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Thymochinon - das Gelbe vom Öl

Date post: 24-Dec-2016
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W aren Sie schon einmal auf der Burg Pappenheim an der Altmühl in Franken? Ja, das ist die mit dem an- erkennenden Spruch über die Pappenheimer aus Schillers Wallensteins Tod. Inzwischen gebraucht man den Spruch aber eher ironisch. Was uns dort verblüffte, war der Burg- garten, ausgesprochen hübsch mit seltenen einheimischen Pflanzen. Kennen Sie „Gretel in der Heck“? Die hatte frü- her jeder Bauer im Garten. Sie heißt auch „Jungfer im Grü- 114 © 2014 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Chem. Unserer Zeit, 2014, 48, 114 – 122 DOI: 10.1002/ciuz.201400660 www.chiuz.de S ANDRO S PILLER | P ETER METTKE | HANS - U LLRICH S IEHL | K LAUS -P ETER Z ELLER | DIETER S ICKER | S TEFAN B ERGER Gourmets empfehlen uns exotische Pflanzen- öle wegen ihres besonderen Geschmacks und ihrer gesundheitlichen Effekte. Diese beruhen auf Triglyceriden mit essentiellen ungesättig- ten Fettsäuren, die uns tatsächlich helfen, körpereigene Eicosanoide aufzubauen. Aber auch alle, die Pferde halten, wissen, was Schwarzkümmelöl für sie leisten kann. Nicht nur essentielle Fettsäuren, auch Thymochi- non, das gelbe Prinzip des aus Schwarzküm- melsamen gepressten Öls spielt dafür eine Rolle. Die Medizinische Chemie untersucht in- tensiv die entzündungs- und krebshemmende Wirkung dieses strukturellen Winzlings. Das in geringer Menge im Öl enthaltene Thymo- chinon kann selektiv durch eine Wasser- dampfdestillation abgetrennt werden. Dieser Beitrag setzt die Reihe zur Isolie- rung und Spektro- skopie von Natur- stoffen fort und war Gegenstand zweier Bachelor- arbeiten. Sie folg- ten den Arbeiten nach, die zu Kapiteln im Buch „Classics in Spectroscopy“ von S. Berger und D. Sicker (Wiley- VCH 2009) führten. STECKBRIEF THYMOCHINON 2-Methyl-5-(1-methylethyl)-2,5-cyclohexadien-1,4-dion Synonym auch: 2-Isopropyl-5-methyl-1,4-benzochinon Aus dem Öl der Samen des Echten Schwarzkümmels Nigella sativa L. (Ranunculaceae) C 10 H 12 O 2 , Molmasse 164,2 g/mol CAS Registry Number: 490-91-5 Gelbe Kristalle, Schmp. 44 °C O O CH 3 H 3 C CH 3 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Abb. 1 Formel von Thymochinon. Abb. 3 Schwarz- kümmel im Bota- nischen Garten der Burg Pappen- heim. Ein Video zur Blütenöffnung (Dezember 2013) finden Sie unter http://www. youtube.com/ watch?v= 1HYuO0EP5sU. Spät entdeckt Thymochinon – das Gelbe vom Öl
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Page 1: Thymochinon - das Gelbe vom Öl

Waren Sie schon einmal auf der Burg Pappenheim ander Altmühl in Franken? Ja, das ist die mit dem an-

erkennenden Spruch über die Pappenheimer aus SchillersWallensteins Tod. Inzwischen gebraucht man den Spruchaber eher ironisch. Was uns dort verblüffte, war der Burg-garten, ausgesprochen hübsch mit seltenen einheimischenPflanzen. Kennen Sie „Gretel in der Heck“? Die hatte frü-her jeder Bauer im Garten. Sie heißt auch „Jungfer im Grü-

114 © 2014 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Chem. Unserer Zeit, 2014, 48, 114 – 122

DOI: 10.1002/ciuz.201400660www.chiuz.de

SANDRO SPILLER | PETER MET TKE | HANS-ULLRICH SIEHL | KLAUS-PETER ZELLER |DIETER SICKER | STEFAN BERGER

Gourmets empfehlen uns exotische Pflanzen-öle wegen ihres besonderen Geschmacks undihrer gesundheitlichen Effekte. Diese beruhenauf Triglyceriden mit essentiellen ungesättig-ten Fettsäuren, die uns tatsächlich helfen,körpereigene Eicosanoide aufzubauen. Aberauch alle, die Pferde halten, wissen, wasSchwarzkümmelöl für sie leisten kann. Nichtnur essentielle Fettsäuren, auch Thymochi-non, das gelbe Prinzip des aus Schwarzküm-melsamen gepressten Öls spielt dafür eineRolle. Die Medizinische Chemie untersucht in-tensiv die entzündungs- und krebshemmendeWirkung dieses strukturellen Winzlings. Dasin geringer Menge im Öl enthaltene Thymo-chinon kann selektiv durch eine Wasser-dampfdestillation abgetrennt werden.

