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THEMA: Zwingli - Kirchenbote SGZwingli beschwerte, luden diese im Januar 1523 zur «Ersten Zürcher...

Date post: 11-Oct-2020
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THEMA: Zwingli PROPHET DER GOTTUNMITTELBARKEIT, DER UNVERMITTELTEN, DIREKTEN GOTTESBEZIEHUNG DER EVANGELISCH-REFORMIERTEN KIRCHE DES KANTONS ST.GALLEN www.kirchenbote-sg.ch 1 / 18
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Page 1: THEMA: Zwingli - Kirchenbote SGZwingli beschwerte, luden diese im Januar 1523 zur «Ersten Zürcher Disputation» ein. 600 Personen versammelten sich im Rathaus, THEMA Huldrych Zwingli

THEMA:

ZwingliPROPHET DER GOTTUNMITTELBARKEIT, DER UNVERMITTELTEN, DIREKTEN GOTTESBEZIEHUNG

DER EVANGELISCH-REFORMIERTEN KIRCHE DES KANTONS ST.GALLEN www.kirchenbote-sg.ch

1 /18

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2 AUSGABE 1/2018

IM ANFANG

Im Glauben ist Gott daText: Huldrych Zwingli | Bild: as

Zwinglis in Latein verfasste Abhandlung «Die Vorsehung» von 1530 enthält einen Exkurs über den Glauben — Glauben nicht an Sakra-mente, Wunder oder Glaubenssätze, sondern an Gott. Und nicht die Kirche mit ihren ver-mittelnden Gaben führt die Seele in die Ge-meinschaft mit Gott, sondern Glaube. Gott selber gibt in seiner Vorsehung dem Men-schen den Glauben und so sich selber. Zwingli erklärt dies hier anhand von Hebräer 11, 1.

«‹Der Glaube ist›, sagt der Apostel, ‹das We-

sen der erhofften Dinge und die Offenbarung

und das Begreifen der unsichtbaren Dinge

(Hebr. 11,1).› So übersetzten wir Wort für

Wort aus dem Griechischen. [...] Also ist es

die Meinung des Apostels, dass der Glaube

die Essenz oder Substanz der erhofften Dinge

ist, das heisst: eine wesentliche Sache der

Seele, nicht eine oberflächliche oder unbe-

gründete Meinung oder Gesinnung, die man

bald so hat oder festhält, bald aber anders,

sodass es unsicher ist, welches von den

beiden das Richtige ist. Sondern er meint ein

festes und wesentliches Vertrauen der Seele,

mit dem sie ganz, wie sie auch immer ist, auf

die erhofften Dinge vertraut, das heisst: auf

die Sache, auf die sie allein und einzig unfehl-

bar hofft.

Daher ist ‹die erhofften Dinge› eine Umschrei-

bung der höchsten Gottheit, auf die allein zu

Recht gehofft wird; [...] (es folgt eine Begrün-

dung für den Plural der erhofften Dinge, wo-

mit Gott und seine Gaben gemeint sind) [...]

Ich wollte dies aber nicht auf folgende Weise

wiedergeben: ‹Der Glaube ist jenes Feste und

Wesentliche der Seele, wodurch sie zu Gott

gebracht wird, auf den sie unfehlbar hofft›,

auch wenn dies der Sinn der Worte ist. Denn

[...] ‹das Wesen der erhofften Dinge› hat noch

eine andere Bedeutung: So kann man auf

überspitzte Weise den Sinn auch so wieder-

geben: ‹Der Glaube ist dieses Wesentliche

und Feste in unseren Seelen, das von jenem

gegeben ist, der selber Grund und Inhalt un-

serer Hoffnung und deren Erwartung ist›.

Zweitens habe ich (das griechische Wort

‹elenchos›, Evidenz) mit ‹Offenbarung und

das Begreifen› übersetzt [...], was für uns ei-

ne klar erkannte, unzweifelhafte und offene

Gewissheit bedeutet. Diese Offenbarung und

die unumstössliche Gewissheit erklärt den

ersten Teil der Definition, nämlich dass der

Glaube eine wahre und wesentliche Sache

ist, das heisst ein geoffenbartes und erkann-

tes Licht und eine Gewissheit der Seele.»

Sicht von Zwinglis Geburtshaus auf die Churfirsten.

2 AUSGABE 1/2018

Liebe Leserin, lieber Leser

Waren Sie auch überrascht von dem Zwingliporträt auf dem Titelbild? – Mir ging es so, als ich das «Bild eines Geistlichen» von Albrecht Dürer zum ersten Mal sah und erfuhr, dass dieser Geistliche Zwingli sein könnte. (Mehr zum Hintergrund des Bildes Seite 16)

Dürer und Zwingli kannten einander. Beide besuchten 1516 den Humanis-ten Erasmus in Basel. Beide liebten neben der Bibel auch antike Philoso-phen und Schriftsteller. Durch solche Lektüre entdeckten sie das Humane, das, was allen Menschen gemeinsam ist. Und beide erkannten die Würde des Individuums als kleinen Kosmos, als Bild Gottes. Das stärkte ihr Selbst-bewusstsein so, dass sie kirchlich geprägte Konventionen und Muster hinter sich liessen und je auf ihrem Gebiet neue Massstäbe setzten – sie waren beide Renaissancemenschen. Nach der Begegnung in Basel besuch-te Dürer den Reformator 1519 in Zü-rich, und Dürer bekannte sich später zu Zwinglis Abendmahlsverständnis.

Wir kennen Zwingli vor allem von den Seitenportraits mit Kappenmütze, angefertigt vom Zürcher Maler Hans Asper nach Zwinglis Tod, 1531 und 1549 (siehe Seite 4). Dieses steif, un-persönlich und leblos wirkende Bild hat auch mich geprägt. Zwingli inter-essierte mich nie richtig, bis ich mich an seine Texte wagte. Da entdeckte ich einen grossen Theologen, der nach der Art des Humanismus den Menschen in seinen himmlischen und irdischen Anteilen zu verstehen sucht und ihn aufgrund der Bibel an seine Berufung im Alltag erinnert.

Zwingli war kein trockener Stubenge-lehrter, eher ein geselliger und gewin-

nender Pionier und Wegbereiter für Got-tes Reich. Lesen Sie und urteilen Sie sel-

ber, ob unser Titelbild Huldrych Zwingli nicht weit mehr ent-spricht als der steife Kaputzenmann.

Andreas Schwendener

EDITORIAL

«Der Glaube ist dieses

Wesentliche und Feste in un-

seren Seelen, das von jenem

gegeben ist, der selber Grund

und Inhalt unserer Hoffnung

und deren Erwartung ist».

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3WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH

IM BRENNPUNKT

Das Zwingli-DenkmalEine andere Sicht auf Zwingli

Text: Samuel Waldburger, Psychoanalytiker und reformierter Theologe, Zürich | Bild: dreamstime.com

In diesem Kirchenboten finden Sie nebenan

einen kurzen Auszug aus einem Buch Zwing-

lis abgedruckt («Im Glauben ist Gott da»).

Wenn Sie diesen Text genau lesen und etwas

Ahnung von reformierter Theologie haben,

kann es Ihnen auffallen, dass etwas fehlt, was

Luther von höchster Bedeutung war und in

der Theologie noch heute als zentral gilt: die

Rechtfertigung aus Glauben. Zwinglis Glaube

dagegen hat gewissermassen keinen Inhalt –

er ist nur «das feste und wesentliche Vertrau-

en» auf die «Gottheit». Auch diese Bezeich-

nung für Gott kann auffallen: Sie wirkt selt-

sam leer. Denn, so Zwinglis Überzeugung:

Gott ist im Himmel, und nichts auf Erden

kann ihn abbilden. Darum wollte er in den

Kirchen keine Hostie, keine Kreuze und keine

Bilder, die man als Heiliges anbetet. Die

reformierten Kirchen waren leer und nur

bescheiden ausgeschmückt.

(Eine Anmerkung:

Religionsphänomenologisch entsprechen die

reformierten Kirchen dem Typus, den die Ju-

den mit der Synagoge entwickelt haben – ich

habe in Zwinglis Schriften bis jetzt keine ne-

gative Aussage über die Juden gefunden, da-

für einiges Positive – und dem auch die Mo-

schee des Islams entspricht – auch hier bin

ich bei Zwingli, was den Islam betrifft, nur ei-

nem positiven Zitat begegnet. Diese Offen-

heit Zwinglis wird im Allgemeinen wenig

oder kaum bemerkt.)

Zwingli hatte einen zweiten Grund zur Entfer-

nung der «Bilder», der auch seine Auffassung

des Abendmahls betrifft, nämlich die Ableh-

nung jeglicher Form von «Wandlung», ob real

oder geglaubt: Die Bilder des Christus in der

Kirche sind die anwesenden Armen, d.h. die

gewöhnlichen Leute.

Daraus ergeben sich zwanglos und nicht als

moralisches Anhängsel die soziale Dimensi-

on von Zwinglis Theologie – es wurde eine

geregelte Armenunterstützung, ein Sozial-

staat eingerichtet –, ebenso die politischen

Postulate wie Entschuldung der Bauern und

das Ideal der Demokratie.

Kehren wir zum Denkmal zurück. Es erinnert

uns an die Figur, zeigt aber nicht, was die

Person gedacht hat. Zwingli hat einmal ge-

schrieben, er habe die glückliche Gabe,

durch gedankliche Arbeit etwas ganz neu zu

denken «wie nie zuvor». Wir müssen mit

Überraschungen rechnen, wenn wir seine

Theologie verstehen wollen.

Wenn wir vor dem Zwingli-Denkmal in Zürich

stehen, werfen wir einen dreistufigen Blick in

die Vergangenheit. Zuerst blicken wir ins

19. Jahrhundert. Damals wurde das Denkmal

konzipiert, ausgeführt und aufgestellt. Man

kann vermuten, dass die damals nach Zürich

strömenden katholischen Innerschweizer

in der bisher rein reformierten Stadt das

Bedürfnis geweckt haben, mit der Zwingli-

Statue das Reformierte zu demonstrieren.

In einem zweiten Schritt fällt auf, was Men-

schen heute angesichts der Statue unwillkür-

lich denken. Das Schwert scheint auf Krieg

und Gewalt hinzudeuten, das Buch auf Ge-

setz, Ordnung und Besserwisserei. Ich den-

ke, dass dieses populäre Bild ganz falsch ist.

Erst ein dritter Blick führt bis zur Reformation

zurück, von der uns heute 500 Jahre trennen.

Dieser Blick reicht zurück in eine andere Welt,

über die wir uns zuerst informieren müssten,

um sie zu verstehen. Dabei haben wir uns

grossen Unterschieden zum gewohnten Den-

ken zu stellen. Die damalige Kirche wurde

von Zwingli nicht nur abgelehnt, sie wurde in

Zürich ganz einfach abgeschafft. Luther be-

kämpfte Zwingli als «Erzketzer», die Täufer ha-

ben ihn als «Antichrist» beschimpft – wie soll

man das harmonisieren? Wenn wir unpartei-

isch und unvoreingenommen bleiben, können

wir die Differenzen gelassen betrachten und

als Reichtum entdecken und erleben.

