeutung erlangen. Folge C: Die Parteien werden auch die plebiszitären

Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse prägen.

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Systemkonstruktives Potential plebiszitärer Elemente

Responsivitätssteigerung in einer repräsentativen Demokratie

Auflösung von Systemblockaden im Zug horizontaler Gewaltenteilung (z.B. zwischen Bundestag und Bundesrat)

bonapartistisches Überspielen des Parlaments durch das Staatsoberhaupt oder einen Regierungschef: ‚größere demokratische Legitimation‘ durch Volksentscheide

Einschränkung von Pluralismus durch Verweis auf den durch Volksabstimmung festgestellten ‚wahren Volkswillen‘ Plebiszitäre Elemente als Annäherung an die

Systemvorstellungen der ‚Identitätstheorie der Demokratie‘

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Die ‚Identitätstheorie der Demokratie‘Ziel: „Identität von Regierenden und

Regierten“alle Bürgerinnen und Bürger partizipieren politisch

= keine politische Arbeitsteilungkein professionelles politisches Personal

Probleme: Wie in Massengesellschaften organisieren?Will jede(r) sich politisch betätigen? (Neigung, Zeit,

Alternativen ...)Wie soll mit nicht auszugleichenden

Interessenkonflikten verfahren werden?Rousseau: volonté générale volontés particulières

auszugestalten als:

plebiszitäre

Demokratie

(‚dire

kte‘ Demokratie

)

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Das alles sind sehr unterschiedliche Dinge, die man deshalb gerade nicht unter einen einzigen Begriff ziehen sollte! Darum:

„Direkte“ Demokratie

Vermengt wird mit diesem Begriff sehr Unterschiedliches, nämlich ...Direktwahl möglichst vieler Amtsträger

bei Direktwahl des Staatsoberhaupts: Festlegung des Typs des Regierungssystems! (parlamentarisch – semipräsidentiell – präsidentiell)

Einfügung plebiszitärer Elemente in ein System repräsentativer Demokratie

Ersetzung repräsentativer Demokratie durch eine plebiszitäre oder ReferendumsdemokratieZiel: ‚Simulation‘ einer ‚Identitätsdemokratie‘

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Begriffsklärungen

Demokratie kann sich entfalten als ... repräsentative (‚personalunmittelbare‘) Demokratie

nach dem zentralen Repräsentationsorgan auch genannt: ‚parlamentarische Demokratie‘

als plebiszitäre und / oder Referendumsdemokratie (d.h.: als ‚sachunmittelbare‘ Demokratie)

als identitäre Demokratie: real in Kleingruppen, rein formal als Referendumsdemokratie

repräsentative Demokratie kann sich u.a. entfalten als ...

präsidentielles Regierungssystem(NICHT: ‚präsidentielle‘ oder ‚präsidiale‘ Demokratie‘)

parlamentarisches Regierungssystem(NICHT: ‚parlamentarische Demokratie‘)

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Grenzen von Demokratie

sehr voraussetzungsreicher Typ eines politischen Systems

erstrangiges Interesse der Regierten ist in der Regel nicht Demokratie, sondern ‚good governance‘ = gut regiert werden

materieller Rechtsstaat setzt dem Demokratieprinzip absichtlich Grenzen

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Der materielle Rechtsstaat

stellt klar:Nicht der Staat (oder die Gemeinschaft) ‚verleiht‘ dem Einzelnen seine Rechte – sondern jede Person besitzt Rechte allein schon deshalb, weil sie ein Mensch ist.

setzt selbst der Demokratie Schranken:Keine Mehrheit hat das Recht, dem Einzelnen seine Menschenrechte zu beschneiden!

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Liberalismus

Grundüberzeugung: Menschen sind fähig zu Vernunft und Eigeninitiative.

Leitidee: Es gibt den Staat des Einzelnen willen, nicht den Einzelnen des Staates willen.

Folgerung: Dem Staat sollen – ganz im Sinn des Subsidiaritätsprinzips – nur solche Aufgaben übertragen, welche notwendig sind und die der Einzelne oder die Gesellschaft gerade nicht selbst erfüllen kann.

Ziel: Nicht der schwache, sondern der schlanke, als solcher aber nachhaltig wirkungsvolle Staat!

