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TEILCHENPHYSIK FÜR FORTGESCHRITTENEVorlesung am 5. Mai 2006
Thomas Schörner-Sadenius
Universität Hamburg, IExpPhSommersemester 2006
TSS/RKK SS06: Teilchenphysik II 5.5.2006 - 2
ÜBERBLICK
1. Die quantenmechanische Beschreibung von Elektronen2. Feynman-Regeln und –Diagramme3. Lagrange-Formalismus und Eichprinzip4. QED
4.1 Volle Lagrange-Dichte der QED4.2 Höhere Ordnungen und Renormierung4.3 Experimentell: Lamb-Shift, g-2
Einschub: Beschleuniger und Experimente5. Starke Wechselwirkung und QCD
TSS/RKK SS06: Teilchenphysik II 5.5.2006 - 3
ANMERKUNGENZur Frage, ob die invariante Theorie (L)
noch das freie Elektron beschreibt:
Antwort: Nein! Aber das ist egal – ein freies Teilchen ist
uninteressant. Wir wollen Prozesse beschreiben (Raten, Wirkungsquerschnitte etc.) – das aber setzt Wechselwirkungen voraus – und damit die Existenz von Photonen.
Die Beschreibung des freien Elektrons bleibt von der Frage der Eichung unberührt.
(In gewisser Umweg mit Dirac etc. nur, um die Form der Spinoren plausibel zu machen!)
Zur Frage, ob das z.B. mit negativer Helizität in HERA einlaufende Elektron nach der “charged current”-Reaktion zu einem linkshändigen Neutrino führt, das kein Eigenzustand der Helizität ist.
Antwort: Das Neutrino ist nach der Wechselwirkung eine Überlagerung aus positiver und negativer Helizität – kein Eigenzustand!(Allerdings ist die Masse des Neutrinos effektiv 0!)
Aqmi
mDiL
)(
)(
0)( mi
e–
W–
e
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WIEDERHOLUNG: LAGRANGE-FORMALISMUSAnalog zur klassischen Mechanik definiert
man (axiomatisch) Lagrange-Dichten. Mithilfe der Euler-Lagrange-Gleichung
leitet man daraus die Bewegungsgleichungen und auch die Feynman-Regeln der Theorie ab.
Beispiel:
Auch im Lagrange-Formalismus kommt man mit dem Postulat der lokalen Eichinvarianz zur Existenz der Eichfelder und zur vorgegebenen Form der Wechselwirkungen.
Lagrange-Dichte der QED:
In lokal eichinvarianten Theorien müssen Eichbosonen masselos sein:
Dieser Ausdruck ist nicht eichinvariant. Da es massive Eichbosonen gibt, muss es eine Lösung geben: Higgs-Mechanismus und “spontan gebrochene” oder “versteckte” Symmetrien!
Man kann eine Eichtransformation durchführen, die die Lorentz-Eichung erhält und zu transversal polarisierten Photonen führt:
0
LL
22
21
21
mLKG
miLDirac
FFAqmiLQED 41)(
jWWMW 2
0
k
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4.1 DIE LAGRANGE-DICHTE DER QEDDie vollständige Lagrange-Dichte der QED
(Elektron, Positron, Photon) lautet:
Dieser Ausdruck ist invariant unter lokalen U(1)-Eichtransformationen (die Phasentrafos exp(iq) bilden die unitäre abelsche Gruppe U(1)).
Noch mal: Nach dem Noether-Theorem impliziert diese Invarianz die Erhaltung eines Stromes, und zwar des Stromes, dessen Ladung q ist!
FFAqmiL41)(
KinetischerTerm derPhotonen
Massen-Term derLeptonen
Wechsel-wirkung,
Kopplung q
KinetischerTerm derLeptonen
1221 UUUU
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4.2 HÖHERE ORDNUNGEN UND RENORMIERUNG
Aus der Diskussion der Feynman-Regeln leiten wir die Formel der nächsten Ordnung ab (“Vakuum-polarisation”):
Effektiv: Modifikation des Propagator-Terms der niedrigsten Ordnung:
Problem: Das Integral divergiert (effektiv nur logarithmisch, nicht wie k3dkk2/k4~k2, wie man erwarten würde)!
Dielektrische Medium Ladung polarisiert: Bei kleineren Abständen mehr von zentraler Ladung sichtbar.