Ich habe vor Jahren eine Figur des buddhisti-

schen Bodisattvas Manjusri gekauft. Dieser

hat zwei Attribute: Ein Schwert zur Vertrei-

bung des Unwissens und ein Buch zur Ver-

breitung des Wissens. Es scheint mir sinn-

voll, mit diesem weit hergeholten Bild einen

neuen Blick auf Zwingli zu werfen. Denn er

nannte seine Predigt nicht Bekennen (wie

Luther) und nicht Verkündigung (wie die

Theologie), sondern «lehren», nicht nur Wis-

sensvermittlung, sondern auch Lebenslehre.

«Die damalige Kirche wurde

von Zwingli nicht nur abge-

lehnt, sie wurde in Zürich

ganz einfach abgeschafft.»

«Wir müssen mit Überra-

schungen rechnen, wenn

wir Zwinglis Theologie

verstehen wollen.»

Statue von Ulrich Zwingli bei der Wasserkirche in Zürich vom Tiroler Heinrich Natter, 1884

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4 AUSGABE 1/2018

Wer am Sonntag, 2. Januar 1519, den Haupt-gottesdienst im Grossmünster in Zürich besuchte, erlebte — ohne es zu wissen — ein Epoche machendes Ereignis. Huldrych Zwingli, der neue Leutpriester, am Neujahrs-tag 35 Jahre alt geworden, stellte sich als Prediger vor. Mit seinen Vorgesetzten hatte er sich abgesprochen, mit einer alten Traditi-on zu brechen.

Predigttext war nicht mehr die herkömmli-

che Perikope, der überall für den jeweiligen

Sonntag vorgeschriebene Bibelabschnitt.

Zwingli wollte, dass die Gemeinde die Heilige

Schrift nicht nur selektiv, sondern in ihrer

Ganzheit kennenlernte. «Wir haben hier

einen unfehlbaren und unparteiischen Rich-

ter», sagte er später dazu, «nämlich die göttli-

che Schrift, die weder lügen noch betrügen

kann. Das Wort Gottes soll über die Men-

schen urteilen und nicht die Menschen über

das Wort Gottes.»

VIELSEITIG GEBILDETZwingli war ein guter Redner und vielseitig

gebildet. Als Student hatte er in Basel, Wien

und möglicherweise auch in Paris gelebt und

als Feldprediger der Eidgenossen Oberitalien

bereist. Mit dem Humanisten Erasmus von

Rotterdam stand er in persönlichem Kontakt.

Autodidaktisch hatte er sich das Griechische

angeeignet (später auch das Hebräische), die

Briefe des Apostels Paulus in der Ursprache

abgeschrieben und teilweise auswendig

gelernt.

In seinen Predigten im Grossmünster fing er

vorn im Neuen Testament mit dem Matthäus-

evangelium an, zunächst mit dem Stamm-

baum Jesu. Stück um Stück predigte er in

der Folge über das erste der vier Evangelien

weiter. Diesem entnahm er auch seinen Wahl-

spruch, den er auf das Titelblatt der meisten

seiner Bücher setzte: «Kommt her zu mir

alle, die sich abarbeiten und eine Last tragen

müssen, ich will euch Ruhe geben.» (Mt 11,28)

Zwinglis Predigten stiessen auf ein grosses

Echo. Der Buchdrucker Christoph Froschau-

er (1490–1564) schrieb in seinem Rechtferti-

gungsschreiben an den Rat, die Zürcher

könnten auf ihren neuen Leutpriester stolz

sein. Wie sehr man mit diesem zufrieden war,

geht daraus hervor, dass er bereits nach

zwei Jahren zum Chorherrn des altehrwürdi-

gen Stifts befördert wurde.

REFORM DER KIRCHEDie reformatorischen Ereignisse folgten in

den 1520er-Jahren Schlag auf Schlag. Stadt-

gespräch wurde das «Wurstessen» in der Fas-

tenzeit 1522 im Haus Christoph Froschauers.

Dieser rechtfertigte sich damit: Seine Gesellen

hätten schwer gearbeitet, deshalb habe er ih-

nen auch in der Fastenzeit etwas Anständiges

zu essen geben müssen. Zwingli verteidigte

diese Übertretung der kirchlichen Gebote mit

seiner Schrift «Von erkiesen vnd fryheit der

spysen [von der freien Wahl der Speisen]».

Als der für Zürich zuständige Bischof von

Konstanz sich bei den Stadtbehörden über

Zwingli beschwerte, luden diese im Januar

1523 zur «Ersten Zürcher Disputation» ein.

600 Personen versammelten sich im Rathaus,

THEMA

Huldrych Zwingli (1.1.1484 – 11.10.1531)Sein Leben, seine Anliegen und sein WirkenText: Frank Jehle, St.Gallen | Bilder: © Zentralbibliothek Zürich

Huldrych Zwingli, 1549 gemalt von Hans Asper

Hervorgehoben seien hier seine Schriften

«Von göttlicher und menschlicher Gerechtig-

keit» von 1523 und «Wer Ursache zum Auf-

ruhr gibt» von 1524, die als die «bedeutend-

ste sozialkritische Schrift des Reformators»

bezeichnet wurde. In ätzender Schärfe heisst

es hier, nicht nur die «hohen Bischöfe» seien

die wahren Aufrührer und auch nicht nur

«der Rest der kläffenden Priester, Mönche,

Nonnen und – allen voran – der Äbte», son-

dern viel mehr «die Fürsten, Mächtigen und

Reichen dieser Welt».

«Was ihr miteinander [...] zum Nachteil Got-

tes und der armen Menschen ins Werk ge-

setzt habt, das nennt ihr gut. Das, wonach

euch gelüstet, das dünkt euch recht. [...] Ihr

reisst den Menschen die Kleider vom Leib

wie Disteln und Dornen. Es stehen das Ge-

richt und das Recht, ja die Person des Rich-

ters selbst in eurer Gewalt. Vollzieht er, was

euch gefällt, so ist er ein guter Richter. [...]

Ihr wisst genau, dass niemand der Hand Got-

tes entfliehen kann, ebenso, dass Gott nicht

schläft; er kommt, wenn für ihn die Zeit ge-

kommen ist.»

In seiner Schrift «Der Hirt» von 1524 entwirft

Zwingli, was heute das kirchliche «Wächter-

amt» genannt wird: Der Hirt bzw. der Pfarrer

dürfe «auch dem König, Fürsten oder Oberen

nichts durchgehen lassen». Er müsse im Ge-

genteil «jedem seinen Irrtum anzeigen», so-

bald er sehe, dass jener vom Weg abkomme.

Er müsse tun, «was niemand wagt: Den Fin-

ger auf wunde Stellen legen und Schlimmes

verhüten, keinen schonen, vor Fürsten, Volk

und Geistliche treten, sich weder durch Grös -

se, Einfluss und Zahl noch durch irgendwel-

che Schreckmittel beeindrucken lassen, so-

fort zugegen sein, wenn Gott ruft, und nicht

nachlassen, bis sie sich ändern.»

«Den Finger auf wunde Stellen legen»

Zwingli als Sozialkritiker

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5WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH

um über Glaubensfragen zu verhandeln. Es

war dies ein so noch nie dagewesenes Ereig-

nis und stellte die Autorität der kirchlichen

Hierarchie infrage. Der Rat beschloss nach

der Disputation eigenmächtig: Zwingli dürfe

weiter so predigen wie bis anhin und «die

recht göttlich gschrift» verkünden. Grund-

sätzlich befahl der Rat: «Es sollen auch die

übrigen unserer Leutpriester, Seelsorger und

Prädikanten in unserer Stadt und in unseren

Landschaften und Herrschaften nichts ande-

res behandeln und predigen, als was sie mit

dem heiligen Evangelium oder sonst mit der

rechten göttlichen Schrift belegen können.»

Jedenfalls in der Rückschau ist dieser Ratser-

lass der endgültige Durchbruch der Zürcher

Reformation. Eine ihrer ersten Folgen war,

dass der Rat zwei Wochen später einen erst

1506 geschlossenen Vertrag mit dem Bischof

von Konstanz aufkündigte, gemäss dem fehl-

bare Landgeistliche der Gerichtsbarkeit des

Bischofs unterstanden. Der Rat nahm juris-

tisch das Kirchenwesen selbst in die Hand.

Reformation bedeutete hier Emanzipation

vom Bischof.

DAS ÖFFENTLICHE LEBENSchritt um Schritt wurden das kirchliche und

das öffentliche Leben reformiert. Bereits

1520 war eine neue Sozialgesetzgebung ein-

geführt worden. Im Sommer 1524 wurden die

Kirchen von den Bildern «gereinigt». Nach

der Auffassung Zwinglis und seiner Freunde

durfte das Göttliche nicht verdinglicht wer-

den. An Ostern 1525 wurde zum ersten Mal

eine evangelische Abendmahlsfeier abgehal-

ten: Anstelle des Altars stand vorne in der

Kirche ein schlichter Holztisch, mit Lein-

wand bedeckt. Die Abendmahlsgefässe wa-

ren aus Holz. Die Pfarrer trugen keine Mess-

gewänder mehr, und die Gemeindeglieder

reichten sich das Brot und den Wein selbst

vom einen zum nächsten weiter. Noch in den

späten 1520er-Jahren wurde die ganze Bibel

von den Zürcher Gelehrten neu ins Deutsche

übersetzt. Die erste Vollbibel der Reforma-

tion erschien in Zürich 1531.

GROSSE AUSSTRAHLUNGZwingli war erfolgreich. Was in Zürich be-

gann, wurde vielerorts in der Eidgenossen-

schaft (und teilweise auch in Süddeutsch-

land) aufgenommen und weitergeführt, zu-

nächst in St.Gallen, dann in Bern, Schaffhau-

sen und Basel. In den Landständen Appen-

zell, Glarus und in den Drei Bünden sowie im

Thurgau, im Rheintal und in der Fürstabtei

St.Gallen konnte sich die Reformation eben-

falls grösstenteils durchsetzen. Die Inner-

schweizer Kantone (Uri, Schwyz, Unterwal-

den, Luzern und Zug) wollten aber nichts

von einer Reformation wissen. Zu wichtig

war für sie unter anderem, dass die oft ar-

beitslosen Bauernsöhne Geld in fremden

Kriegsdiensten, besonders beim Papst und

dem König von Frankreich, verdienen konn-

ten. Die Eidgenossenschaft wurde in einen

bitteren Bürgerkrieg verwickelt, in dem

Zwingli am 11. Oktober 1531 in Kappel starb.

(Er selbst hatte diesen Waffengang befürwor-

tet.)

Von seinem Nachfolger Heinrich Bullinger

(1504–1575) konnte sein Lebenswerk aber

weitgehend gerettet werden. Zürich wurde

zum Zufluchtsort evangelischer Glaubens-

flüchtlinge, besonders auch aus Norditalien,

die die Seidenindustrie nach Zürich brach-

ten.

THEMA

«Der Rat nahm juristisch das

Kirchenwesen selbst in die Hand.

Reformation bedeutete hier

Emanzipation vom Bischof.»