Dieser Beitrag setztdie Reihe zur Isolie-rung und Spektro-skopie von Natur-stoffen fort undwar Gegenstandzweier Bachelor -arbeiten. Sie folg-ten den Arbeitennach, die zu Kapiteln im Buch„Classics in Spectroscopy“ von S. Berger undD. Sicker (Wiley-VCH 2009) führten.

S T EC K B R I E F T H Y M O C H I N O N

2-Methyl-5-(1-methylethyl)-2,5-cyclohexadien-1,4-dion Synonym auch: 2-Isopropyl-5-methyl-1,4-benzochinonAus dem Öl der Samen des Echten Schwarzkümmels Nigellasativa L. (Ranunculaceae)C10H12O2, Molmasse 164,2 g/molCAS Registry Number: 490-91-5Gelbe Kristalle, Schmp. 44 °C

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10 Abb. 1 Formel von Thymochinon.

Abb. 3 Schwarz-kümmel im Bota-nischen Gartender Burg Pappen-heim. Ein Video zurBlütenöffnung (Dezember 2013)finden Sie unterhttp://www.youtube.com/watch?v=1HYuO0EP5sU.

Spät entdeckt

Thymochinon –das Gelbe vom Öl

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nen“ oder „Braut in Haaren“ oder einfach nur EchterSchwarzkümmel (Abbildungen 2 und 3, Nigella sativa L.).Das ist ein Hahnenfußgewächs und nicht mit Kümmel oderKreuzkümmel, zwei Doldenblütlern, zu verwechseln. ImText der Sage finden Sie, wie es zu dem seltsamen Namenkam:

Nach einer Sage aus Österreich musste die reiche BauerntochterGretl ihrer Liebe zum armen Kleinbauernsohn Hans auf Befehl ihresVaters entsagen. Aber ihre Sehnsucht nach einander war grenzen-los. Und so wurden sie in Blumen verwandelt. „Gretl in der Heck“konnte so ihrem Hans nahe sein, der zu „Hansl am Weg“ wurde. Wir sagen „Wegwarte“ dazu. Beide blühen sie himmlisch hellblau.

Echter Schwarzkümmel stammt aus dem westlichen Asien,wächst aber auch in Indien, Nordafrika und Südeuropa. Dieeinjährigen krautigen Pflanzen sind behaart und eher un-scheinbar, besitzen aber attraktive fünfzählige, meist hell-blaue Blüten. Im Orient wird Schwarzkümmelsamen tradi-tionell als Gewürz, z.B. ähnlich wie Sesam auf Fladenbrot,aber auch als Medizin verwendet. Auf den Propheten Mo-hammed selbst soll der Spruch „Schwarzkümmel heilt jedeKrankheit – außer den Tod“ zurückgehen. Das dürfte leichtübertrieben sein, war aber sicher werbewirksam. Heutekönnen Sie stattdessen bei Jean Pütz Interessantes darübererfahren [1].

Die Naturheilkunde kennt Anwen-dungen gegen Allergien, Schuppen-flechte, Asthma und Schwanger-schaftsbeschwerden. Schon vor 100Jahren erwähnt Merck’s Warenlexikonfür Handel, Industrie und Gewerbeden Samen „als Gegenstand des Dro-genhandels und der tierärztlichen Pra-xis“. Tatsächlich verwendet man inÄgypten traditionell Schwarzkümmelin der Pferdepflege (Abbildung 4); seitJahrhunderten ist man vom Nutzenüberzeugt.

Fragen wir heute eine Reiterin da-nach, so lautet ihre Antwort: „Man kann Schwarzkümmel-öl oder Schwarzkümmel als Zusatzfutter geben, das stärktdie körpereigene Abwehr, Lunge und Darm. Ich nehmeSchwarzkümmelöl gegen Fliegen und Mücken, wenn ichausreite (etwas auf den Kopf, Bauch, Rücken und Hals ge-strichen – beim Pferd!) und manchmal bei der Fellpflege,vor dem Striegeln etwas übers Fell gesprüht – dann glänzensie total.“ Wer mehr darüber wissen will, den verweisenwir auf eine Internet-Futterberatung [2]. Wesentlich sindauf jeden Fall die essentiellen Fettsäuren in den Trigylceri-den des Öls, aber auch das Thymochinon, weswegen wirSchwarzkümmelöl als Quelle zur Isolierung nutzten.

Schwarzkümmel, in Maßen angewendet, gilt auch fürden Menschen als ungefährlich. Übertreiben sollte man esaber nicht (Paracelsus lässt grüßen!), denn andere Be-standteile wie die Alkaloide Damascenin (auch: Nigellin)[3] oder die wegen ihrer Betain-Struktur einzigartigen In-dazol-Alkaloide Nigellicin, Nigeglanin und Nigellidin [4] sindbioaktiv und nicht als harmlos anzusehen (Abbildung 5).

