Tic-Störung im Kindes- und Jugendalter
Institut Köln der Christoph-Dornier-Stiftung für Klinische Psychologie
am Klinikum der Universität
zu Köln
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters
Direktor: Universitätsprofessor Dr. G. Lehmkuhl
Dipl.-Psych. K. Woitecki
Inhalt
1. Symptomatik
2. Ursache
3. Diagnostik
4. Indikation
5. Verhaltenstherapie: THICS
1. Symptomatik
2. Ursache
3. Diagnostik
4. Indikation
5. Verhaltenstherapie: THICS
Symptome Definition
Unwillkürliche, plötzliche, schnelle,
wiederholte, nicht-rhythmische
stereotype Bewegung
Nicht zweckgerichtet
Subjektiv als sinnlos/
störend empfunden
Symptome Variationen von Tics
Art, Intensität, Häufigkeit und Dauer
Qualität: motorisch/vokal
Komplexität: einfach/komplex
Zunahme:
– Emotionale Beteiligung (Angst, Ärger, Freude)
– Stress
– Ermüdung
Abnahme:
– Konzentration
– Ablenkung
– Entspannung
Symptome Einteilung der Tics
motorisch vokal
einfach z.B. Blinzeln,
Schulterzucken,
Kopfrucken
z.B. Räuspern,
Pfeifen, Husten
komplex z.B. Hüpfen,
Klatschen, Berühren
z.B. Wörter, Sätze
Besonderheiten Echokinesie,
Kopropraxie
Palialie, Echolalie,
Koprolalie
Symptome Sensomotorische Phänomene
Sensomotorisches Vorgefühl:
– Kribbeln, Stechen, Jucken das durch Tic-
Ausführung vorübergehend verschwinden kann
Sensomotorisches Nachgefühl:
– einige Patienten berichten über „Nachgefühle“, den
Tic nicht richtig ausgeführt zu haben, was zu einer
willentlichen Tic-Wiederholung führen kann
Diese Phänomene
– treten nicht bei jedem Tic auf
– finden sich häufiger bei älteren Patienten und bei
komplexen Tics
Symptome Unterdrückbarkeit
Tics werden normalerweise als nicht
unterdrückbar erlebt
Können aber meist zumindest für kurze Zeit,
mitunter bis zu mehreren Stunden lang
unterdrückt werden
Meist für ältere Patienten und bei komplexeren
Tics besser möglich
Klassifikation ICD-10
Diagnose wichtigste Kriterien ICD-10-
Ziffer
Vorübergehende Tic-
Störung des Kindesalters
Vollständiges und endgültiges
Verschwinden der meist nur
motorischen Tics nach spätestens
einem Jahr
F 95.0
Chronische motorische
oder vokale Tic-Störung
länger als 1 Jahr dauernde
chronische motorische oder
chronische vokale Tics
F 95.1
Kombinierte vokale und
multiple motorische Tics
(Tourette-Syndrom)
länger als 1 Jahr dauernde
motorische und vokale Tics
F 95.2
Sonstige bzw. nicht
näher bezeichnete Tic-
Störung
erfüllt nicht die Kriterien der
vorgenannten Störungen, wie z.B.
Dauer mehr als 4 Wochen, Beginn
der Tics vor dem 18. Lebensjahr
F 95.8/
F95.9
Tourette-Syndrom (F95.2)
Gilles des la Tourette
(1857-1904)
Tourette-Syndrom (F95.2)
Symptomatik: - auch die vokalen Tics sind oft multipel - Koprolalie in einem Drittel aller Fälle - häufig komplexe motorische Tics (auch Echopraxie, Kopropraxie)
Beginn: - in der Kindheit oder der Adoleszenz.
Durchschnittsalter bei Beginn: 7 Jahre, meist beginnt die Störung vor Vollendung des 14.
