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Termine Themen Texte - ALR-SH: Herzlich Willkommen · Seminar Organisations- und Rechtformen von...

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Termine Themen Texte Heft 38 – September 2007 Herausgegeben von der Akademie für die Ländlichen Räume Schleswig-Holsteins e.V.
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TermineThemenTexteHeft 38 – September 2007

Herausgegeben von derAkademie für die Ländlichen RäumeSchleswig-Holsteins e.V.

TTT September 2007

Unser Titelfoto zeigt: Besuch des Ministers für Landwirtschaft, Umwelt undländliche Räume, Dr. Christian von Boetticher, am Ausstellungsstand derALR auf der NORLA 2007 in Rendsburg. (v.l.: Jan-Nils Klindt, Dr. Chris-tian von Boetticher, Torsten Sommer)

Impressum

Herausgeberin:Akademie für die Ländlichen Räume Schleswig-Holsteins e.V.Horst Müller (V.i.S.d.P.)

Geschäftsstelle:Carlstraße 169, 24537 NeumünsterTelefon: 0 4321- 907150, Fax: 0 43 21 - 907154E-Mail: [email protected]: www.alr-sh.de

Redaktion: Andrea Weigert

Foto des Titelblattes: Alexandra Greger (ews group gmbH)

Druck: Heider Offsetdruckerei Pingel-Witte

Die Akademie für die Ländlichen Räume Schleswig-Holsteins e.V.

Staatssekretär a.D. Rüdiger v. Plüskow (Vorsitzender)

Helga Klindt, Präsidentin des LandFrauenVerbandsSchleswig-Holstein e.V. (stellvertretende Vorsitzende)Jörg Bülow, Geschäftsführer des S.-H. GemeindetagesJürgen Feddersen, MdLPropst i.R. Manfred KamperLandrat Dr. Jörn KlimantBürgermeister a.D. Horst Müller (geschäftsführendes Vorstandsmitglied)

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EDITORIAL

Mit dem Kabinettsbeschluss „Politikfür die ländlichen Räume Schleswig-Holsteins – Bestandsaufnahme undZukunftsperspektiven“ hat die Lan-desregierung ein bemerkenswertesDokument vorgelegt. Erstmals habenalle Ressorts sich klar zu gemeinsa-mer Verantwortung und gemeinsa-mem Handeln für den ländlichenRaum bekannt. Denn es heißt in demBeschluss: „Die ländlichen Räumemit ihren Stärken und Potentialensind für die Lebensqualität und denwirtschaftlichen Erfolg des Landesunverzichtbar. Es soll kein GegensatzMetropolregion gegen ländliche Räu-me aufgebaut werden. Die ländlichenRäume in Schleswig-Holstein profi-tieren von der Metropolregion Ham-burg und umgekehrt. Die Handlungs-maxime lautet daher: die Stärkenstärken – sowohl in der Metropolre-gion als auch in den ländlichen Räu-men. Eine wichtige Voraussetzungsind gegenseitige Wertschätzung so-wie Kontakte und Kooperationen aufgleicher Augenhöhe“.Die ALR, die an dem Dokument mit-gearbeitet hat, sieht mit diesen rich-tungsweisenden Aussagen ihre eige-nen Vorstellungen und Forderungenbestätigt.Es wird jetzt darum gehen, diese

Grundentscheidung, die eine eindeu-tige politische Verpflichtung enthält,in praktisches Handeln umzusetzen.Gelegenheit dazu gibt es genug. Dievon der Bundesregierung geplanteradikale Umstrukturierung der Bun-desbahn bedroht die Lebensfähigkeitder peripheren Regionen und ist da-her abzulehnen. Mit den anderenFlächenländern muss die Landesre-gierung im Bundesrat anstelle einerplatten Privatisierung eine tragfähigeLösung finden. Schleswig-Holsteinals ländlich geprägtes Land darf hiernicht abseits stehen.Die bevorstehende Verwaltungs-strukturreform berührt den ländli-chen Raum ebenfalls unmittelbar.Wie immer die Lösung schließlichaussehen wird, muss die Funktions-fähigkeit der Agrar- und Umweltver-waltung, insbesondere der hohe An-erkennung genießenden Ämter fürländliche Räume zumindest erhaltenwerden.Mit dem Ende der Sommerpause er-wartet der ländliche Raum also imHerbst wichtige Weichenstellungen.

Rüdiger von PlüskowVorsitzender der ALR

Liebe Mitglieder unserer Akademie, sehr geehrte Damen und Herren!

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In diesem Heft:

Editorial ....................................................................................................................... 3

Termine ......................................................................................................................... 5

ThemenInitiative „AktivRegion“ im Rahmen der neuen EU-Förderperiode „ELER“von 2007 bis 2013 ......................................................................................................... 10

Neue Chance für Schönheiten am Wegesrand .............................................................. 15

Qualifizierungs-Offensive erfolgreich gestartet:Selbstständig – in der Nahversorgung............................................................................ 18

Pilgern per Rad - der neue Radfernweg Mönchsweg .................................................... 20

Aus der Arbeit der AkademieDie Zukunft der ländlichen Räume in den AktivRegionen mit-gestalten:Aufruf an die Vereine, Verbände, Institutionen und alle Aktiven aus demnicht-kommunalen Bereich ............................................................................................ 25

„Wege mit Aussichten“ aufzuzeigen ist Ziel der gleichnamigen Studie zumländlichen Wegebau in Schleswig-Holstein ................................................................... 27

Akademie für die Ländlichen Räume und EUROPE DIRECT wieder auf derNORLA in Rendsburg präsent ...................................................................................... 29

EUROPE DIRECTBesuch des Europaausschusses im EUROPE DIRECT Neumünster ........................... 30

EU drängt aus stärkere Investitionen in die Jugend ....................................................... 32

Unterstützung kultureller Einrichtungen........................................................................ 33

Direkter Draht zu EU-Kommissaren über das Internet ................................................. 33

Ausschreibung: Jugend in Aktion ................................................................................. 34

Chance Europa 2020 ..................................................................................................... 34

Bürgerrechte in der EU ................................................................................................. 34

EUROPE DIRECT auf der NordBau in Neumünster ................................................... 36

Literaturtipps .............................................................................................................. 38

TexteProf. Dr. Günter Endruweit, Carmen Gerloff und Fabian Rebitzer:Lebenschancen im ländlichen Raum ............................................................................. 40

Adressenverzeichnis der Veranstalter ....................................................................... 59

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TERMINEWir bitten unsere Vereinsmitglieder um die Mitteilung ihrer Veranstaltungstermine, die die ländlichen RäumeSchleswig-Holsteins betreffen. Für nähere Informationen bzw. Anmeldungen wenden Sie sich bitte direkt andie Veranstalter. Die Adressen finden Sie am Ende dieses Heftes (s. Seite 59).(Veranstaltungen der ALR finden Sie auch im Internet immer aktuell unter www.alr-sh.de/Veranstaltungen)

Oktober 2007

Forum Breitbandforum Schleswig-Holstein 04.10.2007 Die aktuelle Breitbandversorgung in Schleswig-Holstein,

die negativen Auswirkungen fehlender breitbandigerInternet-Zugänge in den Kommunen, die zur Verbesserungder Situation nutzbaren Techniken und die landespoliti-schen Ziele, Strategien und Unterstützungsmöglichkeitensind Themen des „Breitbandforums Schleswig-Holstein“.Veranstalter: Akademie für die Ländlichen Räume undMinisterium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr inKooperation mit dem Sparkassen- und Giroverband,dem Schleswig-Holsteinischen Gemeindetag,dem Schleswig-Holsteinischen Landkreistag und demStädteverband Schleswig-HolsteinOrt: Kiel, SparkassenakademieZeit: 8.30 – 17.30 Uhr

Wanderung Wildkräutertour05.10.2007 Wenn das Labkraut zur Klette wird und die Gänse-

blümchen der Erkältung was husten … Zu jeder Jahreszeitfinden sich in der Natur Kräuter, Beeren und Wildgemüse, die essbar sind oder für Heilzwecke verwendet werden können. Auf unserer Tour werden wir sie finden, sammeln, bestimmen und eine Menge über ihre vielfältigenVerwendungsmöglichkeiten erfahren.Veranstalter: Natur- und Landschaftsführerinnen S.-H. e.V.Treffpunkt: Schobüll, NP-Pavillion am Freibad(öffentlicher Parkplatz), Dauer 15:00 – 17:30 Uhr

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Seminar Bioenergie – wohin geht die Reise?08.10.2007 Ziel der Veranstaltung ist es, die Potentiale der Biomasse-

nutzung zu erkennen, aber auch das Bewusstsein über die daraus entstehenden Konfliktfelder zu schärfen undLösungswege bzw. Kompromissmöglichkeitenaufzuzeigen. Veranstalter: Akademie für die Ländlichen Räume undMinisterium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume.Veranstaltungsort: Viöl/Kreis Nordfriesland,Kirchspielskrug GallehusZeit: 9:30-15:30 Uhr

Vortrag Metropole Hamburg – Die Globalisierung, die Stadtund ihre Zukunft

08.10.2007 Projekt am Hafenrand, in der HafenCity und an der ElbeDie Städte stehen vor neuen Herausforderungen: Globaler Wettbewerb, Bevölkerungsentwicklung,Klimaveränderungen, soziale Integration.Hamburg versucht mit seinem Konzept wachsende undlebenswerte Stadt diese Veränderungen aktiv zu gestalten. Der Oberbaudirektor der Freien und Hansestadt Hamburg wird dies unter besonderer Berücksichtigung der großenstädtebaulichen Projekte am Hafenrand, in der HafenCity und dem Sprung über die Elbe darstellenVeranstalter und Ort: Hermann Ehlers Akademie, Kiel,19:00 Uhr

Preisverleihung11.10.2007 Festliche Verleihung des Kai-Uwe von Hassel

Förderpreises 2007 an Naturschutzjugend Jordsanddes Vereins JordsandDie Jugendgruppe des Vereins Jordsand ist in der prakti-schen Naturschutzarbeit tätig. Beispielhaft sind die Biotop-pflege, Arbeitseinsätze in Naturschutzgebieten, Uferschutz-arbeiten und die Mitwirkung bei Vogelzählungen. Die Mit-glieder der Jugendgruppe engagieren sich in besonderer Weise für den Natur-, Umwelt- und Tierschutz.Veranstalter und Ort: Hermann Ehlers Akademie, Kiel,19:00 Uhr

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Beobachtung Vogelzug im Wattenmeer16.10.2007 Frühjahr und Herbst sind Höhepunkte des ostatlantischen

Vogelzugs im Wattenmeer. Zierliche Watvögel undarktische Gänseschwärme versprechen ein besonderesNaturerlebnis.Veranstalter: Natur- und Landschaftsführerinnen S.-H. e.V.Treffpunkt: NABU-Info-Hütte am NaturschutzgebietWester-Späting, 25813 Simonsberg, Dorfstraße 153,bitte Fernglas mitbringenBeginn: 14:00-16:00 Uhr

Info- Die Zukunft der ländlichen Räume gestalten:Veranstaltung die Initiative „AktivRegion“.17.10.2007 Chance für Vereine, Verbände und Aktive in den

Bereichen Soziales, Kultur und BildungVeranstalter: Akademie für die Ländlichen Räumeund Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt undländliche RäumeOrt: Neumünster, Restaurant der HolstenhallenZeit: 17:30-20:00 Uhr

Symposium 3. Ostsee-Anrainerstaaten SymposiumPalliativmedizin

18.-19.10.2007 In dieser Veranstaltung wird besonderes Augenmerk auf die Palliativversorgung ländlicher Regionen gelegt.Ganzheitliche und multiprofessionelle Ansätze werden vonrenommierten Rednern aus unterschiedlichen Ländern,unterschiedlichen Berufen und beruflichen Zusammen-hängen vorgestellt.Veranstalter: Diakonie, Hospiz- und PalliativverbandSchleswig-Holstein, Landesregierung Schleswig-Holstein (bsbb, Bonn).Ort: Lübeck, Radison SAS Senator Hotel

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Wanderung Auf den Spuren der Sturmflut19.10.2007 Die Deich- und Koogwanderung führt über den Seedeich

am Nationalpark Wattenmeer entlang und quer durch den Uelvesbüller Koog. Schwerpunkte der Tour sind Koogs-geschichte, Fundstellen des Uelvesbüller Frachtseglers,Küstenschutz, Sturmfluten und Wattenmeer.Veranstalter: Natur- und Landschaftsführerinnen S.-H. e.V.Treffpunkt: NABU-Info-Hütte am NaturschutzgebietWester-Späting, 25813 Simonsberg, Dorfstraße 153(bitte Fernglas mitbringen).Beginn: 10:00 bis ca. 12:30 Uhr

November

Seminar Organisations- und Rechtformen von Lokalen06.11.2007 Aktionsgruppen im Rahmen der Initiative

„AktivRegion“ (Arbeitstitel)Teilnehmerkreis: Vertreter/innen von AktivRegionenVeranstalter: Akademie für die Ländlichen Räumeund Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt undländliche RäumeOrt: Holzbunge, Redderhus-Krog

Mitgliederversammlung der ALR12.11.2007 Gastredner wird zum 15-jährigen Jubiläum der Akademie

für die Ländlichen Räume der Minister für Landwirtschaft,Umwelt und ländliche Räume, Dr. Christian vonBoetticher, sein. Ort: Rendsburg, MartinshausBeginn der Mitgliederversammlung: 16:00 UhrBeginn des öffentlichen Vortragsteils und der Feierstunde:18:00 Uhr

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Seminar Innovative Konzepte im Ausgleichsmanagement –23.11.2007 praktikable Wege auch für Einsparungen in

kommunalen HaushaltenSchwerpunkte: – Neue Entwicklungen in der naturschutzrechtlichen

Eingriffsregelung– Anforderungen an die Kompensation von Eingriffen– Ausgleichszahlungen– Ökokonto– Eingriffs-/Ausgleichregelungen im neuen

LandesnaturschutzgesetzVeranstalter und Ort: Akademie für Natur und Umwelt,Neumünster

Tagung Naturschutztag Schleswig-Holstein 2007 mit dem30.11.2007 Thema: Lokale Bündnisse – gemeinsam vom

Naturschutz profitierenSchwerpunkte zu den „Lokalen Bündnissen“:– Grundlagen– Chancen und Verfahren– Beteiligungsmöglichkeiten– Vorteile für z. B. Gemeinden, Tourismus,

Landwirtschaft– Kontaktpersonen vor OrtVeranstalter: Akademie für Natur und Umwelt undAkademie für die ländlichen Räume Schleswig-Holsteins e. V. in Zusammenarbeit mit dem Ministeriumfür Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume,dem Landesamt für Natur und Umwelt und weiterenEinrichtungen und Verbänden

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THEMENAn dieser Stelle sollen regelmäßig Nachrichten veröffentlicht werden, die die ländlichen Räume betreffen.Wir bitten unsere Mitglieder der Akademie und alle interessierten Leser uns dafür geeignete Beiträge und Hin-weise zukommen zu lassen.

EinführungDie neue EU-Förderperiode 2007–2013 wurde zum Anlass genommen,die Förderpolitik des Landes für dieEntwicklung ländlicher Räume aufder Grundlage der EU-Vorgaben neuauszurichten. Es sollen zukunftswei-sende Rahmenbedingungen geschaf-fen werden, damit sich die ländli-chen Räume Schleswig-Holsteinsals attraktive Wohn-, Wirtschafts-und Erholungsräume mit hoher Um-weltqualität weiter entwickeln kön-nen. Innerhalb des „Zukunftspro-gramm Schleswig-Holstein“ sinddas „Zukunftsprogramm LändlicherRaum“ (ZPLR) und das „Zukunfts-programm Fischerei“ besonders aufdie Förderung der ländlichen Räumeausgerichtet. Unsere ländlichen Regionen inSchleswig-Holstein haben vieleStärken: wettbewerbsfähige land-wirtschaftliche Betriebe, eine hohe

Lebensqualität, überaus attraktiveLandschaftsräume, ein reiches Na-tur- und Kulturerbe, günstige Wohn-verhältnisse, ein familienfreundli-ches Umfeld, eine hohe Bereitschaftzum ehrenamtlichen Engagementund vielfältige soziale Netzwerke,viele klein- und mittelständischeUnternehmen und vieles mehr.Gleichzeitig stehen die ländlichenRäume vor gravierenden Herausfor-derungen. Die demografischen Ver-änderungen in den nächsten Jahr-zehnten werden in Schleswig-Hol-stein regional sehr unterschiedlichausfallen, aber generell wird es einestarke Verschiebung der Altersstruk-tur hin zu älteren Bevölkerungsgrup-pen geben. Die öffentlichen Mittelwerden knapper. Es müssen alsospezifische regionale Lösungen ge-funden werden. Es geht darum, mit vereinten Kräf-ten und neuen Ideen das Leben in

Initiative „AktivRegion“ im Rahmen derneuen EU-Förderperiode „ELER“ von2007 bis 2013

Die Landesregierung setzt mit der neuen Förderinitiative „AktivRegion“ aufdie Stärken der ländlichen Regionen – für mehr Wirtschaftskraft, neue Part-nerschaften und mehr Lebensqualität.