Oft ist es so, dass ein Naturstoff entdeckt wird, es aberüber 100 Jahre dauert, bis man seine Struktur entschlüsselthat. Hier war es genau umgekehrt. Das strukturell einfacheThymochinon kannte man als „Chemikalie“ schon seit 1854.Erst über 100 Jahre später, im Jahr 1963, entdeckte man esals Naturstoff. Thymochinon erhält man bei der Oxidation

Chem. Unserer Zeit, 2014, 48, 114 – 122 © 2014 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 115

N AT U R S TO F F E I S O L I E R E N U N D C H A R A K T E R I S I E R E N T H Y M O C H I N O Nwww.chiuz.de

Abb. 2 Schwarzkümmel (Foto: Krist, Buchbauer, Klausberger, Lexikon der pflanzlichen Fette und Öle, Springer-Verlag, Wien 2008, 404-407, 501. With kind permission of SpringerScience+Business Media).

Braut in HaarenOb sie auch schön von Angesicht,Eine vornehme Blume ist sie nicht.Aus der Reichen Gärten ist die verbanntUnd aus den Städten hinaus aufs Land,Die Blume Braut in HaarenIm Bauerngarten auf dem BeetWo brennende Lieb’ und Raute steht,Da ist sie immer noch gern gesehn,Da seh’ ich als Wandrer oft sie stehn,Die Blume Braut in HaarenDann tret’ ich hin an den Gartenzaun,Um ihr in das Angesicht zu schaun.Wir beide stehn uns auf du und du,Sie sieht mich an, und ich nick ihr zu:Guten Morgen, Braut in Haaren

Johannes Trojan (1837–1915)

Abb. 4 Schwarz-kümmelöl für diePferdezucht.

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des Naturstoffs Thymol mit Braunstein im sauren Milieu zu„Thymoil“ [5]. Das war der 1854 von Lallemand vergebeneerste Name dafür. Noch war die Summenformel C12H16O2

nicht korrekt, aber die beschriebenen Eigenschaften stimm-ten bis hin zum eigentümlich aromatischen Geruch.

Der Name „Thymochinon“ wurde erst 1871 von Cars-tanjen aus „Kolbe’s Laboratorium“ (!) in Leipzig vergeben[6]. Er fand durch eine gründliche Untersuchung der Re-aktionen die korrekte Summenformel, jedoch noch nichtdie richtige Konstitution. Während Thymol weit verbreitetvorkommt, ist Thymochinon als Naturstoff ein Exot. Es wur-de zuerst als Inhaltsstoff des Schwarzkümmels beschrieben[7] und kürzlich auch im Syrischen Oregano, einem Lip-penblütler, gefunden [8].

Thymochinon ist auch in der Pflanze als ein Oxidati-onsprodukt des Thymols anzusehen [9]. Thymol, nach demThymian benannt, wirkt bakterizid und fungizid. Nach sei-ner Biogenese gehört es zu den Monoterpenen. Es ist wieGeraniol, Pulegon oder Menthon außergewöhnlich, da esnicht nach dem klassischen Acetat-Mevalonat-Weg sonderndem alternativen Triosephosphat-Pyruvat-Weg gebildetwird, wie durch Isotopenmarkierungsexperimente (13C) ge-funden wurde [10].

116 © 2014 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Chem. Unserer Zeit, 2014, 48, 114 – 122

N AT U R S TO F F E I S O L I E R E N U N D C H A R A K T E R I S I E R E N T H Y M O C H I N O Nwww.chiuz.de

N

H3COOCH3

OH3C H

Damascenin Nigellicin Nigeglanin Nigellidin

NN

NN

NN

H3C

OHO

O

H3C

O

H3C

O

OH

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O

Ubichinon-10 (Coenzym Q10)

H3CO

H3CO

CH3

H

CH310

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OH

H3CO

H3CO

CH3

H

CH3

Ubihydrochinon Doxorubicin (Zytostatikum)

10

O

H2N

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H3C

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O

H3CO OH

OH

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OH

O

OH

A B B . 6 W E I T E R E N AT Ü R L I C H E p- B E N ZO C H I N O N E

A B B . 5 A L K A LO I D E I M S C H WA R Z K Ü M M E L Ö L

O

O

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O

O

O

OH

O

O

O

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O

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O

OH

H

+

Thymochinon(TC)

Semichinon-Radikalanion

O

O

+

Dihydrothymochinon-Anion

Dithymochinon

Thymochinonradikal(mesomeriestabilisiert)

+ O2 , - O2

Dihydrothymochinon-Dianion

+ ekathodischeReduktion

Elektronentransfer

SynproportionierungO

O

++ Licht

+ O2, - O2

O

O

O

O

+

Thymochinon

wobei diesesweiterreagierenkann:

Disproportionierung

2

A B B . 8 R E D OX V E R H A LT E N VO N T H Y M O C H I N O N

Das Schema basiert auf Lit [12].

Nicht wahr, wenn er sie geebnet hat, streut er Schwarzkümmel undKreuzkümmel aus, sät Weizen, Hirse und Gerste auf sein Feld undDinkel an die Ränder. 

Sein Wissen hat er von Gott, der ihn unterwiesen hat, wie er vor-gehen soll. 

Den Schwarzkümmel drischt er nicht mit dem Dreschschlittenaus, er fährt auch nicht mit einem Wagenrad über den Kreuzküm-mel. Nein, beide klopft er mit dem Stock aus. 

Jesaja, Buch 28, 25–27.