Lebensjahres
Verlauf: - gewöhnlich gibt es eine Vorgeschichte motorischer Tics, bevor
sich vokale Tics entwickeln - Symptome verschlechtern sich häufig während der Adoleszenz - üblicherweise persistiert die Erkrankung bis ins Erwachsenenalter - in manchen Fällen schwächen sich die Symptome in der
Adoleszenz und im Erwachsenenalter ab - in anderen Fällen verschwinden die Symptome schon im frühen
Erwachsenenalter
Epidemiologie
Einfache Ticstörung 4 – 12%
Chronische Ticstörungen 3 – 4%
Tourette-Syndrom 0.05 – 3%
Tritt familiär gehäuft auf
Jungen häufiger betroffen (3:1)
Komorbiditäten
Chronische Ticstörung/Tourette-Störung:
● 50% hyperkinetische Störung -> entwickelt sich meist vor der
Tic-Symptomatik
● häufig depressive Symptomatik
● häufig sozialer Rückzug
● Beeinträchtigte soziale Anpassung, schulische und berufliche
Leistungsfähigkeit z.B.:
- Ablehnung durch andere
- Furcht vor dem Auftreten von Tics in sozialen Situationen;
in schweren Fällen können die Tics selbst die täglichen
Aktivitäten wie Schreiben und Lesen beeinträchtigen.
Tourette-Störung:
Häufung von
● Zwangsstörungen/zwanghaften Verhaltensweisen
-> teilweise fließender Übergang von Tics zu Zwängen
● selbstverletzendem Verhalten
Inhalt
1. Symptomatik
2. Ursache
3. Diagnostik
4. Indikation
5. Pharmakotherapie
6. Verhaltenstherapie: THICS
Ätiologie
Verhaltensgenetik
Molekulargenetik
Erworbene biologische Faktoren
Neuroanatomie
Neurochemie
Neurophysiologie
Neuropsychologie
Psychosoziale Umgebung
Ätiologie Inhibitionsmodell
Frontalkortex
Kompensation
Basalganglien
Spontanentladung
Motorische Programme
Eigenhemmung
Motor-
Kortex
Tics
Rothenberger et al. (2003)
Ätiologie
funktionales Störungsmodell
Verlauf
Beginn meist zwischen dem
2. und 15. Lbj.
Median bei 6-7 Jahren
• Zu Beginn einfache motorische Tics
vokale Tics meist 2-4 Jahre später
Stärkste Ausprägung um das 10. – 14. Lebensjahr
• Spontanremissionsraten:
einfache/multiple Tics 50-70%
Tourette-Syndrom 3-40%
Inhalt
1. Symptomatik
2. Ursache
3. Diagnostik
4. Indikation
5. Verhaltenstherapie: THICS
SBB-TIC 1
SBB-TIC 2
SBB-TIC 3
SBB-TIC 4
DCL-TIC
DCL-TIC
Inhalt
1. Symptomatik
2. Ursache
3. Diagnostik
4. Indikation
5. Verhaltenstherapie
Beratung und Verlaufskontrolle
... ist bei milden, nicht chronifizierten Tic-
Symptomen indiziert,
wenn die Tic-Symptomatik höchstens 6 Monate
andauert und
wenn sie eine geringe Intensität hat und
wenn keine ausgeprägten, komorbiden
Störungen vorliegen.
ist Tic-Symptomatik stärker ausgeprägt, ohne
hinreichende Behandlungscompliance
Verlaufskontrolle + Maßnahmen zum Aufbau
einer Behandlungscompliance
Primäre symtomzentrierte verhaltenstherapeutische Behandlung
... ist bei psychosozialer Beeinträchtigung und
mittlerer Symptomstärke indiziert,
wenn Dauer der Tic-Symptomatik > 6 Monate
und geringe bis mittlere Intensität oder wenige
Tics und schnelle Symptomminderung nicht
dringend erforderlich
wenn bei Patienten/Bezugsperson hinreichende
Compliance oder aufgebaut werden kann
verhaltenstherapeutische Behandlung auch dann
indiziert, wenn die Compliance für eine indizierte
medikamentöse Therapie fehlt
Pharmakotherapie
... ist bei psychosozialer Beeinträchtigung indiziert,
wenn Tic-Symptomatik hohe Intensität, sehr
komplex und aus vielen Tics besteht oder
wenn schnelle Symptomminderung dringend
erforderlich ist oder
wenn keine Compliance für primäre
Verhaltenstherapie oder diese nicht (hinreichend)
erfolgreich war und
wenn bei Patienten/Bezugsperson hinreichende
Compliance oder aufgebaut werden kann
Kombiation Pharmako- und Verhaltenstherapie
... ist dann indiziert,
wenn bei primärer Indikation von
Pharmakotherapie durch die Pharmakotherapie
alleine keine hinreichende Symptomminderung
erreicht werden konnte oder
wenn bei primärer Indikation von
Verhaltenstherapie durch die Verhaltenstherapie
alleine keine hinreichende Symptomminderung
erreicht werden konnte und
wenn eine Compliance für eine zusätzliche
Verhaltens- bzw. Pharmakotherapie besteht oder
aufgebaut werden kann.