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den Dörfer attraktiv zu erhalten undzukunftsfähig zu gestalten. Ausbil-dungs- und Arbeitsplätze müssen ge-schaffen und erhalten werden, dieMobilität ist zu sichern. Die Men-schen brauchen Angebote, um sich zuerholen, zu treffen, einzukaufen, zumArzt zu gehen, beruflich und privatper Internet an die Welt angebundenzu sein und sich weiter zu bilden.

Zukunftsprogramm LändlicherRaum – Initiative AktivRegionIm Rahmen des ZukunftsprogrammsLändlicher Raum (ZPLR) kommtder Initiative „AktivRegion“ strate-gisch eine wichtige Rolle zu. „Ak-tivRegion“ orientiert sich an dem„bottom-up“-Ansatz der bisher inSchleswig-Holstein mit Erfolg prak-

tizierten Ansätze von LEADER+und den „Ländlichen Struktur- undEntwicklungsanalysen“ (LSE). Der „Europäische Landwirtschafts-fonds für die Entwicklung des länd-lichen Raums (ELER)“ ist Grundla-ge für das „ZukunftsprogrammLändlicher Raum“ in Schleswig-Holstein. Insgesamt stehen für denFörderzeitraum für alle Schwer-punkte rd. 240 Mio. Euro zur Verfü-gung. Speziell für den Bereich der„Integrierten ländlichen Entwick-lung“ stehen rd. 50 Mio € an EU-Mitteln bereit. Die eingesetzten EU-Mittel bedürfen einer 50%igen öf-fentlichen Kofinanzierung, z. B.durch Bund, Land, Kommunen oderweitere öffentlich-rechtliche Ein-richtungen.

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„AktivRegionen“ sind selbst organi-sierte Regionen mit 50.000 bis100.000 Einwohnern, in denen eineprivat-öffentliche regionale Partner-schaft („Lokale Aktionsgruppe“) dieEntwicklung aller Lebensbereiche inder Region mitgestaltet. Private Ak-teure, Wirtschafts- und Sozialpartnersind neben den öffentlichen Akteu-ren in die Entscheidungsprozesseüber die Ziele, Strategien und Pro-jekte der Region eingebunden. Einebreite Bürgerbeteiligung mit demo-kratischen Spielregeln stellt die Ent-wicklung der Region auf eine starkeBasis. Die ELER-Verordnung be-nennt explizit die Gruppen derLandwirte, der Landfrauen und derLandjugend, die in die Entschei-dungsebene eingebunden werdensollten. Die „AktivRegionen“ können imRahmen eines jährlichen Budgetsüber Projektförderungen im Rahmendes „Zukunftsprogramms Ländli-cher Raum“ eigenverantwortlichentscheiden.

UmsetzungZirka 20–22 AktivRegionen etablie-ren sich zurzeit eigenständig imLand. Seit Ende 2006 ist ein intensi-ver Prozess der Gebietsfindung inGang. Auch die Unter-, und Mittel-zentren sowie die Randbereiche derOberzentren können in die AktivRe-gionen einbezogen werden.Voraussetzungen für die Anerken-nung als AktivRegionen durch das

Ministerium für Landwirtschaft,Umwelt und ländliche Räume(MLUR) sind: • Ein Gebiet mit Einwohnerzahlen

zwischen 50.000 und 100.000• Bildung einer öffentlich-privaten

Partnerschaft als rechtsfähige Or-ganisation („Lokale Aktionsgrup-pe“ – LAG) mit einem LAG-Ma-nagement. Das Entscheidungsgre-mium über das Grundbudget und die Projektauswahl muss einenAnteil von mindestens 50% Wirt-schafts- und Sozialpartnern besit-zen. Dazu gehören auch die Land-wirte, die Landfrauen und dieLandjugend.

• Vorlage einer integrierten Ent-wicklungsstrategie für die „Aktiv-Region“.

Die AktivRegionen müssen bereitsim Rahmen der Erstellung der inte-grierten Entwicklungsstrategie eineStruktur für die inner- und überre-gionale Zusammenarbeit und Ab-stimmung mit weiteren Akteuren derRegionalentwicklung (z. B.: Ge-schäftsstellen ZukunftsprogrammWirtschaft, Wirtschaftsförderungs-gesellschaften der Kreise, Regio-nalmanagements, Tourismusverbän-den) entwickeln. Die Themen „de-mografischer Wandel“ und „Klima-schutz“ müssen bei der Erarbeitungder Strategie ebenfalls berücksich-tigt werden.Mit der Anerkennung der AktivRe-gion ist die Einrichtung eines LAG-Managements verbunden, das u. a.

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für die strategische Umsetzung, dieSteuerung und Weiterentwicklungder regionalen Entwicklungsstrate-gie, die Koordinierung von Projek-ten sowie für die Beratung und Be-treuung der Antragssteller zuständigist. Die Lokale Aktionsgruppe kanndie Aufgaben des LAG-Manage-ments extern vergeben oder selberübernehmen. Die Lokale Aktions-gruppe kann sich auch einer beste-henden Organisation bedienen,wenn diese die oben beschriebenenVoraussetzungen erfüllt.Projekte, die über das Grundbudgethinaus gefördert werden sollen, z.B.mit Mitteln der Gemeinschaftsauf-gabe zur Verbesserung der Agrar-struktur und des Küstenschutzes(GAK), müssen sich einem regions-übergreifenden Wettbewerb stellen.Zu den zentralen Kriterien gehörendie Stärkung der regionalen Wirt-schaftskraft, die Schaffung und Si-cherung von Arbeitsplätzen und Ko-operationen mit der Wirtschaft so-wie anderen öffentlichen und priva-ten Partnern.Die finanzielle Abwicklung der Mit-tel für die integrierte ländliche Ent-wicklung erfolgt künftig zentral überdie Ämter für ländliche Räume(ÄLR). Die Beratung und Koordi-nierung bei der Umsetzung von Pro-jekten, für die Mittel aus anderenFörderprogrammen des Landes inFrage kommen, übernehmen dieÄmter für ländliche Räume als Ver-waltungsstellen der AktivRegionen.

Die Förderung der LSE- und Dorf-entwicklungsprojekte wird bis 2009zu Ende geführt. Ab 2010 werdenaußerhalb der AktivRegionen nurnoch Mittel für landespolitisch be-deutsame Leitprojekte bereitgestellt.

Was kann gefördert werden?Den AktivRegionen bietet sich einweites Spektrum an Förderprogram-men für die Umsetzung ihrer Projek-te an. Im Vordergrund wird das Zu-kunftsprogramm Ländlicher Raumstehen, mit den folgenden Förder-schwerpunkten:

• Schwerpunkt 1 „Wettbewerbs-fähigkeit“: Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Land-und Forstwirtschaft

• Schwerpunkt 2 „Kulturland-schaft“: Verbesserung der Um-welt und Landschaft

• Schwerpunkt 3 „Lebensqua-lität“: Verbesserung der Lebens-qualität im ländlichen Raum undDiversifizierung der ländlichen Wirtschaft

• Schwerpunkt 4 „AktivRegion“:Umsetzung des LEADER-Kon-zeptes

Beispielhaft werden an dieser Stellenur die Ziele für den Einsatz der För-dermittel im Bereich der integriertenländlichen Entwicklung aus demSchwerpunkt 3 dargestellt:a Mehr Gemeinschaft: Die Men-

schen sollen zu noch mehr Ei-geninitiative ermutigt und diekreativen Kräfte durch neue

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Partnerschaften mobilisiert wer-den, z. B. durch die Mitarbeit vonBürgerinnen und Bürgern bei der Erarbeitung der integrierten Ent-wicklungsstrategie für die Aktiv-Region, das LAG-Management und durch den Aufbau regionaler Netzwerke von Bürgern, Verei-nen, Unternehmen und Kommu-nen.

a Mehr Lebensqualität: Die Grund-versorgung im ländlichen Raumsoll gesichert und die regionale Identität gestärkt werden, z. B.durch Nahversorgungsmodellewie MarktTreff, Vermarktung re-gionaler Produkte, dörfliche Ent-wicklung sowie durch Kultur-und Freizeitangebote.

a Mehr Wirtschaftskraft: Die Wirt-schaftskraft im ländlichen Raum soll gestärkt, Arbeitsplätze gesi-chert oder neu geschaffen wer-den, z. B. durch innovativeBeschäftigungsfelder (neben derLandwirtschaft), Umnutzung landwirtschaftlicher Bausub-stanz, Ausbau des ländlichenTourismus sowie Weiterbildung und Informationsangebote fürUnternehmen und Verbände.

Wie hoch sind die Förderquotenim Bereich der Integrierten ländli-chen Entwicklung?• Die Förderquote liegt zwischen

25%–35% (private Träger) und zwi-schen 45% – 55% (öffentliche Trä-ger) der förderfähigen Ausgaben.

• Die ggf. anfallende Mehrwertsteu-er von 19% ist für öffentliche Insti-tutionen nicht förderfähig.

• Die Erarbeitung der Integrierten Entwicklungsstrategie für die Ak-tivRegionen ist förderfähig.

• Originäre Verwaltungsaufgaben und Betriebskosten sind nicht för-derfähig.

Zeitablauf und die nächstenSchritte?• Bereits jetzt machen sich viele

Regionen Gedanken zur Gebiets-kulisse und zu den thematischenSchwerpunkten.

• Nach der Programmgenehmigung, die im IV. Quartal 2007 erwartetwird, werden die Kriterien zur An-erkennung als AktivRegion veröf-fentlicht.

• Im nächsten Schritt kann die Erar-beitung der Integrierten Entwick-lungsstrategie für die AktivRegionbeauftragt werden. Als Auftaktver-anstaltung kann z.B. ein Workshopstattfinden, zu dem alle Akteureder Region eingeladen werden, umihre Ideen und Engagement einzu-bringen, mit denen sie die Zukunftmitgestalten möchten.

• Die Integrierten Entwicklungsstra-tegien für die AktivRegioneneinschließlich der rechtlichen Or-ganisationsstruktur werden demMLUR bis zum Ende des I. Quar-tals 2008 vorgelegt.

• Die AktivRegionen werden vor-aussichtlich bis Anfang desIII. Quartals 2008 anerkannt.

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• Die Informationsveranstaltungen durch das MLUR, die Ämter fürländliche Räume und der Akade-mie für die Ländlichen Räume zurAktivRegion werden in 2007 fort-gesetzt.

Nähere Informationen zum Förderprogramm:

Ministerium für Landwirtschaft, Umweltund ländliche Räume des Landes Schles-wig-Holstein: Hermann-Josef Thoben - Referatsleiter für in-tegrierte ländliche Entwicklung Tel. 0431/988-4980, E-Mail: [email protected]

Ämter für ländliche Räume (ALR):

ALR Husum: Norbert LimbergTel. 04841-667-300E-Mail:[email protected]

ALR Husum/Außenstelle Flensburg: Jan-Nils KlindtTel. 0461-804-274

E-Mail: [email protected]

ALR Husum/Außenstelle Heide:Jürgen Wolff, Tel. 0431-6708-236E-Mail: [email protected]

ALR Kiel: Detlev BrodtmannTel. 0431-6708-331,E-Mail:[email protected]

ALR Lübeck: Axel StrunkTel. 0451-885-220, E-Mail:[email protected]

ALR Lübeck/Außenstelle Itzehoe:Verena BoehnkeTel. 04821-66-2200E-Mail: [email protected]

Christina Pfeiffer, Ministerium fürLandwirtschaft, Umwelt und ländli-che Räume des Landes Schleswig-Holstein

Neue Chance für Schönheiten am WegesrandDer LandFrauenVerband Schleswig-Holstein e.V. hat sich anlässlich sei-nes 60-jährigen Jubiläums in diesemJahr für eine besondere Aktion zurAufwertung der heimischen Kultur-landschaft entschieden. Landesweitwerden von 71 LandFrauenVereinenbedrohte Pflanzen aus hiesigemSaatgut gezogen, um dann auf geeig-neten Flächen im Laufe des Som-mers ausgepflanzt und betreut zuwerden.

Die Idee für diese Aktion entstandspontan auf einer Vorstandssitzung

im letzten Sommer, als Frau Dr. Sil-ke Lütt vom Landesamt für Naturund Umwelt von einem Wiederan-siedlungsprojekt der alten Heilpflan-ze Arnika mit den Aukruger Land-frauen und dem örtlichen Natur-schutzring berichtete.Unter dem Titel „60 Jahre – 60Pflanzen“ warb der Verband um dieMitwirkung seiner Ortsvereine. AlsGrund für dieses Projekt erläuter-te Helga Klindt, Präsidentin desLandFrauenVerbandes, „dass dieLandfrauen ein vitales Interesse andem Erhalt der Landschaft in ihrer

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Schönheit und Vielfältigkeit für dieheutige und auch für nachfolgendeGenerationen haben. Somit ist Land-schaftsschutz eine Aufgabe, die ver-schiedenen Interessen der Bewohnerund der Nutzer zu verbinden und inder Kulturlandschaft neben denNutzpflanzen auch den Wildpflan-zen einen Entwicklungsraum zu bie-ten.“ Dabei sollte auf das traditionellverankerte Wissen der Landfrauenrund um gärtnerische Tätigkeiten so-wie auf die mannigfaltigen Kennt-nisse von Pflanzen in der Umgebungzurückgegriffen werden.

Das geplante Vorhaben stellte sichschnell als anspruchsvoll und sehrvielschichtig heraus. Durch die Vor-erfahrungen im Aukrug wurde dasLandesamt für Natur und Umwelt(LANU) als Kooperationspartnermit den Aufgaben der Bereitstellungder Saat und der fachlichen Unter-stützung gewonnen. Dafür wurdeSaat von heimischen Wildpflanzenlandesweit gesammelt und sortiert,die Entnahmeorte katalogisiert unddie spezifischen Bedingungen für ei-ne erfolgreiche Ausbringung wieBodentyp, Feuchtigkeit und Stan-dortansprüche erfasst. Die beteilig-ten Ortsvereine mussten im Vorfeldnicht nur interessierte Landfrauenzur Aussaat in den privaten Gärtenfinden, sondern auch Flächen für diespätere Auspflanzung. Vielfach ge-schah dies wiederum mit örtlichenPartnern: häufig stellten die Ge-meinden Flächen zur Verfügung,

aber auch örtliche Museen, Natur-schutzvereine, die Kirche und Pri-vatpersonen unterstützten die Land-frauen. Um passgenau die richtigePflanze für den späteren Aussied-lungsort zu finden, mussten dieStandortbedingungen von jeder ein-zelnen Fläche ermittelt werden.Dank der finanziellen Förderungdurch die Bingo-Lotterie wurde imApril diesen Jahres eine Land-schaftspflegerin für die Dauer derAktion eingestellt, die sich um dieseFragen vor Ort mit den Landfrauenkümmert.Am 9. Mai wurde die Kampagne aufdem jährlichen LandFrauenTag inNeumünster im Beisein des Schirm-herren Minister Dr. Christian vonBoetticher eröffnet, der diese Aktionals „echten Knüller“ titulierte. Fach-kundig nannte er in seinemGrußwort einige der Ursachen dafür,dass „laut neuesten Erhebungen der-zeit etwa 3 – 130 Arten täglich aus-sterben: neben der Lebensraumzer-störung und der Übernutzung tragenauch die Klimaveränderung und dieUmweltverschmutzung dazu bei“.Helga Klindt betonte, dass „mitdiesem in der Bundesrepublik bis-lang einmaligen Projekt ein Beitragzum Erhalt unserer Kulturlandschaftund zur Bereicherung des Siedlungs-raumes geleistet werden soll.“ MitBlick auf die im Koalitionsvertragder Landesregierung angepeilten1.000 ehrenamtlichen Patenschaftenerklärte sie: „Dieses Projekt mitinsgesamt 71 Patenschaften ist ein

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Beitrag, dass in praktischer und orts-naher Umsetzung das Thema Biodi-versität und Nachhaltigkeit erlebbargemacht wird.“Mit diesen Aussagen wird auch dieBegründung und das Ziel dieser Ak-tion sichtbar. Laut der seit 2006 vor-liegenden neuesten „Roten Liste derGefäßpflanzen für Schleswig-Hol-stein“ sind 44,8% der insgesamt1.520 heimischen Arten als ausge-storben, gefährdet oder bedroht ein-gestuft. Hierzu gehören Pflanzen,die auch für Nicht-Fachkundige ty-pisch für unsere Landschaft sind wiebeispielsweise die Sumpfdotterblu-me, das Wiesenschaumkraut oderdie Wilde Malve. Der Rückgangoder gar das Aussterben dieserPflanzen wäre aber nicht nur einVerlust an sich, sondern kann auch

einen Verlust als Futter- oder Nek-tarpflanze sowie als Herbergspflan-ze für Insekten oder andere Tiere be-deuten. Daher kann die gezielte Aus-siedlung von bedrohten Wildpflan-zen heimischen Ursprungs dazu bei-tragen, dass „Trittsteine“ gesetztwerden, von wo aus sich diese Pflan-zen wieder eigenständig verbreiten.

