Traumatalogie
Mittwoch 11.05.2016
9.00 bis 16.30 Uhr
Definition Trauma
Das medizinische Klassifi-
kationssystem ICD10 (6) und
die diagnostischen Anleitungen
beschreiben das Trauma-
kriterium als:
Ein belastendes Ereignis oder
eine Situation kurzer oder
längerer Dauer, mit außerge-
wöhnlicher Bedrohung oder
katastrophenartigem Ausmaß,
die bei fast jedem eine tiefe
Verzweiflung hervorrufen
würde.
Heimkinder
Von 1955 bis 1975 waren in der
Bundesrepublik rund 800.000
Kinder und Jugendliche in
Heimen untergebracht. Viele
von Ihnen machten dort trauma-
tisierende Erfahrungen. Es gab
Zwangsarbeit, Demütigungen,
Schläge.
Die Betroffenen leiden bis heute
darunter.
Quelle: deutscheheimkinder.wordpress.com
Kinder alkoholabhängiger
Eltern
Ca. 2,6 Millionen Kinder und
Jugendliche leben in Fami-
lien, in denen Vater oder
Mutter, manchmal auch beide
alkoholabhängig sind.
Für diese Kinder ist der Alltag
meistens ein ambivalentes
Leben zwischen Angst, Freude
und Schmerz.
Quelle: www.welt.de/gesundheit/psychologie
Unfallopfer
Wenn der Horror nach dem
Crash im Kopf weiter geht !
Die Wunden sind längst
verheilt, aber die Seele leidet
weiter.
Viele Opfer von Verkehrs-
unfällen leiden unter psy-
chischen Folgeerscheinungen.
Behandlungsfehler
2014 wurden durch die
gutachterliche Kommission der
deutschen Ärztekammer 2206
Behandlungsfehler anerkannt.
971 Patienten erlitten schwere
Folgeschäden.
73 Menschen starben.
Psychische Folgeerkrankungen
sind nicht berücksichtigt.
Qelle: Statistische Erhebung der Gutachterkommissionen und
Schlichtungsstellen der deutschen Ärztekammer
Mord, Folter, Missbrauch
Viele Flüchtlinge die nach
Deutschland kommen,
haben furchtbares erlebt.
Nach Berechnungen der
Psychotherapeutenkammer
sind 40,000 - 80,000 von
ihnen traumatisiert. Nur ein
Bruchteil wird allerdings
psychotherapeutisch
versorgt. Foto: DPA
In den Alteneinrichtungen leben
die letzten Zeugen des zweiten
Weltkrieges. Traumatisierte
Frauen und Männer, die dem
Bombenhagel der Alliierten
entkommen sind, aber Freunde
und Angehörige verloren haben.
Folter, Demütigung, Vergewalti-
gung und Vertreibung haben sie
überlebt. Darüber gesprochen
haben sie nicht.
Viele erleben im Alter eine
Traumareaktivierung und erin-
nern sich plötzlich wieder an
früheres Leid, was z.B. durch
Fernsehbilder ausgelöst wer-
den kann.
Zwangsprostitution
Laut BKA waren im Jahr 2011 640 Personen von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung bekannt. Die Dunkelziffer ist um ein vielfaches höher.
Den Betroffenen werden die Ausweise abge-nommen, es wird mit Ausweisung gedroht, sie werden misshandelt oder es wird gedroht, Ange-hörige oder Kinder zu töten, wenn sie den Forderungen des Täters nicht nachkommen.
Quelle: BKA
Opfer von Überfällen
Im Jahr 2014 wurden lt.
Polizeistatistik insgesamt
50.984 Personen Opfer
eines Raubüberfalls. Die
Folgen (Herzrasen, Angst-
zustände, Panikattacken)
für die Betroffenen werden
oft nicht ernst genommen.
Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2014
Der Tod eines Kindes ist
für die Eltern der nieder-
schmetterndste Verlust
überhaupt.