Inhalt
1. Symptomatik
2. Ursache
3. Diagnostik
4. Indikation
5. Verhaltenstherapie: THICS
Verhaltenstherapeutische Behandlungstechniken
Grundsätzlich gilt: Verhaltenstherapie bei Ticstörungen
soll spontan verwendete Selbstkontrollstrategien
aufgreifen, modifizieren und systematisieren
Folgende Methoden kommen zum Einsatz:
1. Selbstbeobachtung
2. Entspannungstechniken
3. Kontingenzmanagement
4. Massierte Übungen (massed negative practice)
5. Umleiten von Tics
6. Modifikation sensomotorischer Vorgefühle
7. Kombinationsbehandlung der Reaktionsumkehr (habit
reversal)
… schließt Techniken 1-3 ein
Stand der Forschung des Habit Reversal Trainings (HRT)
Carr & Chong (2005): Metaanalyse (12 Studien)
Symptomreduktion bei 94% (90 Teilnehmer)
Verdellen et al. (2004): signifikante
Symptomreduktion bei 18 Tourette-Patienten
Wilhelm et al. (2003): HRT wirksamer als
supportive Psychotherapie (N = 32 Erwachsene)
Piacentini et al. (2002): HRT signifikante
Verbesserung (N = 25 Kinder/Jugendliche)
Aims of Treatment Research
Piacentini et al. (2010) Behavior Therapy for Children With Tourette Disorder . A Randomized Controlled Trial. JAMA 303:1929-1937 © K. Woitecki
CBIT-Studie: Behandlung
Therapie: 8 Sitzungen (2x 90 Min. + 6 x 60 Min.) in
10 Wochen
Reaktionsumkehr-Therapie:
Schwerpunkt auf Awareness Training und
Competing Response Training
Zusätzlich Entspannungstraining,
funktionale Interventionen (Identifikation
auslösender Stimuli…)
Kontrollgruppe: Psychoedukation und Diskussion
Informationen über Tic-Störungen
Besprechung von Problemen im Umgang mit Tics
ohne konkrete Anweisungen
Piacentini et al. (2010) Behavior Therapy for Children With Tourette Disorder . A Randomized Controlled Trial. JAMA 303:1929-1937
Wirksamkeit: Tic-Schweregrad (YGTSS, klinisches Urteil)
Effektstärken (Cohen‘s d) • nach 5 Wochen: 0,54 • nach 10 Wochen: 0,68
• Ähnliche Effekte für motorische und vokale Tics
© K. Woitecki
Piacentini et al. (2010) Behavior Therapy for Children With Tourette Disorder . A Randomized Controlled Trial. JAMA 303:1929-1937
Wirksamkeit: Beeinträchtigung (YGTSS, klinisches Urteil)
Effektstärken (Cohen‘s d) • nach 5 Wochen: 0,47 • nach 10 Wochen: 0,57
CGAS Effektstärken (Cohen‘s d) • nach 10 Wochen: 0,64
© K. Woitecki
Piacentini et al. (2010) Behavior Therapy for Children With Tourette Disorder . A Randomized Controlled Trial. JAMA 303:1929-1937
Wirksamkeit: Symptomatik Elternurteil
Effektstärken (Cohen‘s d) • nach 5 Wochen: 0,28 • nach 10 Wochen: 0,30
© K. Woitecki
CBIT-Studie: Schlussfolgerungen
Die Behandlung ist wirkungsvoll bei Kindern und
Jugendlichen mit mittlerem bis größerem
Schweregrad sowohl im (maskierten) klinischen
Urteil als auch im Elternurteil
Die Effekte bleiben stabil im 6-Monate-Follow-up
bei jenen, die positiv auf die Behandlung
reagierten
Die Reduktion um 7,6 Punkte in YGTSS (=31%
von Baseline-Werte) liegt nur geringfügig unter
den Effekten antipsychotischer Medikation bei
Kindern mit Tourette-Störung
THICS-Studie: Behandlungsdesign
© K. Woitecki
Minimalintervention Intensivintervention
Woitecki, K. & Döpfner, M. (2011). Die Wirksamkeit der Reaktionsumkehr-Behandlung bei Kindern und Jugendlichen mit chronischen Tic-Störungen – eine Pilotstudie. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie (akzeptiert zur Publikation)