Bücher zu Zwingli

Wollen Sie mehr über Zwingli wissen? Der

Kirchenbote hat für Sie die besten und aktu-

ellsten Bücher über Zwingli besprechen las-

sen. Siehe Internet: kirchenbote-sg.ch

Bücher zu Zwingli

Wollen Sie mehr über Zwingli wissen? Der

Kirchenbote hat für Sie die besten und aktu-

ellsten Bücher über Zwingli besprechen las-

sen. Siehe Internet: kirchenbote-sg.ch

Darstellung der Zürcher Disputation von 1523 in einer Abschrift von Bullingers Reformationsgeschichte.

Die Täufer, Luther

Beides, die Auseinandersetzung mit den Täu-

fern und später mit Luther, war tragisch, da

die Einheit der aus der Reformation hervor-

gegangenen Kirchen so zerfiel. Dabei waren

die ersten Täufer in Zürich, die die Kinder-

taufe ablehnten und eine Entflechtung von

Christengemeinde und Bürgergemeinde

wünschten, zunächst enge Mitarbeiter und

Freunde Zwinglis gewesen; nach ihrer Auffas-

sung war er aber zu wenig radikal.

Auch Luther stand er in den Anfangsjahren

nahe. Er war zwar unabhängig von ihm dar-

auf gekommen, den Römerbrief des Apostels

Paulus zu lesen und die Lehre von der Recht-

fertigung «allein aus Glauben» zu entdecken.

Bereits 1518 schenkte er aber einem Freund

einen Band mit wichtigen Lutherschriften. Es

wurde schon gesagt, Luther habe auf Zwingli

wie ein «Katalysator» gewirkt.

Der Unterschied in der Abendmahlslehre ist

aus der Sicht einer heutigen, ökumenisch in-

formierten Theologie verjährt. Es war eher

ein Streit zwischen verschiedenen theologi-

schen Schulrichtungen und nicht zwischen

Konfessionskirchen. Auch Zwingli (jedenfalls

der reife Zwingli) bestritt nicht, dass Chris-

tus im Abendmahl real gegenwärtig ist. Die

heutige Forschung spricht bei ihm von einer

«geistigen Realpräsenz». – Siehe dazu Kir-

chenbote 4/2017 www.kirchenbote-sg.ch

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6 AUSGABE 1/2018

THEMA

Joseph, der Träumer und Vaters Liebling, wird von seinen Brüdern in einem Brunnen zurückgelassen — einer der etwa 200 textillustrierenden Holzschnitte (vor allem von Hans Holbein d. J.) in der Zürcher Bibel von 1531. Drei kolorierte Exemplare dieser Bibel sind bekannt, so eines am Grossmünster in Zürich.

Der Zürcher Buchdrucker Froschauer nutzte die Gunst der Stunde. Denn die mit Zwinglis Amtsantritt 1519 beginnende Kirchenreform gründet in einer neuen Interpretation und Zugänglichkeit der Bibel. Die intensive Zu-sammenarbeit mit Zwingli und seinem Über-setzungsteam gipfelte in der Froschauerbibel von 1531, erschienen im Todesjahr Zwinglis.

Bei seinen Schriftstudien in Glarus und Ein-

siedeln wurde dem Priester Zwingli bewusst,

dass das Kirchenvolk – unkundig der Bibel –

in vielen Belangen in Unmündigkeit belassen

wird und eher an die Sakramente und klein-

lichen Gebote glaubt als an die in der Bibel

verheissene Präsenz Gottes im Glauben. Auf

diese Wiederentdeckung der biblischen Bot-

schaft berief sich Zwingli in Zürich. Und er

wünschte sich, dass in jedem Schweizer

Haus die Bibel gelesen und studiert wird.

RINGEN UM DIE DEUTSCHE SPRACHESeit 1522 waren Luthers Übersetzungen des

Neuen Testaments in deutscher Sprache

zugänglich. Sie fand auch in Orten der Eidge-

nossenschaft Anklang. Wie viele Basler Dru-

cker begann auch Christoph Froschauer in

Zürich die von Luther übersetzten Teile der

Bibel zu drucken. Von sprachlichen Anpas-

sungen an die in der Schweiz übliche Aus-

sprache kam man wieder ab, um im deut-

schen Markt bestehen zu können. Doch in

dieser Zeit wurde in Zürich bereits an einer

eigenen Bibelübersetzung gearbeitet. Da, wo

früher die Mönche im Grossmünster ihre

Psalmen gesungen hatten, übersetzten und

diskutierten nun Pfarrer und gelehrte Theo-

logen regelmässig die Texte der Heiligen

Schrift. Aus den Ursprachen übersetzt wur-

den Jahr für Jahr in engem Kontakt mit dem

Drucker Froschauer neue Teile der Bibel ver-

öffentlicht – in einer Art verschriftlichtem

Schweizerdeutsch. Schon Luther arbeitete an

einer Schriftsprache, die Nord- und Süddeut-

sche verstehen können. Analog arbeiteten

die Zürcher an einer Bibelübersetzung, die

vom ganzen Schweizer Volk verstanden wer-

den kann. Das Ziel war klar: Luther bean-

spruchte mit seiner Bibelübersetzung das

Mass für die deutsche Schriftsprache zu

sein. Die Stadt Zürich aber wollte mit ihrer

eigenen Übersetzung eine Bibel schaffen,

welche für die künftig reformierte Schweiz

identitätsstiftend sein sollte. Spätere Bear-

beitungen und Revisionen der «Zürcher Bi-

bel» haben auf die Dominanz der Lutherbibel

reagiert. So wurde im Streit zwischen Witten-

berg und Zürich die deutsche Schriftsprache

entwickelt – war doch die Bibel bis in die

Neuzeit das meist gelesene Buch.

BLÜTE DER DRUCKKUNST1531, dem Todesjahr Zwinglis, erschien in

Zürich die erste grossformatige, reich bebil-

derte und typografisch schön gestaltete Voll-

bibel in deutscher Sprache – drei Jahre vor

dem analogen Werk Luthers. Froschauer

liess dazu eigens neue Buchstaben giessen.

Die Bilder zum Alten Testament stammen

von Hans Holbein dem Jüngeren. Sie offenba-

ren eine neue, schlichte Bildsprache, welche

die biblischen Personen stets handelnd und

in klaren Konturen zeigt. Die Holzschnitte

wiederlegen auch die den Reformatoren an-

gelastete Bilderfeindlichkeit. Die Stiche soll-

ten die Lust am Bibellesen beflügeln. Die Bi-

bel von 1531 enthält neben einer langen Vor-

rede auch viele Hilfestellungen für die Suche

von Bibelstellen zu reformatorischen The-

men. Diese Froschauerbibel von 1531 wurde

mehrmals neu gedruckt, jeweils in einer Auf-

lage von 2000 Exemplaren. Sie kostete etwa

einen halben Monatslohn eines Pfarrers.

Zur ersten Gesamtbibel in deutscher SpracheText und Foto: as

Die Zürcher Bibel von 1531

Respektvolles Blättern in der Bibel von 1531

Zürich wollte mit der eigenen

Übersetzung eine Bibel

schaffen, welche für die

künftig reformierte Schweiz

identitätsstiftend sein soll.

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7WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH

Von Anna Reinhard gibt es kein Bild, aber von Zwinglis Tochter Regula und Enkelin Anna. Es ist eine der berührendsten Frauendarstel-lungen aus der Reformationszeit. Unwillkür-lich denkt man an Regulas Mutter, Anna Reinhart, Zwinglis Frau (um 1484–1538).

Viel weiss man von ihr nicht, und es gibt kein

Porträt. Die Tochter und die Enkelin sahen

ihr wohl ähnlich. Geboren als Wirtstochter

an der Zürcher Schifflände erlebte sie, dass

der vornehme Junker Hans Meyer von Kno-

nau sich in sie verliebte. Gegen den Willen

seines Vaters, einem der mächtigsten Politi-

ker der Stadt, heiratete er die schöne Anna

und wurde deshalb enterbt. Sie hatten drei

Kinder. Hans starb 1517 und liess Anna in

bedrängten Umständen zurück.

Sie wohnte unmittelbar neben dem Haus des

Leutpriesters am Grossmünster, wo Zwingli

Ende 1518 einzog. Als er im September 1519

an der Pest erkrankte, pflegte sie ihn. Ab

1522 lebten sie in geheimer Ehe zusammen.

1524 fand die kirchliche Trauung statt. Anna

war sichtbar schwanger und gebar wenig

später Regula. Drei weitere Kinder folgten:

Wilhelm, Huldrych und Anna.

Zwingli war sowohl den Kindern Annas aus

erster Ehe als auch seinen eigenen ein zärtli-

cher Vater. Wenn sie am Abend nicht ein-

schlafen konnten, musizierte er mit ihnen.

Ein enges Verhältnis hatte er mit seinem

Stiefsohn Gerold, der ein recht wilder Junge

war (einmal kam er wegen eines Streichs

sogar ins Gefängnis) und dem er die Schrift

«Wie Jugendliche aus gutem Haus zu erzie-

hen sind» widmete. Zwingli, so das Vorwort,

wünsche dem jungen Mann «Gnade und Frie-

de von Gott». Als Zwingli eine Komödie des

griechischen Dichters Aristophanes in der

Ursprache aufführen liess, übernahm Gerold

die Hauptrolle.

Als Zwingli am 11. Oktober 1531 in Kappel

starb, fielen auch Gerold sowie weitere Ver-

wandte Annas. Das lenkt zum Nachdenken

über sie selbst zurück: Sie hatte ein beweg-

tes Leben, sie unterstützte ihren Mann, küm-

merte sich um ihre sieben Kinder, um zahl-

reiche Gäste und war Seelsorgerin. Nach dem

Tod Zwinglis nahm sein Nachfolger, Heinrich

Bullinger, sie in seinen Haushalt auf, wo sie

relativ früh starb. Erhalten blieb ein Brief,

den Zwingli 1528 von der Berner Disputation

an seine Frau adressierte:

«GNADE UND FRIEDE VON GOTT»«Liebste Hausfrau, ich sage Gott Dank, dass

er dir eine fröhliche Geburt verliehen hat [am

6. Januar war der Sohn Huldrych geboren

worden]. Er möge uns verleihen, ihn nach sei-

nem Willen erziehen zu können. Schicke mei-

ner Gastgeberin [hier in Bern] ein oder zwei

feine Tücher, in der Art, wie du sie selbst zu

tragen pflegst. Sie kleidet sich, wie es sich ge-

ziemt, aber nicht nach Beginenart [d. h. nicht

ärmlich], ist eine Frau von vierzig Jahren [...].

Sie kümmert sich überaus gut um uns. Sei da-

mit Gott befohlen! Grüsse mir NN [die Frau,

die Anna bei der Geburt beigestanden hatte],

[...] und wer dir lieb ist. Bete zu Gott für

mich und uns alle.

Gegeben in Bern am 11. Januar. Grüss mir

auch alle deine Kinder; besonders Marga-

retha [die älteste Stieftochter Zwinglis].

Sprich in meinem Namen Trost zu. Huldrych

Zwingli, dein Hauswirt. Schicke mir, sobald

du kannst, den Arbeitsrock. Der frommen

Anna Reinhart in Zürich, seiner lieben

Hausfrau.»