Abb. 7 Schwarzkümmelsamen.

Page 4: Thymochinon - das Gelbe vom Öl

Die Entdeckung des Naturstoffs Thymochinon vor 50 Jahren und die traditionelle volksmedizinische Nutzungdes Echten Schwarzkümmels gaben den Anstoß, sich ernst-haft mit der physiologischen Wirkung zu befassen. Einerchinoiden Struktur prinzipiell immanent ist die Redoxakti-vität des Redoxpaars mit dem korrespondierenden Hydro-chinon. Auffallend ist das Thymochinon-Dihydrothymochi-non-Redoxpaar sowohl wegen seiner entzündungshem-menden und antioxidativen als auch wegen seinerAntikrebswirkung. Dazu existiert mittlerweile eine Füllevon Arbeiten, die kürzlich mit dem Blick auf die molekula-ren Wirkmechanismen zusammengestellt wurden [11]. Thy-mochinon ist noch auf andere Weise reaktiv. Unter Licht-einwirkung dimerisiert es in einer (2+2)-Cycloaddition zuDithymochinon.

Um das physiologisch wirksame Redoxverhalten besserzu verstehen, wurde das Redoxsystem jüngst mittels Cy-clovoltammetrie, Spektroelektrochemie und ESR-Spektro-skopie analysiert [12]. Wie erwartet, erwies sich das Dihy-drothymochinon ähnlich wie Ubihydrochinon, die redu-zierte Form des Ubichinons-10 (= Coenzym Q10 inAbbildung 6), als starkes Antioxidans. Auch Thymochinonselbst zeigt ein interessantes elektrochemisches Verhalten(Abbildung 8): Es kann z.B. gegenüber dem Superoxidradi-kalanion als Radikalfänger wirken. Das ist offenbar die Quel-le seiner biologischen Aktivität.

Für diesen Bericht haben wir entsprechend den Anga-ben von [12] das Semichinon-Radikalanion präpariert (sup-porting information) und das in Abbildung 9 gezeigte ESR-Spektrum aufgenommen. Dieses lässt sich mit den in der Li-teratur [12] angegebenen Parametern aH = 2,02 (3H), aH =2,16 (1H), aH = 2,10 (1H)und aH = 1,28 (1H), g = 2,0048 si-mulieren.

Redox-Prozesse bestimmen auch das Erscheinungsbildder FAB-Massenspektren des Thymochinons im negativenund positiven Modus. Näheres dazu wird in der supportinginformation diskutiert.

Es ist kein Wunder, dass obige Befunde die Medizini-sche Chemie elektrisierten. So wurde 2011 in einer Dis-sertation der Universität Bayreuth unter anderem über eineKombinationstherapie des chemoprotektiv wirksamen Thy-mochinons mit dem etablierten Zytostatikum Doxorubicin(ein Anthrachinonderivat, siehe Abbildung 6) berichtet [13].In vivo zeigten sich dabei verminderte Nebenwirkungendes Doxorubins, in einigen Fällen eine Wirkungssteigerungund sogar die Überwindung von Resistenzen. Im scheinba-ren „Winzling“ Thymochinon steckt also sehr viel Poten tial[14].

Die Synthese durch Oxidation von billigem (syntheti-schen) Thymol, zum Beispiel mit Wasserstoffperoxid, er-laubt es, Thymochinon in großem Umfang herzustellen (Ab-bildung 10).

Die Isolierung ist dagegen eher aufwändig. Zum Ab-trennen des wenigen im Schwarzkümmelöl enthaltenenThymochinons eignet sich hervorragend eine Wasser-dampfdestillation. Diese seit Jahrhunderten angewendete

Chem. Unserer Zeit, 2014, 48, 114 – 122 © 2014 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 117

N AT U R S TO F F E I S O L I E R E N U N D C H A R A K T E R I S I E R E N T H Y M O C H I N O Nwww.chiuz.de

A B B . 9 E S R- S PE K T R U M D E S S E M I C H I N O N -

R A D I K A L A N I O N S

Wir danken Dr. Christiane Albrecht für diePräparation undDr. Bettina Jee fürdie ESR-Messungdes Radikals.

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OOHOH

m-Kresol Thymol ThymochinonPropen

+ p, T, Kat. H2O2

A B B . 1 0 S Y N T H E S E VO N T H Y M O C H I N O N

0

10000

20000

30000

200 220 240 260 280 300λ / nm λ / nm

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ε /(c

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ε /(c

m2

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)

A B B . 1 1 U V- S PE K T R U M I N E T H A N O L

Gurken-Dip mit Joghurt (http://www.forum-naturheilkunde.de, Dezember 2013)Zutaten für 4 Personen:2 Salatgurken1 mittelgroße Zwiebel3 EL Olivenöl2 TL SchwarzkümmelsamenMeersalz und Pfeffer250 Gramm Naturjoghurtfrisch gehackter Dill Salatgurken mit Schale – aus kontrolliert biologischem Anbau –waschen und in Scheiben schneiden. Die Zwiebel feinhacken,Schwarzkümmelsamen in einer Pfanne kurz anrösten und ausküh-len lassen. Alle Zutaten unterheben und zum Schluss mit Dill be-streuen. Der Dip schmeckt gut zu Rohkost, Getreide-Bratlingen oderDinkelvollkornbrot.

Page 5: Thymochinon - das Gelbe vom Öl

Methode wird normalerweise genutzt, um aus pflanzlichenRohstoffen (Blüten, Blätter, Rinde, Früchte, Wurzeln) wohl-riechende ätherische Öle für Parfüms, Badezusätze und ähn-liches zu gewinnen. Auf dem Markt befinden sich Hunder-te zum Teil aus exotischen Quellen gewonnene, oft auchsehr teure ätherische Öle.

Das Wesen der Methode besteht darin, dass schwer-flüchtige hydrophobe Stoffe zusammen mit Wasserdampfals Trägermittel aus dem komplex zusammengesetzten Roh-material herausdestilliert werden können. Die Dampfdrückedes Wassers und die der flüchtigen organischen Verbin-dungen addieren sich zum Umgebungsdampfdruck. BeimSieden liegt also ein Substanzgemisch vor, das neben vielWasser diese flüchtigen Anteile enthält.

Die Siedetemperatur liegt immer unter der des reinenWassers. Die Wasserdampfdestillation ist somit eine Formder azeotropen Destillation. Als Destillat fällt ein Azeotropan, das destillativ nicht weiter trennbar ist. Da dies bei ei-ner (relativ) niedrigen Siedetemperatur von knapp unter-halb von 100 °C geschieht, ist die Methode eher als „ther-misch mild“ einzustufen, wenn man diese Temperatur mitdem Siedepunkt der reinen wasserdampfflüchtigen Kom-ponenten von ca. 150–300 °C vergleicht.

Nach dem Kühlen der Dämpfe erhält man wegen derNichtmischbarkeit der organischen Komponenten mit Was-ser in der Vorlage meist eine Emulsion, aus der das ätheri-sche Öl per Scheidetrichter oder Extraktion abgetrennt wer-den kann. Feste Destillatanteile, wie Thymochinon, könnenzu einer Suspension führen, die durch Filtrieren oder Ex-trahieren aufgearbeitet wird.

Strukturelle Voraussetzung für Wasserdampfflüchtigkeitsind eine ausreichend große Hydrophobie und ein hinrei-chend hoher Dampfdruck. Als Orientierung gelten 10 mbarbei 100 °C. Das ist eine Bedingung, die beispielsweise gutdurch Monoterpenoide und Sesquiterpenoide mit 10–15 C-Atomen und keinen oder nur wenigen polaren Gruppen er-füllt wird. Das sind die typischen Aromastoffe der Parfüm-industrie. Hydrophobe Substanzen wie fette Öle (Triglyce-ride) oder Wachse erfüllen diese Dampfdruck-Bedingungnicht, denn ihre Molmasse ist zu hoch. Sie sind daher nichtwasserdampfflüchtig, obwohl sie hydrophob sind. Kleinehydrophile Moleküle wie Traubenzucker dagegen habenzwar eine niedrige Molmasse, werden aber an ihren zahl-reichen OH-Gruppen vom Wasser über Wasserstoffbrü-ckenbindungen wie mit Zangen festgehalten. Sie sind ausdiesem Grund nicht flüchtig. Die sehr selektive Trennme-thode ist in bestimmten Fällen natürlich auch auf Synthe-segemische anwendbar.

Das Besondere im Fall des Thymochinons aus Schwarz-kümmelöl besteht nun darin, dass hier aus dem hydropho-ben, aber bei 100 °C nicht flüchtigen, flüssigen Öl, eine nurkleine Menge des ebenfalls flüssigen ätherischen Öls he-rauszudestillieren ist, das das Thymochinon enthält. Diesespräparative Kunststück erfordert besondere Umsicht (siehesupporting information).

118 © 2014 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Chem. Unserer Zeit, 2014, 48, 114 – 122

N AT U R S TO F F E I S O L I E R E N U N D C H A R A K T E R I S I E R E N T H Y M O C H I N O Nwww.chiuz.de

%T

4000 Wellenzahlen (cm-1)

3000 2000 1 500 1000 500

100 95 90 85 80 75 70 65 60 55 50 45 40 35 30 25 20 15 10

A B B . 1 2 I R- S PE K T R U M I N K B r

3 6 8 7 9/10

A B B . 1 4 4 0 0 - M H Z- 1H - N M R- S PE K T R U M I N C D C l 3

Wir können uns hiervon durch den Augenschein überzeugen, wennsolche zusammengesezte Kapseln nach der Reife von einanderspringen, da denn jeder Theil derselben sich uns als eine eröffneteHülse oder Schote zeigt. Eben so sehen wir bey verschiedenen Arteneines und desselben Geschlechts, eine ähnliche Wirkung regelmä-ßig vorgehen; z. B. sind die Fruchtkapseln der Nigella orientalis, inder Gestalt von halb miteinander verwachsenen Hülsen, um eineAxe versammlet, wenn sie bey der Nigella Damascena völlig zusam-men gewachsen erscheinen.

Johann Wolfgang Goethe (1749–1832) Der Versuch die Metamor-phose der Pflanzen zu erklären Kap. 12, §78

Abb. 13 Von J. W. Goethe selbst präparierter Schwarzküm-mel, Daueraustellung „Lebensfluten – Tatensturm“2012–2017 Nationalmuseum Weimar.

Page 6: Thymochinon - das Gelbe vom Öl

UV-SpektrumDas UV-Spektrum in Ethanol (Abbildung 11) zeigt eineπ→π*-Bande mit einem Maximum bei 252 nm, einer Schul-ter und einem Absorptionskoeffizienten ε von fast 25000cm2 × mmol-1. Diese Daten entsprechen denen des Grund-körpers p-Benzochinon, aber die dort zu beobachtenden→π*-Bande um 440 nm ist beim Thymochinon nur sehr ge-ring (ε = 25) ausgeprägt [15] und deswegen in einem zwei-ten Diagramm gezeigt, das bei höherer Konzentration ge-messen wurde.

Typisch für p-Benzochinone ist im IR-Spektrum diedurch Fermi-Resonanzen aufgespaltene Carbonylbande um1660 cm–1, deren Frequenz durch die doppelt ungesättigteBindungssituation bestimmt wird (Abbildung 12) [16]. Au-ßerdem sieht man natürlich CH-Valenzschwingungen vonsp2- und sp3-Zentren zwischen 3100 und 2900 cm–1.

1H-NMR-Spektrum (400 MHz in CDCl3)Verglichen mit den bisher besprochenen Substanzen dieserNaturstoffserie sind die NMR-Spektren von Thymochinonerfreulich einfach (Abbildung 14). Bei δH = 1,13 finden wirdas Dublett der Methylgruppen 9 und 10 mit J = 6,94 Hz,gefolgt von dem Methylgruppensignal von H-7 bei δH = 2,04mit einer Long-range-Kopplung von 1,58 Hz. Das Signal desMethinprotons 8 der Isopropylgruppe erscheint als Septettbei δH = 3,03 und zeigt eine zusätzliche Long-range-Kopp-lung zu H-6 von 1,18 Hz. Diese findet sich wieder in demolefinischen Dublett bei δH = 6,52, welches deswegen H-6zugeordnet werden muss. H-3 bei δH = 6,60 erscheint alsLong-range-Quadruplett infolge der Kopplung zur Methyl-gruppe H-7. Der Umstand, dass H-6 etwas stärker abge-schirmt ist als H-3, ist wohl dem stärkeren +I-Effekt der Iso-propylgruppe zuzuschreiben.

Die COSY- und NOESY-Spektren bestätigen die getrof-fenen Zuordnungen und sind in der supporting informa-tion wieder-gegeben.

APT-13C-NMR-SpektrumWährend die drei aliphatischen Signale des 13C-NMR-Spek-trums (Abbildung 15) auf Grund allgemeiner Kenntnis zur13C-chemischen Verschiebung sofort zugeordnet werdenkönnen [17] (C-7: δC = 15,4; C-9,10: δC = 21,4; C-8: δC =26,5), ist die gesicherte Einzelzuordnung im olefinischen-und Carbonylteil des Spektrums nur mit Hilfe des HSQC-(siehe supporting information) und des HMBC-Spektrumsmöglich. Das HSQC-Spektrum zeigt zunächst, dass die Rei-henfolge der beiden olefinischen CH-Signale die gleiche istwie die der entsprechenden Protonensignale (C-6: δC =130,6; C-3: δC = 133,8).

HMBC-SpektrumDas HMBC-Spektrum klärt die restlichen Zuordnungsfragen(Abbildung 16).

Das Signal des quartären C-Atoms bei δC = 145,2 ist ver-knüpft mit den Protonen H-7 und H-6 und wird daher C-2zugeordnet. Das Signal des quartären C-Atoms bei δC =155,0 ist verknüpft mit den Protonen H-9/10, H-8 und H-3und wird daher C-5 zugeordnet. Das Carbonylsignal bei δC = 187,4 zeigt Kopplungen zu H-8 und H-6 jeweils überdrei Bindungen und gehört damit zu C-4, während das Sig-nal bei δC = 188,6 Kopplungen zu H-7 und H-3 aufweist, wel-che seine Zuordnung zu C-1 absichern.NMR-chemische Verschiebungen können mit quantenche-mischen Methoden berechnet werden und auch mithilfe

Chem. Unserer Zeit, 2014, 48, 114 – 122 © 2014 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 119

N AT U R S TO F F E I S O L I E R E N U N D C H A R A K T E R I S I E R E N T H Y M O C H I N O Nwww.chiuz.de

1 4 5 2 3 6

8 9/10 7

A B B . 1 5 1 0 0 - M H Z- A P T- 1 3C- N M R- S PE K T R U M I N C D C l 3

3 6 8 7 9/10

63

2

5

41

A B B . 1 6 AU S S C H N I T T AU S D E M 2 D - H M B C- S PE K T R U M I N C D C l 3

Abb. 17 Mit Ab-initio-Methoden berechnete 3D-Molekülstruktur von Thymochinon.

Page 7: Thymochinon - das Gelbe vom Öl

von empirischen Inkrement-Systemen in Kombination mitDatensammlungen von experimentell in Lösung gemesse-nen NMR-Spektren vorhergesagt werden. Ab initio, d.h. oh-ne empirische Annahmen, können NMR-chemische Ver-schiebungen mit numerischen Näherungsmethoden zur Lö-

sung der Schrödingergleichung für beliebige molekulareSysteme als zweite Ableitung der Energie nach den Kern-koordinaten und dem äußeren Magnetfeld genau berechnetwerden. Der Rechenaufwand ist abhängig von Molekül-größe, Konformationsgleichgewichten, Berücksichtigungvon intermolekularen Wechselwirkungen, Lösungsmittelef-fekten, etc. (Abbildung 17).

Ein Vergleich der experimentell in CDCl3 gemessenen13C-NMR-chemischen Verschiebungen von Thymochinonmit Abschätzungen mithilfe eines empirischen Inkrement-systems und mit quantenchemisch berechneten Verschie-bungsdaten (Tabelle in supporting information) zeigt rechtgute Übereinstimmungen. Die Reihenfolge der Signale wirdfür beide Methoden richtig wiedergegeben. Die mit einemempirischen Inkrement-System (ChemBiodraw®) abge-schätzten Verschiebungen zeigen eine sehr geringe maxi-male Abweichung von ca. ± 2 ppm von den gemessenenWerten. Die quantenchemisch für eine isolierte Thymochi-non-Struktur ohne Skalierung und ohne Berücksichtigungvon Lösungsmittel-Einflüssen berechneten 13C-NMR-chemi-schen Verschiebungen zeigen für einzelne Positionen deut-lich größere Abweichungen.

EI-MassenspektrumWie in Abbildung 19 ausgeführt, ist die EI-induzierte Frag-mentierung des Thymochinons (Abbildung 18) durch De-carbonylierungsschritte und CH3-Abspaltungen geprägt, diein unterschiedlicher Abfolge zum intensivsten Ion der Zu-sammensetzung C7H9

+ (m/z = 93) führen. Die beim un-substituierten 1,4-Benzochinon dominante Abspaltung vonEthin aus dem Molekülion [18, 19], die auf das Thymochi-non übertragen durch Verlust von Propin und 3-Methylbu-tin zu C7H6O2

+• (m/z = 124) bzw. C5H4O2+• (m/z = 96) füh-

ren sollte, spielt keine Rolle. Ein Ion bei m/z = 124 wirdpraktisch nicht gefunden und das Ion bei m/z = 96 hat ge-mäß präziser Massenbestimmungen die ZusammensetzungC6H8O+•. Es entsteht, wie in Abbildung 20 skizziert, nachdem ersten Decarbonylierungsschritt durch Desintegrationdes m/z = 136-Ions. Wird statt Propin 3-Methylbutin als Neu-tralteilchen eliminiert, so entsteht analog C4H4O+• (m/z =68). Nachfolgende Decarbonylierung führt von m/z = 68bzw. 96 zu den ionisierten Alkinen C3H4

+• (m/z = 40) bzw.C5H8

+• (m/z = 68). Der Beitrag von C5H8+• zum Gesamtpe-

ak bei m/z = 68, der überwiegend aus C4H4O+• besteht, istgering.

Die Annahme, dass zuerst C-1 als CO eliminiert wird, istwillkürlich. Wird primär C-4 als CO abgetrennt, so entste-hen über isomere Zwischenstufen die identischen Frag-mente m/z = 108 und 93. Aus den ionisierten Alkinen kön-nen durch H•- bzw. CH3

•-Abspaltungen C,H-Fragmente mitgerader Elektronenzahl entstehen (Abbildung 20). Grund-sätzlich ist anzumerken, dass für die C,H-Fragmente im un-teren Massenbereich auch andere Entstehungsweisen vor-stellbar sind (s. dazu auch die supporting information).

Das Auffinden von C7H7+ (m/z = 91) und C6H5

+-Ionen(m/z = 77) beträchtlicher Intensität im EI-Massenspekrum

120 © 2014 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Chem. Unserer Zeit, 2014, 48, 114 – 122

N AT U R S TO F F E I S O L I E R E N U N D C H A R A K T E R I S I E R E N T H Y M O C H I N O Nwww.chiuz.de

39

53

68

77 91

93

108

121

136

149

164

0

20

40

60

80

100

30 50 70 90 110 130 150 170

% In

tens

ität

m/z

A B B . 1 8 E I - M A S S E N S PE K T R U M VO N T H Y M O C H I N O N

O

O

CH3

CH3

CH3

M+ , m/z = 164

O

O

H− CH3

O

O

H

m/z =149

− CO − CO

O O

− CH3

m/z = 136 m/z = 121

− CO − CO

m/z = 108

− CH3

m/z = 93

1

4

A B B . 1 9 D EC A R B O N Y L I E R U N G E N U N D M E T H Y L A B S PA LT U N G E N

I M M A S S E N S PE K T R U M VO N T H Y M O C H I N O N

Page 8: Thymochinon - das Gelbe vom Öl

des Thymochinons versetzt uns in Erstaunen, denn diese Peaks werden normalerweise mit Benzyl- und Phenyl-Struk-tureinheiten im Ausgangsmolekül in Verbindung gesetzt.Wie können diese Ionen aber aus Thymochinon entstehen?Wir sind uns da auch nicht sicher, wagen aber in der sup-porting information einen Erklärungsversuch. Fest stehtauf jeden Fall: Das Thymochinon hat es auch aus massen-spektroskopischer Sicht in sich!