Wirksamkeit: Tic-Symptomatik Elternbeurteilung
Effektstärke • 0.95
© K. Woitecki
Woitecki, K. & Döpfner, M. (2011). Die Wirksamkeit der Reaktionsumkehr-Behandlung bei Kindern und Jugendlichen mit chronischen Tic-Störungen – eine Pilotstudie. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie (akzeptiert zur Publikation)
Vergleich MI mit II im Eltern- und Selbsturteil für wöchentliche Beobachtung
© K. Woitecki
© K. Woitecki
Kontrollierbarkeit im Eltern- und Selbsturteil
Effektstärken • Elternurteil: 1.46 • Selbsturteil: 0.50
Behandlungszufriedenheit Eltern- und Selbsturteil
© K. Woitecki
Schlussfolgerungen
Starke Veränderungen auf allen relevanten
Variablen während des Therapiezeitraums
Effekte bleiben nach 3 Monate-Katamnese stabil
Zusätzliche spezifische Effekte durch
Intensivtherapieintervention ließen sich nur in der
Selbstbeurteilung und Selbstbeobachtungsbögen
finden
Insgesamt starke Schwankungen der
Symptomatik
Grenzen, da begrenzte Stichprobengröße und
kein Vergleich zu einer randomisierten
Kontrollgruppe
Funktionales Störungsmodell und
verhaltenstherapeutische Ansatzpunkte
Aufbau THICS
Exploration
Psychoedukation
Selbstwahrnehmungstraining
Entspannung
Training inkompatibler Reaktionen
Bewältigung residualer Tic-Symptome
Selbstwahrnehmungstraining (awareness training)
Ziel: Sensibilisierung des Patienten für seine Tics
und deren Beeinflussbarkeit durch innere und
äußere Reize
Selbstwahrnehmungstraining
Selbstbeobachtung
Beschreibung der Tic-Reaktionen
Training der Reaktionserkennung
Training der Wahrnehmung situativer Einflüsse
Training zur Wahrnehmung früher Anzeichen einer Tic-Reaktion
Selbstwahrnehmungstraining
Selbstbeobachtung
Selbstbeobachtung
Selbstwahrnehmungstraining
Selbstbeobachtung
Beschreibung der Tic-Reaktionen
Beschreibung der Tic-Reaktion
Herausarbeitung des Ablaufs einzelner Tics
Beschreibung der Tic-Reaktion
Selbstwahrnehmungstraining
Selbstbeobachtung
Beschreibung der Tic-Reaktionen
Training der Reaktionserkennung
Training der Reaktionserkennung
Patient gibt Codewort/Zeichen, nachdem er
einen Tic ausgeführt hat
Selbstwahrnehmungstraining
Selbstbeobachtung
Beschreibung der Tic-Reaktionen
Training der Reaktionserkennung
Training zur Wahrnehmung früher Anzeichen einer Tic-Reaktion
Training Wahrnehmung früher Anzeichen
Tic unterdrücken
Rückmeldung wenn Vorgefühl erkennbar
Patient soll sein Code/Zeichen kurz vor Tic-
Ausführung geben
Ich gegen den Tic
Selbstwahrnehmungstraining
Selbstbeobachtung
Beschreibung der Tic-Reaktionen
Training der Reaktionserkennung
Training der Wahrnehmung situativer Einflüsse
Training zur Wahrnehmung früher Anzeichen einer Tic-Reaktion
Training Wahrnehmung situativer Einflüsse
Aufbau THICS
Exploration
Psychoedukation
Selbstwahrnehmungstraining
Entspannung
Training inkompatibler Reaktionen
Bewältigung residualer Tic-Symptome
Entspannungsverfahren
Ziel: Allgemeine Reduktion von Stress und
Anspannung
Unterbrechung des Teufelskreises:
Stress vermehrte Tics noch höherer Stress
noch mehr Tics
● Möglichst Entspannungsverfahren auch als
Selbstkontrolltechnik anwenden!