Nachdem die Vereine die Saat und dieinformativen Pflanzensteckbriefe aus-gehändigt bekommen hatten, machtensich die örtlichen Landfrauen ansWerk: Es wurde ausgesät und pikiertund gleichzeitig wurden die späterenAussiedlungsflächen vorbereitet. AbEnde Juni wurde ausgepflanzt und dashäufig unter der Mitwirkung von örtli-chen Helfern wie Ehepartnern oderGemeindevertretern.

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Auch Helga Klindt und WolfgangVogel, Direktor des LANU, unter-stützten den Verein „Hüttener Ber-ge“ tatkräftig bei der Auspflanzungvon über 1.000 Kuckuckslichtnel-ken. Um auch die Öffentlichkeitüber dieses Vorhaben zu informierenund den Blick von Spaziergängernan den Flächen zu schärfen, wurdenvielerorts Informationstafeln und diebereits erwähnten Steckbriefe der

ausgesiedelten Pflanzen plaziert.Auch wenn an einigen Orten dieSaat nicht wie gewünscht keimt oderwegen des feuchten Julis sich dieSchnecken über die kleinen Pflanzenhermachen – die Patinnen geben soschnell nicht auf.

Ulrike Michaelis,Bildungsreferentin beim LandFrau-enVerband Schleswig-Holstein e.V.

Qualifizierungsoffensiveerfolgreich gestartet:Selbstständig – in der NahversorgungSchleswig / Brodersby – Die neue Qualifizierungsoffensive „Selbstständig –in der Nahversorgung" der Neue Arbeit Nord gGmbH (NAN) in Koopera-tion mit dem schleswig-holsteinischen ProjektMarktTreff ist erfolgreichgestartet. Rund ein Dut-zend Arbeitsuchende ausFlensburg, den KreisenSchleswig-Flensburg undNordfriesland werden da-bei fit gemacht für eineSelbstständigkeit im länd-lichen Lebensmittelein-zelhandel.

Nahversorgung auf Eider-stedt: Im MarktTreff Witz-wort von Betreiber MaikSchultze kaufen die Men-schen gern ein.

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Das insgesamt fünfmonatige Schu-lungsprogramm startete im Schles-wiger Gründungszentrum Leucht-turm Nord. Nach der Begrüßungdurch die Projektkoordination FrankEisoldt und Miriam Prenzel von derews group ging es gleich zur Sache:Unternehmensberater und Leucht-turm-Nord-Dozent Jan Lüth führtein die Thematik „Gründungspla-nung – von der Geschäftsidee biszum Businessplan“ ein. In den ers-ten beiden Programmwochen, die imLeuchtturm Nord stattfinden, standvorrangig das Thema Existenzgrün-dung auf dem Programm. „Mit dem neuen Projekt, das vomLand Schleswig-Holstein und derEU gefördert wird, qualifizieren wirin mehreren Gruppen Arbeitsuchen-de, eine eigene Existenz in der Nah-versorgung zu gründen beziehungs-weise als Nachfolger einen Betriebzu übernehmen", sagt Dieter Hilde-brandt, Geschäftsführer der NeuenArbeit Nord. Die NAN mit Haupt-sitz in Husby ist Träger des Projektesund vermittelt als Beschäftigungs-und Qualifizierungsunternehmenseit 1985 Langzeitarbeitslose erfolg-reich in den ersten Arbeitsmarkt. Da alle Inhalte bei der neuen Quali-fizierungsoffensive praxisnah aufdie anschließende Selbstständigkeitzugeschnitten sind, ging es bereits inder ersten Ausbildungswoche in denMarktTreff Brodersby. Dort infor-mierten sich die Teilnehmer beiMarktTreff-Leiter Alf Schmidt übergrundsätzliche und aktuelle Fragen

im ländlichen Einzelhandel. DieNAN selbst hat in der GemeindeBrodersby (500 Einwohner/KreisSchleswig Flensburg) einen Markt-Treff mit entwickelt und Ende März2007 mit einem TOPKAUF-Ladeneröffnet. An dem ersten Qualifizierungskur-sus, dessen Basiselemente unter an-derem Betriebsführung/Manage-ment, rechtliche Grundlagen, Wa-renbeschaffung und Sortiment,Buchführung, Kassenführung undKundenservice sind, nehmen Frauenund Männer im Alter von 32 bis 53Jahren teil. Auf die zehnwöchige,vormittags stattfindende Theorie-phase in Schleswig und Bredstedtfolgen jetzt zweieinhalb MonatePraktika bei ausgewählten Markt-Treffs und anderen Lebensmittelein-zelhändlern. „Zum Beispiel in denMarktTreffs Witzwort, Brodersby,Medelby und Großsolt“, so MiriamPrenzel von ews group, „können dieTeilnehmer ihr erlerntes theoreti-sches Wissen über Einzelhandel imländlichen Raum gleich in der Praxisanwenden.“„Projekte wie MarktTreff setzendeutliche Akzente gegen das Weg-brechen der ländlichen Nahversor-gung", betont Hans-Christian Do-meyer vom Ministerium für Land-wirtschaft, Umwelt und ländlicheRäume. „Nahversorgung umfassendverstanden – als Mittelpunkt desDorfes und lebendiger Marktplatz -ist wirtschaftlich erfolgreich reali-sierbar, wie wir aus Schleswig-

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Holstein wissen." EntscheidendeVoraussetzung sei aber, so Domeyer,dass es qualifizierte Existenzgründergebe.

Das zweite, demnächst folgendeQualifizierungsprogramm richtetsich ebenfalls an Menschen, die be-rufliche Erfahrungen im Einzel-oder Großhandel haben oder Quer-einsteiger sind mit Vertriebstalentund Freude am Umgang mit Kun-

den. Es gibt keine Altersbegrenzun-gen. Auch ältere Arbeitnehmer, diemindestens weitere fünf bis siebenJahre arbeiten möchten, können beider Projektkoordination (ews group,Telefon 0451-480550) zusätzlicheInformationen erhalten oder sich be-reits direkt anmelden.

Aktuelle und grundsätzliche Informationenüber das Projekt MarktTreff gibt es im Inter-net unter www.markttreff-sh.de.

… führt der beschilderte Radfern-weg quer durch die abwechslungs-reiche Landschaft Schleswig-Hol-steins mit herrlichen Naturparks undkulturellen Sehenswürdigkeiten.Von West nach Ost zogen damals dieMönche und bekehrten die „ungläu-bigen“ Slawen. Egal welche Rich-tung man heute wählt: Zwischen denStart- und Endpunkten Glückstadtan der Elbe und Puttgarden aufFehmarn laden zahlreiche wunder-schöne Kirchen - jahrhundertealteBauten aus Feld- und Backstein -zum Eintreten ein, zum Staunen überarchitektonische Baukunst vergan-gener und gegenwärtiger Kunst,

aber auch zur Besinnung und Ruhe.Die 340 km Strecke in einer Wo-chentour befahren oder eine ausge-wählte Etappe an einem der Bahnhö-fe an der Route beginnen – vieles istmöglich.

Mit Leib und Seele…

… so lautet der Untertitel des Rad-fernweges nicht ohne Grund: Wersich auf den Mönchsweg begibt, ver-schafft damit nicht nur seinem Kör-per in landschaftlich reizvoller Um-gebung Bewegung, sondern er findetOrte der Ruhe und Einkehr, also Er-holung auch für die Seele.

Pilgern per Rad – der neue Radfernweg Mönchsweg Auf den Spuren der Mönche…

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Von der Elbe zur Ostsee – die Route

Mönchsweg-Radler durchfahrenvier Landschaftsformen der ganz be-sonderen Klasse und passieren be-eindruckende Sehenswürdigkeitenwie Schlösser, große Gutshöfe undHügelgräber.Im Süd-Westen Schleswig-Holsteinshautnah am Flussverlauf der Stör,vorbei am Zisterzienser-Kloster undder St. Laurentii-Kirche in Itzehoesowie an den Schlössern in Breiten-burg und Heiligenstedten wird dieStörregion durchquert. Über dieFeldsteinkirche von Stellau geht esweiter zur Waldkapelle Mönklohund nach Bad Bramstedt mit der Ma-ria-Magdalenen-Kirche. Von dortbegibt sich der Weg über Großenas-pe nach Bad Segeberg mit der St.

Marien-Kirche. Ein besonderes Na-turerlebnis auf diesem Wegabschnittist der Segeberger Forst mit einerFläche von über 4.000 ha und demWildpark Eekholt.Vorbei am 91 m hohen Kalkberg inBad Segeberg beginnt der Weg denSpuren des norddeutschen Missio-nars Vicelin (1090 - 1154) zu folgen.Durch den Erlebniswald Trappen-kamp führt der Weg vorbei an denVicelinkirchen St. Jakobi in Born-höved und St. Petri in Bosau bis zumehemaligen Benediktiner-Klostermit der bedeutenden Klosterkirchein Cismar durch die HolsteinischeSchweiz. Nach der Passage des ehe-maligen Bischofssitzes Oldenburg i.H. ist in Puttgarden auf der Ostsee-insel Fehmarn der Zielpunkt derRoute erreicht.

Waldkapelle Mönkloh

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Offiziell eröffnet seit dem 12. Mai2007

Dem wechselhaften Wetter zumTrotz kamen tausende Besucher zurEröffnungsfeier nach Oldenburg i.H. und besuchten den Buden-Bum-mel mit großer Bühne auf demMarktplatz. Mehrere Hundert feier-ten in der St. Johanniskirche denEröffnungsgottesdienst und/oder ge-nossen das abendliche Gospel-Kon-zert.

Bisherige Projektumsetzung

Die Koordinierung des Projektes be-treibt die Lenkungsgruppe Mönchs-

weg, bestehend aus je einer/m Ver-treter/in der vier politischen Kreisesowie der Evangelisch-Lutherischenund der Katholischen Kirche.

Die Moderatorin Harriet Heise vomNorddeutschen Rundfunk führtedurch das bunt gemischte und leben-dige Bühnenprogramm. Gemeinsamenthüllten Bischöfin Bärbel Warten-berg-Potter und Alt-Erzbischof Dr.Ludwig Averkamp mit Ministerpräsi-dent Peter Harry Carstensen undLandrat Reinhard Sager den erstenWegweiser des Radfernweges. MitGas gefüllte Ballons stiegen in denHimmel, der die fröhliche Veranstal-tung anschließend mit Regen segnete.

Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und Bischöfin Bärbel Warten-berg-Potter eröffnen den Mönchsweg

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Zusätzlich hat seit November 2005das Projektbüro Mönchsweg Aufga-ben der Projektkoordination und -umsetzung übernommen.Vor der Eröffnung im Mai 2007 fanddie ingenieurmäßige Prüfung desRoutenverlaufes mit anschließenderBeschilderungsplanung, Schilder-produktion sowie Beschilderung dergesamten Route statt.Ein für den Mönchsweg erstelltesgrafisches Konzept findet bereits beider Erstellung von Plakaten, Brief-papier, Flyern und Internetauftrittetc. Anwendung.Während der Zeit von November2005 bis zur Eröffnung im Mai 2007informierten insgesamt sechs Pro-jektrundbriefe alle Beteiligten undInteressierten am Projekt regel-

mäßig über den Projektstand. Außer-dem fanden drei Vollversammlun-gen der Trägergemeinschaft Mön-chsweg (Ämter, Städte und Gemein-den, Kirchengemeinden) sowie Ge-sprächsrunden mit Vertretern dertouristischen Regionalverbände undTouristinformationen am Weg statt.Im Januar 2007 erschien bereits derFlyer zum Radfernweg Mönchswegim Layout der TASH, der seither aufMessen verteilt wurde und über dasInfotelefon Mönchsweg, bzw. dieTouristinformationen am Weg ver-schickt wird. Seit März 2007 ist dieRadwanderkarte der Bielefelder Ver-lagsanstalt (BVA) in jedem Buch-handel erhältlich (ISBN 978-3-87073-417-6). Die zweite Auflageist bereits in Planung.

FahrradkarteMönchsweg

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Die Internetseite www.moenchs-weg.de besteht seit Dezember 2005und wird regelmäßig aktualisiert.Das Interesse an dem thematischenRadfernweg ist riesig: über 100 Zei-tungsartikel, mehr als 20 Pressemel-dungen sowie verschiedene Beiträgein Funk und Fernsehen sprechen fürsich.

Für die Phase I des Projektes bis zurEröffnung bewilligten das Amt fürländliche Räume Lübeck sowie derFörderfond Nord der HamburgRandkreise Fördergelder in Höhevon insgesamt 50% der Projektko-sten. Die andere Hälfte der Kostenwurde größtenteils von den Ämtern,Städten und Gemeinden am Weg ge-tragen.

So geht es weiter

Ziel der Phase II des Projektes (2008- 2010) ist insbesondere die erfolg-reiche Etablierung des Radfernweg-es am touristischen Markt. So sindentsprechend der potentiellen Nut-zergruppen radtouristischen Produk-

te zu entwickeln, wie bspw. Pau-schalangebote, Tagestouren, Unter-kunftsverzeichnisse, Gepäcktrans-fer, Schlechtwetter-Shuttles etc.Ein besonders wichtiger Schritt in-nerhalb der nächsten drei Jahre wirdder Aufbau einer Trägerstruktur fürden Radfernweg sein.Zahlreiche bereits geführte Ge-spräche zum Thema „InternationaleErweiterung des Weges“ von Ut-recht in den Niederlanden bis Lundin Schweden stoßen außerdem aufgroßes Interesse und weisen einenBlick in die Zukunft dieses besonde-ren Radfernweges.

Weitere Informationen:

Projektbüro Mönchsweg (Büro LebensraumZukunft)Marienthaler Straße 17, 24340 EckernfördeInfotelefon: 0180 / 543 0 345 (0,14 ?/min.)E-Mail:[email protected]: www.moenchsweg.deWeitere Informationen zum Thema: www.kir-che-tourismus.de und www.sh-tourismus.de

Dagmar Ott,Projektbüro Mönchsweg

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Die erste von drei geplanten Informa-tionsveranstaltungen zu der Landesi-nitiative AktivRegion, die die ALRund das Ministerium für Landwirt-schaft, Umwelt und ländliche Räumedurchführten, richtete sich an dieZielgruppe der Landjugend, Land-frauen und Landwirte und rief zurMitwirkung auf.Mit der Förderperiode 2007-2013 be-ginnt ein neues Kapitel der Entwick-lung der ländlichen Räume in Schles-wig-Holstein. Damit wird von denUrsprüngen des Programms Nordüber die Dorfentwicklung, die LSEund parallel auch LEADER plus jetztmit der Initiative „AktivRegion“ einerfolgreicher Weg fortgeführt.Unter dem sanften Druck der Vorga-ben der Europäischen Kommissionist die Bürgerbeteiligung ein beson-deres Merkmal der Förderung regio-naler Entwicklungsprozesse und Pro-jekte geworden. In der LSE habenwir in dieser Hinsicht schon viel ge-lernt. Nun wird ein neues Kapitel auf-geschlagen: die sogenannten Wirt-schafts- und Sozialpartner bzw. dieZivilgesellschaft werden nicht nur

mitreden, sondern auch mitbestim-men. Die ALR sieht darin eine neueHerausforderung, in dem jetzt größe-ren räumlichen Zuschnitt, die aktiveBeteiligung der Zivilgesellschaft si-cherzustellen und dabei die notwen-dige Balance zwischen den verschie-denen Kräften nicht außer Acht zulassen.

Die Organisation der AktivRegio-nen Herr Thoben, Referatsleiter im Mini-sterium für Landwirtschaft, Umweltund ländliche Räume erläuterte unteranderem die Unterschiede zwischender „LAG“ (Lokale Aktionsgruppe)und dem eigentlichen Entschei-dungsgremium, das mit mindestens50% Wirtschafts- und Sozialpartnernbesetzt sein muss. Am Beispiel einerVereinsstruktur lassen sich die Unter-schiede erläutern. Ein Verein hatMitglieder. Dies sind hier möglichstviele Partner aus den nicht-kommu-nalen Bereichen, wie Vereine, Ver-bände, Institutionen und aktive Per-sönlichkeiten neben den kommuna-len Vertretern, die gemeinsam Ideen

AUS DER ARBEIT DERAKADEMIE FÜR DIE LÄNDLICHEN RÄUME

Die Zukunft der ländlichen Räume in den AktivRe-gionen mitgestalten: Aufruf an die Vereine, Verbän-de, Institutionen und alle Aktiven aus dem nicht-kommunalen Bereich

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und Konzepte entwickeln. Das Ent-scheidungsgremium der LAG ist mitdem gewählten Vorstand eines Ver-eins vergleichbar, der darüber be-schließt, welche Projekte und Maß-nahmen zum Zuge kommen. DasLAG-Management – schließlich – istals eine Geschäftstelle zu verstehen.

