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Textilforschung

Date post: 09-Mar-2016
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Neue Broschüre zur Textilforschung: Der deutsche Mittelstand setzt als Innovationsmotor weltweit Trends. Rund 1.500 oft in habergeführte Firmen sind beispielsweise in ihren jeweiligen Nischenmärkten europa- oder gar weltweit führend – nicht zuletzt, weil sie selbst seit Jahrzehnten Forschung und Entwicklung (FuE) betreiben. Der Innovationsprozess ist bekanntlich langwierig, teuer und wissensbasiert. Dabei konnten viele kleine und mittlere Unternehmen in der Vergangenheit nicht mithalten.
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SPRUNGBRETT IGF & ZIM Ideentransfer am Beispiel Textil – Forschungsförderung unter einem Dach
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Page 1: Textilforschung

SPRUNGBRETTIGF & ZIMIdeentransfer am Beispiel Textil –Forschungsförderung unter einem Dach

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Bilder Titelseite: Klimaresistente Gebäudehülle nach dem Vorbild der Natur – Eisbärhaus in Denkendorf | Für Dauerbelastungenbis 1.300 Grad Celsius geeignet – hochtemperaturbeständige Bauteile aus Keramikfasern | Innovation aus Pavelsbach – plissier -ter Filter mit Abstandshaltern für die Raumluftreinigung

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❭❭ Der deutsche Mittelstand setzt als Innovations -motor weltweit Trends. Rund 1.500 oft in haber -

geführte Firmen sind beispielsweise in ihrenje weiligen Nischenmärkten europa- oder gar welt-weit führend – nicht zuletzt, weil sie selbst seitJahrzehnten Forschung und Entwicklung (FuE) be- treiben. Der Innovationsprozess ist bekanntlichlangwierig, teuer und wissensbasiert. Dabei konn-ten viele kleine und mittlere Unternehmen in derVergangenheit nicht mithalten. Innovationen schei- terten allzu oft an fehlender Finanzkraft, personel-

len Ressourcen oder der monothematischenSpezialisierung. Inzwischen hat sich die Lage auchals Wirkung der Hightech-Strategie des Bundes ent-spannt. Die Folge: 30.000 KMU treiben derzeitkontinuierlich FuE – oft in Kooperation mit Hoch-schulen, Forschungseinrichtungen oder branchen-fremden Unternehmen. Entscheidende Verantwortung für diese Trend-wende trägt das Bundesministerium für Wirtschaftund Technologie (BMWi), aus dessen Haushalt dasVorlaufprogramm Industrielle Gemeinschaftsfor-schung (IGF) und das Zentrale Innovationspro-gramm Mittelstand (ZIM) – letzteres ab Sommer2008 – gespeist werden. Das Ministerium unter-stützte 2012 mit rund 630 Mio. Euro eine in Europaeinmalige Forschungsinfrastruktur. Diese Broschürezeigt an Best-Practice-Beispielen aus dem Bereichder technischen Textilien, wie dank der BMWi-Zu-schüsse der oft noch zu lange Weg von der Idee bis

zur Praxis dynamisiert werden konnte: Zeitgewinnfür bessere Marktchancen und die Sicherung von Ar-beitsplätzen, wie an den KapitelschwerpunktenFunktionelle Textilien (Seiten 2–17), Textile Archi-tektur (18–27) und Hoch leistungsfaserstoffe/Com-posites (30–40) aufgezeigt wird. Wie sich die beiden Programme verzahnen lassen,wird auf den Seiten 8–9 sowie aus Sicht von For-schungsinstituten und Textilern in der Rubrik „Ausder Sicht der Praktiker“ beschrieben. „Im Experten-fokus“ erläutern Dr. Klaus-R. Sprung, Geschäftsfüh-

rer der AiF Projekt GmbH und leitender Managerdes ZIM-Programmtools Kooperationsprojekte,sowie Dr. Klaus Jansen, Geschäftsführer des For-schungskuratoriums Textil e. V. (FKT), das Hand-in-Hand beider Programme. Das FKT ist eine von rund100 Forschungsvereinigungen innerhalb der Ar-beitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereini-gungen „Otto von Guericke“ (AiF). Das Team umDr. Jansen reicht im Namen der angeschlossenen 16Textilforschungsinstitute IGF-Förderanträge ein. Imlangjährigen Jahresdurchschnitt erringt die Textil-forschung im Leistungswettbewerb rund 50 Pro-jekte mit einem Budget von ca. 10 Mio. Euro. Lernen Sie im Folgenden Facetten einer bisher inden Medien kaum thematisierten Erfolgsstory„made in Germany“ kennen: den mit öffentlichenMitteln unterstützten Brückenschlag von der Ideebis zum marktnahen Prototyp.

1Bilder von links: 3D-Abstandsgewirke – Grundlage für Produktneuheiten in Medizin, Sport, Outdoor oder In-dustrie | IGF und ZIM – erster Transferworkshop am Beispiel Textil in Dresden | Im Winter warm, im Sommerkühl – Eisbärhaus von innen | Hunderte ZIM-Anträge pro Monat – Alltag bei den Projektträgern

EDITORIALZwei Programme mit einem Ziel

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2 Innovative Funktionaltextilien drängen dank BMWi-geförderter Forschung und Entwicklung zunehmend an dieindustrielle Spitze: Kerstin Petermann von der Thorey GmbH (Beitrag ab S. 13) an einer Spann-Trocken-Fixier-Maschine

FUNKTIONELLE TEXTILIEN

lungsprojekte, bei denen Forscher undProduzenten vor allem von technischenTextilien an einem Strang ziehen, un-terstützen diesen Trend. Nicht selten an vorderster Front mitdabei: Traditionsfirmen aus dem klassi-schen Bekleidungs- oder Heimtextil-Be-reich, die sich mit Funktionaltextilienneue Absatzmärkte im Fahrzeugbau,der Gesundheitswirtschaft oder in Ar-chitektur- und Gebäudeausrüstung ver-sprechen.

Schon der Begriff „Funktionelle Texti-lien“ verrät, dass es sich um Textilienmit Zusatzfunktionen – etwa Nanobe-schichtungen und elektrische Leitfähig-keit oder Kommunikationsmöglichkeitbzw. eigenem Leuchtpotenzial – handelt.Die auch „Smart Textiles“ (intelligenteTextilien) genannten Inno vationen sinddabei, eine Vielzahl völlig neuer An-wendungsfelder in allen möglichenTechnikbereichen zu erobern. BMWi-geförderte Forschungs- und Entwick-

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❭❭ Weltneuheit auf dem Lande: Seit über 30 Jah-ren produziert die IREMA-FILTER GmbH in der

oberpfälzischen Gemeinde Pavelsbach synthetischeFiltermedien vor allem für den Fahrzeug- und Flug-zeugbau. Doch seit Abschluss eines ZIM-Projektsim Jahr 2011 in Kooperation mit dem Institut fürTextil- und Verfahrenstechnik Denkendorf (ITV)können die über 60 Mitarbeiter zur Produktion derglobal vermarkteten Vliesstoff-Filter auf eine Welt-neuheit zugreifen: ein Meltblown-Verfahren (s. InfoS. 4) zur Herstellung von Vliesstoffen aus schrumpf-freiem Polyethylenterephthalat (PET). Was aber istso einzigartig an dieser Technologie mit demKunststoff PET, der vor allem als Namenspatron dergleichnamigen Wegwerfflaschen bekannt ist?Wegen seiner schnelleren Kristallisationsgeschwin-digkeit und der damit besseren Wärmeformbe-ständigkeit wird für Filtrationsanwendungen untererhöhten Temperaturen zumeist das aus der glei-chen Polymerfamilie wie PET stammende Polybuty-lenterephthalat (PBT) verwendet. Aufgrund derhohen thermischen Beanspruchung, der Filterme-dien im späteren Gebrauch ausgesetzt sind, darfdas Material für einen optimalen Einsatz nicht allzustark schrumpfen. Durch eine geringere Schrumpf-neigung hatte zu Vliesstoff verarbeitetes PBT hierbisher die Nase vorn. Käme stattdessen PET zumEinsatz, wäre der Vliesstoff damit für wesentlich hö-here Prozesstemperaturen bis 200 Grad Celsius inder Filtrationsanwendung einsetzbar. So könnte die Einsatzpalette für Filter erweitertwerden, beispielsweise auf Öle und Gase mit Tem-peraturen bis zu 200 Grad Celsius. Bisher aber warder Schrumpfprozess des PET schon bei deutlich ge-ringeren Anwendungstemperaturen so gewaltig,

Vliesstoffe baldaus PET-Wegwerf -flaschen herstellbar

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FUNKTIONELLE TEXTILIEN

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dass eine wirtschaftlich sinnvolle Produktion ent-sprechender Filter nahezu ausgeschlossen war.Diese Lücke ist nun aufgrund des erfolgreich ver-laufenen ZIM-Projekts dauerhaft geschlossen. Diebisherige Schrumpfneigung von PET – in der Flächebis zu 70 Prozent – kann nun dank des optimiertenMeltblown-Verfahrens bereits in der Vliesstoffpro-duktion nahezu unterbunden werden.

DURCH VORLAUF UND TRANSFERZUM VORSERIENPRODUKTAuf einer PET-Messe kam es 2009 zum ersten Kon-takt zwischen Dr. Andreas Seeberger, Mitglied derGeschäftsführung und Leiter der FuE-Abteilung beiIREMA-FILTER, und Dr. Martin Dauner, Leiter desForschungsbereichs Filamentgarn- und Vliesstoff-technologien am ITV. Gemeinsam sprachen sie über

Probleme und Lösungen zur Optimierung des Her-stellungsprozesses von Vliesstoffen per Meltblown-Verfahren. Vor allem die Schwierigkeiten mit PET alsAusgangsmaterial hatten sowohl die Wissen schaftlerals auch die Praktiker schon einige Jahre umgetrie-ben: „Wir haben uns am Institut im Rahmen ver-schiedener Projekte immer mal wieder mit dem

Thema PET bezüglich Vliesstoffherstellung befasst,konnten aber erst im Rahmen des ZIM-Projektseine strukturierte und zielorientierte Untersuchungdurchführen“, betont Christoph Rieger, wissen-schaft licher Mitarbeiter am ITV, am Rande des ers-ten IGF/ZIM Transferworkshops in Dresden. Nebender eher technischen Problematik der Schrumpfungvon PET bei hohen Temperaturen spielte vor allemauch der wirtschaftliche Faktor eine Rolle: „Da es inhöheren Mengen als andere Polymere verfügbar ist,hat PET einen deutlich geringeren Beschaffungs-preis. Das macht es zum industriell verfügbarenMassenpolymer mit dem weitaus besten Preis-Leis-tungs-Verhältnis“, erklärt Seeberger aus Sicht desMarktteilnehmers. Ihre getrennt gesammelten Er-fahrungen transferierten die Projektpartner aus Wis-senschaft und Industrie in das 2010 bis 2011gelaufene ZIM-Projekt. Dabei übernahmen Riegerund seine Wissenschaftskollegen vom ITV diegrundlegenden Materialuntersuchungen an kleine-ren Laboranlagen. Nachdem dort wiederholbar dieschrumpffreie Verarbeitung von PET zur Vliesstoff-

4 Herstellungsprozess im Detail – thermoplastische Kunststoff-Fasern im Freistrahl unterhalb der Meltblown-Düse

FUNKTIONELLE TEXTILIEN – VLIESSTOFFE BALD AUS PET-WEGWERFFLASCHEN HERSTELLBAR

STICHWORT MELTBLOWN-VERFAHREN

Mit der Meltblown-Technologie werdenVliesstoffe aus Mikrofasern erzeugt. Dabeiwerden granulierte thermoplastische Kunst-stoffe aufgeschmolzen und anschließenddurch eine hohe Anzahl sehr feiner Düsengepresst. Die austretende Schmelze wird voneinem Heißluftstrom erfasst, innerhalb we-niger Millisekunden zu hochfeinen Mikrofa-sern verstreckt und zu einem Vliesstoffabgelegt. Die Faserdurchmesserbereiche er-strecken sich je nach Einstellung von zehnMikrometern bis hin zu ungefähr einem Mi-krometer. Im Vergleich dazu: Ein menschli-ches Haar ist bis zu hundert Mal so stark.

Christoph Rieger Dr. Andreas Seeberger

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herstellung gesichert werden konnte, übertrugendie Filterspezialisten der IREMA-FILTER GmbH dieErgebnisse auf realen Produktionsmaßstab. Auchhier erwies sich das optimierte Meltblown-Verfah-ren als durchführbar. Der Transfer von wissen-schaftlicher Grundlagenforschung in die industriellePraxis erbrachte im Ergebnis eine Weltneuheit.

KONKRETE LÖSUNG FÜRKONKRETES PROBLEMAuf den jeweiligen Kooperationsnutzen für beidePartner angesprochen, sagt Textilforscher Rieger:„Mich hat vor allem der enge Kontakt zu unseremPartner aus der Industrie fasziniert.“ Der Know-how-Erwerb durch solche Kooperationen sei einGewinn: Am Ende des Prozesses stehe eine kon-krete Lösung für ein konkretes Problem. Auch seinIndustriepartner ist rückblickend mit der gemeinsa-men Arbeit im ersten ZIM-Projekt seines Unterneh-mens zufrieden. Vor allem die durch das Pro grammvorgesehene Auslagerung von Forschungsarbeitenan die Profis vom ITV sei ein entscheidender Plus-punkt gewesen. „Das hätten wir alleine unmöglichleisten können“, bilanziert Seeberger.Nach dem erfolgreichen ZIM-Erstling will dieIREMA-FILTER GmbH bei PET am Ball, sprich: anden Flaschen bleiben. Nach Vorstellung der Exper-

ten könnten eines Tages – als umweltschonendeVerarbeitung wiederverwertbarer Materialien –PET-Altflaschen in großen Mengen zur Herstellungvon Vliesstoffen genutzt werden, um daraus hoch-feine Filtermedien zu erzeugen. Ein interessanterPunkt unter anderem für die Autoindustrie: „DurchBestimmungen der EU zur umweltverträglichen

Entsorgung von Altfahrzeugen sind die Automo-bilhersteller verstärkt dazu angehalten, einen Groß-teil des einzelnen Fahrzeugs aus recycelbarenMaterialien herzustellen“, erklärt Seeberger undfügt hinzu: „Hinsichtlich der Zukunftsfähigkeit desoptimierten Meltblown-Verfahrens ist das doch maleine gute EU-Vorschrift.“Der ZIM-Erstling, so viel steht inzwischen fest, hatbereits Antragsfolgen. Wenige Monate nach Endedes ZIM-Projekts werden in Pavelsbach erste Vor-serienprodukte für die Ölfiltration gefertigt, vondenen sich das Management eine deutliche Um-satzsteigerung verspricht. Auch sind aktuell weitereProjekte mit dem ITV und anderen Textilinstitutenim Bereich der Spezial- und Mikrofasern in Durch-führung und künftige in Planung.

www.itv-denkendorf.de, www.irema.deSTANDORTE: DENKENDORF – PAVELSBACH

5Bilder von links: „Faservorhang“ und Faserablage während der Vliesstoffherstellung | Bald auch aus Weg-werfflaschen herstellbar – Rollenware aus Meltblown-Vliesstoff

VLIESSTOFFE BALD AUS PET-WEGWERFFLASCHEN HERSTELLBAR – FUNKTIONELLE TEXTILIEN

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❭❭ Getreu dem Motto „Never change a win-ning team“ arbeitet die roma-Strickstoff-