Methoden:
Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson
Autogenes Training
Atemübungen
Bildhaftes Vorstellen beruhigender Szenen
Aufbau THICS
Exploration
Psychoedukation
Selbstwahrnehmungstraining
Entspannung
Training inkompatibler Reaktionen
Bewältigung residualer Tic-Symptome
Training inkompatibler Reaktionen
Training inkompatibler Reaktionen
Kontingenzmanagement
Generalisierungstraining
Training inkompatibler Reaktionen (competing response training)
Zentrale Methode des Behandlungsprogramms
Ziel: Einübung einer motorischen Gegenbewegung zur Tic-Reaktion, die gegen das Auftreten des Tics gerichtet ist
Merkmale der Gegenbewegung:
Für jeden Tic eine spezifische Gegenbewegung
Nach Möglichkeit der Tic-Bewegung entgegen gerichtet
1-2 Minuten aufrecht zu erhalten
Weitgehend unauffällig durchführbar
Training inkompatibler Reaktionen (competing response training)
Durchführung:
Meist isometrische Anspannung der
Antagonisten
Erst in der Therapiesitzung einüben
Gegenreaktion etwa ein bis zwei Minuten lang
ausführen, wenn ein Tic-Impuls wahrgenommen
oder ein Tic ausgeführt wird
Nacheinander Gegenbewegungen für
verschiedene Tics erarbeiten
Training inkompatibler Reaktionen (competing response training)
Durchführung zu Hause:
Erst mit konkreten Zeiten beginnen (jeden Tag
30 Minuten)
Oder konkreten Situationen (immer beim Essen)
Oder konkreten Räumlichkeiten (immer in der
Küche)
Nach und nach ausweiten
Training inkompatibler Reaktionen (competing response training)
Beispiele: Tic:
Schulterwerfen nach oben
Vokaler Tic mit Mund (Geräusch, Wort, Satz)
Vokaler Tic mit Nase
Blinzeln
Kopf zurückwerfen
Lippen verziehen
Finger oder Hand
Augenbrauen hochziehen
Ellbogen schlagen
Nase rümpfen
Training inkompatibler Reaktionen (competing response training)
Beispiele:
Tic Gegenbewegung
Schulterwerfen
nach oben
Die Schulter wird mit leichter Anspannung für eine Minute nach
unten gezogen.
Vokaler Tic mit
Mund
(Geräusch,
Wort, Satz)
Den Mund schließen und eine Minute lang langsam durch die
Nase ein- und ausatmen (Ausatmung länger als Einatmung, z.B.
5 Sekunden ein und 7 Sekunden aus). Der Atemstrom soll beim
Wechseln Ein- Ausatmung zu keiner Zeit abreißen. Gleichzeitig
Versuch, Muskeln zu entspannen.
Vokaler Tic mit
Nase
Mund öffnen und durch den Mund ein- und ausatmen. Auch hier
soll der Atemstrom zu keiner Zeit abreißen.
Blinzeln Die Augen ganz weit öffnen oder Augen in einem langsamen
Rhythmus auf- und zumachen (ein Augenschlag pro 3-5
Sekunden) und ungefähr alle 5-10 Sekunden den Blick
zusätzlich nach unten zu wenden.
Kopf
zurückwerfen
Genickmuskeln anspannen und währenddessen Kinn langsam
senken. Kopf in einer geraden Position, Augen nach vorne
gerichtet halten.
Training inkompatibler Reaktionen (competing response training)
Beispiele:
Tic Gegenbewegung
Lippen
verziehen
Lippen aufeinander legen und leicht zusammenpressen.
Finger oder
Hand
Im Stehen: Hände vor dem Oberkörper falten und Hände
zusammendrücken
Im Sitzen: Hände auf Oberschenkel mit leicht gespreizten
Fingern drücken
Augenbrauen
hochziehen
Augenbrauen leicht hinunterziehen. Stirnmuskeln gerade
so viel anspannen, dass Augenbrauen nicht hochziehen
können.
Ellebogen
schlagen
Ellebogen seitlich an Körper halten und leicht anpressen.
Nase
rümpfen
Oberlippe nach unten ziehen und leicht Lippen
aufeinander pressen.
Der schlaue Trick gegen jeden Tic
Training inkompatibler Reaktionen
Training inkompatibler Reaktionen
Kontingenzmanagement
Generalisierungstraining
Kontingenzmanagement
Ziele: Positive Verstärkung einzelner
Behandlungsschritte
Förderung der Behandlungsmotivation des
Patienten
Direkte Symptomreduktion
Methoden:
Soziale Verstärkung und Anerkennung
Token-Systeme
Response-Cost-Verfahren
Training inkompatibler Reaktionen
Training inkompatibler Reaktionen
Kontingenzmanagement
Generalisierungstraining
Generalisierungstraining
Ziel: Unterstützung der in der Therapiesitzung
erworbenen Techniken auf das natürliche
soziale Umfeld
Methoden:
So lange in der Sitzung üben, bis entsprechende
Methode beherrscht wird
Konkrete Hilfestellungen zur Umsetzung im
Alltag
Positive Verstärkung der Umsetzung
Aufbau THICS
Exploration
Psychoedukation
Selbstwahrnehmungstraining
Entspannung
Training inkompatibler Reaktionen
Bewältigung residualer Tic-Symptome
Bewältigung
Unterstützung ist bei der Krankheitsbewältigung als Bestandteil der
Psychotherapie unverzichtbar.