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Leitgedanken eines rein liberalen Staates

Schaffung von Rechtsstaatlichkeit und innerer Sicherheit als Grundlage freier Selbstorganisation rechtsgleicher Einzelner

Gewährleistung von Sicherheit nach außen als Grundlage freier gesellschaftlicher Entfaltung im Inneren

Dabei: dem freien Einzelnen wird sowohl viel zugetraut als auch

abverlangt der Staat soll wirksam, aber schlank sein!

(‚Subsidiarität‘) Leitidee: Offene Gesellschaft mit freiheitlichem Staat

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Offenheit vs. Geschlossenheit

Auch der Umfang der Staatstätigkeit gehört zum ‚streitigen Sektor‘.

Alle Formen politische Partizipation stehen jedermann offen.

Umfang politischer Gestaltungsaufgaben ist dem Streit entzogen.

politischer Gestaltungsanspruch

Jeder hat die Chance, sich kraft eigenen Entschlusses in die politische Willens-bildung einzubringen.

Nicht jeder darf sich politisch artikulieren.

Willensbildung

Zugang zu politischen Ämtern ist einem bestimmten Personenkreis vorbehalten.

Herrschaftsstruktur

OffenheitGeschlossenheit

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Auch der Umfang der Staatstätigkeit gehört zum ‚streitigen Sektor‘.

Alle Formen politische Partizipation stehen jedermann offen.

Offenheit vs. Geschlossenheit

Umfang politischer Gestaltungsaufgaben ist dem Streit entzogen.

politischer Gestaltungsanspruch

Jeder hat die Chance, sich kraft eigenen Entschlusses in die politische Willens-bildung einzubringen.

Nicht jeder darf sich politisch artikulieren.

Willensbildung

Zugang zu politischen Ämtern ist einem bestimmten Personenkreis vorbehalten.

Herrschaftsstruktur

OffenheitGeschlossenheit

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Auch der Umfang der Staatstätigkeit gehört zum ‚streitigen Sektor‘.

Alle Formen politische Partizipation stehen jedermann offen.

Offenheit vs. Geschlossenheit

Umfang politischer Gestaltungsaufgaben ist dem Streit entzogen.

politischer Gestaltungsanspruch

Jeder hat die Chance, sich kraft eigenen Entschlusses in die politische Willens-bildung einzubringen.

Nicht jeder darf sich politisch artikulieren.

Willensbildung

Zugang zu politischen Ämtern ist einem bestimmten Personenkreis vorbehalten.

Herrschaftsstruktur

OffenheitGeschlossenheit

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Auch der Umfang der Staatstätigkeit gehört zum ‚streitigen Sektor‘.

Alle Formen politische Partizipation stehen jedermann offen.

Offenheit vs. Geschlossenheit

Umfang politischer Gestaltungsaufgaben ist dem Streit entzogen.

politischer Gestaltungsanspruch

Jeder hat die Chance, sich kraft eigenen Entschlusses in die politische Willens-bildung einzubringen.

Nicht jeder darf sich politisch artikulieren.

Willensbildung

Zugang zu politischen Ämtern ist einem bestimmten Personenkreis vorbehalten.

Herrschaftsstruktur

OffenheitGeschlossenheit

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Offenheit vs. Geschlossenheit

Geschlossenheit Offenheit

Herrschaftsstruktur Zugang zu politischen Ämtern ist einem bestimmten Personenkreis vorbehalten.

Alle Formen politische Partizipation stehen jedermann offen.

Willensbildung Nicht jeder darf sich politisch artikulieren.

Jeder hat die Chance, sich kraft eigenen Entschlusses in die politische Willens-bildung einzubringen.

politischer Gestaltungsanspruch

Umfang politischer Gestaltungsaufgaben ist dem Streit entzogen.

Auch der Umfang der Staatstätigkeit gehört zum ‚streitigen Sektor‘.

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Das offene politische System und seine Alternativen

Herrschaftsstruktur

Willensbildung

• geschlossen

• offen

politischerGestaltungsanspruch

• offen• geschlossen

• offen

• geschlossen

geschlossenes System

offenes System

mehr oder minder offene

Systeme

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Damit sollte klar sein,

warum es vorteilhaft, wenn auch eine Ausnahmeist, den Staat oder ein funktional äquivalentes politisches System zu besitzen

wie sich die Macht des Staates (oder seiner Äquivalente) bändigen läßt

was die folgenden zentralen politischen und politikwissenschaftlichen Begriffe meinen: Rechtsstaat, Gewaltenteilung, Demokratie, Liberalismus

weiter mit: ‚Gute politische Ordnung‘

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Basismodul‚Politische Systeme‘

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