Anna Reinhart, Zwinglis Frau Text: Marianne Jehle-Wildberger, St.Gallen | Bild: Zentralbibliothek Zürich

Hans Asper: Regula Gwalter, geb. Zwingli, 1524–1564, mit ihrer Tochter Anna, geb. 1542 (1549)

THEMA

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8 AUSGABE 1/20188 AUSGABE 1/2018

Verbi Divini Minister

Seit November 1992 ist der Kirchenrat

der Kantonalkirche Heinz Fäh ordiniert

und trägt den Titel Verbi Divini Minister.

Seit 1993, 25 Jahre lang, übt Fäh seinen

Beruf als Berufung in der Kirchgemeinde

Rapperswil-Jona aus, wozu ihm die

Kirchenvorsteherschaft gratuliert und

weiterhin viel Freude wünscht.

Aus Birch wurde Buch

In der Novemberausgabe berichteten wir

über das Dienstjubiläum des Diakons der

Kirchgemeinde Buchs. Leider wurde aus

dem korrekten Namen Jürg Birchmeier

fälschlicherweise ein Jürg Buchmeier.

Wir entschuldigen uns. (meka)

IN KÜRZE

«Diakonie ist auch etwas für Männer!», sagte sich Diakon Urs Meier-Zwingli und schuf vor acht Jahren in der Kirchgemeinde Straubenzell ein Angebot für Männer im AHV-Alter.

Entstanden ist eine Gruppe Pensionierter, die

sich nicht zu schade ist, die Hände schmut-

zig zu machen, anzupacken. Und dies müssen

die Männer, denn im Spätsommer geht es je-

weils in den inneralpinen Raum, um Gemein-

den oder Alpgenossenschaften zu helfen.

BERGHILFE VERMITTELT EINSÄTZE«Die Schweizerische Berghilfe vermittelt uns

jeweils Einsätze in Gebieten, wo Not am

Mann ist, es etwas zu reparieren oder zu er-

stellen gibt», sagt Meier-Zwingli, der die Ar-

beitswoche organisiert und auch die Unter-

kunft beschafft. Zweimal schon verbrachte

eine Gruppe aus Straubenzell auf dem Hein-

zenberg. Splügen, Bergün oder das Calanca-

tal waren weitere Destinationen. Hier wurden

Brunnen repariert, Wege ausgebessert, Brü-

cken erstellt, Unterspülungen beseitigt, Trö-

ge für das Vieh versetzt, Picknickstellen ge-

schaffen oder Wiesen vom Gestrüpp befreit.

KULTURELLES ZUR WOCHENMITTEAuch diesen Herbst kehrte eine Gruppe zu-

frieden aus den Bergen zurück. In Savognin

hatte sie eine Wanderwegbrücke gebaut, Zäu-

ne montiert und Schwendarbeit verrichtet.

PANORAMA GEMEINDEN

Mann und Diakonie?Ein nicht alltägliches Angebot der Kirchgemeinde StraubenzellText: Katharina Meier | Foto: Walter Frischknecht

Ein neuer Picknickplatz und die Wanderwegbrücke sind dank der Straubenzeller Gruppe entstanden.

Schlafen in der Kirche

Zehn Jugendliche der Kirchgemeinde Un-

teres Neckertal haben Anfang November

eine besondere Nacht erlebt. Zuerst be-

gaben sie sich auf den Friedhof und ver-

teilten «Ewiglichter». Später wanderte

die Gruppe beim Schein von Fackeln und

diskutierte über die letzten Ruhestätten,

ehe sie müde und zufrieden in den

Schlafsack krochen, der auf dem Chorbo-

den der paritätischen Kirche Brunnadern

ausgebreitet war. (sst)

Zur Wochenmitte bildete ein kultureller Aus-

flug einen Kontrastpunkt zur körperlichen Ar-

beit. «Es ist immer eine Besonderheit am Ort

oder der Gegend, die wir geniessen», erklärt

Meier-Zwingli. Am Ausflug oder der Führung

mit dabei ist dann auch das eingeschworene

Kochteam: zwei Straubenzellerinnen.

AUCH ZU HAUSE TATKRÄFTIGJe nach Zusammensetzung der Pensionier-

tengruppe, die selbstredend ökumenisch

Hand in Hand arbeitet, kann es sein, dass der

Steuerinspektor dem Fahnder der Kantons-

polizei die Nägel reicht oder der Fabrikant

Pfähle zusägt. Die Teilnehmer kommen laut

Meier-Zwingli immer äusserst zufrieden nach

Straubenzell zurück. Und es wird nicht nur in

fremden Gefilden gearbeitet. Wenn es darum

ginge, den Garten bei der Kirche neu zu ge-

stalten oder eine Stiege zu setzen, seien die

rüstigen Männer zur Stelle, weiss der Diakon.

VON DER IDEE FASZINIERTBeim Arbeitseinsatz mitmachen können alle

Männer im AHV-Alter, die sich noch «im Saft

fühlen». «Ein schöner Nebeneffekt ist, dass es

auch die zu Hause weilenden Frauen schät-

zen, wenn die Gruppe eine Woche unterwegs

ist.» Die Idee, so Meier-Zwingli, stamme aus

dem Kanton Aargau. «Sie hat mich sehr be-

eindruckt.» Wie es scheint, nicht nur ihn.

www.arbeitswoche.chHanselmann zieht weiter

Pfarrer Daniel Hanselmann hat per Ende 2017 die Evangelisch-reformierte Kirch-gemeinde Wartau verlassen. Er gehörte seit Anfang 2015 – die ehemaligen Kirch-gemeinden Azmoos-Trübbach und Gret-schins hatten auf diesen Zeitpunkt hin fusioniert – zum Pfarrteam. Hanselmann sagt: «Nach diesen drei intensiven Jah-ren mit vielen interessanten Begegnun-gen suche ich eine neue Herausforde-rung ausserhalb der Gemeinde.» (nr)

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9WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 9WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH

Jetzt folgt die NagelprobeSt.Galler Kantonalkirche gibt sich neue Ziele für die kommenden acht JahreText: Andreas Ackermann / kid

PANORAMA KANTON

Gegen das Burkaverbot

Einen Tag nach dem Ja des St.Galler

Kantonsrats zu einem Burkaverbot kün-

digten die Jungsozialisten (Juso) und

die Jungen Grünen Ende November an,

das Referendum gegen das Gesetz zu er-

greifen. Der Kantonsrat hatte dem Ver-

bot mit 57 zu 55 Stimmen zugestimmt.

IN KÜRZE

Gutachten über Täter

In der Fortbildung der Ostschweizer

Gefängnisseelsorgenden hat der foren-

sische Psychiater Thomas Knecht zum

Thema «Die psychiatrische Begutach-

tung von Straftätern» referiert. Dabei

stellte er die Bedeutung eines Gutach-

tens vor dem Gericht dar. Ein Gutachter,

so Knecht, achte darauf, dass seine Ar-

beit neutral verfasst sei. Er beschreibe

die psychische Verfassung eines Men-

schen zur Tatzeit. Die meisten Fragen

betreffen die Prognose und die Schuld-

fähigkeit eines Täters. (bs)

Ziel des Webauftritts sei es, sowohl Kirchen-mitgliedern als auch Mitarbeitenden und Be-hörden eine rasche Orientierung zu geben, sagt Andreas Ackermann, Verantwortlicher Kommunikation und Leiter des Web-Pro-jekts. «Auf unserer alten Seite war das nicht mehr gewährleistet. Insofern war die neue

«Die Seite war überfällig»Moderner, mehr Übersicht: neuer Internetaufritt der St.Galler Kantonalkirche

Seite überfällig.» Wichtig sei aber auch eine ansprechende Ästhetik, sagt Ackermann. Mit der Gestaltung beauftragt wurde das St.Gal-ler Gestaltungsbüro TGG, das für seine Ar-beit bereits mehrfach ausgezeichnet wurde. Die neue Seite kostete rund 50 000 Franken und ist seit Oktober online. (ref.ch)

Grösster Adventskranz der Welt ist ein St.GallerAm 1. Dezember ist in Mosnang der grösste Adventskranz der Welt, mit einem Durchmesser von 121,60 Metern und einem Umfang von 400 Meter eingeweiht worden.

Mit dem Visionspapier «St.Galler Kirche 2025» gibt sich das reformierte Kirchen-parlament neue Leitsätze und -ziele. Jetzt folgt die Nagelprobe.

Ob der Kirchenrat auch wirklich Hand dazu

biete, wollte denn auch Markus Anker, Syno-

daler der Kirchgemeinde Tablat, wissen.

«Denn um einige Ziele zu erreichen, wäre es

nötig, die Kirchenverfassung anzupassen.»

Dazu sei man bereit, beschied Kirchenrats-

präsident Martin Schmidt. Mehrheitlich folg-

ten die Synodalen den Vorschlägen des Kir-

chenrates und legten zu Themen wie Identi-

tät, Verantwortung oder Offenheit Leitsätze

fest, welche die St.Galler Kirche in den kom-

menden acht Jahren verfolgt. Keinen Ein-

wand hatten die Synodalen beim Budget. Es

sieht bei einem Aufwand von 22,95 Millionen

Franken einen Rückschlag von rund 176 000

Franken vor. Grund dafür sind die voraus-

sichtlich geringeren Steuereinnahmen. Auch

das Budget des Kirchenboten passierte prob-

lemlos. Ziel sei es, die Abonnementsgebühr

von 12.50 auf 12 Franken zu senken. In Kraft

tritt die Kostenregelung bei kirchlichen Hand-

lungen. Neu können Paare ihre Kirche zur

Trauung innerhalb des Kantons frei wählen,

ohne mit zusätzlichen Kosten rechnen zu

müssen. Keine Antwort fand der Kirchenrat

indes auf die Interpellation, warum die Frau-

en im Pfarrberuf im Vergleich zu anderen

Kantonen untervertreten seien. Dies stimme

zwar, doch habe sich der Pfarrerinnenanteil

in den letzten 30 Jahren im Kanton St.Gallen

von 7,9 auf 33,3 Prozent vergrössert.

Weiterer b-treff eröffnet

Nach Flawil und Bütschwil hat nun auch

Ebnat-Kappel einen «b-treff». Die Indust-

riestrasse 45a soll Treffpunkt sein für al-

le, wie Initiator Beat Schegg sagte. Ge-

plant sind Angebote für Menschen in

herausfordernden Lebenslagen, beson-

ders Armutsbetroffene. Wichtig sein

werden die Inte gration und der Kultur-

austausch zwischen Einheimischen und

Zugewanderten. (meka)

Geschlossene Kapelle

Ab 15. Januar wird die Kapelle des Kantonsspitals renoviert und bleibt bis vier Monate geschlossen. Die Sonntags-gottesdienste finden neu im benachbar-ten Foyer Hörsaal H21 um 10 Uhr statt. Als Andachtsraum für alle Wochentage dient der Raum 206 im Haus 21/2.OG.

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10 AUSGABE 1/201810 AUSGABE 1/2018

No-Billag schwächt nati-onalen Zusammenhalt

«Die Mitglieder der Schweizer Bischofs-

konferenz SBK sind über die möglichen

Konsequenzen im Falle einer Annahme

der No-Billag-Initiative besorgt», heisst es

in einer SBK-Medienmitteilung vom 7. De-

zember. Die Bischöfe befürchten, «dass

damit die öffentliche Meinungsbildung

noch stärker von ausländischen oder fi-

nanzstarken Medien abhängig wird».