Konzept der “laufenden” Kopplung ist einleuchtend. Aber wie quantifizieren?
Wir nehmen als Beispiel die Elektron-Myon-Streuung:
Bekannt ist die niedrigste Ordnung:
)()(
)()()(
)2(
)()(
24
22224
4
134
4
pupu
mkqmkmkqmkSpkd
pupuqieM
)()()()( 242132 pupu
qg
pupueM
22224
42
422
)()()(
)2(
mkqmkmkqmkSpkdeI
Iqi
qg
qg
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4.2 HÖHERE ORDNUNGEN UND RENORMIERUNG
Da steckt aber immer noch eine Unendlichkeit drin … was tun damit? Idee: Wir saugen sie in der “renormierten” (besser: “reparametrisierten”) Ladung eR auf (e ist die “nackte” Ladung):
Damit wird die Amplitude zu:
Zu beachten: Die letzte Gleichung ist nur korrekt bis Ordnung e4 – man kann also in der Klammer auch e
verwenden. Es gibt keine Unendlichkeiten mehr – es tritt kein M in der Formel auf. Die Verwendung von eR macht Sinn – schliesslich ist eR die Messgröße! Der endliche Term f(q2) hängt von q2 ab! Diese Abhängigkeit kann in die Kopplung absorbiert werden ().
Man kann zeigen:
Um mit der Divergenz um zugehen, wird Cutoff M eingeführt (wird am Ende nach geschickt):
Damit folgt (kleine/grosse q2, q2=-Q2):
… und die Amplitude der Elektron-Myon-Streuung einschliesslich der ersten Korrektur wird:
1
02
2
2
2
2
)1(1ln)1(612
)(
2
dzzzmqzz
xdxeig
qIigI
em
Divergiert!
Endlich, f(q2)!
2
2
ln22 e
M
mm mM
xdx
xdx
ee
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
22
2
2
22
ln12
ln60
ln12)(ln
12)(
qMe
mqe
mMe
qfmMeqI
)()()(ln12
1
)()(
242
2
2
2
2
2132
pupuqfmMe
qg
pupueM
2
2
2
2
ln12
1mMeeeR
)()()(12
1)()( 242
2
2
2132 pupuqfe
qg
pupueM RR
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4.2 HÖHERE ORDNUNGEN UND RENORMIERUNG
(Beachte, dass rechts die nackte Ladung steht!) Auswerten der geometrischen Reihe:
Im Limes grosser q2:
Jetzt stört nur noch die Abhängigkeit von M.
Man kann definieren:
Hier ist die Feinstrukturkonstante =e2/4. Man spricht von der laufenden Kopplungskonstante – was natürlich ein Widerspruch in sich ist ;-) …
Warum wurde dieser Effekt nicht von Coulomb, Milikan, Rutherford beobachtet? Er ist sehr klein: (0)=1/137, (100 GeV)=1/128.
Aber das Spiel geht ja noch weiter:
Jede Loop liefert ein Integral I(q2) – man kann schematisch schreiben:
)(3
)0(1)0()(
)(12
)0(1)0()(
22
22
22
qfq
qfeeqe RRR
...)()()(1)( 232222 qIqIqIeqeR
)(11)( 2
2
qIeqeR
2
2
2
2
2
22 ln
3ln
12)(
qM
qMeqf
2
20
020
2
ln3
1)(1
1)(
MqqI
q
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4.2 HÖHERE ORDNUNGEN UND RENORMIERUNG
Messung der laufenden Kopplung z.B. bei LEP in Bhabha-Streuung (Verbindung zu neuer Übungsaufgabe):
Ausnutzung von Klein-Winkel-Kalorimetern (SiW in OPAL). Da absolute Bestimmung der Kopplung unabhängige Messung der Lumi bräuchte, kann man nur Variation der Kopplung mit t – also mit dem Streuwinkel – messen.
Idee: Berechne Kopplung an einer Referenzskala (zum Beispiel einer bestimmten Masse ) und bilde die Differenz. Ergebnis:
Dieses Ergebnis ist exakt auf 1-Loop-Niveau. Die laufende Kopplung beschreibt, wie die effektive Ladung vom Abstand zweier Ladungen abhängt.
Das Ergebnis ist wie naiv erwartet (charge screening): kleiner Abstand grosses Q2 steigt.grosser Abstand kleines Q2 sinkt.
Man sieht an der Formel, dass der Verlauf der Kopplung mit der Energie (q2) festliegt (Renormierungsgruppengleichung!), dass aber die Normierung experimentell bestimmt werden muss!
2
22
2
2
22
22
ln3
)(1
)(
ln3
)(1
)()(
q
Zt
dtd
dtd
)1)(1()(
2
0
)0(
Born
Kopplung bei t,Feinstrukturkonst.
Strahlung
/Z-s-Kanal
2cos1
st
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4.2 HÖHERE ORDNUNGEN UND RENORMIERUNG
TSS/RKK SS06: Teilchenphysik II 5.5.2006 - 11
4.2 HÖHERE ORDNUNGEN UND RENORMIERUNG
Verschiedene Korrekturen tragen bei zur Berechnung der laufenden Kopplungskonstante:
TSS/RKK SS06: Teilchenphysik II 5.5.2006 - 12
4.2 HÖHERE ORDNUNGEN UND RENORMIERUNG
Mit der Ordnung steigt die Anzahl der zu berechnenden Diagramme drastisch an. Das sind Beiträge zur Ordnung 3.
Es gibt aber noch weitere Korrekturen, z.B.:
Mithilfe der Ward-Identität kann man zeigen, dass sich die Effekte dieser Diagramme auf die Kopplung herauskürzen (und zwar Ordnung per Ordnung in der Störungstheorie).
Aber: Die Diagramme haben Einfluss auf die Masse des Elektrons (wird auch renormiert) und auf das magnetische Moment.
Diagramme wie …
… haben endliche Ergebnisse …
TSS/RKK SS06: Teilchenphysik II 5.5.2006 - 13
4.3 “g-2”Experimenteller Zugang: Vergleich von Zyklotron-Frequenz des Teilchens im B-Feld …
… und der Larmor-Frequenz der Spin-Präzession im B-Feld:
Zu t=0 seien Spin und Impuls des Teilchens parallel Oszillation des Winkels (t) zwischen Spin und Impuls:
Erinnerung an Pauli-Gleichung (Limes der Dirac-Gleichung im EM-Feld):
Allgemein gilt:
Mit der potentiellen Energie kann man sehen, dass das Elektron den
Lande-Faktor g=2 haben sollte:
Also Vorhersage Dirac: Experiment:
eB
meAei
mi
221 2
BEpot
Sm
e B
2
2 .
2 und
2
Sm
eB
sg B
Lande-Faktor Bohr’schesMagneton
Spin
2g
22
gge
meB
C
2
21 gm
eBL
tmeBgtt CL
22)()(
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4.3 “g-2”
- Einschuss von Pionen in Speicherring mit konstantem B-Feld, das durch NMR an Protonen bestimmt wird. Larmor-Frequenz des Protons:
- Myonen sind polarisiert aufgrund der schwachen Wechselwirkung/P-Verletzung im Pion- Zerfall.
PP
PL m
eBg2
))(cos()(1/0 tEAeN t
Myonen zerfallen in Elektronen und Neutrinos, wobei Elektronen bevorzugt entgegen Spinrichtung des Myons gerichtet sind.- Nachweis des Winkeldifferenz durch Modifikation der Zählrate von Zerfallselektronen ee in Kalorimetern: Überlagerung des Zerfallsspektrums der Myonen mit Oszillation:
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4.3 “g-2”
Anpassung der Erwartung in einem Fit liefert Wert von (g-2)/2:
Erklärung der Abweichung von g=2: Vertex-Korrekturen!
))(cos()(1/0 tEAeN t
010)91165924(2
2
010)8.04.1159652(2
2
9
9
g
g
e
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4.3 LAMB-SHIFTErinnerung: Ladungsrenormierte Amplitude:
Der neue Term entspricht einer WW zwischen Elektron und Target, der zu einer Modifikation des Potentials führt (aufgrund der WW des Elektrons mit der Elektronenwolke um die Ladung Ze):
Dieser Effekt und andere (weitere Ordnungen, Vertex-Korrekturen etc.) modifiziert v.a. nahe am Kern befindliche Orbitale
Lamb-Shift (Aufspaltung von 2s1/2 und 2p1/2)!Gemessen Auf 0.01% extrem genauer Test der Ideen höherer Ordnungen, Renormierung.
Coulomb-Term
I
qi
qg
qg
422
Extra q-2
)(604
)( 22
42
rm
Zer
ZerV RR