Um dieses Trauma zu
überstehen benötigen viele
Eltern Jahre.
Foto: MOZ/Oliver Voigt
Opfer durch Missbrauch
Internationale Studien be-richten, dass ungefähr 20% der Frauen und 8% der Männer ungewollte sexuelle Erfahrungen vor dem 18. Lebensjahr machen. (Quelle: Pereda, Guilera, Forns & Gomez-Benito 2009)
Für physische Gewalt liegen die Zahlen zwischen 4 und 16%. (Quelle: Annerback
et al., 2012) Die Dunkelziffer muss vermutlich höher angesetzt werden.
Opfer eines Erdbebens leiden oft noch Tage oder Wochen, in Einzelfällen auch länger oder verzögert an folgenden charakteristischen Phänomenen:
• Bedrohungsgefühle
• Angst, Frucht, Panikbereitschaft
• Verstörtheit, Aufgewühltheit, Desorganisation,
• chaotisches Verhalten
• Depersonalisation
• Derealisation
Opfer eines Wohnungs-
brandes zu sein kann
traumatische Folgen haben.
Viele Betroffene haben
Angst ins Bett zu gehen
und zu schlafen. Sie
wachen in der Nacht auf,
haben Panikattacken und
den Brandgeruch in der
Nase.
Eine Traumatisierung bei
Kleinkindern geht über die
klassischen Traumatisie-
rungen durch sexuellen
Missbrauch oder Miss-
handlung weit hinaus.
Die Trennung von den
Eltern durch deren Tod, ein
längerer Krankenhausauf-
enthalt, Streit in der
Familie, oder Infektions-
krankheiten sind ebenfalls
häufige Ursache für eine
Traumatisierung
Traumatisierte Helfer
Ein erschöpfter Feuerwehr-
mann nach einem Brand-
einsatz.
Nicht immer werden die
Helfer mit dem im Einsatz
erlebten fertig.
Foto: merkur.de
Für viele Opfer eines
Schiffsunglücks ist nach
der Katastrophe das Leben
nicht mehr wie zuvor.
Große Wassermassen
lösen Angstzustände aus,
und lassen das Unglück
erneut beginnen.
Foto: berliner-zeitung.de
Überlebende des Holocaust
leiden zum Teil noch heute häufig
unter:
1. schweren, oft plötzlich auf-
tretenden Erregungs- und
Angstzuständen.
2. tiefer Überlebensschuld
gegenüber den ermordeten
Angehörigen und Mitgefan-
genen.
3. Unfähigkeit, Freude und
Genuss zu empfinden
Viele Menschen erleiden
derzeit ein Trauma durch
Terroranschläge, die auf der
ganzen Welt verübt werden.
Besonders betroffen sind die
Angehörigen der Toten und
Verletzten, die Helfer und die
Augenzeugen der Anschläge.
Auch bei Menschen, die nur
davon gehört haben, können
sich Angstzustände, Schlaf-
störungen und plötzliche
Panikattacken einstellen
Ständige Streitereien der
Eltern mitzuerleben, kann
bei den Kindern zu
Verlustängsten und Verhal-
tensstörungen führen.
Im Erwachsenenalter leiden
diese Kinder häufig unter
Bindungsängsten und
haben Probleme anderen
Menschen zu vertrauen.
Kriegskinder
sind mittlerweile ins Renten-
alter gekommen. Jetzt holt
viele der Krieg wieder ein. Sie
haben mit einem Mal
körperliche Beschwerden, die
sie bisher nicht kannten.
Dunkle Schatten aus der
Kindheit legen sich über ihre
Tage.
Diese stille Generation, die
über sich selbst fast nie
gesprochen hat, trägt eine Last
mit sich, um die sich niemand
gekümmert hat. Sie selbst
nicht und andere auch nicht.
Niemand hat ihnen geholfen,
sich davon zu befreien.
Traumatalogie
Erstellt von Lothar Strzoda 01.02.2016
Musik: Pink Floyd
A Saucerful of Secrets