Dies führe vor allem in der französischen

und der italienischen Schweiz zur Schwä-

chung der schweizerischen Identität.

Die Bischöfe erachten es als sehr wichtig,

dass weiterhin ein öffentlicher Diskurs

möglich bleibe, «in welchem verschiede-

ne Meinungen – auch von Minderheiten –

ihren Platz haben». Die Annahme der

Initiative schade dem nationalen Zusam-

menhalt. Die Abstimmung findet am

4. März 2018 statt. (kath.ch)

IN KÜRZE

Der Unternehmer «Moses» Wantian Cui will das Christentum mit der chinesischen Staatsdoktrin versöhnen. Zwingli dient ihm dafür als Vorbild.

Gospel, gute Nachricht, wollte Wantian Cui

die Soft ware-Firma taufen, die er vor zwanzig

Jahren gründete. Der chinesische Regie-

rungsbeamte belehrte ihn: Nur Kirchen oder

Spitäler dürften sich unter dem Namen Gos-

pel registrieren lassen. Der Jungunternehmer

wollte mehr wissen über das Monopol der

christlichen Kirchen auf gute Nachrichten.

Er trat der protestantischen Staatskirche bei,

begeisterte sich für die reformierte Theolo-

gie und gründete in Genf die Siftung «Agape»,

um ethisches Unternehmertum in seiner

Heimat zu propagieren.

REGIERUNGSKONFORMER GLAUBECuis christlicher Vorname ist Moses. Der

44-Jährige hat inzwischen drei Software-Un-

ternehmen mit tausend Angestellten aufge-

baut und unterrichtet an mehreren chinesi-

schen Universitäten zu ethischem Unterneh-

mertum und Religionsfragen. Die program-

matische Rede des Staats- und Parteichefs Xi

Jinping von Mitte Oktober hat er genau mit-

verfolgt. Während westliche Medien in der

neuen Machtfülle ein totalitäres Regime wie

zu Zeiten Mao Zedongs befürchten, weckt Xi

beim Wirtschaftsprofessor und christlichen

Unternehmer durchaus Hoffnungen.

Zum einen hält Cui dem Präsidenten zugute,

dass er es ernst meint mit dem Versprechen,

«den Himmel über Peking wieder blau zu ma-

chen». China werde das erfolgreichste Land

sein in der Bekämpfung des Klimawandels,

sagt er. Als jemand, der Kirchen und Unter-

nehmer eindringlich vor Filz warnt, gefällt

ihm auch Xis Korruptionsbekämpfung. Und

selbst dem Anliegen, das die Religionsfrei-

heit in China auch Grenzen hat, kann er et-

was abgewinnen: Die Religionen müssen wie

der Sozialismus selbst einen chinesischen

Charakter haben, so die Vorgabe der Partei.

Cui ist überzeugt, dass es akademische

Theologiearbeit braucht, um den in China

verwurzelten Konfuzianismus und Taoismus

in Einklang zu bringen mit dem Christentum.

Zugleich hat Xi die Verfassungsgarantie auf

Religionsfreiheit betont. «Heute können sich

auch Kirchen ausserhalb der Staatskirche als

eigenständige Gemeinschaften registrieren

lassen», sagt Cui. Aber viele der unabhängi-

gen Hauskirchen akzeptieren diesen Weg

nicht. Er sei oft bei Freikirchen zu Besuch

und ermutige sie zur Registrierung. «Die Kar-

ten auf den Tisch legen – darin liegt die Zu-

kunft für uns Christen in China.» Das Zwing-

li-Modell, in dem Kirche und Staat in Partner-

schaft existieren, fasziniert ihn. «Dies könnte

ein Weg für China sein.» Voraussetzung sei,

das Gespräch mit der Regierung zu suchen

und sie als Partner zu akzeptieren.

PANORAMA SCHWEIZ

Chinesische Staatskirche der Marke ZwingliText: Christa Amstutz, Delf Bucher (reformiert.) | Foto: Martin Guggisberg

Fasziniert vom Zwingli-Modell der Partnerschaft zwischen Staat und Kirche – Wantian Cui in Zürich

Studienzentrum für Ostkirchen in Freiburg

Das neue Zentrum für das Studium der

Ostkirchen wurde am Nikolaustag einge-

weiht. Der Heilige wird in den Kirchen

des Ostens und des Westens gleich ver-

ehrt. Und in Freiburg trägt auch die Ka-

thedrale seinen Namen. (kath.ch)

Zürcher Grossmünster im Jahr 2117: Ein Inter-netgigant nutzt die Kirchtürme — im Spiel.

Reformations-Game

Das Handy-Spiel «(re)format Z» zur Refor-

mation in Zürich wurde im ersten Monat

über 20 000 Mal heruntergeladen. Im Han-

dy-Game muss im Jahr 2117 die Zwing-

li-Stadt von den Machenschaften einer In-

ternetfirma befreit werden. (ref.ch)

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11WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 11WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH

Die christlichen Oberhäupter Jerusalems haben an US-Präsident Donald Trump appel-liert, den internationalen Status der Stadt auf keinen Fall aufzukündigen.

«Jede plötzliche Veränderung würde irrepa-

rablen Schaden anrichten», schrieben die

13 Patriarchen und Würdenträger in einem

offenen Brief am 6. Dezember – wenige Stun-

den vor einer Rede, in der Trump Jerusalem

als Hauptstadt Israels anerkennen und die

Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv in

die Heilige Stadt ankündigen wollte.

«Wir sind überzeugt, dass solche Schritte

verstärkten Hass, Konflikte, Gewalt und Leid

in Jerusalem und dem Heiligen Land verursa-

chen werden», heisst es in diesem Schreiben.

Die 13 Unterzeichner baten Trump, vielmehr

den Friedensprozess zwischen Israelis und

Palästinensern zu unterstützen.

JERUSALEM FÜR DREI RELIGIONEN Ein endgültiger Frieden könne nicht erreicht

werden, wenn Jerusalem nicht als Heilige

Stadt und gemeinsamer Ort dreier Religionen

und zweier Völker erhalten bleibe: «Wir sind

zuversichtlich, dass wir mit starker Unter-

stützung unserer Freunde, Israelis wie Paläs-

tinensern, für die Vereinbarung eines dauer-

haften und gerechten Friedens arbeiten kön-

nen, der allen dient, die nach der Heiligen

Stadt Jerusalem streben, um deren Schicksal

zu erfüllen.»

Unterzeichnet ist der Brief unter anderen

vom griechisch-orthodoxen Patriarchen

Theophilos III., dem Apostolischen Administ-

rator des lateinischen Patriarchats, Erzbi-

schof Pierbattista Pizzaballa, und dem Fran-

ziskaner-Kustos des Heiligen Landes, Fran-

cesco Patton.

Christliche Oberhäupter schreiben Brief an TrumpBestimmung, Schicksal und Zukunft der Stadt JerusalemText: kath.ch/kna | Foto: as

PANORAMA WELT

Apokalypse ernst nehmen

Patriarch Kyrill von Moskau hat vor

einem nahen Weltuntergang gewarnt.

Die Anzeichen seien mit blossem Auge

sichtbar, sagte das Oberhaupt der Rus-

sisch-Orthodoxen Kirche in einer Predigt

in der Moskauer Erlöser-Kathedrale.

Dass «die Menschheit in eine kritische

Etappe eingetreten ist», sei «mit blossem

Auge wahrzunehmen», sagte Kyrill. Was

Johannes in der Apokalypse berichtet

habe, sei nahe. (de.sputniknews.com)

Istanbul: Georgskathe-drale wiedereröffnet

Die Georgskathedrale im Phanar in Istan-

bul, Sitz des Ökumenischen Patriarchen,

ist nach umfangreichen Restaurierungs-

arbeiten wiedereröffnet worden. Der

Ökumenische Patriarch Bartholomaios I.

– «Erzbischof von Konstantinopel, dem

neuen Rom» – leitete die Eröffnungszere-

monie. Er dankte dem Staatspräsidenten

Recep T. Erdogan und der «Generaldirek-

tion für fromme Stiftungen» (Vakiflar) für

die Unterstützung der Renovierung der

Kathedrale, die von der UNESCO auf der

Welterbeliste geführt wird. (kath.ch)

Im Hintergrund Westjerusalem, im Vordergrund die von Israel seit 1967 besetzte Altstadt mit dem den Muslimen vorbehaltenen «Tempelberg». Seit 1980 gilt Jerusalem für Israel als «untrennbare Hauptstadt».

IN KÜRZE

Die Reform muss von Arabien ausgehen

«Der Islam verbreitete sich von Arabien

aus. Der Salafismus auch. Die dringende

und radikale Reform des Islam muss nun

auch von Arabien ausgehen. Wenn sie

dort startet, wird sie sich sehr schnell

verbreiten.» – Dies erklärte der in Damas-

kus geborene Mohamed Shahrour. Der

Ingenieur lebt in Abu Dhabi. Die Proble-

me der muslimisch geprägten Länder

führt er auf die Mentalität zurück, mit

Pluralismus und Opposition nicht kreativ

umgehen zu können. (kath.ch)

Kommt der europäische Kirchentag nach Zürich?

Die Zürcher Synodalen haben an ihrer

Sitzung über einen europäischen Kir-

chentag debattiert. Dass ein solcher

stattfinden soll, wurde begrüsst – doch

beim teuren Standort Zürich gibt es

noch einige Fragen. (ref.ch)

«Wir sind zuversichtlich,

dass wir…für die Vereinba-

rung eines dauerhaften und

gerechten Friedens arbeiten

können, der allen dient,

die nach der Heiligen Stadt

Jerusalem streben, um deren

Schicksal zu erfüllen.»

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12 AUSGABE 1/2018

Offene KircheSt.GallenOffene Kirche St.Gallen • Böcklinstr. 2 • St.Gallen 071 278 49 69 • www.wirkraumkirche.ch

Sitzen in der Stille: jeden Dienstag, 12 Uhr

Amigas-Treff: jeden Dienstag, 14 Uhr

Café International: jeden Dienstag ab 15 Uhr

Fünf vor zwölf: zehn Minuten innehalten

mitten am Tag, jeden Mittwoch, St.Mangen

Wellenreiten: Do., 4., 11. u. 25. Jan., 19.30 Uhr

Stocktraining: 9., 16., 23. und 30.1., 19 Uhr

ECSTATIC DANCE, MIT SIMONE GANTNERSonntag, 7. und 28. Januar, 9.30 Uhr

HEILMEDITATION, MIT HEDDA SCHURIGMittwoch, 17. Januar, 14.30 Uhr

MeditationMEDITATION IN DER STILLE (ZAZEN) NACH VIA INTEGRALISMittwoch, 3. und 17. Jan., 18–20.30 Uhr

Regelmässiges Sitzen in der Stille (Zazen) ist

ein persönlicher Erfahrungsweg.

Schulung auf Wunsch. Schnuppernde sind

immer willkommen. Bitte anmelden.

Ort: Kirchenzentrum Heiligkreuz, St.Gallen

Anmeldung/Auskunft: Eveline Felder, Kon-

templationslehrerin, [email protected],

www.meditation-sg.ch

3 TAGE DER STILLE IN DER PROPSTEI WISLIKOFEN8. Febr., 18 Uhr bis 11. Febr., 15.30 Uhr

Längere Zeiten der Stille schaffen mehr

innere Klarheit. Daraus schöpfen wir Kraft,

wacher, liebevoller, mutiger… zu leben.

Ganzer Kurs durchgehend im Schweigen.

Auskunft: [email protected],

www.meditation-sg.ch

MusikMITTWOCH-MITTAG-KONZERTE IN ST.LAURENZEN UM 12.15 UHR.3. 1.: DomBläser St.Gallen

10. 1.: Panflöte und Orgel

17. 1.: La Merula Quartett, Blockflöten

24. 1.: Die grossen Meister der Orgel

31. 1.: Piano, Kontrabass, Drums

HEILSINGEN IN DER GALLUSKRYPTA4. Januar, 18 bis 18.30 Uhr

Die Galluskrypta des St.Galler Doms wird ge-

öffnet. Hildegard Aepli, Pastoralassistentin,

lädt zum Heilsingen an diesem Kraftort ein:

Einfache Lieder, Gebet, Lesung, Stille, Zu-

spruch und Segen. Mithilfe Marianne Kundt,

Pfarrerin, St.Gallen. Eingang rechtes Chorgit-

ter. Info: [email protected]

KLANGHALT — LUTHER-LIEDER SINGÄ35 x 20 Minuten, jeden Samstag, 17 Uhr

bis zum 7. Juli in St.Katharinen, St.Gallen

Gesungen und gespielt wird unter freiem

Himmel im Kreuzgang von St.Katharinen.

Eine WeltIMPULSTAGUNG ZUR ÖKUM. KAMPAGNE VON BROT FÜR ALLE UND FASTENOPFERSamstag, 20. Januar, 8.30–12 Uhr

Impulsreferate zum Motto «Gemeinsam für ei-

ne Welt, in der alle genug zum Leben haben».

Infos: www.oekumenischekampagne.ch

Anmeldung bis 11.1.: [email protected]

Ort: Centrum St.Mangen, St.Gallen

TOGGENBURGER IMPULSMittwoch, 24. Januar, 14.15–17.15 Uhr

Ort: Kath. Pfarreizentrum, Wattwil

VORTRAG ZUM JAKOBSWEG: «Ich bin dann

mal offline» – eine Reise der anderen Art

Dienstag, 23. Januar, 19.30 Uhr

Katharina Rusch berichtet vom Jakobsweg

über den Camino del Norte. Der persönlich

gehaltene Vortrag lässt ihre Freude am Pil-

gern spüren. Zugleich liegt für Interessierte

ein Büchertisch mit Jakobswegliteratur auf.

Ort: Pfarreiheim St.Martin, Bruggen

Veranstalter: Verein Pilgerherberge St.Gallen

www.pilgerherberge-sg.ch/vortrag-jakobsweg

INTERNATIONALER BODENSEE-FRIEDENS-WEG ZU «GELD, MACHT, KRIEG — DIALOG, MACHT, FRIEDEN» 2. April, 11–15 Uhr in Bregenz

Kundgebung mit Clemens Ronnefeldt, Inter-

nationaler Versöhnungsbund, und mit Dialog-

und Informationsgruppen.

Programm: www.bodensee-friedensweg.org

BILDUNGSREISE INDONESIEN 5. bis 15. Oktober 2018

Die Arbeitsstelle Weltweite Kirche organi-

siert eine Studienreise nach Indonesien in

Zusammenarbeit mit Mission 21 und ihren lo-

kalen Partnern. Diese Reise führt in ein Land

am Äquator, das eine Vielfalt an Ethnien,

Sprachen, Kulturen und Religionen zeigt.

Die Teilnehmenden erhalten Einblicke in ein

Land, das geprägt ist vom Islam.

Vorbereitungstreffen: 27.8.2018 in St.Gallen

Anmeldefrist: bis 30. Juni 2018

Auskunft: [email protected]

071 227 05 50

GottesdiensteÉGLISE FRANÇAISECultes du dimanche à 10 h à l’église de

St-Mangen, sauf le premier dimanche du

mois. Cultes du soir mensuels à Rorschach,

Rapperswil et Glaris. Renseignements auprès

de Rédouane Es-Sbanti, pasteur,

tél. 071 801 96 02 ou www.eglisefrsg.ch

ALL SOULS PROTESTANT CHURCHService see: www.allsouls.ch

All Souls Protestant Church is a new commu-

nity of the Evangelical-Reformed Church of

St.Gallen. Worship Service in St.Mangen,

St.Gallen, 12.00; Table Talk, Kirche Rotmon-

ten, St.Gallen, 12.00. Kontakt: 079 559 09 40,

[email protected], www.allsouls.ch

Reformationwww.ref500-sg.ch/

AUSSTELLUNG «HULDRYCH ZWINGLI»Bis 16. April 2018

Zwinglihaus, Lisighaus, Wildhaus

Die im Rahmen des Reformationsjubiläums

geschaffene Ausstellung ist eine lebendige

Hommage an den 1484 in Wildhaus gebore-

nen Schweizer Reformator. Sie beleuchtet

sein Leben und Wirken als Prediger, Sozialre-

former, Politiker und Reformator und gibt

Auskunft auf Fragen wie: Wer war Huldrych

Zwingli? Aus welchem Umfeld stammte er?

Was waren seine Ziele? – Gruppenführungen

auf Anfrage: 079 194 92 42 oder via E-Mail:

[email protected]

HUGENOTTEN IN ST.GALLENDonnerstag, 4. Januar, 18 bis 19 Uhr

Referat von Marcel Meyer, Stadtarchivar der

Politischen Gemeinde St.Gallen,

Ort: Stadthaus, Gallusstrasse 14, St.Gallen

REFORMATIONSVORTRAG IN GRABSDonnerstag, 18. Januar, 20 Uhr

Weshalb sind die Gemeinden von Wartau bis

Grabs evangelisch, während Gams katho-

lisch blieb? Vortrag von Frank Jehle.

Ort: Restaurant Schäfli, Grabs

PALETTE

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13WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH

ST.GALLEN UND DIE REFORMATIONSamstag, 20. Januar, 11 bis 12.30 Uhr

Führung durch St.Gallen-Bodensee Touris-

mus, Dauer: 90 Minuten, Buchung und Treff-

punkt: Bankgasse 9, St.Gallen

[email protected], 071 227 37 37

Kosten: Fr. 18 pro Person.

VOM LUTHERLAND ZUM BODENSEESamstag, 20. Januar, 19.30 bis 21 Uhr

Konzert mit Opus 4, Posaunisten des

Gewandhausorchesters Leipzig. Die Musiker

bringen die besten Lutherchoräle und die

schönste Musik von Bach nach Rheineck.

Ort: Jakobskirche in Rheineck

DIE PFARRER ZU ST.LAURENZEN WÄHREND DER REFORMATIONSZEITMontag, 24. Januar, 14.30 bis 16 Uhr

Referat von Walter Frei, Kirche St.Laurenzen.

ALTE ST. GALLER PILGERWEGE Montag, 29. Januar, 14.30 bis 16.30 Uhr

Treff bei der kath. Kirche St.Fiden. Stadtwan-

derung mit Charlie Wenk, bis zur Kathedrale.

ZWINGLI UND CALVINDienstag, 30. Jan./6. Febr., 19 bis 20.30 Uhr

Othmar Senn, ehemaliger Reallehrer, gibt ei-

nen Einblick in das Leben der Reformatoren.

Am 30.1. Zwinglis Ziel: Ein reformiertes Ge-

meinwesen mit der Kirche als Zentrum,

Zwingli als Person: Soldat und Feldprediger –

Provokateur und Reformator.

Hof zu Wil, Marktgasse 88, Wil

NACHT DER OFFENEN KIRCHEN AM ALTEN RHEINSamstag, 3. Februar, 19 bis 23 Uhr

Ein Abend mit Johannes Kessler1535 war er Pfarrer in St.Margrethen und

1959 wurde nach ihm eine Strasse in

St.Margrethen benannt: Johannes Kessler.

Mit den reformierten Kirchgemeinden

Rheineck und Thal-Lutzberg wird ein buntes

Programm mit dem Schwerpunkt Johannes

Kessler für alle Generationen in der evangeli-

schen Kirche in St.Margrethen geboten.

Infos: www.ref.ch/stmargrethen

In der Jakobskirche zu Rheineck wird der

Schwerpunkt «Wandeln» in vielen Facetten

entdeckt. Musik, Lieder, Bibel, Raum,

Kunst… Um 22 Uhr: «Reformier-Bar».

EINE FRUCHTBARE KONKURRENZ — ZUM VERHÄLTNIS VON STADT UND ABTEIMontag, 5. Februar, 19.30 bis 21.30

Stefan Sonderegger, Stadtarchivar der Orts-

bürgergemeinde St.Gallen, zeigt auf, dass

auch nach der Reformation eine fruchtbare

Zusammenarbeit das Verhältnis der beiden

Körperschaften bestimmte.

Ort: Festsaal, St.Katharinen, St.Gallen

PARACELSUS — EIN REFORMATORISCHER SEELSORGER IN ST.GALLEN Dienstag, 6. Februar, 14.30 bis 16 Uhr

Der Mediziner und Laientheologe Theophras-

tus Paracelsus reagiert 1531 in St.Gallen mit

drei Flugschriften vom Neuen Testament her

auf die Ängste jener Umbruchszeit.

Treff beim Vadian-Denkmal am Marktplatz.

Altstadtwanderung mit Walter Frei

ST.GALLER REFORMATORENJeweils 19.30 Uhr, im Festsaal St.Katharinen,

St.Gallen, www.erf-sg.com

12. Februar: Johannes Kessler,

mit Marianne Jehle, Historikerin

19. Februar: Christoph Schappeler, gelehrter

Theologe, mit Rudolf Gamper, Historiker

26. Februar: Dominik Zili, Gestalter der re-

formierten Kirche, mit Frank Jehle, Theologe

BeratungEVANGELISCHE FRAUENHILFEBeratungsstelle für Frauen

Oberer Graben 42, 9000 St.Gallen

Tel. 071 220 81 80, Fax 071 220 81 84

EVANGELISCH-REFORMIERTE PAAR- UND FAMILIENBERATUNG ST.GALLENOberer Graben 31, St.Gallen; Pfr. Achim Men-

ges, Psychotherapeut ASP, 071 220 88 00

Andrea Imper, Psychologin FSP, 071 220 88 02

Siehe auch: www.eheberatung-ostschweiz.ch

BLAUES KREUZ SG-APPENZELLFachstelle Alkoholberatung, Kugelgasse 3,

Postfach 28, 9004 St.Gallen, 071 231 00 31

[email protected]

www.blaueskreuz-sg-app.ch

Gespräche nach Vereinbarung

PERSÖNLICHKEITSSCHUTZ Fühlen Sie sich im Rahmen des kirchlichen

Lebens diskriminiert oder in Ihrer Integrität

verletzt, seelisch oder körperlich ausgenutzt,

sexuell bedrängt, gemobbt oder belastet Sie

ein Abhängigkeitsverhältnis?

Die Kirche bietet Ihnen die Möglichkeit, sich

von einer neu tralen Fachperson kostenlos

beraten zu lassen. 071 222 04 55 oder

www.ref-sg.ch/persoenlichkeitsschutz

PFARRAMT FÜR GEHÖRLOSEPfr. R. Hofer, Tel. 071 227 05 70,

Oberer Graben 31, St.Gallen,

[email protected]

TELEFON 147 – HELP-O-FONNottelefon für Kinder und Jugendliche

WORT ZUM TAG: Tel. 071 222 33 33

Täglich eine Kurzbotschaft

13WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH

PALETTE

Der Rabbi, der an Reinkarnation glaubt

PERSPEKTIVEN AM 28. JANUAR 2018Radio SRF 2 Kultur So., 8.30–9 Uhr

Wenn es ums Jenseits geht, vertritt der

St.Galler Rabbiner Tovia Ben-Chorin un-

orthodoxe Ansichten. Er glaubt an See-

lenwanderung und nicht an eine «Pensio-

nierung im Schlaraffenland».

Dabei ist der charismatische Rabbiner

nicht etwa vom Buddhismus, sondern

von jüdisch-mystischen Quellen inspi-

riert. Gibt es da keinen Widerspruch zur

orthodoxen Lehre?

Redaktion: Norbert Bischofberger

«Gottes Schöp-fung ist sehr gut»St. Gallische und Appenzellische Tagun-gen zur Vorbereitung des Weltgebetstags«Gottes Schöpfung ist sehr gut» ist das

Thema des Weltgebetstages am 2. März

2018 mit einer Liturgie der christlichen

Frauen von Surinam. Zur Vorbereitung

sind Frauen eingeladen in St.Gallen am

Mittwoch, 17. oder Donnerstag, 18. Janu-

ar, ab 8.30 Uhr–16.45 Uhr ins evangeli-

sche Kirchgemeindehaus Lachen.

Anmeldung und Auskunft: Myrta

Fischer, Wolfertswil, 071 390 04 48;

E-Mail: [email protected].

Die Alternativveranstaltung findet in

Lichtensteig am Samstag, 13. Januar von

9 bis ca. 16 Uhr im Saal des Unterge-

schosses in der evang. Kirche statt.

Anmeldung und Auskunft: Barbara

Bretscher, Auli, 9622 Krinau, Tel. 071 988

15 77, E-Mail: [email protected].

Tagungsbeitrag Fr. 60.– (70.– in St.Gallen)

Anmeldeschluss für alle Termine ist der

5. Januar 2018.

TIPPS DES MONATS

Der St.Galler Rabbiner Tovia Ben-Chorin

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14 AUSGABE 1/2018

FORUM DER LESERSCHAFT

Für den Heiligen Geist Kirchenbote 12/17, Seite 14, Engel als Heiliger Geist

Wenn ich den Leserbrief Till Mohrs richtig

verstanden habe, kämpft er dagegen, dass

der Heilige Geist eine Person der Trinität sei.

Es gebe im Neuen Testament nicht den Heili-

gen Geist, sondern heilige Geister, und diese

seien identisch mit den Engeln. Dem möchte

ich widersprechen.

Till Mohr übersieht, dass es im Neuen Testa-

ment nicht eine in sich kohärente Lehre vom

Heiligen Geist oder von den heiligen Geistern

gibt. Das Neue Testament enthält verschiede-

ne Vorstellungskreise. Die Bibel ist nicht ein

monolithischer Block, sondern viel mehr ein

unendliches Gespräch, das uns zum Mitden-

ken einlädt. Teilweise werden einzelne Geis-

ter genannt – hier hat Till Mohr Recht –, zum

Beispiel in der Johannesoffenbarung, wo un-

ter anderem die «Sieben Geister der sieben

Gemeinden» vorkommen (Offenbarung 1, 4

und weitere Stellen). Noch wichtiger ist aber,

dass der heilige Geist mit bestimmtem Arti-

kel im Neuen Testament eindeutig häufiger

genannt wird, zum Beispiel Johannes 14,26,

in den Abschiedsreden Jesu: «Der Fürspre-

cher aber, der heilige Geist [und nicht ein

heiliger Geist oder heilige Geister!], den der

Vater in meinem Namen senden wird, er wird

euch alles lehren und euch an alles erinnern,

was ich euch gesagt habe.»

Besonders eindrücklich sind die letzten Wor-

tes des Auferstandenen am Schluss des Mat-

thäusevangeliums (28,19): «Tauft sie auf den

Namen des Vaters und des Sohnes und des

heiligen Geistes [...].» Anders als man auf

Grund der Ausführungen Till Mohrs erwar-

ten würde, heisst es im griechischen Original

unmissverständlich «der heilige Geist» und

nicht «ein heiliger Geist» oder sogar «heilige

Geister»!

Unter anderem auf dem Hintergrund von Mat-

thäus 28, 19 entwickelten die Theologen der

alten Kirche in sorgfältiger Kleinarbeit die

Lehre von der Trinität. Diese steht zwar nicht

buchstäblich-wörtlich im Neuen Testament,

hat aber wichtige Stellen wie die eben ge-

nannte hinter sich. Wenn das Konzil von Kon-

stantinopel 381 den Heiligen Geist als dritte

Person der Dreieinigkeit definierte, betonte

es damit, dass unser Zum-Glauben-Kommen

nicht unser eigenes, sondern einzig und allein

Gottes Werk ist. Das Konzil nahm in einer an-

deren Sprache so vorweg, was bei den Refor-

matoren die Lehre von der Rechtfertigung

«allein aus Glauben» ausdrückt.

Ich halte es nicht für zielführend, sondern für

verwirrend, wenn gegen die grossen Theolo-

gen des Altertums (von Athanasius bis zu

Augustinus, man vergleiche die Fresken in

der Stiftsbibliothek St.Gallen) Stimmung ge-

macht wird. Auch für die heutige Christen-

heit haben sie eine unaufgebbare Botschaft.

Selbstverständlich muss niemand an die

Trinitätslehre glauben. Wohl aber sind wir

dazu eingeladen, uns dem Gott anzuvertrau-

en, den die altkirchliche Lehre von der Trini-

tät zur Sprache bringen wollte: Es ist der

Gott, der in sich selbst – in seinem eigenen

Wesen – Liebe ist und mit dieser Liebe als

Vater, Sohn und Geist für uns und für seine

ganze Schöpfung da ist.

Frank Jehle, Pfarrer Dr. theol., St.Gallen

Hilfe vor Ort? Kirchenbote 12/17, Seite 10, Open doors

Als ich den Text von «Open Doors» zur Rück-

kehrhilfe von Christen nach Syrien lass,

machte sich grösstes Befremden breit. Da

wird doch einem janusgesichtigen Machtha-

ber mit rechtsnationalem Weltbild, der mit

seiner national populistischen Partei auf

dem besten Weg ist, sein Land in eine Dikta-

tur zu bringen, im Kirchenboten eine Platt-

form gegeben. Da wird gemeldet, Orban habe

Geld an gewisse Kirchen in Syrien gegeben.

Scheinheilig im höchsten Grade nenne ich

diese Geste, wenn ich verfolge, wie diese Re-

gierung in Ungarn mit Menschenrechten und

Achtung vor Minderheiten (Juden, Zigeunern,

Homosexuellen, Andersgläubigen, Migran-

ten) missachtend umgeht oder umgehen

lässt, wie perfide Rassismus gestärkt wird

(z.B. Segnungen von Horthystatuen),

Gewalt gegen Fremde unterstützt sowie Ab-

schottung vor dem Fremden aktiv angegan-

gen wird. Zusammengefasst ein Zitat von

Premierminister Orban: «Es ist sehr wichtig,

die ethnische Reinheit in Ungarn zu erhalten.»

Werden da nicht Erinnerungen wach?

Ein Beispiel:

Die Schweiz und auch Deutschland schicken

keine Flüchtlinge mehr nach Ungarn zurück,

auch wenn das Dublin-Abkommen das ver-

langen würde. Grund sind die menschenun-

würdigen Bedingungen, unter denen die Asyl-

suchenden hinter Stacheldraht «gehalten»

werden. Zu diesen Bedingungen sind auch

Misshandlungen zu zählen (so nach Berich-

ten von Amnesty International).

Wenn die Flüchtlinge, was kaum geschieht,

Aufenthaltsbewilligung erhalten, bleiben sie

chancenlos, ohne Unterstützung in einem

Land, in dem Fremdenfeindlichkeit gelebt

und von eben dieser Regierung regelmässig

geschürt wird, in dem unzählig viele Men-

schen unter dem Existenzminimum und

grösster Armut leben, viele auch obdachlos.

Für mich besteht die Frage, was für eine

Botschaft in dieser Geldspende enthalten ist.

Im Frühjahr sind Wahlen.

Meine offene Frage: Für wen und was gibt

der Kirchenbote hier eine Plattform? Wo hört

die Toleranz auf und wo gäbe es ein mutiges

Hinstehen und Grenzensetzen?!

Elisabeth Gantenbein Breuer, Sevelen

Stuckaturen zwischen den Konzilsbildern in der St.Galler Stiftsbibliothek. Auf dem Medaillon ist zu lesen: «Docebit vos omnem veritatem» 16. 13 (Vulgata) — Er (der Heilige Geist) wird euch in alle Wahrheit führen.

Page 15: THEMA: Zwingli - Kirchenbote SGZwingli beschwerte, luden diese im Januar 1523 zur «Ersten Zürcher Disputation» ein. 600 Personen versammelten sich im Rathaus, THEMA Huldrych Zwingli

15WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 15WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH

Wer Zwingli mal im O-Ton hören will, ist gut beraten, mit Charlotte Treschl Kontakt aufzunehmen. Denn die einstige Katholikin aus Zürich, seit bald 20 Jahren in Wildhaus zu Hause, kennt den Reformator praktisch persönlich.

«Mir sind seine Worte wichtiger als Stationen

seines Lebens», erklärt die dreifache

Ur-Grossmutter. Seit 17 Jahren koordiniert

sie Führungen im nahen Geburtshaus des

berühmten Toggenburgers. Und dabei

kommt es ihr nicht auf Balken, Geräte und

Räume im ärmlichen Bauernhaus an, son-

dern auf die Botschaft darin. Allein darauf.

«Für mich war es befreiend, als ich erkannte,

dass ich Gott nichts bringen muss, sondern

Er mir was bringt», erinnert sie sich an den

Moment ihrer eigenen evangelischen Er-

kenntnis. Grad so wie bei Zwingli. Seitdem

besuchte sie immer einen Hauskreis, um auf

die Bibel zu hören. «Legt um Gottes Willen

die Bibel in die Mitte», habe jener schon ge-

fordert. Sie nimmts wörtlich. Und belässt es

nicht bei frommen Reden. Viele Jahre leitete

sie die Sonntagschule in St.Gallen, lebte ih-

ren Glauben im Beruf als Heimleiterin von

Nesslau und stand Patientinnen beratend zur

Seite, als Mitarbeiterin der Krebsliga. «Christ-

sein ist nicht Schwätzen von Christus, son-

dern Wandeln, wie er gewandelt hat», habe

Zwingli doch gefordert.

MEHR KRAFT BITTESich in den Vordergrund zu spielen, Lob ein-

heimsen und in der Öffentlichkeit zu stehen,

ist Treschl darum so wesensfremd, dass sie

kaum die Briefe vornehmen mag, die sie und

ihr fünfköpfiges Team im Laufe der Jahre er-

halten haben. Es ist schliesslich eine mächti-

ge Beige. Ein Blick zeigt: Schlussklassen, Kul-

turfreunde, Vereinsreisen und Einzelgäste

bedanken sie darin rührend für die feine Art,

mit der es ihr gelungen ist, die reformatori-

sche Botschaft lebendig zu machen.

Sie staunt denn auch manchmal, dass in der

reformierten Kirche so wenig von der Heilig-

keit Gottes, von Demut und Ehrfurcht die Re-

de ist. Altertümliche Worte, ja. Doch «Guter

Gott», – diese Formel sei ihr einfach zu flach.

Sie vermisse im Gottesdienst bisweilen die

Kraft, ja, das Vertrauen in die Kraft. «Hört auf

Gottes Wort, denn dieses wird euch zurecht

bringen», sagte Zwingli. Er hätte wohl Freude

an Charlotte Treschl gehabt.

«Zwinglis Leben war intensiver»Interview: Reinhold Meier, Wangs

Warum engagieren Sie sich mit Führun-gen in Zwinglis Geburtshaus?Weil Zwingli das «Wort» ausdeutschen

wollte. Er wollte Gottes Wort und der Bi-

bel viel Raum geben und wirklich darauf

hören. Das war ihm das Wichtigste. Für

mich auch. Darum mache ich Führungen.

Ich habe nie ein fertiges Konzept, son-

dern gehe auf jede Gruppe ein.

Welches ist Ihr Lieblingsraum?Gar keiner! Die Räume sind unwichtig.

Nur die Bibel ist wichtig. Das wäre

Zwinglis Botschaft heute. Deshalb ist

mir im Zwingli-Haus die sogenannte

Froschauer-Bibel am wertvollsten. Es

ist erst die dritte Bibel dieses ersten

Schweizer Buchbinders. Sie liegt in der

«Familien- und Amtsstube». Amt und

Familie gehörten für Zwingli zusammen.

Was möchte sie den Besuchern mitgeben?Ich erzähle ihnen, dass das Leben zu

Zwinglis Zeit viel härter war als heute.

Ein Abend ohne Strom und Wasser

musste «erdauert» werden, wie man da-

mals sagte. Das war anstrengend. Aber

das Zusammenleben war auch intensi-

ver. Nicht wie heute, wo jeder wegrennt.

Gebet und Andacht gehörten dazu und

füllten die nächtlichen Stunden.

Welche Rückmeldungen erhalten Sie von Ihren Gästen?(Treschl schweigt, zögert, dann sagt sie

leise:) Die meisten sind ziemlich begeis-

tert. (Pause). Aber das ist mir fast pein-

lich. Ich mache die Führungen aus Über-

zeugung, nicht damit ich gelobt werde.

Doch es gibt wirklich viele Rückmeldun-

gen und ganz schöne, persönliche Briefe.

Was bedeutet Ihnen die Erinnerung an das Erbe von Huldrich Zwingli?Sein Erbe erinnert mich daran, dass Gott

zu allen Zeiten Menschen in seinen

Dienst gerufen hat. Es erinnert mich auch

daran, dass Berufene manchmal Rück-

schläge erleiden müssen und Enttäu-

schungen erleben. Das kenne ich auch.

Etwa, als mir vor vielen Jahren mal ein

Pfarrer erklärte, er wolle die Sonntag-

schule abschaffen. Zwingli ist aber ganz

treu im Glauben geblieben. Das ist doch

herrlich! Es bedeutet mir viel. Herrlich!

INTERVIEW

Mit Zwingli auf Du und DuEine ungewöhnliche BiografieText: Reinhold Meier, Wangs | Foto: as

«Nur die Bibel ist wichtig.» — Charlotte Treschl in der {Amts)Stube von Zwinglis Geburtshaus in Wildhaus.

«Christsein ist nicht Schwätzen

von Christus, sondern Wandeln,

wie er gewandelt hat»

Page 16: THEMA: Zwingli - Kirchenbote SGZwingli beschwerte, luden diese im Januar 1523 zur «Ersten Zürcher Disputation» ein. 600 Personen versammelten sich im Rathaus, THEMA Huldrych Zwingli

16 AUSGABE 1/201816 AUSGABE 1/2018

Impressum Herausgegeben im Auftrag der Synode der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons St. Gallen

Nächste Nummer 2/2018Thema: Der Teufel und die SeinenErscheint am 2. Februar 2018 Redaktionsschluss: 15. Januar 2018

Druck www.galledia.ch Auflage: 71 000, Altpapieranteil: 50%

Redaktion Hauptblatt Pfr. Andreas Schwendener (as) Rehweidstrasse 2, 9010 St. Gallen [email protected] 071 244 34 64 – hier bitte keine Adressänderungen, dafür ist Ihre Kirchgemeinde zuständig. Die entspre-chende Telefonnummer finden Sie im Mittelbund dieses Kirchenboten.

Der Preis für 11 Ausgaben/Jahr (12.50) wird von den Kirchgemeinden bezahlt.

Betreuung Website Redaktion Seiten 8–9 Katharina Meier (meka) Bahnhofstrasse 2 9601 Lütisburg-Station 071 980 06 00 [email protected]

Website: Reformiertes Medienportal (RMP): www.kirchenbote-sg.ch

Gestaltungskonzept: Tomcat AG

Das «Bild eines Geistlichen» von Albrecht Dürer tauchte 1945 in Wien auf und kam in die National Gallery in Wa-shington USA. Die übermalte Datierung 1516 und der ent-fernte Name lässt auf den «Ketzer» Huldrych Zwingli schliessen, den Dürer 1516 in Basel traf. Der Humanist Zwingli war da 32 Jahre alt.

Zum Titelbild

REFORMATION VOR ORT

Ein Zürcher SpielballZwinglis Ostpolitik: Kurzzeitig gehört das Gebiet des heutigen Kantons St.Gallen den ZürchernText: Daniel Klingenberg, St.Gallen | Foto: as

Nachrichten aus Ihrer Kirchgemeinde im Mittelbund

Ende 1525. Die reformierte Stadt St.Gallen

spielt darin für sein politisches und strategi-

sches Denken eine zentrale Rolle. «Zwingli

mass der Verbindung Zürich–St.Gallen für die

Sicherung und Ausbreitung der Reformation

fundamentale Bedeutung zu», schreibt Kurt

Spillmann, der emeritierte Professor für

Sicherheitspolitik.

Dritte Ursache ist die Aufnahme der Stadt

St.Gallen in das «Christliche Burgrecht»,

dem Bündnis der evangelischen Städte, im

November 1528. St.Gallen wird damit zum

gleichberechtigten Partner von Bern und

Zürich. Die von der katholischen Fürstabtei

umschlossene Stadt hat dadurch mehr

Selbstbwusstsein und wird offensiver.

Dass es dazu kommt, ist auch ein Produkt

der Verbindung von Zwingli und Vadian,

die in einem Briefwechsel stehen.

ZWINGLI: MODERAT ODER «HETZER»? Einiges bleibt aber ungeklärt. Wie ist das Ver-

hältnis zwischen Zwingli und dem Zürcher

Rat? Wer ist Antreiber der Expansionspolitik?

Baumann beschreibt in der St.Galler Kan-

tonsgeschichte von 2003 Zwingli als «Hetzer»

gegen das Kloster St.Gallen. Peter Opitz, Au-

tor der aktuellen Zwingli-Biografie, sieht das

anders: Das Verhalten der Zürcher Obrigkeit

sei zwar «nicht frei von machtpolitischen

Überlegungen gewesen». Dem Reformator

aber sei es vor allem um den Schutz der «reli-

giösen Gemeindeautonomie» gegangen. Mit

diesem durch die Zürcher installierten Recht

haben sich Gemeinden des Fürstenlands zur

Reformation entschieden. Ungeklärt ist auch,

wie viel Selbstbestimmung die Zürcher dem

Fürstenland, Toggenburg und Rheintal ein-

räumen wollten. Baumann zitiert ein Schrei-

Ulrich Zwingli stammt aus Wildhaus und aus

Briefen ist seine Zuneigung zur Toggenburger

Heimat bekannt. In seinem Wirken vertritt er

aber gegenüber der Ostschweiz im Wesentli-

chen die machtpolitischen Zürcher Interes-

sen. Zürich hat Erfolg: Es kann im Frühjahr

1531 feststellen, dass die angestrebte Vor-

machtstellung in der Ostschweiz erreicht ist.

Das Toggenburg hat sich mit Zürcher Unter-

stützung von der Fürstabtei St.Gallen losge-

kauft. Der Fürstabt ist vertrieben und das

Kloster ist gestürmt. Die «Alte Landschaft»,

das Fürstenland von Rorschach bis Wil, ist

wie das Rheintal reformiert.

Das alles bedeutet: Mehr oder weniger das

gesamte Gebiet der stolzen katholischen

Fürstabtei St.Gallen gehört dem reformierten

Zürich. Zentrum ist die reformierte Stadt

St.Gallen, die das Kloster bekommen soll.

ST.GALLEN: STRATEGISCHER FIXPUNKTFür diese Entwicklung gibt es drei Ursachen.

Die Reformation ist nicht einfach ein religiöses

Geschehen, sondern eng verflochten mit poli-

tischen und wirtschaftlichen Ebenen. Wenn

die politische Obrigkeit wie in Zürich die Re-

formation befördert, hofft sie dabei auch auf

Ausbau ihrer Macht. Erste Ursache ist daher

der Expansionsdrang der Zürcher. «Zürich

hatte in der Reformationszeit die Absicht, sei-

ne Territorien auszudehnen. Darum war die

Ostschweiz für Zürich von hohem Interesse»,

sagt der Historiker Max Baumann. Motivation

entsteht auch, als das starke Bern 1528 zur

Reformation beitritt. Zürich ist nun gefordert,

sein Gewicht innerreformiert zu stärken.

Zweitens ist es Zwingli selbst, der eine terri-

toriale Ausweitung vorantreibt. Von ihm

stammt ein sogenannter «Feldzugsplan» von

Kirche Mogelsberg, von Reformieren und Katholi-ken genutzt: Beispiel des Nebeneinander der Konfessionen im Kanton St.Gallen.

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ben, in dem die Limmatstadt diese Gebiete in

vier Vogteien unterteilen und beherrschen

will. Den Zürchern begegnete man daher auch

mit Misstrauen: Warum sollte die Fürstenlän-

der «Gotteshausleute» den Glauben wechseln,

wenn ihnen als Reformierte ein ähnliches

Untertanendasein blüht?

Der Zweite Kappelerkrieg schafft dann neue

Tatsachen. Durch den Tod von Zwingli am

11. Oktober 1531 entstehen die konfessionel-

len Verhältnisse, die bis heute in groben Zügen

im Kanton St.Gallen bestehen


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