FragenA. Wie kann man erklären, dass Thymochinon gelb aus-

sieht? Wovon ist der Substanzklassen-Name Chinone ab-geleitet worden?

B. Im Redoxpaar p-Benzochinon – Hydrochinon gibt es fürbeide Seiten eine elektronische Stabilisierung. Worinbesteht sie?

C. Bei azeotropen Destillationen im Labor dient Wassernormalerweise nicht wie hier als Schleppmittel, son-dern wird selbst herausgeschleppt. Wie heißt das dazubenutzte Gerät? Welche Schleppmittel verwendet manz.B. dabei? In welchen Fällen kommt das vor?

D. Geben Sie an, was wasserdampfflüchtig ist und wasnicht: Amygdalin, Anethol, Campher, Carvon, Glucose,Hesperidin, Lactose, Limonen, Menthol, 2-Nitrophenol,4-Nitrophenol, Patchoulialkohol, Raffinose, Saccharose,Zimtaldehyd. Begründen Sie es.

E. Warum sind ortho-Benzochinone immer tiefer gefärbtals para-Benzochinone?

F. Durch einen Hochauflösungsscan wurden folgendeexakte Massen bestimmt: m/z = 164,085; 136,082 und108,092. Diese stimmen im Rahmen der Messgenauig-keit mit den Summenformeln C10H12O2 (164,084);C9H12O (136,088) und C8H12 (108,094) überein. WelcheStrukturinformationen können Sie daraus ableiten?

G. Ist es zwingend erforderlich, dass in beiden Elektronen-stoß-induzierten Decarbonylierungsschritten (Abb. 19)jeweils eine neue σ-Bindung ausgebildet wird?

H. Machen Sie einen mechanistischen Vorschlag für dieBildung von m/z = 68 und 96 aus m/z = 136 (Abb. 20).

ZusammenfassungThymochinon wurde durch Wasserdampfdestillation aus gel-bem Schwarzkümmelöl gewonnen und durch Säulenchro-matographie gereinigt. Alle analytischen Spektren sind voll-ständig entweder im Hauptteil oder in der supporting infor-mation wiedergegeben. Die NMR- sowie die Massenspektrenwerden eingehend interpretiert und mit theoretischen Be-rechnungen der 13C-chemischen Verschiebungen verglichen.Das Projekt stellt eine Fortsetzung des Buches „Classics inSpectroscopy“ von S. Berger und D. Sicker (Wiley-VCH 2009)dar.

SummaryThymoquinone has been obtained by steam distillation fromthe yellow cold pressed oil of the seeds of Nigella sativa L. andpurified by column chromatography. All analytical spectra

were recorded and are reproduced either in the main part orin the supporting information. The NMR- and mass-spectrahave been interpreted and compared with theoretical calcu-lations of the 13C chemical shifts. The project is a follow up ofthe recent book „Classics in Spectroscopy“ by S. Berger und D. Sicker (Wiley-VCH 2009).

SchlagwörterNaturstoffisolierung, Spektroskopie, Ab-initio-Berechnung,Thymochinon

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(17.11.2013).[2] www.pferdefutter-beratung.de/pferdefutter/schwarzkuemmel-

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Chem. Unserer Zeit, 2014, 48, 114 – 122 © 2014 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 121

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O

− CO − CO

m/z = 136

A B

A B

OO OO

m/z = 68 m/z = 96

− H − H

− CH3m/z = 40 m/z = 39 m/z = 68

m/z = 67

m/z = 53

A B B . 2 0 BA L K I N - A B S PA LT U N G . . .

... aus dem Fragment bei m/z = 136 ([M-CO]+•) und Folgeprozesse

Page 9: Thymochinon - das Gelbe vom Öl

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Die AutorenH.-U. Siehl, K.-P. Zeller und S. Berger studierten zusammen Chemie an der Universität Tübingen in den Sechzigern des letzten Jahrhunderts. Alle drei ver-brachten Post-doc-Jahre im Ausland und sind heute an den Universitäten Ulm,Tübingen und Leipzig tätig. D. Sicker studierte Chemie in Leipzig und ist hierapl. Professor für Organische Chemie, sein besonderes Interesse gilt den Na-turstoffen. P. Mettke und S. Spiller waren Studenten an der Universität Leipzigund isolierten bei D. Sicker und S. Berger Thymochinon im Rahmen ihrer Bachelorarbeit.

KorrespondenzautorProf. Dr. Stefan BergerDenkmalsblick 1404277 [email protected]

122 © 2014 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Chem. Unserer Zeit, 2014, 48, 114 – 122

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