Fabrik Rolf Mayer aus Balingen seit 2005 mitdem privaten Hohenstein Institut für Textilin-novation Bönnigheim zusammen. Dank Förderunterstützung des BMWi erforscht undentwickelt das Duo aus Textilfirma und Textilfor-schungsinstitut Neuprodukte nahezu in Serie. Sokonzipierten die Kooperationspartner im Rahmeneines PRO INNO II-Projekts (einem Vorläufer derZIM-Förderung) eine mittlerweile am Markt erhält-liche Allergiker-Matratze. Sie ist beheizbar und ver-hindert dadurch nachhaltig die Ansiedlung vonMilben. Die Forschung-Industrie-Partnerschaft warauch bei einem 2011 abgeschlossenen ZIM-Projekterfolgreich: Das Produkt, eine neuartige Wärme-decke für den Krankenhauseinsatz, verhindert dieAuskühlung des Patienten während der Operation.Technologischer Kern beider Innovationen ist ein

durch Jürgen Reichart, roma-Bereichsleiter Techni-sche Textilien, zum Europäischen Patent ange melde- tes Flächen heiz ele ment in Form eines beheizbarenStrickstoffs. Er besteht aus kleinsten, elektrischhochleitfähigen Garnen, die über ein eingewebtesMetallband erwärmt werden.Bereits während der Entwicklung der Allergiker-Matratze hatten sich Patentinhaber Reichart undsein Hohenstein-Forschungspartner Prof. DirkHöfer, Direktor des Fachbereichs Hygiene, Umwelt& Medizin, über weitere mögliche Einsatzfelder despatentierten Flächenheizelements unterhalten. Hu-manbiologe Höfer war es schließlich, der nach Ge-sprächen mit Kollegen aus dem Medizinbereichüber die Problematik des Auskühlens von Patientenauf den entscheidenden Einfall zum Patienten-Wär-mesystem kam. Ursache für die so genannte Hypothermie ist, nebendem üblichen Verlust von Körperwärme in den meist

6 Der Körperstruktur optimal angepasst – thermische Decke mit sechs Modulen

FUNKTIONELLE TEXTILIEN

PATIENTEN-WÄRMESYSTEM

Neuprodukte in Serie

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den Markt der medizinischen Textilien angepeilthabe, äußert sich positiv zum Teamwork mit derForschung. „Über die mit den Hohensteinern ent-wickelten Produkte und Umsatzbringer erschließenwir neue Marktsegmente und sichern unsere Wett-bewerbs- und Zukunftsfähigkeit ein Stück weit ab.“Auch wenn er nicht mit einer Markteinführung desPatienten-Wärmesystems vor 2014 rechne – dieZulassung zum Medizinprodukt läuft –, sei dies alsEinstieg für sein Unternehmen in den ZukunftsmarktMedizin zu werten, sagt Reichart, der bereits dennächsten Absatzmarkt im Visier hat. Neben den beiden Innovationen für den klassischenBereich der Haus- und Heimtextilien (Allergiker-Mat-ratze) und den Medizinprodukte-Markt (Patienten-Wärmesystem) entwickelt das „winning team“ mitBMWi-Fördergeldern derzeit eine weitere Neuerungzum Einsatz im Gartenbau bzw. in der Landwirt-schaft. In diesem dritten Kooperationsprojekt ar-beiten die Partner zusammen mit der Staatsschulefür Gartenbau und Landwirtschaft in Stuttgart aneiner Technologie zur Steigerung der Energieeffi-zienz von Gewächshäusern. Dabei sollen textileHeiz unterlagen für Pflanzen helfen, diese nach Be-darf gezielt zu erwärmen, ohne kostenintensiv dasgesamte Gewächshaus beheizen zu müssen.

www.hohenstein.de, www.roma-strickstoffe.deSTANDORTE: HOHENSTEIN – BALINGEN

7Bilder von links: Test am Dummy – die gleichmäßige Erwärmung der Körperoberfläche wird gewährleistet | Patentiertes Flächenheizelement als Kern des Patienten-Wärmesystems

PATIENTEN-WÄRMESYSTEM – FUNKTIONELLE TEXTILIEN

auf 18 bis 22 Grad Celsius klimatisierten OP-Sälen,vor allem der verminderte Stoffwechsel und damiteine geringere Wärmeproduktion infolge der Nar-kose bei Patienten. Blutungen, eine höhere Anfällig-keit gegenüber Wundinfektionen und damit einelängere Verweildauer des Patienten im OP oder imAufwachraum sind mögliche Folgen. Fachleute wis-sen: Herkömmliche Hilfsmittel wie vorgewärmte De-cken oder beheizbare OP-Tische schaffen hierbei nurbedingt Abhilfe, denn sie kühlen entweder zu schnellab oder erreichen den Patienten nur partiell. Genauhier greift das neuartige Patienten-Wärmesystemdes erfolgreichen Industrieforschungs-Tandems.

EINSTIEG IN ZUKUNFTSMÄRKTE Um das Flächenheizelement für den Medizinsektorfit zu machen, wurden zunächst unter Projektlei-tung von Textilforscherin Dr. Anja Gerhardts dienotwendigen Basisuntersuchungen angestellt. DasProblem: Weil der beheizbare Strickstoff nicht direktauf den Patienten gelegt werden kann, musstenerst entsprechende Fasersubstrate als geeignetesHüllmaterial gefunden werden. Darin wird das Flä-chen heizelement integriert, was nicht nur Wärme -entwicklung und Leitfähigkeit optimiert, sondernauch die sensible Strickstoff-Innovation vor zu star-ker Verschmutzung bei Operationen schützt. „Mich reizt diese Art der anwendungsnahen For-schung und Entwicklung ungemein, weil am Hori-zont oft ein neues Produkt oder eine Anwendungsteht“, sagt Biologin Gerhardts. Weil Zusammenar-beit niemals nur in eine Richtung gehe, profitiereauch ihr Institut von dieser Kooperation. „Durch ge-meinsame Projekte mit Industriepartnern wie derroma-Strickstoff-Fabrik erhalten wir Zugang zu denpraktischen Problemen von Industriekunden undKonsumenten.“ Auf diese Weise könne gezielt ge-forscht werden, um mit sinnvollen Anwendungendort zu helfen, wo Bedarf besteht. Auch roma-Bereichsleiter Reichart, der nach seinenWorten mit dem Patienten-Wärmesystem bewusst

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❭❭ Dem Leistungswillen und der Innovati-onskraft rund 110.000 High tech-affiner

Unternehmen zwischen Flensburg, Freiburgund Frankfurt (Oder) verdankt die Bundesrepu-b lik ihre führende Stellung als Industrie machtund Exportnation. Um die Wett bewerbsposi-tion technisch anspruchs voller Erzeugnisse„made in Germany“ international zu stärkenund zugleich Arbeit und Wohlstand im eigenenLand zu sichern, hat das Bundeswirtschafts-ministerium ein über die Jahre aus gereiftesSystem aufeinander abgestimmter Förderins -trumen te für Forschung und Entwick lung ins -talliert.IGF und ZIM gehören zu seinen tragendenSäulen. Beide Programme sollen u. a. Nach-teile abfangen, die aus häufig geringer Fir-

mengröße der Technologie-Nischenkönigemit nur einigen Dutzend bis wenigen HundertMitarbeitern entspringen: Ent sprechend be-grenzt sind die eigenen Ressourcen für For-schungs aktivitäten oder die Zu sammenarbeitmit externen Forschungseinrichtungen.Will man Bedarfsnähe und Effizienz dieses lo-gisch vernetzten Fördersystems von der Ideebis an die Schwelle des Marktes anhand einerkonkreten Branche betrachten, bietet sich dietraditionell kleinteilige deutsche Textilindustriegeradezu an. Sie hat sich gegenüber fernöstli-cher Konkurrenz behauptet, schon vor Jahreneinen tief greifenden Strukturwandel vollzo-gen und inzwischen eine inhaltlich neue Basismit beträchtlichem Zukunfts- und Wachs tums-potenzial geschaffen.

IM PORTRÄT: IGF & ZIMGrundsäulen der Innovationsförderung

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IGF: VORLAUF IN BREITE

Mit dem bereits 1954 aufgelegten Programm In-dustrielle Gemeinschaftsforschung wird die Ge-winnung technologiebezogener Basiserkenntnisseim vorwettbewerblichen Stadium begünstigt. Siekommen all jenen Unternehmen gemeinschaftlichzugute, die sich in – derzeit 100 – branchenbezo-genen gemeinnützigen Forschungsvereinigungenunter dem Dach des in Köln ansässigen AiF e. V. zu-sammengeschlossen haben. Zunehmend gelingtdieser Brückenschlag zwischen Grundlagenfor-schung und industrieller Anwendung auch überBranchen- und Ländergrenzen hinweg. Bundesweitprofitieren von der IGF mehr als 50.000 Unterneh-men und rund 1.200 einbezogene Hochschulen, ex-terne industrienahe Forschungsstellen sowie andere

FuE-Institutionen. 2011 standen für das Programm135 Mio. und 2012 mehr als 141,5 Mio. Euro zurVerfügung. Für 2013 sind Fördermittel in gleicherGrößenordnung vorgesehen, die durchweg nacheinem Wettbewerbssystem vergeben werden. Für den Textilbereich bedeutet das: AussichtsreicheVorhaben werden zunächst innerhalb der 16 deut-schen Branchenforschungsinstitute gegeneinanderabgewogen, ihre Auswahl tritt dann in Wettbewerbuntereinander um einen der begehrten Plätze aufder Nominierungsliste des FKT. Von diesem an dieAiF übermittelt, werden die Projektkandidatendurch externe Gutachter geprüft, treffen erst nachderen „grünem Licht“ auf all die Ideen-Wettbewer-ber aus dem Pool der anderen 99 Forschungsverei-nigungen. Erfahrungsgemäß gelingt jährlich 40 bis50 TechTex-Projekten mit einem Gesamtfördervo-

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lumen um die 10 Mio. Euro der Sprung auf das Sie-gertreppchen. Diese Projekte werden von der In-dustrie begleitet; ihre Ergebnisse stehen prinzipiellallen Branchenunternehmen als Basis für eigen-ständige Produkt- und Verfahrensentwicklungen zurVerfügung. Und die Firmen nutzen dieses Angebotintensiv.

9Logische Verzahnung: Als Kernelemente des BMWi-Förderkonzepts für den Mittelstand greifen IGF und ZIMschlüssig ineinander

ZIM: UMSETZUNG INDIVIDUELL

Effiziente Schützenhilfe bei der Verwirklichung ihrerIGF-basierten wie auch anderen konkreten betrieb-lichen Vorhaben bis zum Prototyp leistet das Zen-trale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM). SeitAuflegung im Sommer 2008 hat dieser FuE-Turboeine beispiellose „Karriere“ absolviert: Weit über diedeutschen Grenzen hinaus gilt das mehrfach aus-gezeichnete Programm inzwischen als „Goldstan-dard“ der Innovationsförderung. Die Unternehmenschätzen besonders seine Technologieoffenheit,Praxisnähe, die kurzen Entscheidungsfristen undeine geringe Bürokratiebefrachtung. Gefördert wer-den via ZIM alle typischen FuE-Projektvarianten voneinzelbetrieblichen Vorhaben über Kooperations-projekte von Unternehmen untereinander oder/undmit Forschungseinrichtungen bis zu Kooperations-netzwerken (s. a. Umschlagseite IV). Dafür stehenaus dem Bundeshaushalt jährlich rund 500 Mio.

Euro zur Verfügung. Externe Erfolgskontrollen bele-gen eindeutig, dass die durch ZIM initiierten wirt-schaftlichen Effekte dieses Fördervolumen um einMehrfaches übersteigen.Insgesamt wurden bis Jahresende 2012 bereits rund2,6 Milliarden Euro zur Unterstützung von mehr als20.000 Vorhaben in über 10.000 Unternehmen undfast 350 Forschungseinrichtungen bewilligt. Etwazwei Drittel davon machen Kooperationsprojekteaus. Für diese am stärksten frequentierte Pro-grammsäule zeichnet als Projektträger des BMWidie AiF Projekt GmbH mit rund 100 Mitarbeitern inBerlin-Pankow verantwortlich. Die Laufzeit des Pro-gramms wurde Mitte 2012 über das Ende der Le-gislaturperiode hinaus bis Ende 2014 verlängert,das ZIM zeitweise für Unternehmen mit bis zu 500Mitarbeitern (statt generell 250) geöffnet. Bran-chenübergreifend ist die Hoffnung des Mittelstandsauf eine bruchlose Weiterführung dieses Erfolgsins - truments auch ab 2015 sehr ausgeprägt.Die Textilwirtschaft nutzt das Programm intensiv:Seit Programmstart flossen von insgesamt 75 Mio.Euro für Textilprojekte 80 % der Fördermittel in Un-ter nehmen, der kleinere Teil in die Forschungsstellen.

TECHTEX & IGF AKTUELL (Stand Anfang 2013)

ca. 165 Vorhaben, Fördervolumen 11,5 Mio. €8,2 % der IGF-Gesamtprojekte und 7,5 % der -mittelca. 1/3 für ostdeutsche Institute

ca. 600 Vorhaben, Fördervolumen rd. 75 Mio. €3 % der ZIM-Gesamtprojekte und -mittel40 % für ostdeutsche Unternehmen und Forschungseinrichtungen

TECHTEX & ZIM AKTUELL (Stand Anfang 2013)

Page 12: Textilforschung

Energieeffiziente Sanierung von Kraftwerksanlagen

STETER TROPFEN

10 Vorbild Natur – Wasser abweisende Oberflächenstruktur von Pflanzen als Entwicklungspate einer Öl abweisenden Oberflächenveredelung

FUNKTIONELLE TEXTILIEN

Gemeinschaftliches Ziel war die Entwicklung einerneuartigen Oberflächenveredelung für Fasern,Garne und textile Flächen zur energieeffizienterenIsolierung von Kraftwerks- und Verbrennungsanla-gen. Die innovative Beschichtung mit Öl abweisen -den Eigenschaften ist speziell für den Einsatz beitextilen Isolationen für den Hochtemperaturbereichoberhalb von 350 Grad Celsius konzipiert.Im Bereich der industriellen Energieerzeugung,deren Über tragung und Umwandlung, werdenmeist Isoliermaterialien auf Basis verschiedener an-organischer Fasern wie Glas oder Mineralwolle ver-wendet. Diese textilen Hochtemperaturisolationenüberzeugen durch eine geringe Wärmeleitfähigkeit,

❭❭ Kaum ein Thema hat Deutschland auf po-litischer und medialer Ebene so nachhal-

tig erfasst wie die Energiewende. Dabei spieltdie thermische, also die energetische Sanie-rung von Gebäuden eine nicht unwesentlicheRolle. In diese Kerbe zur Verbesserung der Energieeffizienzschlägt ein Ende 2012 erfolgreich abgeschlossenesZIM-Projekt der Aachener Textil experten vom DWIan der RWTH Aachen. Ihre Partner aus der Indus-trie waren die Knein Technische Textilien GmbH,kurz K.TeX, aus Herzogenrath nahe Aachen sowiedie HKO Isolier- und Textiltechnik GmbH aus Ober-hausen.

Page 13: Textilforschung

hohe mechanische Beanspruchbarkeit und einegute Verfügbarkeit am Markt. Eingesetzt an Turbi-nen, Verbrennungsmotoren, Schmelzöfen oderchemischen Reaktoren, dienen sie vor allem derWärmeisolierung der Anlagen und schützen vorVerschmutzung. Nachteil der textilen Wärmedäm-mer bisher: Ohne zusätzliche Öl abweisende Aus-rüstung begünstigen die Oberflächeneigenschaftender Fasern bei hohen Temperaturen das Aufsau-gen von Prozessölen, also beispielsweise Schmier-und Hydrauliköl. Kommt es zu einer Kontaminationder Textilien mit Öl, drohen lokale Überhitzungen,die das Entstehen von Rissen in der isolierendenBeschichtung begünstigen. Durch diese Risse kanndas Öl in das textile Material eindringen, wodurchnicht nur die Isolationswirkung reduziert wird,sondern auch die Brand- und Verbrennungsgefahrsteigt.

IDEENGEBENDE NATURZwar konnte der negative Effekt des Aufsaugensbisher auch durch herkömmliche Öl abweisendeBeschichtungen, beispielsweise mit fluorhaltigenVerbindungen – bekannt aus dem Outdoor-Bereichbei wasserabweisenden Jacken –, kompensiertwerden. Allerdings wird durch deren begrenztethermische Beständigkeit die Leistung der textilenIsolationen auf maximal 300 Grad Celsius be-schränkt. Steigen die Temperaturen anlagebedingtüber diesen Wert, kann es zu einer Zersetzung derÖl abweisenden Beschichtungen kommen. In Ver-bindung mit dem stark erhitzten Öl können so to-xische Abbauprodukte freigesetzt werden, die eineGefahr für das Industrie-Personal darstellen. ZumVergleich: Im Hochtemperaturbereich industriellerAnlagen herrschen Temperaturen von bis zu 1.100Grad Celsius. Um die textilen Hochtemperaturiso-lationen auch bei höheren Prozesstemperaturendauerhaft optimal einsatzfähig zu halten, habensich die auf Entwicklung von technischen Textilienfür Brandschutz und Wärmedämmung spezialisier-

ten Praktiker von K.TeX und HKO mit den Textil-forschern vom DWI zusammengeschlossen. Fürihre Öl abweisende Oberflächenveredelung texti-ler Wärmedämmer holten sich die ProjektpartnerTipps von einer absoluten Expertin in Sachen Inno-vationen: von der Natur.

Die Vorbilder zur Entwicklung der innovativen Ober-flächenstruktur kamen aus dem Tier- und Pflanzen-reich. Der flinke Wasserläufer – das Insekt bewegtsich dank feiner Härchen mithilfe der Oberflächen-spannung über das Wasser, ohne zu versinken –stand Pate für eine durch die Forscher vom DWIentwickelte chemische Zusammensetzung, die denKontakt zwischen Oberfläche und Flüssigkeit mini-miert. Beim Lotusblatt schauten sich die AachenerWissenschaftler die Eigenschaft der wasserabwei-senden Oberfläche ab, was den Anstoß zur Ent-wicklung einer besonderen Mikrostrukturierunggab. Aus der Natur ins Labor übertragen, wurden sozunächst Partikel im Submikro- und Nanobereichauf ein spezielles Substrat aufgebracht und diesesim Anschluss mit einer abweisenden Beschichtungüberzogen. Beides zusammen, also minimierterKontakt und abweisende Oberfläche, ergabschlussendlich die Grundstruktur der innovativenÖl abweisenden Oberflächenveredelung für textileIsoliermaterialien.

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STETER TROPFEN – FUNKTIONELLE TEXTILIEN

Lampros Kampas Dr. Karin Peter

Page 14: Textilforschung

PROBLEMABWEISENDERTRANSFERDabei hatten die Projektpartner bereits vor Beginndes ZIM-Projekts je einen Teil zur Lösung des Pro-blems in Händen. So konnten die Forscher am DWIim Rahmen verschiedener IGF-Projekte wichtigeDaten zur textilen Oberflächenveredelung sammeln.Allerdings seien diese im Einsatz bei Raumtempe-ratur gewonnen worden. „Es war schon eine

enorme Herausforderung, die uns da von Seiten un-seres Industriepartners gestellt wurde“, erinnert sichDr. Karin Peter, Forscherin am DWI. Gemeinsam mitihren Kollegen sah sie sich plötzlich vor die Aufgabegestellt, ihre vorhergehende Forschung zur textilenOberflächenveredelung von Raumtemperatur-Ni-veau auf den Hochtemperaturbereich übertragen

zu müssen. Den Kooperationspartner aus der In-dustrie wiederum hatte das Problem der vermin-derten Isolationswirkung textiler Wärmedämmer imHochtemperaturbereich schon länger beschäftigt.„In Zeiten knapp werdender Ressourcen gewinntauch im Industriebereich ein effizienter Umgang mitEnergie zunehmend an Bedeutung“, erklärt Lam-pros Kampas, zur Projektlaufzeit Entwicklungsleiterbei K.TeX. Seine Ausgangsüberlegung war daher,die Effizienz der Isolierung so zu erhöhen, dass derVerlust von Energie so gering wie möglich gehaltenwird. „Die Optimierung der Oberflächenstrukturtextiler Wärmedämmer ist eine vergleichsweise ein-fach umzusetzende Maßnahme zum Schutz vorEnergieverlust“, erinnert sich Kampas heute, der mitseiner Problemstellung damals gezielt beim DWI an-geklopft hatte. Die Kooperationspartner zeigten sich überzeugt,dass der termingerechte Projektabschluss Ende2012 infolge gut verzahnter Förderung durch IGFund ZIM deutlich begünstigt wurde. „Durch dengelungenen Transfer zwischen den Textilforschernund uns können wir das Problem des drohendenEnergieverlusts infolge verminderter Isolationswir-kung künftig besser vermeiden – so wird der Öl-zum Problemabweiser“, fasst Kampas die gemein-schaftliche Arbeit zusammen. Aufgrund der längerenBeständigkeit der neuartigen Isolierungsbeschich-tung sei nicht nur eine höhere Energieeffizienz beikonstant hohen Temperaturen gegeben, sondern eswürden auch deutlich weniger organische Substan- zen freigesetzt als bei herkömmlich beschichte tenIsolierungen. Das steigere zum einen langfristig dieoptimale Leistung von Hochtemperaturanlagen underhöhe zum anderen die Arbeitssicherheit für dasPersonal. Derzeit wird geprüft, ob im Rahmen derPrototypenphase erste Produktionsmuster zur spä-teren Anwendung in Industrieanlagen entwickeltwerden können.

www.dwi.rwth-aachen.de, www.ktex-gmbh.deSTANDORTE: AACHEN – HERZOGENRATH, OBERHAUSEN

12 Gibt Aufschluss über den Grad der Verschmutzung – Prüfapparatur zur Bestimmung der Ölausbreitung imHochtemperaturbereich

FUNKTIONELLE TEXTILIEN – STETER TROPFEN

Page 15: Textilforschung

13Auf Textil aufgetragene LEDs – neue Möglichkeiten zur Funktionalisierung von Bekleidung, Heimtextilien undAutomobil-Interieur

BEISPIEL MIT STRAHLKRAFT

FUNKTIONELLE TEXTILIEN

einer flächigen Lichtquelle werden, gehören für dieWissenschaftler um den stellvertretenden FuE-Be-reichsleiter Dr. Andreas Neudeck zur Kernkompe-tenz des TITV Greiz. Die Einrichtung hatte als eineder ersten schon 2003 erste Schritte in RichtungLeuchttextilien unternommen und ein weltweitesPatent angemeldet. Die seitdem gesammelten Erfahrungen flossen inein BMBF-Projekt ein, bei dem robuste, hochflexi-ble und knickbruchstabile leitfähige Strukturen zurRealisierung elektrolumineszierender Gewebe her-gestellt werden konnten. Um diese leuchtendenStrukturen per Druckverfahren auf Textilien über-tragen zu können, bedurfte es eines weiterführen-den IGF-Projekts, bei dem der leitfähige Druckgenauer erforscht und optimiert werden konnte.Um den innovativen Leuchteffekt auch auf groß-

❭❭ Das Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland e. V. (TITV) aus Greiz und die Tho-

rey Textilveredelung GmbH aus Gera haben miteiner Reihe weiterer Partner eine Technologiezum Drucken elektrisch leitfähiger Strukturenauf Textilien entwickelt. Die mit BMWi-Fördergeldern realisierte Innovationermöglicht die Integration von LEDs, OLEDs undelektronischen Komponenten in Textilien. Sie lässtkünftig nicht nur die Einsatzkleidung von Ret tungs-kräften aktiv leuchten, sondern kann als Grundlagefür großflächige Monitorwände, interaktive Leuch t - armbänder für Festivals und als Ambientebeleuch-tung bzw. interaktive Innenraumausstattung fürFahrzeuge eingesetzt werden.Forschungen zur Elektrolumineszenz von Textilien,die dabei durch elektrische Anregung selbst zu

Textilien geht ein Licht auf

Page 16: Textilforschung

flächige Textilien zu übertragen, fehlte ein ent-scheidender Prozessschritt. Es war die Idee eines In-dustriepartners des Instituts aus dem benachbartenGera, die die fehlende Brücke zum Bedrucken auchgroßflächiger Textilien mit elektrolumineszierendenOberflächenstrukturen schlug.

VEREDELUNG DER VORLAUFFORSCHUNGDie 65 Mitarbeiter der thüringischen Textilverede-lungsfirma Thorey, die eine Traditionslinie bis zurückins Jahr 1883 aufweist, haben sich unter anderemauf die Veredelung und Grundierung als Vorbe-handlung zu bedruckender Textilien spezialisiert.Hier entsteht hochwertiges Material, aus dem End-produzenten dann Filter für die Lebensmittelindus-trie, Airbags oder Jalousien für den Hausgebrauchfertigen. Produktionsleiter Dirk Wehner, nach eige-nen Angaben seit Kindesbeinen Hobbyelektroniker,hatte den entscheidenden Einfall zur Herstellungelektrisch leitfähiger Textilien: „Die Idee kam mir, alsich ein kleines Fläschchen Silberdispersion in derHand hielt.“ Auf Textilien aufgetragen, liefert dieseMischung aus destilliertem Wasser und Silberparti-keln ein enorm erhöhtes Maß an elektrischer Leit-fähigkeit gegenüber unbehandelten Textilien. EineArt Grundvoraussetzung, um LEDs und OLEDs aufTextilien zuverlässig verschalten zu können, damitsie kontinuierlich aktiv leuchten und interaktiv mit-einander reagieren.Weil die notwendige Vorbehandlung der Textilienoptimierungsbedürftig war, schlossen sich PraktikerWehner und TITV-Forscher Neudeck als Koo pe ra-tions partner in einem ZIM-Projekt zusammen. DerTransfer zwischen Unternehmen und Institut seiunerwartet hilfreich gewesen für die Weiterent-wicklung der leuchtenden Textilien, erinnert sichInstitutsforscher Neudeck: „Die Leitfähigkeit dermit Silberdispersion behandelten Textilien war bisin die kleinsten Bahnen gegeben.“ Theoretisch warnun der Weg frei, um die flexiblen leitfähigen Struk-

turen, deren Muster in den Schubladen des TITVGreiz schlummerten, auf die vorbehandelten Text i-lien zu übertragen. Allein: Zur endgültigen Umset- zung in die Praxis bedurfte es eines zuverlässigenund hochleis tungsfähigen Druckverfahrens, das dieKoopera tionspartner in der Inkjetdruck-Technolo-gie fanden. Um ihre bisherigen Erkenntnisse für dieses indus-trielle Druckverfahren tauglich zu machen, läuft seitMitte 2012 bereits das zweite ZIM-Projekt des er-folgreichen Teams aus Forschung und Praxis. Zielist es, die leuchtenden Textilien kostengünstig undin größerer Stückzahl bei optisch flexibler Gestal-tung herstellen zu können.

KOMPETENZ DURCH INNOVATIONVon den im Zuge der IGF- und ZIM-Projekte ge-sammelten wissenschaftlichen Erkenntnissen undpraktischen Resultaten profitieren beide Projekt-partner langfristig. „Wir erschließen unter Zuhilfe-nah me der Fördermittel ja ganz bewusst neueEin satzfelder für technische Textilien“, erläutertNeudeck seine Motivation. Während der klassischeTextilbereich stagniere, würde vor allem der Bereichder textilen Mikrosystemtechnik viel versprechendeZukunftsperspektiven bieten. Hier müssten sich dieInstitute Vorlauf sichern, um nicht eines Tages in

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FUNKTIONELLE TEXTILIEN – BEISPIEL MIT STRAHLKRAFT

Dr. Andreas Neudeck Dirk Wehner

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grundlegenden Forschungsfragen vom internatio-nalen Wettbewerb abgehängt zu werden. „WürdenProgramme wie IGF ersatzlos gestrichen, müsstenwir nicht nur Personal abbauen, sondern könntenkaum noch industrierelevante Forschung wie die zuden leuchtenden Textilien betreiben.“

Auch Wehner zeigt sich von den Förderprogram-men überzeugt: „Ich sage immer: Kompetenz durchInnovation.“ So habe die Zusammenarbeit mit demForschungsinstitut es möglich gemacht, die Idee derVeredelung durch Silberdispersion zur Herstellungeines elektrisch leitfähigen Textils zur Produktreifezu bringen. „Ich verrate kein Geheimnis, wenn ichsage, dass wir das alleine nicht geschafft hätten“,so Wehner.Durch die Erkenntnisse des TITV Greiz, der ThoreyTextilveredelung und weiterer Partner könnennicht nur Produkte für das hochpreisige Markt-segment und für Massenartikel – etwa Leucht arm-bänder für Festivals – produziert werden. Das

Wissen soll auch für künftige Entwicklungen rundum leitfähige Texti lien genutzt werden. So könn-ten textile Schaltkreise, beispielsweise zur Verar-beitung von Com puterchips, und textile Displayseines Tages von den Ergebnissen des Teamworkszwischen Forschung und Industrie profitieren.

Mittlerweile hat nicht nur ein namhafter deutscherAutomobilhersteller angefragt und um Zusendungentsprechender Muster zur Innenraumausstattungfür seine Fahrzeuge gebeten. Auch die EuropäischeUnion greift auf die mit BMWi-Fördergeldern ent-wickelten Leuchttextilien zurück. Im Rahmen desmit 10,9 Mio. Euro geförderten Projekts PLACE-it(Platform for Large Area Conformable Electronicsby InTegration) arbeiten die Forscher aus Greiz der-zeit als einer von zwölf Partnern daran, Beleuchtungin die tägliche Umgebung zu integrieren.

www.titv-greiz.de, www.thotex.deSTANDORTE:

GREIZ, DENKENDORF – GERA, FREIBURG, BAD EMSTAL

15Bilder von links: Silberdispersion als Ideengeber | Serienproduktion von aktiv leuchtenden Stoffen auf Basisgedruckter Leiterbahnen möglich

BEISPIEL MIT STRAHLKRAFT– FUNKTIONELLE TEXTILIEN

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Die Arbeit an Leuchttextilien hat in Denkendorf Tra-dition. Im vorangegangenen IGF-Vorhaben „Neuar-tige Möbelkonzepte durch leuchtende Textilien“,das über das Forschungskuratorium Textil e. V. ini-tiiert und vom BMWi gefördert wurde, entwickel-ten die Wissenschaftler neue Konzepte für textileFronten von Kastenmöbeln: Aus 18 Leuchtmittelnerstellten die ITV-Forscher in Verbindung mit diver-sen Textilien Muster, an denen sie eingehende Testsim Lichtlabor durchführten. Daraus resultierten meh-rere, mit LEDs versehene Demonstratoren.

ZIM-PROJEKT FLEXILUX„Dank dieser grundlegenden Vorarbeiten 2009 und2010 wussten wir genau, auf welches Thema wirunsere weiteren Forschungsarbeiten fokussierenmussten“, unterstreicht ITV-Projektleiter Dipl.-Ing.Christoph Riethmüller. Mit dem Förderbudget fürdas sich anschließende ZIM-Projekt Flexilux erhiel-ten das Institut wie auch ETTLIN die erforderlichenMittel, um sich auf die Entwicklung der 3D-Lichtge-staltung zu konzentrieren. Verfügte das ITV über

SCHWERELOSE LICHTKÖRPER

2009–2010IGF: „Neuartige Möbelkonzepte durch leuchtende Textilien“

FUNKTIONELLE TEXTILIEN

❭❭ Sie wirken gänzlich losgelöst, scheinen imRaum zu schweben. Filigrane Lichtbahnen

und -skulpturen, die im Dunkeln für magischeMomente sorgen. Was sich in der nüchternenSprache der Ingenieure „dreidimensionaleLichtgestaltung mit wenig Bauraum“ nennt,ist systematisch auf der Basis gezielter För-derpraxis entstanden und nun ein weltweitpatentiertes, gefragtes Produkt-Portfolio. Die Entwicklung der lichttechnischen Spezialtexti-lien wurde durch ein ZIM-gefördertes Kooperati-onsprojekt – Beteiligte waren das Institut für Textil-und Verfahrenstechnik (ITV) Denkendorf sowie derEttlinger Textilhersteller ETTLIN AG – planmäßig vo-rangetrieben.„Den Anstoß gab die Frage: Wie lassen sich Lichtund Textilien kombinieren?“, erklärt Dr. Frauke Su-sanne Hänsch, Entwicklungsleiterin von ETTLIN Tex-tiles. „Da das ITV schon lange und intensiv zu diesemThema forscht, war es nur folgerichtig, zusammen-zugehen und unsere Kompetenzen zu bündeln“,sagt die Maschinenbauingenieurin.

2010–2011ZIM: Flexilux

ab 2012Praxisanwendung

Page 19: Textilforschung

einen großen Erfahrungsschatz und die notwendigeTechnik für die Vermessung und Bewertung licht-technischer Materialien, konnte ETTLIN sein breitesKnowhow für die Entwicklung der Spezialgewebebei steuern. Die Lichtkörper entstehen durch Interaktion des ETT-LIN lux® genannten Spezialgewebes mit einer imAbstand von bis zu 20 cm dahinter platziertenpunktförmigen Lichtquelle. Für das Auge wird sojeder Helligkeitspunkt zu einer bogenförmigen Linieaus Licht. Sind es mehrere, laufen alle Lichtbahnenmit gleichartigem Verlauf in dieselbe Richtung – aufdiese Weise entsteht ein gelenkter optischer Effekt.Besonders gut für das Designen eignen sich LEDs:Sie bieten eine konzentrierte Leuchtkraft und Flexi-bilität bei Farben und Bauformen.

BAUKASTEN FÜR 3D-LICHTUm das Zusammenspiel zwischen Textilien undLichttechnik und damit die Ausprägung der Lichtef-fekte genauer zu untersuchen, wurde mit Spezial-kameras des ITV die Leuchtdichte bei verschiedenenhinterleuchteten Garnen und Geweben gemessen.„Wir wollten herausfinden: Wie ändert sich durchdas Gewebe die Lichtverteilung?“, erläutert ETTLIN-Entwicklungschefin Hänsch. „Auf Grundlage derexak ten Bestimmung der Lichtdichteverteilunghaben wir Schritt für Schritt die Gewebe optimiert.“ Schließlich sei es gelungen, die Wirkungen des Lichtsgezielt zu steuern. Jetzt lasse sich die Aus prägungder Lichtstrukturen je nach Art und Positionierungdes Gewebes und der Lichtquelle variieren. Ergebnisist ein dynamisches dreidimensionales Objekt, des-sen Ansicht sich – je nach Blickwinkel des Betrach-ters auf die Gewebeoberfläche – permanent ändert.Wichtigste Zielstellung des im Juli 2011 erfolgreichbeendeten ZIM-Projekts Flexilux war, einen Ent-wicklungsbaukasten für lichttechnische Gewebe zuschaffen. Neben diesem gingen aus der Zusammen -arbeit mit dem ITV Denkendorf zwei erste Spezial-textilien hervor; die bereits in Produkte überführt

werden konnten, wie beispielsweise eine „Deckeaus Licht“.

BREITES PRODUKT-PORTFOLIOMittlerweile bietet ETTLIN sein ETTLIN lux®-Spe -zial gewebe in unterschiedlichen Typen für den In -nen- und Außeneinsatz an, die mit steckerfertigenLicht paketen bzw. nach Vorgaben des Kunden aus-gestattet und ausgeliefert werden. Als „Effektträger“ für wirkungsvolle Lichtstrukturenfungieren neben Spannrahmen aus Aluminium auchVarianten in Acryl und Glas. Die nach dem Prinzipvon Sicherheitsglas aufgebauten Verbundglasschei-ben sind in verschiedenen Farben erhältlich und las-sen sich bis zu einer Größe von maximal 1,8 x 3,0 mherstellen. Bei der Acryl-Version wird das Effektge-webe in thermisch verformbares Plexiglas einge-bettet, sodass sich immer neue Projektionen mitungeahnter Lichtführung realisieren lassen. ETTLIN-Lichtdesign bereichert schon das aufwändige Licht-konzept in einem Frankfurter Modehaus, illuminiertin wechselnden Farben die Kunden-Lounge einesEttlinger Banken-Neubaus, visualisiert über Lichtlei-tungen die unsichtbare Ware „Strom“ im Regional-zentrum eines Energieversorgers. In dem eigens fürdie 3D-Lichtgestaltung von ETTLIN Textiles ge-schaffenen neuen Geschäftsbereich beschäftigensich heute zehn Mitarbei-ter mit der Entwicklung,Herstellung und dem Ver-trieb der Produkte. Künf-tige Abnehmer kommenaus den Bereichen Archi-tektur, dem Laden- undMessebau, der Fahrzeug-sowie der Leuchten-In-dustrie. www.itv-denkendorf.de,

www.ettlin.deSTANDORTE:

DENKENDORF – ETTLINGEN

17Bilder von links (S. 16): Neues Raumambiente dank leuchtender und farbveränderlicher Materialien | (S. 17):Knowhow vom ITV Denkendorf trifft auf Innovationskraft der ETTLIN AG – ein optisches Plus für Messe-stände

SCHWERELOSE LICHTKÖRPER – FUNKTIONELLE TEXTILIEN

Page 20: Textilforschung

18 Textile Strukturen eröffnen neue Wege für Bau und Innenarchitektur: Maschinenbautechniker SebastianJobst an einer Wirkmaschine im STFI

TEXTILE ARCHITEKTUR

leuchtenden Sonnenschutztextilien inNRW oder beim Erfolgsprojekt zumThermo- und Tageslichtmanagementaus Baden-Württemberg, die BMWi-Förderkombi für Vorlaufforschung undnachfolgend konkrete Produktentwick- lungen. Hier drei Beispielfälle für das Zusam-menwirken von IGF und ZIM aus demBaubereich.

Von Materialeigenschaften und derSchwerkraft gesetzte Grenzen über-winden – die Architektur strebt nachimmer leichteren Formaten und freienFormen am Bau. Weil die mit Stahlbe-ton nicht gelingen, suchten Industrie-forscher aus Sachsen lange nach einemalternativen Baumaterial. Wesentli-chen Anteil an ihrem Erfolg hatte,ebenso wie bei der Arbeit an selbst

Page 21: Textilforschung

❭❭ Ein engagierter Vorreiter der Vision vomBauen mit Textilbeton ist das Sächsische

Textilforschungsinstitut e. V. (STFI) Chemnitz.Bereits seit 1986 wird an dem heute gemein-nützigen An-Institut der Technischen Universi-tät Chemnitz nach faserbasierten Alternativenzu stabilen, zugleich aber schweren und plum-pen Lösungen mit Beton und Stahl gesucht. Wirklich Tempo nahm der Entwicklungsfortschrittjedoch erst im letzten Jahrzehnt auf. Fördermittelaus dem IGF-Topf ermöglichten 2006 gleich dreipraxisorientierte Vorhaben rund um textile Beweh-rungen für freitragende schlanke Zementschichten,statisch tragende Bauteile und mehrschalige Wand-elemente. „Unter Einsatz von textilen Gewirken ausalkaliresistenten Glasfasern in Kombination mitGFK-Stäben suchten und fanden wir Materialiensowie konstruktive Ansätze für Bewehrungsgitterund geeignete Betonmischungen, die in Versuchenden massiven Zug- und Scherkräften Stand hielten“,erläutert Dipl.-Ing. Heike Metschies vom STFI. Wirk-lich praxisrelevant sei der wissenschaftliche Vorlaufu. a. durch die zeitparallele Grundlagenforschungder zwei Sonderforschungsbereiche Textilbeton inAachen und Dresden jedoch erst 2010 geworden,so die Industrieforscherin, denn Textilbeton benö-tigt wie jeder andere Baustoff eine bauaufsichtlicheZulassung.Daran schloss sich nahtlos noch im selben Jahr imRahmen eines ZIM-Kooperationsprojekts einespektakuläre Produktentwicklung der Uni Chemnitz,des STFI sowie vier mitteldeutscher Unternehmenaus der Baubranche an. Ihr gemeinsames Ziel: einneuartiger „Hybrid“- Werkstoff, der sowohl in Bezugauf Festig- und Haltbarkeit als auch auf die Freiheitder architektonischen Gestaltung gänzlich neueWege eröffnet. Dank des umfangreichen wissen-

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TEXTILE ARCHITEKTUR

Mit der Tragkraftder Faser

2004–2006 IGF I: Textilbewehrung für freitragende schlanke Schichten2004–2006 IGF II: Vorgefertigte Bewehrung für tragende Bauteile2004–2006 IGF III: Bewehrungen für mehrschalige Wandelemente2010–2011 ZIM: Fassadensystem für organisch geformte Bauwerkeab 2011 Praxisanwendung

Page 22: Textilforschung

schaftlichen Vorlaufs gelang es der Allianz aus Ins -titutsforschern und innovationsaffinen Firmen, ihrehrgeiziges Vorhaben binnen rekordverdächtiger

20 Monate umzusetzen und Textilbeton mit glas-faserverstärktem Kunststoff zusammenzuführen:Speziell die Vorteile der beiden je aus einer textilenBe wehrung und einer Matrix bestehenden Mate-rial verbünde bezüglich Festigkeit und Formgebungwurden kombiniert. Dazu mussten sowohl die tex-tilen Bewehrungen (gitterartiges Gelege für Textil-beton bzw. dichtes Gewebe für GFK) als auch diebeiden Matrices (Beton bzw. Harzsystem) aufein an- der abgestimmt und das Ergebnis fertigungstech no- logisch als Hybridprodukt zur Industrietauglichkeitgeführt werden. Erstmals wurden damit auch Fas-saden realisierbar, die organischen Strukturen nach-empfunden sind und unregelmäßig gekrümmteOberflächen aufweisen. Die sind zwar in der Archi-tektur zunehmend beliebt, waren bislang wegender hohen Kosten und knappen Budgets in der Pra-xis aber kaum umzusetzen.

WANDSTÄRKE AUF EIN ZEHNTELREDUZIERTDass solche gestalterisch und technisch anspruchs-vollen Baukörper nun relativ kostengünstig reali-sierbar sind, bewies als exemplarischer Referenzbau

auf dem Gelände der TU Chemnitz ein nach Pro-jektabschluss vorgestellter, primär zu Forschungs-zwecken gedachter Pavillon aus Fertigteilen. Derhier verbaute Textilbeton wurde mit Kettengewir-ken alkaliresistenter Glasfasern verstärkt; die Be-wehrung der GFK-Schicht besteht ihrerseits aus vierLagen Glasgewebe. Eine Zwischenschicht aus Epo -xidharz und Polyester-Wabenvlies verhindert uner-wünschte mechanische, chemische oder thermischeInteraktionen zwischen beiden Materialien. Der soentstandene Verbund-Baustoff wirkt Rissbildungenentgegen und kann es zudem in Bezug auf Belast-barkeit und Dauerhaftigkeit mit hochfestem Fein-beton aufnehmen. Die Wandstärke des dynamischgewölbten Experimentalbaus ist mit nur 10 Millime -tern rekordverdächtig und gegenüber den üblichen100 plus x Millimetern im klassischen Betonbaunicht nur ein materialökonomisches Argument.

Das Hybridbeton-Projekt wurde durch den Indus-trie partner Hentschke Bau GmbH aus dem ost- sächsi schen Bautzen deutlich mit geprägt. DasUnternehmen – rund 700 Mitarbeiter, Jahresum-satz etwa 140 Mio. Euro (2010) – fällt eigentlichaus dem klassischen KMU-Raster. Seine fördertech -nische „Passfähigkeit“ verdankte es der zeitweisenAnhebung zugangsregulierender Größenlimits fürdie ZIM-Antragstellung. Um die Folgen der Finanz-marktkrise abzufedern, hatte die Bundesregierungim Rahmen ihres Konjunkturpakets II kurzzeitigauch Unternehmen bis 1.000 Mitarbeiter in dieZIM-Förderung einbezogen.Obwohl Henschke im Vergleich zu den anderen in-dustriellen ZIM-Kooperationspartnern aus Halber-stadt, Großenhain und Chemnitz fast ein Riese ist,kommt auch der Bautzener Betrieb bei der Gene-rierung bautechnischen Neuwissens nicht ohne ins -titutionelle Forschungsimpulse aus, wie dieHybridfassade jetzt zeigt. Eigene FuE-Anstrengun-gen waren bisher auf neue Betonzusammenset-zungen, Herstellverfahren sowie die Kombination

20 Genauso stabil wie Stahlbeton, aber viel leichter – Referenzbau aus Textilbeton-GFK-Verbund auf demCampus der TU Chemnitz

TEXTILE ARCHITEKTUR – MIT DER TRAGKRAFT DER FASER

Page 23: Textilforschung

mit anderen Materialien ausgerichtet. Die Produk-tion selbst entwickelter ultrahochfester Betonartenerfolgt mittlerweile im eigenen Fertigteilwerk.

WETTBEWERBSVORTEIL DANKINNOVATIONEN „Am Bau herrscht enormer Wettbewerbsdruck. Wirwollen über Innovationen kostengünstiger bauen;nur so lässt sich Beschäftigung auch mittel- undlangfristig sichern“, heißt es aus dem Unterneh-men. Für das Bestreben, sich vom Wettbewerbüber Sonderprodukte und innovative Angebote beigünstigen Preisen abzuheben, kam der ChemnitzerEntwicklungsansatz also gerade recht. Neben demwirtschaftlichen Vorteil für den Anwender sei aberauch das Erschließen neuer Gestaltungswege einwesentliches Motiv des unternehmerischen Enga ge- ments gewesen. Die Formensprache der Architek-ten ändere sich immer stärker, eine dreidimensionalfreie Fassadengestaltung sei mit Metall jedochnicht nur wirtschaftlich, sondern auch technischfast nicht zu machen.

Die frisch gewonnenen Kenntnisse und Erfahrungenkonnten die Bauprofis an einem noch während derProjektlaufzeit akquirierten Auftrag dann auch so-fort anwenden: Ein Rechenzentrum nahe dem Fir-mensitz in Bautzen sollte mit einer auskragendenAttika einen optisch wehrhaften Charakter erhal-ten. Die Ausführung in klassischem Beton wäre je-doch viel zu „gewichtig“ geraten, hätte deshalbkostentreibende Verstärkungen an Fundament, De-cken und Wänden erfordert. Mit dem neuartigenTextilbeton als Kombination aus textilen 3D-Gele-gen und eigens entwickeltem Feinbeton in Formdünnwandiger Platten, die auf eine stählerne Tra-gekonstruktion montiert wurden, stellte sich dasStatikproblem dagegen nicht. Dass die Wandstärkeder neuen Gebäudeauswölbung statt konventio-neller 100 dann immer noch 30 Millimeter betrug,war kein technisches, sondern ein reines Zulas-

sungsproblem – sicherheitsrelevante Neuerungenam Bau müssen extrem umfangreiche Genehmi-gungsverfahren durchlaufen. Eigentlich hätten zehn

bis 13 Millimeter mit nochmals deutlich geringererLast schon völlig ausgereicht. Doch auch so konntendie nach Branchenstandards fast federleichtenneuen Fassadenelemente die sieben Kilometer zwi-schen Werk und Baustelle auf einem handelsübli-chen 3,5-Tonner zurücklegen – und zwar jeweilsfünf Teile pro Ladung. Und das Prüfverfahren zurDauerhaftigkeit verlief ebenfalls sehr erfolgreich.

BANKTURM ALS REFERENZWegen der Umfeld-Ersparnisse durch die neue Tech-nologie, etwa des drastisch verringerten Material-und Energieeinsatzes sowie minimierten Transport-aufwands, gelang schon bei diesem Demonstrations -objekt eine gegenüber konventionellen Verfahrenkostenneutrale Ausführung. Eine deutliche CO2-Ein-sparung gab es gratis dazu. Zudem wurde derNachweis erbracht, dass die textilbewehrten Be-tonelemente samt der neuen Konstruktionsmög-lichkeiten jetzt im Alltag angekommen sind.Hentschke Bau beziffert das mit den innovativen Of-ferten erschließbare Umsatzvolumen allein für sichauf „mehrere Millionen“. So könne man etwa beider Sanierung der Fassade des 140 Meter hohen

21Hochfester textiler Leichtbeton – ein Projektpartner aus der Industrie nutzt das überlegene Material bereitsbeim Fassadenbau

MIT DER TRAGKRAFT DER FASER – TEXTILE ARCHITEKTUR

Page 24: Textilforschung

Poseidon-Hauses in Frankfurt/M., ab 2013 Firmen-sitz der ING-DiBa, bereits vom neuen Knowhowprofitieren: Das Gewicht der 11.500 Einzelelementeauf dieser fast 14.000 Quadratmeter großen Flächebetrage nur noch 75 kg/m2.

Drei weitere Projekte, jeweils dreidimensional ge-formte Fassaden, seien nach Unternehmensanga-ben in der Phase des Musterbaus. Drei zusätzlicheBauprojekte im europäischen Ausland befändensich gemeinsam mit Architekten in Vorbereitung.Der Textilbeton werde Bauherren vom Unterneh-men inzwischen offensiv als Alternative angeboten.Mit solchen Innovationen könne das größte Bau-unternehmen der Lausitz auch künftig die heimatli-che Region stärken, Arbeitsplätze sichern und sogarweitere schaffen. Schon jetzt seien 25 neue Jobs al-

lein im Produktionsbereich Textilbeton zweischich-tig ausgelastet – und das sieben Tage in der Woche.Entsprechend positiv fällt die Bewertung der ZIM-Förderung durch die Projektpartner aus. Das Pro-gramm habe effizient geholfen, die Grundlagen fürdas Neuprodukt zu schaffen und die teils kom pli-zierten Eigenschaften der Textilbewehrung in denGriff zu bekommen, urteilt STFI-ProjektleiterinMetschies. ZIM stehe auch aus Sicht des Industrie-partners synonym für geringe Bürokratie, hoheSchnelligkeit und zeitnahe Umsetzung. Ohne diezweistufige BMWi-Förderung gäbe es die Feder-leicht-Fassaden bis heute nicht.

www.stfi.de, www.hentschke-bau.de STANDORTE: CHEMNITZ – LEIPZIG, CHEMNITZ, BAUTZEN

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Ullrike Blankenfeld Dr. Hans-Dieter Belter

❭❭ Die Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) als vorwettbewerblich und das Zentrale In-novationsprogramm Mittelstand (ZIM) als marktnah angelegtes Förderprogramm bringen

Forschungseinrichtungen und Unternehmen zusammen. Geforscht wird in passenden Institu-tionen, und zwar gezielt an dem Problem, das gelöst, oder an der Idee, die überprüft werdenmuss. Die Unternehmen erhalten brandneue Forschungsergebnisse aus erster Hand. Hier fin-det Technologietransfer tatsächlich statt. Die Brücke zwischen Forschung und wirtschaftlicherAnwendung wird mit diesen Programmen nicht nur gebaut, sondern benutzt – möglichst sogarausgelastet.❬❬ Ullrike Blankenfeld und Dr. Hans-Dieter Belter (beide BMWi) auf dem WorkshopIGF-ZIM-Transfer Event „From Idea to Practice“ Ende November 2012 in Dresden

TEXTILE ARCHITEKTUR – MIT DER TRAGKRAFT DER FASER

Page 25: Textilforschung

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EIN BISSCHEN WIE FUSSBALLWir haben kürzlich im Rahmen eines IGF-Projekts einMessverfahren zur Überprüfung des mechanischenVerhaltens von Textilien entwickelt. Um etwa die op-timale Dicke und den geeigneten Sicherheitspuffereines Airbags bestimmen zu können, sind zahlreicheCrashtests mit Dummys und Zeitlupenaufnahmennötig. Unser kostengünstigeres und genaueres Prüf-ver fahren, das den Vorgang der mechanischen Be-las tung eines Textils bis zu einer TausendstelSe kunde genau misst, könnte solche aufwändigenAirbag-Tests nahezu überflüssig machen. Dement-sprechend groß war das Interesse aus der Autoin-dustrie bereits während der Projektlaufzeit. Das Beispiel zeigt, dass wir mit IGF-Projekten gezieltVorlauf schaffen, der eines Tages für den Markt re-levant werden kann. Es ist ein bisschen wie im Fuß-ball: Ein Lionel Messi hat beim FC Barcelona mitgezielter Förderung auch neun Jahre bis zur erstenKrönung zum Weltfußballer gebraucht. Bei mancherVorlaufforschung benötigen wir als Institut ähnlichlange, bevor wir mit Industriepartnern Ergebnisse inEndprodukte umsetzen können. So wie man einenWeltfußballer nicht einfach kaufen kann, wenn erganz oben ist, gehört auch zum Innovations-ABC:

Wett bewerbsentscheiden deIdeen lassen sich kaumnoch bezahlbar einkaufen,wenn sie bereits als kon-krete Produkte oder Verfah-ren umgesetzt sind. Klügerund letztlich auch kosten-günstiger ist es, sie selbst zuentwickeln und dann in dieIndustrie zu transferieren.Mit Blick auf den globalenMarkt sichert diese Schritt-

folge den Wettbewerbsvorsprung, den der Innova-tionsstand ort Deutschland benötigt. www.dtnw.de

FÖRDERUNG ZUR MARKTNÄHEWir sind durch Messekontakte und Geschäftspart-ner, darunter das Thüringische Institut für Textil- undKunststoff-Forschung e. V. (TITK) Rudolstadt sowiedie Schneider Textilveredlung GmbH aus Plau en, aufZIM aufmerksam geworden. Seit April 2011 treibenwir mit beiden Partnern unser erstes ZIM-Projekt zurphotochromen Funktionalisierung von Textilienvoran. Gemeinsam entwickeln wir einen UV-Detek-tor auf Basis gestickter Strukturen, der auf UV-Strah-lung mit Verfärbung reagiert. Damit ausgestatteteFreizeit-, Sport- und Badebekleidung soll den Trä-gern über Farbton und -tiefe die jeweils aktuelle In-tensität der Sonneneinstrahlung signalisieren. Nachunserer Kenntnis ist diese Methodik im textilen Sek-tor bisher einzigartig.Als Anschlussprogramm zur Umsetzung im Vorfeldgesammelter Erfahrungen der Forschungsinstitutein ein konkretes Produkt erweist sich ZIM bisher alseinwandfrei. Um einen stagnierenden Umsatz in un-serem Kerngeschäft Haus- und Heimtextilien auf-fangen und Arbeitsplätze sichern zu können, hättenwir die Idee textiler Detektorenwohl eines Tages auch ohneFördergelder verwirklicht. Zeit-nah wäre es uns aus Mangel anEigenkapital nicht möglich ge-wesen. So aber stehen wirdank der BMWi-Förderung ak-tuell in aussichtsreichen Ver-handlungen mit Produzentenund peilen die Markteinführungfür Ende 2013 an.

www.stickperle.de

AUS SICHT DER PRAKTIKER

Prof. Dr. Jochen GutmannGeschäftsführender Direktor

am Deutschen Textilforschungs- zentrum Nord-West e. V.

in Krefeld (DTNW)

Cordula BauerGeschäftsführerin Produk-tions- und Handelsgesell-schaft mbH Stickperle inFalkenstein

Page 26: Textilforschung

❭❭ Wie aus einem vermeintlichen Misserfolgin einem frühen Stadium der Vorlauffor-

schung dennoch eine aussichtsreiche Optionzur Produktentwicklung werden kann, hat dasForschungsinstitut für Textil- und Beklei-dungstechnik (FTB) an der Hochschule Nieder-rhein demonstriert. In einem IGF-Projekt gemeinsam mit dem TFI – Ins -titut für Bodensysteme an der RWTH Aachen stan-den für drei Jahre intensive Forschungsarbeiten zuelektrolumineszenten Fußbodenbelägen auf der Ta-gesordnung. Um Teppiche selbst zum Leuchten zu

bringen, wurden Leuchtkabel und -folien oder LEDsin den textilen Belag eingearbeitet. Im Labormaß-stab gelang die Umsetzung; großtechnisch war dasVerfahren jedoch nur mit enormem Aufwand an-wendbar und damit letztlich unwirtschaftlich.

LEUCHTPASTEN STATT KABELDas Vorhaben 15567N schien zunächst kein positi-ves Ergebnis erzielt zu haben, wie es in der For-schung nun mal nie ganz auszuschließen ist. Dochwie von FKT-Chef Klaus Jansen (s. Interview S. 34)betont, lässt sich aus neu gewonnenem IGF-Basis-

Erfolg mit Umweg

LEUCHTTEXTILIEN

TEXTILE ARCHITEKTUR

2008–2010IGF: Leuchtende textile Bodenbeläge

2010–2012ZIM: selbst leuchtender Sonnenschutz

2012/13Prüfungder Serienproduktion

Page 27: Textilforschung

wissen oft weit mehr herausholen, als es auf denersten Blick scheint. „Nachdem die Grenzen beim Integrieren von Ka-beln, Folien und LEDs in Teppich erkannt waren,wandten wir uns als Alternative handelsüblichenLeuchtpasten aus der Folienindustrie zu, die sich

auf textile Trägermaterialien applizieren ließen“,sagt Evelyn Lempa, wissenschaftliche Mitarbeite-rin am FTB. Im Rahmen einer Diplomarbeit sei esdann tatsächlich gelungen, mithilfe einer solchenPasten-Beschichtung einige Muster aus dichtemPolyestergewebe zum sanften „Glühen“ zu bringen.Dieses ganz andere Herangehen mit Blick nicht nurauf Leuchtteppiche hatte solche Innovationshöhe,dass darauf ein Patent angemeldet werden konnte.Allerdings erwiesen sich die kommerziell verfügba-ren Pasten als untauglich für diese textile Anwen-dung: Sie waren stark mit organischen Lösemittelnversetzt, die Textilien wurden kurze Zeit nach derBeschichtung starr und bruchanfällig. Auch dieseKlippen gelang es zu umschiffen. Damit war derWeg frei für den Prototyp eines gänzlich lösemittel-freien, flexibel aufrollbaren und selbst leuchtendenFensterrollos. An diesem Punkt kommen das vom Mittelstand als„Flaggschiff der BMWi-Innovationsförderung“ ge-schätzte ZIM sowie seine infolge der Finanzmarkt-krise auf zwei Jahre befristete Nutzung durch

Firmen mit bis zu 1.000 Mitarbeitern zum Tragen:„Dadurch war es uns möglich, den 800 Mitarbeiterstarken deutschen Marktführer bei Markisen undtextilem Sonnenschutz für eine gemeinsame Pro-duktentwicklung zu gewinnen“, erinnert sich Pro-jektleiterin Lempa.

FÖRDERUNG ZUR RECHTEN ZEITDie Bedeutung der Förderung wird von StefanRuholl, Technikleiter der Schmitz-Werke GmbH ausdem westfälischen Emsdetten, bekräftigt. Sein Un-ternehmen investiere traditionell erhebliche Eigen-mittel in FuE-Projekte auch mit universitärenPartnern, zeitweise liefen über 30 Vorhaben paral-lel. Angesichts der summarisch hohen Kosten dafürsei die plötzlich auch für größere Firmen möglichgewordene Unterstützung durch ZIM für das an-spruchsvolle und risikobehaftete Thema Leuchttex-til sehr hilfreich gewesen. Für die Neuentwicklung sieht Ruholl bei Rollos undMarkisen in Gastronomie und privaten Haushaltengleichermaßen Nachfrage. Tagsüber fungieren dieMarkisen primär als Schutz gegen Sonnenstrahlung,werden abends aber auch häufig als Wärmepuffergenutzt. Könnte man sie zu sanftem Strahlen brin-gen, wäre das für die Anwender ein echter Zusatz-nutzen – zumal aktuell ohnehin ein Markttrend zuindirekter, diffuser Beleuchtung zu verzeichnen ist.

25Bilder von links (S. 24): Großes Marktpotenzial – leuchtende textile Flächen sind in Haushalt, Gastronomieund anderen Wirtschaftsbereichen vielfältig nutzbar | (S. 25): Vorstufe zum Erfolg – Leuchtkabel in Gardi-nengrundware

LEUCHTTEXTILIEN – TEXTILE ARCHITEKTUR

Evelyn Lempa Stefan Ruholl

Page 28: Textilforschung

Und auch bei innen liegendem Sonnenschutz oderflächigen Vorhängen wäre eine Leuchtwirkung sehrwillkommen. Andererseits könnte sich das textileLeuchten auch gezielt nach außen nutzen lassen,etwa auf der „Straßenseite“ von Lamellenvorhän-gen einer Bank. Oder als innovativer Werbeträger.

SANDWICHAUFBAU BRINGTDURCHBRUCHUm all diese neuen Möglichkeiten zu erschließen,beschichtete die InovisCoat GmbH als dritter ZIM-Partner textile Träger großflächig im Kaskaden-gießver fahren mit wasserbasierten Polymeren. Daselektrolumineszierende, mehrschichtige Funktions-ge füge aus Elektroden, Isolation, Leucht-Pigmen-ten und Abdeckung wurde mit Strom erzeugendenSyste men und integrierbaren Energiespeichernkombiniert. Erst diese Sandwichkonstruktion si-chert eine selbst leuchtende Wirkung unabhängigvom Stromnetz. Für die Schmitz-Werke erweist sich als besondersverlockend, dass prinzipiell fast jedes Grundgewebefür die neuen Anwendungen einsetzbar ist. Nebender Nutzung für Fenster- und andere Markisen ließedas System sich deshalb auch bei Industriekundenmit eigenen Anwendungen vermarkten, so Tech-nikchef Ruholl. Und der Vertrieb könnte, anders alsbei den saisonabhängigen Markisen, ganzjährig lau-fen. Die Leuchttextilien würden so eine zusätzliche

Offerte an den Markt darstellen, ein weiterer Schrittin Richtung innovativer Diversifizierung. Derzeit lie-fen im Unternehmen deshalb sorgfältige Prüfungen,welche Anwendungen besonders Erfolg verspre-chend und damit serientauglich seien.

Einig sind sich Forscherin und Industriepartner, dasses ohne die BMWi-Förderung das selbst leuchtendeNeuprodukt nicht geben würde. Das Forschungsins -titut kann auf diese Weise zugleich eine wichtigeBrücke zwischen Lehre, Wissenschaft und Wirt-schaft bilden. Für die Industrie sind Neuentwicklun-gen entscheidend im globalen Wettbewerb. Fehlenaber Zeit, Knowhow oder technische Einrichtungen,um Innovationen voranzutreiben, können die Un-ternehmen durch die IGF-Förderung zusammen mitdem FTB grundlegende Forschungsarbeiten absi-chern und dank ZIM sogar bis zum Prototyp for-schen. Parallel dazu wird den Studierenden derHochschule durch aktive Mitarbeit in industriebe-zogenen Forschungsvorhaben ein Blick in die in-dustrielle Praxis ermöglicht. Nicht selten entstehendadurch auch erste Kontakte zum zukünftigen Ar-beitgeber.www.hs-niederrhein.de/textil-bekleidungstechnik,

www.schmitz-werke.comSTANDORTE: KREFELD –

MÖNCHENGLADBACH, EMSDETTEN, MONHEIM

26 Bilder von links: Leuchtende Eigenwerbung – Muster einer textilen Lampe I Vereint um einen Prototypen –FTB-Wissenschaftlerinnen Christine Steinem und Evelyn Lempa mit Industriepartner Stefan Ruholl

TEXTILE ARCHITEKTUR – LEUCHTTEXTILIEN

Page 29: Textilforschung

❭❭ Ein Einfamilienhaus in Deutschland benötigt fürwohlige Wärme rund 4.500 Liter Heizöl jähr-

lich. Wie lässt sich dieser Verbrauch senken – viel-leicht durch textilen Klimaschutz am Gebäude?Genau für diese Fragestellung haben Wissenschaft-ler des nördlich von Stuttgart gelegenen HohensteinInstituts für Textilinnovation mit Experten der aufFenster und Türen für Passivhäuser spezialisiertenVARIOTEC GmbH und Co. KG (Neumarkt/Bayern)eine markttaugliche Lösung gefunden. Sie kombi-nierten dazu ein Hightech-Fenstersystem mit steu-erbar lichtdurchlässigen textilen Elementen.„Entwicklung einer textilbasierten Systemlösungzum energieeffizienten Thermo- und Tageslichtma-nagement von Gebäuden“ entsprang einem schein-bar völlig anders gelagerten IGF-Vorhaben. Ab2008 hatte ein Team um den Hohensteiner Textil-forscher Dr. Jan Beringer in Kooperation mit demITCF Denkendorf zwei Jahre lang Schutzmöglich-keiten vor elektromagnetischer und Infrarotstrah-lung für zivile und militärische Zwecke erforscht.„Bei einer Vortragsreise zu den Projektergebnissenkamen wir mit VARIOTEC und der auf Beschichtun-gen spezialisierten VOWALON GmbH aus demVogtland in Kontakt, sechs Monate später lief be-reits unser ZIM-Vorhaben“, erläutert Diplom-Che-miker Beringer.

Der gemeinsame Ansatz: Im Win-ter sollen die Sonnen strahlen klas-sisch mitheizen, das Fenster alsWärme kollektor dienen. Im Som-mer soll es die Wär mestrahlungdagegen möglichst fernhalten –ohne aber die natürliche Ausleuch-tung der Räume einzuschränken.Als Alternative zur bislang einzigentechnologischen Lösung, teurenScheiben aus schalt barem Glas, griffen die Indus-trieforscher auf ihr IGF-Wissen um elektrisch leiten-des Nanomaterial zurück, das Wärmestrahlungeffizient absorbiert, für den sichtbaren Bereich desLichts jedoch durchlässig ist. Damit beschichteten siewickelbares Folien-Bändchengewebe, das in dasmehrschichtige Fenstersystem integriert wird. DerEffekt: Je nach Sonnenintensität, Jahreszeit sowieBedarf an Wärme und Licht dominiert im ausge-rollten Zustand des Funktionstextils der Wärme-schutz bzw. darf im eingerollten die mitheizendeInfrarotstrahlung nach innen passieren.Ein Fenster-Prototyp befindet sich derzeit in derbetrieblichen Endprüfung, der folgt ein internerKosten-Check. Auch bei etwas höheren Anschaf-fungskosten würden Häuslebauer mit dieser LösungGeld sparen, ist sich VARIOTEC-Bereichsleiter JürgenEberlein gewiss. Sollten die intelligenten Fenster inSerie gehen, läge das Marktvolumen europaweit imzweistelligen Millionenbereich.Diese Umsatzchancen sind der Konkurrenz offenbarinzwischen auch bewusst: Bei einer Fachmessemusste unlängst ein Besucher vom Stand verwiesenwerden, nachdem er dem neu entwickelten Funkti-onstextil mit einer Nagelschere zu Leibe rückenwollte ... www.hohenstein.de, www.variotec.de

STANDORTE: BÖNNIGHEIM – NEUMARKT, TREUEN

PRODUKT IM PORTRÄTIntelligente Sonnenfilter

27Sonnenschutz nach Bedarf – Jürgen Eberlein vor einem Prototyp des intelligenten Fensters

INTELLIGENTE SONNENFILTER – TEXTILE ARCHITEKTUR

Dr. Jan Beringer

Page 30: Textilforschung

nach neuen Marktchancenhaben wir über das Förder-programm ZIM Zugangzum Thema technische Tex-tilien erhalten. Aktuell läuftbereits unser drittes ZIM-Projekt in diesem Bereich, indem wir auch klar unsereZukunft sehen. Gemeinsammit dem INNtex InnovationNetzwerk Textil e. V. unddem STFI, beide in Chemnitz, entwic keln wir einlichtdurch lässi ges Gewebe zur Ver besserung derAkustik beispielsweise in Büroräumen. Anders alstraditionelle Vorhänge reduzieren diese neuartigenTextilien die Nachhallzeit, ohne den Raum zu ver-dunkeln.Die Fördergelder sind für uns als kleinen Mittel-ständler eine Grundvoraussetzung, um überhauptgemeinsam mit Forschungsinstituten an neuartigentextilen Lösungen für herkömmliche Materialien ar-beiten zu können. Vor allem die Unterstützung imBereich der Personalkosten hilft uns enorm. Obwohlunser ZIM-Projekt noch bis Juni 2013 läuft, habenwir bereits einen Marktzugang über ein Fachbüroin der Schweiz gefunden.

www.spengler-fuerst.de

REALER FORSCHUNGSTRANSFERIn den letzten Jahrzehnten wurde eine große An-zahl organischer photochromer Verbindungen ent-deckt bzw. gezielt synthetisiert – und für dentextilen Sektor nutzbar gemacht. Anwendungensind selbst abdunkelnde Kunststoffe für Brillen odermodische Accessoires. Bei einem 2012 beendetenIGF-Projekt haben wir uns mit Partnern aus der In-dustrie darum bemüht, die Funktionalität und die

AUS SICHT DER PRAKTIKER

28

Dipl.-Ing. Eckhard BräuningerGeschäftsführer der Spengler & Fürst GmbH & Co. KG in Crimmitschau

IGF MIT CHARMEEin im Frühjahr 2012 erfolgreichabgeschlossenes IGF-Projekthat den Fokus auf die Verar-beitbarkeit von Filamenten ausnatürlichem Kollagen zurWund versorgung und für denImplantatbereich gelegt. ImGegensatz zu synthetischenPolymeren löst Kollagen mitverminderter Wahrscheinlich-

keit eine Immunantwort des Körpers aus, wirkt Blutstillend und beeinflusst sehr positiv das Wachstumkörpereigener Zellen. Unsere Projektpartner dabeiwaren das TITK in Rudolstadt und, feder führend,das Forschungsinstitut für Leder und Kunststoff-bahnen in Freiberg. Zusammen haben wir resor-bierbare textile Gebilde aus Kollagen undKollagenhybridmaterialien entwickelt.Nun können Hersteller von Medizinprodukten darananknüpfen und gänzlich aus Kollagen gefertigteStrukturen entwickeln, deren Abbauzeit im Körpersich zudem bewusst steuern ließe. Das Beispiel zeigtdeutlich, woraus für mich der Charme der IGF-Pro-jekte resultiert: aus ihrer Interdisziplinarität. Sie hilftuns, bereits während der Forschungsphase und denvielfach grundlegenden Untersuchungen an ver-schiedenen Materialien über die Grenzen derGrundlagenforschung hinaus zu denken.

www.stfi.de

TRADITION TRIFFT INNOVATIONUnser 1837 gegründetes Unternehmen kommt ur-sprünglich aus dem klassischen Textilbereich; wirfertigen Gewebe für Anzüge, Jacken und Hosen. Inden letzten Jahren ist es schwieriger geworden,dort innovativ und erfolgreich zu sein. Bei der Suche

Dr. Heike Illing-GüntherForschungsleiterin am

Sächsischen Textilforschungs- institut e. V. Chemnitz (STFI)

Page 31: Textilforschung

Performance photochro-mer Textilien zu verbes-sern. Ihre Lebensdauer lässtsich durch eine werkstoffli-che Stabilisierung deutlicherhöhen. Praktische Ein-satzfelder sind u. a. dertechnische Sonnenschutz,spezielle Filter für die An-zucht bestimmter Pflanzenoder der Schutz lichtemp-findlicher Gegenstände.

Für so einen realen Forschungstransfer sind Pro-gram me wie IGF aus meiner Sicht unerlässlich. Be-züg lich der industriellen Umsetzung unsererForschung in ein konkretes Produkt und der Not-wendigkeit, die auf dem Weg dorthin erforderlichenDetailfragen zu erforschen, halte ich das Programmfür essenziell. www.titk.de

OPTIMALE BEDINGUNGENDie Idee für das ZIM-Projekt zu vollkompostierbarentextilen Substraten kam aus unserem Unternehmen.Aber ohne die Forscher des DWI an der RWTH Aa-chen und des ITV hätten wir unsere Vorstellungenkaum in ein konkretes Produkt umsetzen können.Gemeinsam mit den Textilinstituten und der Polyes -ter High Performance GmbH in Obernburg konntenwir Substrate entwickeln, die sich zum Bedrucken

per Inkjetdruck-Technolo-gie eignen. Sobald ein wei-terer Prozessschritt nochnäher erforscht ist, sollenunsere Substrate vor allemtextile Werbebanner ausPolyester ersetzen, die tra-ditionell auf Messen und inder Werbung eingesetztwerden.ZIM ermöglicht den Zu-sammenschluss von Kern-

kompetenzen der forschenden Institute und Part-nern aus der Industrie wie uns. Das schafft meinerMeinung nach optimale Bedingungen, um Ideen aufden Weg zu industrierelevanten Innovationen zubringen. Deshalb bleiben wir bei dem Programmweiter am Ball.

www.3p-inktextiles.com

IMPULSE FÜR INDUSTRIEWir haben im Institut ungefähr 20 IGF- und rundebenso viele ZIM-Projekte parallel laufen. Zu Jah-resbeginn 2013 konnten wir wieder eines der IGF-Projekte erfolgreich abschließen, bei dem es umMöglichkeiten zur Herstellung textilbasierter Ven-tile ging. Durch Einsatz spezieller Polymere auf tex-tile Strukturen werden diese zu Aktoren, setzen alsoelektronische Signale in mechanische Bewegungum: Durch das Anlegen von Strom bewegen sichdie textilen Strukturen und verändern ihre Form. Solässt sich der Durchfluss von Flüssigkeiten undGasen präzise steuern. Das klingt für Außenstehende vielleicht nicht unbe-dingt sexy, zeigt aber exemplarisch, was das Pro-gramm IGF leistet: Für das ITV ist es das optimaleFörderinstrument, um auch abseits aktueller markt-wirtschaftlicher Hypes Ideen aus der Grundlagen-forschung auf ihre Verwertbarkeit für neueProdukte und Verfahren zu überprüfen, für die sichnoch kein Industriepartner finden lässt. Die Beto-nung liegt hier auf dem Wort„noch“. Denn dank der Förde-rung können wir ohne dieZwänge und Nöte einer schnel-len Gewinnerzielung Vorlauf-forschung betreiben, derenErgebnisse wir den Firmendurch Veröffentlichungen, aufInnovationstagen und fachspe-zifischen Tagungen zur Verfü-gung stellen.

www.itv-denkendorf.de

29*Die 3P Inkjet Textiles AG wurde im August 2012 vollständig von der VERSEIDAG-INDUTEX GmbH(Krefeld) übernommen

Dr.-Ing. Ralf-Uwe BauerGeschäftsführender Direktor

Thüringisches Institut für Textil-und Kunststoff-Forschung e. V.

Rudolstadt (TITK)

Dipl. Betriebswirt (FH) Thomas Pötz

ehemaliger Vorstand der 3P Inkjet Textiles AG

Stephanskirchen*

Prof. Dr. Michael DoserStellv. Direktor und Bereichs-leiter Biomedizintechnik am Institut für Textil- und Verfah-renstechnik Denkendorf (ITV)

Page 32: Textilforschung

HOCHLEISTUNGSFASERSTOFFE/

50 Prozent des Strukturgewichts be-tragen. Das führt zu einem spürbarenTreibstoff-Minderverbrauch und ge-genüber der Flugzeugbauer-Konkur-renz zu Wettbewerbsvorteilen. WerComposites auch im Hinblick auf dieAutomobilindustrie verarbeiten will,benötigt Technologien zur Automa ti-sation und zur Sicherung reproduzier-barer Qualitäten; Knowhow zumvollständigen Recyceln inklusive.

Faserbasierte Composites sind der„Stahl des 21. Jahrhunderts“. Die Ver-bundwerkstoffe vor allem aus Glas-oder Kohlefaserkunststoff ermöglichendort Innovationen, wo Metalllegierun-gen aus Gewichtsgründen außen vorbleiben. Zum Beispiel bei Flugzeugen: Rumpfund Flügel des neuen Langstrecken-Airbus A350 XWB werden im Wesentli-chen aus CFK-Elementen bestehen und

30 Hochwertig, leicht und mit oft revolutionären Eigenschaften: faserbasierte Hightech-Materialien wie Keramikfasern für den Hitzeschutz in Extrembereichen – FuE-Leiter Marco Morche an einem Brennofen der CeraFib GmbH (Beitrag ab S. 37)

Page 33: Textilforschung

❭❭ Eine im Herbst 2012 veröffentlichte Studievon Roland Berger Strategy Consultants

und dem VDMA Forum Composite Technologywiderspiegelt die hohen Erwartungen derMärkte an die Leichtbau-Entwicklung. Wennsich Bauteil- und Prozesskosten in absehbarerZeit um 30 bzw. 40 Prozent verringerten,werde das weltweite Marktvolumen vonhochfesten CFK-Bauteilen bis zum Ende desJahrzehnts um jährlich 17 Prozent wachsen. Treiber dieser Entwicklung sind Luftfahrt- und Auto -mobilindustrie ebenso wie Maschinenbau undWindenergie, die auf seriell – sprich: automatisiert –gefertigte Bauteile aus Hochleistungsfasern setzen.In Deutschland wird dieses aufgrund seiner Inter-disziplinarität äußerst komplexe Zukunftsthemajetzt mit geballtem Knowhow aus Forschung undIndustrieerfahrung angegangen. Am Ende der Entwicklung stehen u. a. hochleis-tungsfähige Textilautomaten, die wartungsarm,kontinuierlich und in geringen Taktzeiten maßge-naue Preforms zur Weiterverarbeitung zu Leicht-bauelementen fertigen sollen. Eine Aufgabe u. a. fürdie topcut bullmer GmbH, einen Textilmaschinen-hersteller für Materialhandling und automatischeZuschnitte. „Wir sind seit Jahrzehnten auf dem Welt-markt als Spezialisten für biegeschlaffe Materialien,von Textilien über Leder, Bodenbeläge bis hin zuVliesstoffen oder Faserhalbzeugen wie CFK/GFK-Materialien, bekannt“, bringt Geschäftsführer AntonStahl die Spezialisierung seines Unternehmens mitinzwischen 40-jähriger Entwicklungskompetenz aufden Punkt. Doch er weiß auch: Der gegenwärtigePreformingprozess mit zum Teil noch manuellerHandhabung erfüllt die in Hochtechnologieberei-

31

HOCHLEISTUNGSFASERSTOFFE/COMPOSITES

Serientechnologiefür automatisiertePreformfertigung

COMPOSITES

Page 34: Textilforschung

chen gestellten Qualitäts- und Durchsatzanforde-rungen nur teilweise.Deshalb, so die Entwicklungsaufgabe, müsse dieHerstellung drapierfähiger, ein- oder mehrschichtigfixierter Gewebe oder Gelege aus Hochleistungsfa-sermaterialien, die einlagig oder als Stapel zur wei-teren Verarbeitung faltenfrei auf/in die Form desfertigen Bauteiles zu legen sind, optimiert werden.Dafür sind ebenfalls im Computer generierte exakteZuschnittmuster zur Produktion der textilen Halb-zeuge Voraussetzung. Eine Prämisse, die für die ge-samte Technologie von Bedeutung ist: Bei derVerarbeitung und Handhabung der biegeschlaffenTextilien darf es mit Blick auf die Leistungspara-meter des späteren Faserverbundbauteils – bei-spielsweise Rahmenstrukturen, Verkleidungen oderKlap pen zum Einsatz in der Automobilindustrieoder im Maschinenbau – nicht zu unerwünschtenFadenverschiebungen kommen. Entsprechendkompliziert ist der Titel des ZIM-Antrags: reprodu-zierbare Preformfertigung – automatisierte Auf-tragskonzepte zur lokalen Applikation von Bindernin Kopplung an die Lege- und Zuschnitttechnik.

PASSGENAUER VORLAUFUm in zwei, drei Jahren eine komplette Technologiezur Weitervergabe an Lizenznehmer zur Verfügungzu haben, die als patentierte Weltneuheit wesentli-che Prozessschritte für die Serienfertigung von Ver-stärkungstextilien in sich vereinen soll, beschlossGeschäftsführer Stahl, seine Inhouse-Kompetenzmit industriekompatiblem Grundlagenwissen ausder universitären Forschung zu ergänzen. „Dass dieganze Sache über ZIM finanziell ge fördert werdenkonnte, hat uns geholfen. Entscheidend war undist der damit verbundene Wissenstransfer aus der

Forschung und, das will ich besonders betonen,die Berücksichtigung des industriellen Anwen-dungs-Knowhows in der Wissenschaft.“ Bei diesem ZIM-Vorhaben konnte der Firmenchefauf passgenaue Vorlaufentwicklungen des Institutsfür Textilmaschinen und Textile Hochleistungs-werkstoffee (ITM) der TU-Dresden zu rückgreifen.„Die Dresdner geben uns optimale Unterstützung“,lobt der Geschäftsführer des Baden-Württembergi-schen Unternehmens. Und tatsächlich: Das Institutist breit aufgestellt, hat mit textilen Verstär kungs-halbzeugen und CAD- und Montagetechnik fürbiegeweiche Materialien mindestens zwei für top-cut bullmer hochinteressante Forschungsschwer-

32 Preforms mit hochfester Bauteilstruktur – Referenzmodell des von Dresdner Textilforschern koordiniertenLeichtbauclusters

STICHWORT PREFORM

Technologische Vorstufe für den textilver-stärkten Leichtbau, bei der ein- oder mehrla-gige Gewebe bzw. Geflechte die Vorform desspäteren Faserverbundkunststoffbauteils er-halten. Die Automatisierung dieses heute zu-meist noch auf manufakturartigem Niveauablaufenden Prozesses gilt als eine wesentli-che Voraussetzung für die Serienfertigung.

HOCHLEISTUNGSFASERSTOFFE/COMPOSITES – SERIENTECHNOLOGIE FÜR PREFORMFERTIGUNG

Prof. Dr. Sybille Krzywinski Anton Stahl

Page 35: Textilforschung

punkte. Zudem bringt das Wissenschaftsteam umProf. Dr. Sybille Krzywinski durch seine im Jahr2004 gestarteten IGF-Projekte u. a. industriever-wertbare Ergebnisse aus Versuchen mit unter-schiedlichen Faserverbünden, Klebstoffen undFixierungstechniken in das Vorhaben ein.

NAHZIEL: PRODUKTIONS-STRASSE IM LABORMASSSTAB Nahziel ist es, nach grundsätzlichen Aussagenüber die Machbarkeit der Technologieentwicklungzur bauteilangepassten Strukturfixierung textiler

Verstär kungshalbzeuge zunächst eine Pilotanlagemit An wendungsspektrum aufzubauen. Der Pro-totyp einer kompletten, frei programmierbarenFertigungs stra ße besteht aus einem Material-handlingsys t em für schnelle Ballenwechsel, einerLege maschine, einer koordinatengesteuertenSprühtechnik für Klebstoffe und einer automati-schen Zuschneideanlage. Am Ende dieser Prozess-kette kann z. B. in Kombination mit Formpressenein bei kurzen Taktzeiten hergestelltes, textilver-stärktes Produktmuster – mit auch für den Auto-mobilbau wesentlichen Eigenschaften wie hoherBiege- und Verwindungssteifigkeit sowie definier-tem Crashverhalten – entstehen.

Das in Dresden auf dem IGF/ZIM TransferworkshopEnde 2012 vorgestellte Entwicklungsprojekt ließ dieFachleute vor dem Hintergrund zahlreicher Allein-stellungsmerkmale, die sich später als Verkaufsar-gument und zudem als umsatzträchtig erweisensollen, aufhorchen. Absolut neu an dem Maschinen -konzept werden sowohl die simulationsgestütztenZuschnitte und die Kopplung der Strukturfixierungder Gelege durch eine CNC-positionierbare Technikzum Klebstoffauftrag sein. Neu ist ebenfalls, dassbei komplexen Bauteilen durch eine vollflächigeoder rasterförmige Fixierung ein Auseinanderfallen

der textilen Halbzeuge beim Zuschnitt und den an-schließenden Stapel- und Formgebungsvorgängenverhindert wird. Damit sind auch die ProzessschritteGreifen und Formgebung besser automatisierbar,sodass sich Fertigungszeiten und Kosten deutlichreduzieren lassen.Aus Sicht des ITM war die Zusammenarbeit mit top-cut bullmer ein voller Erfolg. Die Experten des Un-ternehmens, so Prof. Dr. Sybille Krzywinkski, seienextrem engagiert und aufgeschlossen für Innova-tionen.

www.topcut-bullmer.com,www.tu-dresden.de/mw/itm

STANDORTE: DRESDEN – MEHRSTETTEN, DETMOLD

33Automatisierungslösungen wie die von topcut bullmer sind eine Voraussetzung für den seriellen Einsatzvon textilbasierten Compositmaterialien. Bilder von links: Binder auf Kohlefasergelege | Gewebezuschnittmit neuem Mehrlagencutter

SERIENTECHNOLOGIE FÜR PREFORMFERTIGUNG – HOCHLEISTUNGSFASERSTOFFE/COMPOSITES

Page 36: Textilforschung

Zeit ist Geld – und deutsche Unternehmenverlieren offensichtlich auch im internationa-len Vergleich noch zu viel Zeit zwischen Ideeund Markt?Dr. Sprung: Der globale Wettbewerbsdruck, nur mitneuen Produkten, Hightech-Erzeugnissen und cle-veren Dienstleistungen für einen mehr oder wenigergroßen Zeitraum am Markt gutes Geld verdienen zukönnen, wird immer größer. Der deutsche Mittel-

stand als Systemanbieter hochkomplexer Lösungenhat auch nicht zuletzt durch steigende öffentlicheAusgaben für Forschung und Entwicklung im inter-nationalen Ranking aufgeholt: Nach der Schweiz,Singapur und Schweden lagen wir 2011 auf Platzvier des Innovationsindikators von BDI und Deut-scher Telekomstiftung. Noch immer sind jedoch dielangen Transferzeiten das Problem. Dr. Jansen: Dabei macht Textil kaum eine Aus-

34 Bild oben: Dr. Klaus-Rüdiger Sprung und Dr. Klaus Jansen im Interview und (im Bild S. 35 Mitte) als Gast-geber des IGF/ZIM Transferworkshops gemeinsam mit den Programmverantwortlichen aus dem BMWi: Dr.Hans-Dieter Belter (ZIM) und Ullrike Blankenfeld (IGF)

IM EXPERTENFOKUS

FÖRDERBRÜCKE ÜBER DAS „TAL DES TODES“

❭❭ Die „Ehe“ zwischen den beiden Förder-program men aus dem Hause BMWi hat

kaum fünf Jahre Bestand und kann schon fol-genreich genannt werden. Der eine Part – dasIGF-Programm, seit Mitte der 50er-Jahre derFörderklas siker schlechthin – sorgt auf Indus-trie anregung in Forschungsinstituten für neuenwissenschaftlichen Vorlauf. Der andere ist dasZIM, mit dem Unternehmen Inhalte der Vor-laufforschung aufnehmen und gemeinsam mitder Wissenschaft zur Prototypreife führen. Das

Programm wurde im Innovationsreport desDIHK das vierte Mal in Folge als „best practice“bezeichnet.

Fragen an den Managementverantwortlichenfür die ZIM-Programmsäule Kooperations-projekte, Dr. Klaus-Rüdiger Sprung, Geschäfts -führer der AiF Projekt GmbH, und Dr. KlausJansen, Geschäfts führer des Forschungskura-toriums Textil (FKT) e. V., als Vertreter der IGF-Nutzerbranche Textil:

Page 37: Textilforschung

nahme. Ich würde bei Hightex-Themen im Durch-schnitt von acht bis zwölf Jahren ausgehen. Aus-nahmen nach unten bestätigen die Regel. Können Sie Beispiele für die unterschiedlicheDauer von Textilinnovationen nennen?Dr. Jansen: Unsere Branche mit ihren Anwen-dungsschwerpunkten wie Automotive, Medizin,Architektur und Wohnen ist von je her sehr for-schungsintensiv, deswegen ja auch die 16 Instituteunter dem Dach des FKT. Je komplexer eine Inno-vation zum Schluss ist, desto forschungslastiger undfinanzintensiver ist sie letzten Endes – Zertifizierun-gen, Investitionen und Demonstrationsanwendun-gen inklusive. Das heißt im Umkehrschluss: BeimThema „textilbewehrter Beton“ – künftig kann kor-

rosionsgefährdeter Stahl im Beton durch textileKunststoffverbünde ersetzt werden – sind seit derIdee über 20 Jahre vergangen. Inzwischen gibt eserste Fassaden, Brücken wie die in Albstadt und Sa-nierungsanwendungen. Beim ITA in Aachen, umauch ein Beispiel aus der Medizin zu nennen, wirdim Rahmen eines EU-geförderten Projekts geradeein mit patienteneigenen Zellen besiedelter Pul-moStent für Lungenkrebskranke entwickelt. Bevorder textile „Abstandshalter“ mit integrierten Flim-merhärchen zum aktiven Schleimtransport zum Ein-satz kommt, wird dieses Jahrzehnt bestimmt schonGeschichte sein.Wie lassen sich die Prozesse beschleunigen? Dr. Sprung: Mit dem von der AiF in Köln gema-nagten IGF-Programm und der am meisten genutz-ten ZIM-Fördersäule Kooperationsprojekte, die wir

vom Standort Berlin-Pankow aus betreuen, habenwir effiziente Instrumente zur Verkürzung von„Warte“zeiten an der Nahtstelle zwischen For-schung und Industrie in der Hand. Beide Programmesind technologie- und themenoffen, beide bringenPartner aus Forschung und Industrie zusam men undbeschleunigen deren Zusammenarbeit. Dr. Jansen: Wer den Realisierungsprozess von derIdee bis zur Praxis mit mehr Geschwindigkeitdurchlaufen will, sollte sich wirklich mit der Wis-senschaft zusammentun und auf ZIM setzen. Die-ses Programm überspannt die in EU-Kreisen als„Tal des Todes“ bezeichnete Zeit der Staffelüber-gabe zwischen Wissenschaft und Mittelstand.Mehrjährige Hängepartien an dieser Stelle – oft

auch aus Gründen der Nichtfinanzierbarkeit – müs-sen dank der BMWi-Förderung nicht sein. Was unsals Forschungskuratorium auch nicht gleich so auf-gefallen ist: IGF und ZIM durchdringen einanderund stärken zugleich Wissenschafts- und Indus-triekompetenz.Dafür gibt’s Beispiele? Dr. Jansen: Einige spiegelt diese Broschüre, aberauch darüber hinaus gibt es entsprechende Erfolge.So wurde eine Produktidee sozusagen auf dem So-ckel mehrschichtiger Forschungsprojekte rund umelektrisch leitende Fäden im Textilforschungsinsti-tut Thüringen-Vogtland rasch umgesetzt. Der The-rapiehandschuh für Schlaganfallpatienten, der alsSpitzenprodukt eines Kleinunternehmens in Sach-sen-Anhalt auf diesen Vorleistungen beruht, warbereits nach vier, fünf Jahren produktionsreif.

35Bild links: Fünf Jahre nach dem Start von ZIM ist die Flut von 400 Anträgen monatlich allein in der Pro-grammsäule Kooperationsprojekte weiterhin ungebrochen | Bild rechts: Blick auf die Konferenzausstellungin Dresden anlässlich der Aachen-Dresden International Textile Conference 2012

Page 38: Textilforschung

Dr. Sprung: Oder nehmen Sie die jährlich mehr als200 Exponate, die Forschungseinrichtungen und in-novative KMU bei uns in Pankow auf dem BMWi-Mittelstandstag ausstellen – übrigens 2013 zum 20.Mal in Folge. Wer am 16. Mai 2013 das Technik-Open Air besucht, wird dort jede Menge Innova-tionen nach dem Motto „Mutter: IGF – Vater: ZIM“finden. Eine Frage zu den ZIM-Kooperationsprojek-ten. Das Modul hat mehrere Varianten …Dr. Sprung: … entsprechend der unterschiedlichenKooperationsbedürfnisse, die sich zum Beispiel un-terscheiden, wenn Unternehmen untereinander ko-operieren oder mit Forschungseinrichtungen, dieZusammenarbeit in kleinen Projekten mit zwei Part-nern stattfindet oder in größeren Vorhaben mit vie-len Partnern, die ihren Sitz sowohl im In- als auchAusland haben können. Wir als AiF Projekt GmbHerhalten Monat für Monat etwa 400 Anträge vonMittelständlern mit bis zu 500 Mitarbeitern, die inacht bis zwölf Wochen geprüft und begutachtetwerden. Für zwei von drei Projekten gibt es dann„grünes Licht“ in Form von nicht rückzuzahlendenZuschüssen bis maximal 192.500 Euro pro Antragfür Personal, Fremdaufträge und sonstige Kosten. Wichtig ist auch die Feststellung, dass ZIM-Projekteggf. nicht nur firmeneigene und Themen aus derVorlaufforschung fortführen, sondern zur Entwick-lung konkreter Produkte nicht selten auch For-schungsbedarf (in Haupt- oder Nebenrichtungen)auslösen. Insofern schafft die IGF nicht nur Grund-lagen für nachfolgende ZIM-Projekte, sondern dasZIM bereichert auch die Industrielle Gemein-schaftsforschung, deren Themen ja stets von der In-dustrie im jeweils Projekt begleitenden Ausschussauf den Tisch gelegt werden.Nochmals zur Textilforschung. Die in diesemBereich tätigen Institute betreiben seit Jahr undTag IGF-Vorlaufforschung. Weil jedes dieserProjekte ungeahnte potenzielle Anwenderfa-cetten hat, müssten doch diese Einrichtungen

36

trotz aller bisherigen Verwertung noch immerauf ungehobenen Schätzen „sitzen“?Dr. Jansen: Das ist in der Tat so. Bundeswirtschafts-und Bundesforschungsministerium wie auch die Län-der fördern seit Jahrzehnten mit immer passfähige-ren und bedarfsgerechteren Programmen sowohlden Forschungsvorlauf als auch die technologischeUmsetzung in Mittelstandsfirmen. Wenn man alleinauf die mehreren hundert textilen IGF-Projekte seitMitte der 90er-Jahre schaut, dann frage nicht nurich mich: Wurden von der Industrie wirklich schonalle in den Forschungslösungen beinhalteten Mög-lichkeiten recherchiert, erfasst und realisiert? Ichglaube kaum. Deswegen bauen wir gerade für un-sere Branche eine IGF-Datenbank als Informations-angebot für die mittelständische Industrie auf.

TIPPS AM RUNDEN TISCH

ZIM nach IGF:

❭❭Mittelständler in Projekt begleitendenAusschüssen der jeweiligen IGF-Pro-

jekte sollten nach Abschluss des Vorha-bens sofort Partner zur Weiterführungeines Teilaspekts im Rahmen von ZIM-Ko-operationsprojekten suchen.IGF nach ZIM:

❭❭Gefördert durch ZIM, stoßen mittel-ständische Forschung und Entwick-

lung bei der industriellen Überleitungeines zuvor mit IGF erschlossenen Grund-lagenaspekts womöglich auf weiterfüh-renden Vorlaufforschungsbedarf unddamit ggf. einen neuen IGF-Antrag an.ZIM-DL zum Schluss:

❭❭ZIM-Projekte lassen sich mit Blick aufdie Vermarktung der FuE-Leistungen

mit der Förderung von DL (Dienst- und Be-ratungsleistungen Dritter) komplettieren. www.zim-bmwi.de/download/infomate-rial/dl-infoblatt.pdf

Page 39: Textilforschung

37Beeindruckende Technologie – die „Geburt“ von Hochleistungsfasern im Trockenspinnverfahren

Dieser Bedarfstrend hatte den ChemiefaserforscherSiegfried Petzold ermutigt, im Jahr 2006 mit Part-nern die CeraFib GmbH (Ceramic Filaments Fibres)zu gründen. Auf Seiten der Wissenschaft bei CeraFib als Gesell-schafter mit im Boot: die KI Keramik-Institut Mei-ßen GmbH und das Institut für Textilchemie- undChemiefasern ITCF in Denkendorf. Bei beiden liefenwissenschaftliche Vorarbeiten auch im Rahmen desIGF-Programms bereits in den 90er-Jahren. Das an-spruchsvolle Vorhaben, mit keramikfaserverstärk-ten Keramiken CMC (Ceramic Matrix Composites)am Standort Deutschland eine neue Werkstoff-klasse zu entwickeln, wird seither auch von einerTochter des Deutschen Zentrums für Luft- undRaumfahrt (DLR), vom Spezialchemiehersteller Cla-riant und der Pritzkow Spezialkeramik unterstützt.

KERAMISCHE FASERN

Neue Werkstoffklasse aus Meißen

HOCHLEISTUNGSFASERSTOFFE/COMPOSITES

❭❭ Diese beiden Daten gehören zur Technik-ge schichte: die Doppelerfindung des Por-

zel lans durch die Chinesen im Jahr 620 unddurch Johann Friedrich Böttger exakt 1089Jahre später. Derzeit in der Öffentlichkeit nochnahezu unbekannt ist eine andere Keramik in-novation aus Meißen – hochtemperaturbe-ständige Keramikfasern für den Hitzeschutz.Diese Entwicklung unter Leitung der CeraFibGmbH macht seit Kurzem Furore und ist fürden US-amerikanischen Weltmarktführer 3Mauf diesem Sektor die einzige Konkurrenz.Neue Materialien sind in der Welt von morgen mehrals willkommen. Leichtbau, Energieeinsparung undHochtemperaturprozesse schrauben die Anforde-run gen immer weiter in die Höhe, sodass klassischeEinsatzstoffe wie Metalle kaum noch mithalten.

Page 40: Textilforschung

nen mit einer Dauereinsatzbeständigkeit bis zu1.350 Grad Celsius völlig neue Marktpotenziale u. a.für den Einsatz in Triebwerken, Hitzeschilden und Ra-darabschirmungen sowie zur Integration in Indus-trieausrüstungen (Abgasleitungen, Heißgasfilter,Wärmetauscher) oder als Träger von Energieleiternbzw. zum ballistischen Schutz. Zum Vergleich: Me-tallische Superlegierungen weisen maximal 1.100Grad Celsius Hitzebeständigkeit auf; sie „überleben“diese Dauerbeanspruchung jedoch auch nur mit zu-sätzlicher Kühlung – ein immenser technischer Auf-wand, wie sich denken lässt.

PRODUKTVIELFALT ALS ZIELDie beiden CeraFib-Filamentfasertypen – Korundund Mullit – werden nach einem neu entwickeltenSpinnverfahren unter Einsatz physiologisch unbe-denklicher und wasserlöslicher Rohstoffe als End-losmaterial hergestellt. Endlosfasern haben imVergleich zu Kurz- oder Langfasern bei der Weiter-verarbeitung zu Flächengebilden oder keramischenVerbundwerkstoffen einige Vorteile; so fallen bes-sere mechanische Eigenschaften und eine hoheTemperaturbeständigkeit besonders ins Gewicht.Der eigentliche Clou: Sie empfehlen sich zum Dau-ereinsatz bei Temperaturen bis über 1.300 Grad Cel-sius in oxidierender Atmosphäre. Entsprechend unterschiedlich sind die ersten Pro-duktideen, bei denen die keramischen Endlosfa-sern – je nach Einsatzzweck in Form von Gewebe,Gelege oder direkt als Roving (Garnstrang) – in dasMatrixsystem eingesetzt werden. Allein für denOfenbau, um nur eines der Anwendungsfelder zubenennen, sind besonders langlebige Brennerdüsenfür den diskontinuierlichen Betrieb ebenso gefragtwie dünnwandige Isolierungen und Auskleidungen,Trägerstrukturen oder Heißgasführungen aus die-sem Material. www.cerafib.de,

www.itcf-denkendorf.deSTANDORTE: MEISSEN – DENKENDORF

38 Ersetzen herkömmliche Materialien – Elemente aus hochtemperaturbeständiger Keramik

HOCHLEISTUNGSFASERSTOFFE/COMPOSITES – KERAMISCHE FASERN

NEUE MARKTPOTENZIALETrotz dieser Schubkraft und der für das Projekt„wichtigen“ Förderungen – insgesamt gab es sechsThemen, die vom BMWi, der KfW und Sachsen be-zuschusst wurden – sei der fast fünf Millionen Euroteure Entwicklungsprozess mit acht statt nur sechsJahren länger gelaufen als geplant, räumt Petzoldein. Trotz dieser Zeitverzögerung ist er zufrieden.„Unsere kleine Pilotanlage zur Herstellung der bei-den Fasertypen Mullit und Korund läuft; ab 2013streben wir mit einer größeren technischen Anlageeine Jahreskapazität bis zu 400 kg Oxidfasern an.“Das klingt zunächst wenig; verspricht aber mit Blickauf einen Kilopreis von rund 1.000 Euro gute Um-sätze für Spezialnachfragen aus den zahlreichenBranchen – von Automotive über Heizungs- undMedizintechnik bis hin zur Luft- und Raumfahrt.Auch Maßnahmen zur Energieeffizienz rücken mitBlick auf diese Faserinnovation in greifba re Nähe.Sie könnten mit entsprechenden CMC-Er zeugniss-en, die besonders dünnwandige kera mischeStrukturen ermöglichen, ausgerüstet werden.Die CeraFib GmbH mit einer Alleinstellung überEuropa hinaus, entwickelt und verarbeitet auf eige-nen Anlagen hochtemperaturbeständige oxidischeFilamente und Werkstoffe. Sie schließen beim Hoch-temperatureinsatz von Faserstoffen die Lücke zwi-schen Glasfaser, Basalt und nichtoxidischen Fasern(Kohlenstoff- oder Siliciumcarbidfasern) und eröff-

Siegfried Petzold

Page 41: Textilforschung

39Mit Unterstützung zweier Textilforschungsinstitute jetzt auf dem Markt – Prüfgerät analysiert Verformbarkeit von Faserverbundwerkstoffen

HOCHLEISTUNGSFASERSTOFFE/COMPOSITES

❭❭ Regel oder Ausnahme? In Deutschlandvollzieht sich die Verwertung wissen-

schaftlicher Ergebnisse mitunter nur im Spa-ziergängertempo. Den Beweis dafür, dass sichein vollkommen neues Prüfgerät auch in re-kordverdächtiger Zeit von 18 Monaten zurMarktreife bringen lässt, trat ein ZIM-Team inNordwestdeutschland an. Der automatische DRAPETEST der Textechno Her-bert Stein GmbH & Co. KG ist nicht nur eine Welt-neuheit, sondern basiert auch auf einem neuartigenPrüfverfahren, auf das der textile Leichtbau mit Blickauf höchste Qualitätsstandards in Prozess und Pro-dukt eher heute als morgen angewiesen ist. Die Fachwelt ist von dem auch international sehraufmerksam registrierten Entwicklungserfolg spä-testens seit Sommer 2012 informiert. Damals kamfolgende Nachricht aus Singapur: „Textechno wurdemit dem ‚JEC Innovation Award‘ für die Innovation

DRAPETEST in der Kategorie ‚Test Control Machi-nes‘ ausgezeichnet.“ Textechno-Geschäftsführer Dr.Ulrich Mörschel, der die ZIM-Kooperation mit zweiTextilinstituten (ITA Aachen und FIBRE Bremen)sowie drei weiteren Unternehmen intensiv begleitethat, will nach der vergleichsweise kurzen Entwick-lungsvita und den Vorschusslorbeeren aus Asienjetzt mit dem Gerät endlich auf den Markt.

DRAPIERTESTS NACH NEUEN STANDARDSDas Problem: Das Prüfsystem, das drei Jahre nachEntwicklungsstart demnächst in Paris und auf derTechtextil in Frankfurt/Main ausgestellt wird, ist sei-ner Zeit etwas voraus. „Wir haben für die jetzt voll-ständige Charakterisierung des Drapierverhaltensvon technischen Textilien noch keinen internationalanerkannten Prüfstandard“, sagt Firmenchef Mör-schel im Wissen, dass genau das und das bisherige

PRÜFGERÄTE

Nur 18 Monate bis zur Weltpremiere

Page 42: Textilforschung

40 Weltneuheit vom Weltmarktführer – Drapiertester setzt neue Standards

Fehlen einer im Prozess stattfin-denden Drapierbarkeitsprüfungden Herstellern und Anwendernvon Textilverstärkungen unterden Nägeln brennt. Die wissenschaftlichen Vorarbei-ten für das Prüfsystem zur Be-schreibung der Drapierbarkeitkamen von Textilforschern ausAachen. Dort wurden auf IGF-

Grundlage Versuche an Multiaxialgelegen durchge-führt. Das davon abgeleitete Prüfverfahren ITADrapezur Bestimmung des kritischen Scherwin kels beimDrapieren und die vom ZIM-Kooperations partnerSAERTEX entwickelte Methodik SAER Drape zurMessung des Kraft-Weg-Verlaufs bei der Umfor-mung der Gelege boten die Grundla ge für die jetztum eine optische Messtechnik erwei terte Funktiondes Neugeräts. Dank der Bild analyse-Technologievom Faserinstitut Bremen kann DRAPETEST nunauch die Art und Weise der beim Drapieren uner-wünschten Falten- und Gassenbildung automatischerfassen und charakterisieren.

WIE OPTISCH VERMESSEN WIRDDie Neuentwicklung des Weltmarktführers bei me-chanischen und thermomechanischen Prüfgerätenfür Chemiefasern und -garne (Textechno deckt ca.80 Prozent des internationalen Markts ab) inspiziertmit einer Kamera die rotierende Materialprobe, diewährend des Drapierens über eine Halbkugel gezo-gen wird. So kann ein möglichst großer Prozentsatzder Oberfläche auf, wie Mörschel es nennt, „klein-skalige“ Gassen (Lücken), Schleifen bzw. auch aufFaserdesorientierungen untersucht und bewertetwerden. Optional bestimmt ein Triangulationssen-sor „großskalige“ Fehlstellen wie z. B. Falten. SolcheNegativeffekte sind bei einer Serienproduktion vonComposite-Bauteilen störend und müssen sich des-halb in engen Toleranzen, sprich: Normen und (in-ternational noch nicht definierten) Standards halten.

Der Tester eignet sich für zahlreiche textile 2D-Ver-bundmaterialien mit Fasern u. a. aus Carbon, Glasoder dem hochfesten Aramid. Potenzielle Kundensind Hersteller von Faserverbundbauteilen sowieRovings – das sind Bündel oder Stränge mit End-losfasern – oder Gewebe bzw. Gelege. Bei der Absatzstrategie für den neuen Tester knüpftTextechno-Geschäftsführer Dr. Mörschel an die Er-fahrungen seiner Vorgänger im Unternehmen an.„Seit den 50er-Jahren sind wir mit branchenrele-vanten Prüfgeräte-Innovationen immer als Erste aufdem Markt.“ Im Fall DRAPTEST sei es den Vorlauf-entwicklungen der Partner und dem ZIM zu ver-danken, dass der gesamte Prozess so zügig gelaufensei. Aus seiner Sicht sei diese Förderschiene im Ver-gleich zu anderen „nach übersichtlichen Spielregelneinfach zu handhaben“ und zeichne sich durch kurzeAntragbearbeitungszeiten aus.

www.textechno.com,www.faserinstitut.de, www.ita.rwth-aachen.de

STANDORTE: AACHEN – MÖNCHENGLADBACH,

BREMEN, SAERBECK, EMSDETTEN

Dr. Ulrich Mörschel

STICHWORT DRAPIERBARKEIT

Beim Drapieren als Fertigungsverfahren zurHerstellung von Halbzeugen aus Faserver-bundwerkstoff erhalten Gewebe und Gelegedie Konturen des späteren Leichtbauelements.Dabei ist die Drapierbarkeit des Textils, alsodie Verformbarkeit beim Aufbringen auf ge-krümmte oder stark abgewinkelte Oberflä-chen der Urform, abhängig u. a. von der Artder Bindung, Vernähung und von der Strukturdes Einsatzmaterials.

PRÜFGERÄTE – HOCHLEISTUNGSFASERSTOFFE/COMPOSITES

Page 43: Textilforschung

IGFWer

Für wen

Was

Wie

Wie viel

Wo

Wann

Details

Förderung kompaktBMWi

Mitglieder der 100 Industriellen AiF-Forschungsvereinigungen

Vorwettbewerbliche FuE für ganze Branchen, Durchführung über HS- und gemeinnützige FuE-Einrichtungen

Zuschüsse zu Personalausgaben, Geräte- und allgemeinen Kosten parallel zu Eigenleistungen der Wirtschaft

max. 250.000 Euro je Forschungsstelle

Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e. V., Bayenthalgürtel 23, 50968 Köln, Tel. 0221 37680-311, [email protected], www.aif.de

Antragstellung jederzeit über die Forschungsvereinigungen der AiF

www.aif.de/innovationsfoerderung/industrielle-gemeinschaftsforschung/leitfaden.html

Mittelstandsförderung stark nachgefragt – Fördermittelberatung gehört traditionell zu den Angeboten derInnovationstage Mittelstand des BMWi

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Schlagzeilenträchtige Neuheiten auf grüner Wiese – BMWi-geförderte Prototypen und Anwendungslösungen auf vorangegangenen Innovationstagen

Industrieforschung findet aus gutem Grund meist hinter verschlossenen Türen statt. Einmal im Jahr bie-tet sich für die Öffentlichkeit jedoch Einblick in IGF- und ZIM-geförderte Spitzenprojekte sowie die Mög-lichkeit zum Dialog mit Wissenschaftlern, Ingenieuren und Managern: Vertreter der 16 deutschenTextilforschungsinstitute und Hersteller technischer Textilien gehören zu den alljährlich branchenüber-greifend rund 300 Ausstellern beim Innovationstag Mittelstand des BMWi. Bei dieser Open-Air-Veran-staltung auf dem Parkgelände der AiF Projekt GmbH in Berlin-Pankow präsentieren sie laborwarmeFor schungs-Highlights in Produkt und Verfahren oft deutlich vor dem Markteintritt. Technik affine Besu-cher sind bei der Leistungsschau im Grünen, die am 16. Mai 2013 bereits zum 20. Mal stattfindet, stetswillkommen.

INNOVATIONSTAGMittelstand des BMWi

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Bilder Rücktitel: Forschung und Entwicklung mit Charme – Effektvolle Leuchttextilien im Kommen | LED-Lichtzur Gesundheitsprävention – ein Forschungs-Highlight aus Greiz

ZIMBMWi

Mittelständische Unternehmen und kooperierende wirtschaftsnahe For- schungs einrichtungen

FuE-Einzel- und Kooperationsprojekte zur Entwicklung neuer Verfahren, Pro-dukte und Dienstleistungen sowie Kooperationsnetzwerke aus mindestenssechs mittelständischen Unternehmen (Managementleistung + FuE-Vorha-ben); bei Einzel- und Kooperationsprojekten auch marktvorbereitende ex-terne Dienstleistungen

Zuschüsse zu Personalausgaben, Kosten von Aufträgen an Dritte und übrigenKosten (pauschaler Zuschlag)

KMU: bis 192.500 Euro/Teilprojekt (plus max. 37.500 Euro/Teilprojekt fürmarktvorbereitende externe Dienstleistungen)FuE-Einrichtungen: bis 175.000 Euro/TeilprojektNetzwerke: summarisch max. 350.000 Euro für Managementleistungen (plus Projektförderung, s. o.)

ZIM-Kooperationsprojekte: AiF Projekt GmbH, Tschaikowskistraße 49, 13156Berlin, Tel. 030 48163-451, [email protected], www.zim-bmwi.de |www.aif-projekt-gmbh.deZIM-Einzelprojekte: EuroNorm GmbH, Stralauer Platz 3410243 Berlin, Tel. 030 97003-043, [email protected], www.zim-bmwi.de |www.euronorm.deZIM-Kooperationsnetzwerke: VDI/VDE Innovation + Technik GmbH, Stein-platz 1, 10623 Berlin, Tel. 030 310078-380, 089 5108963-0, [email protected], www.zim-bmwi.de | www.vdivde-it.de

Antragstellung jederzeit möglich

www.zim-bmwi.de

Wer

Für wen

Was

Wie

Wie viel

Wo

Wann

Details

Förderung kompakt

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Fotoquellen

M. Richter || AiF Projekt U 3, U 5, S. 1/1 || CeraFib U 1/2 || Cyquest S. 24, 26/1 || ETTLIN U 6/1, S. 16-17 || Hentschkebau S. 21

|| Hochschule Niederrhein S. 25/1 || Hohenstein S. 6, 7 || IREMA-FILTER U 1/3, S. 5/2 || ITV S. 4/1, 5/1, 29/3 || ITV/Q. Chen U 1/1,

S. 1/3, 37 || S. Körber (Fotolia) S. 10 || K.TeX S. 12 || HW Oertel S. 1/2, 32/1 || T. Pötz S. 29/2 || Spengler & Fürst S. 28/2 || STFI

S. 20, 28/1 || Stickperle S. 23/2 || Textechno S. 39, 40/2 || TITK S. 29/1 || TITV U 6/2 || topcut bullmer S. 9, 33 || Uni Duisburg-

Essen S. 23/1 || Variotec S. 27/1

Die AiF Projekt GmbH ist eine 100-prozentige Tochter des AiF e. V. Mit über 100 Mitarbeitern und mehr als 20 Jah -ren Erfahrung in der mittelstandsorientierten Technologieförderung betreut sie als beliehener Projektträger desBundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) die Programmsäule Kooperationsprojekte des Zen-tralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM).

Das Forschungskuratorium Textil e. V. ist in enger Zusammenarbeit mit dem Gesamtverband der deutschenTextil- und Modeindustrie e. V. tätig und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen„Otto von Guericke“ e. V. (AiF) sowie der Initiative Kompetenznetze Deutschland beim BMWi.

Forschungskuratorium Textil e. V. Reinhardtstraße 12–14, 10117 Berlin www.textilforschung.de

ImpressumAiF Projekt GmbH Tschaikowskistraße 49, 13156 Berlinwww.aif-projekt-gmbh.de

Redaktion: Checkpoint Media®

Grafik: Heike Unger