AktivRegion darf keine geschlosse-ne Gesellschaft sein„Bei uns kommt nichts an, wenn wirnicht aktiv sind; die Kommunen zie-hen ihre Projekte durch“, stellte Her-mann Röttgers vom Bauernverbandfest. Es werde den Bauern aber nichtleicht gemacht. Aus Zeitmangel stie-gen Landwirte oftmals aus langatmi-gen Prozessen aus und die Sitzungs-termine seien mit den Arbeitszeitenin der Landwirtschaft häufig nicht inEinklang zu bringen. Es sei zu ein-fach, eine Holschuld einzufordern,die Kommunen hätten auch eineBringeschuld. Ähnlich äußerte sichdie ehemalige Vorsitzende des Land-jugendverbands, Gesche Kern. Dasrecht komplizierte, formalisierte Ver-fahren und der hohe Zeitaufwandschreckten Jugendliche ab. Mit ihrerUnvoreingenommenheit können siefür die AktivRegion aber eine Berei-cherung sein. Nicht zuletzt müsste esden AktivRegionen angesichts desdemographischen Wandels um Le-bens- und Bleibeperspektiven für Ju-gendliche gehen. Marga Trede, Vize-Präsidentin des LandFrauenVerbandsSchleswig-Holstein e.V., hat mit derAktivRegion Holsteiner Auenland

schon erste Erfahrungen sammelnkönnen. Etwas Nachdruck musstendie Landfrauen ihrem Anliegenschon verleihen, nicht nur als Meiste-rinnen guter Bewirtung, sondern alsIdeengeberinnen und Projektträge-rinnen beteiligt zu werden. Kritischsehen die Landfrauen auch, dass siesich in die AktivRegionen über finan-zielle Beiträge „einkaufen“ müssen.Nachdem der Zuschnitt der AktivRe-gionen anders ausfällt als der für dieKreisverbände des Landfrauen- bzw.Bauernverbands wird es Fälle geben,in denen mehrere Mitgliedschafteneingegangen werden müssten. Fürdie viel lockerer und kleinteiligerstrukturierte Landjugend ist die Zah-lung von Beiträgen kaum vorstellbar.

Folgeveranstaltungen:Die Akademie für die ländlichenRäume wird die AktivRegionen wiebisher begleiten. Anknüpfend an dieEmpfehlungen aus unserer StudieMotivation und Qualifikation fürAufgaben in der ländlichen Regio-nalentwicklung sehen wir unserTätigkeitsfeld vor allem darin, denInformations- und Erfahrungsaus-tausch zwischen den AktivRegionenzu unterstützen sowie Hilfen undQualifizierungsangebote bereitzu-stellen. Nicht zuletzt müssen die re-gionalen Prozesse überschaubar blei-ben, wenn die aufgabenübergreifen-de Zusammenarbeit fruchtbar seinsoll.Welche Rechts- bzw. Organisati-onsform für eine AktivRegion in

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Betracht kommen kann, wird dieAkademie für die Ländlichen Räumein einer Sonder-Veranstaltung für dieAnsprechpartner der sich bildendenAktivRegionen am 6.11.2007 inHolzbunge behandeln. Die nächsteInformationsveranstaltung zu Ak-tivRegionen findet am 17.10.2007in Neumünster für alle Partner aus

dem sozialen, Kultur und Bildungs-bereich statt. (s. o. Termine) EineEinladung geht Ihnen schnellstmög-lich zu.

Andrea Weigert,Akademie für die Ländlichen RäumeSchleswig-Holsteins e.V.

In den Jahrzehnten nach dem zweitenWeltkrieg wurde in Schleswig-Hol-stein vor dem Hintergrund der Sied-lungsentwicklung und der Intensivie-rung der landwirtschaftlichen Pro-duktion ein dichtes ländliches Wege-netz aufgebaut. Seitdem unterliegtdieses Wegenetz erheblichen Verän-derungen, sowohl physisch vor Ort,als auch in der politischen und gesell-schaftlichen Bewertung, im Folgen-den seien einige Aspekte beispielhaftgenannt:

ã Die Anforderungen an die Wegehaben sich aufgrund der techni-schen Weiterentwicklung derlandwirtschaftlichen Produktionerheblich verändert. Gleichesgilt für die neuen – für das Tou-rismusland Schleswig-Holsteinwichtigen – Nutzungen wie Rei-ten, Radfahren und Wandern miteigenen Anforderungen an den Ausbaustandard der Wege.

ã Das Alter vieler Wege wirft dieFrage nach der Restnutzungs-dauer und bevorstehender Sanie-rungen incl. deren Finanzierungauf.

ã Die Unterhaltung der ländlichenWege obliegt dem Straßenbau-lastträger und damit im ländli-chen Raum häufig den Kommu-nen. Eine gute fachliche Praxis in der Wegeunterhaltung u.a. zurVermeidung von hohen Folge-kosten ist dabei nicht flächen-deckend gegeben. MangelndeKenntnisse und/oder fehlende fi-nanzielle Spielräume können hierfür ursächlich sein. Auch ei-ne übergeordnete koordinieren-de Struktur ist nur in manchenRegionen vorhanden, z.B. in denKreisen Steinburg und Nord-friesland.

ã Der Bericht des Landesrech-nungshofes aus dem Jahre 2006kritisiert in einigen Punkten

„Wege mit Aussichten“ aufzuzeigen ist Ziel dergleichnamigen Studie zum ländlichen Wegebau inSchleswig-Holstein

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ã die bisherige Förderpraxis desLandes im ländlichen Wegebau.

ã Bei der Neuaufstellung des Zu-kunftsprogramms LändlicherRaum im Zuge von ELER wur-den die für diesen Bereich zurVerfügung stehenden Mittel ex-trem reduziert.

Vor diesem Hintergrund haben sichdie Akademie für die LändlichenRäume Schleswig-Holsteins e.V.(Federführung), der Gemeindetagund der Bauernverband entschie-den, eine Studie in Auftrag zu geben.Ziel der Studie ist die Erarbeitungund Beschreibung einer zukunfts-fähigen Wegeunterhaltung und We-geerhaltung unter den Gesichtspunk-ten Kosten und Finanzierung, orga-nisatorische Strukturen, Bewertungund Prioritätenfestlegung für wege-bauliche Maßnahmen. Bei der Lö-sungsfindung stehen die Ausgangssi-tuation in Schleswig-Holstein unddie Übertragbarkeit und die Reali-sierbarkeit der idealtypischen Formim Mittelpunkt. Nach einem Ausschreibungsverfah-ren – Freihändige Vergabe in Anleh-nung an die VOF mit öffentlicher Be-kanntmachung und Teilnahmewett-bewerb – wurde der Auftrag Ende Ju-li vergeben. Projekt begleitend tätigwird der von der Akademie für dieLändlichen Räume koordinierte undseit ca. 1,5 Jahren existierende,gleichnamige Arbeitskreis „Wege mitAussichten“, dem folgende Personenangehören:

• Kuno Neubauer (Ministerium fürLandwirtschaft, Umwelt undländliche Räume, MLUR)

• Hermann-Josef Thoben (MLUR)• Peter Jensen-Nissen

(Bauernverband)• Bernd Pieper

(Kreis Nordfriesland)• Arne Loeper (Ministerium für

Wissenschaft, Wirtschaft undVerkehr)

• Thorsten Grap (Kreis Steinburg)• Sönke Hauschild (Bauern-

verband Schleswig-Holstein)• Hartmut Ruge (Wegeunter-

haltungsverband Steinburg)• Peter König (Amt für ländliche

Räume, Husum)• Helmer Otto (Gemeindetag

Schleswig-Holstein)• Hans-Werner Berlau (Gemeinde-

tag Schleswig-Holstein)• Torsten Sommer (Akademie für

die Ländlichen RäumeSchleswig-Holsteins e.V.)

Die Studie wird Anfang 2008 fertiggestellt. Um den Praxisbezug sicher-zustellen, sind im Rahmen der Studieu.a. die konkrete und beispielhafteBearbeitung des Themas anhandvon 3 Gemeinden im ländlichenRaum und die Entwicklung einesHandlungsleitfadens vorgesehen.Auch die Mitglieder des Arbeitskrei-ses, die vielfältige und unterschiedli-che Bezüge zum Thema LändlicherWegebau haben, versuchen in diesemSinne zum Gelingen der Studie bei-zutragen.

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Nach Festlegung von bestimmtenKriterien, wie z.B. Unterschiedlich-keit der geologischen Untergründe(Marsch, Geest, östliches Hügelland)und möglichst gute Datengrundlage,wurden nach Rücksprache mit denBürgermeistern bzw. der Amtsver-waltung inzwischen folgende 3 Bei-spielgemeinden ausgewählt:

• Gemeinde Welt(Kreis Nordfriesland)

• Gemeinde Gribbohm(Kreis Steinburg)

• Gemeinde Lehmkuhlen(Kreis Plön)

Neben der offenen und klaren Benen-nung der Defizite und Herausforde-rungen wünscht sich der Arbeitskreis,dass die Ergebnisse der Studie dembewusst gewählten Titel gerecht wer-den und Wege mit Aussichten aufzei-gen.

Torsten Sommer, Akademie für dieLändlichen Räume Schleswig-Hol-steins e.V.

Die Akademie für die LändlichenRäume sorgte mit den Angebotenvon „Europe Direct", einem EU-Quiz und Sonderinformationstagenzu der Initiative AktivRegion unddem Thema MarktTreff für ein zahl-reiches, bunt gemischtes und interes-siertes Publikum: Schülergruppenwurde die EU näher gebracht, Fach-besucher/innen diskutierten über„AktivRegion“ und Bürgermeisterinformierten sich über den aktuellenEntwicklungsstand der bereits 23realisierten MarktTreffs im Lande. Mit über 70.000 Besuchern ist dieNORLA die wichtigste Landwirt-schafts- und Verbrauchermesse im

Norden. Mit dem schon traditionel-len Standplatz gleich neben dem desSchleswig-Holsteinischen Landtagswird die ALR von den Besuchern derMesse und den Vertreter/innen derLandespolitik unter ihnen gut wahr-genommen. Wir danken für diesefreundliche Unterstützung.

Andrea Weigert,Akademie für die Ländlichen RäumeSchleswig-Holsteins e.V.(unter Verwendung des Artikels Markt-Treff auf der Norla und dem Nahversor-gergipfel Oberösterreich,Rendsburg/Bad Zell MT 25.09.2007,www.markttreff-sh.de)

Akademie für die Ländlichen Räume und EUROPEDIRECT wieder auf der NORLA in Rendsburg präsent

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Besuch des Europaausschussesim EUROPE DIRECT NeumünsterEnde April hielt der Europaaus-schuss des Schleswig-Holsteini-schen Landtages eine Sitzung imEUROPE DIRECT-Informationsre-lais in Neumünster ab.

Im ersten Teil ließen sich die Abge-ordneten über die Arbeit der Infor-mationsstelle der EuropäischenKommission unterrichten und be-staunten die vielfältigen Ausstel-lungsmedien, die die Kommissionfür öffentliche Auftritte zur Verfü-gung stellt. Den zweiten Teil be-stimmte ein Gespräch mit Schülernder Holstenschule Neumünster.Die Leiterin des Relais zeigte dieBandbreite der Aktivitäten, wie z.B.Teilnahme an Messen und Großver-anstaltungen, Informationstage, Po-diumsdiskussionen und Seminareauf, mit denen die Bürger/innen imbesten Sinne des Plan D der EU-Kommission (Demokratie, Diskus-sion, Dialog) direkt erreicht werdenkönnen. Dabei wird das Thema Eu-ropa zwangsläufig auch immer stär-ker mit den Veranstaltungen der Trä-gerorganisation, Akademie für dieLändlichen Räume, verknüpft, wo-durch insbesondere der ländlichenBevölkerung Schleswig-Holsteins

die Chancen und Herausforderungender europäischen Politik nahe ge-bracht werden. Aufhänger sind aktu-elle Themenstellungen wie innovati-ve Energiekonzepte für Regionen,die Wasserrahmenrichtlinie, Natura2000 und die Umsetzung der EU-Strukturfonds in Schleswig-Hol-stein. Hervorzuheben ist darüberhinaus die Diskussion um die auchim deutschen Grundgesetz veranker-te Gleichwertigkeit der Lebensver-hältnisse in Stadt und Land, die nichtnur in Schleswig-Holstein, sondernausgehend von der Erklärung vonCork 1996 auch ein sehr europäi-sches Thema ist. Die Landesregie-rung hat diesem Anliegen kürzlichmit einem Kabinettsbeschluss überdie „Politik für die ländlichen Räu-me Schleswig-Holsteins“ Rechnunggetragen.

Zum 2. Teil der Sitzung hatte dasEUROPE DIRECT Schüler/innendes Leistungskurses WiSo der Hol-stenschule Neumünster und ihrenLehrer eingeladen. Gut anderthalbStunden nahmen sich die Parlamen-tarier Zeit, mit den Schülern überden gemeinsamen Markt sowie dieProbleme und Chancen für den

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Arbeitsmarkt zu diskutieren. Vor al-lem der Zustrom auch von höherqualifizierten Mitbewerbern aus denneuen Beitrittsländern auf den hei-mischen Arbeitsmarkt wurde vonden Schülern mit gemischten Ge-fühlen gesehen. Die Politiker mein-ten dagegen, die Harmonisierungder Sozial- und Steuersysteme helfelangfristig, Lohndumping zu verhin-dern und neue Märkte zu er-schließen. Einig war man sich, dassdie Europäische Union auch neue

Arbeitsfelder in Schleswig-Holstein,z.B. in der Meeresforschung, inTransport und Logistik, hervor-bringt. Fremdsprachenkenntnisse,Flexibilität und auch Auslandserfah-rungen seien die besten Vorausset-zungen für eine erfolgreiche Jobsu-che.

Andrea Weigert, Leiterin des EUROPE DIRECT –Forum für ländliche EntwicklungSchleswig-Holstein, Neumünster

Der Europaausschuss des schleswig-holsteinischen Landtages und ein Kursder Holstenschule Neumünster zu Gast bei der Akademie für die LändlichenRäume und des EuropeDirect.

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EU drängt auf stärkere Investitionen in die JugendNicht genug Jobs für junge Leute und gleichzeitig nicht genug Kandidatenfür freie Stellen – die EU will dieser paradoxen Lage ein Ende bereiten undbetont, dass es für jeden einen Platz in der Gesellschaft geben müsse.

Die Zahlen sprechen eine deutlicheSprache. Mehr als jede(r) zehnte 25-29-Jährige ist arbeitslos – 10 % inDänemark, Irland und den Nieder-landen, über 25 % in Finnland, Polenund der Slowakei. In Europa geht je-der vierte Jugendliche vorzeitig vonder Schule ab. Dabei finden niedrigQualifizierte schwerer einen Job,und die Laufbahnaussichten sind un-gewiss. 2006 waren fast 40 % allerArbeitslosen in der EU zwischen 15und 29 Jahren alt.Zum Beginn des neuen Schuljahresempfiehlt die EU in einer neuen Mit-teilung, stärker in die Jugend Euro-pas zu investieren – nur so könne einUmschwung bewirkt werden. Fami-lien, Lehrer und Arbeitgeber, allemüssen einbezogen werden. Undauch die EU-Mitgliedstaaten müs-sen einen Beitrag leisten. Sie werdendringend aufgefordert, alles zu tun,um die Zahl der Schulabbrecher zuverringern, die Beschäftigungsaus-sichten der Schulabgänger zu ver-bessern und stärkere Bindungenzwischen Unternehmen und Schulenzu schaffen.

Auf europäischer Ebene wurden bis-her drei Initiativen angekündigt. Inder letzten Septemberwoche fandenin ganz Europa Jobtage statt, die Ar-

beitssuchende in Europa motivierensollten, sich auch einmal in anderenLändern der Gemeinschaft nach Ar-beitsplätzen umzusehen. Am 29.September ist der Hauptsitz der EUin Brüssel Schauplatz der größtenVeranstaltung.EURES unterstützt diese Ziele undbietet 50 Europäern die Möglichkeitim Ausland zu arbeiten. Wenn SieInteresse haben, können Sie sichzwischen dem 24. September unddem 15. Oktober bewerben. DieseAktion richtet sich nur an Personen,die nie zuvor im Ausland gearbeitet,studiert oder ein Praktikum abgelei-stet haben. Die 50 jungen Leute wer-den in Blogs und mittels Webcamsüber ihre Erfahrungen bei der Ar-beitssuche und am Arbeitsplatz be-richten.Die dritte Initiative hat eine Ver-schärfung der Vorschriften für Prak-tika zum Ziel. Ursprünglich alsSprungbrett in die Arbeitswelt ge-dacht, können Praktika für manchezu einem Dauerzustand werden. Beizahlreichen Bewerbern um wenigeStellen kann das System leicht mis-sbraucht werden: Manche Prakti-kanten leisten unbezahlte Arbeit undnehmen dadurch anderen Arbeitssu-chenden unfreiwillig die Chance aufeinen festen Arbeitsplatz. Um diesen

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Problemen zu begegnen, plant dieEU, im nächsten Jahr eine europäi-sche Qualitätscharta für Praktika zuveröffentlichen.Das im Jahr 2000 festgelegte Ziel,die Jugendarbeitslosigkeit in ganzEuropa bis 2010 auf 10% zudrücken, ist noch lange nicht er-reicht. Zusammen mit diesen dreiInitiativen sendet die EU ein deutli-ches Signal an ihre Mitgliedstaaten

und die Unternehmen, dass sich alleverstärkt um die Lösung dieses Pro-blems bemühen müssen.

Weitere Informationen über EURESund das Europäische Jugendportalim Internet: http://europa.eu.int/eures/http://europa.eu/youth/index.cfm?l_id=de

Unterstützung kultureller EinrichtungenDie EU-Kommission ruft zur Einrei-chung von Vorschlägen auf. Einrich-tungen ohne Erwerbszweck, die imkulturellen Bereich tätig sind, kön-nen sich um Betriebskostenzuschüs-se bewerben oder Partnerschaftsab-kommen mit der Kommission ab-schließen. Förderfähig sind zumBeispiel kulturelle Botschaften,Netzwerke oder Organisationen von

Festivals. Insgesamt stehen für alleKategorien für das Jahr 2008 minde-stens fünf Millionen Euro zur Verfü-gung.Frist: 5. November 2007

Weitere Informationen àhttp://eacea.cec.eu.int/culture/calls2007/strand_2/index_en.htm

Direkter Draht zu EU-Kommissaren über dasInternetWer kennt es nicht – das Bild vomprivilegierten Beamten, der in sei-nem Elfenbeinturm eine unverständ-liche Vorschrift nach der anderen er-sinnt. Um diesem Vorurteil zu be-gegnen, schreiben immer mehr EU-Kommissare eigene Blogs, in denensie ihre Ansichten zu den verschie-densten Dingen mitteilen – von derSenkung der Roaminggebühren inder EU bis hin zur Reform der Sub-ventionen für Wein. Ein paar Bei-

spiele: Agrarkommissarin MariannFischer-Boel diskutiert aktuell überden Einfluss des Energiepflanzenan-baus auf die steigenden Lebensmit-telpreise. Margot Wallström meldetsich mit Buchempfehlungen ausdem Urlaub zurück und setzt sichgleich mit Bloggern auseinander,die sich über Dumpingpreise unddie chinesische Handelspolitik em-pören. Vladimir Spidla, derKommissar für Chancengleichheit,

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schildert seinen Besuch in einemPotsdamer Jugendgefängnis. UndForschungskommissar Janez Potoc-nik berichtet über ein Forschungs-projekt mit Lederschildkröten. Log-

gen Sie sich ein – Sie können denKommissaren direkt Ihre Meinungsagen!

à http://blogs.ec.europa.eu/

Ausschreibung: Jugend in AktionIm Rahmen des Programms „Jugendin Aktion“ fördert die EU-Kommis-sion Einrichtungen, die auf europäi-scher Ebene im Jugendbereich tätigsind. Nichtregierungsorganisationenkönnen sich um jährliche Betriebs-kostenzuschüsse oder um ein drei-jähriges Partnerschaftsabkommenbewerbe. Die Zuschüsse können ge-währt werden, wenn sich Organisa-

tionen aus mindestens acht Ländernzusammengeschlossen haben. Fürden Abschluss eines Partnerschafts-abkommens müssen es mindestenszwölf sein.

Frist: 31. Oktober 2007Weitere Informationen: à http://eacea.ec.europa.eu/index.htm

Chance Europa 2020Das Jahr 2007 ist das europäischeJahr der Chancengleichheit für alle.Welche Chancen aber eröffnet Euro-pa den Jugendlichen? Chance Euro-pa 2020 will dieser Frage nachgehenund veranstaltet dazu einen Online-Kreativ-Wettbewerb für Jugendlichezwischen 26 und 22 Jahren. Sechsverschiedene Themen – von „lokalerPartizipation“ bis hin zum „lebens-langen Lernen“ – stehen zur Diskus-sion. Die Gewinner nehmen am Eu-ropäischen Zukunftskongress inBerlin teil. Hier werden 120 Jugend-

lichen aus ganz Europa mit Hilfevon Medienmachern professionelleBeiträge in unterschiedlichen Me-dienformaten erarbeiten. Das Kin-der-, Familien- und JugendzentrumBerlin und das Institut für prospekti-ve Analysen organisieren den Wett-bewerb. Gefördert wir das Projektmit Mitteln des EU-Programms „Ju-gend in Aktion“.

Frist: 31. Oktober 2007Weitere Informationen: àwww.europa-2020.eu

Die EU-Bürgerberaterin inDeutschlandAnerkennung von Berufsabschlüs-

sen und Diplomen, Arbeiten in ei-nem EU-Mitgliedstaat oder sozialeSicherheit im EU-Ausland: Welche

Bürgerrechte in der EU

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Rechte Sie als Bürger/in der Eu-ropäischen Union haben, sagt Ihnendie Bürgerberaterein der EU-Kom-missionsvertretung, Claudia Keller,in ihren Bürgersprechstunden. Regelmäßige Sprechstunden findenimmer freitags, von 9:00 Uhr bis16:30 Uhr in der Vertretung der Eu-ropäischen Kommission in Berlinstatt.

Sie können die RechtsanwältinClaudia Keller aber auch per Tele-fon, E-Mail oder schriftlich kontak-tieren. Für eine persönliche Bera-tung ist eine Anmeldung erforder-lich. Bitte geben Sie bei Anfragenstets Namen, Adresse, Telefonnum-mer und, falls vorhanden, Ihre E-Mail-Adresse oder Faxnummer an.Die Informationen und Rechtsaus-künfte rund um Fragen zur Anwen-dung des Gemeinschaftsrechts sindkostenlos.

Im ersten Halbjahr 2008 werden wirFrau Keller in unsere neuen Räumein Flintbek einladen. Sie wird Ihnendann für eine persönliche Rechtbera-tung zur Verfügung stehen. Auf dengenauen Termin weisen wir recht-zeitig hin.Adresse der Bürgerberaterin Claudia KellerEuropäische Kommission,Vertretung in DeutschlandUnter den Linden 78, 10117 BerlinTel.: 030/2280-2450 (nur freitags), Fax: 030/2280-2880E-Mail:[email protected]

Der Europäische Bürgerbeauf-tragte

Beschwerden über Missstände in derVerwaltungstätigkeit der Organe undInstitutionen der Europäischen Uni-on untersucht der Europäische Bür-gerbeauftragte. Er ist unabhängigund unparteiisch. P. Nikifros Dia-mandouros wurde vom Europäi-schen Parlament gewählt und ist seitApril 2003 im Amt. Der Europäische Bürgerbeauftragtekann solche Beschwerden behan-deln, die sich um Missstände drehen,in denen eine europäische Einrich-tung nicht gesetzmäßig handelt, diePrinzipien der guten Verwaltungs-praxis nicht einhält oder Menschen-recht verletzt. Beispiele wären: Un-regelmäßigkeiten in der Verwal-tung, Unfairness, Diskriminierung,Machtmissbrauch, Nichtbeantwor-tung von Schreiben, Verweigern vonInformationen, unnötige Verzöge-rung.

Adresse des Europäischen Bür-gerbeauftragten

Der Europäische Bürgerbeauftragte1 Avenue du PrésidentRobert SchumanB.P.403, FR-67001Strasbourg CedexTel.: +33 3 88 17 23 13,Fax: +33 3 88 17 90 [email protected]://www.ombudsman.europa.eu

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EUROPE DIRECTauf der NordBau in NeumünsterErstmals standen auf der FachmesseNordBau in Neumünster auch eu-ropäische Verbraucherfragen imMittelpunkt, über die auf einem Eu-ropa-Info-Stand gezielt informiertwurde. Koordiniert von Frau Kno-the, Mitarbeiterin im Europaministe-rium, hatten sich die beiden EURO-PE DIRECT –Informationsstellen inKiel und Neumünster, das EIC (Eu-roInfoCentre), das evz (Europäi-sches Verbraucherzentrum) und eu-rodesk, alle in Kiel, zusammenge-funden und präsentierten sich auf ei-nem gemeinsamen Messestand. DieVertretung der Europäischen Kom-

mission in Berlin leistete freundlichefinanzielle Unterstützung.

Schleswig-Holsteins Europa-Mini-ster Uwe Döring: „Europa undNordBau passen zusammen. In Eu-ropa werden große Märkte geöffnet,auf denen unsere Bauwirtschaftpunkten kann. Europa bietet zahlrei-che zahlungskräftige Auftraggeber.“77.100 Besucher lockte die Hoch-und Tiefbaumesse vom 13. bis 18.September in Neumünster an. Mit934 Ausstellern aus 18 Ländern auf65. 000 qm Fläche war die 52. Nord-Bau komplett ausgebucht.

Im Gespräch mit den beiden EUROPE DIRECT-Informationsrelais am Ge-meinschaftsstand Europa: der Leiter der Europaabteilung im Ministeriumfür Arbeit, Justiz und Europa, Theo Augustin

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Bei der Eröffnung anwesend warauch Claudia Keller, die Bürgerbera-terin der EU in Deutschland, dieanschließend am Europa-Messe-stand Interessierten für Fragen zurVerfügung stand. (Näheres zur EUBürgerberaterin siehe oben) Diehäufigsten Fragen der Besucherdrehten sich um Fördermöglichkei-ten sowie Arbeiten, Studieren, Prak-

tika und Schüleraustausche in einemanderen Land der EU.

Andrea Weigert,Leiterin der EUROPE DIRECT-In-formationsstelle Neumünster, unterVerwendung von Auszügen aus:Pressemitteilung NordBau 06/2007 -18. September 2007 TP

Wir brauchen Ihre Mitarbeit!Ein interessantes Mitgliederheft lebtvom Engagement seiner Leserschaft.

Bitte senden Sie uns Berichte, Informationenund Hinweise aus Ihrer Arbeit,

die auch anderen Mitgliedern Anregungengeben könnten.

Leserbriefe nehmen wir ebenfalls gern entgegen.Der Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe

ist der 30. November 2007.

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L I TERATURT IPPSNeuer Newsletter für das ELER-Netzwerk

Aus der Deutschen Vernetzungsstel-le LEADER+ wird im Jahr 2008 dieDeutsche Vernetzungsstelle Ländli-che Räume hervorgehen. Die ersteAusgabe des damit verbundenenneuen Nachrichtenblattes „landaktu-ell“ ist bereits jetzt erschienen. DerNewsletter bietet in der jetzigen EU-Förderperiode von 2007-2013 Infor-mationen rund um die ländliche Ent-wicklung. Gerne aufgenommen wer-den daher Inhalte und Angebote ausSchleswig-Holstein. Auf der Internetseite noch unter der

Vorgängeradresse finden Sie „land-aktuell“ und können sich in eineAbonnentenliste eintragen:www.leaderplus.de/euinfo

Bezugsadresse:Deutsche Vernetzungsstelle LEA-DER in der Bun-desanstalt für Land-wirtschaft und Ernährung,Frau Anja Rath,Deichmanns Aue 29, 53179 Bonn,Telefon: +49 (0)228 6845-3435, Fax: +49 (0)228 6845-3361, E-Mail:[email protected] /[email protected]

LEADER Forum – Bioenergie für die Region

Die neue Aufgabe des MagazinsLEADER-forum ist da. Herausgeberist das deutsche Koordinierungsbürofür die EU-Initiative LEADER, dieseit 1991 innovative Aktionen fürden ländlichen Raum fördert. DasThema des aktuellen Magazins lau-tet: „Bioenergie für die Region“. DieAbhängigkeit von teuren Öl- undGasimporten und wiederkehrendeNaturkatastrophen lassen das Inter-esse an alternativen Energien stei-gen. Aber wie sinnvoll ist Bioener-gie in Deutschland? Wie gut ist derAnbau der Pflanzen zur Erzeugung

von Energie mit dem Naturschutzvereinbar? Weiter Themen sind Ju-gend musiziert, Naturschutz und Li-fe+, das EU-Programm zur Finan-zierung der gemeinschaftlichen Um-weltziele.

Bezugsquelle: Deutsche Vernet-zungsstelle LEADER+ in der Bun-desanstalt für Landwirtschaft undErnährung, Deichmanns Aue 29,53179 Bonn, Tel.: 0228 6845-3459,Fax: 0228 6845-3391,E-Mail: [email protected],Website: www.leaderplus.de

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Der neue Europa-Oeckl liegt vorOECKL. Taschenbuch des Öffentli-chen Lebens. Europa und internatio-nale Zusammenschlüsse 2007/2008.Festland-Verlag Bonn. Preis 97,80 €

Die EU ist größer geworden, neueKommissare kommen hinzu, 53neue Abgeordnete aus Rumänienund Bulgarien zogen in das Europäi-sche Parlament ein. In zehn Mit-gliedstaaten wurden die Parlamenteneu gewählt. Der neue OECKL –Europa 2007/2008 nennt alle Na-men. Auf rund 1700 Seiten steht un-

ter anderem, wer für die neuen Eu-ropäischen Förderprogramme zu-ständig ist, wie das InternationaleNetzwerk der „Straßenzeitungen“ zuerreichen ist (in Glasgow), welcheTelefonnummer der Dachverband„Opera Europa“ hat und wer die EUin Zentralasien vertritt. 20.700 An-sprechpartner bei 10.000 europäi-schen und internationalen Organisa-tionen – seit August ist die 12. Auf-lage des unentbehrlichen Ratgebersfür alle Europa-Interessierten imHandel.

Alles im Blick – Meine GesundheitDie neue Veröffentlichung „Alles imBlick – Meine Gesundheit“ der Bun-desarbeitsgemeinschaft der Senio-ren-Organisationen e.V. (BAGSO)sorgt für Ordnung in den Gesund-heitsunterlagen. Der Ordner ermög-licht es, sich einen Überblick überdie eigenen Gesundheitsunterlagenzu verschaffen und diese strukturiertabzulegen. Darüber hinaus bietet erHintergrundinformationen zu häufi-gen Krankheitsbildern und Vorsor-gemöglichkeiten. Außerdem gibt erVorlagen z.B. für Betreuungs- undPatientenverfügungen an die Hand.Die BAGSO Service Gesellschafthat im Auftrag der BAGSO die Ge-

sundheitsmappe gemeinsam mit Ex-pertinnen und Experten aus Senio-ren- und Patientenorganisationenund mit Ärzten, Apothekern, Juri-sten, Arzneimittelherstellern undVertretern der Krankenkassen erar-beitet. Sie kann ab Oktober gegen ei-ne Schutzgebühr von 8 ? zuzüglichVersandkosten bei der BAGSO Ser-vice Gesellschaft bezogen werden.

Bezugsquelle: BAGSO Service Ge-sellschaft, Frau Stefanie Chowaniec,Wahlfelder Mühle 2, 53639 Königs-winter, Tel.: 0 22 44 / 87 81 48 13,Fax: 0 22 44 / 87 81 48 40, E-Mail:[email protected]

Veranstaltungsdokumentationen der Akademie für die LändlichenRäume Schleswig-Holsteins e.V. :Die Dokumentationen verschiedenerVeranstaltungen seit Oktober 2005finden Sie im Internet unter

www.alr-sh.de in der „Infothek“zum Herunterladen.

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TEXTE

Das Wort „Landflucht“ ist in denAlltagssprachgebrauch eingegangenund meint die „mit Urbanisierungsowie Industrialisierung verbundenemassenhafte Abwanderung derLandbevölkerung in die größerenGemeinden und Städte“. Wer in derStadt lebt, kennt viele Mitbewohner,die aus dem kleinen Ort X, Y oder Zstammen; also scheint es die Land-flucht zu geben. Wer offenen Augesüber das Land fährt, sieht auch inden kleinsten Orten am Rande dieNeubauten; ist das nur innerörtlicherUmzug? In der amtlichen Statistikseit 1871, dem Beginn der Zentral-statistik in Deutschland, finden wiretwa 100 Jahre lang ein langsames,aber stetiges Ansteigen der Bevölke-rung in allen Gemeindegrößenklas-sen, aber seit etwa 1970 ein starkesWachsen der Bevölkerung in den

großen Gemeinden und ein starkesSchrumpfen in den Gemeinden mitweniger als 2000 Einwohnern. DieStatistik sagt aber nicht, ob das viel-leicht an der damals überall durch-geführten kommunalen Territorial-reform gelegen hat, so dass es viel-leicht nur eine statistische Migrationwar.

Man muss die Landflucht keines-wegs aus den Gründen als nachteiligbetrachten, aus denen Constantinvon Dietze sie zu Zeiten der Volks-tums-Ideen mit ihren Werturteilenfür bedrohlich hielt. Auch heutereicht der Hinweis auf eine statt-findende oder drohende Landfluchtinsbesondere vielen Interessenver-bänden für die Forderung nach poli-tischen Gegenmaßnahmen. Mansieht die gesamtgesellschaftlichen

Günter Endruweit, Carmen Gerloff und Fabian Rebitzer:

Lebenschancen im ländlichen RaumEine Probeuntersuchung über Bevölkerungsentwicklung und Arbeitsmög-lichkeiten im ländlichen Raum Schleswig-Holsteins (um die enthaltenen Tabellen und deren Erläuterung sowie Fußnoten gekürz-te Fassung)

Prof. Dr. Günter Endruweit (Bearbeiter von Abschnitt 1, 2 und 4) war bis2004 Direktor des Instituts für Soziologie der Christian-Albrechts-Univer-sität in Kiel, Carmen Gerloff und Fabian Rebitzer (Abschnitt 3 und 4) sinddort wissenschaftliche Hilfskräfte.

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Funktionen des ländlichen Raumesdurch die Abwanderung gefährdetund damit die gesamte Gesellschaftbedroht.

Wir haben uns daher Ende 2003 ent-schlossen, einmal für einen konkre-ten Raum und für die neueste Zeit zuüberprüfen, wie es sich mit derLandflucht verhält. Ohne jeglicheFinanzierung konnte es nur eine Un-tersuchung mit vorhandenen Datensein, eine eigene empirische Unter-suchung war nicht möglich. Deshalbwurde es nur eine Probeuntersu-chung, also eine ohne gültige Ergeb-nisse. Der Weg dorthin soll hier be-schrieben werden.

1. Gesamtgesellschaftliche Funk-tionen des ländlichen Raumes

Politik zugunsten des ländlichenRaumes wird unabweisbar, wenndieser gesamtgesellschaftlicheFunktionen erfüllt, die andersschwer oder nicht erfüllt werdenkönnen und die wichtig erscheinen.

1.1 Vier herkömmliche Funktio-nen

Einige gesamtgesellschaftlicheFunktionen des ländlichen Raumessind seit langem anerkannt. Dazugehören vor allem die folgendenvier.

Die Wohnfunktion ist wohl die älte-ste. Seit die Verstädterung aber sostark zunimmt, also etwa seit Mitte

des 19. Jahrhunderts, ist das Wohnenauf dem Lande auch eine Entlastungder Städte. Selbst wenn in Deutsch-land längst nicht die Bebauungs-dichte ostasiatischer Städte erreichtist, werden weitere Zuwanderer oftzur Last, nicht nur wegen des Ärgersüber zu viel Gedrängel, sondernauch wegen der Kosten für Infra-struktureinrichtungen, (groß-) stadt-typischer Kriminalität, wachsenderKatastrophenanfälligkeit und einesungeheuren „Landverbrauchs“ (dereigentlich nur eine Umnutzung ist),der überwiegend auf das Konto derStädte ging und von 1950 bis 1978etwa 0,8 Mio. ha betrug, d.h. eineZunahme der Überbauung von Bo-den um 51 % bei einem Bevölke-rungszuwachs von 19 %. Nicht imeigentlichen Sinne zur Wohnfunkti-on zu gehören scheint dagegen dieBereitstellung von billigem Baulandfür großstadtmüde „Aussiedler“;denn sie hatten ihre Wohnfunktionbereits in der Stadt erfüllt, sie suchennun nur eine Verbesserung. Sie su-chen die ideale Wohnlage dort, wodie Vorteile städtischer und ländli-cher Wohnlagen vorhanden und dieNachteil beider abwesend sind. Da-zu heißt es mit Recht: „Ein solchesIdeal ist wirklichkeitsfremd“.

Die (Agrar-)Produktionsfunktionspielte in Zeiten dauernder weltpoli-tischer Alarmbereitschaft eine be-sondere Rolle. Der „Selbstversor-gungsgrad“ bei wichtigen Lebens-mitteln war ein wichtiges Datum der

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Verteidigungsfähigkeit und damitder Überlebenschancen. Seit derGlobalisierung auch des Lebensmit-telmarktes ist dieses Datum eher einSorgenfaktor in der Subventionsdis-kussion und damit nicht mehr sosehr ein Plus in den gesamtgesell-schaftlichen Funktionen des ländli-chen Raumes. Indessen kann dasSchwinden der Bedeutung vonAgrarproduktionen auf dem Landedurch die Ermöglichung von Dienst-leistung leicht aufgewogen werden.So wie die Dienstleistung die Indu-strie als bedeutendsten Wirtschafts-faktor abgelöst hat und das Büro dieFabrik als wichtigsten Arbeitsplatz,so hat auch die Charta von Athen ih-re Bedeutung verloren, die Stadt-planerdoktrin von der räumlichenTrennung von Wohnung, Arbeiten,Handeln und Erholen. Dazu kam dieKommunikationselektronik, die al-lerlei Dienstleistungszusammenar-beit ohne räumliche Nähe ermög-licht. So kann man die früher ge-trennten Funktionen zusammen-führen und damit unproduktiven undumweltbelastenden Individualver-kehr verringern. Dadurch kann derländliche Raum mit neuen „Produk-tionen“ erheblich zur Entlastung derurbanen Gebiete beitragen.

Die Ökologiefunktion hat das Landim Wesentlichen zum Ausgleich fürdie von den Städten verursachtenBelastungen des Naturhaushalts. Dasind Lufterwärmung durch die ver-dichteten Siedlungsflächen abzu-

bauen, die Sauerstoffbilanz zu ver-bessern, Trinkwasservorräte bereit-zuhalten, Regenwasserüberschüsseaufzunehmen und Luftaustausch zuermöglichen. Auf technischem We-ge lässt sich da wenig machen undbillig bestimmt nicht. Wie notwen-dig diese Funktion ist, sieht manschon daran, dass oft zwischenGroßstadtvierteln oder sogar inner-halb von dicht bebauten Zonen nochvorhandene Grünstreifen durchFlächennutzungs- oder Bebauungs-pläne baufrei gehalten werden, weilsie als Frischluftschleusen für dasKleinklima der Umgebung unerläss-lich scheinen. Der ländliche Raumist somit schon als biologischer Zwi-schenraum zwischen Agglomeratio-nen wichtig, zumal diese baulichweiterwachsen, auch wenn die Be-völkerung abnimmt.

Die zunehmende Versiegelung desBodens in den Siedlungsräumenstärkt die Erholungsfunktion desländlichen Raumes. Angesichts derBodenpreissituation und der öffent-lichen Haushalte wird die Freihal-tung von Grünflächen in Stadtgebie-ten immer schwieriger. Daher er-scheint der ländliche Raum für dieErholung, insbesondere auch dieFeierabend- und Wochenenderho-lung, immer wichtiger. Im Übrigenist Stadtpark nicht gleich Wald, as-phaltierter Radweg nicht gleich san-diger Feldweg, Vorstadtstraße nichtgleich Trampelpfad, ob für Spazier-gänger, Mountainbiker oder Jogger.

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Und die Camper treiben ihr Unwe-sen auch lieber am Rande eines Seesals eines Gewerbegebietes. Die Er-holungs- und die Ökologiefunktionder ländlichen Umgebung sind einwesentlicher Teil dessen, was dieStädter als die Lebensqualität ihresWohnortes zu bezeichnen pflegen.

1.2 Eine fünfte Funktion

Zu den eben erwähnten traditionel-len Funktionen des ländlichenRaumes müsste man mindestensnoch eine fünfte zählen, die Kultur-funktion. Genauer wäre sie Kultur-saatbeet-Funktion zu nennen. Dar-unter wäre die Funktion zu verste-hen, in einem - im Vergleich zurStadt – relativ hohen Maße Kinderund Jugendliche grundlegend inTeilbereiche der Kultur einzuführen,sie darin aktiv tätig werden zu lassenund sie nebenbei Einblick in andereLebensverhältnisse nehmen zu las-sen.

Das lässt sich an einem Beispiel auseinem Dorf im südlichen Schwarz-wald veranschaulichen, das aus fünfehemals selbstständigen Dörfernvon 300 bis 1.100 Einwohnern ge-bildet wurde, etwa 230 landwirt-schaftliche Erwerbstätige auf etwa100 Höfen (davon die Hälfte mitVollerwerb) und 1.100 nichtland-wirtschaftliche Beschäftigte hat.Außerdem hat es zwei Musikverei-ne, von denen einer die folgendenAktivitäten im Lauf eines Jahresverzeichnete: „44 Hauptproben und

41 Registerproben sowie die Durch-führung von elf Heimatabenden, ei-nem Frühjahrskonzert, musikali-scher Mitwirkung beim Jubiläumder Landjugend, dem Jubiläum derFeuerwehr, beim Walddorfer Trach-tenumzug, bei der Schulhauseinwei-hung, beim Verbandsmusikfest, beieinem Weihnachtskonzert, einemPreismaskenball, der musikalischenUmrahmung des Kinderfestes, desPatroziniums, des Weißen Sonntags,des Fronleichnamstages, des Volks-trauertages, des 70. Geburtstages desPfarrers sowie der Teilnahme an Ge-burtstagen und auch Beerdigungenvon Vereinsmitgliedern (mit demLied vom „guten Kameraden“), amFußballturnier, am Kameradschafts-abend.“

Dabei waren viele Jugendliche mitvon der Partie. Vereine ohne Jugend-arbeit haben ein kurzes Leben. Soheißt es denn in einem Bericht überden anderen Musikverein in Wald-dorf: „Die ‚jugendlichen Mitglieder’haben 89 Proben in Theorie undPraxis absolviert.“ Daneben widmensich intensiv der Jugend die kirchli-chen Vereine, Sportvereine, Feuer-wehr, Landjugend (eine „Stadtju-gend“ gibt es gar nicht), Rotes Kreuzund andere Gruppen.

Nun mag man einwenden, das Mei-ste davon und Anderes dazu gebees in der Stadt auch, und im ländli-chen Musikverein werde man niedas Niveau erreichen wie im Privat-unterricht beim Solotrompeter des

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Städtischen Sinfonieorchesters.Aber wie hoch ist der Anteil der Ju-gendlichen, die davon profitieren?Auf dem Lande ist es oft nötig, sichin einer oder zwei Vereinigungen zubetätigen, wenn man nicht am Randeder Gesellschaft stehen will. In derStadt ist man noch längst keinAußenseiter, wenn man außerhalbder Schule sich nur rezeptiv am Le-ben beteiligt; oft gibt es gar Grup-pen, die nur konsumtives Verhaltenzum Inhalt ihrer „Aktivitäten“ ge-wählt haben und denen Dabeisein,nicht etwa Mitmachen oder gar Ma-chen alles ist.

Zur Kultursaatbeet-Funktion desländlichen Raumes gehören auchdas frühe Kennenlernen und Beach-ten von Wertordnungen und Verhal-tensnormen sowie die frühe Be-kanntschaft mit (informeller) sozia-ler Kontrolle bei abweichendemVerhalten. Im Dorf sitzt immer je-mand hinter einer Gardine oderschaut aus dem Stallfenster, und daman sich kennt, sind Neuigkeitenüber jeden für alle interessant; des-halb kommen sie auch schnell her-um und führen zu unmittelbaren Re-aktionen. In der Stadt fangen die(dann nur formellen) Sanktionen zu-meist erst an, wenn die Polizei eineAkte anlegt. Die gibt es aber nur beiabweichendem Verhalten nachStGB, und das erfährt außer den Be-teiligten kaum jemand. Dann bleibtdieser wichtige Kulturbereichmanchmal lange unterentwickelt,

und erst das Jugendgericht muss ver-suchen, in letzter Minute den Sinnfür Werte und Normen zu wecken.

In diesem Sinne wirken auf demLande auch die einfacheren Kontak-te zu anderen Schichten, Milieus undLebensstilgruppen. Man brauchtsich in der eingangs zitierten Auf-zählung der Auftritte des Musikver-eins nur anzusehen, mit was für ver-schiedenen Gruppierungen und Le-benssituationen die Mitglieder imLaufe eines Jahres in Kontakt ka-men, um zu erahnen, dass Stadtbe-wohner und erst recht städtische Ju-gendliche nur einen engeren sozia-len Horizont haben können. SolcheSozialkontakte sind übrigens oftauch Auslöser von Aufstiegsstrebenund damit Leistungsbereitschaft.

Kulturprägend ist auch das ästheti-sche Erleben auf dem Lande, sofernes einigermaßen nachhaltig, etwaauf dem täglichen Schulweg stattfin-det und nicht nur beim Sonntags-ausflug drei Mal im Jahr. Ein Wald-rand ist etwas anderes als Beton imQuadrat, und das Rauschen in denBaumwipfeln ist etwas anderes alsdas Rauschen des Berufsverkehrs.Intensive Wahrnehmung der Lan-dästhetik weckt auch die Fähigkeitzur bewussteren Wahrnehmung vonStadtästhetik.

Solange die Landwirtschaft nochein bedeutsames Arbeitsplatzange-bot im ländlichen Raum hatte,

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leistete dieser auch einen wichtigenBeitrag zum Grundverständnis vontechnischer Kultur. Auf dem Bau-ernhof wurden viele Reparaturenselbst ausgeführt, und so mancheeinfallsreiche Lösung von techni-schen Problemen, etwa bei derFunktionserweiterung oder –verein-fachung von Maschinen, wurde vonLaien entwickelt, die aber die Wir-kungszusammenhänge durchschauthatten und so sich selbst zu helfengelernt hatten, wo andere schonlängst auf den Fachmann angewie-sen waren. Auch außerhalb derLandwirtschaft, etwa in der Nach-barschaftshilfe beim Häuserbau, hatdas Prinzip des Selbermachens aufdem Lande noch große Bedeutung.

Die Kultursaatbeet-Funktion desländlichen Raumes ist also einePflanzstätte für Kreativität, Soziabi-lität und Selbstständigkeit im Rah-men der Alltagskultur. Sie führtnicht zu Spitzenleistungen, hat abereine sonst kaum erreichte Breiten-wirkung.

1.3 Zusammenhänge zwischen denFunktionen

Es ist einleuchtend, dass die Wohn-funktion die Grundlage für die Er-füllung aller anderen Funktionen ist.Sie können nicht erfüllt werden,wenn niemand mehr da ist, der sieerfüllen kann. Insofern wäre Land-flucht in der Tat ein höchst bedrohli-cher Prozess, weil sie den ländlichen

Raum aller seiner Funktionen berau-ben würde.

Man könnte listig einwenden, we-nigstens die Ökologie-Funktion, unddamit dann auch die Erholungsfunk-tion, könne doch erfüllt werden,wenn der Mensch gar nicht da sei,der sie stören könnte. Indessen wäredas ein anderer ländlicher Raum alswir ihn seit Jahrhunderten gewöhntsind und wie er unserer Vorstellungentspricht. Es lässt sich nicht überse-hen, „dass für Mitteleuropa nicht dieunberührte Natur-, sondern die Kult-urlandschaft typisch ist“. Die schönebunte Wiese ist kein Wunder der Na-tur, sondern ein Werk des Bauern.Stellt er seine Arbeit ein, wird dieWiese zuerst schnell an Artenreich-tum verlieren, dann verbuschen undschließlich in einen ziemlich eintö-nigen Wald übergehen.

Land ohne Landbevölkerung ist alsonicht möglich, wenn Land nicht nurnegativ durch Mangel an Bebauungdefiniert sein soll.

Da aber die Landbevölkerung vonetwas leben muss und da die Land-wirtschaft (zusammen mit der Fi-scherei!) auch in Schleswig-Hol-stein nur noch weniger als 4 % derErwerbstätigen (im Jahr 2000)ernährt, müssen die meisten Landbe-wohner ihr Auskommen in anderenWirtschaftssektoren suchen. Wennhier kein größeres Angebot zu fin-den ist, gibt es Probleme insbeson-dere für die Jugend. Wenn es zu

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Arbeitslosigkeit kommt, kommtauch die Abwanderung, also eine Artvon Landflucht. Allerdings sind dieländlichen Räume nicht immer amstärksten von Arbeitslosigkeit be-troffen. So liegen die drei Landkrei-se unserer Untersuchung 2000 miteiner Arbeitslosenquote von 8,4 %in Schleswig-Flensburg, 8,8 % inNordfriesland und 10,3 % in Dith-marschen eher im oberen Bereichder Landkreise (Durchschnitt: 8,6%), aber erheblich unter der Quoteder kreisfreien Städte (alle über 12%). Ein Faktor, der die Bevölkerungtrotz hoher Arbeitslosenzahlen aufdem Lande hält, ist die Tatsache,dass ein großer Teil der Arbeitslosig-keit dort nur saisonale Arbeitslosig-keit ist, vor allem in Landwirtschaft,Baugewerbe und Touristik. Damithängt die Höhe der ländlichen Ar-beitslosigkeit stark davon ab, obman am 30.6. oder am 31.12. zählt.Wegen der reinen Quote an Arbeits-losigkeit gab es also wenig Grundzur Abwanderung. Allerdings mussdas Fehlen von Landbevölkerung imerwerbsfähigen Alter wohl doch mitder Arbeitsplatzsituation zusammen-hängen.

Als Lösung einer Differenz von Ein-wohnerzahl und Arbeitsplatzangebotwird häufig das Pendeln angeboten.Dadurch werden manche Bauern zuNebenerwerbslandwirten, wobeisehr oft es die Bäuerinnen sind, diedann den Hof im Wesentlichen be-wirtschaften, während die Männer

hauptsächlich nur am Wochenendedie körperlich schwere Arbeit ver-richten. Das kann auch in Schles-wig-Holstein oft zutreffen. Obwohles mit einer durchschnittlichen ho-hen Hofgröße aufwarten kann, gabes 1999 unter den 20.028 landwirt-schaftlichen Betrieben noch fast6.000 mit höchstens 10 ha LF. Unterihnen und unter den etwa 3.700 Be-trieben mit 10 bis 30 ha LF mögenmanche nur im Nebenerwerb bewirt-schaftet worden sein. Die Nebener-werbslandwirte können gerade fürdie Ökologie- und die Erholungs-funktion von Bedeutung sein, hiel-ten doch bei einer kleinen Befragungin Baden-Württemberg die meistenden Umwelt- und Naturschutz fürhöchst förderungswürdig, noch vorder Landwirtschaft! Allerdings istbei der Beurteilung solcher Mei-nungsbefragungen das Verhältniszwischen Einstellung und Handelnals relativierend zu beachten. DieseArt von eingesessenen Auspendlernund auch diejenigen, die keine Ne-benerwerbslandwirtschaft mehr be-treiben, aber über Verwandte amOrt noch mit der Landwirtschaft ver-bunden sind und in ihr oft bei Be-darf mithelfen, gehören zu demTeil der Bevölkerung des ländlichenRaumes, der außer der Wohnfunk-tion auch die anderen Funktionenwahrnehmen kann und es zumeisttut. Sie bleiben auch der bäuerlichenWertordnung verhaftet, über dieUntersuchungen aus den USA Er-staunliches berichten: Farmer mit

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deutschem Hintergrund halten Land-wirtschaft eher für eine Lebensweisemit der Verpflichtung zur Erhaltungdes Hofes für die folgenden Genera-tionen, während Farmer mit briti-schen Hintergrund ihren Hof eher alsUnternehmen sehen, das man ganznach betriebswirtschaftlichen Ge-sichtspunkten betreibt.

Andere Pendler aber haben nichtdiese Funktionalität für den ländli-chen Raum. Das sind die „Aussied-ler“ aus der Stadt, die wegen derWohnfunktion auf das Land gezogensind, aber weiter in der Stadt arbei-ten. Sie und die stadtmüden Rentnersind die größte Gruppe der Zuzüglerim Dorf. Sie interessieren sich sehrfür die Wohnfunktion, nicht für dieProduktionsfunktion und kaum fürdie drei anderen Funktionen. Für denländlichen Raum sind sie somit non-funktional bis dysfunktional. Wenneine ländliche Siedlung zu einemhohen Maße aus ihnen besteht, kannman durchaus fragen: „Hat ein sol-cher Ort überhaupt noch eine Bedeu-tung für Bauern, nimmt er seineBauern noch wahr, bzw. hat der Ortseine Bäuerlichkeit verloren? Sinddie Bauern selber noch bäuerlich?“Von dort aus ist es kein weiter Schrittzu der Frage: Ist das noch ländlicherRaum oder ist das – in Analogie zurverlängerten Werkbank – nur eineverlängerte Schlafstätte der Stadt?

1.4 Forschungshypothesen

Nach den bisher erörterten theoreti-

schen Überlegungen und Einzelda-ten lassen sich nun einige For-schungshypothesen aufstellen. Alssolche versteht man Vermutungenüber Wirklichkeit, von denen mannoch nicht weiß, ob sie richtig sindoder nicht. Weil sie keine Ergebnis-se, keine Erkenntnisse sind, sondernnur Vermutungen, können sie so for-muliert werden, dass etwas so sei,aber ebenso gut auch, dass etwasnicht so sei. Wie es wirklich ist, sollja erst durch die empirische Über-prüfung der Hypothese geklärt wer-den. Man könnte sich u.a. folgendeForschungshypothesen vorstellen:

(1) Die Bevölkerung im ländli-chen Raum nimmt ab, im städ-tischen Raum nimmt sie zu.

(2) Je mehr das Arbeitsplatzange-bot im ländlichen Raum sinkt,desto mehr Bevölkerung wan-dert ab.

(3) Je mehr die Bevölkerung imländlichen Raum aus Zugezo-genen aus der Stadt besteht, desto weniger erfüllt der länd-liche Raum seine Kulturfunk-tion.

(4) Durch Zunahme des Auspen-delns aus dem ländlichenRaum wird dessen Ökologie-funktion nicht beeinträchtigt.

(5) Je weniger Fläche im ländli-chen Raum landwirtschaftlichgenutzt wird, desto geringer wird die Erholungsfunktion.

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(6) Je weniger Arbeitsplätze es im ländlichen Raum gibt, destoweniger Ausbildungsplätzegibt es.

(7) Je mehr die Zahl der Ausbil-dungsplätze sinkt, desto mehr Jugendliche wandern nach Be-endigung der Schulzeit ab indie Stadt.

(8) Je weniger Arbeitsplätze es im ländlichen Raum gibt, destomehr können seine Funktio-nen nur durch Einkommen-stransfer an die eingesesseneBevölkerung aufrechterhaltenwerden.

Ähnliche Hypothesen ließen sichnoch in ansehnlicher Zahl aufstellen.Das würde hier aber nichts nützen.Denn wie schon die meisten deroben genannten könnten sie in unse-rer Untersuchung nicht überprüftwerden, weil sie eigene Datenerhe-bungen erfordern würden, für die ei-ne Universität keine eigenen Mittelhat. Wir mussten deshalb auf vor-handene amtliche Daten zurückgrei-fen, und die sind für die soziologi-sche Forschung nicht sehr zahlreich.

2. Die Abgrenzung des ländlichenRaums

Wenn man in die Fachliteraturschaut, stellt man fest, dass es garnicht so einfach ist, den ländlichenRaum vom nichtländlichen, alsowohl städtischen oder zumindestverstädterten zu unterscheiden. Im

Jahr 1970 wurde gesagt, „ländlicherRaum ist ein in der Raumplanungund Raumforschung gängiger Be-griff. Er ist jedoch heute weder ge-sellschaftspolitisch noch sozialöko-nomisch eindeutig zu fassen odervom städtischen, nichtländlichenRaum abzugrenzen.“ Vielmehr hatteschon die Volks- und Berufszählungvon 1950 gezeigt, „dass von den Ge-meinden mit weniger als 2.000 Ein-wohnern, die früher generell als‚ländlich’ im Sinne von ‚landwirt-schaftlich’ angesehen wurden, nurnoch rund ein Drittel einen Anteilland- und forstwirtschaftlicher Be-völkerung von 50 % und mehr aus-wies“. Trotzdem wurde der ländli-che Raum auch noch Ende der sieb-ziger Jahre von Ökonomen unver-drossen definiert als Gebiete „mit ei-nem überdurchschnittlichen Anteilvon Erwerbstätigen in der Landwirt-schaft“. Nur wurde jetzt nicht mehrder Anteil an allen Erwerbstätigender Gemeinde gemessen, sondernder Anteil der landwirtschaftlich Er-werbstätigen dieser Gemeinde imVergleich zu dem Anteil der land-wirtschaftlich Erwerbstätigen allerGemeinden. Rein relative Zahlenvon Bedeutung, etwa 40 % landwirt-schaftlich Erwerbstätige, blieben alsabsolute Zahlen zumeist im zwei-stelligen Bereich.

Deshalb gab es eine Vielzahl anMessansätzen, etwa „geringe Be-völkerungsdichte und hohen Anteilder Land- und Forstwirtschaft am

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Bruttoinlandsprodukt“, und vielfäl-tige Kombinationen von Siedlungs-struktur, Gemeindegröße, Bevölke-rungsdichte, Erwerbsstruktur undWirtschaftskraft bis hin zur daten-technisch sehr einfachen Unter-scheidung von zwei Typen ländli-cher Räume, nämlich solcher mit100 bis 150 Ew./km2 und solchermit weniger als 100 Ew./km2; allesübrige sind verstädterte Räume oderAgglomerationen. Immerhin gab esnun statt der von den Kommunalre-formen in den meisten Bundeslän-dern wegrationalisierten Gemeindenmit weniger als 2.000 Einwohnern,die früher pauschal als ländlicherRaum galten, nun auch einen „klein-städtisch ländlichen Raum“,während manche Planungsunterla-gen der Bundesländer in einemAtemzug von „ländlichen zurückge-bliebenen Räumen“ redeten.

Einvernehmen über eine Definitiondes ländlichen Raumes gibt es heutenicht mehr, sondern eher weniger als1970. Die Unterschiede zwischenStadt und Land sind auch immerschwieriger genau messbar anzuge-ben. Deshalb spricht man in der Ver-kehrsinfrastrukturanalyse immerseltener von städtischen und ländli-chen Räumen und mehr von zentra-len und peripheren. Aber wir habeninzwischen eine Typologie der Defi-nitionsansätze für den ländlichenRaum, die drei Typen unterscheidet:induktiv-generalisierend, deduktiv-empirisch und pragmatisch-praxeo-

logisch. Es ist wohl sogar angemes-sen, sich jeweils nach dem Problem-zusammenhang, in dem der ländli-che Raum gerade untersucht wird,für eine von mehreren Definitionenzu entscheiden.

3. Methodische Probleme einerUntersuchung von Kausalzusam-menhängen mit der amtlichenStatistik

Im Folgenden wird erläutert, welcheDaten wir auf welche Weise verwen-det haben und auf welche Problemewir bereits bei der Suche eines ge-eigneten Forschungsobjekts, ent-sprechender Daten und später in derErarbeitung und Interpretation die-ser Daten gestoßen sind. Auch wirdbegründet, warum diese Studie, dieursprünglich breiter angelegt Le-benschancen im ländlichen RaumSchleswig-Holsteins untersuchensollte, nun lediglich die Entwicklun-gen von Bevölkerung und Beschäfti-gung gegenüberstellt.

3.1 Der ländliche Raum

Unter Kapitel 2 wurde erläutert, wievielfältig die Ansätze zur Definitiondes ländlichen Raumes sind undwelch komplexe Daten nach man-chen Ansätzen zur genauen Abgren-zung von ländlichem und städti-schem Raum notwendig sind. An-gesichts dieser definitorischen Pro-bleme haben wir uns entschlossen,erst einmal versuchsweise und nach

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Augenschein die drei nordwestli-chen Landkreise Dithmarschen,Nordfriesland und Schleswig-Flens-burg als ländlichen Raum anzuneh-men.

Die anschließende Überprüfung anden verfügbaren Daten ergab, dassdiese Annahme auch nach den übli-chen objektiven Kriterien für ländli-che Räume vertretbar ist.

So liegen diese drei Kreise gemäßMitteilung des Bundesamtes fürBauwesen und Raumordnung(BBR), das Regionen entlang vonKreisgrenzen in siedlungsstruktu-relle Typen einteilt, in Abgrenzungzu verstädterten oder Agglomerati-onsregionen in ländlichem Raum(Regionstyp 3). In Regionen diesesTyps existiert entweder kein Ober-zentrum mit mehr als 100.000 Ein-wohnern und die Bevölkerungsdich-te ist kleiner als 150 Einwohner prokm2, oder es existiert ein Oberzen-trum mit mehr als 100.000 Einwoh-nern, dann liegt die Besiedelungs-dichte aber bei weniger als 100 Ein-wohner pro km2. In der spezifische-ren Kreistypisierung des BBR wer-den analog hierzu Dithmarschen undNordfriesland als ländliche Kreisemit niedriger Dichte (Kreistyp 9) be-wertet, Schleswig-Flensburg alsländlicher Kreis höherer Dichte mitbedeutsamem Zentrum (Kreistyp 8).

Weiterhin und dieser Einstufung ent-sprechend sind Nordfriesland, Dith-marschen und Schleswig-Flensburg

mit Steinburg auch die einzigenKreise Schleswig-Holsteins, die vonder Bundesforschungsanstalt als„ländlich geprägte Region mitungünstiger Struktur“ definiert wer-den.

Kriterien, die unsere Wahl der dreiKreise bestätigen, sind darüber hin-aus die Tatsache, dass die drei Land-kreise 1987 die einzigen waren, indenen baureifes Land noch unter 30DM/m2 kostete, weiterhin, dass siedie Kreise mit der höchsten negati-ven Abweichung von der durch-schnittlichen Kaufkraft in Schles-wig-Holstein waren und zumindestin den 80er Jahren die höchste posi-tive Abweichung von der durch-schnittlichen relativen Geburtenhäu-figkeit in Schleswig-Holstein auf-wiesen.

Besonders deutlich wird das ländli-che Erscheinungsbild dieser Regio-nen auch anhand der 1991 erhobe-nen Bevölkerungsmerkmale. Dem-nach lagen die drei Landkreise beimAnteil der unter 15-jährigen, derüber 74-jährigen und der Bevölke-rung mit Volks- und Hauptschulab-schluss über dem Landesdurch-schnitt, aber beim Anteil der 15- bis64-jährigen, der Frauenerwerbsquo-te und der Bevölkerung mit Hoch-oder Fachhochschulreife unter demLandesdurchschnitt. Insgesamt er-scheint die Charakterisierung derdrei Landkreise als ländlicher Raumdamit plausibel.

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Allerdings wird das noch nicht derMehrstufigkeit aus ländlichem undstädtischem Raum gerecht. Augen-scheinlich gibt es im verstädtertenRaum um Hamburg durchaus ländli-che Enklaven, ebenso gibt es Städtein unserem ländlichen Raum. Ge-meinderechtlich wird sogar Arnis imKreis Schleswig-Flensburg mit sei-nen im Jahre 2005 etwa 350 Ein-wohnern als Stadt definiert. Funktio-nal ist das freilich unmöglich. Des-halb haben wir für unsere Studie alsStädte im ländlichen Raum lediglichdie mindestens als Mittelzentrenausgewiesenen Gemeinden gezählt,die in höherem Maße Funktionen fürdas Umland ausüben und deswegenstädtischen Charakter haben. Diessind in den drei Kreisen Heide,Brunsbüttel, Husum und Schleswig.Eine Sonderrolle spielt Flensburg.Es gehört keinem Landkreis an, son-dern ist ein selbstständiger Stadt-kreis, weswegen wir es einwohner-mäßig nicht zum ländlichen Raumgezählt haben. Funktional ist es je-doch ein Oberzentrum für den ge-samten Norden Schleswig-Holsteinsund beeinflusst als solches vor allemden umliegenden Raum im KreisSchleswig-Flensburg. Daher wirddiese Stadt in entsprechenden Ver-gleichen dem Kreis zugerechnet.

Um auch feinere Übergänge zwi-schen der Stadt und dem ländlichenRaum zu erfassen, haben wir zusätz-lich zu den reinen Stadtgemeindenmit der Figur der Stadt mit Umland-

gemeinden den sogenannten Speck-gürtel miterfasst. Dies sind Gemein-den im direkten Umfeld der Städte,die mit diesen in besonderem Maßefunktional wie strukturell verknüpftsind. Als Städte mit Umland definie-ren wir die Städte Flensburg, Schles-wig, Husum, Heide und Brunsbüttelzuzüglich aller Gemeinden, die mitihren Gemeindegrenzen gemäß derGemeindegrenzenkarte des Landes-vermessungsamtes Schleswig-Hol-stein in eine Zone von fünf Kilome-tern um die Stadtgrenze hineinrei-chen. Auch Gemeinden, die nur par-tiell in diese Zone hineinreichen,werden vollständig in die Betrach-tung miteinbezogen.

Als ländliche Gemeinden werdenschließlich alle Gemeinden der Krei-se definiert, die nicht einer Stadtoder ihrem Umland gemäß obigerDefinition zugehören, weiterhinnicht vom BBR gemäß dem Gebiets-stand zum 31.12.2002 als Kleinstäd-te ausgewiesen sind, nicht vollstän-dig oder teilweise auf einer Insel lie-gen und im Betrachtungszeitraumnicht in ihrer geographischen Grenz-ziehung verändert oder mit anderenGemeinden zusammengeschlossenwurden.

3.2 Bevölkerungs- und Beschäfti-gungsdaten

Die Daten, die wir für die Analyseder Entwicklung der Beschäftigten-zahl verwendet haben, erfassen die

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gemeldeten sozialversicherungs-pflichtig Beschäftigten an ihrem Ar-beitsort auf Gemeindeebene. Damitenthält die Statistik nur circa 75% al-ler Arbeitstätigen, da nicht sozial-versicherungspflichtig Beschäftigtewie Selbstständige und Beamte inden Zahlen keine Berücksichtigungfinden. Die seit 1994 vorliegendenDaten sind in einem 2-Jahres-Rhyth-mus dokumentiert (Stichtag 31.12.)und stammen von der Bundesagen-tur für Arbeit. Sie wurden von unsüber das Landesarbeitsamt Nord be-zogen, in diesem Zusammenhangdanken wir Herrn Baumgarten fürseine freundliche Unterstützung. Vor1994 wurden die Daten nur auf Ar-beitsamtsbezirksebene (Stichtag30.6. eines jeden Jahres) erhobenund sind noch nicht digitalisiert wor-den. Arbeitsamtsbezirke sind jedochnicht mit Kreisgrenzen identisch, sodass diese Daten nur schwer mit denBevölkerungsdaten vergleichbarwären. Aus diesen Gründen erstrecktsich unsere Studie in 2-Jahres-Ab-schnitten über den Zeitraum von1994 bis 2002.

Die Bevölkerungsdaten erhieltenwir vom Statistischen Amt Ham-burg-Schleswig-Holstein, wo unsdie Herren Grocholski und Petersendankenswerterweise sehr hilfreichwaren. Über die Bevölkerungsdatenverfügt das Amt für jedes Jahr zumStichtag des 31. Dezember. DieseDaten sind nach Geschlecht, Alterund Staatszugehörigkeit detailliert

differenziert, für unsere Zwecke ha-ben wir jedoch lediglich die jeweilsfür die Gemeinden kumulierten Da-ten im entsprechenden Zwei-Jahres-Rhythmus verwendet, in denen auchnicht-deutsche Einwohner enthaltensind.

3.3 Weitere Daten

Um das komplexe Thema der Le-benschancen auf dem Lande ange-messen zu erfassen, wären sicherlichnoch weitere Daten aus anderenBereichen erforderlich gewesen. Somüsste man beispielsweise Zahl undVielfalt der Ausbildungsplätze unter-suchen. Maßgeblich wären unter an-derem Zahl, Art und Erreichbarkeitvon Schulen. Auch Angaben überVerkehrsverbindungen und andereInfrastrukturen wären zu berücksich-tigen. Bedauerlicherweise sind alldiese Daten aber entweder überhauptnicht, nicht für unsere Zeiträume und–abstände oder nicht in der notwen-digen geographischen Feingliede-rung vorhanden. So liegen Zahlender Statistischen Landesämter meistnach Kreis- und Gemeindegrenzenvor, Daten der IHK nach IHK-Bezir-ken und Statistiken der Arbeitsagen-turen nach Arbeitsamtsbezirken. DieKompatibilität der Erfassungsräume,substantielles Kriterium für Ver-gleichsarbeiten, ist hierbei nur mitäußerst hohem Aufwand und oft ge-nug überhaupt nicht herzustellen.Das führte dazu, dass wir unsere An-gaben zu den Lebenschancen inhalt-lich stark beschränken mussten.

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3.4 Aussagekraft der Daten

Bezüglich der Interpretation unsererErgebnisse muss an dieser Stelle dar-auf hingewiesen werden, dass Regel-mäßigkeiten und Ähnlichkeiten vonVerteilungen grundsätzlich als Indi-zien einen existierenden Zusammen-hang zwischen den betrachteten Va-riablen nahe legen, jedoch nie ohneweiteres einen direkten Kausalzu-sammenhang zwischen den beidenVariablen verifizieren können. Wennalso zwei Verteilungen aufgrundstarker Übereinstimmungen eineKorrelation vermuten und eine zufäl-lige Regelmäßigkeit als unwahr-scheinlich erscheinen lassen, ist im-mer noch nicht erwiesen, dass die ei-ne Variable ursächlich für die Verän-derung der anderen Variable verant-wortlich ist. Ebenso gut ist denkbar,dass die zwei Variablen gleicher-maßen, aber voneinander unabhän-gig, kausal mit einer dritten, nicht be-trachteten Variable verknüpft sind.Dass also Bevölkerungsentwicklungund die Beschäftigtenzahl nicht di-rekt voneinander, sondern jeweilsvon einem dritten Aspekt, beispiels-weise der Erhöhung oder Verringe-rung der Bereitschaft zu grenzüber-schreitender Mobilität abhängen,kann nicht endgültig ausgeschlossenwerden.

Schließlich ist auch darauf hinzuwei-sen, dass die von uns genutzten Da-ten keiner direkten empirischen Er-hebung entstammen, sondern wei-

testgehend auf Fortschreibungenweiter zurückliegender Erhebungenberuhen. Aufgrund des erheblichenZeit- und Kostenaufwands, dentatsächliche, vor Ort durchgeführteZählungen mit sich bringen, und we-gen in jüngerer Zeit entstandener da-tenschutzrechtlicher Bedenken beispezifischeren Zahlen auf feinererEbene wie dem Gemeindeniveau be-ruhen die meisten für die Forschungnutzbaren Daten auf der Fortschrei-bung sehr viel älterer Erhebungen.Die fortgeschriebenen Daten erge-ben sich auf der Basis der alten Da-ten durch Addition und Subtraktionder seither dokumentierten oder gargeschätzten Zu- und Abgänge. Dassdieser Praxis eine nicht zu unter-schätzende und ohne neue Erhebun-gen nicht annähernd zu bestimmendeFehlermarge anhaftet, muss sich derNutzer entsprechender Zahlen unddarauf beruhender Studien bewusstsein.

4. Ergebnisse der Untersuchung

Wie schon unter 3 erwähnt, konntenwir den amtlichen Statistiken nurDaten über die Bevölkerungsent-wicklung und die Zahl der sozialver-sicherungspflichtig Beschäftigtenentnehmen, und das nur für dieZeit ab 1994. Das ist natürlichnicht genug, um Lebenschancen aufdem Lande zu beschreiben. Dazuhätten man u.a. Angaben über Aus-bildungsgelegenheiten, Veranstal-tungen, Möglichkeiten des sozialen

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Abstiegs, Bildungseinrichtungen,Einkommensverhältnisse usw. ge-braucht. Diese hätte man eigens er-heben müssen, was hier nicht mög-lich war. So mussten wir uns mit denzwei oben erwähnten Daten begnü-gen, die aber zu den wichtigsten zuunserem Thema gehören.

4.1 Datenaufbereitung

Die Angaben für die einzelnen Ge-meinden in den drei Landkreisenwurden in drei Gruppen zusammen-gefasst: 1) Ländlicher Raum i. e. S.;2) Städte mit Umlandgemeinden; 3)Städte – jeweils nach den Kriterien,die unter 3 im Einzelnen aufgeführtsind.

Die daraus entstehende Tabelle wur-de der besseren Lesbarkeit halberumgerechnet und in Kurven über-setzt. Auf dieser Grundlage lassensich dann einige Ergebnisse mittei-len.

Vorher muss allerdings eine wichtigeEinschränkung gemacht werden.Unsere Ergebnisse gelten nur für dieLandkreise Dithmarschen, Nord-friesland und Schleswig-Flensburg.Wir haben diese Kreise nach den un-ter 3 erwähnten Kriterien ausgewähltund nicht etwa als repräsentativeStichprobe aus allen ländlichen Räu-men i.w.S. Deshalb können die Er-gebnisse nicht auf andere ländlicheRäume ausgedehnt werden, seien sieunseren Untersuchungskreisen auchnoch so ähnlich.

4.2 Erstes Ergebnis: Stadtfluchtstatt Landflucht

Die Bevölkerung im ländlichenRaum i.e.S. nimmt mit geringstenAusnahmen (Dithmarschen 2002)zu, und die Bevölkerung in den fünfStädten nimmt mit ebenfalls gerin-gen Ausreißern (Heide 1998; Bruns-büttel 1996; Husum 1996; Flensburg2002) regelmäßig ab. Es sind nur dieUmlandgemeinden, die den städti-schen Gebieten im ländlichen Raumi. w. S. am Ende doch einen Bevöl-kerungsgewinn verschaffen.

Das entspricht einem weit verbreite-ten Muster. Für die USA wurde fest-gestellt, dass seit 1920 das Stadtum-land schneller an Bevölkerung zu-nahm als die Städte selbst und dassab 1950 viele Städte an Bevölkerungabnahmen. „Suburbanisierung“ istzu einem Fachbegriff geworden, derdie Wanderung der Einwohner vonder Kernstadt in die Vororte bezeich-nen soll und damit das immer stärke-re Wachsen der Vororte an Einwoh-nerschaft und Fläche. Er ist weitge-hend mit der „Stadtflucht“ identisch.Für die Bundesrepublik Deutschlandist allgemein der gleiche Trend zubeobachten, wenngleich nicht in dergleichen Stärke. Es ist aber nicht aus-geschlossen, dass es Stadt- undLandflucht zugleich gibt, also nichteine einheitliche Entwicklungsrich-tung, sondern zwei gegenläufige.

Dazu muss man im Auge behalten,dass es in der Regel verschiedene

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Gesellschaftsgruppen sind, die sichder einen oder der anderen Form vonMobilität bedienen.

Denn Stadtflucht wird zumeist durchNahwanderung, Landflucht durchFernwanderung „begangen“. Dem-entsprechend unterscheiden sich die„Tätergruppen“:

Das zeigt, dass im ländlichen Raumim Hinblick auf seine Funktionser-füllung nicht eitel Freude über denZuzug aus der Stadt herrschen muss.Es handelt sich fast nur um „Spätaus-siedler“, also um Städter, die Städterbleiben, nur zwecks billigeren, bes-seren Wohnens aus der Stadt auszie-hen, in die sie zwecks Arbeit, oftauch Lernens, Einkaufens usw. pen-deln. Sie nehmen von den Funktio-nen des ländlichen Raumes nur dieWohnfunktion wahr und ihre „Mit-wirkung“ beschränkt sich auch aufdiese. Im Alter geht es dann oft sogarzurück in die Stadt. Ihr Interesse anlandwirtschaftlichen Belangen, aufdenen ein guter Teil der anderenFunktionen des ländlichen Raumesberuht, ist eher gering.

Insbesondere ist zu beachten, dass essich hier um die staatliche Einwoh-nerstatistik handelt. Sie zeigt also nurden jeweiligen Einwohnerbestandan, und dessen Veränderungen kön-nen nicht ohne weiteres als Stadt-Land- oder Land-Stadt-Migration in-terpretiert werden. Es könnte sichauch bei Abwesenheit jeglicher Mi-gration nur um Unterschiede in den

Geburten- und Sterbezahlen, also umUnterschiede in der sog. natürlichenBevölkerungsentwicklung handeln.Zudem könnte es sich gerade imländlichen Raum Schleswig-Hol-steins um eine besondere Art derFernwanderung handeln, nämlichum Alterswanderung: Ruheständlerziehen um, damit sie im Alter in ge-sunder, ruhiger, ansprechender Um-gebung leben können. Das ist inSchleswig-Holstein eine keineswegsseltene Art von Mobilität, die geradedem ländlichen Raum Zuzug bietet.Diese Gruppe würde neben derWohn- auch die Erholungsfunktiondes Landes nutzen, ohne allerdingsein größeres Interesse daran zu ha-ben oder gar etwas dafür zu tun.

Indessen wird dieser Entwicklungohnehin keine große Zukunft voraus-gesagt. Nachdem sich in unseren dreiLandkreisen der Zuzug schon um dieJahrtausendwende abschwächte,wird vorausgesetzt, dass die Bevöl-kerungszahl in den ländlichen Räu-men Schleswig-Holsteins zwischen2010 und 2015 ihr Maximum errei-chen werde.

4.3 Zweites Ergebnis: Die Bevölke-rungsentwicklung im ländlichenRaum i.e.S. und in den ländlichenStädten verläuft unterschiedlich(Hypothese 1)

In Hypothese 1 in Teil 1.4 wurde ver-mutet, dass die Bevölkerung im länd-lichen Raum (gemeint war der länd-liche Raum i. e. S.) abnehmen, im

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städtischen Raum (innerhalb derländlichen Räume) zunehmen wer-de.

Zwar legen unsere Ergebnisse dieTendenz nahe, dass diese Vermutungzu stimmen scheint, nicht aber, je-denfalls bisher nicht, ihr Umfang.Bisher zeigt sich in den ländlichenRäumen i. e. S. eine Abnahme derZunahme; nur in Dithmarschen hat2002 die Bevölkerung wirklich ab-genommen. In den Städten des länd-lichen Raumes dagegen werden bis-her nur die Abnahmen seit 2000 (inSchleswig-Flensburg seit 1998) ge-ringer.

4.4 Drittes Ergebnis: Die Beschäf-tigung im ländlichen Raum i. e. S.und in den ländlichen Städten ver-läuft noch unterschiedlicher als dieBevölkerungsentwicklung.

Wenn wir schon bei der Bevölke-rungsentwicklung im ländlichenRaum Unterschiede zwischen denStädten und dem „flachen Land“ (inSchleswig-Holstein stimmt diese Re-densart wenigstens) feststellen konn-ten, ist im Hinblick auf unsere zwei-te Hypothese interessant, ob es wohlbei der Beschäftigung ähnlich ist.

Aus unseren Ergebnissen ist zu er-kennen, dass die Entwicklung imländlichen Raum noch einigermaßenähnlich in den drei Landkreisen ver-läuft; Ausnahme ist Nordfrieslandmit dem tiefen Einbruch 1998. In denländlichen Städten gibt es aber in der

neuesten Zeit große Unterschiede.Konnte man bis 2000 noch eine rela-tive Parallelität feststellen, geht es2002 stark auseinander. In Nordfries-land (stark) und Dithmarschen(schwächer) steigt die Beschäftigungan, in Stadtgemeinden von Schles-wig-Flensburg erleidet sie kräftigeVerluste.

Dass lässt für unsere Hypothese 2aus Teil 1.4 nichts Gutes erhoffen.

4.5 Viertes Ergebnis: Bevölke-rungs- und Beschäftigungsent-wicklung haben nichts miteinan-der zu tun (Hypothese 2)

Bei der Bevölkerung zeigt sich zwi-schen 1996 und 1998 noch eine ge-wisse Parallelität, seitdem aber eineerstaunliche Konvergenz, also keinegleich gerichtete Entwicklung. Ver-hältnismäßig gleich gerichtet ist da-gegen die Entwicklung der Beschäf-tigung in den drei Untergruppen desländlichen Raumes. Damit ist Hypothese 2 eindeutig wi-derlegt. Unter 3 hatten wir zwar ge-sagt, dass statistische Korrelationkeinen Ursachenzusammenhang an-zeigen kann. Man kann aber umge-kehrt sagen, dass Nichtkorrelationeinen Ursachenzusammenhang aus-schließt.

4.6 Fünftes Ergebnis: Die Feinana-lyse bestätigt das vierte Ergebnis

Nun könnte man vermuten, dass dieZusammenfassung der Untergruppen

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des ländlichen Raumes jeweils aufKreisebene Datenunterschiede ver-wischt haben könnte.

Deshalb wurde Bevölkerung und Be-schäftigung in den drei Landkreisenauch getrennt nach den einzelnenUntergruppen des ländlichenRaumes i. w. S. untersucht.

Als Ergebnis lässt sich mit einigerVorsicht ableiten, dass für die Ent-wicklung des ländlichen Raumes i.w. S. die Entwicklung der ländlichenStädte maßgebender ist als die Ent-wicklung des ländlichen Raumes i. e.S. Das müsste jedenfalls dann gelten,wenn man die Entwicklung an denbeiden Größen misst, die hier benutztwurden. Weiterhin kann man darausableiten, und das nun mit Sicherheit,dass Daten so detailliert wie möglichsein müssen, damit Planungsfehlerbei einer eventuellen Steuerung derEntwicklung vermieden werden.

4.7 Weitere Ergebnisse

Weitere Ergebnisse lassen sich ausunseren Daten nicht ablesen, jeden-falls nicht solche, die etwas zu derKlärung der weiteren Hypothesenunter 1.4 beitragen könnten. Dazufehlen weitere Daten.

5. Zukunft

Den drei Landkreisen unseres ländli-chen Raumes wird eine unterschied-liche Bevölkerungsentwicklung bis2020 vorausgesagt: Dithmarschen

leicht abnehmend, Nordfriesland sta-bil und Schleswig-Flensburg leichtzunehmend. Wenn es so kommensollte, könnte man gespannt sein aufdie Entwicklung der Arbeitsplatz-zahlen, für die es noch keine Progno-se gibt.

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[Die vollständige Studie schickenwir Ihnen auf Anfrage gerne zu; sieist auch auf der Website der ALRunter „Infothek/Literaturhinweise“zum Herunterladen bereitgestellt.]

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