Wichtige Themen:
• Psychoedukation: Verlauf, Prognose, Harmlosigkeit
• Wie erkläre ich meine Tics
- in der Schule
- gegenüber Fremden Rollenspiel
• Kognitive Umstrukturierung, wenn Tics zu Selbstabwertung führen
• verstärkte Ticsymptomatik im häuslichen Umfeld
Reframing: „Das ist ein Kompliment an Sie. Ihr Kind fühlt sich zu
Hause so wohl, dass es sich traut den Tics freien Lauf zu lassen.“
Grenzen des Verfahrens
Motivation wichtiger und kritischer Punkt
Umsetzung im Alltag kann schwierig sein
Nicht alle Patienten profitieren von dem
Verfahren
Häufig kann nur Kontrolle über einzelne
Situationen verbessert werden
Völlige Symptomfreiheit kann nicht erwartet
werden
Literatur
Bätz, K. & Döpfner, M. (2009). Tic-Störungen. In F. Petermann (Hrsg.), Fallbuch der
klinischen Kinderpsychologie und -psychotherapie (3. Aufl.). Göttingen: Hogrefe.
Döpfner, M. (1993). Tics. In H.-C. Steinhausen & M. von Aster (Hrsg.), Handbuch
Verhaltenstherapie und Verhaltensmedizin bei Kindern und Jugendlichen (2. Aufl. S.
161-186). Weinheim.: Beltz, Psychologie-Verlags-Union.
Döpfner, M., Rössner, V., Woitecki, K. & Rothenberger, A. (2010). Tic-Störungen.
Göttingen: Hogrefe.
Döpfner, M. & Rothenberger, A. (2008). Tic-Störungen. In F. Petermann (Hrsg.),
Lehrbuch der Klinischen Kinderpsychologie (6. vollst. veränd. Aufl.; S. 311-326).
Göttingen: Hogrefe.
Müller-Vahl, K. (2010). Tourette-Syndrom und andere Tic-Erkrankungen. Berlin:
Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.
Piacentini JC, Woods DW, Scahill L, Wilhelm S, Peterson AL, Chang S, Ginsburg GS,
Deckersbach T, Dziura J, Levi-Pearl S, Walkup JT (2010). Behavior Therapy for
Children With Tourette Disorder. A randomized Controlled Trial. Journal of the
American Medical Association. 303: 1929-1937.
Woods, D. W., Piacentini, J. C., Chang, S. W., Deckersbach, T., Ginsburg, G. S.,
Perterson, A.L., Scahill, L. D., Walkup, J. T. &Wilhelm, S. (2008) Managing Tourette
Syndrome, A Behavioral Intervention For Children And Adults. New York: Oxford
University Press.
Literatur
Woitecki K, Döpfner M (2011). Die Wirksamkeit der Reaktionsumkehr-Behandlung bei
Kindern und Jugendlichen mit chronischen Tic-Störungen – eine Pilotstudie. Zeitschrift
für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. 39(6): 387-397.
Woitecki K, Döpfner M (2012). Veränderung komorbider Symptome und subjektiver
Beeinträchtigung bei einer Reaktionsumkehr-Behandlung von Kindern und
Jugendlichen mit chronischen Tic-Störungen – eine Pilotstudie. Zeitschrift für Kinder-
und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. 40(3): 181-190.
Woitecki, K.& Döpfner, M. (2013). Therapieprogramm Tic-Störungen (THICS).
Göttingen: Hogrefe (in Vorbereitung).
Für Betroffene:
Hartung, S. (1995). ...sonst bin ich ganz normal: Leben mit dem Tourette-Syndrom.
Hamburg: Rasch und Röhring.
Huber, C. (2008). Vom Gewitter bis zum Sonnenschein. Pro BUSINESS Verlag.
Scholz, A. & Rothenberger, A. (2001). Mein Kind hat Tics und Zwänge: Erkennen,
verstehen und helfen beim Tourette-Syndrom. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Döpfner, M., Rössner, V., Woitecki, K. & Rothenberger, A. (2010). Ratgeber Tic-
Störungen. Göttingen: Hogrefe.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !