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Tagungsband 8. Deutscher Testamentsvollstreckertag · 2015. 12. 7. · 28.06.2010 Erw. 3.1:...

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Tagungsband 8. Deutscher Testamentsvollstreckertag Bonn, 25. November 2014 Herausgegeben im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermägenssorge (AGT) e.V. von Rechtsanwalt Matthias 2015
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Page 1: Tagungsband 8. Deutscher Testamentsvollstreckertag · 2015. 12. 7. · 28.06.2010 Erw. 3.1: Frankreich befasst sich nicht mit ausländischen Liegenschaften _ ein Gut 21 Vgl. Art.

Tagungsband

8 Deutscher Testamentsvollstreckertag

Bonn 25 November 2014

Herausgegeben im Auftrag der

Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung

und Vermaumlgenssorge (AGT) eV

von Rechtsanwalt Matthias

2015

117

Die EuErbVO und die Schweiz

Dr Hans Rainer Kuumlnzle

Einleitung

Die EU-Erbrechtsverordnung (EuErbVO) betrifft nicht nur die Mitgliedstaaten der EU sondern hat auch umfangreiche Auswirkungen auf Drittstaaten wie die Schweiz Nachfolgend werden zum besseren Verstaumlndnis fuumlr das Zustmmenshy

des schweizerischen Internationalen Privatrechts und der EuErbVO zushyerst die wichtigsten des schweizerischen Internationalen Privatrechts in

urzform dargestellt handelt sich um eine gekuumlrzte und nachlcfuumlhrte Etsshysung meiner Ausfuumlhrungen im DACH-Tagungsband

1 Schweizerisches Internationales Privatrecht

11 Oumlrtliche Zustaumlndigkeit

111 Aufgrund des IPRGz

a) Im schweizerischen IPRG gilt das Prinzip der Nachlasseinheit3 dh die Zushystaumlndigkeit der schweizerischen Behoumlrden und Gerichte gilt sowohl fuumlr das Nachlassverfahren (Eraumlffnungszustaumlndigkeit) als auch fuumlr die erbrechtlichen Klagen (Klagezustaumlndigkeit)

b) Die besonderen Zustaumlndigkeiten sind wie folgt geregelt

(1) Wenn der Erblasser im Zeitpunkt des Todes 4 seinen Wohnsitz in der Schweiz5 hatte sind diesehweizerischen Behoumlrden und Gerichte am Wohnsitz

Prof Dr Hans Raine Kuumlnzlc Pri va tree h tgtvergleich uilg Kendris AG Zuumlrich (wvgt Vgl PETER HRE1TSCHMtDHANS RAINER KUumlNZIE Schweiz in Grenzenloses Erbrecht - Grenzen des Erbrechts hrsg v der Allwaltsvereinigung cv DACH Koumlln 2004 S 53 H

2 Vgl HG vom 18 Dezember 1987 uumlber das Internationale Privatrccht (SR 291) 3 Vgl OGer ZH LF 130068 vom 22042014 Erw 21 ANlON HEINI Kommcntar zu

IPRG in IPRG-Kommcntar hrsg v Anton Hcini Max Keller Kurt Siehr Frank Paul Volkcll Zuumlrich 1993 Vor Art 86-96 IPRG N 5 ANTON K WIJSCH Basler Kommentar Internationales Privatrecht hrsg v lshy

ulld Anton K Schnydcr 3 A BaselFrankfurt 2013 Art 86 IPRG N 5 4 OGer ZH LF 130068 vom 22042014 Erw 21

zur Zeit der Testamentserrichtung 5 Der Wohnsitz wird nach Art 20 IPRG bestimmt

Erw 4 die ErbJasserill ist von Monaco nach Zuumlrich umgezogen Folge dass die Wohnsitzfiktion von Art 24 Abs 1

KUmie

~

118 ~ Teil 2 Vertiefung ~ Die EuErbVO und die Schweiz 119 ~I

~ f middot1zustaumlndig (Art 86 Abs 1 IPRG)6 Der gewoumlhnliche Aufenthalt wird im IPRG hat und im Ausland keinen Wohnsitz begruumlndet etwa auf den Weltmeeren hershy

bewusst nicht als Anknuumlpfung verwendet er kommt allerdings dennoch subsishy umsegeltdiaumlr zum Zug wenn der Erblasser weder in der Schweiz noch im Ausland einen

(3) Wenn der Erblasser im Zeitpunkt des Todes seinen Wohnsitz nicht in der Wohnsitz hatte Keine Rolle spielen die Staatsbuumlrgerschaft und der Ort an welshy ~ I

Schweiz hatte 15 und wenn er auch nicht schweizerischer Staatsangehoumlriger chem sich Vermoumlgenswerte befinden 8 Eine Ausnahme wird gemacht wenn ausshy~

war16 sind die schweizerischen Behoumlrden und Gerichte am Lageort vonlaumlndische Staaten die Zustaumlndigkeit fuumlr dort gelegene Grundstuumlcke beansprushychen (Art 86 Abs 2 IPRG)9 Nachlassgegenstaumlnden zustaumlndig wenn sich die auslaumlndischen Gerichte und Beshy

~ I

houmlrden l7 nicht damit befassen (Art 88 Absl IPRG)18 das gilt sowohl fuumlr (2) Wenn der Erblasser im Zeitpunkt des Todes seinen Wohnsitz nicht in der Grundstuumlcke als auch (mindestens teilweise) fuumlr Mobilien 19 Innerhalb der Schweiz hatteIO sind die schweizerischen Behoumlrden und Gerichte am Heimatshyl1 Schweiz ist die zuerst angerufene Stelle (BehoumlrdeGericht) zustaumlndig2o ort zustaumlndig wenn der Erblasser (auch)12 schweizerischer Staatsangehoumlriger

c) Im IPRG nicht geregelt ist der Fall dass ein Auslaumlnder in der Schweiz seine war und (a) durch letztwillige Verfuumlgung oder Erbvertrag den ganzen Nachlass Heimatzustaumlndigkeit waumlhlen darf Wenn ein in der Schweiz lebender Liechtenshyoder das in der Schweiz gelegene Vermoumlgen der schweizerischen Zustaumlndigkeit steiner seine Heimatzustaumlndigkeit waumlhlt ist dies auch mit dem Recht von Liechshy(professio fori) oder (b) dem schweizerischen Recht (professio iuris) unterstellt tenstein kompatibel 21

hat (Art 87 Abs 2 IPRG) oder (c) wenn die auslaumlndischen Behoumlrden und Geshyrichte sich nicht um den Nachlass kuumlmmern (Art 87 Abs 1 IPRG)13 Letzteres d) Weitere allgemeine Gerichtsstaumlnde werden in Art 4-7 IPRG erwaumlhnt22 Arshyist unter Umstaumlnden schwer nachweisbar 14 Die Heimatzustaumlndigkeit kommt restprosequierung (Art 4 IPRG)23 Gerichtsstandsvereinbarung (Art 5 IPRG) etwa zur Anwendung wenn jemand seinen Wohnsitz in der Schweiz aufgegeben Einlassung (Art 6 IPRG) und Schiedsvereinbarung (Art 7 IPRG) Der Geshy

richtsstand der Arrestprosequierung sollte zuruumlckhaltend verwendet werden24

Eine Gerichtsstandsvereinbarung gilt nur unter den beteiligten Erben waumlhrend 6 Vgl BGer 5D_650214 vom 09092014 Erw 23 BGer SJ 2002 1366 Die Schweiz ist zustaumlndig

fuumlr den Nachlass einer Franzoumlsin mit Wohnsitz in Genf welche in Paris verstorben ist 7 Vgl OGer ZH LFI20063 vom 30102012 Erw 3 BSK-SCHNYDERLIATOW1TSCH (FN 3)

Art 86 IPRG N 4 Vgl PKG 1991 Nr 56 ZR 89 (1993) Nr 4 Erw 2

9 Dies gilt in vielen Staaten des common law wie USA Kanada und UK vgl KUln SlEHR Das internationale Privatrecht der Schweiz Zuumlrich 2002 sect 9 II I b bis 2015 traf es auch auf Frankshyreich zu vgl CHR1ST1AN BRUumlCKNER Internationale Eheguumlter- und Erbrechtsfragen in der schweizerischen Notariatspraxis in Aktuelle Themen Zur Notariatspraxis - 2 Schwei~erischer 15 Der Erblasser hat den Wohnsitz im Ausland oder er hat keinen Wohnsitz vgl FN 10 Notarenkongress hrsg v Schweizerischen Notarenverband Bern 2013 S 55 es trifft weiterhin 16 Nach Ivo SC1lWANDER Zustaumlndigkeitsfragen in Internationales Erbrecht Tagung des Instituts fuumlr Monaco (vgl OGer ZH LFI40033 vom 13052014 Erw 4) und Bosnien-Herzegowina zu fuumlr Rechtswissenschaft und Rechtspraxis an der Universitaumlt St Gallen vom 9 November 2001 (vgl OGer ZH LF130068 vom 22042014 Erw 24) S 13 f sollte diese Bestimmung auch auf Doppclbuumlrger Anwendung finden wenn VermoumlgensshyDer Vorbehalt hat zur Folge dass diese Grundstuumlcke rechnerisch dennoch in die sch weizerische werte in der Schweiz liegen und sich Schwierigkeiten mit der Handhabung des Nachlasses ergeshyErbteilung einbezogen (und Abweichungen im Ausland somit korrigiert) werden vgl LAURENT ben KIUAS Praktische Erfahrungen mit dem schweizerischen IPRG Teil Internationales Zivilshy 17 Wohnsitz- oder Heimat-Gerichte und -Behoumlrden prozessrecht ~rbrecht und Vertragsrecht Praktische Erfahrungen mit den IPR-Gesetzen in 18 Vgl ZR 89 (1990) N r 4 Eroumlffnung des Testamentes uumlber den in der Schweiz gelegenen Nachlass Deutschland Osterreich und der Schweiz Wien 1995 S 93 eines mit letztem Wohnsitz in Italien verstorbenen britischen Staatsangehoumlrigen ZR 90 (1991)

10 Der Erblasser hat den Wohnsitz im Ausland oder er hat keinen Wohnsitz vgl ANDREi~ Bushy Nr 89 Ausstellung eines Erbscheines im Nachlass eines in London verstorbenen irakisehen CHER Jurisprudence suisse en matiere de droit international prive des personnes et de la famille Staatsangehoumlrigen SZIER 1992 216 BSK-SCHNYDERLIATOW1TSCH (FN 3) Art 87 IPRG N 8 19 Eine Zustaumlndigkeit fuumlr Mobilien kann entstehen wenn ein Staat diese dem forum rei sitae zushy

11 Bei mehreren Heimatorten ist der zuerst angerufene zustaumlndig vgl BSK-SCIINYDERI weist vgl BSK-SCHNYDERLIATOW1TSCH (FN 3) Art88 IPRG N 2 weiter vgl BGer L1ATOWITSCH (FN 3) Art 87 IPRG N 2 und 20 5A_2642011 vom 28112013 BGer 5C29112006 vom 30052008 ZR 113 (2014) Nr 73 (Unzushy

12 Vgl Art 23 Abs I IPRG staumlndigkeit) 13 Das Nichtbefassung des Auslands kann rechtlicher Natur sein (BGer 5A_75412009 vom 20 Vgl Art 88 Abs 2 IPRG

28062010 Erw 31 Frankreich befasst sich nicht mit auslaumlndischen Liegenschaften _ ein Gutshy 21 Vgl Art 55 JN (G vom 10 Dezember 1912 uumlber die Ausuumlbung der Gerichtsbarkeit und die Zushyachten genuumlgt) oder faktischer Natur (BGer 5A_17112010 vom 19042010 Erw 44 Marokko staumlndigkeit der Gerichte in buumlrgerlichen Rechtssachen Uurisdiktionsnorm] LR 2720) Verlasshybefasst sich nicht mit auslaumlndischen Liegenschaften - Entscheidungen des [schweizerischen] senschaftschaftszustaumlndigkeit fuumlr bewegliches Vermoumlgen um welches sich das Ausland nicht Bundesamtes fuumlr Justiz genuumlgen nicht es sind Entscheide der Behoumlrden in Marokko notwendig) kuumlmmert Art 56JN Zustaumlndigkeit fuumlr alles unbewegliche Vermoumlgen in Liechtenstein weiter vgl TARKAN GoumlKSUOSKAR OlANO Kommentar zu Art 86-96 IPRG in Handkomshy 22 Vgl PAUL VOLKEN Das neue internationale Erbrecht im neuen schweizerischen IPR-Gesetz mentar zum Schweizer Privatrecht Internationales Privatrecht hrsg Andreas Furrer Daniel BN 1990 3 Girsberger und Markus Muumlller-Chen 2 A Zuumlrich 2012 Art 87 IPRG N 6 f 23 VglSJ 116(1994)512

14 Vgl ANDREASBUCHER Das neue internationale Erbrecht ZBGR 69 (1988) 150 f 24 Vgl BGE 118 III 62

Kuumlnzle Kuumlnzle

120 121 Teil 2 Vertiefung

Dritte sich diese nicht entgegenhalten lassen muumlssen25 Dasselbe gilt tur eme Einlassung und ein Schiedsgericht26

112 Sonderregeln fuumlr Grundstuumlcke

a) Die Regeln des baumluerlichen Erbrechts27 gelten als zwingende Regeln des schweizerischen Rechts im Sinne von Art 18 IPRG (lais dapplication immediashyte) und kommen auch dann zur Anwendung wenn ein Nachlass auslaumlndischem Erbrecht untersteht28 Um diese Regeln durchzusetzen wird auch eine schweishyzerische Zustaumlndigkeit benoumltigt es sei denn der auslaumlndische Staat beachte Regeln selbst29 Eine klare gesetzliche Grundlage fehlt dafuumlr

b) Entsprechendes (zwingendes Recht und damit zwingende Zustaumlndigkeit) gilt fuumlr die Durchsetzung der Lex Koller31 welche den Erwerb von Grllndstuumlcken durch Personen mit Wohnsitz im Allsland regelt

113 Aufgrund von Staatsvertraumlgen

a) Die Zustaumlndigkeit fuumlr erbrechtliche Verhaumlltnisse wird in Zustaumlndigkeits- und Vollstreckungsabkommen geregelt J2 Der Staatsvertrag mit dcn USA33 sieht in Art VI fuumlr Klagen einen Gerichtsstand am Lageon der Immobilie und a111 Lashygeort der Mobilien vor was heute als W o11llsitz des Erblassers ausgelegt

25 BSK-SCHNYDERLIATOWITSCH (FN 3) Art 86 IPRG N 20 Da das Gesetz An 87 Abs 2 bezuumlglich Grundstuumlcken) regelt und im Uumlbrigen eine di

OC[allllerte Verteilung der internationalen Zustaumlndigkeit vorsicht besteht mE kein weiterer Spielraum mehr fuumlr einseitige Abweichungen von der Rcgclzustaumlndigkcit durch die Erblasscrin oder den Erblasser

26 Zur Foumlrderung in der Schweiz ein Vcrcin gewlinder vgL den Tagungsband einer 20 II in hrsg v Hans Rainer Kuumlnzle Zuumlrich

2012)

27 Vgl insbesondere Art 11-24 BG vom 4 Oktober 1991 uumlber das baumlucrliche Bodcnrccht (BGBB) SR 21141211

28 Vgl Ivo SCHWANDER in das Internationale Privatrecht Zweiter Band Besonderer Teil St GallenLachen 1997 Rn

29 Etwa gestuumltzt auf eine Art 19 oder Art 86 Abs 2 IPRG vergleichbare 30 Art 86 Abs 2 IPRG ist analog anzuwenden vgl SCHWA NJl ER (FN 16) S 16 f 31 Vgl Art 7a BG vom 16 Dezember 1983 uumlber den Erwerb von Grundstuumlcken durch Personen

im Ausland (BewG) SR 21141241 zur Entwicklung von der Lex von Moos bis 7llr Lex Koller vgl PETER R BURKHALTERISTEPAN GRAP-PADILLA Immobilienerwerb unter besonderer Beshyruumlcksichtigung des Erwerbs durch Auslaumlnder in Immobiliencrwcrb unter bcsonderer Beluumlckshysichtigung des Erwerbs durch Auslaumlnder hrsg v der Europaumlischen Anwaltsvereinigung eV (DACH) Zuumlrich 2010 S 121 ff

32 Vgl GOumlKSUOLANO (FN 13) Art 86lPRG N 2 HEINI (FN 3) Vor Art 86-96 IPRG N 25 33 Vgl Vertrag vom 25 November 1850 zwischen der Schweizerischen Eidgcnossensehaft und den

Vereinigten Staaten von Nordamcrika (SR 0142113361)

34 VgL TINA WUumlSTEMANNRAIHAEL CICA Der schweizerisch-amcrikanische Erbfall succcssio 2013 168 H HEINI (FN 3) Vor Art 86-96 IPRG N 26 BSK-SCHNYDERLlATOWITSCH (FN 3) Art 86 IPRG N 25 Entgegen dem Wortlaut des Vertrages geht die herrschende Aufshyfassung dahin dass die Gerichte desjenigen Staates zustaumlndig sein sollen in welchem der Erblasshyser seinen letzten Wohnsitz gehabt hat BGE 43 I 86 L soweit bewegliches Vermoumlgen in Beshytracht faumlllt das Land des letzten Wohnsitzes des Erblassers

Kiinzle

Die EuErbVO und die Schweiz

Diese Bestimmung wird allfgrund der (spaumlter erlassenen) Regeln des schweizerishyschen Internationalen Privatrechts35 dahingehend ausgelegt dass auch Staatsbuumlrger eine Rechtswahl ausuumlben koumlnnen36

b) Verschiedene Niederlassungs- und Konsularvertraumlge 37 sehen Zustaumlndigshykeitsrege1n fuumlr die Staatsangehoumlrigen dr jeweiligen Laumlnder vor welche die Sishycherung des Nachlasscs die Orientierung uumlber den Eintritt des Erbfalles oder die Wahrung der Erbeninteressen betreffen Der Staatsvertrag von 1856 mit dem Grossherzog von Baden wurde aufgehoben aber die Schweiz hat die einseitige Erklaumlrung abgegeben wonach die schweizerischen Behoumlrden Artikel 6 des Staatsvertrages weiterhin allf Erbschaften anwenden werden sofern deren Teishylung aufgrund einer vor der Allfhebung des Staatsvertrages errichteten Ict7twilshyligen Velfuumlgung zu erfolgen hat38 Der Staatsvertrag mit Oumlstcrreich39 recc1t den Umgang mit dem Todesschein

c) Das Lugano-Uumlbereinkommen ist allf crbreehtliche Verhaumlltnisse nicht anshywendbar (Art lAbs 2 Ziff I LllgUuml)4o

114 Zustaumlndigkeit fuumlr die guumlterrechtliche Auseinandersetzung

a) Bevor es nach schweizerischem Recht -ur Erbteilung kommt ist die guumltershyrechtliche Auseinandersetzung vorzunehmen in welcher der Umfang des Nachshy

35 Vgl Art 90 Abs 2 IPRG 36 Vgl I-II(INI (FN 3) Vor Art 86-96 IPRG N 2( und Art 90

hei dcn USA auf (inell der 50 Staaten zu bezichen (Stale Law) 37 VJJl Staatsvertrag V0I116 Dezember 1856 mit dem

rci~ligigkcit und

38 39 40

Kiinzle

122 123 Teil 2 Vertiefung

lasses bestimmt wird Art 51 Iit a IPRG verweist fuumlr die guumlterrechtliche Ausshyeinandersetzung nach dem Tod eines Ehegatten auf die erbrechtlichen Zustaumlnshydigkeitsvorschriften von Art 86-89 IPRG (also Wohnsitz Heimatort und LageshyOrt)41 Diese besondere Zustaumlndigkeit geht der allgemeinen Zustaumlndigkeit (Art 51 lit c IPRG) vor und sie kommt auch dann zur Anwendung wenn die Erben sich einig sind und die Streitfragen sich auf die guumlterrechtliche Auseinanshydersetzung beschraumlnken42

b) Von dieser Regelung wird abgewichen wenn es zur Nachlassspaltung kaumlme (Art 58 Abs 2 IPRG) oder auslaumlndische Grundstuumlcke betroffen sind (Art 86 Abs2 IPRG)43 oder wenn abweichende Vereinbarungen (Art 5 IPRG) getrofshyfen wurden

12 Anwendbares Recht

121 Erbstatut

a) Auf den (weltweiten)44 Nachlass ist schweizerisches Recht anwendbar wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz in der Schweiz45 hatte (Art 90 Abs 1 IPRG)46

b) Ein (in derSchweiz wohnhafter) Auslaumlnder47 kann (fuumlr seinen ganzen Nachshy I

lass)48 sein (auslaumlndisches) Heimatrecht waumlhlen sofern er nicht auch Schweizer Buumlrger geworden ist (Art 90 Abs 2 IPRG)49 Eine solche Erklaumlrung wird in der Gerichtspraxis grosszuumlgig ausgelegt50 Diese Rechtswahl sollte moumlglichst beshystimmt erfolgen

51 und darf nicht rechtsmissbraumluchlich sein Die Ausschaltung

der schweizerischen Pflichtteile durch eine Rechtswahl des englischen

41 Vgl BRUumlCKNER (FN 9) S 52 GOumlKSuOLANO (FN 13) Art 86 IPRG N 5 42 Vgl SCHWANDER (FN 16) S 4 43 Vgl SCHWANDER (FN 16) S 6

44 Eine Ausnahme besteht wie bei der Zustaumlndigkeit (Art 86 Abs 2 IPRG) - fuumlr nusliindische Grundstuumlcke vgl BSK-SCHNYDERLrATOWITSCH (FN 3) Art 90 IPRG N

45 Der Wohnsitz bestimmt sich nach Art 20 IPRG

46 Vgl BGeL 5A_9102014 vom 18032015 Erw 23 BGer 5A_7382011 vom 10052012 Erw 21 abweichende Regeln (Heimatrecht) gelten fuumlr griechische iranische italienische und amerikanishysche Erblasser aufgrund der vorne (FN 37) erwaumlhnten Staatsvertraumlge vgl SlEHR (FN 9) sect 9 III 2 a

47 Doppelbuumlrgern steht diese Rechtswahl nicht offen vgl BSK-SCHNYDERLIATOWITSCH (FN 3) Art 92 IPRG N 21 f KlLIAS (FN 9) S 94

48 Eine Rechtswahl fuumlr einen Teil des Nachlasses ist nicht zulaumlssig vgl BSK -SCHNYDERI LIATOWlTSCH (FN 3) Art 90 IPRG N 15 H BUCHER (FN 14) ZBGR 69

49 Vl OGer ZH vom 18 Maumlrz 199B abgedruckt in BREITSCHMlDKUumlNZLE

das Gesetz aber keine ausdruumlckliche ErKlarunp

ER (FN 14) ZBGR69 (19gB) 148 50 Vgl BGE 115 III 35 51 Entgegen den ersten Entwuumlrfen

BSK-SCHNYDERLiATOWTSCH (FN 92 IPRG N 18 BUCHER (FN 14) ZBGR 69148

Kiinzle

Die EuErbVO und die Schweiz

weshalb auch geringere Pflichtteile (zB in Deutschland)54 hinzunehmen Die Rechtswahl bezieht sich im Zweifel auf das materielle Erbrecht55

c) Wenn der Erblasser im Ausland verstorben bestimmt grundsaumltzlich das auslaumlndische Kollisionsrecht das Erbstatut (Art 91 Abs 1 IPRG)56

d) Wenn die schweizerischen Behoumlrden und Gerichte am Heimatort nach Art 87 IPRG zustaumlndig sind kommt vorbehaltlich einer abweichenden Rechtswahl auch das schweizerische Recht zur Anwendung (Art 91 Abs2 IPRG)

e) Eine Rechtswahl ist nicht moumlglich wenn ein Staat fuumlr Grundstuumlcke die eishygene Zustaumlndigkeit vorschreibt (Art 86 Abs 2 IPRG) und die Anwendung eigeshynen Rechts vorbehaumllt

f) Welche Fragen zum Erbstatut gehoumlren regelt Art 92 Abs 1 IPRG Die grenzung zum Eroumlffnungsstatut ist nach wie vor nicht voumlllig geklaumlrt57 Zum Erbstatut gehoumlren alle Fragen des materiellen Erbrechts dh alle mit dem Erbrecht verbundenen Rechte und alle Voraussetzungen und Wirkungen von Klagen und Massnahmen welche mit der Verwirklichung dieser Rechte zusamshymenhaumlngen58 Ihm ist im Zweifel der Vortritt ZU lassen es sei denn eine sei mit dem Verfahren so verknuumlpft dass eine Trennung nicht mehr ist59 Zum Erbstatut gehoumlren etwa Eintritt Erbfalles Erbfaumlhigkeit Erbbcshyrechtigung60 und Erbanteile (gesetzliche Erbfolge) Pflichtteile Arten und Wirshykungen erbrechtlicher Verfuumlgungen (Erbeinsetzung Erbverzicht Enterbung Vermaumlehtnisse61 Auflagen Bedingungen) Umfang des Nachlasses62 Erwerb

Rechts) verstoumlsst grundsaumltzlich52 nicht gegen den ordre

52 Die Notlage in einem Einzelfall nn L bullbull I

einem andcren Ergebnis fuumlhrcn vgl HANS HANISCH reserve legale in Mclangcs Guy Plattet Lausanne 1985 hrsg v u a S 483

53 Vgl BGE 102 Il 140 f Es muss im LCllpUlIIU

Rechtswnhl In der Schweiz Dcutschland die

kritisch BUCHER (FN 14) ZszligGR 69 (1988) 150 zum Heimnuccht bestehen ansonsten dic

54 von 34 (Art 471 Ziff 1 ZGB) waumlhrend in von (nur) 112 habcn (sect 2303 Abs I BGB)

55 56 In

SlIHR (FN 9) sect 9 III 2 c auf Griechenland

der USAdie mit die USA gelten die Stlatsvertriige (FN 33 und 37) das Heimatrecht vorsehen vgl SlEI-IR (FN 9) sect 9

III 3 a 57 Vgl szligSK-SCHNYDERLfATOWflSCH (FN 3) Art 92 IPRG N 2 mwN 58 Vgl BUCHER (FN 14) ZBGR 69 (1988) 154 59 Vgl HEIN (FN 3) Art 92 IPRG N 5 60 Abgrenzung

Eherecht vgl BGE 111 II 16 (brasIllamsche genchtllcne Die Frage ob die guumlltig verheiratet war entscheidet das

desquite) 61 Abgrenzung Die Frage ob Tod des Erblassers direkt auf

und nicht nach dem Sachstatut anshy1994 Nr 125

BCiuumlnstiiten uumlbergeht

Kuumlnzle

124 Teil 2 Vertiefung

und Ausschlagung der Erbschaft Erbgang Erbrechts-Klagen Erbteilung Stelshylung der Erben vor und nach der Teilung (insbesondere Haftung der Erben)63 usw

g) Das schweizerische Internationale Privatrecht laumlsst den Renvoi (Ruumlck- und Weiterverweisung) nur zu wenn dieser vom Gesetz vorgesehen ist (Art 14 IPRG) wie etwa in Art 91 Abs 1 IPRG64

122 Eroumlffnungsstatut

a) Fuumlr die sichernden Massnahmen und die Nachlassabwicklung das Recht am Ort der zustaumlndigen Behoumlrde zur Anwendung (Art 92 Abs2IPRG)65

b) Zum Eroumlffnungsstatut gehoumlren etwa 66 Sicgelung und Inventar Testlshymentseroumlffnung Ausstellen der Erbbescheinigung Form der Ausschlagung das oumlffentliche Inventar amtliche Liquidation67 Verwaltung der Erbschaft Liquidashytionshandlungen die Mitwirkung der Erbteilungsbehoumlrden und die Stellung des Willensvollstreckers (Art 92 Abs2 IPRG) In der Lehre werden allerdings zushynehmend mehr Aspekte der Willensvollstreckung dem Erbstatut zugeordnet68

123 Erbvertraumlge

Erbvertraumlge unterstehen nach Art 95 IPRG dem Recht am Wohnsitz des sers zur Zeit des Vertragsabschlusses (Abs 1) Der Erblasser kann sein Heimatshyrecht waumlhlen (Abs2) Bei mehreren Verfuumlgenden (Erblassern) untersteht jede Verfuumlgung dem jeweils eigenen Statut69

62 Die Frage ob eine Sache vom Erblasser guumlltig erworben den vgl SIEHR (FN 9) sect 9 III 5 das Sachenrecht muss entscllCloen lasser guumlltig erworben wurde vgL BGE 94 II 297 das ObligatiollcnrCcI ein Bankguthabcn als Trust aus dem Vermoumlgen des Erblassers 79

63 Ob bei einem Auslandsbezug ein guumlltiger Anspruch gegenuumlber dem Erblasser bestand ist nach Obligationenrecht (und nicht Erbrecht) zu entscheiden vgl BGE 93 I1 379

64 Vgl Vgl MONICA MAumlCHLER-ERNESuSANNE WOLf-ME1IER Kommentar zu 13-19 IPRG in Baslcr Kommentar Internationales Privatrecht hrsg v Heinrich Honsel Nedim Peter Vogt und Anton K Schnyder 3 A BaselFrankfurt 2013 Art 141PRG N 14

65 Vgl BGel 5A]632012 vom 18032013 Erw 2 OGer ZH LF130068 vom 22042014 Erw 21 66 Vgl BSK-SCHNYDERLIATOWITSCH (FN 3) Art 92 IPRG N 8 BUCI-IER (FN 14) ZGBR 69

(1988) 154 KILIAS (FN 9) S 96

67 Vgl OGer ZH vom 21081998 abgedruckt bei BREITSCl-IMIDKONZLE (FN 1) S 158 f 68 V1 HANS RAINER KONZLE Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht Band

echt 1 Abteilung Die Erben 2 Tetlband Die Verfuumlgungen von Todes wegen 2 Illensvolistrecker (Art 517-518 2GB) Bern 2011 Vorbem zu Art 517-518 ZGB N 73

Beginn machte HEINI (FN 3) Art 92 IPRG N 22 f 69 Vgl BSK-SCHNYDERLIATOWITSCH (FN 3) An 95 IPRG N 5

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz 12S

124 Formstatut

Art 93 IPRG verweist fuumlr das Formstatut also fuumlr die Form des Testaments und Erbvertrags auf das Haager Uumlbereinkommen vom 5 Oktober 19617deg Eine letztwillige Verfuumlgung ist danach guumlltig wenn sie die Form des Heimatrechts des Wohnsitzrechts des Rechts ammiddotgewoumlhnlichen AufenthaltsOlt des Errichshytungsortsrechts oder des Lageortsrechts erfuumlllt

13 Anerkennung von auslaumlndischen Entscheiden und Urkunden

131 Direkte Zustaumlndigkeit

a) Die direkte Zustaumlndigkeit ist in Art 25 ff IPRG geregelt Danach werden auslaumlndische Entscheidungen in der Schweiz anerkannt wenn das zustaumlndige Gericht eine endguumlltige Entscheidung gefaumlllt hat und kein Verweigerungsgrund nach Art 27 IPRG vorliegt Der Nachweis der ErbensteIlung kann mit einem auslaumlndischen Ausweis gefuumlhrt werden welcher der Erbbescheinigung (Art 556-559 ZGB) gleichwertig istl

b) Puumlr Auskuumlnfte lind Verfuumlgungen uumlber Bankdepots und -kontos in der Schweiz werden der deutsche Erbschein und die oumlsterreichische Einantworshytungsurkunde ohne weitere Formalitaumlten akzeptiert72 Gleiches gilt fuumlr Ausweishyse des Probate Court aus England oder den USA fuumlr die executorsJ3 Die in Deutschland als Ausweis anerkannte Eroumlffnungsurkunde74 wird dagegen nicht von allen Banken akzeptiert

c) Fuumlr Auslaumlndische Erbfolgezeugnisse als Ausweis fuumlr Eintragungen im schweizerischen Grundbuch hat das Bundesamt fuumlr Justiz Regeln ausgearbeishytet75 welche fuumlr jedes Land konkret festhalten welche Erbfolgezeugnisse als gleichwertig (aumlquivalent) im Sinne von Art 559 ZGB (im Vergleich mit der Erbshybescheinigung) angesehen werden Danach wird der deutsche Erbschein

2358 H BGB) in der Schweiz ebenso anerkannt76 wie (bei klaren Verhaumlltnisshy

71 72

73 74 75

76

Kuumlnzle

127 126 Teil 2 Vertiefung

auch ein oumlffentlich beurkundetes Testament zusammen mit der Eroumlffshynungsurkunde

d) Auslaumlndische Erbfolgezeugnisse koumlnnen fuumlr vollstreckbar erklaumlrt werden (Art 28 iVm Art 31 IPRG) Das sog Exequaturverfahren wird vom kantonashylen Prozessrecht bestimmt und ist in der Regel summarischer Natur Dieses Vershyfahren wird etwa im Bankverkehr notwendig wenn der auslaumlndische Ausweis nicht akzeptiert wird Das ist haumlufig der Fall wenn der auslaumlndische Ausweis von einem Notar ausgestellt wurde77 Zudem gibt er territoriale Beschraumlnkunshygen So ist der Fremdrechtserbschein auf Deutschland begrenzt und die oumlsterreishychische Einantwortungsurkunde erfasst keine Liegenschaften im Ausland liches gilt fuumlr den letters testamentary und den letters of administrationl8 Diese territorialen Beschraumlnkungen werden in der Schweiz dann beachtet wenn sie sich aus dem materiellen Recht ergeben (Fremdrechtserbschein) nicht aber wenn sie sich aus Regeln des Verfahrensrecht ergeben (Einantwortungsurkunshy

e) Wenn im Ausland kein Erbfolgezeugnis ausgestellt wird oder dieses das in der Schweiz gelegene Vermoumlgen nicht erfasst ist in der Schweiz (im Rahmen eines Eroumlffnungsverfahrens) ersatzweise eine (schweizerische) Erbbescheinigung zu beantragen Die Zustaumlndigkeit richtet sich nach Art 87 und Art 88 IPRG Wurde im Ausland zwar ein Ausweis ausgestellt erfuumlllt dieser aber die fuumlr die Anerkennung notwendigen Anforderungen nicht muss gestuumltzt auf die Notzushystaumlndigkeit von Art 3 IPRG am Ort der gelegenen Sache oder an einem anderen Ort mit dem der Sachverhalt einen genuumlgenden Bezug aufweist eine Erbbeshyscheinigung beantragt werden

f) Bei Kollisionen von Erbrechtsausweisen aus mehreren Laumlndern kann Art 27 Abs2 lit c IPRG (iVm Art 31 IPRG) die Loumlsung bringen indem das zuerst in der Schweiz eingeleitete Verfahren80 Vorrang hat81

132 Indirekte Zustaumlndigkeit

Die indirekte Zustaumlndigkeit ist in Art 96 IPRG geregelt Nach Abs 1 lit a wershyden Urteile anerkannt wenn sie getroffen ausgestellt oder festgestellt worden sind im Staat des letzten Wohnorts des Erblassers oder im Staat dessen Recht er gewaumlhlt hat oder wenn sie dort anerkannt werden (sog Drittstaatsanerkenshy

77 Vgl I tANS KUHN Anerkennung und Wirkungen auslaumlndischer Erbauswcisc im schweizerischen Recht SZIER 12 (2002) 7

78 Vgl KUHN (FN77) SZIER 12 (2002) 25 79 Vgl KUHN (FN 77) SZIER 12 (2002) 26 f 80 In der Schweiz wird der Nachlass mit dem Tod des Erblassers automatisch eroumlffnet vgL Art 537

ZGB 81 Vd FlORIAN MARXER Das internationale Erbrecht Licchtensteins - Ein Vergleich mit dem

reichischen und schweizerischen Recht (Diss Zuumlrich) Vaduz 2002 S 141

KUnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

nung)82 Fuumlr Grundstuumlcke ist der Lageort massgebend (Art 96 Abs 1 lit b IPRG) gegebenenfalls ausschliesslich (Art 96 Abs 2 IPRG)

133 Staatsvertraumlge

Die Anerkennung und Vollstreckungauslaumlndischer Entscheide Massnahmen und Urkunden wird auch von Staatsvertraumlgen geregelt etwa im Verhaumlltnis zu Deutschland83 Diese enthalten aber regelmaumlssig nur Mindestnormen und gehen deshalb nicht uumlber Art 96 IPRG hinaus 84

2 Grundzuumlge der EuErbVO

a) Die Verordnung (EU) Nr 65012012 dcs Europaumlischcn Parlaments und dcs Rates vom 4Juli 2012 uumlbcr die Zustaumlndigkeit das anzuwcndcnde Recht die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung oumlffentlicher Urkundcn in Erbsachcn sowie zur Einfuumlhrung cines Europaumlischen Nachlasszeugnisses (EU-Erbrechts-Verordnung I EuErbVO)85 trat am t 7 August 2015 in Kraft (Art 84 EuErb VO)

b) Die EuErbVO ist direkt anwendbar und gilt fuumlr die Mitgliedstaaten Diese sind in der EuErbVO nicht dcfiniert Da Daumlnemark Irland und das Vereinigte Koumlnigreich sich nicht beteiligen gelten sie nicht als Mitgliedstaaten im Sinne der VerordnungY Obwohl erst nach der Verabschiedung der ErbVO zur EU geshystossen ist dagegen Kroatien ein MitgliedstaatB7

21 Zustaumlndigkeit

211 Grundregel

a) Art 4 EuErbVO regelt die Zustaumlndigkeit fuumlr saumlmtliche Erbsachen dh soshywohl fuumlr streitige Verfahren als auch fuumlr Verfahrcn der freiwilligen Gcrichtsbarshykeit sB Die Zustaumlndigkeit gilt zudem unabhaumlngig von der Nachlassbclegcnheit verhindert somit eine Nachlassspaltung

82 Vgl HEINI (FN 3) Art IPRG N 9 ff 83 Vgl Abkollll11en vom 2 November 1929 wischen

dcm Deutschen Reich uumlber die Anerkennung lind Vollstreckung _ Schiedsspruumlchen (SR 0276191361) zu weiteren StaatsvertrKgcn

dem Fuumlrstentum Liechtenstcin Schweden Spanien der Tschechoslowakischen Oumlsterreich vgl STElHEN

Basler Kommentar Internati r

und Anton K Schnydcr 3 A 84 Vgl 5mBR (FN 9) S 549 85 Vgl EU AbI NT L 201 S 107 zur Entstehungsgeschichte vgl ANATOLDUITA Kommentar zu

Art 1-84 EuErbva in Muumlnchener Kommentar zum Buumlrgerlichen Gesct7bueh Band 10 Intershynationales Privatrecht 16 A Muumlnchen 2015 Vor Art 1 EuErbVO N 5 ff

86 V gl Erwaumlgungsgruumlnde 82 und 83 87 Vgl DUTIA (FN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 14 88 Vgl DUTIA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 4

Kuumlnzle

127 126 Teil 2 Vertiefung

sen) auch ein oumlffentlich beurkundetes Testament zusammen mit der Eroumlffshynungsurkunde

d) Auslaumlndische Erbfolgezeugnisse koumlnnen fuumlr vollstreckbar erklaumlrt werden (Art 28 iVm Art 31 IPRG) Das sog Exequaturverfahren wird vom kantonashylen Prozessrecht bestimmt und ist in der Regel summarischer Natur Dieses Vershyfahren wird etwa im Bankverkehr notwendig wenn der auslaumlndische Ausweis nicht akzeptiert wird Das ist haumlufig der Fall wenn der auslaumlndische Ausweis von einem Notar ausgestellt wurde77 Zudem gibt er territoriale Beschraumlnkunshygen So ist der Fremdrechtserbschein auf Deutschland begrenzt und die oumlsterreishychische Einantwortungsurkunde erfasst keine Liegenschaften im Ausland Aumlhnshyliches gilt fuumlr den letters testamentary und den letters of administration7H Diese territorialen Beschraumlnkungen werden in der Schweiz dann beachtet wenn sie sich aus dem materiellen Recht ergeben (Fremdrechtserbschein) nicht aber wenn sie sich aus Regeln des Verfahrensrecht ergeben (Einantwortungsurkunshyde)9

e) Wenn im Ausland kein Erbfolgezeugnis ausgestellt wird oder dieses das in der Schweiz gelegene Vermoumlgen nicht erfasst ist in der Schweiz (im Rahmen eines Eroumlffnungsverfahrens) ersatzweise eine (schweizerische) Erbbescheinigung zu beantragen Die Zustaumlndigkeit richtet sich nach Art 87 und Art 88 IPRG Wurde im Ausland zwar ein Ausweis ausgestellt erfuumlllt dieser aber die fuumlr die Anerkennung notwendigen Anforderungen nicht muss gestuumltzt auf die Notzushystaumlndigkeit von Art 3 IPRG am Ort der gelegenen Sache oder an einem anderen Ort mit dem der Sachverhalt einen genuumlgenden Bezug aufweist eine Erbbeshyscheinigung beantragt werden

f) Bei Kollisionen von Erbrechtsausweisen aus mehreren Laumlndern kann Art 27 Abs2 lit c IPRG (iVm Art 31 IPRG) die Loumlsung bringen indem das zuerst in der Schweiz eingeleitete Verfahren80 Vorrang hat 81

132 Indirekte Zustaumlndigkeit

Die indirekte Zustaumlndigkeit ist in Art 96 IPRG geregelt Nach Abs 1 Ht a wershyden Urteile anerkannt wenn sie getroffen ausgestellt oder festgestellt worden sind im Staat des letzten Wohnorts des Erblassers oder im Staat dessen Recht er gewaumlhlt hat oder wenn sie dort anerkannt werden (sog Drittstaatsanerkenshy

77 Vgl HANS KUl-IN Anerkennung und Wirkungen auslaumlndischer Erbausweise im schwei~crischen Recht SZIER 12 (2002) 7

78 Vgl KUHN (FN 77) SZlER 12 (2002) 25 79 Vgl KUHN (FN 77) SZIER 12 (2002) 26 f 80 In der Schweiz wird der Nachlass mit dem Tod des Erblassers automatisch eroumlffnet vtL Art 537

ZGB

81 Vgl FLORIAN MARXER Das internationale Erbrecht Licchtensteins Ein Vergleich mit dem oumlsterreichischerr und schweizerischen Recht (Diss Zuumlrich) Vaduz 2002 S 141

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

nung)82 Fuumlr Grundstuumlcke ist der Lageort massgebend (Art 96 Abs 1 lit b IPRG) gegebenenfalls ausschliesslich (Art 96 Abs 2 IPRG)

133 Staatsvertraumlge

Die Anerkennung und Vollstreckung auslaumlndischer Entscheide Massnahmen und Urkunden wird auch von Staatsv~rtraumlgen geregelt etwa im Verhaumlltnis zu Deutschland83 Diese enthalten aber regelmaumlssig nur Mindestnormen und gehen deshalb nicht uumlber Art 96 IPRG hinaus 84

2 Grundzuumlge der EuErbVO

a) Die Verordnung (EU) Nr 65012012 des Europaumlischen Parlaments und des Rates vom 4 Juli 2012 uumlber die Zustaumlndigkeit das anzuwendende Recht die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung oumlffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einfuumlhrung eines Europaumlischen Nachlasszeugnisses (EU-Erbrechts-Verordnung I EuErbVO)85 trat am 17 August 2015 in Kntft (Art 84 EuErbVO)

b) Die EuErbVO ist direkt anwendbar lind gilt fuumlr die Mitgliedstaaten Diese sind in der EuErbVO nicht definiert Da Daumlnemark Irland und das Vereinigte Koumlnigreich sich nicht beteiligen gelten sie nicht als Mitgliedstaaten im Sinne der VerordnungH6 Obwohl erst nach der Verabschiedung der ErbVO zur EU geshystossen ist dagegen Kroatien ein MitglicdstaatH7

21 Zustaumlndigkeit

211 Grundregel

a) Art 4 EuErbVO regelt die Zustaumlndigkeit fuumlr saumlmtliche Erbsachen dh soshywohl fuumlr streitige Verfahren als auch fuumlr Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarshykeit H8 Die Zustaumlndigkeit gilt zudem unabhaumlngig von der Nachlassbelegenheit verhindert somit eine Nachlassspaltung

82 Vgl HEINI (lN 3) Art 96 [PIZe N 9 ff a3 VgL Abkomlllcn vom 2 November 1929 Iwischen dcr Schwcizerischcll Eidgenossenschaft

dem DcUtschen Rcich uumlber die Anerkennung lind Vollstredwng von gerich gen lind Schiedsspruumlchen (SR 02761913(1) zu weiteren Staatsvertraumlgen reich Italien lcl11 Fuumlrstentum Liechtcnstein Schweden Spanien de Tschechoslowakischen Republik und Oumlsterreich vgl STHIIIEN VllERIIROBERT K DAumlPPEN Kommentar zu Art 25shy32 IPRG Baslcr Kommentar Internationales Privatrecht hrsg v Heinrich HOllscIl Ncdim Peshyter Vogt lind Antol1 K Schnytkr 3 A Bascfrankfurt 2013 Art 25 IPRG N 18

B4 Vgl SmlfR (FN 9) S 549 85 Vgl EU AbI Nr L 201 S 107 zu Entstehungsgeschichte vgl ANATOt DlJlTA Kommentmiddot zu

Art 1-84 EuErbVO in Muumlnchcner KOlllmcntar wm Buumlrgerlichen Gesetzbuch Band 10 Intershynationales Privatrecht I ( A Muumlnchen 2015 Vor Art 1 EuErbVO N 5 ff

86 Vgl Erwaumlgungsgruumlnde 82 und 83 87 Vgl DUTrA (FN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 14 88 Vgl DunA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 4

Kuumlnzle

129 128 Teil 2 Vertiefung

b) Fuumlr den ganzen Nachlass zustaumlndig sind grundsaumltzlich die Gerichte am letzshyten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers (Art 4 EuErbVO) Abgestellt wird objektiv auf familiaumlre und soziale Bindungen und subjektiv auf den Bleishybewillen89 Da keine privatautonome Bestimmung moumlglich ist hat die Erklaumlrung des Erblassers in seiner letztwilligen Verfuumlgung nur eine beschraumlnkte Wirkung9o Es sind Faumllle denkbar dass kein oder mehrere gewoumlhnliche Aufenthaltsorte vorshyliegen91 Keine Verschiebung des gewoumlhnlichen Aufenthaltsorts bewirken Aufshyenthaltswechsel aus schulischen beruflichen und medizinischen Gruumlnden (Pfleshyge) sowie moumlglicherweise auch aus Altersgruumlndenmiddot (bei fehlender Integration I Mallorca-Rentner)92

c) Art 10 ErbVO sieht eine subsidiaumlre Zustaumlndigkeit am Ort der Nachlassbeleshygenheit vor welche umfassend (fuumlr den ganzen Nachlass) und zwingender Nashytur ist

93 Nachlassbelegenheit in einem Mitgliedstaat ist gegeben wenn sich (im

Zeitpunkt der Entscheidung)94 koumlrperliche Gegenstaumlnde (Sachen) in einem Mitshygliedstaat befinden Gegenstaumlnde oder Rechte in einem oumlffentlichen Register eines Mitgliedstaates verzeichnet sind (unbewegliche Sachen Schiffe Luftfahrshyzeuge oder Immaterialguumlterrechte) oder Forderungen mit einem Schuldner in einem Mitgliedstaat9s Der Erblasser muss zudem eine Beziehung CUl11 Bclegenshyheitsmitgliedstaat haben naumlmlich dessen Staatsangehoumlriger sein ([it a) oder inshynerhalb der vergangenen fuumlnf Jahre seinen gewoumlhnlichen Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat gehabt haben ([it b) Wenn eine solche Beziehung fehlt wird die Zustaumlndigkeit auf den inlaumlndischen Nachlass begrenzt (Abs 2))(

212 Abweichung im Fall einer Rechtswahl

a) Nach Art 5-9 EuErbVO besteht - zur Wiederherstellung des Gleichlaufs von forum und ius97 - die Moumlglichkeit von der Grundregel (Art 4 und Art 10 EuErbVO) abzuweichen und zwar immer dann wenn der Erblasser eine Rechtsshywahl getroffen hat (1) foumlrmliche Gerichtstandvereinbarung (Art 5 EuErbVO) (2) formlose Gerichtstandsanerkennung (Art 7 lit c EuErbVO) (3) Ermessensshy

89 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 4 Kindschaftsvcrfahrensrechts des EuGH keine che Wohnsitz

90 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 4 91 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 6 92 Vgl DENIS SOLOMON Die allgemeine Kollisionsnorm in Die EUlOpiiishy

sehe Erbreehtsverordnung hrsg v Muumlnchen 201417 ff KINGA M WEissMANUEi -CllC I-lcrausforshy

internationale Na ic1welzcr Sicht sllcccssio 2014 167 f(= zur Notariatspraxis Schweizcrischen Notarcnvcrband Muri 2015S 15

93 DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 7 94 DUTTA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 9 95 DUTfA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 6 96 DUITA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 13 ff 97 dazu WEIssBIGLER (FN 92) successio 2014 166

Kuumlnzle

Dic EuErhVO und die Schweiz

entscheidung des nach der Grundregel zustaumlndigen Gerichts (Art 6 lit a EushyErbVO) (4) Vereinbarung einer aussergerichtlichen einvernehmlichen Regelung (Art 8 EuErbVO) sowie (5) ruumlgelose Einlassung (Art 9 EuErbVO)

b) Die EuErbVO gestattet dem Erblasser keine einseitige Gerichtsstandsshywahl98 der Erblasser muss vielmehr darauf hoffen dass die Erben die ihnen zur Verfligung stehenden Moumlglichkeiten benuumltzen

22 Anwendbares Recht

221 Objektive Anknuumlpfung

Zustaumlndigkeit und anwendbares Recht (Art 4 und 21 EuErbVO) folgen dem Hauptanknuumlpfungspunkt (letzter gewoumlhnlicher Aufenthalt des Erblasshy

sers) womit ein Gleichlauf von forum und ius angestrebt wird

b) Nach Art 21 Abs 1 EuErbVO wird grundsaumltzlich auf den ganzen Nachhtss das Recht ltIm letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers angewendet (Erb-

Der letcte gewoumlhnliche Aufenthalt des Erblassers in Art 21 EuErbVO entspricht demjenigen von Art 4 ErbV099

c) In Art 21 Abs2 EuErbVO gibt es eine Ausweichklauscl wonach ein andeshyres Recht anzuwenden ist wenn zu diesem eine offensichtlich engere Bindung besteht Da auch die Bestimmung des gewoumlhnlichen Aufenthalts auf eine enge Bindung tbstcllt werden Ausnahmen selten vorkommen loa Dutta erwaumlhnt etshywa dass einer fehlgeschlagenen Rechtswahl zum Durchbruch verholfen oder ein Aufenthaltswechsel einer betreuten Person korrigiert werden kann 10I

222 Rechtswahl

Der Erblasser kann das auf den Nachlass anwendbare Recht (Erbstatut) in beshyschriinktem Umfang waumlhlen er kltlnn luumlmlich sein Staatsangehoumlrigkeitsrecht waumlhlen welches er im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes besass (Art 22

98 Vgl DUIlA (FN 85) Vor Art 4 ElIErbVO N 7[] 99 VgL DUTlA (FN 85) Art 21 EuErbVO N 4

100 Kritisch KNUTWERNER LANGE Das ErbkoUisionsrccht im nClIcn Entwurf eincr EU-ErbVO ZErb 2012 [62 FEIJX M WIlKE Das internationale Erbrecht nach der IlCllcn EU-Erbshyrcchtsvcrordnung RIW 2012 605

101 Vgl DUJ1A (lN 85) Art 21 EuErbVO N 6 weiter Faumllle sind Expats oder DiplomaIlshyteIl vgL WElSSBIGLElt (FN 92) sllcccssio 2014174

Kuumlnzle

131 130 T eil 2 Vertiefung

Abs 1 EuErbVO)102 Wenn der Erblasser mehrere Staatsangehoumlrigkeiten beshysitzt hat er die Auswahl 103 Die Rechtswahl betrifft stets den gesamten Nachshy

eine Teilrechtswahl ist nicht moumlglich104

223 Erbvertraumlge

Fuumlr Erbvertraumlge gilt nach Art 25 EuErbVO das zur Zeit der Errichtung massshygebende Recht (Abs 1) Erbvertraumlge sind nur in wenigen Laumlndern der EU zugeshylassen etwa in Deutschland und Oumlsterreich Darunter gehoumlren aber auch gegenshyseitige Testamente (Deutschland)105 und Gestaltungsmittel des franzoumlsischen (donation-partage institution contractuelle renonciationanticipee aIaction en reduction) und englischen Rechts (contract to make or not to make a will contract not to revoke or not to modify a will)106 Bei mehreren Verfuumlgenden muss der Erbvertrag nach beiden Erbstatuten zulaumlssig sein (Abs2) was geleshygentlich durch die Wahl des gemeinsamen Heimatrechts erreicht wird (Abs 3)107

224 Sonderrregelung fuumlr Nachlassverwalter

Nach Art23 Abs2 lit f EuErbVO unterstehen die Testamentsvollstrecker (und Nachlasspfleger nicht aber Nachlassinsolvenzverwalter) grundsaumltzlich dem Erbstatut108 Nach Art29 Abs 1 EuErbVO darf fuumlr Nachlassverwalter

102 Das kann wie folgt formuliert werden (1) Ich bin deutscher hen Aufenthalt in Deutschland Diesen will ich auch Staatsangehoumlriger und habe meinen gewoumlhnlichen Aufenthalt auf Mallorca Vorsorgshy

waumlhle ich fuumlr die Rechtsnachfolge von Todes wegen in mein gesamtes Vermoumlgen sowie die Frage der Rechtswirksamkeit dieses Testaments das deutsche Recht als mein Staatsangehoumlrigshykeitsrecht (3) Ich bin Buumlrger von Kappe Ebnat-Kappel SG (Schweiz) also schweizerischer Staatsangehoumlriger und habe meinen gewoumlhnlichen Aufenthalt in Konstanz (Deutschland) den ich auch bis zu meinem Tod beibehalten will Ich waumlhle hiermit fuumlr die Rechtsnachfolge VOn Toshydes wegen in mein ganzes Vermoumlgen sowie fuumlr die Frage der Rechtswirksamkeit dieses Testashyments das schweizerische Recht insbesondere das schweizerische Erbrecht als mein Staatsangeshyhoumlrigkeitsrecht vgl FELIX ODERSKY Die Europaumlische Erbrechtsverordnung in der Gestalshytungspraxis nOtar 20137

103 Vgl DUrrA (FN 85) Art 22 EuErbVO N 3 104 Vgl DUTTA (FN 85) Art 22 EuErbVO N 8 105 Das in Deutschland haumlufip verwendete gemeinschaftliche Testament ist in der

als im nationalen Recht In die Kategorie der Erbvcrtraumlge einzuordncn VGL ANATOL Die europaumlische Erbrechtsverordnung vor ihrem Anwendungsbeginn Zebn ausgewaumlhlteStreitstandsminiaturen IPRax 2015 35

106 Vgl ANDREABONOMIAzADI OumlZTUumlRK Das Statut der Verfuumlgung von Todes wegen (Art 24 ff EuErbVO) in Die Europaumlische Erbrechtsverordnung hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 N 60 nennen donation-partage

107 WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014 188 geben folgendes Formulierungsbeispiel Ich MilK Muster bin deutscher und schweizerischer Staatsbuumlrger Ich Manuela Muster bin deutshysche Staatsbuumlrgerin Fuumlr die Erbfolge in den gesamten Nachlass waumlhlt ein jeder von uns deutshysches materielles Recht unabhaumlngig vom On des jeweiligen gewoumlhnlichen Aufenthalts im Zeitshypunkt des Todes Fuumlr die Wirksamkeit und Bindungswirkungen dieses Erbvertrages soll insfc samt das deutsche materielle Recht gelten Dies verfuumlgt ein jeder von uns einzeln sowie wir belde

lsam und soweit zulaumlssig mit erbvertraglicher Bindungswirkung Die Bi s1ch soweit zulaumlssig auch auf die Wahl des anwendbaren Rechts erstrecken

108 Vgl DUTTA (FN 85) Art 23 EuErbVO N 23

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

ausnahmsweise bei der lex fori angeknuumlpft werden (Eroumlffnungsstatut) soweit dies zwingend notwendig ist Damit hat man vor allem an den executoradminishystrator des common law gedacht109

225 Formstatut

Fuumlr die Form gilt nach Art 27 EuEirbVO weitgehend 11 0das Haagcr Testashymentsformuumlbereinkommen vom 5101961111 Dies bedeutet im Wesentlichen dass die Form am Ort der Testamentserrichtung eingehalten werden muss

23 Anerkennung von Entscheidungen und Urkunden

a) Mit der Schaffung des Europaumlischen Naehlasszeugnisses (Art 62 EuErbshyVO) welches auch den Testamentsvollstrecker einschliesst ist die Anerkennung im EU-Raum gesichert und zwar ohne besonderes Verfahren (Art 39 Abs I EuErbVO) Es werden allerdings auch neue Probleme geschaffen so etwa die Abbildung des (deutschen) pauschalierten Zugewinnausgleichs welcher guumltershyund nicht erbrechtlicher Natur istl2

b) Die EuErbVO geht recht weit im Umsetzen von auslaumlndischen Entscheidunshygen Bei der Anwendung auslaumlndischen Rechts kann es vorkommen dass Vershyrichtungen umzusetzen sind welche das eigene Recht nicht kennt etwa eine Einantwortung nach oumlsterreichischem Recht eine family provision nach englishyschem Recht oder eine Gestaltungsmassnahme zur Durchsetzung von Pflichtteishylen Diese wurden in Deutschland gelegentlich als wesensfremd abgelehnt 113

was unter der Geltung der Eu ErbVO nicht mehr moumlglich ist j 14

24 Einfuumlhrungsgesetze

Obwohl die EuErbVO direkt anwendbar ist braucht es zur Umsetzung in den einzelnen Laumlndern besondere Vorschriften und regelmaumlssig auch Aumlnderungen des bestehenden nationalen Rechts Deutschland hat das Gesetz vom 29 Juni 2015 zum Internationalen Erbrecht und zur Aumlnderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Aumlnderung sonstiger Vorschriften (IntErbRVGEG) 115 gerashyde noch rechtzeitig vor Inkrafttreten der EuErbVO erlassen Die meisten Laumlnshyder haben noch kein derartiges Gesetz 116

109 85) Art 29 EuErbVO NI 10 Zu Unterschieden vgl DunA (FN 85) Art 27 EuErbVO N 4 ff

111 Vgl wwwhcchl1ctlllploadltcxtll_dpdf(26082015)SR 021 13121 112 Vgl DUrlA (FN 105) IPRax 2015 33 113 Vgl etwa BayObLGZ 1967197201 114 Vgl DUITA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 21 115 BGBl I S1042 fuumlr eine Kommentierung der neuen Regeln vgl Internationales Erbrecht

(EuErbVO I IntErbRVG) brsg v Walter Gier Andreas Koumlhler Ludwig Kroiszlig und Harald Wilsch Baden-Baden 2015

116 Zum oumlsterreichischen Erbrechtsaumlnderungsgesetz vom 30 Juli 2015 (BGBl I 872015) welohe am 112017 in Kraft tritt

Kuumlnzle

132 133 Teil 2 Vertiefung

3 Anwendung der EuErbVO auf die Schweiz

31 Vorbehalt bilateraler Abkommen mit Drittstaaten

a) Waumlhrend Staatsvertraumlge unter den Mitgliedstaaten mit dem Inkrafttreten der EuErbva aufgehoben werden117 bleiben Staatsvertraumlge der Mitgliedstaaten mit Drittstaaten grundsaumltzlich bestehen und haben Vorrang gegenuumlber den Regeln der Erbrechtsverordnung (Art 75 Abs 1 EuErbVO)118 Das bedeutet dass die

119 vorne erwaumlhnten Staatsvertraumlge mit Italien Griechenland und Portugal vorshy

bleiben12o

In den Staatsvertraumlgen mit Italien 121 und Griechenland 122 wird das Heimatrecht auf Erbfaumllle angewendet Wenn in einem Erbfall weitere EU-Staaten (ohne Staatsvertrag) involviert sind kann dies zu Problemen fuumlhren naumlmlich der Anwendung unterschiedlichen Rechts in den einzelnen Staaten123 Fuumlr Deutschland bleiben (unter anderem) die Staatsvertraumlge mit dem Iran mit der ehemaligen Sowjetunion und mit der Tuumlrkei bestehen 124

besteht auch fuumlr Haager Form-Uumlbereinkommen 125

117 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 20

118 Vgl REMBERT SOSS Der Vorbehalt zugunsten bilateraler Abkommen mit Drittstaatcll in Die Europaumlische Erbrechtsverordnung hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014N14mwN

119 Vgl vorne FN 37 120 Vgl Suumlss (FN 118) N 12

121 Zu Einzelheiten vgl TI NA WUumlSTEMANNLARISSA MADOLDA MARTINEZ Der schweierischshyitalienische Erbfall successio 2011 66 ff BGE 138 III 354 Erw 3 BGer 4A_582011 Pra 2012 NI 130 = ZBGR 2014174 Der Staatsvertrag laumlsst eine Rechtswahl BGE 136 HI 461 Erw 52153 = 4A_4212009 ZBGR 2012111 Der Staatsvertrag laumlsst BGer 5C212003 vorn 22072003 Erw 2 Der Staatsvertrag regelt die Frage der weshalb Art 86 H IPRG anzuwenden BGE 120 II 293 Der Staatsvertrag regelt der Eroumlffnung nicht weshalb Art 86 H anzuwenden sind BGE 99 II 246 Erw Staatsvertrag regelt die der Eroumlffnung nicht weshalb die schweizerischen Kollisiollsnorshymcn anwendbar sind ZR Nr 76 Erw II Vorsorgliche Massnahmcn bezuumlglich Nachlassguumlshytern in der Schweiz eines in Italien verstorbenen Italieners

122 Vgl BGE 94 H 5 Elw 2 Heimatrecht ist anwendbar

123 Aumlhnlich wie in den von SUumlSS (FN 118) N 16 ff genannten Beispielen Eclegenheit in einem anshyderen Mitgliedstaat gewoumlhnlicher Aufenthalt in einern anderen Mitgliedstat

124 Vgl DUTTA (FN 105) IPRall 2015 39 ANDREAS KOumlHLER sect 4 Internationales Privatrecht in Internationales Erbrecht (EuErbVO IntErbRVG) hrsg v Walter Gier Andreas Koumlhler Ludwig Kroiszlig und Harald Wilsch Baden-Baden 2015 Anhang zu sect 4 Art 8 Niederlassungsabshykommen vom 17 Februar 1929 zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien (RGBI 1930 II 1002) Anlage zu Art 22 (Nachlassabkommen) sectsect 13-15 17 und 19 KOllsularvcrshytrag zwischen dem Deutschen Reich und der Union der Sozialistischen Sowjctrepubliken vom 12 Oktober 1925 (RGBl1926 II 60) Art 19-20 und 24-29 Konsularvertrag zwischen der Bunshydesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom 25 April 1958 (BGBI 1959 n 233 weiterhin anwendbar gemaumlszlig gemeinsamer Erklaumlrung vorn 25081994) Art 3 und Art 8 Niederlassungsabkommen vom 12Januar 1927 zwischen dem Deutschen Reich und der Tuumlrkischen Republik (RGBI II 76 454) Art 16 und 20 Anlage zu Art 20 (Nachshylassabkommen) Konsularvertrag vom 28 Mai 1929 zwischen dem Deutschen Reich und der Tuumlrkischen Republik (RGB 11930 II S 748)

125 Vgl vorne FN 70 SOSS (FN 118) N 14

Die EuErbVO und die Schweiz

32 Anwendung der ErbVO auf Drittstaaten

a) Die Schweiz gchoumlrt zu den Drittstaaten (als Nicht-EU-Mitglied) ebenso wie das Vereinigte Koumlnigreich (UK) Irland und Daumlnemark welche nicht an der Erbrechtsverordnung teilnehmen126

b) Die Erbrechtsverordnung gilt an sich nur fuumlr die Verordnungsstaaten sie beshytrifft aber auch Erbfaumllle mit Bezug zu Drittstaaten (wie der Schweiz) was als erga mones-Wirkung bezeichnet wird 127 Allerdings gelten nicht alle Regeln der EuErbVO im Verhaumlltnis zu den Drittstaaten128 was durchaus zu Konflikten

kann Ein Bezug zu Drittstaaten kommt etwa vor 129 (1) wenn Dritt shystaatsangehoumlrige ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt in einem Verordnungsstaat hashyben (2) wenn Verordnungsstaatsangehaumlrige ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat haben (3) wenn ein Erblasser mit letztem gewoumlhnlichem Auf-

in einem Verordnungsstaat Vermoumlgenswerte in einem Drittstaat hintershylaumlsst und (4) wenn ein Erblasser mit gewoumlhnlichem Aufenthalt in einem Dritt shystaat Nachlasswerte in einem Verordnungsstaat hinterlaumlsst

(1) Ein Schweizer stirbt in Hamburg (2) ein Italiener stirbt in Lugano nach Oumlsterreich gezogener Franzose mit einem Haus in St Moritz (3)

lebender Hollaumlnder mit einem Haus in Mallorca

Ende 2012 betrug der Anteil der auslaumlndischen Staatsangehoumlrigen in der Schweiz mehr als 23 wobei der uumlberwiegende Teil aus Laumlndern der EU stammte und Ende 2011 hielten sich 703200 Schweizerinnnen und Schweizer im Ausland auf davon drei Fuumlnftel in Europa 130 Es besteht also ein grosses Potential fuumlr laumlnshyderuumlbergreifende Erbfaumllle mit Bezug zur Schweiz und EU Ob man die EuErbshyVO auch auf reine Drittstaatsachverhalte anwenden soll (etwa wenn nur Erben sich in der EU aufhalten) ist umstritten131 wohl aber zu verneinen

c) Nach Art 20 EuErbVO wird das Erbstatut auch dann angewendet wenn es sich nicht um das Recht eines Mitgliedstaates handelt Erwaumlgungsgrund 37 Eushy

126 86 zur Diskussion uumlber die Stellung der nicht teilnehmcnden Staaten Jaumlncmark welche aufkam weil die Definition aus dcr ErbVO gekippt wurde vgl EVA

LEIN Die Erbrechtsverordnung aus Sicht dcr Drittstaatcl1 in Die Europaumlische Erbrechtsvershyordnung hrsg v Anatol Dutta und Scbastian Herrler Muumlnchen 2014 N 7 ff DUTTA (PN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 15

127 ANDREA EONOMIIAlAD OumlzruumlRK Auswirkungen der Europaumlischen Erbrechtwerordshynung auf die Schweiz unter besondercr Beruumlcksichtigung deutsch-schweizerischer Erbfaumllle ZVglRWiss 2015 5

128 Vgl ANDREA BONOMI Le rcglcmcnt europccn sur les successions et SOll impact pour la Suisse SJ 2014 II 397 ff BONOMIIOZTUumllK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 5

129 Vgl NICOLE WILLlMANNGEORGIA FOTIOU Die Europaumlische Erbrechtsverordnung aus Sicht der Schweiz STH 2015 S 337 NIKITA GONTSCHAR EU Erbrechtsverordnung und schweizerishysches IPRG Norderstedt 2011 S 12 LEIN (FN 126) N 16

130 Vgl MICHELlE KALTMATIHIAS UHL Die EU-Erbrcchtsvcrordnung und die Schweiz in Eushyropaumlisierung der schweizerischen Rechtsordnung hrsg v Lukas Fahrlaumlnder und Reto A Heizshymann Zuumlrich 2013 S 106 Ende 2012 betrug die Wohnbevoumllkerung 8036917 Einwohner dashyvon hatten 1868962 Einwohner die auslaumlndische StaaQlangehoumlrigkeit

131 Vgl KALTUHl (FN 130) S 110 f r Kuumlnzle

~ Kuumlnzlel

I

135 134 T eil 2 Vertiefung

ErbVO ergaumlnzt dass das ganze Nachlassvermoumlgen dem Erbstatut (Aufenthaltsshyrecht nach Art 21 EuErbVO bzw Heimatrecht nach Art 22 EuErbVO) unter-

auch wenn es in einem Drittstaat gelegen ist132

d) Verweisungen auf das Recht eines Drittstaates sind nach Art 34 EuErbVO grundsaumltzlich als Gesamtverweisung zu verstehen Damit wird eine Ruumlck- oder Weiterverweisung (Renvoi) auf das Recht eines Mitgliedstaates (lit a) und auf das Recht eines (anderen) Drittstaates ermoumlglicht welcher die Verweisung anshynimmt 133 Es fragt sich weshalb der Renvoi in der Erbrechtsverordnung zugeshylassen wird obwohl dies im europaumlischen KoIlisionsrecht sonst nicht der Fall ist Die Antwort duumlrfte darin zu suchen sein dass im Erbrecht haumlufig das Vermoumlgen in verschiedenen Laumlndern liegt und der Renvoi versucht zu einer moumlglichst ein-

Loumlsung zu kommen134

33 Zustaumlndigkeit

a) Grundregel Waumlhrend das IPRG auf den Wohnsitz abstellt l35 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 136 Diese beiden Kriterien sind haumlushy

aber nicht immer deckungsgleich 137 Unterschiede entstehen vor allem des-weil beim Wohnsitz staumlrker auf subjektive Kriterien abgestellt wird waumlhshy

rend beim gewoumlhnlichen Aufenthalt die objektiven Kriterien im Vordergrund stehen 138 Erfreulich ist dass die Sonderanknuumlpfung fuumlr Immobilien etwa in Frankreich kuumlnftig dahinfaumlllt ~

b) Waumlhrend Erblasser nach dem IPRG seine Zustaumlndigkeit (in begrenztem Umfang) waumlhlen kann140 ist dies nach der EuErbVO nicht der Fall141 was ein gewisses Konfliktpotential darsteIlt 142 Die Wahl des Gerichtsstands ist nach Art 5 Abs 1 EuErbVO den betroffenen Parteien vorbehalten wobei nicht restlos klar ist was damit gemeint Die Erklaumlrung des Erblassers uumlber den

132 VgJ LErN (FN 126) N 17 133 VgJ DurrA (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 H 134 Vgl MICHAEL HELLNER Probleme des allgemeinen Teils des Internationalen

Die Europaumlische Erbrechtsverordnung v Anatal Dutta lind Sebastian Herrler 2014 N 12

135 Vgl vorne 111 b) (1) 136 Vgl vorne 211 b) 137 Vgl BONOMIIOumlZTUumlRK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 13 zu einem Vergleich der beiden Begriffe

vgl KALTUHL (FN 130) S 120 f 138 Vgl WmssBrGLER (FN 92) suceessio 2014 184 ff (mit einer Tabelle der moumlglichen FaumlHe im

Verhaumlltnis Schweiz-Deutschland) 139 Vgl IVOSCHWANDER Die EU-Erbrechtsverordnung A]P 20141090 140 Vgl vorne 111 b) (2) 141 Vgl vorne 212

142 Vgl szligENNOIT CHAPPurs]ULlEN PERRIN Le Reglement (UE) No 6502012 du Parlement eushyropeen er du Conseil du 4 juillet 2012 relatif ala compctence la loi applicable la reconnaissance et lexecution des decisions et lacceptation et lexecution des actes authentiques en matiere de successions et ala cnlation dun certificat successoral curopcen NotIex2014 33

143 Vgl DU1TA (FN 85) Art 5 EuErbVO N 6 ff

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

gewoumlhnlichen Aufenthalt in seinem Testament ist aus der Sicht der EuErbVO ein Ausgangspunkt aber nicht das Endergebnis Nicht selten wird uumlbersehen dass mit einer Veraumlnderung der Zustaumlndigkeit auch die Anwendung einer andeshyren Erbschaftssteuer verbunden sein kann

c) Die Ausnahmeregel von Art 10 ErbVOl44 laumlsst aus der Sicht eines Dritt shystaates (wie der Schweiz) die Befuumlrchtung aufkommen dass es sich um einen exshyorbitanten Gerichtsstand handelt145 der neue Konflikte schafft und zu einem forum running fuumlhrt 146 Das sollen zwei Faumllle zeigen

Fall 1 Ein Schweizer in der Schweiz mit einem Haus in Deutschland und einem Bankkonto in Oumlsterreich stirbt Das ist ein Fall von Art 10 Abs 2 EuErbVO (Vermoumlgen in der EU) Deutschland ist fuumlr das Haus zustaumlndig was mit Art 86 Abs2 IPRG uumlbereinstimmt ein deutsches Urteil wird nach Art 96 Abs 1 lit b IPRG anerkannt Oumlsterreich ist fuumlr das Bankkonto zustaumlndig was Art 86 Abs 1 IPRG widerspricht ein oumlsterreichisches Urteil wird in der Schweiz nach Art 96 rPRG nicht anerkannt die Schweiz ist fuumlr den restlichen Nachlass zustaumlndig was mit Art 86 Abs 1 IPRG vereinbar ist

Fall 2 Ein Schweizer in England der bis vor 4 Jahren in Deutschland lebte mit einem Haus in Frankreich und einem Konto in der Schweiz errichtet eine letztshywillige Verfuumlgung mit der Wahl des Heimatrechts (eH) Das ist ein Fall von Art 10 Abs 1 lit b (Aufenthalt vor weniger als 5 Jahren) Deutschland ist fuumlr den gesamten Nachlass zustaumlndig was Art 87 Abs2 IPRG widerspricht ein deutsches Urteil wird nach Art 96 IPRG nicht anerkannt die deutsche Zustaumlnshydigkeit widerspricht auch der Sicht des englischen Rechts UK ist fuumlr ches Vermoumlgen zustaumlndig und uumlberlaumlsst Frankreich die Zustaumlndigkeit Grundstuumlcke die Schweiz anerkennt UK-Urteile nach Art 96 IPRG

Es waumlre zu begruumlssen wenn die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO zuruumlckshyhaltend verwendet wird Denkbar waumlre dass der Gesetzgeber eine konkrete Schranke einbauen wuumlrde (zB mindestens 10 des Nachlasses )147 Teilweise

144 vorne 211 cl

_

__

145 ~E (FN 100) RIW 2012 604 verhindert die Anll11uumlpfung am fruumlheren gewoumlhnlichen diese Zustaumlndigkeit vom Stigma eines exorbitanten Gerichtsstands

146 DORMANN Das schwei7-crische internationale Privatrecht lind die europaumlische Erb-rlaquo~h-Mlm im Vergleich in Die EU-Erbrechtsverordnung NI 6502012 und deren Ausshy

lerse Laumlnder hrsg v der Europaumlischen Anwaltsvcreinigullg cV (DACH) Zuumlrich 2014 S 86 Ivo SCIIWANDER Die Behandlung internationaler Erbfaumllle mit Hinweisen fuumlr die internationale Nachlassplanung in Nachlassplanung und Nachlassteilung hrse v Schmid Zuumlrich 2014 S493 CHAIPUISPERRIN (FN 142) Notex 2014 30 (FN 130) S 110 f BONOMI (FN 128) SJ 2014 Ir 417 ff

147 WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014 170 bemerken zu kriterien wenig hilfreich sind MrCHELLE KALTUr-lL (FN Nachlassvermoumlgen von einilcl11 Gewicht vorlieeen muumlsse

Kuumlnzle

137 136 Teil 2 Vertiefung

schafft Art 10 EuErbVO auch Konflikte mit dem bestehenden Recht der Mitshygliedstaaten wie das Beispiel von Oumlsterreich (sect 150 AuszligStrG) zeigt 148

Wenn ein Erblasser vermeiden will dass Art 10 EuErbVO zur Anwendung kommt muss er zufaumlllige und unnoumltige zustaumlndigkeitsbegruumlndende Beruumlhshyrungspunkte zu einem Mitgliedstaat zu Lebzeiten beseitigen149 sprich sein Vermoumlgen aus dem Mitgliedstaat abziehen

d) Fuumlr den Fall dass ein Verfahren in einem Drittstaat unmoumlglich oder unzushymutbar wird schafft Art 11 EuErbVO eine Notzustaumlndigkeit 15o Verlangt wird ein ausreichender Bezug zum Mitgliedstaat Gedacht ist etwa an den Fall des Stillstands der Rechtspflege dann soll das Verfahren nach Art 10 Abs2 EushyErbVO auf das Ausland ausgedehnt werdenlS1

e) Fuumlr den Fall dass Entscheidungen von Mitgliedstaaten in einem Drittstaat keine Aussicht auf Anerkennung oder Vollstreckung haben kann das Verfahren im Mitgliedstaat auf den europaumlischen Nachlass beschraumlnkt werden (Art 12 EuErbVO) In diesem Zusammenhang ist Liechtenstein zu erwaumlhnen152 welshyches nur mit der Schweiz153 und Oumlsterreich154 Vollstreckungsabkommen abgeshyschlossen hat (ersteres regelt die Zustaumlndigkeit nicht umfassend155 und letzteres

auf Erb- und Verlassenschaftssachen keine Anwendung Art 1 Abs3 Ziff 3)156 weshalb fuumlr die meisten Staaten eine Vollstreckung ausgeschlossen

bzw nur das Rechtsoumlffnungsverfahren (Art 49 ff RSO) bleibt welches zu einer Aberkennungsklage und damit einer inhaltlichen Pruumlfung in Liechtenstein fuumlhrt ISS

148 VgL ENA-MARLISBAJONS Zustaumlndigkeit und anwcndbares Recht in Erbsachenin Europaumlische Erbrechtsverordnung v Martin Schauer und Elisabcth Scheuba Wicn2012 S 40 149 WEISSIBIGLER (FN 92) successio 2014 178 150 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 12 151 VgL DUTTA (FN 85) Art 11 EuErbVO N 1

152 Vgl dazu HANS RAINER KUumlNZLE Vermoumlgensschutz mit liechtensteinischen Strukturell aus schweizerischer Sicht in Handbuch des Vermaumlgensschutzes hrsg v Francesco Schurr Wien2015 N 92 ff

153 Vg1 Abkommen vom 25 Aplil1968 zwischen dem Fuumlrstentum Liechtellstein und der Schweizeshyrischen Eidgenossenschaft uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entshyscheidungen und Schiedsspruumlchen in Zivilsachen (LR 027691011 I SR 0276141)

154 Ygl Abkommen vom 5]uli 1973 zwischen dem Fuumlrstentum Licchtenstein und der Osterreich uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen EntseheidungcSchiedsspruumlchen Vergleichen und oumlffentlichen Urkunden (LR 027691021)

155 Vgl MARIO FRICK Asset Protection und Zivilprozess L1Z 33 (2012) 1322156 Vgl BERNHARD MOTAL Durchsetzung von Pflichtteilsanspruumlchen gegen eil

Stiftung ]EV 2013 53 MARIO FRICK Die Anerkennung und Vollstreckung auslaumlndischer Entshyscheidungen in Zivilsachen im Fuumlrstentum Liechtenstein St Gallen 1992 S 66

157 Vgl etwa OG 7 Rouml 20023 vom 220820021us amp News 200371 Ein auslaumlndisches Urteil (LGFreiburg iBr) ist mangels Staatsvertrag bzw gegenseitiger Anerkennung nicht vollstreckbar

158 VgL MARIO FRICK Sind auslaumlndische Urteile taugliche Urkunden fuumlr eine Rechtsaumlffnung in Liechtenstein Anmerkungen zum Beschluss des liechtensteinischen Obergcrichts vom22082002 zu 7Rouml 20022]us amp News 2003710 f

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

34 Anwendbares Recht

a) Waumlhrend das IPRG grundsaumltzlich auf den Wohnsitz abstellt 159 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 160 Diese beiden Kriterien sind haumlushyfig aber nicht immer deckungsgleich 161 Damit duumlrften die meisten bestehenden Konfliktfaumllle welche auf die Anwendung des Staatsangehaumlrigkeitsrechts zushyruumlckgehen verschwinden 162 Es macht durchaus Sinn dass der Erblasser seine tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse in der letztwilligen Verfuumlgung festhaumllt (confessio iushyris)163 Von einer Rechtswahl durch Verschiebung des gewoumlhnlichen Aufentshyhaltsorts ist aufgrund der damit verbundenen Rechtsunsicherheit abzurashyten164 Die Anwendung der EuErbVO in der Schweiz und damit die Auslegung von Art 91 Abs 1 IPRG wird noch einiger Priizisierungen beduumlrfen 165 Ein geshywisses Konfliktpotentialliegt darin dass es in der Schweiz neben dem Erbstatut auch noch ein EroumlffnungsstatutiMgt gibt 167

b) Nach dem IPRG kann der Erblasser sein Heimatrecht im Zeitpunkt des Toshydes waumlhlen168 nach der EuErbVO kann der Erblasser sein Staatsangehoumlrigkeitsshyrecht im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes waumlhlen 169 Auch hier beshysteht weitgehende (aber nicht vollstaumlndige) Uumlbereinstimmung Die Wahl des Heimatrechts kann aus schweizerischer Sicht zu einer Verlagerung der Zustaumlnshydigkeit in die Schweiz fuumlhren (Art 87 Abs 2 IPRG) und damit moumlglicherweise

nach kantonalem Recht) zu einer Anwendung der Erbschaftssteuer in der 170 Wenn beim Erblasser Anknuumlpfungspunkte mit mehreren Laumlndern

bestehen sollte er sich in der letztwilligen Verfuumlgung zum anwendbaren Recht aumlussern selbst dann wenn er kein Recht waumlhlen moumlchte i71 Seitens der EU wird bedauert dass nicht auch noch das Recht des gewoumlhnlichen Aufenthaltsorts im Zeitpunkt der Testamentselrichtung lind das Guumlterstatut gewaumlhlt werden

159 160 161 162

163 164

165

166 167 139) AJP 20141098 168 169 170 Vgl WElSSB1GLER (FN 92) successio 2014 178 zu einem Formulierungsbeispiel vgJ JUTTA

MUumlLLER-LuKOSCHECK Die neue EU-Erbrechtsverordnung Essen 2013 sect 4 N 26 171 VgJ WEISsBJGLER (FN 92) succcssio 2014 177 f

Kuumlnzle

vorne 12 I a) vorne 221 b)BONOMrlOumlZTORK (FN 127) ZVglRWiss 201523 f DORMANN (FN 146) S 84 PllIlIlPE FRESARll Lc nouvcau Rcglcrnem CUlopccn de sllccession

N 40 ff ALEXANDER PFEIFFER Andenmgcn des Erbstatuts dur aus schweizerischer Sicht successio 2010 320 L dennoch kann ein

ganz ausgeschlossen werden vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 20141098 Zu V~1 WmssBIGlERMltglicdstaat Art Vgl SClIWANDER _ auf Erblasser lnit lItthU~Ptjlt1l~hrgttmiddot

91 Abs 1 IPRG gleichermassenStaatsangehoumlrigkeit anwendshy

bar ist) VgJ vorne 122 VgJ SCHWANDER Vgl vorne 121 Vgl vornc 222

139 138 Teil 2 Vertiefung

kann 172 Aus schweizerischer Sicht sind wir froh daruumlber weil zusaumltzliche Wahlmaumlglichkeiten weitere Konflikte schaffen wuumlrde

c) Die ErbVO regelt nicht wie das anzuwendende Fremdrecht festzustellen ist und welches Recht angewendet wird wenn es nicht feststellbar isc173 In Deutschland ist auslaumlndisches Recht von Amtes wegen festzustellen die Parteien haben das Gericht zu unterstuumltzen und es koumlnnen Sachverstaumlndige beigezogen

174werden Schwer feststellbares Recht kann ev uumlber das Mutterrecht erschlosshysen werden (2GB BGB ce common law) ansonsten gilt die lex fori

d) Ein Konfliktpotential besteht bei Doppe1buumlrgern 175 Diese sind in der Schweiz von einer Wahl des Heimatrechts ausgeschlossen 176 waumlhrend Mehrshystaatler in der EU das Recht waumlhlen duumlrfen dem sie zur Zeit der Rechtswahl oder im Zeitpunkt des Todes angehoumlren (Art 22 Abs 1 Satz 2 EuErbVO)177

e) Eine Ruumlck- und Weiterverweisung (Renvoi) wird im schweizerischen Recht nur in den vom Gesetz vorgesehenen Faumlllen zugelassen (etwa Art 91 Absl IPRG)178 in der Erbrechtsverordnung dagegen in breiterem Umfang (Art 34 EuErbVO)Y9 Letzterer kommt vor allem dann vor wenn ein Drittstaatsrecht ~ eine andere Hauptanknuumlpfung (als den letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers) verwendet zum Beispiel das Staatsangehoumlrigkeitsprinzip180 Weil dies bei der Schweiz nicht der Fall ist181 duumlrfte dieser Unterschied kaum zu Problemen fuumlhren 18z

f) Eine Rechtswahl kann dazu fuumlhren dass Erb- und Guumlterrecht auseinanderfalshy[en Die Rechtsnatur des pauschalen Zugewinnanteils des uumlberlebenden Ehegatshyten von 11 (Art 1371 Abs 1 BGB) ist umstritten weil ein Anspruch basierend auf Guumlterrecht im Erbrecht abgegolten wird 183 Dieser Fall zeigt dass neben

172 Vgl WILKE (FN 100) RIW 2012606

173 Vgl KINGA M WEISSMANUEL BIGLER Wohnsitz oder gewoumlhnlicher Aufenthalt _ Die Anshywendungsprobleme der europaumlischen Erbrechtsverordnung im Rechtsverkehr mit der Schweiz Deutscher Anwaltsspiegel Spezial Maumlrz 2013 S 28 KALTUHL (FN 130) S 121 f

174 Vgl WALTER ERMANNHARM PETER WESTERMANN BGB 13 A) Koumlln 2011 Einl Art 3-47N 59 ff

17S VgJ SCI-WANDER (FN 139) AJP 20141096 BALZ HOumlSLYSTEFANIE DEBRUNNER Rechtswahl schweizerisch-deutscher Doppelbuumlrger bei der Nachlassplanul]g untermiddot Beruumlcksichtigung ~er EU-Erbrechtsverordnung Anwalts revue 2013 276 BONOMrOZTuumlRK (FN 127) ZVgIRWlss 201524 f

176 Vgl vorne 121 b) 177 Vgl vorne 222 178 Vgl vorne 121 g) 179 VgJ vorne 32 d) 180 Vgl DU11A (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 181 Vgl vorne 121 a) Wohnsitz als Anknuumlpfugskriterium182

Vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 2014 1096 welcher darauf hinweist dass heikle RenvoishyProbleme mit Frankreich Schweden und Deutschland kuumlnftig entfallen

183 Vgl HEINRICH DOumlRNER Die Abgrenzung des Erbstatllts vom Guumltcrstatut in Die Europaumlisc~e Erbrechtsverordnllng hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 NIl ff dIe hM geht Yon einer guumlterrechtlichen Qualifikation aus vgl etwa BGH FamRZ 2012 1871

Kuumlnzte

Die EuErbVO und die Schweiz

dem Erbrecht auch das Guumlterrecht der Ehegatten in der EU koordiniert werden sollte Ein Schritt in diese Richtung ist der Vorschlag KOM (2011])1262 184

35 Erbvertraumlge

a) Die Erbrechtsverordnung aumlndert nichts an der Beurteilung (Zulaumlssigkeit) von Erbvertraumlgen in den einzelnen Laumlndern Deshalb ist je nach Ziel[and sorgfaumlltig abzuklaumlren ob Erbvertraumlge (zwischen Ehegatten oder zwischen beliebigen Ershyben) zulaumlssig sind

Wenn deutsche Staatsangehoumlrige in die Schweiz kommen ist ihnen zu empshyallfaumlllige gemeinschaftliche Testamente (welche im schweizerischen

Recht nicht bekannt sind) durch einen Erbvertrag zu ersetzen IS5

36 Testamentsvollstrecker

a) In der Schweiz hat der Gesetzgeber die Anwendung des Eroumlffnungsstatuts vorgesehen (Art 92 Abs 2 IPRG) die Lehre wendet aber hauptsaumlchlich das Erbshystatut an 186 In der EU wendet man auf den Testamentsvollstrecker grundsaumltzshylich das Erbstatut an (Art 23 Abs 2 [ie f EuErbVO) laumlsst aus zwingenden Gruumlnden aber auch das Eraumlffnungsstatut zu (Art 29 Abs 1 EuErbVO)187 wohl der umgekehrte Weg gewaumlhlt wurde sollten diese beiden Loumlsungen ziemshy

(aber nicht vollstaumlndig) kompatibel sein

b) Die fuumlr den executor gedachte Ausnahme kann auch vom schweizerischen Recht in Anspruch genommen werden Das hat etwa zur Fo[ge dass die zwinshygend vorgesehene Aufsicht 188 fuumlr einen von einer schweizerischen Behoumlrde (nach deutschem Recht) eingesetzten Testamentsvollstrecker sich nach schweishyzerischem Recht richtet und die Aufsichtsbehoumlrde somit (im Gegensatz zu Deutsch[and wo es nur die Absetzung gibt [sect 2227 BGB]) Empfehlungen Weishysungen und andere sachdienliche Massnahmen anordnen kann 18

37 Nachlasszeugnisse

a) Es ist davon auszugehen dass die schweizerische Behoumlrden (Grundbuch)190 und Gerichte sowie Private (Banken und Versicherungen) das Europaumlische

184 Wesentliche Inhalte Zllstaumlndi~kcit des Nachlassgerichts (Art 3) Rechtswahl (Art 16 gemcinmiddot samer gew~hnlicher u~ent~a t gewoumlhnlicher Aufcnthal~ ~ines Ehegatten bei der Eheschliesshysung oder Staatsrtngehongkelt Cll1es Ehegatten) oder WSldlar (Art 17) erster gememsamer geshywoumlhnlicher Aufenthalt bzw gemeinsame Staatsangehoumlrigkeit bzw engste Verbundenheit

185 Vgl ODERSKY (FN 102) notar 20138 186 Vgl vorne 122 b) 187 Vgl vorne 224 188 Vgl VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 515 189 VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 536 ff 190 Das Europaumlische Nachlasszeugnis ist inhaltlich und funktionell gleichwertig wie die Erbbescheishy

nigung nach Art559 ZGB llnd deshalb auch im Grulldbuchverkehr zu akzeptieren vgl WEIsslBrGLER (FN 92) sllccessio 2014 193

Kuumlnzte

141 140

Teil 2 Vertiefung

Nachlasszeugnis191 ohne weiteres anerkennen werdenl92 auch wenn der Gutshyglaubensschutz (Art 69 Abs2 EuErbVO) schwaumlcher ausgestaltet ist als beim deutschen Erbschien193 Aus Gruumlnden des Verkehrsschutzes wird man dem Europaumlischen Nachlasszeugnis in der Schweiz houmlchstens die Wirkungen zuershykennen koumlnnen die eine Bescheinigung nach Art 559 Abs 1 ZGB haumlttel94 Zu

kann es kommen wenn ein Mitgliedstaat die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO begruumlndet oder in der Schweiz zuerst ein Erbschaftsverfahren eingeleitet wurde 195 Neben dem Europaumlischen Nachlasszeugnis bleiben die nashytionalen Erbfolgezeugnisse bestehen196 welche teilweise (weiterhin) einem Vollshystreckungsverfahren (Exequaturverfahren Art 25 ff IPRG) unterworfen sind 197

b) Beim umgekehrten Weg (Anerkennung der schweizerischen Erbbescheinishygung im Ausland) erwarte ich zusaumltzliche Hindernisse weil die sehr detaillierte Regelung des Europaumlischen Nachlasszeugnisses (Art 68 EuErbVO) dazu wird dass die (aufgrund kantonaler Gesetzgebung) sehr uneinheitlichen und teilweise nur mit rudimentaumlren Angaben versehenen schweizerischen Erbbeshyscheinigungen (ohne Ehevertrag ohne Nachlasswerte ohne Erbquote) je

191 Vg1 vorne 37 192

Ebenso CA1HERINE GRUN MEYERrrHOMAS SPRECHER Aspekte der neuen EU-Erbrecbtsshyverordnung und ihres Bezugs Zur Scbweiz ZBGR 2015156 WErssBIGLER (FN 92) successio 2014192 BONOMI (FN 128) S] 2014 II 399 f

193 Vgl dazu KNUTWERNER LANGE Das Europaumliscbe Nachlasszeugnis Die Europaumlische Erbshyrechtsverordnung brsg v Anatol Dutta und Sebastian 2014 N 26 anders als im deutschen Recht schadet grobe Fahrlaumlssigkeit

194 SCHWANDER (FN 139) A]P 20141103 195

Vgl WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014192 SCHWANDER (FN 139) A]P 2014 1103 196

VglCHRISTOPH DORSEL Europiiische Ebrechts~erordnllng und Europaumlisches Nac~lasseu~shyms m Erbfalle unter Geltung der EUlOpiJschen Erbrechtsverordnung hrsg v Martm Lohmg ua Bielefdd 2014 S 51 fE

197 Zur Wirkung innerhalb der EU vgl DU1TA (FN 105) IPRax 2015 38 Wirkung als nach Art 3 Absl lit g EuErbVO fuumlr Erbausweise nach kontradiktorischem Verfahren Wirkung nach Art 59 EuErbVO fuumlr Erbausweise in Form einer oumlffentlichen Urkunde

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

je weniger akzeptiert werden198 Dabei allerdings Deutschland welches ausshylaumlndische Erbfolgezugenisse schon heute durchwegs ablehnt 199 nicht als Reshyferenz verwendet werden 2OO

38 Zwingende Bestimmungen

Wie vorne201 dargestellt wendet die Schweiz die Bestimmungen des baumluerli shychen Bodenrechts (BGBB) und uumlber den Grundstuumlckerwerb durch Personen im Ausland (BewG) als zwingende Bestimmungen an Ob diese Regeln auch Erbfaumlllen mit EU-Bezug zur Anwendung kommen haumlngt davon ab ob Art 30 EuErbVO auch auf Drittstaaten zur Anwendung kommt202 was zu ist20)

39 Weitere Bereiche der Erbschaftsplanung

Schliesslich ist daran zu erinnern zur umfassenden Erbschaftsplanullg auch das Eheguumlterrecht gehoumlrt und immer mehr auch Verfuumlgungen unter Lebenden ershyfasst (insbesondere im Rahmen der Unternehmensnachfolge) sowie (weiterhin) Strukturierungen mit Gesellschaften Stiftungen und Trusts Alle diese Bereishyche werden von der EuErbVO nicht erfasst204 und werden somit weiter von den nationalen Kollisionsregeln beherrscht205 Es bleibt somit noch viel Raum fuumlr weitere Harmonisierung

198 (39) AJP 20141103 weist auf den houmlheren Oualitiitsstandard in der EU hin schweizerische Recbt (Art 559 ZGB) zu

199 Vgl ULRrCH HAAS Internationales Verfahrensrecht in Erbsachen in Erbrecht in Ellropa hrsg v Rembert Suumlss 2 A Angclbachtal 2008 N 54 Begruumlndet wird dies damit dass einem dem deutschen Erbschein nachgebildeten auslaumlndischen Erbnachweis keine prozessrcchtli Wirkungen insbesondere keine Rechtskraft- oder GestaltungswirklIng zukommt anders schieden hat das LG Muumlnchen 28 0 243110 bei einem tuumlrkischen Erbschein was von

Auslaumlndischer Erbschein fuumlr Nachlass in Delllschland IPRax 2013241 H) aber tuumlrkischer Erbschein die Person an die man leisten kann nicht ohne

200 Allerdings ist die Anerkennung von nationalen crDlolgezcugmsscn ganz noch nicht sehr gekommen vgl PETER BREITSCHMIDCHRISTELLE HAAS Impacts tur reglelTIcnt europeen en matierc de successions sur le droit suisse in Succcssions internationashyles hrsg v Andrea BonomiChristina Schmid GencvelZurichBRle 2010 S 134 mit Verweis auf einen Bericht des Max-Planck-Instituts vom 26032010

201 Vgl vorne 112 202 Vgl KALTUHL (FN 124) S [JO f 203 VgL DurrA (FN 85) Art 30 EuErbVO N 7 204 Vgl STEPHANIE HERZOG Die EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) ErbR 2013 4

TANZE FISCHER-CZERMAK Anwendungsbereich in Europaumlische Elbrechtsverordnung nrs v Martin Schauer und Elisabeth Scheuba Wien 2012 S 25 H MUumlLLER-LuKOSCHEK (FN sect 2 N 47 ff

205 VgJ etwa ALEXANDER PFE1FFER Nachlassplanung deutsch-schweizerischer (Diss Leipzig) Regensburg 2011 S 259 ff

Kuumlnzle

Page 2: Tagungsband 8. Deutscher Testamentsvollstreckertag · 2015. 12. 7. · 28.06.2010 Erw. 3.1: Frankreich befasst sich nicht mit ausländischen Liegenschaften _ ein Gut 21 Vgl. Art.

117

Die EuErbVO und die Schweiz

Dr Hans Rainer Kuumlnzle

Einleitung

Die EU-Erbrechtsverordnung (EuErbVO) betrifft nicht nur die Mitgliedstaaten der EU sondern hat auch umfangreiche Auswirkungen auf Drittstaaten wie die Schweiz Nachfolgend werden zum besseren Verstaumlndnis fuumlr das Zustmmenshy

des schweizerischen Internationalen Privatrechts und der EuErbVO zushyerst die wichtigsten des schweizerischen Internationalen Privatrechts in

urzform dargestellt handelt sich um eine gekuumlrzte und nachlcfuumlhrte Etsshysung meiner Ausfuumlhrungen im DACH-Tagungsband

1 Schweizerisches Internationales Privatrecht

11 Oumlrtliche Zustaumlndigkeit

111 Aufgrund des IPRGz

a) Im schweizerischen IPRG gilt das Prinzip der Nachlasseinheit3 dh die Zushystaumlndigkeit der schweizerischen Behoumlrden und Gerichte gilt sowohl fuumlr das Nachlassverfahren (Eraumlffnungszustaumlndigkeit) als auch fuumlr die erbrechtlichen Klagen (Klagezustaumlndigkeit)

b) Die besonderen Zustaumlndigkeiten sind wie folgt geregelt

(1) Wenn der Erblasser im Zeitpunkt des Todes 4 seinen Wohnsitz in der Schweiz5 hatte sind diesehweizerischen Behoumlrden und Gerichte am Wohnsitz

Prof Dr Hans Raine Kuumlnzlc Pri va tree h tgtvergleich uilg Kendris AG Zuumlrich (wvgt Vgl PETER HRE1TSCHMtDHANS RAINER KUumlNZIE Schweiz in Grenzenloses Erbrecht - Grenzen des Erbrechts hrsg v der Allwaltsvereinigung cv DACH Koumlln 2004 S 53 H

2 Vgl HG vom 18 Dezember 1987 uumlber das Internationale Privatrccht (SR 291) 3 Vgl OGer ZH LF 130068 vom 22042014 Erw 21 ANlON HEINI Kommcntar zu

IPRG in IPRG-Kommcntar hrsg v Anton Hcini Max Keller Kurt Siehr Frank Paul Volkcll Zuumlrich 1993 Vor Art 86-96 IPRG N 5 ANTON K WIJSCH Basler Kommentar Internationales Privatrecht hrsg v lshy

ulld Anton K Schnydcr 3 A BaselFrankfurt 2013 Art 86 IPRG N 5 4 OGer ZH LF 130068 vom 22042014 Erw 21

zur Zeit der Testamentserrichtung 5 Der Wohnsitz wird nach Art 20 IPRG bestimmt

Erw 4 die ErbJasserill ist von Monaco nach Zuumlrich umgezogen Folge dass die Wohnsitzfiktion von Art 24 Abs 1

KUmie

~

118 ~ Teil 2 Vertiefung ~ Die EuErbVO und die Schweiz 119 ~I

~ f middot1zustaumlndig (Art 86 Abs 1 IPRG)6 Der gewoumlhnliche Aufenthalt wird im IPRG hat und im Ausland keinen Wohnsitz begruumlndet etwa auf den Weltmeeren hershy

bewusst nicht als Anknuumlpfung verwendet er kommt allerdings dennoch subsishy umsegeltdiaumlr zum Zug wenn der Erblasser weder in der Schweiz noch im Ausland einen

(3) Wenn der Erblasser im Zeitpunkt des Todes seinen Wohnsitz nicht in der Wohnsitz hatte Keine Rolle spielen die Staatsbuumlrgerschaft und der Ort an welshy ~ I

Schweiz hatte 15 und wenn er auch nicht schweizerischer Staatsangehoumlriger chem sich Vermoumlgenswerte befinden 8 Eine Ausnahme wird gemacht wenn ausshy~

war16 sind die schweizerischen Behoumlrden und Gerichte am Lageort vonlaumlndische Staaten die Zustaumlndigkeit fuumlr dort gelegene Grundstuumlcke beansprushychen (Art 86 Abs 2 IPRG)9 Nachlassgegenstaumlnden zustaumlndig wenn sich die auslaumlndischen Gerichte und Beshy

~ I

houmlrden l7 nicht damit befassen (Art 88 Absl IPRG)18 das gilt sowohl fuumlr (2) Wenn der Erblasser im Zeitpunkt des Todes seinen Wohnsitz nicht in der Grundstuumlcke als auch (mindestens teilweise) fuumlr Mobilien 19 Innerhalb der Schweiz hatteIO sind die schweizerischen Behoumlrden und Gerichte am Heimatshyl1 Schweiz ist die zuerst angerufene Stelle (BehoumlrdeGericht) zustaumlndig2o ort zustaumlndig wenn der Erblasser (auch)12 schweizerischer Staatsangehoumlriger

c) Im IPRG nicht geregelt ist der Fall dass ein Auslaumlnder in der Schweiz seine war und (a) durch letztwillige Verfuumlgung oder Erbvertrag den ganzen Nachlass Heimatzustaumlndigkeit waumlhlen darf Wenn ein in der Schweiz lebender Liechtenshyoder das in der Schweiz gelegene Vermoumlgen der schweizerischen Zustaumlndigkeit steiner seine Heimatzustaumlndigkeit waumlhlt ist dies auch mit dem Recht von Liechshy(professio fori) oder (b) dem schweizerischen Recht (professio iuris) unterstellt tenstein kompatibel 21

hat (Art 87 Abs 2 IPRG) oder (c) wenn die auslaumlndischen Behoumlrden und Geshyrichte sich nicht um den Nachlass kuumlmmern (Art 87 Abs 1 IPRG)13 Letzteres d) Weitere allgemeine Gerichtsstaumlnde werden in Art 4-7 IPRG erwaumlhnt22 Arshyist unter Umstaumlnden schwer nachweisbar 14 Die Heimatzustaumlndigkeit kommt restprosequierung (Art 4 IPRG)23 Gerichtsstandsvereinbarung (Art 5 IPRG) etwa zur Anwendung wenn jemand seinen Wohnsitz in der Schweiz aufgegeben Einlassung (Art 6 IPRG) und Schiedsvereinbarung (Art 7 IPRG) Der Geshy

richtsstand der Arrestprosequierung sollte zuruumlckhaltend verwendet werden24

Eine Gerichtsstandsvereinbarung gilt nur unter den beteiligten Erben waumlhrend 6 Vgl BGer 5D_650214 vom 09092014 Erw 23 BGer SJ 2002 1366 Die Schweiz ist zustaumlndig

fuumlr den Nachlass einer Franzoumlsin mit Wohnsitz in Genf welche in Paris verstorben ist 7 Vgl OGer ZH LFI20063 vom 30102012 Erw 3 BSK-SCHNYDERLIATOW1TSCH (FN 3)

Art 86 IPRG N 4 Vgl PKG 1991 Nr 56 ZR 89 (1993) Nr 4 Erw 2

9 Dies gilt in vielen Staaten des common law wie USA Kanada und UK vgl KUln SlEHR Das internationale Privatrecht der Schweiz Zuumlrich 2002 sect 9 II I b bis 2015 traf es auch auf Frankshyreich zu vgl CHR1ST1AN BRUumlCKNER Internationale Eheguumlter- und Erbrechtsfragen in der schweizerischen Notariatspraxis in Aktuelle Themen Zur Notariatspraxis - 2 Schwei~erischer 15 Der Erblasser hat den Wohnsitz im Ausland oder er hat keinen Wohnsitz vgl FN 10 Notarenkongress hrsg v Schweizerischen Notarenverband Bern 2013 S 55 es trifft weiterhin 16 Nach Ivo SC1lWANDER Zustaumlndigkeitsfragen in Internationales Erbrecht Tagung des Instituts fuumlr Monaco (vgl OGer ZH LFI40033 vom 13052014 Erw 4) und Bosnien-Herzegowina zu fuumlr Rechtswissenschaft und Rechtspraxis an der Universitaumlt St Gallen vom 9 November 2001 (vgl OGer ZH LF130068 vom 22042014 Erw 24) S 13 f sollte diese Bestimmung auch auf Doppclbuumlrger Anwendung finden wenn VermoumlgensshyDer Vorbehalt hat zur Folge dass diese Grundstuumlcke rechnerisch dennoch in die sch weizerische werte in der Schweiz liegen und sich Schwierigkeiten mit der Handhabung des Nachlasses ergeshyErbteilung einbezogen (und Abweichungen im Ausland somit korrigiert) werden vgl LAURENT ben KIUAS Praktische Erfahrungen mit dem schweizerischen IPRG Teil Internationales Zivilshy 17 Wohnsitz- oder Heimat-Gerichte und -Behoumlrden prozessrecht ~rbrecht und Vertragsrecht Praktische Erfahrungen mit den IPR-Gesetzen in 18 Vgl ZR 89 (1990) N r 4 Eroumlffnung des Testamentes uumlber den in der Schweiz gelegenen Nachlass Deutschland Osterreich und der Schweiz Wien 1995 S 93 eines mit letztem Wohnsitz in Italien verstorbenen britischen Staatsangehoumlrigen ZR 90 (1991)

10 Der Erblasser hat den Wohnsitz im Ausland oder er hat keinen Wohnsitz vgl ANDREi~ Bushy Nr 89 Ausstellung eines Erbscheines im Nachlass eines in London verstorbenen irakisehen CHER Jurisprudence suisse en matiere de droit international prive des personnes et de la famille Staatsangehoumlrigen SZIER 1992 216 BSK-SCHNYDERLIATOW1TSCH (FN 3) Art 87 IPRG N 8 19 Eine Zustaumlndigkeit fuumlr Mobilien kann entstehen wenn ein Staat diese dem forum rei sitae zushy

11 Bei mehreren Heimatorten ist der zuerst angerufene zustaumlndig vgl BSK-SCIINYDERI weist vgl BSK-SCHNYDERLIATOW1TSCH (FN 3) Art88 IPRG N 2 weiter vgl BGer L1ATOWITSCH (FN 3) Art 87 IPRG N 2 und 20 5A_2642011 vom 28112013 BGer 5C29112006 vom 30052008 ZR 113 (2014) Nr 73 (Unzushy

12 Vgl Art 23 Abs I IPRG staumlndigkeit) 13 Das Nichtbefassung des Auslands kann rechtlicher Natur sein (BGer 5A_75412009 vom 20 Vgl Art 88 Abs 2 IPRG

28062010 Erw 31 Frankreich befasst sich nicht mit auslaumlndischen Liegenschaften _ ein Gutshy 21 Vgl Art 55 JN (G vom 10 Dezember 1912 uumlber die Ausuumlbung der Gerichtsbarkeit und die Zushyachten genuumlgt) oder faktischer Natur (BGer 5A_17112010 vom 19042010 Erw 44 Marokko staumlndigkeit der Gerichte in buumlrgerlichen Rechtssachen Uurisdiktionsnorm] LR 2720) Verlasshybefasst sich nicht mit auslaumlndischen Liegenschaften - Entscheidungen des [schweizerischen] senschaftschaftszustaumlndigkeit fuumlr bewegliches Vermoumlgen um welches sich das Ausland nicht Bundesamtes fuumlr Justiz genuumlgen nicht es sind Entscheide der Behoumlrden in Marokko notwendig) kuumlmmert Art 56JN Zustaumlndigkeit fuumlr alles unbewegliche Vermoumlgen in Liechtenstein weiter vgl TARKAN GoumlKSUOSKAR OlANO Kommentar zu Art 86-96 IPRG in Handkomshy 22 Vgl PAUL VOLKEN Das neue internationale Erbrecht im neuen schweizerischen IPR-Gesetz mentar zum Schweizer Privatrecht Internationales Privatrecht hrsg Andreas Furrer Daniel BN 1990 3 Girsberger und Markus Muumlller-Chen 2 A Zuumlrich 2012 Art 87 IPRG N 6 f 23 VglSJ 116(1994)512

14 Vgl ANDREASBUCHER Das neue internationale Erbrecht ZBGR 69 (1988) 150 f 24 Vgl BGE 118 III 62

Kuumlnzle Kuumlnzle

120 121 Teil 2 Vertiefung

Dritte sich diese nicht entgegenhalten lassen muumlssen25 Dasselbe gilt tur eme Einlassung und ein Schiedsgericht26

112 Sonderregeln fuumlr Grundstuumlcke

a) Die Regeln des baumluerlichen Erbrechts27 gelten als zwingende Regeln des schweizerischen Rechts im Sinne von Art 18 IPRG (lais dapplication immediashyte) und kommen auch dann zur Anwendung wenn ein Nachlass auslaumlndischem Erbrecht untersteht28 Um diese Regeln durchzusetzen wird auch eine schweishyzerische Zustaumlndigkeit benoumltigt es sei denn der auslaumlndische Staat beachte Regeln selbst29 Eine klare gesetzliche Grundlage fehlt dafuumlr

b) Entsprechendes (zwingendes Recht und damit zwingende Zustaumlndigkeit) gilt fuumlr die Durchsetzung der Lex Koller31 welche den Erwerb von Grllndstuumlcken durch Personen mit Wohnsitz im Allsland regelt

113 Aufgrund von Staatsvertraumlgen

a) Die Zustaumlndigkeit fuumlr erbrechtliche Verhaumlltnisse wird in Zustaumlndigkeits- und Vollstreckungsabkommen geregelt J2 Der Staatsvertrag mit dcn USA33 sieht in Art VI fuumlr Klagen einen Gerichtsstand am Lageon der Immobilie und a111 Lashygeort der Mobilien vor was heute als W o11llsitz des Erblassers ausgelegt

25 BSK-SCHNYDERLIATOWITSCH (FN 3) Art 86 IPRG N 20 Da das Gesetz An 87 Abs 2 bezuumlglich Grundstuumlcken) regelt und im Uumlbrigen eine di

OC[allllerte Verteilung der internationalen Zustaumlndigkeit vorsicht besteht mE kein weiterer Spielraum mehr fuumlr einseitige Abweichungen von der Rcgclzustaumlndigkcit durch die Erblasscrin oder den Erblasser

26 Zur Foumlrderung in der Schweiz ein Vcrcin gewlinder vgL den Tagungsband einer 20 II in hrsg v Hans Rainer Kuumlnzle Zuumlrich

2012)

27 Vgl insbesondere Art 11-24 BG vom 4 Oktober 1991 uumlber das baumlucrliche Bodcnrccht (BGBB) SR 21141211

28 Vgl Ivo SCHWANDER in das Internationale Privatrecht Zweiter Band Besonderer Teil St GallenLachen 1997 Rn

29 Etwa gestuumltzt auf eine Art 19 oder Art 86 Abs 2 IPRG vergleichbare 30 Art 86 Abs 2 IPRG ist analog anzuwenden vgl SCHWA NJl ER (FN 16) S 16 f 31 Vgl Art 7a BG vom 16 Dezember 1983 uumlber den Erwerb von Grundstuumlcken durch Personen

im Ausland (BewG) SR 21141241 zur Entwicklung von der Lex von Moos bis 7llr Lex Koller vgl PETER R BURKHALTERISTEPAN GRAP-PADILLA Immobilienerwerb unter besonderer Beshyruumlcksichtigung des Erwerbs durch Auslaumlnder in Immobiliencrwcrb unter bcsonderer Beluumlckshysichtigung des Erwerbs durch Auslaumlnder hrsg v der Europaumlischen Anwaltsvereinigung eV (DACH) Zuumlrich 2010 S 121 ff

32 Vgl GOumlKSUOLANO (FN 13) Art 86lPRG N 2 HEINI (FN 3) Vor Art 86-96 IPRG N 25 33 Vgl Vertrag vom 25 November 1850 zwischen der Schweizerischen Eidgcnossensehaft und den

Vereinigten Staaten von Nordamcrika (SR 0142113361)

34 VgL TINA WUumlSTEMANNRAIHAEL CICA Der schweizerisch-amcrikanische Erbfall succcssio 2013 168 H HEINI (FN 3) Vor Art 86-96 IPRG N 26 BSK-SCHNYDERLlATOWITSCH (FN 3) Art 86 IPRG N 25 Entgegen dem Wortlaut des Vertrages geht die herrschende Aufshyfassung dahin dass die Gerichte desjenigen Staates zustaumlndig sein sollen in welchem der Erblasshyser seinen letzten Wohnsitz gehabt hat BGE 43 I 86 L soweit bewegliches Vermoumlgen in Beshytracht faumlllt das Land des letzten Wohnsitzes des Erblassers

Kiinzle

Die EuErbVO und die Schweiz

Diese Bestimmung wird allfgrund der (spaumlter erlassenen) Regeln des schweizerishyschen Internationalen Privatrechts35 dahingehend ausgelegt dass auch Staatsbuumlrger eine Rechtswahl ausuumlben koumlnnen36

b) Verschiedene Niederlassungs- und Konsularvertraumlge 37 sehen Zustaumlndigshykeitsrege1n fuumlr die Staatsangehoumlrigen dr jeweiligen Laumlnder vor welche die Sishycherung des Nachlasscs die Orientierung uumlber den Eintritt des Erbfalles oder die Wahrung der Erbeninteressen betreffen Der Staatsvertrag von 1856 mit dem Grossherzog von Baden wurde aufgehoben aber die Schweiz hat die einseitige Erklaumlrung abgegeben wonach die schweizerischen Behoumlrden Artikel 6 des Staatsvertrages weiterhin allf Erbschaften anwenden werden sofern deren Teishylung aufgrund einer vor der Allfhebung des Staatsvertrages errichteten Ict7twilshyligen Velfuumlgung zu erfolgen hat38 Der Staatsvertrag mit Oumlstcrreich39 recc1t den Umgang mit dem Todesschein

c) Das Lugano-Uumlbereinkommen ist allf crbreehtliche Verhaumlltnisse nicht anshywendbar (Art lAbs 2 Ziff I LllgUuml)4o

114 Zustaumlndigkeit fuumlr die guumlterrechtliche Auseinandersetzung

a) Bevor es nach schweizerischem Recht -ur Erbteilung kommt ist die guumltershyrechtliche Auseinandersetzung vorzunehmen in welcher der Umfang des Nachshy

35 Vgl Art 90 Abs 2 IPRG 36 Vgl I-II(INI (FN 3) Vor Art 86-96 IPRG N 2( und Art 90

hei dcn USA auf (inell der 50 Staaten zu bezichen (Stale Law) 37 VJJl Staatsvertrag V0I116 Dezember 1856 mit dem

rci~ligigkcit und

38 39 40

Kiinzle

122 123 Teil 2 Vertiefung

lasses bestimmt wird Art 51 Iit a IPRG verweist fuumlr die guumlterrechtliche Ausshyeinandersetzung nach dem Tod eines Ehegatten auf die erbrechtlichen Zustaumlnshydigkeitsvorschriften von Art 86-89 IPRG (also Wohnsitz Heimatort und LageshyOrt)41 Diese besondere Zustaumlndigkeit geht der allgemeinen Zustaumlndigkeit (Art 51 lit c IPRG) vor und sie kommt auch dann zur Anwendung wenn die Erben sich einig sind und die Streitfragen sich auf die guumlterrechtliche Auseinanshydersetzung beschraumlnken42

b) Von dieser Regelung wird abgewichen wenn es zur Nachlassspaltung kaumlme (Art 58 Abs 2 IPRG) oder auslaumlndische Grundstuumlcke betroffen sind (Art 86 Abs2 IPRG)43 oder wenn abweichende Vereinbarungen (Art 5 IPRG) getrofshyfen wurden

12 Anwendbares Recht

121 Erbstatut

a) Auf den (weltweiten)44 Nachlass ist schweizerisches Recht anwendbar wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz in der Schweiz45 hatte (Art 90 Abs 1 IPRG)46

b) Ein (in derSchweiz wohnhafter) Auslaumlnder47 kann (fuumlr seinen ganzen Nachshy I

lass)48 sein (auslaumlndisches) Heimatrecht waumlhlen sofern er nicht auch Schweizer Buumlrger geworden ist (Art 90 Abs 2 IPRG)49 Eine solche Erklaumlrung wird in der Gerichtspraxis grosszuumlgig ausgelegt50 Diese Rechtswahl sollte moumlglichst beshystimmt erfolgen

51 und darf nicht rechtsmissbraumluchlich sein Die Ausschaltung

der schweizerischen Pflichtteile durch eine Rechtswahl des englischen

41 Vgl BRUumlCKNER (FN 9) S 52 GOumlKSuOLANO (FN 13) Art 86 IPRG N 5 42 Vgl SCHWANDER (FN 16) S 4 43 Vgl SCHWANDER (FN 16) S 6

44 Eine Ausnahme besteht wie bei der Zustaumlndigkeit (Art 86 Abs 2 IPRG) - fuumlr nusliindische Grundstuumlcke vgl BSK-SCHNYDERLrATOWITSCH (FN 3) Art 90 IPRG N

45 Der Wohnsitz bestimmt sich nach Art 20 IPRG

46 Vgl BGeL 5A_9102014 vom 18032015 Erw 23 BGer 5A_7382011 vom 10052012 Erw 21 abweichende Regeln (Heimatrecht) gelten fuumlr griechische iranische italienische und amerikanishysche Erblasser aufgrund der vorne (FN 37) erwaumlhnten Staatsvertraumlge vgl SlEHR (FN 9) sect 9 III 2 a

47 Doppelbuumlrgern steht diese Rechtswahl nicht offen vgl BSK-SCHNYDERLIATOWITSCH (FN 3) Art 92 IPRG N 21 f KlLIAS (FN 9) S 94

48 Eine Rechtswahl fuumlr einen Teil des Nachlasses ist nicht zulaumlssig vgl BSK -SCHNYDERI LIATOWlTSCH (FN 3) Art 90 IPRG N 15 H BUCHER (FN 14) ZBGR 69

49 Vl OGer ZH vom 18 Maumlrz 199B abgedruckt in BREITSCHMlDKUumlNZLE

das Gesetz aber keine ausdruumlckliche ErKlarunp

ER (FN 14) ZBGR69 (19gB) 148 50 Vgl BGE 115 III 35 51 Entgegen den ersten Entwuumlrfen

BSK-SCHNYDERLiATOWTSCH (FN 92 IPRG N 18 BUCHER (FN 14) ZBGR 69148

Kiinzle

Die EuErbVO und die Schweiz

weshalb auch geringere Pflichtteile (zB in Deutschland)54 hinzunehmen Die Rechtswahl bezieht sich im Zweifel auf das materielle Erbrecht55

c) Wenn der Erblasser im Ausland verstorben bestimmt grundsaumltzlich das auslaumlndische Kollisionsrecht das Erbstatut (Art 91 Abs 1 IPRG)56

d) Wenn die schweizerischen Behoumlrden und Gerichte am Heimatort nach Art 87 IPRG zustaumlndig sind kommt vorbehaltlich einer abweichenden Rechtswahl auch das schweizerische Recht zur Anwendung (Art 91 Abs2 IPRG)

e) Eine Rechtswahl ist nicht moumlglich wenn ein Staat fuumlr Grundstuumlcke die eishygene Zustaumlndigkeit vorschreibt (Art 86 Abs 2 IPRG) und die Anwendung eigeshynen Rechts vorbehaumllt

f) Welche Fragen zum Erbstatut gehoumlren regelt Art 92 Abs 1 IPRG Die grenzung zum Eroumlffnungsstatut ist nach wie vor nicht voumlllig geklaumlrt57 Zum Erbstatut gehoumlren alle Fragen des materiellen Erbrechts dh alle mit dem Erbrecht verbundenen Rechte und alle Voraussetzungen und Wirkungen von Klagen und Massnahmen welche mit der Verwirklichung dieser Rechte zusamshymenhaumlngen58 Ihm ist im Zweifel der Vortritt ZU lassen es sei denn eine sei mit dem Verfahren so verknuumlpft dass eine Trennung nicht mehr ist59 Zum Erbstatut gehoumlren etwa Eintritt Erbfalles Erbfaumlhigkeit Erbbcshyrechtigung60 und Erbanteile (gesetzliche Erbfolge) Pflichtteile Arten und Wirshykungen erbrechtlicher Verfuumlgungen (Erbeinsetzung Erbverzicht Enterbung Vermaumlehtnisse61 Auflagen Bedingungen) Umfang des Nachlasses62 Erwerb

Rechts) verstoumlsst grundsaumltzlich52 nicht gegen den ordre

52 Die Notlage in einem Einzelfall nn L bullbull I

einem andcren Ergebnis fuumlhrcn vgl HANS HANISCH reserve legale in Mclangcs Guy Plattet Lausanne 1985 hrsg v u a S 483

53 Vgl BGE 102 Il 140 f Es muss im LCllpUlIIU

Rechtswnhl In der Schweiz Dcutschland die

kritisch BUCHER (FN 14) ZszligGR 69 (1988) 150 zum Heimnuccht bestehen ansonsten dic

54 von 34 (Art 471 Ziff 1 ZGB) waumlhrend in von (nur) 112 habcn (sect 2303 Abs I BGB)

55 56 In

SlIHR (FN 9) sect 9 III 2 c auf Griechenland

der USAdie mit die USA gelten die Stlatsvertriige (FN 33 und 37) das Heimatrecht vorsehen vgl SlEI-IR (FN 9) sect 9

III 3 a 57 Vgl szligSK-SCHNYDERLfATOWflSCH (FN 3) Art 92 IPRG N 2 mwN 58 Vgl BUCHER (FN 14) ZBGR 69 (1988) 154 59 Vgl HEIN (FN 3) Art 92 IPRG N 5 60 Abgrenzung

Eherecht vgl BGE 111 II 16 (brasIllamsche genchtllcne Die Frage ob die guumlltig verheiratet war entscheidet das

desquite) 61 Abgrenzung Die Frage ob Tod des Erblassers direkt auf

und nicht nach dem Sachstatut anshy1994 Nr 125

BCiuumlnstiiten uumlbergeht

Kuumlnzle

124 Teil 2 Vertiefung

und Ausschlagung der Erbschaft Erbgang Erbrechts-Klagen Erbteilung Stelshylung der Erben vor und nach der Teilung (insbesondere Haftung der Erben)63 usw

g) Das schweizerische Internationale Privatrecht laumlsst den Renvoi (Ruumlck- und Weiterverweisung) nur zu wenn dieser vom Gesetz vorgesehen ist (Art 14 IPRG) wie etwa in Art 91 Abs 1 IPRG64

122 Eroumlffnungsstatut

a) Fuumlr die sichernden Massnahmen und die Nachlassabwicklung das Recht am Ort der zustaumlndigen Behoumlrde zur Anwendung (Art 92 Abs2IPRG)65

b) Zum Eroumlffnungsstatut gehoumlren etwa 66 Sicgelung und Inventar Testlshymentseroumlffnung Ausstellen der Erbbescheinigung Form der Ausschlagung das oumlffentliche Inventar amtliche Liquidation67 Verwaltung der Erbschaft Liquidashytionshandlungen die Mitwirkung der Erbteilungsbehoumlrden und die Stellung des Willensvollstreckers (Art 92 Abs2 IPRG) In der Lehre werden allerdings zushynehmend mehr Aspekte der Willensvollstreckung dem Erbstatut zugeordnet68

123 Erbvertraumlge

Erbvertraumlge unterstehen nach Art 95 IPRG dem Recht am Wohnsitz des sers zur Zeit des Vertragsabschlusses (Abs 1) Der Erblasser kann sein Heimatshyrecht waumlhlen (Abs2) Bei mehreren Verfuumlgenden (Erblassern) untersteht jede Verfuumlgung dem jeweils eigenen Statut69

62 Die Frage ob eine Sache vom Erblasser guumlltig erworben den vgl SIEHR (FN 9) sect 9 III 5 das Sachenrecht muss entscllCloen lasser guumlltig erworben wurde vgL BGE 94 II 297 das ObligatiollcnrCcI ein Bankguthabcn als Trust aus dem Vermoumlgen des Erblassers 79

63 Ob bei einem Auslandsbezug ein guumlltiger Anspruch gegenuumlber dem Erblasser bestand ist nach Obligationenrecht (und nicht Erbrecht) zu entscheiden vgl BGE 93 I1 379

64 Vgl Vgl MONICA MAumlCHLER-ERNESuSANNE WOLf-ME1IER Kommentar zu 13-19 IPRG in Baslcr Kommentar Internationales Privatrecht hrsg v Heinrich Honsel Nedim Peter Vogt und Anton K Schnyder 3 A BaselFrankfurt 2013 Art 141PRG N 14

65 Vgl BGel 5A]632012 vom 18032013 Erw 2 OGer ZH LF130068 vom 22042014 Erw 21 66 Vgl BSK-SCHNYDERLIATOWITSCH (FN 3) Art 92 IPRG N 8 BUCI-IER (FN 14) ZGBR 69

(1988) 154 KILIAS (FN 9) S 96

67 Vgl OGer ZH vom 21081998 abgedruckt bei BREITSCl-IMIDKONZLE (FN 1) S 158 f 68 V1 HANS RAINER KONZLE Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht Band

echt 1 Abteilung Die Erben 2 Tetlband Die Verfuumlgungen von Todes wegen 2 Illensvolistrecker (Art 517-518 2GB) Bern 2011 Vorbem zu Art 517-518 ZGB N 73

Beginn machte HEINI (FN 3) Art 92 IPRG N 22 f 69 Vgl BSK-SCHNYDERLIATOWITSCH (FN 3) An 95 IPRG N 5

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz 12S

124 Formstatut

Art 93 IPRG verweist fuumlr das Formstatut also fuumlr die Form des Testaments und Erbvertrags auf das Haager Uumlbereinkommen vom 5 Oktober 19617deg Eine letztwillige Verfuumlgung ist danach guumlltig wenn sie die Form des Heimatrechts des Wohnsitzrechts des Rechts ammiddotgewoumlhnlichen AufenthaltsOlt des Errichshytungsortsrechts oder des Lageortsrechts erfuumlllt

13 Anerkennung von auslaumlndischen Entscheiden und Urkunden

131 Direkte Zustaumlndigkeit

a) Die direkte Zustaumlndigkeit ist in Art 25 ff IPRG geregelt Danach werden auslaumlndische Entscheidungen in der Schweiz anerkannt wenn das zustaumlndige Gericht eine endguumlltige Entscheidung gefaumlllt hat und kein Verweigerungsgrund nach Art 27 IPRG vorliegt Der Nachweis der ErbensteIlung kann mit einem auslaumlndischen Ausweis gefuumlhrt werden welcher der Erbbescheinigung (Art 556-559 ZGB) gleichwertig istl

b) Puumlr Auskuumlnfte lind Verfuumlgungen uumlber Bankdepots und -kontos in der Schweiz werden der deutsche Erbschein und die oumlsterreichische Einantworshytungsurkunde ohne weitere Formalitaumlten akzeptiert72 Gleiches gilt fuumlr Ausweishyse des Probate Court aus England oder den USA fuumlr die executorsJ3 Die in Deutschland als Ausweis anerkannte Eroumlffnungsurkunde74 wird dagegen nicht von allen Banken akzeptiert

c) Fuumlr Auslaumlndische Erbfolgezeugnisse als Ausweis fuumlr Eintragungen im schweizerischen Grundbuch hat das Bundesamt fuumlr Justiz Regeln ausgearbeishytet75 welche fuumlr jedes Land konkret festhalten welche Erbfolgezeugnisse als gleichwertig (aumlquivalent) im Sinne von Art 559 ZGB (im Vergleich mit der Erbshybescheinigung) angesehen werden Danach wird der deutsche Erbschein

2358 H BGB) in der Schweiz ebenso anerkannt76 wie (bei klaren Verhaumlltnisshy

71 72

73 74 75

76

Kuumlnzle

127 126 Teil 2 Vertiefung

auch ein oumlffentlich beurkundetes Testament zusammen mit der Eroumlffshynungsurkunde

d) Auslaumlndische Erbfolgezeugnisse koumlnnen fuumlr vollstreckbar erklaumlrt werden (Art 28 iVm Art 31 IPRG) Das sog Exequaturverfahren wird vom kantonashylen Prozessrecht bestimmt und ist in der Regel summarischer Natur Dieses Vershyfahren wird etwa im Bankverkehr notwendig wenn der auslaumlndische Ausweis nicht akzeptiert wird Das ist haumlufig der Fall wenn der auslaumlndische Ausweis von einem Notar ausgestellt wurde77 Zudem gibt er territoriale Beschraumlnkunshygen So ist der Fremdrechtserbschein auf Deutschland begrenzt und die oumlsterreishychische Einantwortungsurkunde erfasst keine Liegenschaften im Ausland liches gilt fuumlr den letters testamentary und den letters of administrationl8 Diese territorialen Beschraumlnkungen werden in der Schweiz dann beachtet wenn sie sich aus dem materiellen Recht ergeben (Fremdrechtserbschein) nicht aber wenn sie sich aus Regeln des Verfahrensrecht ergeben (Einantwortungsurkunshy

e) Wenn im Ausland kein Erbfolgezeugnis ausgestellt wird oder dieses das in der Schweiz gelegene Vermoumlgen nicht erfasst ist in der Schweiz (im Rahmen eines Eroumlffnungsverfahrens) ersatzweise eine (schweizerische) Erbbescheinigung zu beantragen Die Zustaumlndigkeit richtet sich nach Art 87 und Art 88 IPRG Wurde im Ausland zwar ein Ausweis ausgestellt erfuumlllt dieser aber die fuumlr die Anerkennung notwendigen Anforderungen nicht muss gestuumltzt auf die Notzushystaumlndigkeit von Art 3 IPRG am Ort der gelegenen Sache oder an einem anderen Ort mit dem der Sachverhalt einen genuumlgenden Bezug aufweist eine Erbbeshyscheinigung beantragt werden

f) Bei Kollisionen von Erbrechtsausweisen aus mehreren Laumlndern kann Art 27 Abs2 lit c IPRG (iVm Art 31 IPRG) die Loumlsung bringen indem das zuerst in der Schweiz eingeleitete Verfahren80 Vorrang hat81

132 Indirekte Zustaumlndigkeit

Die indirekte Zustaumlndigkeit ist in Art 96 IPRG geregelt Nach Abs 1 lit a wershyden Urteile anerkannt wenn sie getroffen ausgestellt oder festgestellt worden sind im Staat des letzten Wohnorts des Erblassers oder im Staat dessen Recht er gewaumlhlt hat oder wenn sie dort anerkannt werden (sog Drittstaatsanerkenshy

77 Vgl I tANS KUHN Anerkennung und Wirkungen auslaumlndischer Erbauswcisc im schweizerischen Recht SZIER 12 (2002) 7

78 Vgl KUHN (FN77) SZIER 12 (2002) 25 79 Vgl KUHN (FN 77) SZIER 12 (2002) 26 f 80 In der Schweiz wird der Nachlass mit dem Tod des Erblassers automatisch eroumlffnet vgL Art 537

ZGB 81 Vd FlORIAN MARXER Das internationale Erbrecht Licchtensteins - Ein Vergleich mit dem

reichischen und schweizerischen Recht (Diss Zuumlrich) Vaduz 2002 S 141

KUnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

nung)82 Fuumlr Grundstuumlcke ist der Lageort massgebend (Art 96 Abs 1 lit b IPRG) gegebenenfalls ausschliesslich (Art 96 Abs 2 IPRG)

133 Staatsvertraumlge

Die Anerkennung und Vollstreckungauslaumlndischer Entscheide Massnahmen und Urkunden wird auch von Staatsvertraumlgen geregelt etwa im Verhaumlltnis zu Deutschland83 Diese enthalten aber regelmaumlssig nur Mindestnormen und gehen deshalb nicht uumlber Art 96 IPRG hinaus 84

2 Grundzuumlge der EuErbVO

a) Die Verordnung (EU) Nr 65012012 dcs Europaumlischcn Parlaments und dcs Rates vom 4Juli 2012 uumlbcr die Zustaumlndigkeit das anzuwcndcnde Recht die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung oumlffentlicher Urkundcn in Erbsachcn sowie zur Einfuumlhrung cines Europaumlischen Nachlasszeugnisses (EU-Erbrechts-Verordnung I EuErbVO)85 trat am t 7 August 2015 in Kraft (Art 84 EuErb VO)

b) Die EuErbVO ist direkt anwendbar und gilt fuumlr die Mitgliedstaaten Diese sind in der EuErbVO nicht dcfiniert Da Daumlnemark Irland und das Vereinigte Koumlnigreich sich nicht beteiligen gelten sie nicht als Mitgliedstaaten im Sinne der VerordnungY Obwohl erst nach der Verabschiedung der ErbVO zur EU geshystossen ist dagegen Kroatien ein MitgliedstaatB7

21 Zustaumlndigkeit

211 Grundregel

a) Art 4 EuErbVO regelt die Zustaumlndigkeit fuumlr saumlmtliche Erbsachen dh soshywohl fuumlr streitige Verfahren als auch fuumlr Verfahrcn der freiwilligen Gcrichtsbarshykeit sB Die Zustaumlndigkeit gilt zudem unabhaumlngig von der Nachlassbclegcnheit verhindert somit eine Nachlassspaltung

82 Vgl HEINI (FN 3) Art IPRG N 9 ff 83 Vgl Abkollll11en vom 2 November 1929 wischen

dcm Deutschen Reich uumlber die Anerkennung lind Vollstreckung _ Schiedsspruumlchen (SR 0276191361) zu weiteren StaatsvertrKgcn

dem Fuumlrstentum Liechtenstcin Schweden Spanien der Tschechoslowakischen Oumlsterreich vgl STElHEN

Basler Kommentar Internati r

und Anton K Schnydcr 3 A 84 Vgl 5mBR (FN 9) S 549 85 Vgl EU AbI NT L 201 S 107 zur Entstehungsgeschichte vgl ANATOLDUITA Kommentar zu

Art 1-84 EuErbva in Muumlnchener Kommentar zum Buumlrgerlichen Gesct7bueh Band 10 Intershynationales Privatrecht 16 A Muumlnchen 2015 Vor Art 1 EuErbVO N 5 ff

86 V gl Erwaumlgungsgruumlnde 82 und 83 87 Vgl DUTIA (FN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 14 88 Vgl DUTIA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 4

Kuumlnzle

127 126 Teil 2 Vertiefung

sen) auch ein oumlffentlich beurkundetes Testament zusammen mit der Eroumlffshynungsurkunde

d) Auslaumlndische Erbfolgezeugnisse koumlnnen fuumlr vollstreckbar erklaumlrt werden (Art 28 iVm Art 31 IPRG) Das sog Exequaturverfahren wird vom kantonashylen Prozessrecht bestimmt und ist in der Regel summarischer Natur Dieses Vershyfahren wird etwa im Bankverkehr notwendig wenn der auslaumlndische Ausweis nicht akzeptiert wird Das ist haumlufig der Fall wenn der auslaumlndische Ausweis von einem Notar ausgestellt wurde77 Zudem gibt er territoriale Beschraumlnkunshygen So ist der Fremdrechtserbschein auf Deutschland begrenzt und die oumlsterreishychische Einantwortungsurkunde erfasst keine Liegenschaften im Ausland Aumlhnshyliches gilt fuumlr den letters testamentary und den letters of administration7H Diese territorialen Beschraumlnkungen werden in der Schweiz dann beachtet wenn sie sich aus dem materiellen Recht ergeben (Fremdrechtserbschein) nicht aber wenn sie sich aus Regeln des Verfahrensrecht ergeben (Einantwortungsurkunshyde)9

e) Wenn im Ausland kein Erbfolgezeugnis ausgestellt wird oder dieses das in der Schweiz gelegene Vermoumlgen nicht erfasst ist in der Schweiz (im Rahmen eines Eroumlffnungsverfahrens) ersatzweise eine (schweizerische) Erbbescheinigung zu beantragen Die Zustaumlndigkeit richtet sich nach Art 87 und Art 88 IPRG Wurde im Ausland zwar ein Ausweis ausgestellt erfuumlllt dieser aber die fuumlr die Anerkennung notwendigen Anforderungen nicht muss gestuumltzt auf die Notzushystaumlndigkeit von Art 3 IPRG am Ort der gelegenen Sache oder an einem anderen Ort mit dem der Sachverhalt einen genuumlgenden Bezug aufweist eine Erbbeshyscheinigung beantragt werden

f) Bei Kollisionen von Erbrechtsausweisen aus mehreren Laumlndern kann Art 27 Abs2 lit c IPRG (iVm Art 31 IPRG) die Loumlsung bringen indem das zuerst in der Schweiz eingeleitete Verfahren80 Vorrang hat 81

132 Indirekte Zustaumlndigkeit

Die indirekte Zustaumlndigkeit ist in Art 96 IPRG geregelt Nach Abs 1 Ht a wershyden Urteile anerkannt wenn sie getroffen ausgestellt oder festgestellt worden sind im Staat des letzten Wohnorts des Erblassers oder im Staat dessen Recht er gewaumlhlt hat oder wenn sie dort anerkannt werden (sog Drittstaatsanerkenshy

77 Vgl HANS KUl-IN Anerkennung und Wirkungen auslaumlndischer Erbausweise im schwei~crischen Recht SZIER 12 (2002) 7

78 Vgl KUHN (FN 77) SZlER 12 (2002) 25 79 Vgl KUHN (FN 77) SZIER 12 (2002) 26 f 80 In der Schweiz wird der Nachlass mit dem Tod des Erblassers automatisch eroumlffnet vtL Art 537

ZGB

81 Vgl FLORIAN MARXER Das internationale Erbrecht Licchtensteins Ein Vergleich mit dem oumlsterreichischerr und schweizerischen Recht (Diss Zuumlrich) Vaduz 2002 S 141

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

nung)82 Fuumlr Grundstuumlcke ist der Lageort massgebend (Art 96 Abs 1 lit b IPRG) gegebenenfalls ausschliesslich (Art 96 Abs 2 IPRG)

133 Staatsvertraumlge

Die Anerkennung und Vollstreckung auslaumlndischer Entscheide Massnahmen und Urkunden wird auch von Staatsv~rtraumlgen geregelt etwa im Verhaumlltnis zu Deutschland83 Diese enthalten aber regelmaumlssig nur Mindestnormen und gehen deshalb nicht uumlber Art 96 IPRG hinaus 84

2 Grundzuumlge der EuErbVO

a) Die Verordnung (EU) Nr 65012012 des Europaumlischen Parlaments und des Rates vom 4 Juli 2012 uumlber die Zustaumlndigkeit das anzuwendende Recht die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung oumlffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einfuumlhrung eines Europaumlischen Nachlasszeugnisses (EU-Erbrechts-Verordnung I EuErbVO)85 trat am 17 August 2015 in Kntft (Art 84 EuErbVO)

b) Die EuErbVO ist direkt anwendbar lind gilt fuumlr die Mitgliedstaaten Diese sind in der EuErbVO nicht definiert Da Daumlnemark Irland und das Vereinigte Koumlnigreich sich nicht beteiligen gelten sie nicht als Mitgliedstaaten im Sinne der VerordnungH6 Obwohl erst nach der Verabschiedung der ErbVO zur EU geshystossen ist dagegen Kroatien ein MitglicdstaatH7

21 Zustaumlndigkeit

211 Grundregel

a) Art 4 EuErbVO regelt die Zustaumlndigkeit fuumlr saumlmtliche Erbsachen dh soshywohl fuumlr streitige Verfahren als auch fuumlr Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarshykeit H8 Die Zustaumlndigkeit gilt zudem unabhaumlngig von der Nachlassbelegenheit verhindert somit eine Nachlassspaltung

82 Vgl HEINI (lN 3) Art 96 [PIZe N 9 ff a3 VgL Abkomlllcn vom 2 November 1929 Iwischen dcr Schwcizerischcll Eidgenossenschaft

dem DcUtschen Rcich uumlber die Anerkennung lind Vollstredwng von gerich gen lind Schiedsspruumlchen (SR 02761913(1) zu weiteren Staatsvertraumlgen reich Italien lcl11 Fuumlrstentum Liechtcnstein Schweden Spanien de Tschechoslowakischen Republik und Oumlsterreich vgl STHIIIEN VllERIIROBERT K DAumlPPEN Kommentar zu Art 25shy32 IPRG Baslcr Kommentar Internationales Privatrecht hrsg v Heinrich HOllscIl Ncdim Peshyter Vogt lind Antol1 K Schnytkr 3 A Bascfrankfurt 2013 Art 25 IPRG N 18

B4 Vgl SmlfR (FN 9) S 549 85 Vgl EU AbI Nr L 201 S 107 zu Entstehungsgeschichte vgl ANATOt DlJlTA Kommentmiddot zu

Art 1-84 EuErbVO in Muumlnchcner KOlllmcntar wm Buumlrgerlichen Gesetzbuch Band 10 Intershynationales Privatrecht I ( A Muumlnchen 2015 Vor Art 1 EuErbVO N 5 ff

86 Vgl Erwaumlgungsgruumlnde 82 und 83 87 Vgl DUTrA (FN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 14 88 Vgl DunA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 4

Kuumlnzle

129 128 Teil 2 Vertiefung

b) Fuumlr den ganzen Nachlass zustaumlndig sind grundsaumltzlich die Gerichte am letzshyten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers (Art 4 EuErbVO) Abgestellt wird objektiv auf familiaumlre und soziale Bindungen und subjektiv auf den Bleishybewillen89 Da keine privatautonome Bestimmung moumlglich ist hat die Erklaumlrung des Erblassers in seiner letztwilligen Verfuumlgung nur eine beschraumlnkte Wirkung9o Es sind Faumllle denkbar dass kein oder mehrere gewoumlhnliche Aufenthaltsorte vorshyliegen91 Keine Verschiebung des gewoumlhnlichen Aufenthaltsorts bewirken Aufshyenthaltswechsel aus schulischen beruflichen und medizinischen Gruumlnden (Pfleshyge) sowie moumlglicherweise auch aus Altersgruumlndenmiddot (bei fehlender Integration I Mallorca-Rentner)92

c) Art 10 ErbVO sieht eine subsidiaumlre Zustaumlndigkeit am Ort der Nachlassbeleshygenheit vor welche umfassend (fuumlr den ganzen Nachlass) und zwingender Nashytur ist

93 Nachlassbelegenheit in einem Mitgliedstaat ist gegeben wenn sich (im

Zeitpunkt der Entscheidung)94 koumlrperliche Gegenstaumlnde (Sachen) in einem Mitshygliedstaat befinden Gegenstaumlnde oder Rechte in einem oumlffentlichen Register eines Mitgliedstaates verzeichnet sind (unbewegliche Sachen Schiffe Luftfahrshyzeuge oder Immaterialguumlterrechte) oder Forderungen mit einem Schuldner in einem Mitgliedstaat9s Der Erblasser muss zudem eine Beziehung CUl11 Bclegenshyheitsmitgliedstaat haben naumlmlich dessen Staatsangehoumlriger sein ([it a) oder inshynerhalb der vergangenen fuumlnf Jahre seinen gewoumlhnlichen Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat gehabt haben ([it b) Wenn eine solche Beziehung fehlt wird die Zustaumlndigkeit auf den inlaumlndischen Nachlass begrenzt (Abs 2))(

212 Abweichung im Fall einer Rechtswahl

a) Nach Art 5-9 EuErbVO besteht - zur Wiederherstellung des Gleichlaufs von forum und ius97 - die Moumlglichkeit von der Grundregel (Art 4 und Art 10 EuErbVO) abzuweichen und zwar immer dann wenn der Erblasser eine Rechtsshywahl getroffen hat (1) foumlrmliche Gerichtstandvereinbarung (Art 5 EuErbVO) (2) formlose Gerichtstandsanerkennung (Art 7 lit c EuErbVO) (3) Ermessensshy

89 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 4 Kindschaftsvcrfahrensrechts des EuGH keine che Wohnsitz

90 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 4 91 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 6 92 Vgl DENIS SOLOMON Die allgemeine Kollisionsnorm in Die EUlOpiiishy

sehe Erbreehtsverordnung hrsg v Muumlnchen 201417 ff KINGA M WEissMANUEi -CllC I-lcrausforshy

internationale Na ic1welzcr Sicht sllcccssio 2014 167 f(= zur Notariatspraxis Schweizcrischen Notarcnvcrband Muri 2015S 15

93 DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 7 94 DUTTA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 9 95 DUTfA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 6 96 DUITA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 13 ff 97 dazu WEIssBIGLER (FN 92) successio 2014 166

Kuumlnzle

Dic EuErhVO und die Schweiz

entscheidung des nach der Grundregel zustaumlndigen Gerichts (Art 6 lit a EushyErbVO) (4) Vereinbarung einer aussergerichtlichen einvernehmlichen Regelung (Art 8 EuErbVO) sowie (5) ruumlgelose Einlassung (Art 9 EuErbVO)

b) Die EuErbVO gestattet dem Erblasser keine einseitige Gerichtsstandsshywahl98 der Erblasser muss vielmehr darauf hoffen dass die Erben die ihnen zur Verfligung stehenden Moumlglichkeiten benuumltzen

22 Anwendbares Recht

221 Objektive Anknuumlpfung

Zustaumlndigkeit und anwendbares Recht (Art 4 und 21 EuErbVO) folgen dem Hauptanknuumlpfungspunkt (letzter gewoumlhnlicher Aufenthalt des Erblasshy

sers) womit ein Gleichlauf von forum und ius angestrebt wird

b) Nach Art 21 Abs 1 EuErbVO wird grundsaumltzlich auf den ganzen Nachhtss das Recht ltIm letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers angewendet (Erb-

Der letcte gewoumlhnliche Aufenthalt des Erblassers in Art 21 EuErbVO entspricht demjenigen von Art 4 ErbV099

c) In Art 21 Abs2 EuErbVO gibt es eine Ausweichklauscl wonach ein andeshyres Recht anzuwenden ist wenn zu diesem eine offensichtlich engere Bindung besteht Da auch die Bestimmung des gewoumlhnlichen Aufenthalts auf eine enge Bindung tbstcllt werden Ausnahmen selten vorkommen loa Dutta erwaumlhnt etshywa dass einer fehlgeschlagenen Rechtswahl zum Durchbruch verholfen oder ein Aufenthaltswechsel einer betreuten Person korrigiert werden kann 10I

222 Rechtswahl

Der Erblasser kann das auf den Nachlass anwendbare Recht (Erbstatut) in beshyschriinktem Umfang waumlhlen er kltlnn luumlmlich sein Staatsangehoumlrigkeitsrecht waumlhlen welches er im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes besass (Art 22

98 Vgl DUIlA (FN 85) Vor Art 4 ElIErbVO N 7[] 99 VgL DUTlA (FN 85) Art 21 EuErbVO N 4

100 Kritisch KNUTWERNER LANGE Das ErbkoUisionsrccht im nClIcn Entwurf eincr EU-ErbVO ZErb 2012 [62 FEIJX M WIlKE Das internationale Erbrecht nach der IlCllcn EU-Erbshyrcchtsvcrordnung RIW 2012 605

101 Vgl DUJ1A (lN 85) Art 21 EuErbVO N 6 weiter Faumllle sind Expats oder DiplomaIlshyteIl vgL WElSSBIGLElt (FN 92) sllcccssio 2014174

Kuumlnzle

131 130 T eil 2 Vertiefung

Abs 1 EuErbVO)102 Wenn der Erblasser mehrere Staatsangehoumlrigkeiten beshysitzt hat er die Auswahl 103 Die Rechtswahl betrifft stets den gesamten Nachshy

eine Teilrechtswahl ist nicht moumlglich104

223 Erbvertraumlge

Fuumlr Erbvertraumlge gilt nach Art 25 EuErbVO das zur Zeit der Errichtung massshygebende Recht (Abs 1) Erbvertraumlge sind nur in wenigen Laumlndern der EU zugeshylassen etwa in Deutschland und Oumlsterreich Darunter gehoumlren aber auch gegenshyseitige Testamente (Deutschland)105 und Gestaltungsmittel des franzoumlsischen (donation-partage institution contractuelle renonciationanticipee aIaction en reduction) und englischen Rechts (contract to make or not to make a will contract not to revoke or not to modify a will)106 Bei mehreren Verfuumlgenden muss der Erbvertrag nach beiden Erbstatuten zulaumlssig sein (Abs2) was geleshygentlich durch die Wahl des gemeinsamen Heimatrechts erreicht wird (Abs 3)107

224 Sonderrregelung fuumlr Nachlassverwalter

Nach Art23 Abs2 lit f EuErbVO unterstehen die Testamentsvollstrecker (und Nachlasspfleger nicht aber Nachlassinsolvenzverwalter) grundsaumltzlich dem Erbstatut108 Nach Art29 Abs 1 EuErbVO darf fuumlr Nachlassverwalter

102 Das kann wie folgt formuliert werden (1) Ich bin deutscher hen Aufenthalt in Deutschland Diesen will ich auch Staatsangehoumlriger und habe meinen gewoumlhnlichen Aufenthalt auf Mallorca Vorsorgshy

waumlhle ich fuumlr die Rechtsnachfolge von Todes wegen in mein gesamtes Vermoumlgen sowie die Frage der Rechtswirksamkeit dieses Testaments das deutsche Recht als mein Staatsangehoumlrigshykeitsrecht (3) Ich bin Buumlrger von Kappe Ebnat-Kappel SG (Schweiz) also schweizerischer Staatsangehoumlriger und habe meinen gewoumlhnlichen Aufenthalt in Konstanz (Deutschland) den ich auch bis zu meinem Tod beibehalten will Ich waumlhle hiermit fuumlr die Rechtsnachfolge VOn Toshydes wegen in mein ganzes Vermoumlgen sowie fuumlr die Frage der Rechtswirksamkeit dieses Testashyments das schweizerische Recht insbesondere das schweizerische Erbrecht als mein Staatsangeshyhoumlrigkeitsrecht vgl FELIX ODERSKY Die Europaumlische Erbrechtsverordnung in der Gestalshytungspraxis nOtar 20137

103 Vgl DUrrA (FN 85) Art 22 EuErbVO N 3 104 Vgl DUTTA (FN 85) Art 22 EuErbVO N 8 105 Das in Deutschland haumlufip verwendete gemeinschaftliche Testament ist in der

als im nationalen Recht In die Kategorie der Erbvcrtraumlge einzuordncn VGL ANATOL Die europaumlische Erbrechtsverordnung vor ihrem Anwendungsbeginn Zebn ausgewaumlhlteStreitstandsminiaturen IPRax 2015 35

106 Vgl ANDREABONOMIAzADI OumlZTUumlRK Das Statut der Verfuumlgung von Todes wegen (Art 24 ff EuErbVO) in Die Europaumlische Erbrechtsverordnung hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 N 60 nennen donation-partage

107 WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014 188 geben folgendes Formulierungsbeispiel Ich MilK Muster bin deutscher und schweizerischer Staatsbuumlrger Ich Manuela Muster bin deutshysche Staatsbuumlrgerin Fuumlr die Erbfolge in den gesamten Nachlass waumlhlt ein jeder von uns deutshysches materielles Recht unabhaumlngig vom On des jeweiligen gewoumlhnlichen Aufenthalts im Zeitshypunkt des Todes Fuumlr die Wirksamkeit und Bindungswirkungen dieses Erbvertrages soll insfc samt das deutsche materielle Recht gelten Dies verfuumlgt ein jeder von uns einzeln sowie wir belde

lsam und soweit zulaumlssig mit erbvertraglicher Bindungswirkung Die Bi s1ch soweit zulaumlssig auch auf die Wahl des anwendbaren Rechts erstrecken

108 Vgl DUTTA (FN 85) Art 23 EuErbVO N 23

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

ausnahmsweise bei der lex fori angeknuumlpft werden (Eroumlffnungsstatut) soweit dies zwingend notwendig ist Damit hat man vor allem an den executoradminishystrator des common law gedacht109

225 Formstatut

Fuumlr die Form gilt nach Art 27 EuEirbVO weitgehend 11 0das Haagcr Testashymentsformuumlbereinkommen vom 5101961111 Dies bedeutet im Wesentlichen dass die Form am Ort der Testamentserrichtung eingehalten werden muss

23 Anerkennung von Entscheidungen und Urkunden

a) Mit der Schaffung des Europaumlischen Naehlasszeugnisses (Art 62 EuErbshyVO) welches auch den Testamentsvollstrecker einschliesst ist die Anerkennung im EU-Raum gesichert und zwar ohne besonderes Verfahren (Art 39 Abs I EuErbVO) Es werden allerdings auch neue Probleme geschaffen so etwa die Abbildung des (deutschen) pauschalierten Zugewinnausgleichs welcher guumltershyund nicht erbrechtlicher Natur istl2

b) Die EuErbVO geht recht weit im Umsetzen von auslaumlndischen Entscheidunshygen Bei der Anwendung auslaumlndischen Rechts kann es vorkommen dass Vershyrichtungen umzusetzen sind welche das eigene Recht nicht kennt etwa eine Einantwortung nach oumlsterreichischem Recht eine family provision nach englishyschem Recht oder eine Gestaltungsmassnahme zur Durchsetzung von Pflichtteishylen Diese wurden in Deutschland gelegentlich als wesensfremd abgelehnt 113

was unter der Geltung der Eu ErbVO nicht mehr moumlglich ist j 14

24 Einfuumlhrungsgesetze

Obwohl die EuErbVO direkt anwendbar ist braucht es zur Umsetzung in den einzelnen Laumlndern besondere Vorschriften und regelmaumlssig auch Aumlnderungen des bestehenden nationalen Rechts Deutschland hat das Gesetz vom 29 Juni 2015 zum Internationalen Erbrecht und zur Aumlnderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Aumlnderung sonstiger Vorschriften (IntErbRVGEG) 115 gerashyde noch rechtzeitig vor Inkrafttreten der EuErbVO erlassen Die meisten Laumlnshyder haben noch kein derartiges Gesetz 116

109 85) Art 29 EuErbVO NI 10 Zu Unterschieden vgl DunA (FN 85) Art 27 EuErbVO N 4 ff

111 Vgl wwwhcchl1ctlllploadltcxtll_dpdf(26082015)SR 021 13121 112 Vgl DUrlA (FN 105) IPRax 2015 33 113 Vgl etwa BayObLGZ 1967197201 114 Vgl DUITA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 21 115 BGBl I S1042 fuumlr eine Kommentierung der neuen Regeln vgl Internationales Erbrecht

(EuErbVO I IntErbRVG) brsg v Walter Gier Andreas Koumlhler Ludwig Kroiszlig und Harald Wilsch Baden-Baden 2015

116 Zum oumlsterreichischen Erbrechtsaumlnderungsgesetz vom 30 Juli 2015 (BGBl I 872015) welohe am 112017 in Kraft tritt

Kuumlnzle

132 133 Teil 2 Vertiefung

3 Anwendung der EuErbVO auf die Schweiz

31 Vorbehalt bilateraler Abkommen mit Drittstaaten

a) Waumlhrend Staatsvertraumlge unter den Mitgliedstaaten mit dem Inkrafttreten der EuErbva aufgehoben werden117 bleiben Staatsvertraumlge der Mitgliedstaaten mit Drittstaaten grundsaumltzlich bestehen und haben Vorrang gegenuumlber den Regeln der Erbrechtsverordnung (Art 75 Abs 1 EuErbVO)118 Das bedeutet dass die

119 vorne erwaumlhnten Staatsvertraumlge mit Italien Griechenland und Portugal vorshy

bleiben12o

In den Staatsvertraumlgen mit Italien 121 und Griechenland 122 wird das Heimatrecht auf Erbfaumllle angewendet Wenn in einem Erbfall weitere EU-Staaten (ohne Staatsvertrag) involviert sind kann dies zu Problemen fuumlhren naumlmlich der Anwendung unterschiedlichen Rechts in den einzelnen Staaten123 Fuumlr Deutschland bleiben (unter anderem) die Staatsvertraumlge mit dem Iran mit der ehemaligen Sowjetunion und mit der Tuumlrkei bestehen 124

besteht auch fuumlr Haager Form-Uumlbereinkommen 125

117 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 20

118 Vgl REMBERT SOSS Der Vorbehalt zugunsten bilateraler Abkommen mit Drittstaatcll in Die Europaumlische Erbrechtsverordnung hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014N14mwN

119 Vgl vorne FN 37 120 Vgl Suumlss (FN 118) N 12

121 Zu Einzelheiten vgl TI NA WUumlSTEMANNLARISSA MADOLDA MARTINEZ Der schweierischshyitalienische Erbfall successio 2011 66 ff BGE 138 III 354 Erw 3 BGer 4A_582011 Pra 2012 NI 130 = ZBGR 2014174 Der Staatsvertrag laumlsst eine Rechtswahl BGE 136 HI 461 Erw 52153 = 4A_4212009 ZBGR 2012111 Der Staatsvertrag laumlsst BGer 5C212003 vorn 22072003 Erw 2 Der Staatsvertrag regelt die Frage der weshalb Art 86 H IPRG anzuwenden BGE 120 II 293 Der Staatsvertrag regelt der Eroumlffnung nicht weshalb Art 86 H anzuwenden sind BGE 99 II 246 Erw Staatsvertrag regelt die der Eroumlffnung nicht weshalb die schweizerischen Kollisiollsnorshymcn anwendbar sind ZR Nr 76 Erw II Vorsorgliche Massnahmcn bezuumlglich Nachlassguumlshytern in der Schweiz eines in Italien verstorbenen Italieners

122 Vgl BGE 94 H 5 Elw 2 Heimatrecht ist anwendbar

123 Aumlhnlich wie in den von SUumlSS (FN 118) N 16 ff genannten Beispielen Eclegenheit in einem anshyderen Mitgliedstaat gewoumlhnlicher Aufenthalt in einern anderen Mitgliedstat

124 Vgl DUTTA (FN 105) IPRall 2015 39 ANDREAS KOumlHLER sect 4 Internationales Privatrecht in Internationales Erbrecht (EuErbVO IntErbRVG) hrsg v Walter Gier Andreas Koumlhler Ludwig Kroiszlig und Harald Wilsch Baden-Baden 2015 Anhang zu sect 4 Art 8 Niederlassungsabshykommen vom 17 Februar 1929 zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien (RGBI 1930 II 1002) Anlage zu Art 22 (Nachlassabkommen) sectsect 13-15 17 und 19 KOllsularvcrshytrag zwischen dem Deutschen Reich und der Union der Sozialistischen Sowjctrepubliken vom 12 Oktober 1925 (RGBl1926 II 60) Art 19-20 und 24-29 Konsularvertrag zwischen der Bunshydesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom 25 April 1958 (BGBI 1959 n 233 weiterhin anwendbar gemaumlszlig gemeinsamer Erklaumlrung vorn 25081994) Art 3 und Art 8 Niederlassungsabkommen vom 12Januar 1927 zwischen dem Deutschen Reich und der Tuumlrkischen Republik (RGBI II 76 454) Art 16 und 20 Anlage zu Art 20 (Nachshylassabkommen) Konsularvertrag vom 28 Mai 1929 zwischen dem Deutschen Reich und der Tuumlrkischen Republik (RGB 11930 II S 748)

125 Vgl vorne FN 70 SOSS (FN 118) N 14

Die EuErbVO und die Schweiz

32 Anwendung der ErbVO auf Drittstaaten

a) Die Schweiz gchoumlrt zu den Drittstaaten (als Nicht-EU-Mitglied) ebenso wie das Vereinigte Koumlnigreich (UK) Irland und Daumlnemark welche nicht an der Erbrechtsverordnung teilnehmen126

b) Die Erbrechtsverordnung gilt an sich nur fuumlr die Verordnungsstaaten sie beshytrifft aber auch Erbfaumllle mit Bezug zu Drittstaaten (wie der Schweiz) was als erga mones-Wirkung bezeichnet wird 127 Allerdings gelten nicht alle Regeln der EuErbVO im Verhaumlltnis zu den Drittstaaten128 was durchaus zu Konflikten

kann Ein Bezug zu Drittstaaten kommt etwa vor 129 (1) wenn Dritt shystaatsangehoumlrige ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt in einem Verordnungsstaat hashyben (2) wenn Verordnungsstaatsangehaumlrige ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat haben (3) wenn ein Erblasser mit letztem gewoumlhnlichem Auf-

in einem Verordnungsstaat Vermoumlgenswerte in einem Drittstaat hintershylaumlsst und (4) wenn ein Erblasser mit gewoumlhnlichem Aufenthalt in einem Dritt shystaat Nachlasswerte in einem Verordnungsstaat hinterlaumlsst

(1) Ein Schweizer stirbt in Hamburg (2) ein Italiener stirbt in Lugano nach Oumlsterreich gezogener Franzose mit einem Haus in St Moritz (3)

lebender Hollaumlnder mit einem Haus in Mallorca

Ende 2012 betrug der Anteil der auslaumlndischen Staatsangehoumlrigen in der Schweiz mehr als 23 wobei der uumlberwiegende Teil aus Laumlndern der EU stammte und Ende 2011 hielten sich 703200 Schweizerinnnen und Schweizer im Ausland auf davon drei Fuumlnftel in Europa 130 Es besteht also ein grosses Potential fuumlr laumlnshyderuumlbergreifende Erbfaumllle mit Bezug zur Schweiz und EU Ob man die EuErbshyVO auch auf reine Drittstaatsachverhalte anwenden soll (etwa wenn nur Erben sich in der EU aufhalten) ist umstritten131 wohl aber zu verneinen

c) Nach Art 20 EuErbVO wird das Erbstatut auch dann angewendet wenn es sich nicht um das Recht eines Mitgliedstaates handelt Erwaumlgungsgrund 37 Eushy

126 86 zur Diskussion uumlber die Stellung der nicht teilnehmcnden Staaten Jaumlncmark welche aufkam weil die Definition aus dcr ErbVO gekippt wurde vgl EVA

LEIN Die Erbrechtsverordnung aus Sicht dcr Drittstaatcl1 in Die Europaumlische Erbrechtsvershyordnung hrsg v Anatol Dutta und Scbastian Herrler Muumlnchen 2014 N 7 ff DUTTA (PN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 15

127 ANDREA EONOMIIAlAD OumlzruumlRK Auswirkungen der Europaumlischen Erbrechtwerordshynung auf die Schweiz unter besondercr Beruumlcksichtigung deutsch-schweizerischer Erbfaumllle ZVglRWiss 2015 5

128 Vgl ANDREA BONOMI Le rcglcmcnt europccn sur les successions et SOll impact pour la Suisse SJ 2014 II 397 ff BONOMIIOZTUumllK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 5

129 Vgl NICOLE WILLlMANNGEORGIA FOTIOU Die Europaumlische Erbrechtsverordnung aus Sicht der Schweiz STH 2015 S 337 NIKITA GONTSCHAR EU Erbrechtsverordnung und schweizerishysches IPRG Norderstedt 2011 S 12 LEIN (FN 126) N 16

130 Vgl MICHELlE KALTMATIHIAS UHL Die EU-Erbrcchtsvcrordnung und die Schweiz in Eushyropaumlisierung der schweizerischen Rechtsordnung hrsg v Lukas Fahrlaumlnder und Reto A Heizshymann Zuumlrich 2013 S 106 Ende 2012 betrug die Wohnbevoumllkerung 8036917 Einwohner dashyvon hatten 1868962 Einwohner die auslaumlndische StaaQlangehoumlrigkeit

131 Vgl KALTUHl (FN 130) S 110 f r Kuumlnzle

~ Kuumlnzlel

I

135 134 T eil 2 Vertiefung

ErbVO ergaumlnzt dass das ganze Nachlassvermoumlgen dem Erbstatut (Aufenthaltsshyrecht nach Art 21 EuErbVO bzw Heimatrecht nach Art 22 EuErbVO) unter-

auch wenn es in einem Drittstaat gelegen ist132

d) Verweisungen auf das Recht eines Drittstaates sind nach Art 34 EuErbVO grundsaumltzlich als Gesamtverweisung zu verstehen Damit wird eine Ruumlck- oder Weiterverweisung (Renvoi) auf das Recht eines Mitgliedstaates (lit a) und auf das Recht eines (anderen) Drittstaates ermoumlglicht welcher die Verweisung anshynimmt 133 Es fragt sich weshalb der Renvoi in der Erbrechtsverordnung zugeshylassen wird obwohl dies im europaumlischen KoIlisionsrecht sonst nicht der Fall ist Die Antwort duumlrfte darin zu suchen sein dass im Erbrecht haumlufig das Vermoumlgen in verschiedenen Laumlndern liegt und der Renvoi versucht zu einer moumlglichst ein-

Loumlsung zu kommen134

33 Zustaumlndigkeit

a) Grundregel Waumlhrend das IPRG auf den Wohnsitz abstellt l35 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 136 Diese beiden Kriterien sind haumlushy

aber nicht immer deckungsgleich 137 Unterschiede entstehen vor allem des-weil beim Wohnsitz staumlrker auf subjektive Kriterien abgestellt wird waumlhshy

rend beim gewoumlhnlichen Aufenthalt die objektiven Kriterien im Vordergrund stehen 138 Erfreulich ist dass die Sonderanknuumlpfung fuumlr Immobilien etwa in Frankreich kuumlnftig dahinfaumlllt ~

b) Waumlhrend Erblasser nach dem IPRG seine Zustaumlndigkeit (in begrenztem Umfang) waumlhlen kann140 ist dies nach der EuErbVO nicht der Fall141 was ein gewisses Konfliktpotential darsteIlt 142 Die Wahl des Gerichtsstands ist nach Art 5 Abs 1 EuErbVO den betroffenen Parteien vorbehalten wobei nicht restlos klar ist was damit gemeint Die Erklaumlrung des Erblassers uumlber den

132 VgJ LErN (FN 126) N 17 133 VgJ DurrA (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 H 134 Vgl MICHAEL HELLNER Probleme des allgemeinen Teils des Internationalen

Die Europaumlische Erbrechtsverordnung v Anatal Dutta lind Sebastian Herrler 2014 N 12

135 Vgl vorne 111 b) (1) 136 Vgl vorne 211 b) 137 Vgl BONOMIIOumlZTUumlRK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 13 zu einem Vergleich der beiden Begriffe

vgl KALTUHL (FN 130) S 120 f 138 Vgl WmssBrGLER (FN 92) suceessio 2014 184 ff (mit einer Tabelle der moumlglichen FaumlHe im

Verhaumlltnis Schweiz-Deutschland) 139 Vgl IVOSCHWANDER Die EU-Erbrechtsverordnung A]P 20141090 140 Vgl vorne 111 b) (2) 141 Vgl vorne 212

142 Vgl szligENNOIT CHAPPurs]ULlEN PERRIN Le Reglement (UE) No 6502012 du Parlement eushyropeen er du Conseil du 4 juillet 2012 relatif ala compctence la loi applicable la reconnaissance et lexecution des decisions et lacceptation et lexecution des actes authentiques en matiere de successions et ala cnlation dun certificat successoral curopcen NotIex2014 33

143 Vgl DU1TA (FN 85) Art 5 EuErbVO N 6 ff

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

gewoumlhnlichen Aufenthalt in seinem Testament ist aus der Sicht der EuErbVO ein Ausgangspunkt aber nicht das Endergebnis Nicht selten wird uumlbersehen dass mit einer Veraumlnderung der Zustaumlndigkeit auch die Anwendung einer andeshyren Erbschaftssteuer verbunden sein kann

c) Die Ausnahmeregel von Art 10 ErbVOl44 laumlsst aus der Sicht eines Dritt shystaates (wie der Schweiz) die Befuumlrchtung aufkommen dass es sich um einen exshyorbitanten Gerichtsstand handelt145 der neue Konflikte schafft und zu einem forum running fuumlhrt 146 Das sollen zwei Faumllle zeigen

Fall 1 Ein Schweizer in der Schweiz mit einem Haus in Deutschland und einem Bankkonto in Oumlsterreich stirbt Das ist ein Fall von Art 10 Abs 2 EuErbVO (Vermoumlgen in der EU) Deutschland ist fuumlr das Haus zustaumlndig was mit Art 86 Abs2 IPRG uumlbereinstimmt ein deutsches Urteil wird nach Art 96 Abs 1 lit b IPRG anerkannt Oumlsterreich ist fuumlr das Bankkonto zustaumlndig was Art 86 Abs 1 IPRG widerspricht ein oumlsterreichisches Urteil wird in der Schweiz nach Art 96 rPRG nicht anerkannt die Schweiz ist fuumlr den restlichen Nachlass zustaumlndig was mit Art 86 Abs 1 IPRG vereinbar ist

Fall 2 Ein Schweizer in England der bis vor 4 Jahren in Deutschland lebte mit einem Haus in Frankreich und einem Konto in der Schweiz errichtet eine letztshywillige Verfuumlgung mit der Wahl des Heimatrechts (eH) Das ist ein Fall von Art 10 Abs 1 lit b (Aufenthalt vor weniger als 5 Jahren) Deutschland ist fuumlr den gesamten Nachlass zustaumlndig was Art 87 Abs2 IPRG widerspricht ein deutsches Urteil wird nach Art 96 IPRG nicht anerkannt die deutsche Zustaumlnshydigkeit widerspricht auch der Sicht des englischen Rechts UK ist fuumlr ches Vermoumlgen zustaumlndig und uumlberlaumlsst Frankreich die Zustaumlndigkeit Grundstuumlcke die Schweiz anerkennt UK-Urteile nach Art 96 IPRG

Es waumlre zu begruumlssen wenn die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO zuruumlckshyhaltend verwendet wird Denkbar waumlre dass der Gesetzgeber eine konkrete Schranke einbauen wuumlrde (zB mindestens 10 des Nachlasses )147 Teilweise

144 vorne 211 cl

_

__

145 ~E (FN 100) RIW 2012 604 verhindert die Anll11uumlpfung am fruumlheren gewoumlhnlichen diese Zustaumlndigkeit vom Stigma eines exorbitanten Gerichtsstands

146 DORMANN Das schwei7-crische internationale Privatrecht lind die europaumlische Erb-rlaquo~h-Mlm im Vergleich in Die EU-Erbrechtsverordnung NI 6502012 und deren Ausshy

lerse Laumlnder hrsg v der Europaumlischen Anwaltsvcreinigullg cV (DACH) Zuumlrich 2014 S 86 Ivo SCIIWANDER Die Behandlung internationaler Erbfaumllle mit Hinweisen fuumlr die internationale Nachlassplanung in Nachlassplanung und Nachlassteilung hrse v Schmid Zuumlrich 2014 S493 CHAIPUISPERRIN (FN 142) Notex 2014 30 (FN 130) S 110 f BONOMI (FN 128) SJ 2014 Ir 417 ff

147 WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014 170 bemerken zu kriterien wenig hilfreich sind MrCHELLE KALTUr-lL (FN Nachlassvermoumlgen von einilcl11 Gewicht vorlieeen muumlsse

Kuumlnzle

137 136 Teil 2 Vertiefung

schafft Art 10 EuErbVO auch Konflikte mit dem bestehenden Recht der Mitshygliedstaaten wie das Beispiel von Oumlsterreich (sect 150 AuszligStrG) zeigt 148

Wenn ein Erblasser vermeiden will dass Art 10 EuErbVO zur Anwendung kommt muss er zufaumlllige und unnoumltige zustaumlndigkeitsbegruumlndende Beruumlhshyrungspunkte zu einem Mitgliedstaat zu Lebzeiten beseitigen149 sprich sein Vermoumlgen aus dem Mitgliedstaat abziehen

d) Fuumlr den Fall dass ein Verfahren in einem Drittstaat unmoumlglich oder unzushymutbar wird schafft Art 11 EuErbVO eine Notzustaumlndigkeit 15o Verlangt wird ein ausreichender Bezug zum Mitgliedstaat Gedacht ist etwa an den Fall des Stillstands der Rechtspflege dann soll das Verfahren nach Art 10 Abs2 EushyErbVO auf das Ausland ausgedehnt werdenlS1

e) Fuumlr den Fall dass Entscheidungen von Mitgliedstaaten in einem Drittstaat keine Aussicht auf Anerkennung oder Vollstreckung haben kann das Verfahren im Mitgliedstaat auf den europaumlischen Nachlass beschraumlnkt werden (Art 12 EuErbVO) In diesem Zusammenhang ist Liechtenstein zu erwaumlhnen152 welshyches nur mit der Schweiz153 und Oumlsterreich154 Vollstreckungsabkommen abgeshyschlossen hat (ersteres regelt die Zustaumlndigkeit nicht umfassend155 und letzteres

auf Erb- und Verlassenschaftssachen keine Anwendung Art 1 Abs3 Ziff 3)156 weshalb fuumlr die meisten Staaten eine Vollstreckung ausgeschlossen

bzw nur das Rechtsoumlffnungsverfahren (Art 49 ff RSO) bleibt welches zu einer Aberkennungsklage und damit einer inhaltlichen Pruumlfung in Liechtenstein fuumlhrt ISS

148 VgL ENA-MARLISBAJONS Zustaumlndigkeit und anwcndbares Recht in Erbsachenin Europaumlische Erbrechtsverordnung v Martin Schauer und Elisabcth Scheuba Wicn2012 S 40 149 WEISSIBIGLER (FN 92) successio 2014 178 150 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 12 151 VgL DUTTA (FN 85) Art 11 EuErbVO N 1

152 Vgl dazu HANS RAINER KUumlNZLE Vermoumlgensschutz mit liechtensteinischen Strukturell aus schweizerischer Sicht in Handbuch des Vermaumlgensschutzes hrsg v Francesco Schurr Wien2015 N 92 ff

153 Vg1 Abkommen vom 25 Aplil1968 zwischen dem Fuumlrstentum Liechtellstein und der Schweizeshyrischen Eidgenossenschaft uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entshyscheidungen und Schiedsspruumlchen in Zivilsachen (LR 027691011 I SR 0276141)

154 Ygl Abkommen vom 5]uli 1973 zwischen dem Fuumlrstentum Licchtenstein und der Osterreich uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen EntseheidungcSchiedsspruumlchen Vergleichen und oumlffentlichen Urkunden (LR 027691021)

155 Vgl MARIO FRICK Asset Protection und Zivilprozess L1Z 33 (2012) 1322156 Vgl BERNHARD MOTAL Durchsetzung von Pflichtteilsanspruumlchen gegen eil

Stiftung ]EV 2013 53 MARIO FRICK Die Anerkennung und Vollstreckung auslaumlndischer Entshyscheidungen in Zivilsachen im Fuumlrstentum Liechtenstein St Gallen 1992 S 66

157 Vgl etwa OG 7 Rouml 20023 vom 220820021us amp News 200371 Ein auslaumlndisches Urteil (LGFreiburg iBr) ist mangels Staatsvertrag bzw gegenseitiger Anerkennung nicht vollstreckbar

158 VgL MARIO FRICK Sind auslaumlndische Urteile taugliche Urkunden fuumlr eine Rechtsaumlffnung in Liechtenstein Anmerkungen zum Beschluss des liechtensteinischen Obergcrichts vom22082002 zu 7Rouml 20022]us amp News 2003710 f

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

34 Anwendbares Recht

a) Waumlhrend das IPRG grundsaumltzlich auf den Wohnsitz abstellt 159 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 160 Diese beiden Kriterien sind haumlushyfig aber nicht immer deckungsgleich 161 Damit duumlrften die meisten bestehenden Konfliktfaumllle welche auf die Anwendung des Staatsangehaumlrigkeitsrechts zushyruumlckgehen verschwinden 162 Es macht durchaus Sinn dass der Erblasser seine tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse in der letztwilligen Verfuumlgung festhaumllt (confessio iushyris)163 Von einer Rechtswahl durch Verschiebung des gewoumlhnlichen Aufentshyhaltsorts ist aufgrund der damit verbundenen Rechtsunsicherheit abzurashyten164 Die Anwendung der EuErbVO in der Schweiz und damit die Auslegung von Art 91 Abs 1 IPRG wird noch einiger Priizisierungen beduumlrfen 165 Ein geshywisses Konfliktpotentialliegt darin dass es in der Schweiz neben dem Erbstatut auch noch ein EroumlffnungsstatutiMgt gibt 167

b) Nach dem IPRG kann der Erblasser sein Heimatrecht im Zeitpunkt des Toshydes waumlhlen168 nach der EuErbVO kann der Erblasser sein Staatsangehoumlrigkeitsshyrecht im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes waumlhlen 169 Auch hier beshysteht weitgehende (aber nicht vollstaumlndige) Uumlbereinstimmung Die Wahl des Heimatrechts kann aus schweizerischer Sicht zu einer Verlagerung der Zustaumlnshydigkeit in die Schweiz fuumlhren (Art 87 Abs 2 IPRG) und damit moumlglicherweise

nach kantonalem Recht) zu einer Anwendung der Erbschaftssteuer in der 170 Wenn beim Erblasser Anknuumlpfungspunkte mit mehreren Laumlndern

bestehen sollte er sich in der letztwilligen Verfuumlgung zum anwendbaren Recht aumlussern selbst dann wenn er kein Recht waumlhlen moumlchte i71 Seitens der EU wird bedauert dass nicht auch noch das Recht des gewoumlhnlichen Aufenthaltsorts im Zeitpunkt der Testamentselrichtung lind das Guumlterstatut gewaumlhlt werden

159 160 161 162

163 164

165

166 167 139) AJP 20141098 168 169 170 Vgl WElSSB1GLER (FN 92) successio 2014 178 zu einem Formulierungsbeispiel vgJ JUTTA

MUumlLLER-LuKOSCHECK Die neue EU-Erbrechtsverordnung Essen 2013 sect 4 N 26 171 VgJ WEISsBJGLER (FN 92) succcssio 2014 177 f

Kuumlnzle

vorne 12 I a) vorne 221 b)BONOMrlOumlZTORK (FN 127) ZVglRWiss 201523 f DORMANN (FN 146) S 84 PllIlIlPE FRESARll Lc nouvcau Rcglcrnem CUlopccn de sllccession

N 40 ff ALEXANDER PFEIFFER Andenmgcn des Erbstatuts dur aus schweizerischer Sicht successio 2010 320 L dennoch kann ein

ganz ausgeschlossen werden vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 20141098 Zu V~1 WmssBIGlERMltglicdstaat Art Vgl SClIWANDER _ auf Erblasser lnit lItthU~Ptjlt1l~hrgttmiddot

91 Abs 1 IPRG gleichermassenStaatsangehoumlrigkeit anwendshy

bar ist) VgJ vorne 122 VgJ SCHWANDER Vgl vorne 121 Vgl vornc 222

139 138 Teil 2 Vertiefung

kann 172 Aus schweizerischer Sicht sind wir froh daruumlber weil zusaumltzliche Wahlmaumlglichkeiten weitere Konflikte schaffen wuumlrde

c) Die ErbVO regelt nicht wie das anzuwendende Fremdrecht festzustellen ist und welches Recht angewendet wird wenn es nicht feststellbar isc173 In Deutschland ist auslaumlndisches Recht von Amtes wegen festzustellen die Parteien haben das Gericht zu unterstuumltzen und es koumlnnen Sachverstaumlndige beigezogen

174werden Schwer feststellbares Recht kann ev uumlber das Mutterrecht erschlosshysen werden (2GB BGB ce common law) ansonsten gilt die lex fori

d) Ein Konfliktpotential besteht bei Doppe1buumlrgern 175 Diese sind in der Schweiz von einer Wahl des Heimatrechts ausgeschlossen 176 waumlhrend Mehrshystaatler in der EU das Recht waumlhlen duumlrfen dem sie zur Zeit der Rechtswahl oder im Zeitpunkt des Todes angehoumlren (Art 22 Abs 1 Satz 2 EuErbVO)177

e) Eine Ruumlck- und Weiterverweisung (Renvoi) wird im schweizerischen Recht nur in den vom Gesetz vorgesehenen Faumlllen zugelassen (etwa Art 91 Absl IPRG)178 in der Erbrechtsverordnung dagegen in breiterem Umfang (Art 34 EuErbVO)Y9 Letzterer kommt vor allem dann vor wenn ein Drittstaatsrecht ~ eine andere Hauptanknuumlpfung (als den letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers) verwendet zum Beispiel das Staatsangehoumlrigkeitsprinzip180 Weil dies bei der Schweiz nicht der Fall ist181 duumlrfte dieser Unterschied kaum zu Problemen fuumlhren 18z

f) Eine Rechtswahl kann dazu fuumlhren dass Erb- und Guumlterrecht auseinanderfalshy[en Die Rechtsnatur des pauschalen Zugewinnanteils des uumlberlebenden Ehegatshyten von 11 (Art 1371 Abs 1 BGB) ist umstritten weil ein Anspruch basierend auf Guumlterrecht im Erbrecht abgegolten wird 183 Dieser Fall zeigt dass neben

172 Vgl WILKE (FN 100) RIW 2012606

173 Vgl KINGA M WEISSMANUEL BIGLER Wohnsitz oder gewoumlhnlicher Aufenthalt _ Die Anshywendungsprobleme der europaumlischen Erbrechtsverordnung im Rechtsverkehr mit der Schweiz Deutscher Anwaltsspiegel Spezial Maumlrz 2013 S 28 KALTUHL (FN 130) S 121 f

174 Vgl WALTER ERMANNHARM PETER WESTERMANN BGB 13 A) Koumlln 2011 Einl Art 3-47N 59 ff

17S VgJ SCI-WANDER (FN 139) AJP 20141096 BALZ HOumlSLYSTEFANIE DEBRUNNER Rechtswahl schweizerisch-deutscher Doppelbuumlrger bei der Nachlassplanul]g untermiddot Beruumlcksichtigung ~er EU-Erbrechtsverordnung Anwalts revue 2013 276 BONOMrOZTuumlRK (FN 127) ZVgIRWlss 201524 f

176 Vgl vorne 121 b) 177 Vgl vorne 222 178 Vgl vorne 121 g) 179 VgJ vorne 32 d) 180 Vgl DU11A (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 181 Vgl vorne 121 a) Wohnsitz als Anknuumlpfugskriterium182

Vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 2014 1096 welcher darauf hinweist dass heikle RenvoishyProbleme mit Frankreich Schweden und Deutschland kuumlnftig entfallen

183 Vgl HEINRICH DOumlRNER Die Abgrenzung des Erbstatllts vom Guumltcrstatut in Die Europaumlisc~e Erbrechtsverordnllng hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 NIl ff dIe hM geht Yon einer guumlterrechtlichen Qualifikation aus vgl etwa BGH FamRZ 2012 1871

Kuumlnzte

Die EuErbVO und die Schweiz

dem Erbrecht auch das Guumlterrecht der Ehegatten in der EU koordiniert werden sollte Ein Schritt in diese Richtung ist der Vorschlag KOM (2011])1262 184

35 Erbvertraumlge

a) Die Erbrechtsverordnung aumlndert nichts an der Beurteilung (Zulaumlssigkeit) von Erbvertraumlgen in den einzelnen Laumlndern Deshalb ist je nach Ziel[and sorgfaumlltig abzuklaumlren ob Erbvertraumlge (zwischen Ehegatten oder zwischen beliebigen Ershyben) zulaumlssig sind

Wenn deutsche Staatsangehoumlrige in die Schweiz kommen ist ihnen zu empshyallfaumlllige gemeinschaftliche Testamente (welche im schweizerischen

Recht nicht bekannt sind) durch einen Erbvertrag zu ersetzen IS5

36 Testamentsvollstrecker

a) In der Schweiz hat der Gesetzgeber die Anwendung des Eroumlffnungsstatuts vorgesehen (Art 92 Abs 2 IPRG) die Lehre wendet aber hauptsaumlchlich das Erbshystatut an 186 In der EU wendet man auf den Testamentsvollstrecker grundsaumltzshylich das Erbstatut an (Art 23 Abs 2 [ie f EuErbVO) laumlsst aus zwingenden Gruumlnden aber auch das Eraumlffnungsstatut zu (Art 29 Abs 1 EuErbVO)187 wohl der umgekehrte Weg gewaumlhlt wurde sollten diese beiden Loumlsungen ziemshy

(aber nicht vollstaumlndig) kompatibel sein

b) Die fuumlr den executor gedachte Ausnahme kann auch vom schweizerischen Recht in Anspruch genommen werden Das hat etwa zur Fo[ge dass die zwinshygend vorgesehene Aufsicht 188 fuumlr einen von einer schweizerischen Behoumlrde (nach deutschem Recht) eingesetzten Testamentsvollstrecker sich nach schweishyzerischem Recht richtet und die Aufsichtsbehoumlrde somit (im Gegensatz zu Deutsch[and wo es nur die Absetzung gibt [sect 2227 BGB]) Empfehlungen Weishysungen und andere sachdienliche Massnahmen anordnen kann 18

37 Nachlasszeugnisse

a) Es ist davon auszugehen dass die schweizerische Behoumlrden (Grundbuch)190 und Gerichte sowie Private (Banken und Versicherungen) das Europaumlische

184 Wesentliche Inhalte Zllstaumlndi~kcit des Nachlassgerichts (Art 3) Rechtswahl (Art 16 gemcinmiddot samer gew~hnlicher u~ent~a t gewoumlhnlicher Aufcnthal~ ~ines Ehegatten bei der Eheschliesshysung oder Staatsrtngehongkelt Cll1es Ehegatten) oder WSldlar (Art 17) erster gememsamer geshywoumlhnlicher Aufenthalt bzw gemeinsame Staatsangehoumlrigkeit bzw engste Verbundenheit

185 Vgl ODERSKY (FN 102) notar 20138 186 Vgl vorne 122 b) 187 Vgl vorne 224 188 Vgl VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 515 189 VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 536 ff 190 Das Europaumlische Nachlasszeugnis ist inhaltlich und funktionell gleichwertig wie die Erbbescheishy

nigung nach Art559 ZGB llnd deshalb auch im Grulldbuchverkehr zu akzeptieren vgl WEIsslBrGLER (FN 92) sllccessio 2014 193

Kuumlnzte

141 140

Teil 2 Vertiefung

Nachlasszeugnis191 ohne weiteres anerkennen werdenl92 auch wenn der Gutshyglaubensschutz (Art 69 Abs2 EuErbVO) schwaumlcher ausgestaltet ist als beim deutschen Erbschien193 Aus Gruumlnden des Verkehrsschutzes wird man dem Europaumlischen Nachlasszeugnis in der Schweiz houmlchstens die Wirkungen zuershykennen koumlnnen die eine Bescheinigung nach Art 559 Abs 1 ZGB haumlttel94 Zu

kann es kommen wenn ein Mitgliedstaat die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO begruumlndet oder in der Schweiz zuerst ein Erbschaftsverfahren eingeleitet wurde 195 Neben dem Europaumlischen Nachlasszeugnis bleiben die nashytionalen Erbfolgezeugnisse bestehen196 welche teilweise (weiterhin) einem Vollshystreckungsverfahren (Exequaturverfahren Art 25 ff IPRG) unterworfen sind 197

b) Beim umgekehrten Weg (Anerkennung der schweizerischen Erbbescheinishygung im Ausland) erwarte ich zusaumltzliche Hindernisse weil die sehr detaillierte Regelung des Europaumlischen Nachlasszeugnisses (Art 68 EuErbVO) dazu wird dass die (aufgrund kantonaler Gesetzgebung) sehr uneinheitlichen und teilweise nur mit rudimentaumlren Angaben versehenen schweizerischen Erbbeshyscheinigungen (ohne Ehevertrag ohne Nachlasswerte ohne Erbquote) je

191 Vg1 vorne 37 192

Ebenso CA1HERINE GRUN MEYERrrHOMAS SPRECHER Aspekte der neuen EU-Erbrecbtsshyverordnung und ihres Bezugs Zur Scbweiz ZBGR 2015156 WErssBIGLER (FN 92) successio 2014192 BONOMI (FN 128) S] 2014 II 399 f

193 Vgl dazu KNUTWERNER LANGE Das Europaumliscbe Nachlasszeugnis Die Europaumlische Erbshyrechtsverordnung brsg v Anatol Dutta und Sebastian 2014 N 26 anders als im deutschen Recht schadet grobe Fahrlaumlssigkeit

194 SCHWANDER (FN 139) A]P 20141103 195

Vgl WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014192 SCHWANDER (FN 139) A]P 2014 1103 196

VglCHRISTOPH DORSEL Europiiische Ebrechts~erordnllng und Europaumlisches Nac~lasseu~shyms m Erbfalle unter Geltung der EUlOpiJschen Erbrechtsverordnung hrsg v Martm Lohmg ua Bielefdd 2014 S 51 fE

197 Zur Wirkung innerhalb der EU vgl DU1TA (FN 105) IPRax 2015 38 Wirkung als nach Art 3 Absl lit g EuErbVO fuumlr Erbausweise nach kontradiktorischem Verfahren Wirkung nach Art 59 EuErbVO fuumlr Erbausweise in Form einer oumlffentlichen Urkunde

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

je weniger akzeptiert werden198 Dabei allerdings Deutschland welches ausshylaumlndische Erbfolgezugenisse schon heute durchwegs ablehnt 199 nicht als Reshyferenz verwendet werden 2OO

38 Zwingende Bestimmungen

Wie vorne201 dargestellt wendet die Schweiz die Bestimmungen des baumluerli shychen Bodenrechts (BGBB) und uumlber den Grundstuumlckerwerb durch Personen im Ausland (BewG) als zwingende Bestimmungen an Ob diese Regeln auch Erbfaumlllen mit EU-Bezug zur Anwendung kommen haumlngt davon ab ob Art 30 EuErbVO auch auf Drittstaaten zur Anwendung kommt202 was zu ist20)

39 Weitere Bereiche der Erbschaftsplanung

Schliesslich ist daran zu erinnern zur umfassenden Erbschaftsplanullg auch das Eheguumlterrecht gehoumlrt und immer mehr auch Verfuumlgungen unter Lebenden ershyfasst (insbesondere im Rahmen der Unternehmensnachfolge) sowie (weiterhin) Strukturierungen mit Gesellschaften Stiftungen und Trusts Alle diese Bereishyche werden von der EuErbVO nicht erfasst204 und werden somit weiter von den nationalen Kollisionsregeln beherrscht205 Es bleibt somit noch viel Raum fuumlr weitere Harmonisierung

198 (39) AJP 20141103 weist auf den houmlheren Oualitiitsstandard in der EU hin schweizerische Recbt (Art 559 ZGB) zu

199 Vgl ULRrCH HAAS Internationales Verfahrensrecht in Erbsachen in Erbrecht in Ellropa hrsg v Rembert Suumlss 2 A Angclbachtal 2008 N 54 Begruumlndet wird dies damit dass einem dem deutschen Erbschein nachgebildeten auslaumlndischen Erbnachweis keine prozessrcchtli Wirkungen insbesondere keine Rechtskraft- oder GestaltungswirklIng zukommt anders schieden hat das LG Muumlnchen 28 0 243110 bei einem tuumlrkischen Erbschein was von

Auslaumlndischer Erbschein fuumlr Nachlass in Delllschland IPRax 2013241 H) aber tuumlrkischer Erbschein die Person an die man leisten kann nicht ohne

200 Allerdings ist die Anerkennung von nationalen crDlolgezcugmsscn ganz noch nicht sehr gekommen vgl PETER BREITSCHMIDCHRISTELLE HAAS Impacts tur reglelTIcnt europeen en matierc de successions sur le droit suisse in Succcssions internationashyles hrsg v Andrea BonomiChristina Schmid GencvelZurichBRle 2010 S 134 mit Verweis auf einen Bericht des Max-Planck-Instituts vom 26032010

201 Vgl vorne 112 202 Vgl KALTUHL (FN 124) S [JO f 203 VgL DurrA (FN 85) Art 30 EuErbVO N 7 204 Vgl STEPHANIE HERZOG Die EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) ErbR 2013 4

TANZE FISCHER-CZERMAK Anwendungsbereich in Europaumlische Elbrechtsverordnung nrs v Martin Schauer und Elisabeth Scheuba Wien 2012 S 25 H MUumlLLER-LuKOSCHEK (FN sect 2 N 47 ff

205 VgJ etwa ALEXANDER PFE1FFER Nachlassplanung deutsch-schweizerischer (Diss Leipzig) Regensburg 2011 S 259 ff

Kuumlnzle

Page 3: Tagungsband 8. Deutscher Testamentsvollstreckertag · 2015. 12. 7. · 28.06.2010 Erw. 3.1: Frankreich befasst sich nicht mit ausländischen Liegenschaften _ ein Gut 21 Vgl. Art.

~

118 ~ Teil 2 Vertiefung ~ Die EuErbVO und die Schweiz 119 ~I

~ f middot1zustaumlndig (Art 86 Abs 1 IPRG)6 Der gewoumlhnliche Aufenthalt wird im IPRG hat und im Ausland keinen Wohnsitz begruumlndet etwa auf den Weltmeeren hershy

bewusst nicht als Anknuumlpfung verwendet er kommt allerdings dennoch subsishy umsegeltdiaumlr zum Zug wenn der Erblasser weder in der Schweiz noch im Ausland einen

(3) Wenn der Erblasser im Zeitpunkt des Todes seinen Wohnsitz nicht in der Wohnsitz hatte Keine Rolle spielen die Staatsbuumlrgerschaft und der Ort an welshy ~ I

Schweiz hatte 15 und wenn er auch nicht schweizerischer Staatsangehoumlriger chem sich Vermoumlgenswerte befinden 8 Eine Ausnahme wird gemacht wenn ausshy~

war16 sind die schweizerischen Behoumlrden und Gerichte am Lageort vonlaumlndische Staaten die Zustaumlndigkeit fuumlr dort gelegene Grundstuumlcke beansprushychen (Art 86 Abs 2 IPRG)9 Nachlassgegenstaumlnden zustaumlndig wenn sich die auslaumlndischen Gerichte und Beshy

~ I

houmlrden l7 nicht damit befassen (Art 88 Absl IPRG)18 das gilt sowohl fuumlr (2) Wenn der Erblasser im Zeitpunkt des Todes seinen Wohnsitz nicht in der Grundstuumlcke als auch (mindestens teilweise) fuumlr Mobilien 19 Innerhalb der Schweiz hatteIO sind die schweizerischen Behoumlrden und Gerichte am Heimatshyl1 Schweiz ist die zuerst angerufene Stelle (BehoumlrdeGericht) zustaumlndig2o ort zustaumlndig wenn der Erblasser (auch)12 schweizerischer Staatsangehoumlriger

c) Im IPRG nicht geregelt ist der Fall dass ein Auslaumlnder in der Schweiz seine war und (a) durch letztwillige Verfuumlgung oder Erbvertrag den ganzen Nachlass Heimatzustaumlndigkeit waumlhlen darf Wenn ein in der Schweiz lebender Liechtenshyoder das in der Schweiz gelegene Vermoumlgen der schweizerischen Zustaumlndigkeit steiner seine Heimatzustaumlndigkeit waumlhlt ist dies auch mit dem Recht von Liechshy(professio fori) oder (b) dem schweizerischen Recht (professio iuris) unterstellt tenstein kompatibel 21

hat (Art 87 Abs 2 IPRG) oder (c) wenn die auslaumlndischen Behoumlrden und Geshyrichte sich nicht um den Nachlass kuumlmmern (Art 87 Abs 1 IPRG)13 Letzteres d) Weitere allgemeine Gerichtsstaumlnde werden in Art 4-7 IPRG erwaumlhnt22 Arshyist unter Umstaumlnden schwer nachweisbar 14 Die Heimatzustaumlndigkeit kommt restprosequierung (Art 4 IPRG)23 Gerichtsstandsvereinbarung (Art 5 IPRG) etwa zur Anwendung wenn jemand seinen Wohnsitz in der Schweiz aufgegeben Einlassung (Art 6 IPRG) und Schiedsvereinbarung (Art 7 IPRG) Der Geshy

richtsstand der Arrestprosequierung sollte zuruumlckhaltend verwendet werden24

Eine Gerichtsstandsvereinbarung gilt nur unter den beteiligten Erben waumlhrend 6 Vgl BGer 5D_650214 vom 09092014 Erw 23 BGer SJ 2002 1366 Die Schweiz ist zustaumlndig

fuumlr den Nachlass einer Franzoumlsin mit Wohnsitz in Genf welche in Paris verstorben ist 7 Vgl OGer ZH LFI20063 vom 30102012 Erw 3 BSK-SCHNYDERLIATOW1TSCH (FN 3)

Art 86 IPRG N 4 Vgl PKG 1991 Nr 56 ZR 89 (1993) Nr 4 Erw 2

9 Dies gilt in vielen Staaten des common law wie USA Kanada und UK vgl KUln SlEHR Das internationale Privatrecht der Schweiz Zuumlrich 2002 sect 9 II I b bis 2015 traf es auch auf Frankshyreich zu vgl CHR1ST1AN BRUumlCKNER Internationale Eheguumlter- und Erbrechtsfragen in der schweizerischen Notariatspraxis in Aktuelle Themen Zur Notariatspraxis - 2 Schwei~erischer 15 Der Erblasser hat den Wohnsitz im Ausland oder er hat keinen Wohnsitz vgl FN 10 Notarenkongress hrsg v Schweizerischen Notarenverband Bern 2013 S 55 es trifft weiterhin 16 Nach Ivo SC1lWANDER Zustaumlndigkeitsfragen in Internationales Erbrecht Tagung des Instituts fuumlr Monaco (vgl OGer ZH LFI40033 vom 13052014 Erw 4) und Bosnien-Herzegowina zu fuumlr Rechtswissenschaft und Rechtspraxis an der Universitaumlt St Gallen vom 9 November 2001 (vgl OGer ZH LF130068 vom 22042014 Erw 24) S 13 f sollte diese Bestimmung auch auf Doppclbuumlrger Anwendung finden wenn VermoumlgensshyDer Vorbehalt hat zur Folge dass diese Grundstuumlcke rechnerisch dennoch in die sch weizerische werte in der Schweiz liegen und sich Schwierigkeiten mit der Handhabung des Nachlasses ergeshyErbteilung einbezogen (und Abweichungen im Ausland somit korrigiert) werden vgl LAURENT ben KIUAS Praktische Erfahrungen mit dem schweizerischen IPRG Teil Internationales Zivilshy 17 Wohnsitz- oder Heimat-Gerichte und -Behoumlrden prozessrecht ~rbrecht und Vertragsrecht Praktische Erfahrungen mit den IPR-Gesetzen in 18 Vgl ZR 89 (1990) N r 4 Eroumlffnung des Testamentes uumlber den in der Schweiz gelegenen Nachlass Deutschland Osterreich und der Schweiz Wien 1995 S 93 eines mit letztem Wohnsitz in Italien verstorbenen britischen Staatsangehoumlrigen ZR 90 (1991)

10 Der Erblasser hat den Wohnsitz im Ausland oder er hat keinen Wohnsitz vgl ANDREi~ Bushy Nr 89 Ausstellung eines Erbscheines im Nachlass eines in London verstorbenen irakisehen CHER Jurisprudence suisse en matiere de droit international prive des personnes et de la famille Staatsangehoumlrigen SZIER 1992 216 BSK-SCHNYDERLIATOW1TSCH (FN 3) Art 87 IPRG N 8 19 Eine Zustaumlndigkeit fuumlr Mobilien kann entstehen wenn ein Staat diese dem forum rei sitae zushy

11 Bei mehreren Heimatorten ist der zuerst angerufene zustaumlndig vgl BSK-SCIINYDERI weist vgl BSK-SCHNYDERLIATOW1TSCH (FN 3) Art88 IPRG N 2 weiter vgl BGer L1ATOWITSCH (FN 3) Art 87 IPRG N 2 und 20 5A_2642011 vom 28112013 BGer 5C29112006 vom 30052008 ZR 113 (2014) Nr 73 (Unzushy

12 Vgl Art 23 Abs I IPRG staumlndigkeit) 13 Das Nichtbefassung des Auslands kann rechtlicher Natur sein (BGer 5A_75412009 vom 20 Vgl Art 88 Abs 2 IPRG

28062010 Erw 31 Frankreich befasst sich nicht mit auslaumlndischen Liegenschaften _ ein Gutshy 21 Vgl Art 55 JN (G vom 10 Dezember 1912 uumlber die Ausuumlbung der Gerichtsbarkeit und die Zushyachten genuumlgt) oder faktischer Natur (BGer 5A_17112010 vom 19042010 Erw 44 Marokko staumlndigkeit der Gerichte in buumlrgerlichen Rechtssachen Uurisdiktionsnorm] LR 2720) Verlasshybefasst sich nicht mit auslaumlndischen Liegenschaften - Entscheidungen des [schweizerischen] senschaftschaftszustaumlndigkeit fuumlr bewegliches Vermoumlgen um welches sich das Ausland nicht Bundesamtes fuumlr Justiz genuumlgen nicht es sind Entscheide der Behoumlrden in Marokko notwendig) kuumlmmert Art 56JN Zustaumlndigkeit fuumlr alles unbewegliche Vermoumlgen in Liechtenstein weiter vgl TARKAN GoumlKSUOSKAR OlANO Kommentar zu Art 86-96 IPRG in Handkomshy 22 Vgl PAUL VOLKEN Das neue internationale Erbrecht im neuen schweizerischen IPR-Gesetz mentar zum Schweizer Privatrecht Internationales Privatrecht hrsg Andreas Furrer Daniel BN 1990 3 Girsberger und Markus Muumlller-Chen 2 A Zuumlrich 2012 Art 87 IPRG N 6 f 23 VglSJ 116(1994)512

14 Vgl ANDREASBUCHER Das neue internationale Erbrecht ZBGR 69 (1988) 150 f 24 Vgl BGE 118 III 62

Kuumlnzle Kuumlnzle

120 121 Teil 2 Vertiefung

Dritte sich diese nicht entgegenhalten lassen muumlssen25 Dasselbe gilt tur eme Einlassung und ein Schiedsgericht26

112 Sonderregeln fuumlr Grundstuumlcke

a) Die Regeln des baumluerlichen Erbrechts27 gelten als zwingende Regeln des schweizerischen Rechts im Sinne von Art 18 IPRG (lais dapplication immediashyte) und kommen auch dann zur Anwendung wenn ein Nachlass auslaumlndischem Erbrecht untersteht28 Um diese Regeln durchzusetzen wird auch eine schweishyzerische Zustaumlndigkeit benoumltigt es sei denn der auslaumlndische Staat beachte Regeln selbst29 Eine klare gesetzliche Grundlage fehlt dafuumlr

b) Entsprechendes (zwingendes Recht und damit zwingende Zustaumlndigkeit) gilt fuumlr die Durchsetzung der Lex Koller31 welche den Erwerb von Grllndstuumlcken durch Personen mit Wohnsitz im Allsland regelt

113 Aufgrund von Staatsvertraumlgen

a) Die Zustaumlndigkeit fuumlr erbrechtliche Verhaumlltnisse wird in Zustaumlndigkeits- und Vollstreckungsabkommen geregelt J2 Der Staatsvertrag mit dcn USA33 sieht in Art VI fuumlr Klagen einen Gerichtsstand am Lageon der Immobilie und a111 Lashygeort der Mobilien vor was heute als W o11llsitz des Erblassers ausgelegt

25 BSK-SCHNYDERLIATOWITSCH (FN 3) Art 86 IPRG N 20 Da das Gesetz An 87 Abs 2 bezuumlglich Grundstuumlcken) regelt und im Uumlbrigen eine di

OC[allllerte Verteilung der internationalen Zustaumlndigkeit vorsicht besteht mE kein weiterer Spielraum mehr fuumlr einseitige Abweichungen von der Rcgclzustaumlndigkcit durch die Erblasscrin oder den Erblasser

26 Zur Foumlrderung in der Schweiz ein Vcrcin gewlinder vgL den Tagungsband einer 20 II in hrsg v Hans Rainer Kuumlnzle Zuumlrich

2012)

27 Vgl insbesondere Art 11-24 BG vom 4 Oktober 1991 uumlber das baumlucrliche Bodcnrccht (BGBB) SR 21141211

28 Vgl Ivo SCHWANDER in das Internationale Privatrecht Zweiter Band Besonderer Teil St GallenLachen 1997 Rn

29 Etwa gestuumltzt auf eine Art 19 oder Art 86 Abs 2 IPRG vergleichbare 30 Art 86 Abs 2 IPRG ist analog anzuwenden vgl SCHWA NJl ER (FN 16) S 16 f 31 Vgl Art 7a BG vom 16 Dezember 1983 uumlber den Erwerb von Grundstuumlcken durch Personen

im Ausland (BewG) SR 21141241 zur Entwicklung von der Lex von Moos bis 7llr Lex Koller vgl PETER R BURKHALTERISTEPAN GRAP-PADILLA Immobilienerwerb unter besonderer Beshyruumlcksichtigung des Erwerbs durch Auslaumlnder in Immobiliencrwcrb unter bcsonderer Beluumlckshysichtigung des Erwerbs durch Auslaumlnder hrsg v der Europaumlischen Anwaltsvereinigung eV (DACH) Zuumlrich 2010 S 121 ff

32 Vgl GOumlKSUOLANO (FN 13) Art 86lPRG N 2 HEINI (FN 3) Vor Art 86-96 IPRG N 25 33 Vgl Vertrag vom 25 November 1850 zwischen der Schweizerischen Eidgcnossensehaft und den

Vereinigten Staaten von Nordamcrika (SR 0142113361)

34 VgL TINA WUumlSTEMANNRAIHAEL CICA Der schweizerisch-amcrikanische Erbfall succcssio 2013 168 H HEINI (FN 3) Vor Art 86-96 IPRG N 26 BSK-SCHNYDERLlATOWITSCH (FN 3) Art 86 IPRG N 25 Entgegen dem Wortlaut des Vertrages geht die herrschende Aufshyfassung dahin dass die Gerichte desjenigen Staates zustaumlndig sein sollen in welchem der Erblasshyser seinen letzten Wohnsitz gehabt hat BGE 43 I 86 L soweit bewegliches Vermoumlgen in Beshytracht faumlllt das Land des letzten Wohnsitzes des Erblassers

Kiinzle

Die EuErbVO und die Schweiz

Diese Bestimmung wird allfgrund der (spaumlter erlassenen) Regeln des schweizerishyschen Internationalen Privatrechts35 dahingehend ausgelegt dass auch Staatsbuumlrger eine Rechtswahl ausuumlben koumlnnen36

b) Verschiedene Niederlassungs- und Konsularvertraumlge 37 sehen Zustaumlndigshykeitsrege1n fuumlr die Staatsangehoumlrigen dr jeweiligen Laumlnder vor welche die Sishycherung des Nachlasscs die Orientierung uumlber den Eintritt des Erbfalles oder die Wahrung der Erbeninteressen betreffen Der Staatsvertrag von 1856 mit dem Grossherzog von Baden wurde aufgehoben aber die Schweiz hat die einseitige Erklaumlrung abgegeben wonach die schweizerischen Behoumlrden Artikel 6 des Staatsvertrages weiterhin allf Erbschaften anwenden werden sofern deren Teishylung aufgrund einer vor der Allfhebung des Staatsvertrages errichteten Ict7twilshyligen Velfuumlgung zu erfolgen hat38 Der Staatsvertrag mit Oumlstcrreich39 recc1t den Umgang mit dem Todesschein

c) Das Lugano-Uumlbereinkommen ist allf crbreehtliche Verhaumlltnisse nicht anshywendbar (Art lAbs 2 Ziff I LllgUuml)4o

114 Zustaumlndigkeit fuumlr die guumlterrechtliche Auseinandersetzung

a) Bevor es nach schweizerischem Recht -ur Erbteilung kommt ist die guumltershyrechtliche Auseinandersetzung vorzunehmen in welcher der Umfang des Nachshy

35 Vgl Art 90 Abs 2 IPRG 36 Vgl I-II(INI (FN 3) Vor Art 86-96 IPRG N 2( und Art 90

hei dcn USA auf (inell der 50 Staaten zu bezichen (Stale Law) 37 VJJl Staatsvertrag V0I116 Dezember 1856 mit dem

rci~ligigkcit und

38 39 40

Kiinzle

122 123 Teil 2 Vertiefung

lasses bestimmt wird Art 51 Iit a IPRG verweist fuumlr die guumlterrechtliche Ausshyeinandersetzung nach dem Tod eines Ehegatten auf die erbrechtlichen Zustaumlnshydigkeitsvorschriften von Art 86-89 IPRG (also Wohnsitz Heimatort und LageshyOrt)41 Diese besondere Zustaumlndigkeit geht der allgemeinen Zustaumlndigkeit (Art 51 lit c IPRG) vor und sie kommt auch dann zur Anwendung wenn die Erben sich einig sind und die Streitfragen sich auf die guumlterrechtliche Auseinanshydersetzung beschraumlnken42

b) Von dieser Regelung wird abgewichen wenn es zur Nachlassspaltung kaumlme (Art 58 Abs 2 IPRG) oder auslaumlndische Grundstuumlcke betroffen sind (Art 86 Abs2 IPRG)43 oder wenn abweichende Vereinbarungen (Art 5 IPRG) getrofshyfen wurden

12 Anwendbares Recht

121 Erbstatut

a) Auf den (weltweiten)44 Nachlass ist schweizerisches Recht anwendbar wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz in der Schweiz45 hatte (Art 90 Abs 1 IPRG)46

b) Ein (in derSchweiz wohnhafter) Auslaumlnder47 kann (fuumlr seinen ganzen Nachshy I

lass)48 sein (auslaumlndisches) Heimatrecht waumlhlen sofern er nicht auch Schweizer Buumlrger geworden ist (Art 90 Abs 2 IPRG)49 Eine solche Erklaumlrung wird in der Gerichtspraxis grosszuumlgig ausgelegt50 Diese Rechtswahl sollte moumlglichst beshystimmt erfolgen

51 und darf nicht rechtsmissbraumluchlich sein Die Ausschaltung

der schweizerischen Pflichtteile durch eine Rechtswahl des englischen

41 Vgl BRUumlCKNER (FN 9) S 52 GOumlKSuOLANO (FN 13) Art 86 IPRG N 5 42 Vgl SCHWANDER (FN 16) S 4 43 Vgl SCHWANDER (FN 16) S 6

44 Eine Ausnahme besteht wie bei der Zustaumlndigkeit (Art 86 Abs 2 IPRG) - fuumlr nusliindische Grundstuumlcke vgl BSK-SCHNYDERLrATOWITSCH (FN 3) Art 90 IPRG N

45 Der Wohnsitz bestimmt sich nach Art 20 IPRG

46 Vgl BGeL 5A_9102014 vom 18032015 Erw 23 BGer 5A_7382011 vom 10052012 Erw 21 abweichende Regeln (Heimatrecht) gelten fuumlr griechische iranische italienische und amerikanishysche Erblasser aufgrund der vorne (FN 37) erwaumlhnten Staatsvertraumlge vgl SlEHR (FN 9) sect 9 III 2 a

47 Doppelbuumlrgern steht diese Rechtswahl nicht offen vgl BSK-SCHNYDERLIATOWITSCH (FN 3) Art 92 IPRG N 21 f KlLIAS (FN 9) S 94

48 Eine Rechtswahl fuumlr einen Teil des Nachlasses ist nicht zulaumlssig vgl BSK -SCHNYDERI LIATOWlTSCH (FN 3) Art 90 IPRG N 15 H BUCHER (FN 14) ZBGR 69

49 Vl OGer ZH vom 18 Maumlrz 199B abgedruckt in BREITSCHMlDKUumlNZLE

das Gesetz aber keine ausdruumlckliche ErKlarunp

ER (FN 14) ZBGR69 (19gB) 148 50 Vgl BGE 115 III 35 51 Entgegen den ersten Entwuumlrfen

BSK-SCHNYDERLiATOWTSCH (FN 92 IPRG N 18 BUCHER (FN 14) ZBGR 69148

Kiinzle

Die EuErbVO und die Schweiz

weshalb auch geringere Pflichtteile (zB in Deutschland)54 hinzunehmen Die Rechtswahl bezieht sich im Zweifel auf das materielle Erbrecht55

c) Wenn der Erblasser im Ausland verstorben bestimmt grundsaumltzlich das auslaumlndische Kollisionsrecht das Erbstatut (Art 91 Abs 1 IPRG)56

d) Wenn die schweizerischen Behoumlrden und Gerichte am Heimatort nach Art 87 IPRG zustaumlndig sind kommt vorbehaltlich einer abweichenden Rechtswahl auch das schweizerische Recht zur Anwendung (Art 91 Abs2 IPRG)

e) Eine Rechtswahl ist nicht moumlglich wenn ein Staat fuumlr Grundstuumlcke die eishygene Zustaumlndigkeit vorschreibt (Art 86 Abs 2 IPRG) und die Anwendung eigeshynen Rechts vorbehaumllt

f) Welche Fragen zum Erbstatut gehoumlren regelt Art 92 Abs 1 IPRG Die grenzung zum Eroumlffnungsstatut ist nach wie vor nicht voumlllig geklaumlrt57 Zum Erbstatut gehoumlren alle Fragen des materiellen Erbrechts dh alle mit dem Erbrecht verbundenen Rechte und alle Voraussetzungen und Wirkungen von Klagen und Massnahmen welche mit der Verwirklichung dieser Rechte zusamshymenhaumlngen58 Ihm ist im Zweifel der Vortritt ZU lassen es sei denn eine sei mit dem Verfahren so verknuumlpft dass eine Trennung nicht mehr ist59 Zum Erbstatut gehoumlren etwa Eintritt Erbfalles Erbfaumlhigkeit Erbbcshyrechtigung60 und Erbanteile (gesetzliche Erbfolge) Pflichtteile Arten und Wirshykungen erbrechtlicher Verfuumlgungen (Erbeinsetzung Erbverzicht Enterbung Vermaumlehtnisse61 Auflagen Bedingungen) Umfang des Nachlasses62 Erwerb

Rechts) verstoumlsst grundsaumltzlich52 nicht gegen den ordre

52 Die Notlage in einem Einzelfall nn L bullbull I

einem andcren Ergebnis fuumlhrcn vgl HANS HANISCH reserve legale in Mclangcs Guy Plattet Lausanne 1985 hrsg v u a S 483

53 Vgl BGE 102 Il 140 f Es muss im LCllpUlIIU

Rechtswnhl In der Schweiz Dcutschland die

kritisch BUCHER (FN 14) ZszligGR 69 (1988) 150 zum Heimnuccht bestehen ansonsten dic

54 von 34 (Art 471 Ziff 1 ZGB) waumlhrend in von (nur) 112 habcn (sect 2303 Abs I BGB)

55 56 In

SlIHR (FN 9) sect 9 III 2 c auf Griechenland

der USAdie mit die USA gelten die Stlatsvertriige (FN 33 und 37) das Heimatrecht vorsehen vgl SlEI-IR (FN 9) sect 9

III 3 a 57 Vgl szligSK-SCHNYDERLfATOWflSCH (FN 3) Art 92 IPRG N 2 mwN 58 Vgl BUCHER (FN 14) ZBGR 69 (1988) 154 59 Vgl HEIN (FN 3) Art 92 IPRG N 5 60 Abgrenzung

Eherecht vgl BGE 111 II 16 (brasIllamsche genchtllcne Die Frage ob die guumlltig verheiratet war entscheidet das

desquite) 61 Abgrenzung Die Frage ob Tod des Erblassers direkt auf

und nicht nach dem Sachstatut anshy1994 Nr 125

BCiuumlnstiiten uumlbergeht

Kuumlnzle

124 Teil 2 Vertiefung

und Ausschlagung der Erbschaft Erbgang Erbrechts-Klagen Erbteilung Stelshylung der Erben vor und nach der Teilung (insbesondere Haftung der Erben)63 usw

g) Das schweizerische Internationale Privatrecht laumlsst den Renvoi (Ruumlck- und Weiterverweisung) nur zu wenn dieser vom Gesetz vorgesehen ist (Art 14 IPRG) wie etwa in Art 91 Abs 1 IPRG64

122 Eroumlffnungsstatut

a) Fuumlr die sichernden Massnahmen und die Nachlassabwicklung das Recht am Ort der zustaumlndigen Behoumlrde zur Anwendung (Art 92 Abs2IPRG)65

b) Zum Eroumlffnungsstatut gehoumlren etwa 66 Sicgelung und Inventar Testlshymentseroumlffnung Ausstellen der Erbbescheinigung Form der Ausschlagung das oumlffentliche Inventar amtliche Liquidation67 Verwaltung der Erbschaft Liquidashytionshandlungen die Mitwirkung der Erbteilungsbehoumlrden und die Stellung des Willensvollstreckers (Art 92 Abs2 IPRG) In der Lehre werden allerdings zushynehmend mehr Aspekte der Willensvollstreckung dem Erbstatut zugeordnet68

123 Erbvertraumlge

Erbvertraumlge unterstehen nach Art 95 IPRG dem Recht am Wohnsitz des sers zur Zeit des Vertragsabschlusses (Abs 1) Der Erblasser kann sein Heimatshyrecht waumlhlen (Abs2) Bei mehreren Verfuumlgenden (Erblassern) untersteht jede Verfuumlgung dem jeweils eigenen Statut69

62 Die Frage ob eine Sache vom Erblasser guumlltig erworben den vgl SIEHR (FN 9) sect 9 III 5 das Sachenrecht muss entscllCloen lasser guumlltig erworben wurde vgL BGE 94 II 297 das ObligatiollcnrCcI ein Bankguthabcn als Trust aus dem Vermoumlgen des Erblassers 79

63 Ob bei einem Auslandsbezug ein guumlltiger Anspruch gegenuumlber dem Erblasser bestand ist nach Obligationenrecht (und nicht Erbrecht) zu entscheiden vgl BGE 93 I1 379

64 Vgl Vgl MONICA MAumlCHLER-ERNESuSANNE WOLf-ME1IER Kommentar zu 13-19 IPRG in Baslcr Kommentar Internationales Privatrecht hrsg v Heinrich Honsel Nedim Peter Vogt und Anton K Schnyder 3 A BaselFrankfurt 2013 Art 141PRG N 14

65 Vgl BGel 5A]632012 vom 18032013 Erw 2 OGer ZH LF130068 vom 22042014 Erw 21 66 Vgl BSK-SCHNYDERLIATOWITSCH (FN 3) Art 92 IPRG N 8 BUCI-IER (FN 14) ZGBR 69

(1988) 154 KILIAS (FN 9) S 96

67 Vgl OGer ZH vom 21081998 abgedruckt bei BREITSCl-IMIDKONZLE (FN 1) S 158 f 68 V1 HANS RAINER KONZLE Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht Band

echt 1 Abteilung Die Erben 2 Tetlband Die Verfuumlgungen von Todes wegen 2 Illensvolistrecker (Art 517-518 2GB) Bern 2011 Vorbem zu Art 517-518 ZGB N 73

Beginn machte HEINI (FN 3) Art 92 IPRG N 22 f 69 Vgl BSK-SCHNYDERLIATOWITSCH (FN 3) An 95 IPRG N 5

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz 12S

124 Formstatut

Art 93 IPRG verweist fuumlr das Formstatut also fuumlr die Form des Testaments und Erbvertrags auf das Haager Uumlbereinkommen vom 5 Oktober 19617deg Eine letztwillige Verfuumlgung ist danach guumlltig wenn sie die Form des Heimatrechts des Wohnsitzrechts des Rechts ammiddotgewoumlhnlichen AufenthaltsOlt des Errichshytungsortsrechts oder des Lageortsrechts erfuumlllt

13 Anerkennung von auslaumlndischen Entscheiden und Urkunden

131 Direkte Zustaumlndigkeit

a) Die direkte Zustaumlndigkeit ist in Art 25 ff IPRG geregelt Danach werden auslaumlndische Entscheidungen in der Schweiz anerkannt wenn das zustaumlndige Gericht eine endguumlltige Entscheidung gefaumlllt hat und kein Verweigerungsgrund nach Art 27 IPRG vorliegt Der Nachweis der ErbensteIlung kann mit einem auslaumlndischen Ausweis gefuumlhrt werden welcher der Erbbescheinigung (Art 556-559 ZGB) gleichwertig istl

b) Puumlr Auskuumlnfte lind Verfuumlgungen uumlber Bankdepots und -kontos in der Schweiz werden der deutsche Erbschein und die oumlsterreichische Einantworshytungsurkunde ohne weitere Formalitaumlten akzeptiert72 Gleiches gilt fuumlr Ausweishyse des Probate Court aus England oder den USA fuumlr die executorsJ3 Die in Deutschland als Ausweis anerkannte Eroumlffnungsurkunde74 wird dagegen nicht von allen Banken akzeptiert

c) Fuumlr Auslaumlndische Erbfolgezeugnisse als Ausweis fuumlr Eintragungen im schweizerischen Grundbuch hat das Bundesamt fuumlr Justiz Regeln ausgearbeishytet75 welche fuumlr jedes Land konkret festhalten welche Erbfolgezeugnisse als gleichwertig (aumlquivalent) im Sinne von Art 559 ZGB (im Vergleich mit der Erbshybescheinigung) angesehen werden Danach wird der deutsche Erbschein

2358 H BGB) in der Schweiz ebenso anerkannt76 wie (bei klaren Verhaumlltnisshy

71 72

73 74 75

76

Kuumlnzle

127 126 Teil 2 Vertiefung

auch ein oumlffentlich beurkundetes Testament zusammen mit der Eroumlffshynungsurkunde

d) Auslaumlndische Erbfolgezeugnisse koumlnnen fuumlr vollstreckbar erklaumlrt werden (Art 28 iVm Art 31 IPRG) Das sog Exequaturverfahren wird vom kantonashylen Prozessrecht bestimmt und ist in der Regel summarischer Natur Dieses Vershyfahren wird etwa im Bankverkehr notwendig wenn der auslaumlndische Ausweis nicht akzeptiert wird Das ist haumlufig der Fall wenn der auslaumlndische Ausweis von einem Notar ausgestellt wurde77 Zudem gibt er territoriale Beschraumlnkunshygen So ist der Fremdrechtserbschein auf Deutschland begrenzt und die oumlsterreishychische Einantwortungsurkunde erfasst keine Liegenschaften im Ausland liches gilt fuumlr den letters testamentary und den letters of administrationl8 Diese territorialen Beschraumlnkungen werden in der Schweiz dann beachtet wenn sie sich aus dem materiellen Recht ergeben (Fremdrechtserbschein) nicht aber wenn sie sich aus Regeln des Verfahrensrecht ergeben (Einantwortungsurkunshy

e) Wenn im Ausland kein Erbfolgezeugnis ausgestellt wird oder dieses das in der Schweiz gelegene Vermoumlgen nicht erfasst ist in der Schweiz (im Rahmen eines Eroumlffnungsverfahrens) ersatzweise eine (schweizerische) Erbbescheinigung zu beantragen Die Zustaumlndigkeit richtet sich nach Art 87 und Art 88 IPRG Wurde im Ausland zwar ein Ausweis ausgestellt erfuumlllt dieser aber die fuumlr die Anerkennung notwendigen Anforderungen nicht muss gestuumltzt auf die Notzushystaumlndigkeit von Art 3 IPRG am Ort der gelegenen Sache oder an einem anderen Ort mit dem der Sachverhalt einen genuumlgenden Bezug aufweist eine Erbbeshyscheinigung beantragt werden

f) Bei Kollisionen von Erbrechtsausweisen aus mehreren Laumlndern kann Art 27 Abs2 lit c IPRG (iVm Art 31 IPRG) die Loumlsung bringen indem das zuerst in der Schweiz eingeleitete Verfahren80 Vorrang hat81

132 Indirekte Zustaumlndigkeit

Die indirekte Zustaumlndigkeit ist in Art 96 IPRG geregelt Nach Abs 1 lit a wershyden Urteile anerkannt wenn sie getroffen ausgestellt oder festgestellt worden sind im Staat des letzten Wohnorts des Erblassers oder im Staat dessen Recht er gewaumlhlt hat oder wenn sie dort anerkannt werden (sog Drittstaatsanerkenshy

77 Vgl I tANS KUHN Anerkennung und Wirkungen auslaumlndischer Erbauswcisc im schweizerischen Recht SZIER 12 (2002) 7

78 Vgl KUHN (FN77) SZIER 12 (2002) 25 79 Vgl KUHN (FN 77) SZIER 12 (2002) 26 f 80 In der Schweiz wird der Nachlass mit dem Tod des Erblassers automatisch eroumlffnet vgL Art 537

ZGB 81 Vd FlORIAN MARXER Das internationale Erbrecht Licchtensteins - Ein Vergleich mit dem

reichischen und schweizerischen Recht (Diss Zuumlrich) Vaduz 2002 S 141

KUnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

nung)82 Fuumlr Grundstuumlcke ist der Lageort massgebend (Art 96 Abs 1 lit b IPRG) gegebenenfalls ausschliesslich (Art 96 Abs 2 IPRG)

133 Staatsvertraumlge

Die Anerkennung und Vollstreckungauslaumlndischer Entscheide Massnahmen und Urkunden wird auch von Staatsvertraumlgen geregelt etwa im Verhaumlltnis zu Deutschland83 Diese enthalten aber regelmaumlssig nur Mindestnormen und gehen deshalb nicht uumlber Art 96 IPRG hinaus 84

2 Grundzuumlge der EuErbVO

a) Die Verordnung (EU) Nr 65012012 dcs Europaumlischcn Parlaments und dcs Rates vom 4Juli 2012 uumlbcr die Zustaumlndigkeit das anzuwcndcnde Recht die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung oumlffentlicher Urkundcn in Erbsachcn sowie zur Einfuumlhrung cines Europaumlischen Nachlasszeugnisses (EU-Erbrechts-Verordnung I EuErbVO)85 trat am t 7 August 2015 in Kraft (Art 84 EuErb VO)

b) Die EuErbVO ist direkt anwendbar und gilt fuumlr die Mitgliedstaaten Diese sind in der EuErbVO nicht dcfiniert Da Daumlnemark Irland und das Vereinigte Koumlnigreich sich nicht beteiligen gelten sie nicht als Mitgliedstaaten im Sinne der VerordnungY Obwohl erst nach der Verabschiedung der ErbVO zur EU geshystossen ist dagegen Kroatien ein MitgliedstaatB7

21 Zustaumlndigkeit

211 Grundregel

a) Art 4 EuErbVO regelt die Zustaumlndigkeit fuumlr saumlmtliche Erbsachen dh soshywohl fuumlr streitige Verfahren als auch fuumlr Verfahrcn der freiwilligen Gcrichtsbarshykeit sB Die Zustaumlndigkeit gilt zudem unabhaumlngig von der Nachlassbclegcnheit verhindert somit eine Nachlassspaltung

82 Vgl HEINI (FN 3) Art IPRG N 9 ff 83 Vgl Abkollll11en vom 2 November 1929 wischen

dcm Deutschen Reich uumlber die Anerkennung lind Vollstreckung _ Schiedsspruumlchen (SR 0276191361) zu weiteren StaatsvertrKgcn

dem Fuumlrstentum Liechtenstcin Schweden Spanien der Tschechoslowakischen Oumlsterreich vgl STElHEN

Basler Kommentar Internati r

und Anton K Schnydcr 3 A 84 Vgl 5mBR (FN 9) S 549 85 Vgl EU AbI NT L 201 S 107 zur Entstehungsgeschichte vgl ANATOLDUITA Kommentar zu

Art 1-84 EuErbva in Muumlnchener Kommentar zum Buumlrgerlichen Gesct7bueh Band 10 Intershynationales Privatrecht 16 A Muumlnchen 2015 Vor Art 1 EuErbVO N 5 ff

86 V gl Erwaumlgungsgruumlnde 82 und 83 87 Vgl DUTIA (FN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 14 88 Vgl DUTIA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 4

Kuumlnzle

127 126 Teil 2 Vertiefung

sen) auch ein oumlffentlich beurkundetes Testament zusammen mit der Eroumlffshynungsurkunde

d) Auslaumlndische Erbfolgezeugnisse koumlnnen fuumlr vollstreckbar erklaumlrt werden (Art 28 iVm Art 31 IPRG) Das sog Exequaturverfahren wird vom kantonashylen Prozessrecht bestimmt und ist in der Regel summarischer Natur Dieses Vershyfahren wird etwa im Bankverkehr notwendig wenn der auslaumlndische Ausweis nicht akzeptiert wird Das ist haumlufig der Fall wenn der auslaumlndische Ausweis von einem Notar ausgestellt wurde77 Zudem gibt er territoriale Beschraumlnkunshygen So ist der Fremdrechtserbschein auf Deutschland begrenzt und die oumlsterreishychische Einantwortungsurkunde erfasst keine Liegenschaften im Ausland Aumlhnshyliches gilt fuumlr den letters testamentary und den letters of administration7H Diese territorialen Beschraumlnkungen werden in der Schweiz dann beachtet wenn sie sich aus dem materiellen Recht ergeben (Fremdrechtserbschein) nicht aber wenn sie sich aus Regeln des Verfahrensrecht ergeben (Einantwortungsurkunshyde)9

e) Wenn im Ausland kein Erbfolgezeugnis ausgestellt wird oder dieses das in der Schweiz gelegene Vermoumlgen nicht erfasst ist in der Schweiz (im Rahmen eines Eroumlffnungsverfahrens) ersatzweise eine (schweizerische) Erbbescheinigung zu beantragen Die Zustaumlndigkeit richtet sich nach Art 87 und Art 88 IPRG Wurde im Ausland zwar ein Ausweis ausgestellt erfuumlllt dieser aber die fuumlr die Anerkennung notwendigen Anforderungen nicht muss gestuumltzt auf die Notzushystaumlndigkeit von Art 3 IPRG am Ort der gelegenen Sache oder an einem anderen Ort mit dem der Sachverhalt einen genuumlgenden Bezug aufweist eine Erbbeshyscheinigung beantragt werden

f) Bei Kollisionen von Erbrechtsausweisen aus mehreren Laumlndern kann Art 27 Abs2 lit c IPRG (iVm Art 31 IPRG) die Loumlsung bringen indem das zuerst in der Schweiz eingeleitete Verfahren80 Vorrang hat 81

132 Indirekte Zustaumlndigkeit

Die indirekte Zustaumlndigkeit ist in Art 96 IPRG geregelt Nach Abs 1 Ht a wershyden Urteile anerkannt wenn sie getroffen ausgestellt oder festgestellt worden sind im Staat des letzten Wohnorts des Erblassers oder im Staat dessen Recht er gewaumlhlt hat oder wenn sie dort anerkannt werden (sog Drittstaatsanerkenshy

77 Vgl HANS KUl-IN Anerkennung und Wirkungen auslaumlndischer Erbausweise im schwei~crischen Recht SZIER 12 (2002) 7

78 Vgl KUHN (FN 77) SZlER 12 (2002) 25 79 Vgl KUHN (FN 77) SZIER 12 (2002) 26 f 80 In der Schweiz wird der Nachlass mit dem Tod des Erblassers automatisch eroumlffnet vtL Art 537

ZGB

81 Vgl FLORIAN MARXER Das internationale Erbrecht Licchtensteins Ein Vergleich mit dem oumlsterreichischerr und schweizerischen Recht (Diss Zuumlrich) Vaduz 2002 S 141

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

nung)82 Fuumlr Grundstuumlcke ist der Lageort massgebend (Art 96 Abs 1 lit b IPRG) gegebenenfalls ausschliesslich (Art 96 Abs 2 IPRG)

133 Staatsvertraumlge

Die Anerkennung und Vollstreckung auslaumlndischer Entscheide Massnahmen und Urkunden wird auch von Staatsv~rtraumlgen geregelt etwa im Verhaumlltnis zu Deutschland83 Diese enthalten aber regelmaumlssig nur Mindestnormen und gehen deshalb nicht uumlber Art 96 IPRG hinaus 84

2 Grundzuumlge der EuErbVO

a) Die Verordnung (EU) Nr 65012012 des Europaumlischen Parlaments und des Rates vom 4 Juli 2012 uumlber die Zustaumlndigkeit das anzuwendende Recht die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung oumlffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einfuumlhrung eines Europaumlischen Nachlasszeugnisses (EU-Erbrechts-Verordnung I EuErbVO)85 trat am 17 August 2015 in Kntft (Art 84 EuErbVO)

b) Die EuErbVO ist direkt anwendbar lind gilt fuumlr die Mitgliedstaaten Diese sind in der EuErbVO nicht definiert Da Daumlnemark Irland und das Vereinigte Koumlnigreich sich nicht beteiligen gelten sie nicht als Mitgliedstaaten im Sinne der VerordnungH6 Obwohl erst nach der Verabschiedung der ErbVO zur EU geshystossen ist dagegen Kroatien ein MitglicdstaatH7

21 Zustaumlndigkeit

211 Grundregel

a) Art 4 EuErbVO regelt die Zustaumlndigkeit fuumlr saumlmtliche Erbsachen dh soshywohl fuumlr streitige Verfahren als auch fuumlr Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarshykeit H8 Die Zustaumlndigkeit gilt zudem unabhaumlngig von der Nachlassbelegenheit verhindert somit eine Nachlassspaltung

82 Vgl HEINI (lN 3) Art 96 [PIZe N 9 ff a3 VgL Abkomlllcn vom 2 November 1929 Iwischen dcr Schwcizerischcll Eidgenossenschaft

dem DcUtschen Rcich uumlber die Anerkennung lind Vollstredwng von gerich gen lind Schiedsspruumlchen (SR 02761913(1) zu weiteren Staatsvertraumlgen reich Italien lcl11 Fuumlrstentum Liechtcnstein Schweden Spanien de Tschechoslowakischen Republik und Oumlsterreich vgl STHIIIEN VllERIIROBERT K DAumlPPEN Kommentar zu Art 25shy32 IPRG Baslcr Kommentar Internationales Privatrecht hrsg v Heinrich HOllscIl Ncdim Peshyter Vogt lind Antol1 K Schnytkr 3 A Bascfrankfurt 2013 Art 25 IPRG N 18

B4 Vgl SmlfR (FN 9) S 549 85 Vgl EU AbI Nr L 201 S 107 zu Entstehungsgeschichte vgl ANATOt DlJlTA Kommentmiddot zu

Art 1-84 EuErbVO in Muumlnchcner KOlllmcntar wm Buumlrgerlichen Gesetzbuch Band 10 Intershynationales Privatrecht I ( A Muumlnchen 2015 Vor Art 1 EuErbVO N 5 ff

86 Vgl Erwaumlgungsgruumlnde 82 und 83 87 Vgl DUTrA (FN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 14 88 Vgl DunA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 4

Kuumlnzle

129 128 Teil 2 Vertiefung

b) Fuumlr den ganzen Nachlass zustaumlndig sind grundsaumltzlich die Gerichte am letzshyten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers (Art 4 EuErbVO) Abgestellt wird objektiv auf familiaumlre und soziale Bindungen und subjektiv auf den Bleishybewillen89 Da keine privatautonome Bestimmung moumlglich ist hat die Erklaumlrung des Erblassers in seiner letztwilligen Verfuumlgung nur eine beschraumlnkte Wirkung9o Es sind Faumllle denkbar dass kein oder mehrere gewoumlhnliche Aufenthaltsorte vorshyliegen91 Keine Verschiebung des gewoumlhnlichen Aufenthaltsorts bewirken Aufshyenthaltswechsel aus schulischen beruflichen und medizinischen Gruumlnden (Pfleshyge) sowie moumlglicherweise auch aus Altersgruumlndenmiddot (bei fehlender Integration I Mallorca-Rentner)92

c) Art 10 ErbVO sieht eine subsidiaumlre Zustaumlndigkeit am Ort der Nachlassbeleshygenheit vor welche umfassend (fuumlr den ganzen Nachlass) und zwingender Nashytur ist

93 Nachlassbelegenheit in einem Mitgliedstaat ist gegeben wenn sich (im

Zeitpunkt der Entscheidung)94 koumlrperliche Gegenstaumlnde (Sachen) in einem Mitshygliedstaat befinden Gegenstaumlnde oder Rechte in einem oumlffentlichen Register eines Mitgliedstaates verzeichnet sind (unbewegliche Sachen Schiffe Luftfahrshyzeuge oder Immaterialguumlterrechte) oder Forderungen mit einem Schuldner in einem Mitgliedstaat9s Der Erblasser muss zudem eine Beziehung CUl11 Bclegenshyheitsmitgliedstaat haben naumlmlich dessen Staatsangehoumlriger sein ([it a) oder inshynerhalb der vergangenen fuumlnf Jahre seinen gewoumlhnlichen Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat gehabt haben ([it b) Wenn eine solche Beziehung fehlt wird die Zustaumlndigkeit auf den inlaumlndischen Nachlass begrenzt (Abs 2))(

212 Abweichung im Fall einer Rechtswahl

a) Nach Art 5-9 EuErbVO besteht - zur Wiederherstellung des Gleichlaufs von forum und ius97 - die Moumlglichkeit von der Grundregel (Art 4 und Art 10 EuErbVO) abzuweichen und zwar immer dann wenn der Erblasser eine Rechtsshywahl getroffen hat (1) foumlrmliche Gerichtstandvereinbarung (Art 5 EuErbVO) (2) formlose Gerichtstandsanerkennung (Art 7 lit c EuErbVO) (3) Ermessensshy

89 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 4 Kindschaftsvcrfahrensrechts des EuGH keine che Wohnsitz

90 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 4 91 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 6 92 Vgl DENIS SOLOMON Die allgemeine Kollisionsnorm in Die EUlOpiiishy

sehe Erbreehtsverordnung hrsg v Muumlnchen 201417 ff KINGA M WEissMANUEi -CllC I-lcrausforshy

internationale Na ic1welzcr Sicht sllcccssio 2014 167 f(= zur Notariatspraxis Schweizcrischen Notarcnvcrband Muri 2015S 15

93 DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 7 94 DUTTA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 9 95 DUTfA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 6 96 DUITA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 13 ff 97 dazu WEIssBIGLER (FN 92) successio 2014 166

Kuumlnzle

Dic EuErhVO und die Schweiz

entscheidung des nach der Grundregel zustaumlndigen Gerichts (Art 6 lit a EushyErbVO) (4) Vereinbarung einer aussergerichtlichen einvernehmlichen Regelung (Art 8 EuErbVO) sowie (5) ruumlgelose Einlassung (Art 9 EuErbVO)

b) Die EuErbVO gestattet dem Erblasser keine einseitige Gerichtsstandsshywahl98 der Erblasser muss vielmehr darauf hoffen dass die Erben die ihnen zur Verfligung stehenden Moumlglichkeiten benuumltzen

22 Anwendbares Recht

221 Objektive Anknuumlpfung

Zustaumlndigkeit und anwendbares Recht (Art 4 und 21 EuErbVO) folgen dem Hauptanknuumlpfungspunkt (letzter gewoumlhnlicher Aufenthalt des Erblasshy

sers) womit ein Gleichlauf von forum und ius angestrebt wird

b) Nach Art 21 Abs 1 EuErbVO wird grundsaumltzlich auf den ganzen Nachhtss das Recht ltIm letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers angewendet (Erb-

Der letcte gewoumlhnliche Aufenthalt des Erblassers in Art 21 EuErbVO entspricht demjenigen von Art 4 ErbV099

c) In Art 21 Abs2 EuErbVO gibt es eine Ausweichklauscl wonach ein andeshyres Recht anzuwenden ist wenn zu diesem eine offensichtlich engere Bindung besteht Da auch die Bestimmung des gewoumlhnlichen Aufenthalts auf eine enge Bindung tbstcllt werden Ausnahmen selten vorkommen loa Dutta erwaumlhnt etshywa dass einer fehlgeschlagenen Rechtswahl zum Durchbruch verholfen oder ein Aufenthaltswechsel einer betreuten Person korrigiert werden kann 10I

222 Rechtswahl

Der Erblasser kann das auf den Nachlass anwendbare Recht (Erbstatut) in beshyschriinktem Umfang waumlhlen er kltlnn luumlmlich sein Staatsangehoumlrigkeitsrecht waumlhlen welches er im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes besass (Art 22

98 Vgl DUIlA (FN 85) Vor Art 4 ElIErbVO N 7[] 99 VgL DUTlA (FN 85) Art 21 EuErbVO N 4

100 Kritisch KNUTWERNER LANGE Das ErbkoUisionsrccht im nClIcn Entwurf eincr EU-ErbVO ZErb 2012 [62 FEIJX M WIlKE Das internationale Erbrecht nach der IlCllcn EU-Erbshyrcchtsvcrordnung RIW 2012 605

101 Vgl DUJ1A (lN 85) Art 21 EuErbVO N 6 weiter Faumllle sind Expats oder DiplomaIlshyteIl vgL WElSSBIGLElt (FN 92) sllcccssio 2014174

Kuumlnzle

131 130 T eil 2 Vertiefung

Abs 1 EuErbVO)102 Wenn der Erblasser mehrere Staatsangehoumlrigkeiten beshysitzt hat er die Auswahl 103 Die Rechtswahl betrifft stets den gesamten Nachshy

eine Teilrechtswahl ist nicht moumlglich104

223 Erbvertraumlge

Fuumlr Erbvertraumlge gilt nach Art 25 EuErbVO das zur Zeit der Errichtung massshygebende Recht (Abs 1) Erbvertraumlge sind nur in wenigen Laumlndern der EU zugeshylassen etwa in Deutschland und Oumlsterreich Darunter gehoumlren aber auch gegenshyseitige Testamente (Deutschland)105 und Gestaltungsmittel des franzoumlsischen (donation-partage institution contractuelle renonciationanticipee aIaction en reduction) und englischen Rechts (contract to make or not to make a will contract not to revoke or not to modify a will)106 Bei mehreren Verfuumlgenden muss der Erbvertrag nach beiden Erbstatuten zulaumlssig sein (Abs2) was geleshygentlich durch die Wahl des gemeinsamen Heimatrechts erreicht wird (Abs 3)107

224 Sonderrregelung fuumlr Nachlassverwalter

Nach Art23 Abs2 lit f EuErbVO unterstehen die Testamentsvollstrecker (und Nachlasspfleger nicht aber Nachlassinsolvenzverwalter) grundsaumltzlich dem Erbstatut108 Nach Art29 Abs 1 EuErbVO darf fuumlr Nachlassverwalter

102 Das kann wie folgt formuliert werden (1) Ich bin deutscher hen Aufenthalt in Deutschland Diesen will ich auch Staatsangehoumlriger und habe meinen gewoumlhnlichen Aufenthalt auf Mallorca Vorsorgshy

waumlhle ich fuumlr die Rechtsnachfolge von Todes wegen in mein gesamtes Vermoumlgen sowie die Frage der Rechtswirksamkeit dieses Testaments das deutsche Recht als mein Staatsangehoumlrigshykeitsrecht (3) Ich bin Buumlrger von Kappe Ebnat-Kappel SG (Schweiz) also schweizerischer Staatsangehoumlriger und habe meinen gewoumlhnlichen Aufenthalt in Konstanz (Deutschland) den ich auch bis zu meinem Tod beibehalten will Ich waumlhle hiermit fuumlr die Rechtsnachfolge VOn Toshydes wegen in mein ganzes Vermoumlgen sowie fuumlr die Frage der Rechtswirksamkeit dieses Testashyments das schweizerische Recht insbesondere das schweizerische Erbrecht als mein Staatsangeshyhoumlrigkeitsrecht vgl FELIX ODERSKY Die Europaumlische Erbrechtsverordnung in der Gestalshytungspraxis nOtar 20137

103 Vgl DUrrA (FN 85) Art 22 EuErbVO N 3 104 Vgl DUTTA (FN 85) Art 22 EuErbVO N 8 105 Das in Deutschland haumlufip verwendete gemeinschaftliche Testament ist in der

als im nationalen Recht In die Kategorie der Erbvcrtraumlge einzuordncn VGL ANATOL Die europaumlische Erbrechtsverordnung vor ihrem Anwendungsbeginn Zebn ausgewaumlhlteStreitstandsminiaturen IPRax 2015 35

106 Vgl ANDREABONOMIAzADI OumlZTUumlRK Das Statut der Verfuumlgung von Todes wegen (Art 24 ff EuErbVO) in Die Europaumlische Erbrechtsverordnung hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 N 60 nennen donation-partage

107 WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014 188 geben folgendes Formulierungsbeispiel Ich MilK Muster bin deutscher und schweizerischer Staatsbuumlrger Ich Manuela Muster bin deutshysche Staatsbuumlrgerin Fuumlr die Erbfolge in den gesamten Nachlass waumlhlt ein jeder von uns deutshysches materielles Recht unabhaumlngig vom On des jeweiligen gewoumlhnlichen Aufenthalts im Zeitshypunkt des Todes Fuumlr die Wirksamkeit und Bindungswirkungen dieses Erbvertrages soll insfc samt das deutsche materielle Recht gelten Dies verfuumlgt ein jeder von uns einzeln sowie wir belde

lsam und soweit zulaumlssig mit erbvertraglicher Bindungswirkung Die Bi s1ch soweit zulaumlssig auch auf die Wahl des anwendbaren Rechts erstrecken

108 Vgl DUTTA (FN 85) Art 23 EuErbVO N 23

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

ausnahmsweise bei der lex fori angeknuumlpft werden (Eroumlffnungsstatut) soweit dies zwingend notwendig ist Damit hat man vor allem an den executoradminishystrator des common law gedacht109

225 Formstatut

Fuumlr die Form gilt nach Art 27 EuEirbVO weitgehend 11 0das Haagcr Testashymentsformuumlbereinkommen vom 5101961111 Dies bedeutet im Wesentlichen dass die Form am Ort der Testamentserrichtung eingehalten werden muss

23 Anerkennung von Entscheidungen und Urkunden

a) Mit der Schaffung des Europaumlischen Naehlasszeugnisses (Art 62 EuErbshyVO) welches auch den Testamentsvollstrecker einschliesst ist die Anerkennung im EU-Raum gesichert und zwar ohne besonderes Verfahren (Art 39 Abs I EuErbVO) Es werden allerdings auch neue Probleme geschaffen so etwa die Abbildung des (deutschen) pauschalierten Zugewinnausgleichs welcher guumltershyund nicht erbrechtlicher Natur istl2

b) Die EuErbVO geht recht weit im Umsetzen von auslaumlndischen Entscheidunshygen Bei der Anwendung auslaumlndischen Rechts kann es vorkommen dass Vershyrichtungen umzusetzen sind welche das eigene Recht nicht kennt etwa eine Einantwortung nach oumlsterreichischem Recht eine family provision nach englishyschem Recht oder eine Gestaltungsmassnahme zur Durchsetzung von Pflichtteishylen Diese wurden in Deutschland gelegentlich als wesensfremd abgelehnt 113

was unter der Geltung der Eu ErbVO nicht mehr moumlglich ist j 14

24 Einfuumlhrungsgesetze

Obwohl die EuErbVO direkt anwendbar ist braucht es zur Umsetzung in den einzelnen Laumlndern besondere Vorschriften und regelmaumlssig auch Aumlnderungen des bestehenden nationalen Rechts Deutschland hat das Gesetz vom 29 Juni 2015 zum Internationalen Erbrecht und zur Aumlnderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Aumlnderung sonstiger Vorschriften (IntErbRVGEG) 115 gerashyde noch rechtzeitig vor Inkrafttreten der EuErbVO erlassen Die meisten Laumlnshyder haben noch kein derartiges Gesetz 116

109 85) Art 29 EuErbVO NI 10 Zu Unterschieden vgl DunA (FN 85) Art 27 EuErbVO N 4 ff

111 Vgl wwwhcchl1ctlllploadltcxtll_dpdf(26082015)SR 021 13121 112 Vgl DUrlA (FN 105) IPRax 2015 33 113 Vgl etwa BayObLGZ 1967197201 114 Vgl DUITA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 21 115 BGBl I S1042 fuumlr eine Kommentierung der neuen Regeln vgl Internationales Erbrecht

(EuErbVO I IntErbRVG) brsg v Walter Gier Andreas Koumlhler Ludwig Kroiszlig und Harald Wilsch Baden-Baden 2015

116 Zum oumlsterreichischen Erbrechtsaumlnderungsgesetz vom 30 Juli 2015 (BGBl I 872015) welohe am 112017 in Kraft tritt

Kuumlnzle

132 133 Teil 2 Vertiefung

3 Anwendung der EuErbVO auf die Schweiz

31 Vorbehalt bilateraler Abkommen mit Drittstaaten

a) Waumlhrend Staatsvertraumlge unter den Mitgliedstaaten mit dem Inkrafttreten der EuErbva aufgehoben werden117 bleiben Staatsvertraumlge der Mitgliedstaaten mit Drittstaaten grundsaumltzlich bestehen und haben Vorrang gegenuumlber den Regeln der Erbrechtsverordnung (Art 75 Abs 1 EuErbVO)118 Das bedeutet dass die

119 vorne erwaumlhnten Staatsvertraumlge mit Italien Griechenland und Portugal vorshy

bleiben12o

In den Staatsvertraumlgen mit Italien 121 und Griechenland 122 wird das Heimatrecht auf Erbfaumllle angewendet Wenn in einem Erbfall weitere EU-Staaten (ohne Staatsvertrag) involviert sind kann dies zu Problemen fuumlhren naumlmlich der Anwendung unterschiedlichen Rechts in den einzelnen Staaten123 Fuumlr Deutschland bleiben (unter anderem) die Staatsvertraumlge mit dem Iran mit der ehemaligen Sowjetunion und mit der Tuumlrkei bestehen 124

besteht auch fuumlr Haager Form-Uumlbereinkommen 125

117 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 20

118 Vgl REMBERT SOSS Der Vorbehalt zugunsten bilateraler Abkommen mit Drittstaatcll in Die Europaumlische Erbrechtsverordnung hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014N14mwN

119 Vgl vorne FN 37 120 Vgl Suumlss (FN 118) N 12

121 Zu Einzelheiten vgl TI NA WUumlSTEMANNLARISSA MADOLDA MARTINEZ Der schweierischshyitalienische Erbfall successio 2011 66 ff BGE 138 III 354 Erw 3 BGer 4A_582011 Pra 2012 NI 130 = ZBGR 2014174 Der Staatsvertrag laumlsst eine Rechtswahl BGE 136 HI 461 Erw 52153 = 4A_4212009 ZBGR 2012111 Der Staatsvertrag laumlsst BGer 5C212003 vorn 22072003 Erw 2 Der Staatsvertrag regelt die Frage der weshalb Art 86 H IPRG anzuwenden BGE 120 II 293 Der Staatsvertrag regelt der Eroumlffnung nicht weshalb Art 86 H anzuwenden sind BGE 99 II 246 Erw Staatsvertrag regelt die der Eroumlffnung nicht weshalb die schweizerischen Kollisiollsnorshymcn anwendbar sind ZR Nr 76 Erw II Vorsorgliche Massnahmcn bezuumlglich Nachlassguumlshytern in der Schweiz eines in Italien verstorbenen Italieners

122 Vgl BGE 94 H 5 Elw 2 Heimatrecht ist anwendbar

123 Aumlhnlich wie in den von SUumlSS (FN 118) N 16 ff genannten Beispielen Eclegenheit in einem anshyderen Mitgliedstaat gewoumlhnlicher Aufenthalt in einern anderen Mitgliedstat

124 Vgl DUTTA (FN 105) IPRall 2015 39 ANDREAS KOumlHLER sect 4 Internationales Privatrecht in Internationales Erbrecht (EuErbVO IntErbRVG) hrsg v Walter Gier Andreas Koumlhler Ludwig Kroiszlig und Harald Wilsch Baden-Baden 2015 Anhang zu sect 4 Art 8 Niederlassungsabshykommen vom 17 Februar 1929 zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien (RGBI 1930 II 1002) Anlage zu Art 22 (Nachlassabkommen) sectsect 13-15 17 und 19 KOllsularvcrshytrag zwischen dem Deutschen Reich und der Union der Sozialistischen Sowjctrepubliken vom 12 Oktober 1925 (RGBl1926 II 60) Art 19-20 und 24-29 Konsularvertrag zwischen der Bunshydesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom 25 April 1958 (BGBI 1959 n 233 weiterhin anwendbar gemaumlszlig gemeinsamer Erklaumlrung vorn 25081994) Art 3 und Art 8 Niederlassungsabkommen vom 12Januar 1927 zwischen dem Deutschen Reich und der Tuumlrkischen Republik (RGBI II 76 454) Art 16 und 20 Anlage zu Art 20 (Nachshylassabkommen) Konsularvertrag vom 28 Mai 1929 zwischen dem Deutschen Reich und der Tuumlrkischen Republik (RGB 11930 II S 748)

125 Vgl vorne FN 70 SOSS (FN 118) N 14

Die EuErbVO und die Schweiz

32 Anwendung der ErbVO auf Drittstaaten

a) Die Schweiz gchoumlrt zu den Drittstaaten (als Nicht-EU-Mitglied) ebenso wie das Vereinigte Koumlnigreich (UK) Irland und Daumlnemark welche nicht an der Erbrechtsverordnung teilnehmen126

b) Die Erbrechtsverordnung gilt an sich nur fuumlr die Verordnungsstaaten sie beshytrifft aber auch Erbfaumllle mit Bezug zu Drittstaaten (wie der Schweiz) was als erga mones-Wirkung bezeichnet wird 127 Allerdings gelten nicht alle Regeln der EuErbVO im Verhaumlltnis zu den Drittstaaten128 was durchaus zu Konflikten

kann Ein Bezug zu Drittstaaten kommt etwa vor 129 (1) wenn Dritt shystaatsangehoumlrige ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt in einem Verordnungsstaat hashyben (2) wenn Verordnungsstaatsangehaumlrige ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat haben (3) wenn ein Erblasser mit letztem gewoumlhnlichem Auf-

in einem Verordnungsstaat Vermoumlgenswerte in einem Drittstaat hintershylaumlsst und (4) wenn ein Erblasser mit gewoumlhnlichem Aufenthalt in einem Dritt shystaat Nachlasswerte in einem Verordnungsstaat hinterlaumlsst

(1) Ein Schweizer stirbt in Hamburg (2) ein Italiener stirbt in Lugano nach Oumlsterreich gezogener Franzose mit einem Haus in St Moritz (3)

lebender Hollaumlnder mit einem Haus in Mallorca

Ende 2012 betrug der Anteil der auslaumlndischen Staatsangehoumlrigen in der Schweiz mehr als 23 wobei der uumlberwiegende Teil aus Laumlndern der EU stammte und Ende 2011 hielten sich 703200 Schweizerinnnen und Schweizer im Ausland auf davon drei Fuumlnftel in Europa 130 Es besteht also ein grosses Potential fuumlr laumlnshyderuumlbergreifende Erbfaumllle mit Bezug zur Schweiz und EU Ob man die EuErbshyVO auch auf reine Drittstaatsachverhalte anwenden soll (etwa wenn nur Erben sich in der EU aufhalten) ist umstritten131 wohl aber zu verneinen

c) Nach Art 20 EuErbVO wird das Erbstatut auch dann angewendet wenn es sich nicht um das Recht eines Mitgliedstaates handelt Erwaumlgungsgrund 37 Eushy

126 86 zur Diskussion uumlber die Stellung der nicht teilnehmcnden Staaten Jaumlncmark welche aufkam weil die Definition aus dcr ErbVO gekippt wurde vgl EVA

LEIN Die Erbrechtsverordnung aus Sicht dcr Drittstaatcl1 in Die Europaumlische Erbrechtsvershyordnung hrsg v Anatol Dutta und Scbastian Herrler Muumlnchen 2014 N 7 ff DUTTA (PN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 15

127 ANDREA EONOMIIAlAD OumlzruumlRK Auswirkungen der Europaumlischen Erbrechtwerordshynung auf die Schweiz unter besondercr Beruumlcksichtigung deutsch-schweizerischer Erbfaumllle ZVglRWiss 2015 5

128 Vgl ANDREA BONOMI Le rcglcmcnt europccn sur les successions et SOll impact pour la Suisse SJ 2014 II 397 ff BONOMIIOZTUumllK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 5

129 Vgl NICOLE WILLlMANNGEORGIA FOTIOU Die Europaumlische Erbrechtsverordnung aus Sicht der Schweiz STH 2015 S 337 NIKITA GONTSCHAR EU Erbrechtsverordnung und schweizerishysches IPRG Norderstedt 2011 S 12 LEIN (FN 126) N 16

130 Vgl MICHELlE KALTMATIHIAS UHL Die EU-Erbrcchtsvcrordnung und die Schweiz in Eushyropaumlisierung der schweizerischen Rechtsordnung hrsg v Lukas Fahrlaumlnder und Reto A Heizshymann Zuumlrich 2013 S 106 Ende 2012 betrug die Wohnbevoumllkerung 8036917 Einwohner dashyvon hatten 1868962 Einwohner die auslaumlndische StaaQlangehoumlrigkeit

131 Vgl KALTUHl (FN 130) S 110 f r Kuumlnzle

~ Kuumlnzlel

I

135 134 T eil 2 Vertiefung

ErbVO ergaumlnzt dass das ganze Nachlassvermoumlgen dem Erbstatut (Aufenthaltsshyrecht nach Art 21 EuErbVO bzw Heimatrecht nach Art 22 EuErbVO) unter-

auch wenn es in einem Drittstaat gelegen ist132

d) Verweisungen auf das Recht eines Drittstaates sind nach Art 34 EuErbVO grundsaumltzlich als Gesamtverweisung zu verstehen Damit wird eine Ruumlck- oder Weiterverweisung (Renvoi) auf das Recht eines Mitgliedstaates (lit a) und auf das Recht eines (anderen) Drittstaates ermoumlglicht welcher die Verweisung anshynimmt 133 Es fragt sich weshalb der Renvoi in der Erbrechtsverordnung zugeshylassen wird obwohl dies im europaumlischen KoIlisionsrecht sonst nicht der Fall ist Die Antwort duumlrfte darin zu suchen sein dass im Erbrecht haumlufig das Vermoumlgen in verschiedenen Laumlndern liegt und der Renvoi versucht zu einer moumlglichst ein-

Loumlsung zu kommen134

33 Zustaumlndigkeit

a) Grundregel Waumlhrend das IPRG auf den Wohnsitz abstellt l35 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 136 Diese beiden Kriterien sind haumlushy

aber nicht immer deckungsgleich 137 Unterschiede entstehen vor allem des-weil beim Wohnsitz staumlrker auf subjektive Kriterien abgestellt wird waumlhshy

rend beim gewoumlhnlichen Aufenthalt die objektiven Kriterien im Vordergrund stehen 138 Erfreulich ist dass die Sonderanknuumlpfung fuumlr Immobilien etwa in Frankreich kuumlnftig dahinfaumlllt ~

b) Waumlhrend Erblasser nach dem IPRG seine Zustaumlndigkeit (in begrenztem Umfang) waumlhlen kann140 ist dies nach der EuErbVO nicht der Fall141 was ein gewisses Konfliktpotential darsteIlt 142 Die Wahl des Gerichtsstands ist nach Art 5 Abs 1 EuErbVO den betroffenen Parteien vorbehalten wobei nicht restlos klar ist was damit gemeint Die Erklaumlrung des Erblassers uumlber den

132 VgJ LErN (FN 126) N 17 133 VgJ DurrA (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 H 134 Vgl MICHAEL HELLNER Probleme des allgemeinen Teils des Internationalen

Die Europaumlische Erbrechtsverordnung v Anatal Dutta lind Sebastian Herrler 2014 N 12

135 Vgl vorne 111 b) (1) 136 Vgl vorne 211 b) 137 Vgl BONOMIIOumlZTUumlRK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 13 zu einem Vergleich der beiden Begriffe

vgl KALTUHL (FN 130) S 120 f 138 Vgl WmssBrGLER (FN 92) suceessio 2014 184 ff (mit einer Tabelle der moumlglichen FaumlHe im

Verhaumlltnis Schweiz-Deutschland) 139 Vgl IVOSCHWANDER Die EU-Erbrechtsverordnung A]P 20141090 140 Vgl vorne 111 b) (2) 141 Vgl vorne 212

142 Vgl szligENNOIT CHAPPurs]ULlEN PERRIN Le Reglement (UE) No 6502012 du Parlement eushyropeen er du Conseil du 4 juillet 2012 relatif ala compctence la loi applicable la reconnaissance et lexecution des decisions et lacceptation et lexecution des actes authentiques en matiere de successions et ala cnlation dun certificat successoral curopcen NotIex2014 33

143 Vgl DU1TA (FN 85) Art 5 EuErbVO N 6 ff

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

gewoumlhnlichen Aufenthalt in seinem Testament ist aus der Sicht der EuErbVO ein Ausgangspunkt aber nicht das Endergebnis Nicht selten wird uumlbersehen dass mit einer Veraumlnderung der Zustaumlndigkeit auch die Anwendung einer andeshyren Erbschaftssteuer verbunden sein kann

c) Die Ausnahmeregel von Art 10 ErbVOl44 laumlsst aus der Sicht eines Dritt shystaates (wie der Schweiz) die Befuumlrchtung aufkommen dass es sich um einen exshyorbitanten Gerichtsstand handelt145 der neue Konflikte schafft und zu einem forum running fuumlhrt 146 Das sollen zwei Faumllle zeigen

Fall 1 Ein Schweizer in der Schweiz mit einem Haus in Deutschland und einem Bankkonto in Oumlsterreich stirbt Das ist ein Fall von Art 10 Abs 2 EuErbVO (Vermoumlgen in der EU) Deutschland ist fuumlr das Haus zustaumlndig was mit Art 86 Abs2 IPRG uumlbereinstimmt ein deutsches Urteil wird nach Art 96 Abs 1 lit b IPRG anerkannt Oumlsterreich ist fuumlr das Bankkonto zustaumlndig was Art 86 Abs 1 IPRG widerspricht ein oumlsterreichisches Urteil wird in der Schweiz nach Art 96 rPRG nicht anerkannt die Schweiz ist fuumlr den restlichen Nachlass zustaumlndig was mit Art 86 Abs 1 IPRG vereinbar ist

Fall 2 Ein Schweizer in England der bis vor 4 Jahren in Deutschland lebte mit einem Haus in Frankreich und einem Konto in der Schweiz errichtet eine letztshywillige Verfuumlgung mit der Wahl des Heimatrechts (eH) Das ist ein Fall von Art 10 Abs 1 lit b (Aufenthalt vor weniger als 5 Jahren) Deutschland ist fuumlr den gesamten Nachlass zustaumlndig was Art 87 Abs2 IPRG widerspricht ein deutsches Urteil wird nach Art 96 IPRG nicht anerkannt die deutsche Zustaumlnshydigkeit widerspricht auch der Sicht des englischen Rechts UK ist fuumlr ches Vermoumlgen zustaumlndig und uumlberlaumlsst Frankreich die Zustaumlndigkeit Grundstuumlcke die Schweiz anerkennt UK-Urteile nach Art 96 IPRG

Es waumlre zu begruumlssen wenn die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO zuruumlckshyhaltend verwendet wird Denkbar waumlre dass der Gesetzgeber eine konkrete Schranke einbauen wuumlrde (zB mindestens 10 des Nachlasses )147 Teilweise

144 vorne 211 cl

_

__

145 ~E (FN 100) RIW 2012 604 verhindert die Anll11uumlpfung am fruumlheren gewoumlhnlichen diese Zustaumlndigkeit vom Stigma eines exorbitanten Gerichtsstands

146 DORMANN Das schwei7-crische internationale Privatrecht lind die europaumlische Erb-rlaquo~h-Mlm im Vergleich in Die EU-Erbrechtsverordnung NI 6502012 und deren Ausshy

lerse Laumlnder hrsg v der Europaumlischen Anwaltsvcreinigullg cV (DACH) Zuumlrich 2014 S 86 Ivo SCIIWANDER Die Behandlung internationaler Erbfaumllle mit Hinweisen fuumlr die internationale Nachlassplanung in Nachlassplanung und Nachlassteilung hrse v Schmid Zuumlrich 2014 S493 CHAIPUISPERRIN (FN 142) Notex 2014 30 (FN 130) S 110 f BONOMI (FN 128) SJ 2014 Ir 417 ff

147 WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014 170 bemerken zu kriterien wenig hilfreich sind MrCHELLE KALTUr-lL (FN Nachlassvermoumlgen von einilcl11 Gewicht vorlieeen muumlsse

Kuumlnzle

137 136 Teil 2 Vertiefung

schafft Art 10 EuErbVO auch Konflikte mit dem bestehenden Recht der Mitshygliedstaaten wie das Beispiel von Oumlsterreich (sect 150 AuszligStrG) zeigt 148

Wenn ein Erblasser vermeiden will dass Art 10 EuErbVO zur Anwendung kommt muss er zufaumlllige und unnoumltige zustaumlndigkeitsbegruumlndende Beruumlhshyrungspunkte zu einem Mitgliedstaat zu Lebzeiten beseitigen149 sprich sein Vermoumlgen aus dem Mitgliedstaat abziehen

d) Fuumlr den Fall dass ein Verfahren in einem Drittstaat unmoumlglich oder unzushymutbar wird schafft Art 11 EuErbVO eine Notzustaumlndigkeit 15o Verlangt wird ein ausreichender Bezug zum Mitgliedstaat Gedacht ist etwa an den Fall des Stillstands der Rechtspflege dann soll das Verfahren nach Art 10 Abs2 EushyErbVO auf das Ausland ausgedehnt werdenlS1

e) Fuumlr den Fall dass Entscheidungen von Mitgliedstaaten in einem Drittstaat keine Aussicht auf Anerkennung oder Vollstreckung haben kann das Verfahren im Mitgliedstaat auf den europaumlischen Nachlass beschraumlnkt werden (Art 12 EuErbVO) In diesem Zusammenhang ist Liechtenstein zu erwaumlhnen152 welshyches nur mit der Schweiz153 und Oumlsterreich154 Vollstreckungsabkommen abgeshyschlossen hat (ersteres regelt die Zustaumlndigkeit nicht umfassend155 und letzteres

auf Erb- und Verlassenschaftssachen keine Anwendung Art 1 Abs3 Ziff 3)156 weshalb fuumlr die meisten Staaten eine Vollstreckung ausgeschlossen

bzw nur das Rechtsoumlffnungsverfahren (Art 49 ff RSO) bleibt welches zu einer Aberkennungsklage und damit einer inhaltlichen Pruumlfung in Liechtenstein fuumlhrt ISS

148 VgL ENA-MARLISBAJONS Zustaumlndigkeit und anwcndbares Recht in Erbsachenin Europaumlische Erbrechtsverordnung v Martin Schauer und Elisabcth Scheuba Wicn2012 S 40 149 WEISSIBIGLER (FN 92) successio 2014 178 150 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 12 151 VgL DUTTA (FN 85) Art 11 EuErbVO N 1

152 Vgl dazu HANS RAINER KUumlNZLE Vermoumlgensschutz mit liechtensteinischen Strukturell aus schweizerischer Sicht in Handbuch des Vermaumlgensschutzes hrsg v Francesco Schurr Wien2015 N 92 ff

153 Vg1 Abkommen vom 25 Aplil1968 zwischen dem Fuumlrstentum Liechtellstein und der Schweizeshyrischen Eidgenossenschaft uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entshyscheidungen und Schiedsspruumlchen in Zivilsachen (LR 027691011 I SR 0276141)

154 Ygl Abkommen vom 5]uli 1973 zwischen dem Fuumlrstentum Licchtenstein und der Osterreich uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen EntseheidungcSchiedsspruumlchen Vergleichen und oumlffentlichen Urkunden (LR 027691021)

155 Vgl MARIO FRICK Asset Protection und Zivilprozess L1Z 33 (2012) 1322156 Vgl BERNHARD MOTAL Durchsetzung von Pflichtteilsanspruumlchen gegen eil

Stiftung ]EV 2013 53 MARIO FRICK Die Anerkennung und Vollstreckung auslaumlndischer Entshyscheidungen in Zivilsachen im Fuumlrstentum Liechtenstein St Gallen 1992 S 66

157 Vgl etwa OG 7 Rouml 20023 vom 220820021us amp News 200371 Ein auslaumlndisches Urteil (LGFreiburg iBr) ist mangels Staatsvertrag bzw gegenseitiger Anerkennung nicht vollstreckbar

158 VgL MARIO FRICK Sind auslaumlndische Urteile taugliche Urkunden fuumlr eine Rechtsaumlffnung in Liechtenstein Anmerkungen zum Beschluss des liechtensteinischen Obergcrichts vom22082002 zu 7Rouml 20022]us amp News 2003710 f

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

34 Anwendbares Recht

a) Waumlhrend das IPRG grundsaumltzlich auf den Wohnsitz abstellt 159 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 160 Diese beiden Kriterien sind haumlushyfig aber nicht immer deckungsgleich 161 Damit duumlrften die meisten bestehenden Konfliktfaumllle welche auf die Anwendung des Staatsangehaumlrigkeitsrechts zushyruumlckgehen verschwinden 162 Es macht durchaus Sinn dass der Erblasser seine tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse in der letztwilligen Verfuumlgung festhaumllt (confessio iushyris)163 Von einer Rechtswahl durch Verschiebung des gewoumlhnlichen Aufentshyhaltsorts ist aufgrund der damit verbundenen Rechtsunsicherheit abzurashyten164 Die Anwendung der EuErbVO in der Schweiz und damit die Auslegung von Art 91 Abs 1 IPRG wird noch einiger Priizisierungen beduumlrfen 165 Ein geshywisses Konfliktpotentialliegt darin dass es in der Schweiz neben dem Erbstatut auch noch ein EroumlffnungsstatutiMgt gibt 167

b) Nach dem IPRG kann der Erblasser sein Heimatrecht im Zeitpunkt des Toshydes waumlhlen168 nach der EuErbVO kann der Erblasser sein Staatsangehoumlrigkeitsshyrecht im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes waumlhlen 169 Auch hier beshysteht weitgehende (aber nicht vollstaumlndige) Uumlbereinstimmung Die Wahl des Heimatrechts kann aus schweizerischer Sicht zu einer Verlagerung der Zustaumlnshydigkeit in die Schweiz fuumlhren (Art 87 Abs 2 IPRG) und damit moumlglicherweise

nach kantonalem Recht) zu einer Anwendung der Erbschaftssteuer in der 170 Wenn beim Erblasser Anknuumlpfungspunkte mit mehreren Laumlndern

bestehen sollte er sich in der letztwilligen Verfuumlgung zum anwendbaren Recht aumlussern selbst dann wenn er kein Recht waumlhlen moumlchte i71 Seitens der EU wird bedauert dass nicht auch noch das Recht des gewoumlhnlichen Aufenthaltsorts im Zeitpunkt der Testamentselrichtung lind das Guumlterstatut gewaumlhlt werden

159 160 161 162

163 164

165

166 167 139) AJP 20141098 168 169 170 Vgl WElSSB1GLER (FN 92) successio 2014 178 zu einem Formulierungsbeispiel vgJ JUTTA

MUumlLLER-LuKOSCHECK Die neue EU-Erbrechtsverordnung Essen 2013 sect 4 N 26 171 VgJ WEISsBJGLER (FN 92) succcssio 2014 177 f

Kuumlnzle

vorne 12 I a) vorne 221 b)BONOMrlOumlZTORK (FN 127) ZVglRWiss 201523 f DORMANN (FN 146) S 84 PllIlIlPE FRESARll Lc nouvcau Rcglcrnem CUlopccn de sllccession

N 40 ff ALEXANDER PFEIFFER Andenmgcn des Erbstatuts dur aus schweizerischer Sicht successio 2010 320 L dennoch kann ein

ganz ausgeschlossen werden vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 20141098 Zu V~1 WmssBIGlERMltglicdstaat Art Vgl SClIWANDER _ auf Erblasser lnit lItthU~Ptjlt1l~hrgttmiddot

91 Abs 1 IPRG gleichermassenStaatsangehoumlrigkeit anwendshy

bar ist) VgJ vorne 122 VgJ SCHWANDER Vgl vorne 121 Vgl vornc 222

139 138 Teil 2 Vertiefung

kann 172 Aus schweizerischer Sicht sind wir froh daruumlber weil zusaumltzliche Wahlmaumlglichkeiten weitere Konflikte schaffen wuumlrde

c) Die ErbVO regelt nicht wie das anzuwendende Fremdrecht festzustellen ist und welches Recht angewendet wird wenn es nicht feststellbar isc173 In Deutschland ist auslaumlndisches Recht von Amtes wegen festzustellen die Parteien haben das Gericht zu unterstuumltzen und es koumlnnen Sachverstaumlndige beigezogen

174werden Schwer feststellbares Recht kann ev uumlber das Mutterrecht erschlosshysen werden (2GB BGB ce common law) ansonsten gilt die lex fori

d) Ein Konfliktpotential besteht bei Doppe1buumlrgern 175 Diese sind in der Schweiz von einer Wahl des Heimatrechts ausgeschlossen 176 waumlhrend Mehrshystaatler in der EU das Recht waumlhlen duumlrfen dem sie zur Zeit der Rechtswahl oder im Zeitpunkt des Todes angehoumlren (Art 22 Abs 1 Satz 2 EuErbVO)177

e) Eine Ruumlck- und Weiterverweisung (Renvoi) wird im schweizerischen Recht nur in den vom Gesetz vorgesehenen Faumlllen zugelassen (etwa Art 91 Absl IPRG)178 in der Erbrechtsverordnung dagegen in breiterem Umfang (Art 34 EuErbVO)Y9 Letzterer kommt vor allem dann vor wenn ein Drittstaatsrecht ~ eine andere Hauptanknuumlpfung (als den letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers) verwendet zum Beispiel das Staatsangehoumlrigkeitsprinzip180 Weil dies bei der Schweiz nicht der Fall ist181 duumlrfte dieser Unterschied kaum zu Problemen fuumlhren 18z

f) Eine Rechtswahl kann dazu fuumlhren dass Erb- und Guumlterrecht auseinanderfalshy[en Die Rechtsnatur des pauschalen Zugewinnanteils des uumlberlebenden Ehegatshyten von 11 (Art 1371 Abs 1 BGB) ist umstritten weil ein Anspruch basierend auf Guumlterrecht im Erbrecht abgegolten wird 183 Dieser Fall zeigt dass neben

172 Vgl WILKE (FN 100) RIW 2012606

173 Vgl KINGA M WEISSMANUEL BIGLER Wohnsitz oder gewoumlhnlicher Aufenthalt _ Die Anshywendungsprobleme der europaumlischen Erbrechtsverordnung im Rechtsverkehr mit der Schweiz Deutscher Anwaltsspiegel Spezial Maumlrz 2013 S 28 KALTUHL (FN 130) S 121 f

174 Vgl WALTER ERMANNHARM PETER WESTERMANN BGB 13 A) Koumlln 2011 Einl Art 3-47N 59 ff

17S VgJ SCI-WANDER (FN 139) AJP 20141096 BALZ HOumlSLYSTEFANIE DEBRUNNER Rechtswahl schweizerisch-deutscher Doppelbuumlrger bei der Nachlassplanul]g untermiddot Beruumlcksichtigung ~er EU-Erbrechtsverordnung Anwalts revue 2013 276 BONOMrOZTuumlRK (FN 127) ZVgIRWlss 201524 f

176 Vgl vorne 121 b) 177 Vgl vorne 222 178 Vgl vorne 121 g) 179 VgJ vorne 32 d) 180 Vgl DU11A (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 181 Vgl vorne 121 a) Wohnsitz als Anknuumlpfugskriterium182

Vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 2014 1096 welcher darauf hinweist dass heikle RenvoishyProbleme mit Frankreich Schweden und Deutschland kuumlnftig entfallen

183 Vgl HEINRICH DOumlRNER Die Abgrenzung des Erbstatllts vom Guumltcrstatut in Die Europaumlisc~e Erbrechtsverordnllng hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 NIl ff dIe hM geht Yon einer guumlterrechtlichen Qualifikation aus vgl etwa BGH FamRZ 2012 1871

Kuumlnzte

Die EuErbVO und die Schweiz

dem Erbrecht auch das Guumlterrecht der Ehegatten in der EU koordiniert werden sollte Ein Schritt in diese Richtung ist der Vorschlag KOM (2011])1262 184

35 Erbvertraumlge

a) Die Erbrechtsverordnung aumlndert nichts an der Beurteilung (Zulaumlssigkeit) von Erbvertraumlgen in den einzelnen Laumlndern Deshalb ist je nach Ziel[and sorgfaumlltig abzuklaumlren ob Erbvertraumlge (zwischen Ehegatten oder zwischen beliebigen Ershyben) zulaumlssig sind

Wenn deutsche Staatsangehoumlrige in die Schweiz kommen ist ihnen zu empshyallfaumlllige gemeinschaftliche Testamente (welche im schweizerischen

Recht nicht bekannt sind) durch einen Erbvertrag zu ersetzen IS5

36 Testamentsvollstrecker

a) In der Schweiz hat der Gesetzgeber die Anwendung des Eroumlffnungsstatuts vorgesehen (Art 92 Abs 2 IPRG) die Lehre wendet aber hauptsaumlchlich das Erbshystatut an 186 In der EU wendet man auf den Testamentsvollstrecker grundsaumltzshylich das Erbstatut an (Art 23 Abs 2 [ie f EuErbVO) laumlsst aus zwingenden Gruumlnden aber auch das Eraumlffnungsstatut zu (Art 29 Abs 1 EuErbVO)187 wohl der umgekehrte Weg gewaumlhlt wurde sollten diese beiden Loumlsungen ziemshy

(aber nicht vollstaumlndig) kompatibel sein

b) Die fuumlr den executor gedachte Ausnahme kann auch vom schweizerischen Recht in Anspruch genommen werden Das hat etwa zur Fo[ge dass die zwinshygend vorgesehene Aufsicht 188 fuumlr einen von einer schweizerischen Behoumlrde (nach deutschem Recht) eingesetzten Testamentsvollstrecker sich nach schweishyzerischem Recht richtet und die Aufsichtsbehoumlrde somit (im Gegensatz zu Deutsch[and wo es nur die Absetzung gibt [sect 2227 BGB]) Empfehlungen Weishysungen und andere sachdienliche Massnahmen anordnen kann 18

37 Nachlasszeugnisse

a) Es ist davon auszugehen dass die schweizerische Behoumlrden (Grundbuch)190 und Gerichte sowie Private (Banken und Versicherungen) das Europaumlische

184 Wesentliche Inhalte Zllstaumlndi~kcit des Nachlassgerichts (Art 3) Rechtswahl (Art 16 gemcinmiddot samer gew~hnlicher u~ent~a t gewoumlhnlicher Aufcnthal~ ~ines Ehegatten bei der Eheschliesshysung oder Staatsrtngehongkelt Cll1es Ehegatten) oder WSldlar (Art 17) erster gememsamer geshywoumlhnlicher Aufenthalt bzw gemeinsame Staatsangehoumlrigkeit bzw engste Verbundenheit

185 Vgl ODERSKY (FN 102) notar 20138 186 Vgl vorne 122 b) 187 Vgl vorne 224 188 Vgl VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 515 189 VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 536 ff 190 Das Europaumlische Nachlasszeugnis ist inhaltlich und funktionell gleichwertig wie die Erbbescheishy

nigung nach Art559 ZGB llnd deshalb auch im Grulldbuchverkehr zu akzeptieren vgl WEIsslBrGLER (FN 92) sllccessio 2014 193

Kuumlnzte

141 140

Teil 2 Vertiefung

Nachlasszeugnis191 ohne weiteres anerkennen werdenl92 auch wenn der Gutshyglaubensschutz (Art 69 Abs2 EuErbVO) schwaumlcher ausgestaltet ist als beim deutschen Erbschien193 Aus Gruumlnden des Verkehrsschutzes wird man dem Europaumlischen Nachlasszeugnis in der Schweiz houmlchstens die Wirkungen zuershykennen koumlnnen die eine Bescheinigung nach Art 559 Abs 1 ZGB haumlttel94 Zu

kann es kommen wenn ein Mitgliedstaat die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO begruumlndet oder in der Schweiz zuerst ein Erbschaftsverfahren eingeleitet wurde 195 Neben dem Europaumlischen Nachlasszeugnis bleiben die nashytionalen Erbfolgezeugnisse bestehen196 welche teilweise (weiterhin) einem Vollshystreckungsverfahren (Exequaturverfahren Art 25 ff IPRG) unterworfen sind 197

b) Beim umgekehrten Weg (Anerkennung der schweizerischen Erbbescheinishygung im Ausland) erwarte ich zusaumltzliche Hindernisse weil die sehr detaillierte Regelung des Europaumlischen Nachlasszeugnisses (Art 68 EuErbVO) dazu wird dass die (aufgrund kantonaler Gesetzgebung) sehr uneinheitlichen und teilweise nur mit rudimentaumlren Angaben versehenen schweizerischen Erbbeshyscheinigungen (ohne Ehevertrag ohne Nachlasswerte ohne Erbquote) je

191 Vg1 vorne 37 192

Ebenso CA1HERINE GRUN MEYERrrHOMAS SPRECHER Aspekte der neuen EU-Erbrecbtsshyverordnung und ihres Bezugs Zur Scbweiz ZBGR 2015156 WErssBIGLER (FN 92) successio 2014192 BONOMI (FN 128) S] 2014 II 399 f

193 Vgl dazu KNUTWERNER LANGE Das Europaumliscbe Nachlasszeugnis Die Europaumlische Erbshyrechtsverordnung brsg v Anatol Dutta und Sebastian 2014 N 26 anders als im deutschen Recht schadet grobe Fahrlaumlssigkeit

194 SCHWANDER (FN 139) A]P 20141103 195

Vgl WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014192 SCHWANDER (FN 139) A]P 2014 1103 196

VglCHRISTOPH DORSEL Europiiische Ebrechts~erordnllng und Europaumlisches Nac~lasseu~shyms m Erbfalle unter Geltung der EUlOpiJschen Erbrechtsverordnung hrsg v Martm Lohmg ua Bielefdd 2014 S 51 fE

197 Zur Wirkung innerhalb der EU vgl DU1TA (FN 105) IPRax 2015 38 Wirkung als nach Art 3 Absl lit g EuErbVO fuumlr Erbausweise nach kontradiktorischem Verfahren Wirkung nach Art 59 EuErbVO fuumlr Erbausweise in Form einer oumlffentlichen Urkunde

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

je weniger akzeptiert werden198 Dabei allerdings Deutschland welches ausshylaumlndische Erbfolgezugenisse schon heute durchwegs ablehnt 199 nicht als Reshyferenz verwendet werden 2OO

38 Zwingende Bestimmungen

Wie vorne201 dargestellt wendet die Schweiz die Bestimmungen des baumluerli shychen Bodenrechts (BGBB) und uumlber den Grundstuumlckerwerb durch Personen im Ausland (BewG) als zwingende Bestimmungen an Ob diese Regeln auch Erbfaumlllen mit EU-Bezug zur Anwendung kommen haumlngt davon ab ob Art 30 EuErbVO auch auf Drittstaaten zur Anwendung kommt202 was zu ist20)

39 Weitere Bereiche der Erbschaftsplanung

Schliesslich ist daran zu erinnern zur umfassenden Erbschaftsplanullg auch das Eheguumlterrecht gehoumlrt und immer mehr auch Verfuumlgungen unter Lebenden ershyfasst (insbesondere im Rahmen der Unternehmensnachfolge) sowie (weiterhin) Strukturierungen mit Gesellschaften Stiftungen und Trusts Alle diese Bereishyche werden von der EuErbVO nicht erfasst204 und werden somit weiter von den nationalen Kollisionsregeln beherrscht205 Es bleibt somit noch viel Raum fuumlr weitere Harmonisierung

198 (39) AJP 20141103 weist auf den houmlheren Oualitiitsstandard in der EU hin schweizerische Recbt (Art 559 ZGB) zu

199 Vgl ULRrCH HAAS Internationales Verfahrensrecht in Erbsachen in Erbrecht in Ellropa hrsg v Rembert Suumlss 2 A Angclbachtal 2008 N 54 Begruumlndet wird dies damit dass einem dem deutschen Erbschein nachgebildeten auslaumlndischen Erbnachweis keine prozessrcchtli Wirkungen insbesondere keine Rechtskraft- oder GestaltungswirklIng zukommt anders schieden hat das LG Muumlnchen 28 0 243110 bei einem tuumlrkischen Erbschein was von

Auslaumlndischer Erbschein fuumlr Nachlass in Delllschland IPRax 2013241 H) aber tuumlrkischer Erbschein die Person an die man leisten kann nicht ohne

200 Allerdings ist die Anerkennung von nationalen crDlolgezcugmsscn ganz noch nicht sehr gekommen vgl PETER BREITSCHMIDCHRISTELLE HAAS Impacts tur reglelTIcnt europeen en matierc de successions sur le droit suisse in Succcssions internationashyles hrsg v Andrea BonomiChristina Schmid GencvelZurichBRle 2010 S 134 mit Verweis auf einen Bericht des Max-Planck-Instituts vom 26032010

201 Vgl vorne 112 202 Vgl KALTUHL (FN 124) S [JO f 203 VgL DurrA (FN 85) Art 30 EuErbVO N 7 204 Vgl STEPHANIE HERZOG Die EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) ErbR 2013 4

TANZE FISCHER-CZERMAK Anwendungsbereich in Europaumlische Elbrechtsverordnung nrs v Martin Schauer und Elisabeth Scheuba Wien 2012 S 25 H MUumlLLER-LuKOSCHEK (FN sect 2 N 47 ff

205 VgJ etwa ALEXANDER PFE1FFER Nachlassplanung deutsch-schweizerischer (Diss Leipzig) Regensburg 2011 S 259 ff

Kuumlnzle

Page 4: Tagungsband 8. Deutscher Testamentsvollstreckertag · 2015. 12. 7. · 28.06.2010 Erw. 3.1: Frankreich befasst sich nicht mit ausländischen Liegenschaften _ ein Gut 21 Vgl. Art.

120 121 Teil 2 Vertiefung

Dritte sich diese nicht entgegenhalten lassen muumlssen25 Dasselbe gilt tur eme Einlassung und ein Schiedsgericht26

112 Sonderregeln fuumlr Grundstuumlcke

a) Die Regeln des baumluerlichen Erbrechts27 gelten als zwingende Regeln des schweizerischen Rechts im Sinne von Art 18 IPRG (lais dapplication immediashyte) und kommen auch dann zur Anwendung wenn ein Nachlass auslaumlndischem Erbrecht untersteht28 Um diese Regeln durchzusetzen wird auch eine schweishyzerische Zustaumlndigkeit benoumltigt es sei denn der auslaumlndische Staat beachte Regeln selbst29 Eine klare gesetzliche Grundlage fehlt dafuumlr

b) Entsprechendes (zwingendes Recht und damit zwingende Zustaumlndigkeit) gilt fuumlr die Durchsetzung der Lex Koller31 welche den Erwerb von Grllndstuumlcken durch Personen mit Wohnsitz im Allsland regelt

113 Aufgrund von Staatsvertraumlgen

a) Die Zustaumlndigkeit fuumlr erbrechtliche Verhaumlltnisse wird in Zustaumlndigkeits- und Vollstreckungsabkommen geregelt J2 Der Staatsvertrag mit dcn USA33 sieht in Art VI fuumlr Klagen einen Gerichtsstand am Lageon der Immobilie und a111 Lashygeort der Mobilien vor was heute als W o11llsitz des Erblassers ausgelegt

25 BSK-SCHNYDERLIATOWITSCH (FN 3) Art 86 IPRG N 20 Da das Gesetz An 87 Abs 2 bezuumlglich Grundstuumlcken) regelt und im Uumlbrigen eine di

OC[allllerte Verteilung der internationalen Zustaumlndigkeit vorsicht besteht mE kein weiterer Spielraum mehr fuumlr einseitige Abweichungen von der Rcgclzustaumlndigkcit durch die Erblasscrin oder den Erblasser

26 Zur Foumlrderung in der Schweiz ein Vcrcin gewlinder vgL den Tagungsband einer 20 II in hrsg v Hans Rainer Kuumlnzle Zuumlrich

2012)

27 Vgl insbesondere Art 11-24 BG vom 4 Oktober 1991 uumlber das baumlucrliche Bodcnrccht (BGBB) SR 21141211

28 Vgl Ivo SCHWANDER in das Internationale Privatrecht Zweiter Band Besonderer Teil St GallenLachen 1997 Rn

29 Etwa gestuumltzt auf eine Art 19 oder Art 86 Abs 2 IPRG vergleichbare 30 Art 86 Abs 2 IPRG ist analog anzuwenden vgl SCHWA NJl ER (FN 16) S 16 f 31 Vgl Art 7a BG vom 16 Dezember 1983 uumlber den Erwerb von Grundstuumlcken durch Personen

im Ausland (BewG) SR 21141241 zur Entwicklung von der Lex von Moos bis 7llr Lex Koller vgl PETER R BURKHALTERISTEPAN GRAP-PADILLA Immobilienerwerb unter besonderer Beshyruumlcksichtigung des Erwerbs durch Auslaumlnder in Immobiliencrwcrb unter bcsonderer Beluumlckshysichtigung des Erwerbs durch Auslaumlnder hrsg v der Europaumlischen Anwaltsvereinigung eV (DACH) Zuumlrich 2010 S 121 ff

32 Vgl GOumlKSUOLANO (FN 13) Art 86lPRG N 2 HEINI (FN 3) Vor Art 86-96 IPRG N 25 33 Vgl Vertrag vom 25 November 1850 zwischen der Schweizerischen Eidgcnossensehaft und den

Vereinigten Staaten von Nordamcrika (SR 0142113361)

34 VgL TINA WUumlSTEMANNRAIHAEL CICA Der schweizerisch-amcrikanische Erbfall succcssio 2013 168 H HEINI (FN 3) Vor Art 86-96 IPRG N 26 BSK-SCHNYDERLlATOWITSCH (FN 3) Art 86 IPRG N 25 Entgegen dem Wortlaut des Vertrages geht die herrschende Aufshyfassung dahin dass die Gerichte desjenigen Staates zustaumlndig sein sollen in welchem der Erblasshyser seinen letzten Wohnsitz gehabt hat BGE 43 I 86 L soweit bewegliches Vermoumlgen in Beshytracht faumlllt das Land des letzten Wohnsitzes des Erblassers

Kiinzle

Die EuErbVO und die Schweiz

Diese Bestimmung wird allfgrund der (spaumlter erlassenen) Regeln des schweizerishyschen Internationalen Privatrechts35 dahingehend ausgelegt dass auch Staatsbuumlrger eine Rechtswahl ausuumlben koumlnnen36

b) Verschiedene Niederlassungs- und Konsularvertraumlge 37 sehen Zustaumlndigshykeitsrege1n fuumlr die Staatsangehoumlrigen dr jeweiligen Laumlnder vor welche die Sishycherung des Nachlasscs die Orientierung uumlber den Eintritt des Erbfalles oder die Wahrung der Erbeninteressen betreffen Der Staatsvertrag von 1856 mit dem Grossherzog von Baden wurde aufgehoben aber die Schweiz hat die einseitige Erklaumlrung abgegeben wonach die schweizerischen Behoumlrden Artikel 6 des Staatsvertrages weiterhin allf Erbschaften anwenden werden sofern deren Teishylung aufgrund einer vor der Allfhebung des Staatsvertrages errichteten Ict7twilshyligen Velfuumlgung zu erfolgen hat38 Der Staatsvertrag mit Oumlstcrreich39 recc1t den Umgang mit dem Todesschein

c) Das Lugano-Uumlbereinkommen ist allf crbreehtliche Verhaumlltnisse nicht anshywendbar (Art lAbs 2 Ziff I LllgUuml)4o

114 Zustaumlndigkeit fuumlr die guumlterrechtliche Auseinandersetzung

a) Bevor es nach schweizerischem Recht -ur Erbteilung kommt ist die guumltershyrechtliche Auseinandersetzung vorzunehmen in welcher der Umfang des Nachshy

35 Vgl Art 90 Abs 2 IPRG 36 Vgl I-II(INI (FN 3) Vor Art 86-96 IPRG N 2( und Art 90

hei dcn USA auf (inell der 50 Staaten zu bezichen (Stale Law) 37 VJJl Staatsvertrag V0I116 Dezember 1856 mit dem

rci~ligigkcit und

38 39 40

Kiinzle

122 123 Teil 2 Vertiefung

lasses bestimmt wird Art 51 Iit a IPRG verweist fuumlr die guumlterrechtliche Ausshyeinandersetzung nach dem Tod eines Ehegatten auf die erbrechtlichen Zustaumlnshydigkeitsvorschriften von Art 86-89 IPRG (also Wohnsitz Heimatort und LageshyOrt)41 Diese besondere Zustaumlndigkeit geht der allgemeinen Zustaumlndigkeit (Art 51 lit c IPRG) vor und sie kommt auch dann zur Anwendung wenn die Erben sich einig sind und die Streitfragen sich auf die guumlterrechtliche Auseinanshydersetzung beschraumlnken42

b) Von dieser Regelung wird abgewichen wenn es zur Nachlassspaltung kaumlme (Art 58 Abs 2 IPRG) oder auslaumlndische Grundstuumlcke betroffen sind (Art 86 Abs2 IPRG)43 oder wenn abweichende Vereinbarungen (Art 5 IPRG) getrofshyfen wurden

12 Anwendbares Recht

121 Erbstatut

a) Auf den (weltweiten)44 Nachlass ist schweizerisches Recht anwendbar wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz in der Schweiz45 hatte (Art 90 Abs 1 IPRG)46

b) Ein (in derSchweiz wohnhafter) Auslaumlnder47 kann (fuumlr seinen ganzen Nachshy I

lass)48 sein (auslaumlndisches) Heimatrecht waumlhlen sofern er nicht auch Schweizer Buumlrger geworden ist (Art 90 Abs 2 IPRG)49 Eine solche Erklaumlrung wird in der Gerichtspraxis grosszuumlgig ausgelegt50 Diese Rechtswahl sollte moumlglichst beshystimmt erfolgen

51 und darf nicht rechtsmissbraumluchlich sein Die Ausschaltung

der schweizerischen Pflichtteile durch eine Rechtswahl des englischen

41 Vgl BRUumlCKNER (FN 9) S 52 GOumlKSuOLANO (FN 13) Art 86 IPRG N 5 42 Vgl SCHWANDER (FN 16) S 4 43 Vgl SCHWANDER (FN 16) S 6

44 Eine Ausnahme besteht wie bei der Zustaumlndigkeit (Art 86 Abs 2 IPRG) - fuumlr nusliindische Grundstuumlcke vgl BSK-SCHNYDERLrATOWITSCH (FN 3) Art 90 IPRG N

45 Der Wohnsitz bestimmt sich nach Art 20 IPRG

46 Vgl BGeL 5A_9102014 vom 18032015 Erw 23 BGer 5A_7382011 vom 10052012 Erw 21 abweichende Regeln (Heimatrecht) gelten fuumlr griechische iranische italienische und amerikanishysche Erblasser aufgrund der vorne (FN 37) erwaumlhnten Staatsvertraumlge vgl SlEHR (FN 9) sect 9 III 2 a

47 Doppelbuumlrgern steht diese Rechtswahl nicht offen vgl BSK-SCHNYDERLIATOWITSCH (FN 3) Art 92 IPRG N 21 f KlLIAS (FN 9) S 94

48 Eine Rechtswahl fuumlr einen Teil des Nachlasses ist nicht zulaumlssig vgl BSK -SCHNYDERI LIATOWlTSCH (FN 3) Art 90 IPRG N 15 H BUCHER (FN 14) ZBGR 69

49 Vl OGer ZH vom 18 Maumlrz 199B abgedruckt in BREITSCHMlDKUumlNZLE

das Gesetz aber keine ausdruumlckliche ErKlarunp

ER (FN 14) ZBGR69 (19gB) 148 50 Vgl BGE 115 III 35 51 Entgegen den ersten Entwuumlrfen

BSK-SCHNYDERLiATOWTSCH (FN 92 IPRG N 18 BUCHER (FN 14) ZBGR 69148

Kiinzle

Die EuErbVO und die Schweiz

weshalb auch geringere Pflichtteile (zB in Deutschland)54 hinzunehmen Die Rechtswahl bezieht sich im Zweifel auf das materielle Erbrecht55

c) Wenn der Erblasser im Ausland verstorben bestimmt grundsaumltzlich das auslaumlndische Kollisionsrecht das Erbstatut (Art 91 Abs 1 IPRG)56

d) Wenn die schweizerischen Behoumlrden und Gerichte am Heimatort nach Art 87 IPRG zustaumlndig sind kommt vorbehaltlich einer abweichenden Rechtswahl auch das schweizerische Recht zur Anwendung (Art 91 Abs2 IPRG)

e) Eine Rechtswahl ist nicht moumlglich wenn ein Staat fuumlr Grundstuumlcke die eishygene Zustaumlndigkeit vorschreibt (Art 86 Abs 2 IPRG) und die Anwendung eigeshynen Rechts vorbehaumllt

f) Welche Fragen zum Erbstatut gehoumlren regelt Art 92 Abs 1 IPRG Die grenzung zum Eroumlffnungsstatut ist nach wie vor nicht voumlllig geklaumlrt57 Zum Erbstatut gehoumlren alle Fragen des materiellen Erbrechts dh alle mit dem Erbrecht verbundenen Rechte und alle Voraussetzungen und Wirkungen von Klagen und Massnahmen welche mit der Verwirklichung dieser Rechte zusamshymenhaumlngen58 Ihm ist im Zweifel der Vortritt ZU lassen es sei denn eine sei mit dem Verfahren so verknuumlpft dass eine Trennung nicht mehr ist59 Zum Erbstatut gehoumlren etwa Eintritt Erbfalles Erbfaumlhigkeit Erbbcshyrechtigung60 und Erbanteile (gesetzliche Erbfolge) Pflichtteile Arten und Wirshykungen erbrechtlicher Verfuumlgungen (Erbeinsetzung Erbverzicht Enterbung Vermaumlehtnisse61 Auflagen Bedingungen) Umfang des Nachlasses62 Erwerb

Rechts) verstoumlsst grundsaumltzlich52 nicht gegen den ordre

52 Die Notlage in einem Einzelfall nn L bullbull I

einem andcren Ergebnis fuumlhrcn vgl HANS HANISCH reserve legale in Mclangcs Guy Plattet Lausanne 1985 hrsg v u a S 483

53 Vgl BGE 102 Il 140 f Es muss im LCllpUlIIU

Rechtswnhl In der Schweiz Dcutschland die

kritisch BUCHER (FN 14) ZszligGR 69 (1988) 150 zum Heimnuccht bestehen ansonsten dic

54 von 34 (Art 471 Ziff 1 ZGB) waumlhrend in von (nur) 112 habcn (sect 2303 Abs I BGB)

55 56 In

SlIHR (FN 9) sect 9 III 2 c auf Griechenland

der USAdie mit die USA gelten die Stlatsvertriige (FN 33 und 37) das Heimatrecht vorsehen vgl SlEI-IR (FN 9) sect 9

III 3 a 57 Vgl szligSK-SCHNYDERLfATOWflSCH (FN 3) Art 92 IPRG N 2 mwN 58 Vgl BUCHER (FN 14) ZBGR 69 (1988) 154 59 Vgl HEIN (FN 3) Art 92 IPRG N 5 60 Abgrenzung

Eherecht vgl BGE 111 II 16 (brasIllamsche genchtllcne Die Frage ob die guumlltig verheiratet war entscheidet das

desquite) 61 Abgrenzung Die Frage ob Tod des Erblassers direkt auf

und nicht nach dem Sachstatut anshy1994 Nr 125

BCiuumlnstiiten uumlbergeht

Kuumlnzle

124 Teil 2 Vertiefung

und Ausschlagung der Erbschaft Erbgang Erbrechts-Klagen Erbteilung Stelshylung der Erben vor und nach der Teilung (insbesondere Haftung der Erben)63 usw

g) Das schweizerische Internationale Privatrecht laumlsst den Renvoi (Ruumlck- und Weiterverweisung) nur zu wenn dieser vom Gesetz vorgesehen ist (Art 14 IPRG) wie etwa in Art 91 Abs 1 IPRG64

122 Eroumlffnungsstatut

a) Fuumlr die sichernden Massnahmen und die Nachlassabwicklung das Recht am Ort der zustaumlndigen Behoumlrde zur Anwendung (Art 92 Abs2IPRG)65

b) Zum Eroumlffnungsstatut gehoumlren etwa 66 Sicgelung und Inventar Testlshymentseroumlffnung Ausstellen der Erbbescheinigung Form der Ausschlagung das oumlffentliche Inventar amtliche Liquidation67 Verwaltung der Erbschaft Liquidashytionshandlungen die Mitwirkung der Erbteilungsbehoumlrden und die Stellung des Willensvollstreckers (Art 92 Abs2 IPRG) In der Lehre werden allerdings zushynehmend mehr Aspekte der Willensvollstreckung dem Erbstatut zugeordnet68

123 Erbvertraumlge

Erbvertraumlge unterstehen nach Art 95 IPRG dem Recht am Wohnsitz des sers zur Zeit des Vertragsabschlusses (Abs 1) Der Erblasser kann sein Heimatshyrecht waumlhlen (Abs2) Bei mehreren Verfuumlgenden (Erblassern) untersteht jede Verfuumlgung dem jeweils eigenen Statut69

62 Die Frage ob eine Sache vom Erblasser guumlltig erworben den vgl SIEHR (FN 9) sect 9 III 5 das Sachenrecht muss entscllCloen lasser guumlltig erworben wurde vgL BGE 94 II 297 das ObligatiollcnrCcI ein Bankguthabcn als Trust aus dem Vermoumlgen des Erblassers 79

63 Ob bei einem Auslandsbezug ein guumlltiger Anspruch gegenuumlber dem Erblasser bestand ist nach Obligationenrecht (und nicht Erbrecht) zu entscheiden vgl BGE 93 I1 379

64 Vgl Vgl MONICA MAumlCHLER-ERNESuSANNE WOLf-ME1IER Kommentar zu 13-19 IPRG in Baslcr Kommentar Internationales Privatrecht hrsg v Heinrich Honsel Nedim Peter Vogt und Anton K Schnyder 3 A BaselFrankfurt 2013 Art 141PRG N 14

65 Vgl BGel 5A]632012 vom 18032013 Erw 2 OGer ZH LF130068 vom 22042014 Erw 21 66 Vgl BSK-SCHNYDERLIATOWITSCH (FN 3) Art 92 IPRG N 8 BUCI-IER (FN 14) ZGBR 69

(1988) 154 KILIAS (FN 9) S 96

67 Vgl OGer ZH vom 21081998 abgedruckt bei BREITSCl-IMIDKONZLE (FN 1) S 158 f 68 V1 HANS RAINER KONZLE Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht Band

echt 1 Abteilung Die Erben 2 Tetlband Die Verfuumlgungen von Todes wegen 2 Illensvolistrecker (Art 517-518 2GB) Bern 2011 Vorbem zu Art 517-518 ZGB N 73

Beginn machte HEINI (FN 3) Art 92 IPRG N 22 f 69 Vgl BSK-SCHNYDERLIATOWITSCH (FN 3) An 95 IPRG N 5

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz 12S

124 Formstatut

Art 93 IPRG verweist fuumlr das Formstatut also fuumlr die Form des Testaments und Erbvertrags auf das Haager Uumlbereinkommen vom 5 Oktober 19617deg Eine letztwillige Verfuumlgung ist danach guumlltig wenn sie die Form des Heimatrechts des Wohnsitzrechts des Rechts ammiddotgewoumlhnlichen AufenthaltsOlt des Errichshytungsortsrechts oder des Lageortsrechts erfuumlllt

13 Anerkennung von auslaumlndischen Entscheiden und Urkunden

131 Direkte Zustaumlndigkeit

a) Die direkte Zustaumlndigkeit ist in Art 25 ff IPRG geregelt Danach werden auslaumlndische Entscheidungen in der Schweiz anerkannt wenn das zustaumlndige Gericht eine endguumlltige Entscheidung gefaumlllt hat und kein Verweigerungsgrund nach Art 27 IPRG vorliegt Der Nachweis der ErbensteIlung kann mit einem auslaumlndischen Ausweis gefuumlhrt werden welcher der Erbbescheinigung (Art 556-559 ZGB) gleichwertig istl

b) Puumlr Auskuumlnfte lind Verfuumlgungen uumlber Bankdepots und -kontos in der Schweiz werden der deutsche Erbschein und die oumlsterreichische Einantworshytungsurkunde ohne weitere Formalitaumlten akzeptiert72 Gleiches gilt fuumlr Ausweishyse des Probate Court aus England oder den USA fuumlr die executorsJ3 Die in Deutschland als Ausweis anerkannte Eroumlffnungsurkunde74 wird dagegen nicht von allen Banken akzeptiert

c) Fuumlr Auslaumlndische Erbfolgezeugnisse als Ausweis fuumlr Eintragungen im schweizerischen Grundbuch hat das Bundesamt fuumlr Justiz Regeln ausgearbeishytet75 welche fuumlr jedes Land konkret festhalten welche Erbfolgezeugnisse als gleichwertig (aumlquivalent) im Sinne von Art 559 ZGB (im Vergleich mit der Erbshybescheinigung) angesehen werden Danach wird der deutsche Erbschein

2358 H BGB) in der Schweiz ebenso anerkannt76 wie (bei klaren Verhaumlltnisshy

71 72

73 74 75

76

Kuumlnzle

127 126 Teil 2 Vertiefung

auch ein oumlffentlich beurkundetes Testament zusammen mit der Eroumlffshynungsurkunde

d) Auslaumlndische Erbfolgezeugnisse koumlnnen fuumlr vollstreckbar erklaumlrt werden (Art 28 iVm Art 31 IPRG) Das sog Exequaturverfahren wird vom kantonashylen Prozessrecht bestimmt und ist in der Regel summarischer Natur Dieses Vershyfahren wird etwa im Bankverkehr notwendig wenn der auslaumlndische Ausweis nicht akzeptiert wird Das ist haumlufig der Fall wenn der auslaumlndische Ausweis von einem Notar ausgestellt wurde77 Zudem gibt er territoriale Beschraumlnkunshygen So ist der Fremdrechtserbschein auf Deutschland begrenzt und die oumlsterreishychische Einantwortungsurkunde erfasst keine Liegenschaften im Ausland liches gilt fuumlr den letters testamentary und den letters of administrationl8 Diese territorialen Beschraumlnkungen werden in der Schweiz dann beachtet wenn sie sich aus dem materiellen Recht ergeben (Fremdrechtserbschein) nicht aber wenn sie sich aus Regeln des Verfahrensrecht ergeben (Einantwortungsurkunshy

e) Wenn im Ausland kein Erbfolgezeugnis ausgestellt wird oder dieses das in der Schweiz gelegene Vermoumlgen nicht erfasst ist in der Schweiz (im Rahmen eines Eroumlffnungsverfahrens) ersatzweise eine (schweizerische) Erbbescheinigung zu beantragen Die Zustaumlndigkeit richtet sich nach Art 87 und Art 88 IPRG Wurde im Ausland zwar ein Ausweis ausgestellt erfuumlllt dieser aber die fuumlr die Anerkennung notwendigen Anforderungen nicht muss gestuumltzt auf die Notzushystaumlndigkeit von Art 3 IPRG am Ort der gelegenen Sache oder an einem anderen Ort mit dem der Sachverhalt einen genuumlgenden Bezug aufweist eine Erbbeshyscheinigung beantragt werden

f) Bei Kollisionen von Erbrechtsausweisen aus mehreren Laumlndern kann Art 27 Abs2 lit c IPRG (iVm Art 31 IPRG) die Loumlsung bringen indem das zuerst in der Schweiz eingeleitete Verfahren80 Vorrang hat81

132 Indirekte Zustaumlndigkeit

Die indirekte Zustaumlndigkeit ist in Art 96 IPRG geregelt Nach Abs 1 lit a wershyden Urteile anerkannt wenn sie getroffen ausgestellt oder festgestellt worden sind im Staat des letzten Wohnorts des Erblassers oder im Staat dessen Recht er gewaumlhlt hat oder wenn sie dort anerkannt werden (sog Drittstaatsanerkenshy

77 Vgl I tANS KUHN Anerkennung und Wirkungen auslaumlndischer Erbauswcisc im schweizerischen Recht SZIER 12 (2002) 7

78 Vgl KUHN (FN77) SZIER 12 (2002) 25 79 Vgl KUHN (FN 77) SZIER 12 (2002) 26 f 80 In der Schweiz wird der Nachlass mit dem Tod des Erblassers automatisch eroumlffnet vgL Art 537

ZGB 81 Vd FlORIAN MARXER Das internationale Erbrecht Licchtensteins - Ein Vergleich mit dem

reichischen und schweizerischen Recht (Diss Zuumlrich) Vaduz 2002 S 141

KUnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

nung)82 Fuumlr Grundstuumlcke ist der Lageort massgebend (Art 96 Abs 1 lit b IPRG) gegebenenfalls ausschliesslich (Art 96 Abs 2 IPRG)

133 Staatsvertraumlge

Die Anerkennung und Vollstreckungauslaumlndischer Entscheide Massnahmen und Urkunden wird auch von Staatsvertraumlgen geregelt etwa im Verhaumlltnis zu Deutschland83 Diese enthalten aber regelmaumlssig nur Mindestnormen und gehen deshalb nicht uumlber Art 96 IPRG hinaus 84

2 Grundzuumlge der EuErbVO

a) Die Verordnung (EU) Nr 65012012 dcs Europaumlischcn Parlaments und dcs Rates vom 4Juli 2012 uumlbcr die Zustaumlndigkeit das anzuwcndcnde Recht die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung oumlffentlicher Urkundcn in Erbsachcn sowie zur Einfuumlhrung cines Europaumlischen Nachlasszeugnisses (EU-Erbrechts-Verordnung I EuErbVO)85 trat am t 7 August 2015 in Kraft (Art 84 EuErb VO)

b) Die EuErbVO ist direkt anwendbar und gilt fuumlr die Mitgliedstaaten Diese sind in der EuErbVO nicht dcfiniert Da Daumlnemark Irland und das Vereinigte Koumlnigreich sich nicht beteiligen gelten sie nicht als Mitgliedstaaten im Sinne der VerordnungY Obwohl erst nach der Verabschiedung der ErbVO zur EU geshystossen ist dagegen Kroatien ein MitgliedstaatB7

21 Zustaumlndigkeit

211 Grundregel

a) Art 4 EuErbVO regelt die Zustaumlndigkeit fuumlr saumlmtliche Erbsachen dh soshywohl fuumlr streitige Verfahren als auch fuumlr Verfahrcn der freiwilligen Gcrichtsbarshykeit sB Die Zustaumlndigkeit gilt zudem unabhaumlngig von der Nachlassbclegcnheit verhindert somit eine Nachlassspaltung

82 Vgl HEINI (FN 3) Art IPRG N 9 ff 83 Vgl Abkollll11en vom 2 November 1929 wischen

dcm Deutschen Reich uumlber die Anerkennung lind Vollstreckung _ Schiedsspruumlchen (SR 0276191361) zu weiteren StaatsvertrKgcn

dem Fuumlrstentum Liechtenstcin Schweden Spanien der Tschechoslowakischen Oumlsterreich vgl STElHEN

Basler Kommentar Internati r

und Anton K Schnydcr 3 A 84 Vgl 5mBR (FN 9) S 549 85 Vgl EU AbI NT L 201 S 107 zur Entstehungsgeschichte vgl ANATOLDUITA Kommentar zu

Art 1-84 EuErbva in Muumlnchener Kommentar zum Buumlrgerlichen Gesct7bueh Band 10 Intershynationales Privatrecht 16 A Muumlnchen 2015 Vor Art 1 EuErbVO N 5 ff

86 V gl Erwaumlgungsgruumlnde 82 und 83 87 Vgl DUTIA (FN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 14 88 Vgl DUTIA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 4

Kuumlnzle

127 126 Teil 2 Vertiefung

sen) auch ein oumlffentlich beurkundetes Testament zusammen mit der Eroumlffshynungsurkunde

d) Auslaumlndische Erbfolgezeugnisse koumlnnen fuumlr vollstreckbar erklaumlrt werden (Art 28 iVm Art 31 IPRG) Das sog Exequaturverfahren wird vom kantonashylen Prozessrecht bestimmt und ist in der Regel summarischer Natur Dieses Vershyfahren wird etwa im Bankverkehr notwendig wenn der auslaumlndische Ausweis nicht akzeptiert wird Das ist haumlufig der Fall wenn der auslaumlndische Ausweis von einem Notar ausgestellt wurde77 Zudem gibt er territoriale Beschraumlnkunshygen So ist der Fremdrechtserbschein auf Deutschland begrenzt und die oumlsterreishychische Einantwortungsurkunde erfasst keine Liegenschaften im Ausland Aumlhnshyliches gilt fuumlr den letters testamentary und den letters of administration7H Diese territorialen Beschraumlnkungen werden in der Schweiz dann beachtet wenn sie sich aus dem materiellen Recht ergeben (Fremdrechtserbschein) nicht aber wenn sie sich aus Regeln des Verfahrensrecht ergeben (Einantwortungsurkunshyde)9

e) Wenn im Ausland kein Erbfolgezeugnis ausgestellt wird oder dieses das in der Schweiz gelegene Vermoumlgen nicht erfasst ist in der Schweiz (im Rahmen eines Eroumlffnungsverfahrens) ersatzweise eine (schweizerische) Erbbescheinigung zu beantragen Die Zustaumlndigkeit richtet sich nach Art 87 und Art 88 IPRG Wurde im Ausland zwar ein Ausweis ausgestellt erfuumlllt dieser aber die fuumlr die Anerkennung notwendigen Anforderungen nicht muss gestuumltzt auf die Notzushystaumlndigkeit von Art 3 IPRG am Ort der gelegenen Sache oder an einem anderen Ort mit dem der Sachverhalt einen genuumlgenden Bezug aufweist eine Erbbeshyscheinigung beantragt werden

f) Bei Kollisionen von Erbrechtsausweisen aus mehreren Laumlndern kann Art 27 Abs2 lit c IPRG (iVm Art 31 IPRG) die Loumlsung bringen indem das zuerst in der Schweiz eingeleitete Verfahren80 Vorrang hat 81

132 Indirekte Zustaumlndigkeit

Die indirekte Zustaumlndigkeit ist in Art 96 IPRG geregelt Nach Abs 1 Ht a wershyden Urteile anerkannt wenn sie getroffen ausgestellt oder festgestellt worden sind im Staat des letzten Wohnorts des Erblassers oder im Staat dessen Recht er gewaumlhlt hat oder wenn sie dort anerkannt werden (sog Drittstaatsanerkenshy

77 Vgl HANS KUl-IN Anerkennung und Wirkungen auslaumlndischer Erbausweise im schwei~crischen Recht SZIER 12 (2002) 7

78 Vgl KUHN (FN 77) SZlER 12 (2002) 25 79 Vgl KUHN (FN 77) SZIER 12 (2002) 26 f 80 In der Schweiz wird der Nachlass mit dem Tod des Erblassers automatisch eroumlffnet vtL Art 537

ZGB

81 Vgl FLORIAN MARXER Das internationale Erbrecht Licchtensteins Ein Vergleich mit dem oumlsterreichischerr und schweizerischen Recht (Diss Zuumlrich) Vaduz 2002 S 141

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

nung)82 Fuumlr Grundstuumlcke ist der Lageort massgebend (Art 96 Abs 1 lit b IPRG) gegebenenfalls ausschliesslich (Art 96 Abs 2 IPRG)

133 Staatsvertraumlge

Die Anerkennung und Vollstreckung auslaumlndischer Entscheide Massnahmen und Urkunden wird auch von Staatsv~rtraumlgen geregelt etwa im Verhaumlltnis zu Deutschland83 Diese enthalten aber regelmaumlssig nur Mindestnormen und gehen deshalb nicht uumlber Art 96 IPRG hinaus 84

2 Grundzuumlge der EuErbVO

a) Die Verordnung (EU) Nr 65012012 des Europaumlischen Parlaments und des Rates vom 4 Juli 2012 uumlber die Zustaumlndigkeit das anzuwendende Recht die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung oumlffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einfuumlhrung eines Europaumlischen Nachlasszeugnisses (EU-Erbrechts-Verordnung I EuErbVO)85 trat am 17 August 2015 in Kntft (Art 84 EuErbVO)

b) Die EuErbVO ist direkt anwendbar lind gilt fuumlr die Mitgliedstaaten Diese sind in der EuErbVO nicht definiert Da Daumlnemark Irland und das Vereinigte Koumlnigreich sich nicht beteiligen gelten sie nicht als Mitgliedstaaten im Sinne der VerordnungH6 Obwohl erst nach der Verabschiedung der ErbVO zur EU geshystossen ist dagegen Kroatien ein MitglicdstaatH7

21 Zustaumlndigkeit

211 Grundregel

a) Art 4 EuErbVO regelt die Zustaumlndigkeit fuumlr saumlmtliche Erbsachen dh soshywohl fuumlr streitige Verfahren als auch fuumlr Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarshykeit H8 Die Zustaumlndigkeit gilt zudem unabhaumlngig von der Nachlassbelegenheit verhindert somit eine Nachlassspaltung

82 Vgl HEINI (lN 3) Art 96 [PIZe N 9 ff a3 VgL Abkomlllcn vom 2 November 1929 Iwischen dcr Schwcizerischcll Eidgenossenschaft

dem DcUtschen Rcich uumlber die Anerkennung lind Vollstredwng von gerich gen lind Schiedsspruumlchen (SR 02761913(1) zu weiteren Staatsvertraumlgen reich Italien lcl11 Fuumlrstentum Liechtcnstein Schweden Spanien de Tschechoslowakischen Republik und Oumlsterreich vgl STHIIIEN VllERIIROBERT K DAumlPPEN Kommentar zu Art 25shy32 IPRG Baslcr Kommentar Internationales Privatrecht hrsg v Heinrich HOllscIl Ncdim Peshyter Vogt lind Antol1 K Schnytkr 3 A Bascfrankfurt 2013 Art 25 IPRG N 18

B4 Vgl SmlfR (FN 9) S 549 85 Vgl EU AbI Nr L 201 S 107 zu Entstehungsgeschichte vgl ANATOt DlJlTA Kommentmiddot zu

Art 1-84 EuErbVO in Muumlnchcner KOlllmcntar wm Buumlrgerlichen Gesetzbuch Band 10 Intershynationales Privatrecht I ( A Muumlnchen 2015 Vor Art 1 EuErbVO N 5 ff

86 Vgl Erwaumlgungsgruumlnde 82 und 83 87 Vgl DUTrA (FN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 14 88 Vgl DunA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 4

Kuumlnzle

129 128 Teil 2 Vertiefung

b) Fuumlr den ganzen Nachlass zustaumlndig sind grundsaumltzlich die Gerichte am letzshyten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers (Art 4 EuErbVO) Abgestellt wird objektiv auf familiaumlre und soziale Bindungen und subjektiv auf den Bleishybewillen89 Da keine privatautonome Bestimmung moumlglich ist hat die Erklaumlrung des Erblassers in seiner letztwilligen Verfuumlgung nur eine beschraumlnkte Wirkung9o Es sind Faumllle denkbar dass kein oder mehrere gewoumlhnliche Aufenthaltsorte vorshyliegen91 Keine Verschiebung des gewoumlhnlichen Aufenthaltsorts bewirken Aufshyenthaltswechsel aus schulischen beruflichen und medizinischen Gruumlnden (Pfleshyge) sowie moumlglicherweise auch aus Altersgruumlndenmiddot (bei fehlender Integration I Mallorca-Rentner)92

c) Art 10 ErbVO sieht eine subsidiaumlre Zustaumlndigkeit am Ort der Nachlassbeleshygenheit vor welche umfassend (fuumlr den ganzen Nachlass) und zwingender Nashytur ist

93 Nachlassbelegenheit in einem Mitgliedstaat ist gegeben wenn sich (im

Zeitpunkt der Entscheidung)94 koumlrperliche Gegenstaumlnde (Sachen) in einem Mitshygliedstaat befinden Gegenstaumlnde oder Rechte in einem oumlffentlichen Register eines Mitgliedstaates verzeichnet sind (unbewegliche Sachen Schiffe Luftfahrshyzeuge oder Immaterialguumlterrechte) oder Forderungen mit einem Schuldner in einem Mitgliedstaat9s Der Erblasser muss zudem eine Beziehung CUl11 Bclegenshyheitsmitgliedstaat haben naumlmlich dessen Staatsangehoumlriger sein ([it a) oder inshynerhalb der vergangenen fuumlnf Jahre seinen gewoumlhnlichen Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat gehabt haben ([it b) Wenn eine solche Beziehung fehlt wird die Zustaumlndigkeit auf den inlaumlndischen Nachlass begrenzt (Abs 2))(

212 Abweichung im Fall einer Rechtswahl

a) Nach Art 5-9 EuErbVO besteht - zur Wiederherstellung des Gleichlaufs von forum und ius97 - die Moumlglichkeit von der Grundregel (Art 4 und Art 10 EuErbVO) abzuweichen und zwar immer dann wenn der Erblasser eine Rechtsshywahl getroffen hat (1) foumlrmliche Gerichtstandvereinbarung (Art 5 EuErbVO) (2) formlose Gerichtstandsanerkennung (Art 7 lit c EuErbVO) (3) Ermessensshy

89 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 4 Kindschaftsvcrfahrensrechts des EuGH keine che Wohnsitz

90 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 4 91 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 6 92 Vgl DENIS SOLOMON Die allgemeine Kollisionsnorm in Die EUlOpiiishy

sehe Erbreehtsverordnung hrsg v Muumlnchen 201417 ff KINGA M WEissMANUEi -CllC I-lcrausforshy

internationale Na ic1welzcr Sicht sllcccssio 2014 167 f(= zur Notariatspraxis Schweizcrischen Notarcnvcrband Muri 2015S 15

93 DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 7 94 DUTTA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 9 95 DUTfA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 6 96 DUITA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 13 ff 97 dazu WEIssBIGLER (FN 92) successio 2014 166

Kuumlnzle

Dic EuErhVO und die Schweiz

entscheidung des nach der Grundregel zustaumlndigen Gerichts (Art 6 lit a EushyErbVO) (4) Vereinbarung einer aussergerichtlichen einvernehmlichen Regelung (Art 8 EuErbVO) sowie (5) ruumlgelose Einlassung (Art 9 EuErbVO)

b) Die EuErbVO gestattet dem Erblasser keine einseitige Gerichtsstandsshywahl98 der Erblasser muss vielmehr darauf hoffen dass die Erben die ihnen zur Verfligung stehenden Moumlglichkeiten benuumltzen

22 Anwendbares Recht

221 Objektive Anknuumlpfung

Zustaumlndigkeit und anwendbares Recht (Art 4 und 21 EuErbVO) folgen dem Hauptanknuumlpfungspunkt (letzter gewoumlhnlicher Aufenthalt des Erblasshy

sers) womit ein Gleichlauf von forum und ius angestrebt wird

b) Nach Art 21 Abs 1 EuErbVO wird grundsaumltzlich auf den ganzen Nachhtss das Recht ltIm letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers angewendet (Erb-

Der letcte gewoumlhnliche Aufenthalt des Erblassers in Art 21 EuErbVO entspricht demjenigen von Art 4 ErbV099

c) In Art 21 Abs2 EuErbVO gibt es eine Ausweichklauscl wonach ein andeshyres Recht anzuwenden ist wenn zu diesem eine offensichtlich engere Bindung besteht Da auch die Bestimmung des gewoumlhnlichen Aufenthalts auf eine enge Bindung tbstcllt werden Ausnahmen selten vorkommen loa Dutta erwaumlhnt etshywa dass einer fehlgeschlagenen Rechtswahl zum Durchbruch verholfen oder ein Aufenthaltswechsel einer betreuten Person korrigiert werden kann 10I

222 Rechtswahl

Der Erblasser kann das auf den Nachlass anwendbare Recht (Erbstatut) in beshyschriinktem Umfang waumlhlen er kltlnn luumlmlich sein Staatsangehoumlrigkeitsrecht waumlhlen welches er im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes besass (Art 22

98 Vgl DUIlA (FN 85) Vor Art 4 ElIErbVO N 7[] 99 VgL DUTlA (FN 85) Art 21 EuErbVO N 4

100 Kritisch KNUTWERNER LANGE Das ErbkoUisionsrccht im nClIcn Entwurf eincr EU-ErbVO ZErb 2012 [62 FEIJX M WIlKE Das internationale Erbrecht nach der IlCllcn EU-Erbshyrcchtsvcrordnung RIW 2012 605

101 Vgl DUJ1A (lN 85) Art 21 EuErbVO N 6 weiter Faumllle sind Expats oder DiplomaIlshyteIl vgL WElSSBIGLElt (FN 92) sllcccssio 2014174

Kuumlnzle

131 130 T eil 2 Vertiefung

Abs 1 EuErbVO)102 Wenn der Erblasser mehrere Staatsangehoumlrigkeiten beshysitzt hat er die Auswahl 103 Die Rechtswahl betrifft stets den gesamten Nachshy

eine Teilrechtswahl ist nicht moumlglich104

223 Erbvertraumlge

Fuumlr Erbvertraumlge gilt nach Art 25 EuErbVO das zur Zeit der Errichtung massshygebende Recht (Abs 1) Erbvertraumlge sind nur in wenigen Laumlndern der EU zugeshylassen etwa in Deutschland und Oumlsterreich Darunter gehoumlren aber auch gegenshyseitige Testamente (Deutschland)105 und Gestaltungsmittel des franzoumlsischen (donation-partage institution contractuelle renonciationanticipee aIaction en reduction) und englischen Rechts (contract to make or not to make a will contract not to revoke or not to modify a will)106 Bei mehreren Verfuumlgenden muss der Erbvertrag nach beiden Erbstatuten zulaumlssig sein (Abs2) was geleshygentlich durch die Wahl des gemeinsamen Heimatrechts erreicht wird (Abs 3)107

224 Sonderrregelung fuumlr Nachlassverwalter

Nach Art23 Abs2 lit f EuErbVO unterstehen die Testamentsvollstrecker (und Nachlasspfleger nicht aber Nachlassinsolvenzverwalter) grundsaumltzlich dem Erbstatut108 Nach Art29 Abs 1 EuErbVO darf fuumlr Nachlassverwalter

102 Das kann wie folgt formuliert werden (1) Ich bin deutscher hen Aufenthalt in Deutschland Diesen will ich auch Staatsangehoumlriger und habe meinen gewoumlhnlichen Aufenthalt auf Mallorca Vorsorgshy

waumlhle ich fuumlr die Rechtsnachfolge von Todes wegen in mein gesamtes Vermoumlgen sowie die Frage der Rechtswirksamkeit dieses Testaments das deutsche Recht als mein Staatsangehoumlrigshykeitsrecht (3) Ich bin Buumlrger von Kappe Ebnat-Kappel SG (Schweiz) also schweizerischer Staatsangehoumlriger und habe meinen gewoumlhnlichen Aufenthalt in Konstanz (Deutschland) den ich auch bis zu meinem Tod beibehalten will Ich waumlhle hiermit fuumlr die Rechtsnachfolge VOn Toshydes wegen in mein ganzes Vermoumlgen sowie fuumlr die Frage der Rechtswirksamkeit dieses Testashyments das schweizerische Recht insbesondere das schweizerische Erbrecht als mein Staatsangeshyhoumlrigkeitsrecht vgl FELIX ODERSKY Die Europaumlische Erbrechtsverordnung in der Gestalshytungspraxis nOtar 20137

103 Vgl DUrrA (FN 85) Art 22 EuErbVO N 3 104 Vgl DUTTA (FN 85) Art 22 EuErbVO N 8 105 Das in Deutschland haumlufip verwendete gemeinschaftliche Testament ist in der

als im nationalen Recht In die Kategorie der Erbvcrtraumlge einzuordncn VGL ANATOL Die europaumlische Erbrechtsverordnung vor ihrem Anwendungsbeginn Zebn ausgewaumlhlteStreitstandsminiaturen IPRax 2015 35

106 Vgl ANDREABONOMIAzADI OumlZTUumlRK Das Statut der Verfuumlgung von Todes wegen (Art 24 ff EuErbVO) in Die Europaumlische Erbrechtsverordnung hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 N 60 nennen donation-partage

107 WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014 188 geben folgendes Formulierungsbeispiel Ich MilK Muster bin deutscher und schweizerischer Staatsbuumlrger Ich Manuela Muster bin deutshysche Staatsbuumlrgerin Fuumlr die Erbfolge in den gesamten Nachlass waumlhlt ein jeder von uns deutshysches materielles Recht unabhaumlngig vom On des jeweiligen gewoumlhnlichen Aufenthalts im Zeitshypunkt des Todes Fuumlr die Wirksamkeit und Bindungswirkungen dieses Erbvertrages soll insfc samt das deutsche materielle Recht gelten Dies verfuumlgt ein jeder von uns einzeln sowie wir belde

lsam und soweit zulaumlssig mit erbvertraglicher Bindungswirkung Die Bi s1ch soweit zulaumlssig auch auf die Wahl des anwendbaren Rechts erstrecken

108 Vgl DUTTA (FN 85) Art 23 EuErbVO N 23

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

ausnahmsweise bei der lex fori angeknuumlpft werden (Eroumlffnungsstatut) soweit dies zwingend notwendig ist Damit hat man vor allem an den executoradminishystrator des common law gedacht109

225 Formstatut

Fuumlr die Form gilt nach Art 27 EuEirbVO weitgehend 11 0das Haagcr Testashymentsformuumlbereinkommen vom 5101961111 Dies bedeutet im Wesentlichen dass die Form am Ort der Testamentserrichtung eingehalten werden muss

23 Anerkennung von Entscheidungen und Urkunden

a) Mit der Schaffung des Europaumlischen Naehlasszeugnisses (Art 62 EuErbshyVO) welches auch den Testamentsvollstrecker einschliesst ist die Anerkennung im EU-Raum gesichert und zwar ohne besonderes Verfahren (Art 39 Abs I EuErbVO) Es werden allerdings auch neue Probleme geschaffen so etwa die Abbildung des (deutschen) pauschalierten Zugewinnausgleichs welcher guumltershyund nicht erbrechtlicher Natur istl2

b) Die EuErbVO geht recht weit im Umsetzen von auslaumlndischen Entscheidunshygen Bei der Anwendung auslaumlndischen Rechts kann es vorkommen dass Vershyrichtungen umzusetzen sind welche das eigene Recht nicht kennt etwa eine Einantwortung nach oumlsterreichischem Recht eine family provision nach englishyschem Recht oder eine Gestaltungsmassnahme zur Durchsetzung von Pflichtteishylen Diese wurden in Deutschland gelegentlich als wesensfremd abgelehnt 113

was unter der Geltung der Eu ErbVO nicht mehr moumlglich ist j 14

24 Einfuumlhrungsgesetze

Obwohl die EuErbVO direkt anwendbar ist braucht es zur Umsetzung in den einzelnen Laumlndern besondere Vorschriften und regelmaumlssig auch Aumlnderungen des bestehenden nationalen Rechts Deutschland hat das Gesetz vom 29 Juni 2015 zum Internationalen Erbrecht und zur Aumlnderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Aumlnderung sonstiger Vorschriften (IntErbRVGEG) 115 gerashyde noch rechtzeitig vor Inkrafttreten der EuErbVO erlassen Die meisten Laumlnshyder haben noch kein derartiges Gesetz 116

109 85) Art 29 EuErbVO NI 10 Zu Unterschieden vgl DunA (FN 85) Art 27 EuErbVO N 4 ff

111 Vgl wwwhcchl1ctlllploadltcxtll_dpdf(26082015)SR 021 13121 112 Vgl DUrlA (FN 105) IPRax 2015 33 113 Vgl etwa BayObLGZ 1967197201 114 Vgl DUITA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 21 115 BGBl I S1042 fuumlr eine Kommentierung der neuen Regeln vgl Internationales Erbrecht

(EuErbVO I IntErbRVG) brsg v Walter Gier Andreas Koumlhler Ludwig Kroiszlig und Harald Wilsch Baden-Baden 2015

116 Zum oumlsterreichischen Erbrechtsaumlnderungsgesetz vom 30 Juli 2015 (BGBl I 872015) welohe am 112017 in Kraft tritt

Kuumlnzle

132 133 Teil 2 Vertiefung

3 Anwendung der EuErbVO auf die Schweiz

31 Vorbehalt bilateraler Abkommen mit Drittstaaten

a) Waumlhrend Staatsvertraumlge unter den Mitgliedstaaten mit dem Inkrafttreten der EuErbva aufgehoben werden117 bleiben Staatsvertraumlge der Mitgliedstaaten mit Drittstaaten grundsaumltzlich bestehen und haben Vorrang gegenuumlber den Regeln der Erbrechtsverordnung (Art 75 Abs 1 EuErbVO)118 Das bedeutet dass die

119 vorne erwaumlhnten Staatsvertraumlge mit Italien Griechenland und Portugal vorshy

bleiben12o

In den Staatsvertraumlgen mit Italien 121 und Griechenland 122 wird das Heimatrecht auf Erbfaumllle angewendet Wenn in einem Erbfall weitere EU-Staaten (ohne Staatsvertrag) involviert sind kann dies zu Problemen fuumlhren naumlmlich der Anwendung unterschiedlichen Rechts in den einzelnen Staaten123 Fuumlr Deutschland bleiben (unter anderem) die Staatsvertraumlge mit dem Iran mit der ehemaligen Sowjetunion und mit der Tuumlrkei bestehen 124

besteht auch fuumlr Haager Form-Uumlbereinkommen 125

117 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 20

118 Vgl REMBERT SOSS Der Vorbehalt zugunsten bilateraler Abkommen mit Drittstaatcll in Die Europaumlische Erbrechtsverordnung hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014N14mwN

119 Vgl vorne FN 37 120 Vgl Suumlss (FN 118) N 12

121 Zu Einzelheiten vgl TI NA WUumlSTEMANNLARISSA MADOLDA MARTINEZ Der schweierischshyitalienische Erbfall successio 2011 66 ff BGE 138 III 354 Erw 3 BGer 4A_582011 Pra 2012 NI 130 = ZBGR 2014174 Der Staatsvertrag laumlsst eine Rechtswahl BGE 136 HI 461 Erw 52153 = 4A_4212009 ZBGR 2012111 Der Staatsvertrag laumlsst BGer 5C212003 vorn 22072003 Erw 2 Der Staatsvertrag regelt die Frage der weshalb Art 86 H IPRG anzuwenden BGE 120 II 293 Der Staatsvertrag regelt der Eroumlffnung nicht weshalb Art 86 H anzuwenden sind BGE 99 II 246 Erw Staatsvertrag regelt die der Eroumlffnung nicht weshalb die schweizerischen Kollisiollsnorshymcn anwendbar sind ZR Nr 76 Erw II Vorsorgliche Massnahmcn bezuumlglich Nachlassguumlshytern in der Schweiz eines in Italien verstorbenen Italieners

122 Vgl BGE 94 H 5 Elw 2 Heimatrecht ist anwendbar

123 Aumlhnlich wie in den von SUumlSS (FN 118) N 16 ff genannten Beispielen Eclegenheit in einem anshyderen Mitgliedstaat gewoumlhnlicher Aufenthalt in einern anderen Mitgliedstat

124 Vgl DUTTA (FN 105) IPRall 2015 39 ANDREAS KOumlHLER sect 4 Internationales Privatrecht in Internationales Erbrecht (EuErbVO IntErbRVG) hrsg v Walter Gier Andreas Koumlhler Ludwig Kroiszlig und Harald Wilsch Baden-Baden 2015 Anhang zu sect 4 Art 8 Niederlassungsabshykommen vom 17 Februar 1929 zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien (RGBI 1930 II 1002) Anlage zu Art 22 (Nachlassabkommen) sectsect 13-15 17 und 19 KOllsularvcrshytrag zwischen dem Deutschen Reich und der Union der Sozialistischen Sowjctrepubliken vom 12 Oktober 1925 (RGBl1926 II 60) Art 19-20 und 24-29 Konsularvertrag zwischen der Bunshydesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom 25 April 1958 (BGBI 1959 n 233 weiterhin anwendbar gemaumlszlig gemeinsamer Erklaumlrung vorn 25081994) Art 3 und Art 8 Niederlassungsabkommen vom 12Januar 1927 zwischen dem Deutschen Reich und der Tuumlrkischen Republik (RGBI II 76 454) Art 16 und 20 Anlage zu Art 20 (Nachshylassabkommen) Konsularvertrag vom 28 Mai 1929 zwischen dem Deutschen Reich und der Tuumlrkischen Republik (RGB 11930 II S 748)

125 Vgl vorne FN 70 SOSS (FN 118) N 14

Die EuErbVO und die Schweiz

32 Anwendung der ErbVO auf Drittstaaten

a) Die Schweiz gchoumlrt zu den Drittstaaten (als Nicht-EU-Mitglied) ebenso wie das Vereinigte Koumlnigreich (UK) Irland und Daumlnemark welche nicht an der Erbrechtsverordnung teilnehmen126

b) Die Erbrechtsverordnung gilt an sich nur fuumlr die Verordnungsstaaten sie beshytrifft aber auch Erbfaumllle mit Bezug zu Drittstaaten (wie der Schweiz) was als erga mones-Wirkung bezeichnet wird 127 Allerdings gelten nicht alle Regeln der EuErbVO im Verhaumlltnis zu den Drittstaaten128 was durchaus zu Konflikten

kann Ein Bezug zu Drittstaaten kommt etwa vor 129 (1) wenn Dritt shystaatsangehoumlrige ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt in einem Verordnungsstaat hashyben (2) wenn Verordnungsstaatsangehaumlrige ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat haben (3) wenn ein Erblasser mit letztem gewoumlhnlichem Auf-

in einem Verordnungsstaat Vermoumlgenswerte in einem Drittstaat hintershylaumlsst und (4) wenn ein Erblasser mit gewoumlhnlichem Aufenthalt in einem Dritt shystaat Nachlasswerte in einem Verordnungsstaat hinterlaumlsst

(1) Ein Schweizer stirbt in Hamburg (2) ein Italiener stirbt in Lugano nach Oumlsterreich gezogener Franzose mit einem Haus in St Moritz (3)

lebender Hollaumlnder mit einem Haus in Mallorca

Ende 2012 betrug der Anteil der auslaumlndischen Staatsangehoumlrigen in der Schweiz mehr als 23 wobei der uumlberwiegende Teil aus Laumlndern der EU stammte und Ende 2011 hielten sich 703200 Schweizerinnnen und Schweizer im Ausland auf davon drei Fuumlnftel in Europa 130 Es besteht also ein grosses Potential fuumlr laumlnshyderuumlbergreifende Erbfaumllle mit Bezug zur Schweiz und EU Ob man die EuErbshyVO auch auf reine Drittstaatsachverhalte anwenden soll (etwa wenn nur Erben sich in der EU aufhalten) ist umstritten131 wohl aber zu verneinen

c) Nach Art 20 EuErbVO wird das Erbstatut auch dann angewendet wenn es sich nicht um das Recht eines Mitgliedstaates handelt Erwaumlgungsgrund 37 Eushy

126 86 zur Diskussion uumlber die Stellung der nicht teilnehmcnden Staaten Jaumlncmark welche aufkam weil die Definition aus dcr ErbVO gekippt wurde vgl EVA

LEIN Die Erbrechtsverordnung aus Sicht dcr Drittstaatcl1 in Die Europaumlische Erbrechtsvershyordnung hrsg v Anatol Dutta und Scbastian Herrler Muumlnchen 2014 N 7 ff DUTTA (PN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 15

127 ANDREA EONOMIIAlAD OumlzruumlRK Auswirkungen der Europaumlischen Erbrechtwerordshynung auf die Schweiz unter besondercr Beruumlcksichtigung deutsch-schweizerischer Erbfaumllle ZVglRWiss 2015 5

128 Vgl ANDREA BONOMI Le rcglcmcnt europccn sur les successions et SOll impact pour la Suisse SJ 2014 II 397 ff BONOMIIOZTUumllK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 5

129 Vgl NICOLE WILLlMANNGEORGIA FOTIOU Die Europaumlische Erbrechtsverordnung aus Sicht der Schweiz STH 2015 S 337 NIKITA GONTSCHAR EU Erbrechtsverordnung und schweizerishysches IPRG Norderstedt 2011 S 12 LEIN (FN 126) N 16

130 Vgl MICHELlE KALTMATIHIAS UHL Die EU-Erbrcchtsvcrordnung und die Schweiz in Eushyropaumlisierung der schweizerischen Rechtsordnung hrsg v Lukas Fahrlaumlnder und Reto A Heizshymann Zuumlrich 2013 S 106 Ende 2012 betrug die Wohnbevoumllkerung 8036917 Einwohner dashyvon hatten 1868962 Einwohner die auslaumlndische StaaQlangehoumlrigkeit

131 Vgl KALTUHl (FN 130) S 110 f r Kuumlnzle

~ Kuumlnzlel

I

135 134 T eil 2 Vertiefung

ErbVO ergaumlnzt dass das ganze Nachlassvermoumlgen dem Erbstatut (Aufenthaltsshyrecht nach Art 21 EuErbVO bzw Heimatrecht nach Art 22 EuErbVO) unter-

auch wenn es in einem Drittstaat gelegen ist132

d) Verweisungen auf das Recht eines Drittstaates sind nach Art 34 EuErbVO grundsaumltzlich als Gesamtverweisung zu verstehen Damit wird eine Ruumlck- oder Weiterverweisung (Renvoi) auf das Recht eines Mitgliedstaates (lit a) und auf das Recht eines (anderen) Drittstaates ermoumlglicht welcher die Verweisung anshynimmt 133 Es fragt sich weshalb der Renvoi in der Erbrechtsverordnung zugeshylassen wird obwohl dies im europaumlischen KoIlisionsrecht sonst nicht der Fall ist Die Antwort duumlrfte darin zu suchen sein dass im Erbrecht haumlufig das Vermoumlgen in verschiedenen Laumlndern liegt und der Renvoi versucht zu einer moumlglichst ein-

Loumlsung zu kommen134

33 Zustaumlndigkeit

a) Grundregel Waumlhrend das IPRG auf den Wohnsitz abstellt l35 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 136 Diese beiden Kriterien sind haumlushy

aber nicht immer deckungsgleich 137 Unterschiede entstehen vor allem des-weil beim Wohnsitz staumlrker auf subjektive Kriterien abgestellt wird waumlhshy

rend beim gewoumlhnlichen Aufenthalt die objektiven Kriterien im Vordergrund stehen 138 Erfreulich ist dass die Sonderanknuumlpfung fuumlr Immobilien etwa in Frankreich kuumlnftig dahinfaumlllt ~

b) Waumlhrend Erblasser nach dem IPRG seine Zustaumlndigkeit (in begrenztem Umfang) waumlhlen kann140 ist dies nach der EuErbVO nicht der Fall141 was ein gewisses Konfliktpotential darsteIlt 142 Die Wahl des Gerichtsstands ist nach Art 5 Abs 1 EuErbVO den betroffenen Parteien vorbehalten wobei nicht restlos klar ist was damit gemeint Die Erklaumlrung des Erblassers uumlber den

132 VgJ LErN (FN 126) N 17 133 VgJ DurrA (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 H 134 Vgl MICHAEL HELLNER Probleme des allgemeinen Teils des Internationalen

Die Europaumlische Erbrechtsverordnung v Anatal Dutta lind Sebastian Herrler 2014 N 12

135 Vgl vorne 111 b) (1) 136 Vgl vorne 211 b) 137 Vgl BONOMIIOumlZTUumlRK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 13 zu einem Vergleich der beiden Begriffe

vgl KALTUHL (FN 130) S 120 f 138 Vgl WmssBrGLER (FN 92) suceessio 2014 184 ff (mit einer Tabelle der moumlglichen FaumlHe im

Verhaumlltnis Schweiz-Deutschland) 139 Vgl IVOSCHWANDER Die EU-Erbrechtsverordnung A]P 20141090 140 Vgl vorne 111 b) (2) 141 Vgl vorne 212

142 Vgl szligENNOIT CHAPPurs]ULlEN PERRIN Le Reglement (UE) No 6502012 du Parlement eushyropeen er du Conseil du 4 juillet 2012 relatif ala compctence la loi applicable la reconnaissance et lexecution des decisions et lacceptation et lexecution des actes authentiques en matiere de successions et ala cnlation dun certificat successoral curopcen NotIex2014 33

143 Vgl DU1TA (FN 85) Art 5 EuErbVO N 6 ff

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

gewoumlhnlichen Aufenthalt in seinem Testament ist aus der Sicht der EuErbVO ein Ausgangspunkt aber nicht das Endergebnis Nicht selten wird uumlbersehen dass mit einer Veraumlnderung der Zustaumlndigkeit auch die Anwendung einer andeshyren Erbschaftssteuer verbunden sein kann

c) Die Ausnahmeregel von Art 10 ErbVOl44 laumlsst aus der Sicht eines Dritt shystaates (wie der Schweiz) die Befuumlrchtung aufkommen dass es sich um einen exshyorbitanten Gerichtsstand handelt145 der neue Konflikte schafft und zu einem forum running fuumlhrt 146 Das sollen zwei Faumllle zeigen

Fall 1 Ein Schweizer in der Schweiz mit einem Haus in Deutschland und einem Bankkonto in Oumlsterreich stirbt Das ist ein Fall von Art 10 Abs 2 EuErbVO (Vermoumlgen in der EU) Deutschland ist fuumlr das Haus zustaumlndig was mit Art 86 Abs2 IPRG uumlbereinstimmt ein deutsches Urteil wird nach Art 96 Abs 1 lit b IPRG anerkannt Oumlsterreich ist fuumlr das Bankkonto zustaumlndig was Art 86 Abs 1 IPRG widerspricht ein oumlsterreichisches Urteil wird in der Schweiz nach Art 96 rPRG nicht anerkannt die Schweiz ist fuumlr den restlichen Nachlass zustaumlndig was mit Art 86 Abs 1 IPRG vereinbar ist

Fall 2 Ein Schweizer in England der bis vor 4 Jahren in Deutschland lebte mit einem Haus in Frankreich und einem Konto in der Schweiz errichtet eine letztshywillige Verfuumlgung mit der Wahl des Heimatrechts (eH) Das ist ein Fall von Art 10 Abs 1 lit b (Aufenthalt vor weniger als 5 Jahren) Deutschland ist fuumlr den gesamten Nachlass zustaumlndig was Art 87 Abs2 IPRG widerspricht ein deutsches Urteil wird nach Art 96 IPRG nicht anerkannt die deutsche Zustaumlnshydigkeit widerspricht auch der Sicht des englischen Rechts UK ist fuumlr ches Vermoumlgen zustaumlndig und uumlberlaumlsst Frankreich die Zustaumlndigkeit Grundstuumlcke die Schweiz anerkennt UK-Urteile nach Art 96 IPRG

Es waumlre zu begruumlssen wenn die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO zuruumlckshyhaltend verwendet wird Denkbar waumlre dass der Gesetzgeber eine konkrete Schranke einbauen wuumlrde (zB mindestens 10 des Nachlasses )147 Teilweise

144 vorne 211 cl

_

__

145 ~E (FN 100) RIW 2012 604 verhindert die Anll11uumlpfung am fruumlheren gewoumlhnlichen diese Zustaumlndigkeit vom Stigma eines exorbitanten Gerichtsstands

146 DORMANN Das schwei7-crische internationale Privatrecht lind die europaumlische Erb-rlaquo~h-Mlm im Vergleich in Die EU-Erbrechtsverordnung NI 6502012 und deren Ausshy

lerse Laumlnder hrsg v der Europaumlischen Anwaltsvcreinigullg cV (DACH) Zuumlrich 2014 S 86 Ivo SCIIWANDER Die Behandlung internationaler Erbfaumllle mit Hinweisen fuumlr die internationale Nachlassplanung in Nachlassplanung und Nachlassteilung hrse v Schmid Zuumlrich 2014 S493 CHAIPUISPERRIN (FN 142) Notex 2014 30 (FN 130) S 110 f BONOMI (FN 128) SJ 2014 Ir 417 ff

147 WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014 170 bemerken zu kriterien wenig hilfreich sind MrCHELLE KALTUr-lL (FN Nachlassvermoumlgen von einilcl11 Gewicht vorlieeen muumlsse

Kuumlnzle

137 136 Teil 2 Vertiefung

schafft Art 10 EuErbVO auch Konflikte mit dem bestehenden Recht der Mitshygliedstaaten wie das Beispiel von Oumlsterreich (sect 150 AuszligStrG) zeigt 148

Wenn ein Erblasser vermeiden will dass Art 10 EuErbVO zur Anwendung kommt muss er zufaumlllige und unnoumltige zustaumlndigkeitsbegruumlndende Beruumlhshyrungspunkte zu einem Mitgliedstaat zu Lebzeiten beseitigen149 sprich sein Vermoumlgen aus dem Mitgliedstaat abziehen

d) Fuumlr den Fall dass ein Verfahren in einem Drittstaat unmoumlglich oder unzushymutbar wird schafft Art 11 EuErbVO eine Notzustaumlndigkeit 15o Verlangt wird ein ausreichender Bezug zum Mitgliedstaat Gedacht ist etwa an den Fall des Stillstands der Rechtspflege dann soll das Verfahren nach Art 10 Abs2 EushyErbVO auf das Ausland ausgedehnt werdenlS1

e) Fuumlr den Fall dass Entscheidungen von Mitgliedstaaten in einem Drittstaat keine Aussicht auf Anerkennung oder Vollstreckung haben kann das Verfahren im Mitgliedstaat auf den europaumlischen Nachlass beschraumlnkt werden (Art 12 EuErbVO) In diesem Zusammenhang ist Liechtenstein zu erwaumlhnen152 welshyches nur mit der Schweiz153 und Oumlsterreich154 Vollstreckungsabkommen abgeshyschlossen hat (ersteres regelt die Zustaumlndigkeit nicht umfassend155 und letzteres

auf Erb- und Verlassenschaftssachen keine Anwendung Art 1 Abs3 Ziff 3)156 weshalb fuumlr die meisten Staaten eine Vollstreckung ausgeschlossen

bzw nur das Rechtsoumlffnungsverfahren (Art 49 ff RSO) bleibt welches zu einer Aberkennungsklage und damit einer inhaltlichen Pruumlfung in Liechtenstein fuumlhrt ISS

148 VgL ENA-MARLISBAJONS Zustaumlndigkeit und anwcndbares Recht in Erbsachenin Europaumlische Erbrechtsverordnung v Martin Schauer und Elisabcth Scheuba Wicn2012 S 40 149 WEISSIBIGLER (FN 92) successio 2014 178 150 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 12 151 VgL DUTTA (FN 85) Art 11 EuErbVO N 1

152 Vgl dazu HANS RAINER KUumlNZLE Vermoumlgensschutz mit liechtensteinischen Strukturell aus schweizerischer Sicht in Handbuch des Vermaumlgensschutzes hrsg v Francesco Schurr Wien2015 N 92 ff

153 Vg1 Abkommen vom 25 Aplil1968 zwischen dem Fuumlrstentum Liechtellstein und der Schweizeshyrischen Eidgenossenschaft uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entshyscheidungen und Schiedsspruumlchen in Zivilsachen (LR 027691011 I SR 0276141)

154 Ygl Abkommen vom 5]uli 1973 zwischen dem Fuumlrstentum Licchtenstein und der Osterreich uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen EntseheidungcSchiedsspruumlchen Vergleichen und oumlffentlichen Urkunden (LR 027691021)

155 Vgl MARIO FRICK Asset Protection und Zivilprozess L1Z 33 (2012) 1322156 Vgl BERNHARD MOTAL Durchsetzung von Pflichtteilsanspruumlchen gegen eil

Stiftung ]EV 2013 53 MARIO FRICK Die Anerkennung und Vollstreckung auslaumlndischer Entshyscheidungen in Zivilsachen im Fuumlrstentum Liechtenstein St Gallen 1992 S 66

157 Vgl etwa OG 7 Rouml 20023 vom 220820021us amp News 200371 Ein auslaumlndisches Urteil (LGFreiburg iBr) ist mangels Staatsvertrag bzw gegenseitiger Anerkennung nicht vollstreckbar

158 VgL MARIO FRICK Sind auslaumlndische Urteile taugliche Urkunden fuumlr eine Rechtsaumlffnung in Liechtenstein Anmerkungen zum Beschluss des liechtensteinischen Obergcrichts vom22082002 zu 7Rouml 20022]us amp News 2003710 f

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

34 Anwendbares Recht

a) Waumlhrend das IPRG grundsaumltzlich auf den Wohnsitz abstellt 159 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 160 Diese beiden Kriterien sind haumlushyfig aber nicht immer deckungsgleich 161 Damit duumlrften die meisten bestehenden Konfliktfaumllle welche auf die Anwendung des Staatsangehaumlrigkeitsrechts zushyruumlckgehen verschwinden 162 Es macht durchaus Sinn dass der Erblasser seine tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse in der letztwilligen Verfuumlgung festhaumllt (confessio iushyris)163 Von einer Rechtswahl durch Verschiebung des gewoumlhnlichen Aufentshyhaltsorts ist aufgrund der damit verbundenen Rechtsunsicherheit abzurashyten164 Die Anwendung der EuErbVO in der Schweiz und damit die Auslegung von Art 91 Abs 1 IPRG wird noch einiger Priizisierungen beduumlrfen 165 Ein geshywisses Konfliktpotentialliegt darin dass es in der Schweiz neben dem Erbstatut auch noch ein EroumlffnungsstatutiMgt gibt 167

b) Nach dem IPRG kann der Erblasser sein Heimatrecht im Zeitpunkt des Toshydes waumlhlen168 nach der EuErbVO kann der Erblasser sein Staatsangehoumlrigkeitsshyrecht im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes waumlhlen 169 Auch hier beshysteht weitgehende (aber nicht vollstaumlndige) Uumlbereinstimmung Die Wahl des Heimatrechts kann aus schweizerischer Sicht zu einer Verlagerung der Zustaumlnshydigkeit in die Schweiz fuumlhren (Art 87 Abs 2 IPRG) und damit moumlglicherweise

nach kantonalem Recht) zu einer Anwendung der Erbschaftssteuer in der 170 Wenn beim Erblasser Anknuumlpfungspunkte mit mehreren Laumlndern

bestehen sollte er sich in der letztwilligen Verfuumlgung zum anwendbaren Recht aumlussern selbst dann wenn er kein Recht waumlhlen moumlchte i71 Seitens der EU wird bedauert dass nicht auch noch das Recht des gewoumlhnlichen Aufenthaltsorts im Zeitpunkt der Testamentselrichtung lind das Guumlterstatut gewaumlhlt werden

159 160 161 162

163 164

165

166 167 139) AJP 20141098 168 169 170 Vgl WElSSB1GLER (FN 92) successio 2014 178 zu einem Formulierungsbeispiel vgJ JUTTA

MUumlLLER-LuKOSCHECK Die neue EU-Erbrechtsverordnung Essen 2013 sect 4 N 26 171 VgJ WEISsBJGLER (FN 92) succcssio 2014 177 f

Kuumlnzle

vorne 12 I a) vorne 221 b)BONOMrlOumlZTORK (FN 127) ZVglRWiss 201523 f DORMANN (FN 146) S 84 PllIlIlPE FRESARll Lc nouvcau Rcglcrnem CUlopccn de sllccession

N 40 ff ALEXANDER PFEIFFER Andenmgcn des Erbstatuts dur aus schweizerischer Sicht successio 2010 320 L dennoch kann ein

ganz ausgeschlossen werden vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 20141098 Zu V~1 WmssBIGlERMltglicdstaat Art Vgl SClIWANDER _ auf Erblasser lnit lItthU~Ptjlt1l~hrgttmiddot

91 Abs 1 IPRG gleichermassenStaatsangehoumlrigkeit anwendshy

bar ist) VgJ vorne 122 VgJ SCHWANDER Vgl vorne 121 Vgl vornc 222

139 138 Teil 2 Vertiefung

kann 172 Aus schweizerischer Sicht sind wir froh daruumlber weil zusaumltzliche Wahlmaumlglichkeiten weitere Konflikte schaffen wuumlrde

c) Die ErbVO regelt nicht wie das anzuwendende Fremdrecht festzustellen ist und welches Recht angewendet wird wenn es nicht feststellbar isc173 In Deutschland ist auslaumlndisches Recht von Amtes wegen festzustellen die Parteien haben das Gericht zu unterstuumltzen und es koumlnnen Sachverstaumlndige beigezogen

174werden Schwer feststellbares Recht kann ev uumlber das Mutterrecht erschlosshysen werden (2GB BGB ce common law) ansonsten gilt die lex fori

d) Ein Konfliktpotential besteht bei Doppe1buumlrgern 175 Diese sind in der Schweiz von einer Wahl des Heimatrechts ausgeschlossen 176 waumlhrend Mehrshystaatler in der EU das Recht waumlhlen duumlrfen dem sie zur Zeit der Rechtswahl oder im Zeitpunkt des Todes angehoumlren (Art 22 Abs 1 Satz 2 EuErbVO)177

e) Eine Ruumlck- und Weiterverweisung (Renvoi) wird im schweizerischen Recht nur in den vom Gesetz vorgesehenen Faumlllen zugelassen (etwa Art 91 Absl IPRG)178 in der Erbrechtsverordnung dagegen in breiterem Umfang (Art 34 EuErbVO)Y9 Letzterer kommt vor allem dann vor wenn ein Drittstaatsrecht ~ eine andere Hauptanknuumlpfung (als den letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers) verwendet zum Beispiel das Staatsangehoumlrigkeitsprinzip180 Weil dies bei der Schweiz nicht der Fall ist181 duumlrfte dieser Unterschied kaum zu Problemen fuumlhren 18z

f) Eine Rechtswahl kann dazu fuumlhren dass Erb- und Guumlterrecht auseinanderfalshy[en Die Rechtsnatur des pauschalen Zugewinnanteils des uumlberlebenden Ehegatshyten von 11 (Art 1371 Abs 1 BGB) ist umstritten weil ein Anspruch basierend auf Guumlterrecht im Erbrecht abgegolten wird 183 Dieser Fall zeigt dass neben

172 Vgl WILKE (FN 100) RIW 2012606

173 Vgl KINGA M WEISSMANUEL BIGLER Wohnsitz oder gewoumlhnlicher Aufenthalt _ Die Anshywendungsprobleme der europaumlischen Erbrechtsverordnung im Rechtsverkehr mit der Schweiz Deutscher Anwaltsspiegel Spezial Maumlrz 2013 S 28 KALTUHL (FN 130) S 121 f

174 Vgl WALTER ERMANNHARM PETER WESTERMANN BGB 13 A) Koumlln 2011 Einl Art 3-47N 59 ff

17S VgJ SCI-WANDER (FN 139) AJP 20141096 BALZ HOumlSLYSTEFANIE DEBRUNNER Rechtswahl schweizerisch-deutscher Doppelbuumlrger bei der Nachlassplanul]g untermiddot Beruumlcksichtigung ~er EU-Erbrechtsverordnung Anwalts revue 2013 276 BONOMrOZTuumlRK (FN 127) ZVgIRWlss 201524 f

176 Vgl vorne 121 b) 177 Vgl vorne 222 178 Vgl vorne 121 g) 179 VgJ vorne 32 d) 180 Vgl DU11A (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 181 Vgl vorne 121 a) Wohnsitz als Anknuumlpfugskriterium182

Vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 2014 1096 welcher darauf hinweist dass heikle RenvoishyProbleme mit Frankreich Schweden und Deutschland kuumlnftig entfallen

183 Vgl HEINRICH DOumlRNER Die Abgrenzung des Erbstatllts vom Guumltcrstatut in Die Europaumlisc~e Erbrechtsverordnllng hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 NIl ff dIe hM geht Yon einer guumlterrechtlichen Qualifikation aus vgl etwa BGH FamRZ 2012 1871

Kuumlnzte

Die EuErbVO und die Schweiz

dem Erbrecht auch das Guumlterrecht der Ehegatten in der EU koordiniert werden sollte Ein Schritt in diese Richtung ist der Vorschlag KOM (2011])1262 184

35 Erbvertraumlge

a) Die Erbrechtsverordnung aumlndert nichts an der Beurteilung (Zulaumlssigkeit) von Erbvertraumlgen in den einzelnen Laumlndern Deshalb ist je nach Ziel[and sorgfaumlltig abzuklaumlren ob Erbvertraumlge (zwischen Ehegatten oder zwischen beliebigen Ershyben) zulaumlssig sind

Wenn deutsche Staatsangehoumlrige in die Schweiz kommen ist ihnen zu empshyallfaumlllige gemeinschaftliche Testamente (welche im schweizerischen

Recht nicht bekannt sind) durch einen Erbvertrag zu ersetzen IS5

36 Testamentsvollstrecker

a) In der Schweiz hat der Gesetzgeber die Anwendung des Eroumlffnungsstatuts vorgesehen (Art 92 Abs 2 IPRG) die Lehre wendet aber hauptsaumlchlich das Erbshystatut an 186 In der EU wendet man auf den Testamentsvollstrecker grundsaumltzshylich das Erbstatut an (Art 23 Abs 2 [ie f EuErbVO) laumlsst aus zwingenden Gruumlnden aber auch das Eraumlffnungsstatut zu (Art 29 Abs 1 EuErbVO)187 wohl der umgekehrte Weg gewaumlhlt wurde sollten diese beiden Loumlsungen ziemshy

(aber nicht vollstaumlndig) kompatibel sein

b) Die fuumlr den executor gedachte Ausnahme kann auch vom schweizerischen Recht in Anspruch genommen werden Das hat etwa zur Fo[ge dass die zwinshygend vorgesehene Aufsicht 188 fuumlr einen von einer schweizerischen Behoumlrde (nach deutschem Recht) eingesetzten Testamentsvollstrecker sich nach schweishyzerischem Recht richtet und die Aufsichtsbehoumlrde somit (im Gegensatz zu Deutsch[and wo es nur die Absetzung gibt [sect 2227 BGB]) Empfehlungen Weishysungen und andere sachdienliche Massnahmen anordnen kann 18

37 Nachlasszeugnisse

a) Es ist davon auszugehen dass die schweizerische Behoumlrden (Grundbuch)190 und Gerichte sowie Private (Banken und Versicherungen) das Europaumlische

184 Wesentliche Inhalte Zllstaumlndi~kcit des Nachlassgerichts (Art 3) Rechtswahl (Art 16 gemcinmiddot samer gew~hnlicher u~ent~a t gewoumlhnlicher Aufcnthal~ ~ines Ehegatten bei der Eheschliesshysung oder Staatsrtngehongkelt Cll1es Ehegatten) oder WSldlar (Art 17) erster gememsamer geshywoumlhnlicher Aufenthalt bzw gemeinsame Staatsangehoumlrigkeit bzw engste Verbundenheit

185 Vgl ODERSKY (FN 102) notar 20138 186 Vgl vorne 122 b) 187 Vgl vorne 224 188 Vgl VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 515 189 VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 536 ff 190 Das Europaumlische Nachlasszeugnis ist inhaltlich und funktionell gleichwertig wie die Erbbescheishy

nigung nach Art559 ZGB llnd deshalb auch im Grulldbuchverkehr zu akzeptieren vgl WEIsslBrGLER (FN 92) sllccessio 2014 193

Kuumlnzte

141 140

Teil 2 Vertiefung

Nachlasszeugnis191 ohne weiteres anerkennen werdenl92 auch wenn der Gutshyglaubensschutz (Art 69 Abs2 EuErbVO) schwaumlcher ausgestaltet ist als beim deutschen Erbschien193 Aus Gruumlnden des Verkehrsschutzes wird man dem Europaumlischen Nachlasszeugnis in der Schweiz houmlchstens die Wirkungen zuershykennen koumlnnen die eine Bescheinigung nach Art 559 Abs 1 ZGB haumlttel94 Zu

kann es kommen wenn ein Mitgliedstaat die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO begruumlndet oder in der Schweiz zuerst ein Erbschaftsverfahren eingeleitet wurde 195 Neben dem Europaumlischen Nachlasszeugnis bleiben die nashytionalen Erbfolgezeugnisse bestehen196 welche teilweise (weiterhin) einem Vollshystreckungsverfahren (Exequaturverfahren Art 25 ff IPRG) unterworfen sind 197

b) Beim umgekehrten Weg (Anerkennung der schweizerischen Erbbescheinishygung im Ausland) erwarte ich zusaumltzliche Hindernisse weil die sehr detaillierte Regelung des Europaumlischen Nachlasszeugnisses (Art 68 EuErbVO) dazu wird dass die (aufgrund kantonaler Gesetzgebung) sehr uneinheitlichen und teilweise nur mit rudimentaumlren Angaben versehenen schweizerischen Erbbeshyscheinigungen (ohne Ehevertrag ohne Nachlasswerte ohne Erbquote) je

191 Vg1 vorne 37 192

Ebenso CA1HERINE GRUN MEYERrrHOMAS SPRECHER Aspekte der neuen EU-Erbrecbtsshyverordnung und ihres Bezugs Zur Scbweiz ZBGR 2015156 WErssBIGLER (FN 92) successio 2014192 BONOMI (FN 128) S] 2014 II 399 f

193 Vgl dazu KNUTWERNER LANGE Das Europaumliscbe Nachlasszeugnis Die Europaumlische Erbshyrechtsverordnung brsg v Anatol Dutta und Sebastian 2014 N 26 anders als im deutschen Recht schadet grobe Fahrlaumlssigkeit

194 SCHWANDER (FN 139) A]P 20141103 195

Vgl WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014192 SCHWANDER (FN 139) A]P 2014 1103 196

VglCHRISTOPH DORSEL Europiiische Ebrechts~erordnllng und Europaumlisches Nac~lasseu~shyms m Erbfalle unter Geltung der EUlOpiJschen Erbrechtsverordnung hrsg v Martm Lohmg ua Bielefdd 2014 S 51 fE

197 Zur Wirkung innerhalb der EU vgl DU1TA (FN 105) IPRax 2015 38 Wirkung als nach Art 3 Absl lit g EuErbVO fuumlr Erbausweise nach kontradiktorischem Verfahren Wirkung nach Art 59 EuErbVO fuumlr Erbausweise in Form einer oumlffentlichen Urkunde

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

je weniger akzeptiert werden198 Dabei allerdings Deutschland welches ausshylaumlndische Erbfolgezugenisse schon heute durchwegs ablehnt 199 nicht als Reshyferenz verwendet werden 2OO

38 Zwingende Bestimmungen

Wie vorne201 dargestellt wendet die Schweiz die Bestimmungen des baumluerli shychen Bodenrechts (BGBB) und uumlber den Grundstuumlckerwerb durch Personen im Ausland (BewG) als zwingende Bestimmungen an Ob diese Regeln auch Erbfaumlllen mit EU-Bezug zur Anwendung kommen haumlngt davon ab ob Art 30 EuErbVO auch auf Drittstaaten zur Anwendung kommt202 was zu ist20)

39 Weitere Bereiche der Erbschaftsplanung

Schliesslich ist daran zu erinnern zur umfassenden Erbschaftsplanullg auch das Eheguumlterrecht gehoumlrt und immer mehr auch Verfuumlgungen unter Lebenden ershyfasst (insbesondere im Rahmen der Unternehmensnachfolge) sowie (weiterhin) Strukturierungen mit Gesellschaften Stiftungen und Trusts Alle diese Bereishyche werden von der EuErbVO nicht erfasst204 und werden somit weiter von den nationalen Kollisionsregeln beherrscht205 Es bleibt somit noch viel Raum fuumlr weitere Harmonisierung

198 (39) AJP 20141103 weist auf den houmlheren Oualitiitsstandard in der EU hin schweizerische Recbt (Art 559 ZGB) zu

199 Vgl ULRrCH HAAS Internationales Verfahrensrecht in Erbsachen in Erbrecht in Ellropa hrsg v Rembert Suumlss 2 A Angclbachtal 2008 N 54 Begruumlndet wird dies damit dass einem dem deutschen Erbschein nachgebildeten auslaumlndischen Erbnachweis keine prozessrcchtli Wirkungen insbesondere keine Rechtskraft- oder GestaltungswirklIng zukommt anders schieden hat das LG Muumlnchen 28 0 243110 bei einem tuumlrkischen Erbschein was von

Auslaumlndischer Erbschein fuumlr Nachlass in Delllschland IPRax 2013241 H) aber tuumlrkischer Erbschein die Person an die man leisten kann nicht ohne

200 Allerdings ist die Anerkennung von nationalen crDlolgezcugmsscn ganz noch nicht sehr gekommen vgl PETER BREITSCHMIDCHRISTELLE HAAS Impacts tur reglelTIcnt europeen en matierc de successions sur le droit suisse in Succcssions internationashyles hrsg v Andrea BonomiChristina Schmid GencvelZurichBRle 2010 S 134 mit Verweis auf einen Bericht des Max-Planck-Instituts vom 26032010

201 Vgl vorne 112 202 Vgl KALTUHL (FN 124) S [JO f 203 VgL DurrA (FN 85) Art 30 EuErbVO N 7 204 Vgl STEPHANIE HERZOG Die EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) ErbR 2013 4

TANZE FISCHER-CZERMAK Anwendungsbereich in Europaumlische Elbrechtsverordnung nrs v Martin Schauer und Elisabeth Scheuba Wien 2012 S 25 H MUumlLLER-LuKOSCHEK (FN sect 2 N 47 ff

205 VgJ etwa ALEXANDER PFE1FFER Nachlassplanung deutsch-schweizerischer (Diss Leipzig) Regensburg 2011 S 259 ff

Kuumlnzle

Page 5: Tagungsband 8. Deutscher Testamentsvollstreckertag · 2015. 12. 7. · 28.06.2010 Erw. 3.1: Frankreich befasst sich nicht mit ausländischen Liegenschaften _ ein Gut 21 Vgl. Art.

122 123 Teil 2 Vertiefung

lasses bestimmt wird Art 51 Iit a IPRG verweist fuumlr die guumlterrechtliche Ausshyeinandersetzung nach dem Tod eines Ehegatten auf die erbrechtlichen Zustaumlnshydigkeitsvorschriften von Art 86-89 IPRG (also Wohnsitz Heimatort und LageshyOrt)41 Diese besondere Zustaumlndigkeit geht der allgemeinen Zustaumlndigkeit (Art 51 lit c IPRG) vor und sie kommt auch dann zur Anwendung wenn die Erben sich einig sind und die Streitfragen sich auf die guumlterrechtliche Auseinanshydersetzung beschraumlnken42

b) Von dieser Regelung wird abgewichen wenn es zur Nachlassspaltung kaumlme (Art 58 Abs 2 IPRG) oder auslaumlndische Grundstuumlcke betroffen sind (Art 86 Abs2 IPRG)43 oder wenn abweichende Vereinbarungen (Art 5 IPRG) getrofshyfen wurden

12 Anwendbares Recht

121 Erbstatut

a) Auf den (weltweiten)44 Nachlass ist schweizerisches Recht anwendbar wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz in der Schweiz45 hatte (Art 90 Abs 1 IPRG)46

b) Ein (in derSchweiz wohnhafter) Auslaumlnder47 kann (fuumlr seinen ganzen Nachshy I

lass)48 sein (auslaumlndisches) Heimatrecht waumlhlen sofern er nicht auch Schweizer Buumlrger geworden ist (Art 90 Abs 2 IPRG)49 Eine solche Erklaumlrung wird in der Gerichtspraxis grosszuumlgig ausgelegt50 Diese Rechtswahl sollte moumlglichst beshystimmt erfolgen

51 und darf nicht rechtsmissbraumluchlich sein Die Ausschaltung

der schweizerischen Pflichtteile durch eine Rechtswahl des englischen

41 Vgl BRUumlCKNER (FN 9) S 52 GOumlKSuOLANO (FN 13) Art 86 IPRG N 5 42 Vgl SCHWANDER (FN 16) S 4 43 Vgl SCHWANDER (FN 16) S 6

44 Eine Ausnahme besteht wie bei der Zustaumlndigkeit (Art 86 Abs 2 IPRG) - fuumlr nusliindische Grundstuumlcke vgl BSK-SCHNYDERLrATOWITSCH (FN 3) Art 90 IPRG N

45 Der Wohnsitz bestimmt sich nach Art 20 IPRG

46 Vgl BGeL 5A_9102014 vom 18032015 Erw 23 BGer 5A_7382011 vom 10052012 Erw 21 abweichende Regeln (Heimatrecht) gelten fuumlr griechische iranische italienische und amerikanishysche Erblasser aufgrund der vorne (FN 37) erwaumlhnten Staatsvertraumlge vgl SlEHR (FN 9) sect 9 III 2 a

47 Doppelbuumlrgern steht diese Rechtswahl nicht offen vgl BSK-SCHNYDERLIATOWITSCH (FN 3) Art 92 IPRG N 21 f KlLIAS (FN 9) S 94

48 Eine Rechtswahl fuumlr einen Teil des Nachlasses ist nicht zulaumlssig vgl BSK -SCHNYDERI LIATOWlTSCH (FN 3) Art 90 IPRG N 15 H BUCHER (FN 14) ZBGR 69

49 Vl OGer ZH vom 18 Maumlrz 199B abgedruckt in BREITSCHMlDKUumlNZLE

das Gesetz aber keine ausdruumlckliche ErKlarunp

ER (FN 14) ZBGR69 (19gB) 148 50 Vgl BGE 115 III 35 51 Entgegen den ersten Entwuumlrfen

BSK-SCHNYDERLiATOWTSCH (FN 92 IPRG N 18 BUCHER (FN 14) ZBGR 69148

Kiinzle

Die EuErbVO und die Schweiz

weshalb auch geringere Pflichtteile (zB in Deutschland)54 hinzunehmen Die Rechtswahl bezieht sich im Zweifel auf das materielle Erbrecht55

c) Wenn der Erblasser im Ausland verstorben bestimmt grundsaumltzlich das auslaumlndische Kollisionsrecht das Erbstatut (Art 91 Abs 1 IPRG)56

d) Wenn die schweizerischen Behoumlrden und Gerichte am Heimatort nach Art 87 IPRG zustaumlndig sind kommt vorbehaltlich einer abweichenden Rechtswahl auch das schweizerische Recht zur Anwendung (Art 91 Abs2 IPRG)

e) Eine Rechtswahl ist nicht moumlglich wenn ein Staat fuumlr Grundstuumlcke die eishygene Zustaumlndigkeit vorschreibt (Art 86 Abs 2 IPRG) und die Anwendung eigeshynen Rechts vorbehaumllt

f) Welche Fragen zum Erbstatut gehoumlren regelt Art 92 Abs 1 IPRG Die grenzung zum Eroumlffnungsstatut ist nach wie vor nicht voumlllig geklaumlrt57 Zum Erbstatut gehoumlren alle Fragen des materiellen Erbrechts dh alle mit dem Erbrecht verbundenen Rechte und alle Voraussetzungen und Wirkungen von Klagen und Massnahmen welche mit der Verwirklichung dieser Rechte zusamshymenhaumlngen58 Ihm ist im Zweifel der Vortritt ZU lassen es sei denn eine sei mit dem Verfahren so verknuumlpft dass eine Trennung nicht mehr ist59 Zum Erbstatut gehoumlren etwa Eintritt Erbfalles Erbfaumlhigkeit Erbbcshyrechtigung60 und Erbanteile (gesetzliche Erbfolge) Pflichtteile Arten und Wirshykungen erbrechtlicher Verfuumlgungen (Erbeinsetzung Erbverzicht Enterbung Vermaumlehtnisse61 Auflagen Bedingungen) Umfang des Nachlasses62 Erwerb

Rechts) verstoumlsst grundsaumltzlich52 nicht gegen den ordre

52 Die Notlage in einem Einzelfall nn L bullbull I

einem andcren Ergebnis fuumlhrcn vgl HANS HANISCH reserve legale in Mclangcs Guy Plattet Lausanne 1985 hrsg v u a S 483

53 Vgl BGE 102 Il 140 f Es muss im LCllpUlIIU

Rechtswnhl In der Schweiz Dcutschland die

kritisch BUCHER (FN 14) ZszligGR 69 (1988) 150 zum Heimnuccht bestehen ansonsten dic

54 von 34 (Art 471 Ziff 1 ZGB) waumlhrend in von (nur) 112 habcn (sect 2303 Abs I BGB)

55 56 In

SlIHR (FN 9) sect 9 III 2 c auf Griechenland

der USAdie mit die USA gelten die Stlatsvertriige (FN 33 und 37) das Heimatrecht vorsehen vgl SlEI-IR (FN 9) sect 9

III 3 a 57 Vgl szligSK-SCHNYDERLfATOWflSCH (FN 3) Art 92 IPRG N 2 mwN 58 Vgl BUCHER (FN 14) ZBGR 69 (1988) 154 59 Vgl HEIN (FN 3) Art 92 IPRG N 5 60 Abgrenzung

Eherecht vgl BGE 111 II 16 (brasIllamsche genchtllcne Die Frage ob die guumlltig verheiratet war entscheidet das

desquite) 61 Abgrenzung Die Frage ob Tod des Erblassers direkt auf

und nicht nach dem Sachstatut anshy1994 Nr 125

BCiuumlnstiiten uumlbergeht

Kuumlnzle

124 Teil 2 Vertiefung

und Ausschlagung der Erbschaft Erbgang Erbrechts-Klagen Erbteilung Stelshylung der Erben vor und nach der Teilung (insbesondere Haftung der Erben)63 usw

g) Das schweizerische Internationale Privatrecht laumlsst den Renvoi (Ruumlck- und Weiterverweisung) nur zu wenn dieser vom Gesetz vorgesehen ist (Art 14 IPRG) wie etwa in Art 91 Abs 1 IPRG64

122 Eroumlffnungsstatut

a) Fuumlr die sichernden Massnahmen und die Nachlassabwicklung das Recht am Ort der zustaumlndigen Behoumlrde zur Anwendung (Art 92 Abs2IPRG)65

b) Zum Eroumlffnungsstatut gehoumlren etwa 66 Sicgelung und Inventar Testlshymentseroumlffnung Ausstellen der Erbbescheinigung Form der Ausschlagung das oumlffentliche Inventar amtliche Liquidation67 Verwaltung der Erbschaft Liquidashytionshandlungen die Mitwirkung der Erbteilungsbehoumlrden und die Stellung des Willensvollstreckers (Art 92 Abs2 IPRG) In der Lehre werden allerdings zushynehmend mehr Aspekte der Willensvollstreckung dem Erbstatut zugeordnet68

123 Erbvertraumlge

Erbvertraumlge unterstehen nach Art 95 IPRG dem Recht am Wohnsitz des sers zur Zeit des Vertragsabschlusses (Abs 1) Der Erblasser kann sein Heimatshyrecht waumlhlen (Abs2) Bei mehreren Verfuumlgenden (Erblassern) untersteht jede Verfuumlgung dem jeweils eigenen Statut69

62 Die Frage ob eine Sache vom Erblasser guumlltig erworben den vgl SIEHR (FN 9) sect 9 III 5 das Sachenrecht muss entscllCloen lasser guumlltig erworben wurde vgL BGE 94 II 297 das ObligatiollcnrCcI ein Bankguthabcn als Trust aus dem Vermoumlgen des Erblassers 79

63 Ob bei einem Auslandsbezug ein guumlltiger Anspruch gegenuumlber dem Erblasser bestand ist nach Obligationenrecht (und nicht Erbrecht) zu entscheiden vgl BGE 93 I1 379

64 Vgl Vgl MONICA MAumlCHLER-ERNESuSANNE WOLf-ME1IER Kommentar zu 13-19 IPRG in Baslcr Kommentar Internationales Privatrecht hrsg v Heinrich Honsel Nedim Peter Vogt und Anton K Schnyder 3 A BaselFrankfurt 2013 Art 141PRG N 14

65 Vgl BGel 5A]632012 vom 18032013 Erw 2 OGer ZH LF130068 vom 22042014 Erw 21 66 Vgl BSK-SCHNYDERLIATOWITSCH (FN 3) Art 92 IPRG N 8 BUCI-IER (FN 14) ZGBR 69

(1988) 154 KILIAS (FN 9) S 96

67 Vgl OGer ZH vom 21081998 abgedruckt bei BREITSCl-IMIDKONZLE (FN 1) S 158 f 68 V1 HANS RAINER KONZLE Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht Band

echt 1 Abteilung Die Erben 2 Tetlband Die Verfuumlgungen von Todes wegen 2 Illensvolistrecker (Art 517-518 2GB) Bern 2011 Vorbem zu Art 517-518 ZGB N 73

Beginn machte HEINI (FN 3) Art 92 IPRG N 22 f 69 Vgl BSK-SCHNYDERLIATOWITSCH (FN 3) An 95 IPRG N 5

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz 12S

124 Formstatut

Art 93 IPRG verweist fuumlr das Formstatut also fuumlr die Form des Testaments und Erbvertrags auf das Haager Uumlbereinkommen vom 5 Oktober 19617deg Eine letztwillige Verfuumlgung ist danach guumlltig wenn sie die Form des Heimatrechts des Wohnsitzrechts des Rechts ammiddotgewoumlhnlichen AufenthaltsOlt des Errichshytungsortsrechts oder des Lageortsrechts erfuumlllt

13 Anerkennung von auslaumlndischen Entscheiden und Urkunden

131 Direkte Zustaumlndigkeit

a) Die direkte Zustaumlndigkeit ist in Art 25 ff IPRG geregelt Danach werden auslaumlndische Entscheidungen in der Schweiz anerkannt wenn das zustaumlndige Gericht eine endguumlltige Entscheidung gefaumlllt hat und kein Verweigerungsgrund nach Art 27 IPRG vorliegt Der Nachweis der ErbensteIlung kann mit einem auslaumlndischen Ausweis gefuumlhrt werden welcher der Erbbescheinigung (Art 556-559 ZGB) gleichwertig istl

b) Puumlr Auskuumlnfte lind Verfuumlgungen uumlber Bankdepots und -kontos in der Schweiz werden der deutsche Erbschein und die oumlsterreichische Einantworshytungsurkunde ohne weitere Formalitaumlten akzeptiert72 Gleiches gilt fuumlr Ausweishyse des Probate Court aus England oder den USA fuumlr die executorsJ3 Die in Deutschland als Ausweis anerkannte Eroumlffnungsurkunde74 wird dagegen nicht von allen Banken akzeptiert

c) Fuumlr Auslaumlndische Erbfolgezeugnisse als Ausweis fuumlr Eintragungen im schweizerischen Grundbuch hat das Bundesamt fuumlr Justiz Regeln ausgearbeishytet75 welche fuumlr jedes Land konkret festhalten welche Erbfolgezeugnisse als gleichwertig (aumlquivalent) im Sinne von Art 559 ZGB (im Vergleich mit der Erbshybescheinigung) angesehen werden Danach wird der deutsche Erbschein

2358 H BGB) in der Schweiz ebenso anerkannt76 wie (bei klaren Verhaumlltnisshy

71 72

73 74 75

76

Kuumlnzle

127 126 Teil 2 Vertiefung

auch ein oumlffentlich beurkundetes Testament zusammen mit der Eroumlffshynungsurkunde

d) Auslaumlndische Erbfolgezeugnisse koumlnnen fuumlr vollstreckbar erklaumlrt werden (Art 28 iVm Art 31 IPRG) Das sog Exequaturverfahren wird vom kantonashylen Prozessrecht bestimmt und ist in der Regel summarischer Natur Dieses Vershyfahren wird etwa im Bankverkehr notwendig wenn der auslaumlndische Ausweis nicht akzeptiert wird Das ist haumlufig der Fall wenn der auslaumlndische Ausweis von einem Notar ausgestellt wurde77 Zudem gibt er territoriale Beschraumlnkunshygen So ist der Fremdrechtserbschein auf Deutschland begrenzt und die oumlsterreishychische Einantwortungsurkunde erfasst keine Liegenschaften im Ausland liches gilt fuumlr den letters testamentary und den letters of administrationl8 Diese territorialen Beschraumlnkungen werden in der Schweiz dann beachtet wenn sie sich aus dem materiellen Recht ergeben (Fremdrechtserbschein) nicht aber wenn sie sich aus Regeln des Verfahrensrecht ergeben (Einantwortungsurkunshy

e) Wenn im Ausland kein Erbfolgezeugnis ausgestellt wird oder dieses das in der Schweiz gelegene Vermoumlgen nicht erfasst ist in der Schweiz (im Rahmen eines Eroumlffnungsverfahrens) ersatzweise eine (schweizerische) Erbbescheinigung zu beantragen Die Zustaumlndigkeit richtet sich nach Art 87 und Art 88 IPRG Wurde im Ausland zwar ein Ausweis ausgestellt erfuumlllt dieser aber die fuumlr die Anerkennung notwendigen Anforderungen nicht muss gestuumltzt auf die Notzushystaumlndigkeit von Art 3 IPRG am Ort der gelegenen Sache oder an einem anderen Ort mit dem der Sachverhalt einen genuumlgenden Bezug aufweist eine Erbbeshyscheinigung beantragt werden

f) Bei Kollisionen von Erbrechtsausweisen aus mehreren Laumlndern kann Art 27 Abs2 lit c IPRG (iVm Art 31 IPRG) die Loumlsung bringen indem das zuerst in der Schweiz eingeleitete Verfahren80 Vorrang hat81

132 Indirekte Zustaumlndigkeit

Die indirekte Zustaumlndigkeit ist in Art 96 IPRG geregelt Nach Abs 1 lit a wershyden Urteile anerkannt wenn sie getroffen ausgestellt oder festgestellt worden sind im Staat des letzten Wohnorts des Erblassers oder im Staat dessen Recht er gewaumlhlt hat oder wenn sie dort anerkannt werden (sog Drittstaatsanerkenshy

77 Vgl I tANS KUHN Anerkennung und Wirkungen auslaumlndischer Erbauswcisc im schweizerischen Recht SZIER 12 (2002) 7

78 Vgl KUHN (FN77) SZIER 12 (2002) 25 79 Vgl KUHN (FN 77) SZIER 12 (2002) 26 f 80 In der Schweiz wird der Nachlass mit dem Tod des Erblassers automatisch eroumlffnet vgL Art 537

ZGB 81 Vd FlORIAN MARXER Das internationale Erbrecht Licchtensteins - Ein Vergleich mit dem

reichischen und schweizerischen Recht (Diss Zuumlrich) Vaduz 2002 S 141

KUnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

nung)82 Fuumlr Grundstuumlcke ist der Lageort massgebend (Art 96 Abs 1 lit b IPRG) gegebenenfalls ausschliesslich (Art 96 Abs 2 IPRG)

133 Staatsvertraumlge

Die Anerkennung und Vollstreckungauslaumlndischer Entscheide Massnahmen und Urkunden wird auch von Staatsvertraumlgen geregelt etwa im Verhaumlltnis zu Deutschland83 Diese enthalten aber regelmaumlssig nur Mindestnormen und gehen deshalb nicht uumlber Art 96 IPRG hinaus 84

2 Grundzuumlge der EuErbVO

a) Die Verordnung (EU) Nr 65012012 dcs Europaumlischcn Parlaments und dcs Rates vom 4Juli 2012 uumlbcr die Zustaumlndigkeit das anzuwcndcnde Recht die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung oumlffentlicher Urkundcn in Erbsachcn sowie zur Einfuumlhrung cines Europaumlischen Nachlasszeugnisses (EU-Erbrechts-Verordnung I EuErbVO)85 trat am t 7 August 2015 in Kraft (Art 84 EuErb VO)

b) Die EuErbVO ist direkt anwendbar und gilt fuumlr die Mitgliedstaaten Diese sind in der EuErbVO nicht dcfiniert Da Daumlnemark Irland und das Vereinigte Koumlnigreich sich nicht beteiligen gelten sie nicht als Mitgliedstaaten im Sinne der VerordnungY Obwohl erst nach der Verabschiedung der ErbVO zur EU geshystossen ist dagegen Kroatien ein MitgliedstaatB7

21 Zustaumlndigkeit

211 Grundregel

a) Art 4 EuErbVO regelt die Zustaumlndigkeit fuumlr saumlmtliche Erbsachen dh soshywohl fuumlr streitige Verfahren als auch fuumlr Verfahrcn der freiwilligen Gcrichtsbarshykeit sB Die Zustaumlndigkeit gilt zudem unabhaumlngig von der Nachlassbclegcnheit verhindert somit eine Nachlassspaltung

82 Vgl HEINI (FN 3) Art IPRG N 9 ff 83 Vgl Abkollll11en vom 2 November 1929 wischen

dcm Deutschen Reich uumlber die Anerkennung lind Vollstreckung _ Schiedsspruumlchen (SR 0276191361) zu weiteren StaatsvertrKgcn

dem Fuumlrstentum Liechtenstcin Schweden Spanien der Tschechoslowakischen Oumlsterreich vgl STElHEN

Basler Kommentar Internati r

und Anton K Schnydcr 3 A 84 Vgl 5mBR (FN 9) S 549 85 Vgl EU AbI NT L 201 S 107 zur Entstehungsgeschichte vgl ANATOLDUITA Kommentar zu

Art 1-84 EuErbva in Muumlnchener Kommentar zum Buumlrgerlichen Gesct7bueh Band 10 Intershynationales Privatrecht 16 A Muumlnchen 2015 Vor Art 1 EuErbVO N 5 ff

86 V gl Erwaumlgungsgruumlnde 82 und 83 87 Vgl DUTIA (FN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 14 88 Vgl DUTIA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 4

Kuumlnzle

127 126 Teil 2 Vertiefung

sen) auch ein oumlffentlich beurkundetes Testament zusammen mit der Eroumlffshynungsurkunde

d) Auslaumlndische Erbfolgezeugnisse koumlnnen fuumlr vollstreckbar erklaumlrt werden (Art 28 iVm Art 31 IPRG) Das sog Exequaturverfahren wird vom kantonashylen Prozessrecht bestimmt und ist in der Regel summarischer Natur Dieses Vershyfahren wird etwa im Bankverkehr notwendig wenn der auslaumlndische Ausweis nicht akzeptiert wird Das ist haumlufig der Fall wenn der auslaumlndische Ausweis von einem Notar ausgestellt wurde77 Zudem gibt er territoriale Beschraumlnkunshygen So ist der Fremdrechtserbschein auf Deutschland begrenzt und die oumlsterreishychische Einantwortungsurkunde erfasst keine Liegenschaften im Ausland Aumlhnshyliches gilt fuumlr den letters testamentary und den letters of administration7H Diese territorialen Beschraumlnkungen werden in der Schweiz dann beachtet wenn sie sich aus dem materiellen Recht ergeben (Fremdrechtserbschein) nicht aber wenn sie sich aus Regeln des Verfahrensrecht ergeben (Einantwortungsurkunshyde)9

e) Wenn im Ausland kein Erbfolgezeugnis ausgestellt wird oder dieses das in der Schweiz gelegene Vermoumlgen nicht erfasst ist in der Schweiz (im Rahmen eines Eroumlffnungsverfahrens) ersatzweise eine (schweizerische) Erbbescheinigung zu beantragen Die Zustaumlndigkeit richtet sich nach Art 87 und Art 88 IPRG Wurde im Ausland zwar ein Ausweis ausgestellt erfuumlllt dieser aber die fuumlr die Anerkennung notwendigen Anforderungen nicht muss gestuumltzt auf die Notzushystaumlndigkeit von Art 3 IPRG am Ort der gelegenen Sache oder an einem anderen Ort mit dem der Sachverhalt einen genuumlgenden Bezug aufweist eine Erbbeshyscheinigung beantragt werden

f) Bei Kollisionen von Erbrechtsausweisen aus mehreren Laumlndern kann Art 27 Abs2 lit c IPRG (iVm Art 31 IPRG) die Loumlsung bringen indem das zuerst in der Schweiz eingeleitete Verfahren80 Vorrang hat 81

132 Indirekte Zustaumlndigkeit

Die indirekte Zustaumlndigkeit ist in Art 96 IPRG geregelt Nach Abs 1 Ht a wershyden Urteile anerkannt wenn sie getroffen ausgestellt oder festgestellt worden sind im Staat des letzten Wohnorts des Erblassers oder im Staat dessen Recht er gewaumlhlt hat oder wenn sie dort anerkannt werden (sog Drittstaatsanerkenshy

77 Vgl HANS KUl-IN Anerkennung und Wirkungen auslaumlndischer Erbausweise im schwei~crischen Recht SZIER 12 (2002) 7

78 Vgl KUHN (FN 77) SZlER 12 (2002) 25 79 Vgl KUHN (FN 77) SZIER 12 (2002) 26 f 80 In der Schweiz wird der Nachlass mit dem Tod des Erblassers automatisch eroumlffnet vtL Art 537

ZGB

81 Vgl FLORIAN MARXER Das internationale Erbrecht Licchtensteins Ein Vergleich mit dem oumlsterreichischerr und schweizerischen Recht (Diss Zuumlrich) Vaduz 2002 S 141

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

nung)82 Fuumlr Grundstuumlcke ist der Lageort massgebend (Art 96 Abs 1 lit b IPRG) gegebenenfalls ausschliesslich (Art 96 Abs 2 IPRG)

133 Staatsvertraumlge

Die Anerkennung und Vollstreckung auslaumlndischer Entscheide Massnahmen und Urkunden wird auch von Staatsv~rtraumlgen geregelt etwa im Verhaumlltnis zu Deutschland83 Diese enthalten aber regelmaumlssig nur Mindestnormen und gehen deshalb nicht uumlber Art 96 IPRG hinaus 84

2 Grundzuumlge der EuErbVO

a) Die Verordnung (EU) Nr 65012012 des Europaumlischen Parlaments und des Rates vom 4 Juli 2012 uumlber die Zustaumlndigkeit das anzuwendende Recht die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung oumlffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einfuumlhrung eines Europaumlischen Nachlasszeugnisses (EU-Erbrechts-Verordnung I EuErbVO)85 trat am 17 August 2015 in Kntft (Art 84 EuErbVO)

b) Die EuErbVO ist direkt anwendbar lind gilt fuumlr die Mitgliedstaaten Diese sind in der EuErbVO nicht definiert Da Daumlnemark Irland und das Vereinigte Koumlnigreich sich nicht beteiligen gelten sie nicht als Mitgliedstaaten im Sinne der VerordnungH6 Obwohl erst nach der Verabschiedung der ErbVO zur EU geshystossen ist dagegen Kroatien ein MitglicdstaatH7

21 Zustaumlndigkeit

211 Grundregel

a) Art 4 EuErbVO regelt die Zustaumlndigkeit fuumlr saumlmtliche Erbsachen dh soshywohl fuumlr streitige Verfahren als auch fuumlr Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarshykeit H8 Die Zustaumlndigkeit gilt zudem unabhaumlngig von der Nachlassbelegenheit verhindert somit eine Nachlassspaltung

82 Vgl HEINI (lN 3) Art 96 [PIZe N 9 ff a3 VgL Abkomlllcn vom 2 November 1929 Iwischen dcr Schwcizerischcll Eidgenossenschaft

dem DcUtschen Rcich uumlber die Anerkennung lind Vollstredwng von gerich gen lind Schiedsspruumlchen (SR 02761913(1) zu weiteren Staatsvertraumlgen reich Italien lcl11 Fuumlrstentum Liechtcnstein Schweden Spanien de Tschechoslowakischen Republik und Oumlsterreich vgl STHIIIEN VllERIIROBERT K DAumlPPEN Kommentar zu Art 25shy32 IPRG Baslcr Kommentar Internationales Privatrecht hrsg v Heinrich HOllscIl Ncdim Peshyter Vogt lind Antol1 K Schnytkr 3 A Bascfrankfurt 2013 Art 25 IPRG N 18

B4 Vgl SmlfR (FN 9) S 549 85 Vgl EU AbI Nr L 201 S 107 zu Entstehungsgeschichte vgl ANATOt DlJlTA Kommentmiddot zu

Art 1-84 EuErbVO in Muumlnchcner KOlllmcntar wm Buumlrgerlichen Gesetzbuch Band 10 Intershynationales Privatrecht I ( A Muumlnchen 2015 Vor Art 1 EuErbVO N 5 ff

86 Vgl Erwaumlgungsgruumlnde 82 und 83 87 Vgl DUTrA (FN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 14 88 Vgl DunA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 4

Kuumlnzle

129 128 Teil 2 Vertiefung

b) Fuumlr den ganzen Nachlass zustaumlndig sind grundsaumltzlich die Gerichte am letzshyten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers (Art 4 EuErbVO) Abgestellt wird objektiv auf familiaumlre und soziale Bindungen und subjektiv auf den Bleishybewillen89 Da keine privatautonome Bestimmung moumlglich ist hat die Erklaumlrung des Erblassers in seiner letztwilligen Verfuumlgung nur eine beschraumlnkte Wirkung9o Es sind Faumllle denkbar dass kein oder mehrere gewoumlhnliche Aufenthaltsorte vorshyliegen91 Keine Verschiebung des gewoumlhnlichen Aufenthaltsorts bewirken Aufshyenthaltswechsel aus schulischen beruflichen und medizinischen Gruumlnden (Pfleshyge) sowie moumlglicherweise auch aus Altersgruumlndenmiddot (bei fehlender Integration I Mallorca-Rentner)92

c) Art 10 ErbVO sieht eine subsidiaumlre Zustaumlndigkeit am Ort der Nachlassbeleshygenheit vor welche umfassend (fuumlr den ganzen Nachlass) und zwingender Nashytur ist

93 Nachlassbelegenheit in einem Mitgliedstaat ist gegeben wenn sich (im

Zeitpunkt der Entscheidung)94 koumlrperliche Gegenstaumlnde (Sachen) in einem Mitshygliedstaat befinden Gegenstaumlnde oder Rechte in einem oumlffentlichen Register eines Mitgliedstaates verzeichnet sind (unbewegliche Sachen Schiffe Luftfahrshyzeuge oder Immaterialguumlterrechte) oder Forderungen mit einem Schuldner in einem Mitgliedstaat9s Der Erblasser muss zudem eine Beziehung CUl11 Bclegenshyheitsmitgliedstaat haben naumlmlich dessen Staatsangehoumlriger sein ([it a) oder inshynerhalb der vergangenen fuumlnf Jahre seinen gewoumlhnlichen Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat gehabt haben ([it b) Wenn eine solche Beziehung fehlt wird die Zustaumlndigkeit auf den inlaumlndischen Nachlass begrenzt (Abs 2))(

212 Abweichung im Fall einer Rechtswahl

a) Nach Art 5-9 EuErbVO besteht - zur Wiederherstellung des Gleichlaufs von forum und ius97 - die Moumlglichkeit von der Grundregel (Art 4 und Art 10 EuErbVO) abzuweichen und zwar immer dann wenn der Erblasser eine Rechtsshywahl getroffen hat (1) foumlrmliche Gerichtstandvereinbarung (Art 5 EuErbVO) (2) formlose Gerichtstandsanerkennung (Art 7 lit c EuErbVO) (3) Ermessensshy

89 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 4 Kindschaftsvcrfahrensrechts des EuGH keine che Wohnsitz

90 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 4 91 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 6 92 Vgl DENIS SOLOMON Die allgemeine Kollisionsnorm in Die EUlOpiiishy

sehe Erbreehtsverordnung hrsg v Muumlnchen 201417 ff KINGA M WEissMANUEi -CllC I-lcrausforshy

internationale Na ic1welzcr Sicht sllcccssio 2014 167 f(= zur Notariatspraxis Schweizcrischen Notarcnvcrband Muri 2015S 15

93 DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 7 94 DUTTA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 9 95 DUTfA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 6 96 DUITA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 13 ff 97 dazu WEIssBIGLER (FN 92) successio 2014 166

Kuumlnzle

Dic EuErhVO und die Schweiz

entscheidung des nach der Grundregel zustaumlndigen Gerichts (Art 6 lit a EushyErbVO) (4) Vereinbarung einer aussergerichtlichen einvernehmlichen Regelung (Art 8 EuErbVO) sowie (5) ruumlgelose Einlassung (Art 9 EuErbVO)

b) Die EuErbVO gestattet dem Erblasser keine einseitige Gerichtsstandsshywahl98 der Erblasser muss vielmehr darauf hoffen dass die Erben die ihnen zur Verfligung stehenden Moumlglichkeiten benuumltzen

22 Anwendbares Recht

221 Objektive Anknuumlpfung

Zustaumlndigkeit und anwendbares Recht (Art 4 und 21 EuErbVO) folgen dem Hauptanknuumlpfungspunkt (letzter gewoumlhnlicher Aufenthalt des Erblasshy

sers) womit ein Gleichlauf von forum und ius angestrebt wird

b) Nach Art 21 Abs 1 EuErbVO wird grundsaumltzlich auf den ganzen Nachhtss das Recht ltIm letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers angewendet (Erb-

Der letcte gewoumlhnliche Aufenthalt des Erblassers in Art 21 EuErbVO entspricht demjenigen von Art 4 ErbV099

c) In Art 21 Abs2 EuErbVO gibt es eine Ausweichklauscl wonach ein andeshyres Recht anzuwenden ist wenn zu diesem eine offensichtlich engere Bindung besteht Da auch die Bestimmung des gewoumlhnlichen Aufenthalts auf eine enge Bindung tbstcllt werden Ausnahmen selten vorkommen loa Dutta erwaumlhnt etshywa dass einer fehlgeschlagenen Rechtswahl zum Durchbruch verholfen oder ein Aufenthaltswechsel einer betreuten Person korrigiert werden kann 10I

222 Rechtswahl

Der Erblasser kann das auf den Nachlass anwendbare Recht (Erbstatut) in beshyschriinktem Umfang waumlhlen er kltlnn luumlmlich sein Staatsangehoumlrigkeitsrecht waumlhlen welches er im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes besass (Art 22

98 Vgl DUIlA (FN 85) Vor Art 4 ElIErbVO N 7[] 99 VgL DUTlA (FN 85) Art 21 EuErbVO N 4

100 Kritisch KNUTWERNER LANGE Das ErbkoUisionsrccht im nClIcn Entwurf eincr EU-ErbVO ZErb 2012 [62 FEIJX M WIlKE Das internationale Erbrecht nach der IlCllcn EU-Erbshyrcchtsvcrordnung RIW 2012 605

101 Vgl DUJ1A (lN 85) Art 21 EuErbVO N 6 weiter Faumllle sind Expats oder DiplomaIlshyteIl vgL WElSSBIGLElt (FN 92) sllcccssio 2014174

Kuumlnzle

131 130 T eil 2 Vertiefung

Abs 1 EuErbVO)102 Wenn der Erblasser mehrere Staatsangehoumlrigkeiten beshysitzt hat er die Auswahl 103 Die Rechtswahl betrifft stets den gesamten Nachshy

eine Teilrechtswahl ist nicht moumlglich104

223 Erbvertraumlge

Fuumlr Erbvertraumlge gilt nach Art 25 EuErbVO das zur Zeit der Errichtung massshygebende Recht (Abs 1) Erbvertraumlge sind nur in wenigen Laumlndern der EU zugeshylassen etwa in Deutschland und Oumlsterreich Darunter gehoumlren aber auch gegenshyseitige Testamente (Deutschland)105 und Gestaltungsmittel des franzoumlsischen (donation-partage institution contractuelle renonciationanticipee aIaction en reduction) und englischen Rechts (contract to make or not to make a will contract not to revoke or not to modify a will)106 Bei mehreren Verfuumlgenden muss der Erbvertrag nach beiden Erbstatuten zulaumlssig sein (Abs2) was geleshygentlich durch die Wahl des gemeinsamen Heimatrechts erreicht wird (Abs 3)107

224 Sonderrregelung fuumlr Nachlassverwalter

Nach Art23 Abs2 lit f EuErbVO unterstehen die Testamentsvollstrecker (und Nachlasspfleger nicht aber Nachlassinsolvenzverwalter) grundsaumltzlich dem Erbstatut108 Nach Art29 Abs 1 EuErbVO darf fuumlr Nachlassverwalter

102 Das kann wie folgt formuliert werden (1) Ich bin deutscher hen Aufenthalt in Deutschland Diesen will ich auch Staatsangehoumlriger und habe meinen gewoumlhnlichen Aufenthalt auf Mallorca Vorsorgshy

waumlhle ich fuumlr die Rechtsnachfolge von Todes wegen in mein gesamtes Vermoumlgen sowie die Frage der Rechtswirksamkeit dieses Testaments das deutsche Recht als mein Staatsangehoumlrigshykeitsrecht (3) Ich bin Buumlrger von Kappe Ebnat-Kappel SG (Schweiz) also schweizerischer Staatsangehoumlriger und habe meinen gewoumlhnlichen Aufenthalt in Konstanz (Deutschland) den ich auch bis zu meinem Tod beibehalten will Ich waumlhle hiermit fuumlr die Rechtsnachfolge VOn Toshydes wegen in mein ganzes Vermoumlgen sowie fuumlr die Frage der Rechtswirksamkeit dieses Testashyments das schweizerische Recht insbesondere das schweizerische Erbrecht als mein Staatsangeshyhoumlrigkeitsrecht vgl FELIX ODERSKY Die Europaumlische Erbrechtsverordnung in der Gestalshytungspraxis nOtar 20137

103 Vgl DUrrA (FN 85) Art 22 EuErbVO N 3 104 Vgl DUTTA (FN 85) Art 22 EuErbVO N 8 105 Das in Deutschland haumlufip verwendete gemeinschaftliche Testament ist in der

als im nationalen Recht In die Kategorie der Erbvcrtraumlge einzuordncn VGL ANATOL Die europaumlische Erbrechtsverordnung vor ihrem Anwendungsbeginn Zebn ausgewaumlhlteStreitstandsminiaturen IPRax 2015 35

106 Vgl ANDREABONOMIAzADI OumlZTUumlRK Das Statut der Verfuumlgung von Todes wegen (Art 24 ff EuErbVO) in Die Europaumlische Erbrechtsverordnung hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 N 60 nennen donation-partage

107 WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014 188 geben folgendes Formulierungsbeispiel Ich MilK Muster bin deutscher und schweizerischer Staatsbuumlrger Ich Manuela Muster bin deutshysche Staatsbuumlrgerin Fuumlr die Erbfolge in den gesamten Nachlass waumlhlt ein jeder von uns deutshysches materielles Recht unabhaumlngig vom On des jeweiligen gewoumlhnlichen Aufenthalts im Zeitshypunkt des Todes Fuumlr die Wirksamkeit und Bindungswirkungen dieses Erbvertrages soll insfc samt das deutsche materielle Recht gelten Dies verfuumlgt ein jeder von uns einzeln sowie wir belde

lsam und soweit zulaumlssig mit erbvertraglicher Bindungswirkung Die Bi s1ch soweit zulaumlssig auch auf die Wahl des anwendbaren Rechts erstrecken

108 Vgl DUTTA (FN 85) Art 23 EuErbVO N 23

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

ausnahmsweise bei der lex fori angeknuumlpft werden (Eroumlffnungsstatut) soweit dies zwingend notwendig ist Damit hat man vor allem an den executoradminishystrator des common law gedacht109

225 Formstatut

Fuumlr die Form gilt nach Art 27 EuEirbVO weitgehend 11 0das Haagcr Testashymentsformuumlbereinkommen vom 5101961111 Dies bedeutet im Wesentlichen dass die Form am Ort der Testamentserrichtung eingehalten werden muss

23 Anerkennung von Entscheidungen und Urkunden

a) Mit der Schaffung des Europaumlischen Naehlasszeugnisses (Art 62 EuErbshyVO) welches auch den Testamentsvollstrecker einschliesst ist die Anerkennung im EU-Raum gesichert und zwar ohne besonderes Verfahren (Art 39 Abs I EuErbVO) Es werden allerdings auch neue Probleme geschaffen so etwa die Abbildung des (deutschen) pauschalierten Zugewinnausgleichs welcher guumltershyund nicht erbrechtlicher Natur istl2

b) Die EuErbVO geht recht weit im Umsetzen von auslaumlndischen Entscheidunshygen Bei der Anwendung auslaumlndischen Rechts kann es vorkommen dass Vershyrichtungen umzusetzen sind welche das eigene Recht nicht kennt etwa eine Einantwortung nach oumlsterreichischem Recht eine family provision nach englishyschem Recht oder eine Gestaltungsmassnahme zur Durchsetzung von Pflichtteishylen Diese wurden in Deutschland gelegentlich als wesensfremd abgelehnt 113

was unter der Geltung der Eu ErbVO nicht mehr moumlglich ist j 14

24 Einfuumlhrungsgesetze

Obwohl die EuErbVO direkt anwendbar ist braucht es zur Umsetzung in den einzelnen Laumlndern besondere Vorschriften und regelmaumlssig auch Aumlnderungen des bestehenden nationalen Rechts Deutschland hat das Gesetz vom 29 Juni 2015 zum Internationalen Erbrecht und zur Aumlnderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Aumlnderung sonstiger Vorschriften (IntErbRVGEG) 115 gerashyde noch rechtzeitig vor Inkrafttreten der EuErbVO erlassen Die meisten Laumlnshyder haben noch kein derartiges Gesetz 116

109 85) Art 29 EuErbVO NI 10 Zu Unterschieden vgl DunA (FN 85) Art 27 EuErbVO N 4 ff

111 Vgl wwwhcchl1ctlllploadltcxtll_dpdf(26082015)SR 021 13121 112 Vgl DUrlA (FN 105) IPRax 2015 33 113 Vgl etwa BayObLGZ 1967197201 114 Vgl DUITA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 21 115 BGBl I S1042 fuumlr eine Kommentierung der neuen Regeln vgl Internationales Erbrecht

(EuErbVO I IntErbRVG) brsg v Walter Gier Andreas Koumlhler Ludwig Kroiszlig und Harald Wilsch Baden-Baden 2015

116 Zum oumlsterreichischen Erbrechtsaumlnderungsgesetz vom 30 Juli 2015 (BGBl I 872015) welohe am 112017 in Kraft tritt

Kuumlnzle

132 133 Teil 2 Vertiefung

3 Anwendung der EuErbVO auf die Schweiz

31 Vorbehalt bilateraler Abkommen mit Drittstaaten

a) Waumlhrend Staatsvertraumlge unter den Mitgliedstaaten mit dem Inkrafttreten der EuErbva aufgehoben werden117 bleiben Staatsvertraumlge der Mitgliedstaaten mit Drittstaaten grundsaumltzlich bestehen und haben Vorrang gegenuumlber den Regeln der Erbrechtsverordnung (Art 75 Abs 1 EuErbVO)118 Das bedeutet dass die

119 vorne erwaumlhnten Staatsvertraumlge mit Italien Griechenland und Portugal vorshy

bleiben12o

In den Staatsvertraumlgen mit Italien 121 und Griechenland 122 wird das Heimatrecht auf Erbfaumllle angewendet Wenn in einem Erbfall weitere EU-Staaten (ohne Staatsvertrag) involviert sind kann dies zu Problemen fuumlhren naumlmlich der Anwendung unterschiedlichen Rechts in den einzelnen Staaten123 Fuumlr Deutschland bleiben (unter anderem) die Staatsvertraumlge mit dem Iran mit der ehemaligen Sowjetunion und mit der Tuumlrkei bestehen 124

besteht auch fuumlr Haager Form-Uumlbereinkommen 125

117 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 20

118 Vgl REMBERT SOSS Der Vorbehalt zugunsten bilateraler Abkommen mit Drittstaatcll in Die Europaumlische Erbrechtsverordnung hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014N14mwN

119 Vgl vorne FN 37 120 Vgl Suumlss (FN 118) N 12

121 Zu Einzelheiten vgl TI NA WUumlSTEMANNLARISSA MADOLDA MARTINEZ Der schweierischshyitalienische Erbfall successio 2011 66 ff BGE 138 III 354 Erw 3 BGer 4A_582011 Pra 2012 NI 130 = ZBGR 2014174 Der Staatsvertrag laumlsst eine Rechtswahl BGE 136 HI 461 Erw 52153 = 4A_4212009 ZBGR 2012111 Der Staatsvertrag laumlsst BGer 5C212003 vorn 22072003 Erw 2 Der Staatsvertrag regelt die Frage der weshalb Art 86 H IPRG anzuwenden BGE 120 II 293 Der Staatsvertrag regelt der Eroumlffnung nicht weshalb Art 86 H anzuwenden sind BGE 99 II 246 Erw Staatsvertrag regelt die der Eroumlffnung nicht weshalb die schweizerischen Kollisiollsnorshymcn anwendbar sind ZR Nr 76 Erw II Vorsorgliche Massnahmcn bezuumlglich Nachlassguumlshytern in der Schweiz eines in Italien verstorbenen Italieners

122 Vgl BGE 94 H 5 Elw 2 Heimatrecht ist anwendbar

123 Aumlhnlich wie in den von SUumlSS (FN 118) N 16 ff genannten Beispielen Eclegenheit in einem anshyderen Mitgliedstaat gewoumlhnlicher Aufenthalt in einern anderen Mitgliedstat

124 Vgl DUTTA (FN 105) IPRall 2015 39 ANDREAS KOumlHLER sect 4 Internationales Privatrecht in Internationales Erbrecht (EuErbVO IntErbRVG) hrsg v Walter Gier Andreas Koumlhler Ludwig Kroiszlig und Harald Wilsch Baden-Baden 2015 Anhang zu sect 4 Art 8 Niederlassungsabshykommen vom 17 Februar 1929 zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien (RGBI 1930 II 1002) Anlage zu Art 22 (Nachlassabkommen) sectsect 13-15 17 und 19 KOllsularvcrshytrag zwischen dem Deutschen Reich und der Union der Sozialistischen Sowjctrepubliken vom 12 Oktober 1925 (RGBl1926 II 60) Art 19-20 und 24-29 Konsularvertrag zwischen der Bunshydesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom 25 April 1958 (BGBI 1959 n 233 weiterhin anwendbar gemaumlszlig gemeinsamer Erklaumlrung vorn 25081994) Art 3 und Art 8 Niederlassungsabkommen vom 12Januar 1927 zwischen dem Deutschen Reich und der Tuumlrkischen Republik (RGBI II 76 454) Art 16 und 20 Anlage zu Art 20 (Nachshylassabkommen) Konsularvertrag vom 28 Mai 1929 zwischen dem Deutschen Reich und der Tuumlrkischen Republik (RGB 11930 II S 748)

125 Vgl vorne FN 70 SOSS (FN 118) N 14

Die EuErbVO und die Schweiz

32 Anwendung der ErbVO auf Drittstaaten

a) Die Schweiz gchoumlrt zu den Drittstaaten (als Nicht-EU-Mitglied) ebenso wie das Vereinigte Koumlnigreich (UK) Irland und Daumlnemark welche nicht an der Erbrechtsverordnung teilnehmen126

b) Die Erbrechtsverordnung gilt an sich nur fuumlr die Verordnungsstaaten sie beshytrifft aber auch Erbfaumllle mit Bezug zu Drittstaaten (wie der Schweiz) was als erga mones-Wirkung bezeichnet wird 127 Allerdings gelten nicht alle Regeln der EuErbVO im Verhaumlltnis zu den Drittstaaten128 was durchaus zu Konflikten

kann Ein Bezug zu Drittstaaten kommt etwa vor 129 (1) wenn Dritt shystaatsangehoumlrige ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt in einem Verordnungsstaat hashyben (2) wenn Verordnungsstaatsangehaumlrige ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat haben (3) wenn ein Erblasser mit letztem gewoumlhnlichem Auf-

in einem Verordnungsstaat Vermoumlgenswerte in einem Drittstaat hintershylaumlsst und (4) wenn ein Erblasser mit gewoumlhnlichem Aufenthalt in einem Dritt shystaat Nachlasswerte in einem Verordnungsstaat hinterlaumlsst

(1) Ein Schweizer stirbt in Hamburg (2) ein Italiener stirbt in Lugano nach Oumlsterreich gezogener Franzose mit einem Haus in St Moritz (3)

lebender Hollaumlnder mit einem Haus in Mallorca

Ende 2012 betrug der Anteil der auslaumlndischen Staatsangehoumlrigen in der Schweiz mehr als 23 wobei der uumlberwiegende Teil aus Laumlndern der EU stammte und Ende 2011 hielten sich 703200 Schweizerinnnen und Schweizer im Ausland auf davon drei Fuumlnftel in Europa 130 Es besteht also ein grosses Potential fuumlr laumlnshyderuumlbergreifende Erbfaumllle mit Bezug zur Schweiz und EU Ob man die EuErbshyVO auch auf reine Drittstaatsachverhalte anwenden soll (etwa wenn nur Erben sich in der EU aufhalten) ist umstritten131 wohl aber zu verneinen

c) Nach Art 20 EuErbVO wird das Erbstatut auch dann angewendet wenn es sich nicht um das Recht eines Mitgliedstaates handelt Erwaumlgungsgrund 37 Eushy

126 86 zur Diskussion uumlber die Stellung der nicht teilnehmcnden Staaten Jaumlncmark welche aufkam weil die Definition aus dcr ErbVO gekippt wurde vgl EVA

LEIN Die Erbrechtsverordnung aus Sicht dcr Drittstaatcl1 in Die Europaumlische Erbrechtsvershyordnung hrsg v Anatol Dutta und Scbastian Herrler Muumlnchen 2014 N 7 ff DUTTA (PN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 15

127 ANDREA EONOMIIAlAD OumlzruumlRK Auswirkungen der Europaumlischen Erbrechtwerordshynung auf die Schweiz unter besondercr Beruumlcksichtigung deutsch-schweizerischer Erbfaumllle ZVglRWiss 2015 5

128 Vgl ANDREA BONOMI Le rcglcmcnt europccn sur les successions et SOll impact pour la Suisse SJ 2014 II 397 ff BONOMIIOZTUumllK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 5

129 Vgl NICOLE WILLlMANNGEORGIA FOTIOU Die Europaumlische Erbrechtsverordnung aus Sicht der Schweiz STH 2015 S 337 NIKITA GONTSCHAR EU Erbrechtsverordnung und schweizerishysches IPRG Norderstedt 2011 S 12 LEIN (FN 126) N 16

130 Vgl MICHELlE KALTMATIHIAS UHL Die EU-Erbrcchtsvcrordnung und die Schweiz in Eushyropaumlisierung der schweizerischen Rechtsordnung hrsg v Lukas Fahrlaumlnder und Reto A Heizshymann Zuumlrich 2013 S 106 Ende 2012 betrug die Wohnbevoumllkerung 8036917 Einwohner dashyvon hatten 1868962 Einwohner die auslaumlndische StaaQlangehoumlrigkeit

131 Vgl KALTUHl (FN 130) S 110 f r Kuumlnzle

~ Kuumlnzlel

I

135 134 T eil 2 Vertiefung

ErbVO ergaumlnzt dass das ganze Nachlassvermoumlgen dem Erbstatut (Aufenthaltsshyrecht nach Art 21 EuErbVO bzw Heimatrecht nach Art 22 EuErbVO) unter-

auch wenn es in einem Drittstaat gelegen ist132

d) Verweisungen auf das Recht eines Drittstaates sind nach Art 34 EuErbVO grundsaumltzlich als Gesamtverweisung zu verstehen Damit wird eine Ruumlck- oder Weiterverweisung (Renvoi) auf das Recht eines Mitgliedstaates (lit a) und auf das Recht eines (anderen) Drittstaates ermoumlglicht welcher die Verweisung anshynimmt 133 Es fragt sich weshalb der Renvoi in der Erbrechtsverordnung zugeshylassen wird obwohl dies im europaumlischen KoIlisionsrecht sonst nicht der Fall ist Die Antwort duumlrfte darin zu suchen sein dass im Erbrecht haumlufig das Vermoumlgen in verschiedenen Laumlndern liegt und der Renvoi versucht zu einer moumlglichst ein-

Loumlsung zu kommen134

33 Zustaumlndigkeit

a) Grundregel Waumlhrend das IPRG auf den Wohnsitz abstellt l35 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 136 Diese beiden Kriterien sind haumlushy

aber nicht immer deckungsgleich 137 Unterschiede entstehen vor allem des-weil beim Wohnsitz staumlrker auf subjektive Kriterien abgestellt wird waumlhshy

rend beim gewoumlhnlichen Aufenthalt die objektiven Kriterien im Vordergrund stehen 138 Erfreulich ist dass die Sonderanknuumlpfung fuumlr Immobilien etwa in Frankreich kuumlnftig dahinfaumlllt ~

b) Waumlhrend Erblasser nach dem IPRG seine Zustaumlndigkeit (in begrenztem Umfang) waumlhlen kann140 ist dies nach der EuErbVO nicht der Fall141 was ein gewisses Konfliktpotential darsteIlt 142 Die Wahl des Gerichtsstands ist nach Art 5 Abs 1 EuErbVO den betroffenen Parteien vorbehalten wobei nicht restlos klar ist was damit gemeint Die Erklaumlrung des Erblassers uumlber den

132 VgJ LErN (FN 126) N 17 133 VgJ DurrA (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 H 134 Vgl MICHAEL HELLNER Probleme des allgemeinen Teils des Internationalen

Die Europaumlische Erbrechtsverordnung v Anatal Dutta lind Sebastian Herrler 2014 N 12

135 Vgl vorne 111 b) (1) 136 Vgl vorne 211 b) 137 Vgl BONOMIIOumlZTUumlRK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 13 zu einem Vergleich der beiden Begriffe

vgl KALTUHL (FN 130) S 120 f 138 Vgl WmssBrGLER (FN 92) suceessio 2014 184 ff (mit einer Tabelle der moumlglichen FaumlHe im

Verhaumlltnis Schweiz-Deutschland) 139 Vgl IVOSCHWANDER Die EU-Erbrechtsverordnung A]P 20141090 140 Vgl vorne 111 b) (2) 141 Vgl vorne 212

142 Vgl szligENNOIT CHAPPurs]ULlEN PERRIN Le Reglement (UE) No 6502012 du Parlement eushyropeen er du Conseil du 4 juillet 2012 relatif ala compctence la loi applicable la reconnaissance et lexecution des decisions et lacceptation et lexecution des actes authentiques en matiere de successions et ala cnlation dun certificat successoral curopcen NotIex2014 33

143 Vgl DU1TA (FN 85) Art 5 EuErbVO N 6 ff

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

gewoumlhnlichen Aufenthalt in seinem Testament ist aus der Sicht der EuErbVO ein Ausgangspunkt aber nicht das Endergebnis Nicht selten wird uumlbersehen dass mit einer Veraumlnderung der Zustaumlndigkeit auch die Anwendung einer andeshyren Erbschaftssteuer verbunden sein kann

c) Die Ausnahmeregel von Art 10 ErbVOl44 laumlsst aus der Sicht eines Dritt shystaates (wie der Schweiz) die Befuumlrchtung aufkommen dass es sich um einen exshyorbitanten Gerichtsstand handelt145 der neue Konflikte schafft und zu einem forum running fuumlhrt 146 Das sollen zwei Faumllle zeigen

Fall 1 Ein Schweizer in der Schweiz mit einem Haus in Deutschland und einem Bankkonto in Oumlsterreich stirbt Das ist ein Fall von Art 10 Abs 2 EuErbVO (Vermoumlgen in der EU) Deutschland ist fuumlr das Haus zustaumlndig was mit Art 86 Abs2 IPRG uumlbereinstimmt ein deutsches Urteil wird nach Art 96 Abs 1 lit b IPRG anerkannt Oumlsterreich ist fuumlr das Bankkonto zustaumlndig was Art 86 Abs 1 IPRG widerspricht ein oumlsterreichisches Urteil wird in der Schweiz nach Art 96 rPRG nicht anerkannt die Schweiz ist fuumlr den restlichen Nachlass zustaumlndig was mit Art 86 Abs 1 IPRG vereinbar ist

Fall 2 Ein Schweizer in England der bis vor 4 Jahren in Deutschland lebte mit einem Haus in Frankreich und einem Konto in der Schweiz errichtet eine letztshywillige Verfuumlgung mit der Wahl des Heimatrechts (eH) Das ist ein Fall von Art 10 Abs 1 lit b (Aufenthalt vor weniger als 5 Jahren) Deutschland ist fuumlr den gesamten Nachlass zustaumlndig was Art 87 Abs2 IPRG widerspricht ein deutsches Urteil wird nach Art 96 IPRG nicht anerkannt die deutsche Zustaumlnshydigkeit widerspricht auch der Sicht des englischen Rechts UK ist fuumlr ches Vermoumlgen zustaumlndig und uumlberlaumlsst Frankreich die Zustaumlndigkeit Grundstuumlcke die Schweiz anerkennt UK-Urteile nach Art 96 IPRG

Es waumlre zu begruumlssen wenn die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO zuruumlckshyhaltend verwendet wird Denkbar waumlre dass der Gesetzgeber eine konkrete Schranke einbauen wuumlrde (zB mindestens 10 des Nachlasses )147 Teilweise

144 vorne 211 cl

_

__

145 ~E (FN 100) RIW 2012 604 verhindert die Anll11uumlpfung am fruumlheren gewoumlhnlichen diese Zustaumlndigkeit vom Stigma eines exorbitanten Gerichtsstands

146 DORMANN Das schwei7-crische internationale Privatrecht lind die europaumlische Erb-rlaquo~h-Mlm im Vergleich in Die EU-Erbrechtsverordnung NI 6502012 und deren Ausshy

lerse Laumlnder hrsg v der Europaumlischen Anwaltsvcreinigullg cV (DACH) Zuumlrich 2014 S 86 Ivo SCIIWANDER Die Behandlung internationaler Erbfaumllle mit Hinweisen fuumlr die internationale Nachlassplanung in Nachlassplanung und Nachlassteilung hrse v Schmid Zuumlrich 2014 S493 CHAIPUISPERRIN (FN 142) Notex 2014 30 (FN 130) S 110 f BONOMI (FN 128) SJ 2014 Ir 417 ff

147 WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014 170 bemerken zu kriterien wenig hilfreich sind MrCHELLE KALTUr-lL (FN Nachlassvermoumlgen von einilcl11 Gewicht vorlieeen muumlsse

Kuumlnzle

137 136 Teil 2 Vertiefung

schafft Art 10 EuErbVO auch Konflikte mit dem bestehenden Recht der Mitshygliedstaaten wie das Beispiel von Oumlsterreich (sect 150 AuszligStrG) zeigt 148

Wenn ein Erblasser vermeiden will dass Art 10 EuErbVO zur Anwendung kommt muss er zufaumlllige und unnoumltige zustaumlndigkeitsbegruumlndende Beruumlhshyrungspunkte zu einem Mitgliedstaat zu Lebzeiten beseitigen149 sprich sein Vermoumlgen aus dem Mitgliedstaat abziehen

d) Fuumlr den Fall dass ein Verfahren in einem Drittstaat unmoumlglich oder unzushymutbar wird schafft Art 11 EuErbVO eine Notzustaumlndigkeit 15o Verlangt wird ein ausreichender Bezug zum Mitgliedstaat Gedacht ist etwa an den Fall des Stillstands der Rechtspflege dann soll das Verfahren nach Art 10 Abs2 EushyErbVO auf das Ausland ausgedehnt werdenlS1

e) Fuumlr den Fall dass Entscheidungen von Mitgliedstaaten in einem Drittstaat keine Aussicht auf Anerkennung oder Vollstreckung haben kann das Verfahren im Mitgliedstaat auf den europaumlischen Nachlass beschraumlnkt werden (Art 12 EuErbVO) In diesem Zusammenhang ist Liechtenstein zu erwaumlhnen152 welshyches nur mit der Schweiz153 und Oumlsterreich154 Vollstreckungsabkommen abgeshyschlossen hat (ersteres regelt die Zustaumlndigkeit nicht umfassend155 und letzteres

auf Erb- und Verlassenschaftssachen keine Anwendung Art 1 Abs3 Ziff 3)156 weshalb fuumlr die meisten Staaten eine Vollstreckung ausgeschlossen

bzw nur das Rechtsoumlffnungsverfahren (Art 49 ff RSO) bleibt welches zu einer Aberkennungsklage und damit einer inhaltlichen Pruumlfung in Liechtenstein fuumlhrt ISS

148 VgL ENA-MARLISBAJONS Zustaumlndigkeit und anwcndbares Recht in Erbsachenin Europaumlische Erbrechtsverordnung v Martin Schauer und Elisabcth Scheuba Wicn2012 S 40 149 WEISSIBIGLER (FN 92) successio 2014 178 150 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 12 151 VgL DUTTA (FN 85) Art 11 EuErbVO N 1

152 Vgl dazu HANS RAINER KUumlNZLE Vermoumlgensschutz mit liechtensteinischen Strukturell aus schweizerischer Sicht in Handbuch des Vermaumlgensschutzes hrsg v Francesco Schurr Wien2015 N 92 ff

153 Vg1 Abkommen vom 25 Aplil1968 zwischen dem Fuumlrstentum Liechtellstein und der Schweizeshyrischen Eidgenossenschaft uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entshyscheidungen und Schiedsspruumlchen in Zivilsachen (LR 027691011 I SR 0276141)

154 Ygl Abkommen vom 5]uli 1973 zwischen dem Fuumlrstentum Licchtenstein und der Osterreich uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen EntseheidungcSchiedsspruumlchen Vergleichen und oumlffentlichen Urkunden (LR 027691021)

155 Vgl MARIO FRICK Asset Protection und Zivilprozess L1Z 33 (2012) 1322156 Vgl BERNHARD MOTAL Durchsetzung von Pflichtteilsanspruumlchen gegen eil

Stiftung ]EV 2013 53 MARIO FRICK Die Anerkennung und Vollstreckung auslaumlndischer Entshyscheidungen in Zivilsachen im Fuumlrstentum Liechtenstein St Gallen 1992 S 66

157 Vgl etwa OG 7 Rouml 20023 vom 220820021us amp News 200371 Ein auslaumlndisches Urteil (LGFreiburg iBr) ist mangels Staatsvertrag bzw gegenseitiger Anerkennung nicht vollstreckbar

158 VgL MARIO FRICK Sind auslaumlndische Urteile taugliche Urkunden fuumlr eine Rechtsaumlffnung in Liechtenstein Anmerkungen zum Beschluss des liechtensteinischen Obergcrichts vom22082002 zu 7Rouml 20022]us amp News 2003710 f

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

34 Anwendbares Recht

a) Waumlhrend das IPRG grundsaumltzlich auf den Wohnsitz abstellt 159 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 160 Diese beiden Kriterien sind haumlushyfig aber nicht immer deckungsgleich 161 Damit duumlrften die meisten bestehenden Konfliktfaumllle welche auf die Anwendung des Staatsangehaumlrigkeitsrechts zushyruumlckgehen verschwinden 162 Es macht durchaus Sinn dass der Erblasser seine tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse in der letztwilligen Verfuumlgung festhaumllt (confessio iushyris)163 Von einer Rechtswahl durch Verschiebung des gewoumlhnlichen Aufentshyhaltsorts ist aufgrund der damit verbundenen Rechtsunsicherheit abzurashyten164 Die Anwendung der EuErbVO in der Schweiz und damit die Auslegung von Art 91 Abs 1 IPRG wird noch einiger Priizisierungen beduumlrfen 165 Ein geshywisses Konfliktpotentialliegt darin dass es in der Schweiz neben dem Erbstatut auch noch ein EroumlffnungsstatutiMgt gibt 167

b) Nach dem IPRG kann der Erblasser sein Heimatrecht im Zeitpunkt des Toshydes waumlhlen168 nach der EuErbVO kann der Erblasser sein Staatsangehoumlrigkeitsshyrecht im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes waumlhlen 169 Auch hier beshysteht weitgehende (aber nicht vollstaumlndige) Uumlbereinstimmung Die Wahl des Heimatrechts kann aus schweizerischer Sicht zu einer Verlagerung der Zustaumlnshydigkeit in die Schweiz fuumlhren (Art 87 Abs 2 IPRG) und damit moumlglicherweise

nach kantonalem Recht) zu einer Anwendung der Erbschaftssteuer in der 170 Wenn beim Erblasser Anknuumlpfungspunkte mit mehreren Laumlndern

bestehen sollte er sich in der letztwilligen Verfuumlgung zum anwendbaren Recht aumlussern selbst dann wenn er kein Recht waumlhlen moumlchte i71 Seitens der EU wird bedauert dass nicht auch noch das Recht des gewoumlhnlichen Aufenthaltsorts im Zeitpunkt der Testamentselrichtung lind das Guumlterstatut gewaumlhlt werden

159 160 161 162

163 164

165

166 167 139) AJP 20141098 168 169 170 Vgl WElSSB1GLER (FN 92) successio 2014 178 zu einem Formulierungsbeispiel vgJ JUTTA

MUumlLLER-LuKOSCHECK Die neue EU-Erbrechtsverordnung Essen 2013 sect 4 N 26 171 VgJ WEISsBJGLER (FN 92) succcssio 2014 177 f

Kuumlnzle

vorne 12 I a) vorne 221 b)BONOMrlOumlZTORK (FN 127) ZVglRWiss 201523 f DORMANN (FN 146) S 84 PllIlIlPE FRESARll Lc nouvcau Rcglcrnem CUlopccn de sllccession

N 40 ff ALEXANDER PFEIFFER Andenmgcn des Erbstatuts dur aus schweizerischer Sicht successio 2010 320 L dennoch kann ein

ganz ausgeschlossen werden vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 20141098 Zu V~1 WmssBIGlERMltglicdstaat Art Vgl SClIWANDER _ auf Erblasser lnit lItthU~Ptjlt1l~hrgttmiddot

91 Abs 1 IPRG gleichermassenStaatsangehoumlrigkeit anwendshy

bar ist) VgJ vorne 122 VgJ SCHWANDER Vgl vorne 121 Vgl vornc 222

139 138 Teil 2 Vertiefung

kann 172 Aus schweizerischer Sicht sind wir froh daruumlber weil zusaumltzliche Wahlmaumlglichkeiten weitere Konflikte schaffen wuumlrde

c) Die ErbVO regelt nicht wie das anzuwendende Fremdrecht festzustellen ist und welches Recht angewendet wird wenn es nicht feststellbar isc173 In Deutschland ist auslaumlndisches Recht von Amtes wegen festzustellen die Parteien haben das Gericht zu unterstuumltzen und es koumlnnen Sachverstaumlndige beigezogen

174werden Schwer feststellbares Recht kann ev uumlber das Mutterrecht erschlosshysen werden (2GB BGB ce common law) ansonsten gilt die lex fori

d) Ein Konfliktpotential besteht bei Doppe1buumlrgern 175 Diese sind in der Schweiz von einer Wahl des Heimatrechts ausgeschlossen 176 waumlhrend Mehrshystaatler in der EU das Recht waumlhlen duumlrfen dem sie zur Zeit der Rechtswahl oder im Zeitpunkt des Todes angehoumlren (Art 22 Abs 1 Satz 2 EuErbVO)177

e) Eine Ruumlck- und Weiterverweisung (Renvoi) wird im schweizerischen Recht nur in den vom Gesetz vorgesehenen Faumlllen zugelassen (etwa Art 91 Absl IPRG)178 in der Erbrechtsverordnung dagegen in breiterem Umfang (Art 34 EuErbVO)Y9 Letzterer kommt vor allem dann vor wenn ein Drittstaatsrecht ~ eine andere Hauptanknuumlpfung (als den letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers) verwendet zum Beispiel das Staatsangehoumlrigkeitsprinzip180 Weil dies bei der Schweiz nicht der Fall ist181 duumlrfte dieser Unterschied kaum zu Problemen fuumlhren 18z

f) Eine Rechtswahl kann dazu fuumlhren dass Erb- und Guumlterrecht auseinanderfalshy[en Die Rechtsnatur des pauschalen Zugewinnanteils des uumlberlebenden Ehegatshyten von 11 (Art 1371 Abs 1 BGB) ist umstritten weil ein Anspruch basierend auf Guumlterrecht im Erbrecht abgegolten wird 183 Dieser Fall zeigt dass neben

172 Vgl WILKE (FN 100) RIW 2012606

173 Vgl KINGA M WEISSMANUEL BIGLER Wohnsitz oder gewoumlhnlicher Aufenthalt _ Die Anshywendungsprobleme der europaumlischen Erbrechtsverordnung im Rechtsverkehr mit der Schweiz Deutscher Anwaltsspiegel Spezial Maumlrz 2013 S 28 KALTUHL (FN 130) S 121 f

174 Vgl WALTER ERMANNHARM PETER WESTERMANN BGB 13 A) Koumlln 2011 Einl Art 3-47N 59 ff

17S VgJ SCI-WANDER (FN 139) AJP 20141096 BALZ HOumlSLYSTEFANIE DEBRUNNER Rechtswahl schweizerisch-deutscher Doppelbuumlrger bei der Nachlassplanul]g untermiddot Beruumlcksichtigung ~er EU-Erbrechtsverordnung Anwalts revue 2013 276 BONOMrOZTuumlRK (FN 127) ZVgIRWlss 201524 f

176 Vgl vorne 121 b) 177 Vgl vorne 222 178 Vgl vorne 121 g) 179 VgJ vorne 32 d) 180 Vgl DU11A (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 181 Vgl vorne 121 a) Wohnsitz als Anknuumlpfugskriterium182

Vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 2014 1096 welcher darauf hinweist dass heikle RenvoishyProbleme mit Frankreich Schweden und Deutschland kuumlnftig entfallen

183 Vgl HEINRICH DOumlRNER Die Abgrenzung des Erbstatllts vom Guumltcrstatut in Die Europaumlisc~e Erbrechtsverordnllng hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 NIl ff dIe hM geht Yon einer guumlterrechtlichen Qualifikation aus vgl etwa BGH FamRZ 2012 1871

Kuumlnzte

Die EuErbVO und die Schweiz

dem Erbrecht auch das Guumlterrecht der Ehegatten in der EU koordiniert werden sollte Ein Schritt in diese Richtung ist der Vorschlag KOM (2011])1262 184

35 Erbvertraumlge

a) Die Erbrechtsverordnung aumlndert nichts an der Beurteilung (Zulaumlssigkeit) von Erbvertraumlgen in den einzelnen Laumlndern Deshalb ist je nach Ziel[and sorgfaumlltig abzuklaumlren ob Erbvertraumlge (zwischen Ehegatten oder zwischen beliebigen Ershyben) zulaumlssig sind

Wenn deutsche Staatsangehoumlrige in die Schweiz kommen ist ihnen zu empshyallfaumlllige gemeinschaftliche Testamente (welche im schweizerischen

Recht nicht bekannt sind) durch einen Erbvertrag zu ersetzen IS5

36 Testamentsvollstrecker

a) In der Schweiz hat der Gesetzgeber die Anwendung des Eroumlffnungsstatuts vorgesehen (Art 92 Abs 2 IPRG) die Lehre wendet aber hauptsaumlchlich das Erbshystatut an 186 In der EU wendet man auf den Testamentsvollstrecker grundsaumltzshylich das Erbstatut an (Art 23 Abs 2 [ie f EuErbVO) laumlsst aus zwingenden Gruumlnden aber auch das Eraumlffnungsstatut zu (Art 29 Abs 1 EuErbVO)187 wohl der umgekehrte Weg gewaumlhlt wurde sollten diese beiden Loumlsungen ziemshy

(aber nicht vollstaumlndig) kompatibel sein

b) Die fuumlr den executor gedachte Ausnahme kann auch vom schweizerischen Recht in Anspruch genommen werden Das hat etwa zur Fo[ge dass die zwinshygend vorgesehene Aufsicht 188 fuumlr einen von einer schweizerischen Behoumlrde (nach deutschem Recht) eingesetzten Testamentsvollstrecker sich nach schweishyzerischem Recht richtet und die Aufsichtsbehoumlrde somit (im Gegensatz zu Deutsch[and wo es nur die Absetzung gibt [sect 2227 BGB]) Empfehlungen Weishysungen und andere sachdienliche Massnahmen anordnen kann 18

37 Nachlasszeugnisse

a) Es ist davon auszugehen dass die schweizerische Behoumlrden (Grundbuch)190 und Gerichte sowie Private (Banken und Versicherungen) das Europaumlische

184 Wesentliche Inhalte Zllstaumlndi~kcit des Nachlassgerichts (Art 3) Rechtswahl (Art 16 gemcinmiddot samer gew~hnlicher u~ent~a t gewoumlhnlicher Aufcnthal~ ~ines Ehegatten bei der Eheschliesshysung oder Staatsrtngehongkelt Cll1es Ehegatten) oder WSldlar (Art 17) erster gememsamer geshywoumlhnlicher Aufenthalt bzw gemeinsame Staatsangehoumlrigkeit bzw engste Verbundenheit

185 Vgl ODERSKY (FN 102) notar 20138 186 Vgl vorne 122 b) 187 Vgl vorne 224 188 Vgl VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 515 189 VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 536 ff 190 Das Europaumlische Nachlasszeugnis ist inhaltlich und funktionell gleichwertig wie die Erbbescheishy

nigung nach Art559 ZGB llnd deshalb auch im Grulldbuchverkehr zu akzeptieren vgl WEIsslBrGLER (FN 92) sllccessio 2014 193

Kuumlnzte

141 140

Teil 2 Vertiefung

Nachlasszeugnis191 ohne weiteres anerkennen werdenl92 auch wenn der Gutshyglaubensschutz (Art 69 Abs2 EuErbVO) schwaumlcher ausgestaltet ist als beim deutschen Erbschien193 Aus Gruumlnden des Verkehrsschutzes wird man dem Europaumlischen Nachlasszeugnis in der Schweiz houmlchstens die Wirkungen zuershykennen koumlnnen die eine Bescheinigung nach Art 559 Abs 1 ZGB haumlttel94 Zu

kann es kommen wenn ein Mitgliedstaat die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO begruumlndet oder in der Schweiz zuerst ein Erbschaftsverfahren eingeleitet wurde 195 Neben dem Europaumlischen Nachlasszeugnis bleiben die nashytionalen Erbfolgezeugnisse bestehen196 welche teilweise (weiterhin) einem Vollshystreckungsverfahren (Exequaturverfahren Art 25 ff IPRG) unterworfen sind 197

b) Beim umgekehrten Weg (Anerkennung der schweizerischen Erbbescheinishygung im Ausland) erwarte ich zusaumltzliche Hindernisse weil die sehr detaillierte Regelung des Europaumlischen Nachlasszeugnisses (Art 68 EuErbVO) dazu wird dass die (aufgrund kantonaler Gesetzgebung) sehr uneinheitlichen und teilweise nur mit rudimentaumlren Angaben versehenen schweizerischen Erbbeshyscheinigungen (ohne Ehevertrag ohne Nachlasswerte ohne Erbquote) je

191 Vg1 vorne 37 192

Ebenso CA1HERINE GRUN MEYERrrHOMAS SPRECHER Aspekte der neuen EU-Erbrecbtsshyverordnung und ihres Bezugs Zur Scbweiz ZBGR 2015156 WErssBIGLER (FN 92) successio 2014192 BONOMI (FN 128) S] 2014 II 399 f

193 Vgl dazu KNUTWERNER LANGE Das Europaumliscbe Nachlasszeugnis Die Europaumlische Erbshyrechtsverordnung brsg v Anatol Dutta und Sebastian 2014 N 26 anders als im deutschen Recht schadet grobe Fahrlaumlssigkeit

194 SCHWANDER (FN 139) A]P 20141103 195

Vgl WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014192 SCHWANDER (FN 139) A]P 2014 1103 196

VglCHRISTOPH DORSEL Europiiische Ebrechts~erordnllng und Europaumlisches Nac~lasseu~shyms m Erbfalle unter Geltung der EUlOpiJschen Erbrechtsverordnung hrsg v Martm Lohmg ua Bielefdd 2014 S 51 fE

197 Zur Wirkung innerhalb der EU vgl DU1TA (FN 105) IPRax 2015 38 Wirkung als nach Art 3 Absl lit g EuErbVO fuumlr Erbausweise nach kontradiktorischem Verfahren Wirkung nach Art 59 EuErbVO fuumlr Erbausweise in Form einer oumlffentlichen Urkunde

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

je weniger akzeptiert werden198 Dabei allerdings Deutschland welches ausshylaumlndische Erbfolgezugenisse schon heute durchwegs ablehnt 199 nicht als Reshyferenz verwendet werden 2OO

38 Zwingende Bestimmungen

Wie vorne201 dargestellt wendet die Schweiz die Bestimmungen des baumluerli shychen Bodenrechts (BGBB) und uumlber den Grundstuumlckerwerb durch Personen im Ausland (BewG) als zwingende Bestimmungen an Ob diese Regeln auch Erbfaumlllen mit EU-Bezug zur Anwendung kommen haumlngt davon ab ob Art 30 EuErbVO auch auf Drittstaaten zur Anwendung kommt202 was zu ist20)

39 Weitere Bereiche der Erbschaftsplanung

Schliesslich ist daran zu erinnern zur umfassenden Erbschaftsplanullg auch das Eheguumlterrecht gehoumlrt und immer mehr auch Verfuumlgungen unter Lebenden ershyfasst (insbesondere im Rahmen der Unternehmensnachfolge) sowie (weiterhin) Strukturierungen mit Gesellschaften Stiftungen und Trusts Alle diese Bereishyche werden von der EuErbVO nicht erfasst204 und werden somit weiter von den nationalen Kollisionsregeln beherrscht205 Es bleibt somit noch viel Raum fuumlr weitere Harmonisierung

198 (39) AJP 20141103 weist auf den houmlheren Oualitiitsstandard in der EU hin schweizerische Recbt (Art 559 ZGB) zu

199 Vgl ULRrCH HAAS Internationales Verfahrensrecht in Erbsachen in Erbrecht in Ellropa hrsg v Rembert Suumlss 2 A Angclbachtal 2008 N 54 Begruumlndet wird dies damit dass einem dem deutschen Erbschein nachgebildeten auslaumlndischen Erbnachweis keine prozessrcchtli Wirkungen insbesondere keine Rechtskraft- oder GestaltungswirklIng zukommt anders schieden hat das LG Muumlnchen 28 0 243110 bei einem tuumlrkischen Erbschein was von

Auslaumlndischer Erbschein fuumlr Nachlass in Delllschland IPRax 2013241 H) aber tuumlrkischer Erbschein die Person an die man leisten kann nicht ohne

200 Allerdings ist die Anerkennung von nationalen crDlolgezcugmsscn ganz noch nicht sehr gekommen vgl PETER BREITSCHMIDCHRISTELLE HAAS Impacts tur reglelTIcnt europeen en matierc de successions sur le droit suisse in Succcssions internationashyles hrsg v Andrea BonomiChristina Schmid GencvelZurichBRle 2010 S 134 mit Verweis auf einen Bericht des Max-Planck-Instituts vom 26032010

201 Vgl vorne 112 202 Vgl KALTUHL (FN 124) S [JO f 203 VgL DurrA (FN 85) Art 30 EuErbVO N 7 204 Vgl STEPHANIE HERZOG Die EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) ErbR 2013 4

TANZE FISCHER-CZERMAK Anwendungsbereich in Europaumlische Elbrechtsverordnung nrs v Martin Schauer und Elisabeth Scheuba Wien 2012 S 25 H MUumlLLER-LuKOSCHEK (FN sect 2 N 47 ff

205 VgJ etwa ALEXANDER PFE1FFER Nachlassplanung deutsch-schweizerischer (Diss Leipzig) Regensburg 2011 S 259 ff

Kuumlnzle

Page 6: Tagungsband 8. Deutscher Testamentsvollstreckertag · 2015. 12. 7. · 28.06.2010 Erw. 3.1: Frankreich befasst sich nicht mit ausländischen Liegenschaften _ ein Gut 21 Vgl. Art.

124 Teil 2 Vertiefung

und Ausschlagung der Erbschaft Erbgang Erbrechts-Klagen Erbteilung Stelshylung der Erben vor und nach der Teilung (insbesondere Haftung der Erben)63 usw

g) Das schweizerische Internationale Privatrecht laumlsst den Renvoi (Ruumlck- und Weiterverweisung) nur zu wenn dieser vom Gesetz vorgesehen ist (Art 14 IPRG) wie etwa in Art 91 Abs 1 IPRG64

122 Eroumlffnungsstatut

a) Fuumlr die sichernden Massnahmen und die Nachlassabwicklung das Recht am Ort der zustaumlndigen Behoumlrde zur Anwendung (Art 92 Abs2IPRG)65

b) Zum Eroumlffnungsstatut gehoumlren etwa 66 Sicgelung und Inventar Testlshymentseroumlffnung Ausstellen der Erbbescheinigung Form der Ausschlagung das oumlffentliche Inventar amtliche Liquidation67 Verwaltung der Erbschaft Liquidashytionshandlungen die Mitwirkung der Erbteilungsbehoumlrden und die Stellung des Willensvollstreckers (Art 92 Abs2 IPRG) In der Lehre werden allerdings zushynehmend mehr Aspekte der Willensvollstreckung dem Erbstatut zugeordnet68

123 Erbvertraumlge

Erbvertraumlge unterstehen nach Art 95 IPRG dem Recht am Wohnsitz des sers zur Zeit des Vertragsabschlusses (Abs 1) Der Erblasser kann sein Heimatshyrecht waumlhlen (Abs2) Bei mehreren Verfuumlgenden (Erblassern) untersteht jede Verfuumlgung dem jeweils eigenen Statut69

62 Die Frage ob eine Sache vom Erblasser guumlltig erworben den vgl SIEHR (FN 9) sect 9 III 5 das Sachenrecht muss entscllCloen lasser guumlltig erworben wurde vgL BGE 94 II 297 das ObligatiollcnrCcI ein Bankguthabcn als Trust aus dem Vermoumlgen des Erblassers 79

63 Ob bei einem Auslandsbezug ein guumlltiger Anspruch gegenuumlber dem Erblasser bestand ist nach Obligationenrecht (und nicht Erbrecht) zu entscheiden vgl BGE 93 I1 379

64 Vgl Vgl MONICA MAumlCHLER-ERNESuSANNE WOLf-ME1IER Kommentar zu 13-19 IPRG in Baslcr Kommentar Internationales Privatrecht hrsg v Heinrich Honsel Nedim Peter Vogt und Anton K Schnyder 3 A BaselFrankfurt 2013 Art 141PRG N 14

65 Vgl BGel 5A]632012 vom 18032013 Erw 2 OGer ZH LF130068 vom 22042014 Erw 21 66 Vgl BSK-SCHNYDERLIATOWITSCH (FN 3) Art 92 IPRG N 8 BUCI-IER (FN 14) ZGBR 69

(1988) 154 KILIAS (FN 9) S 96

67 Vgl OGer ZH vom 21081998 abgedruckt bei BREITSCl-IMIDKONZLE (FN 1) S 158 f 68 V1 HANS RAINER KONZLE Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht Band

echt 1 Abteilung Die Erben 2 Tetlband Die Verfuumlgungen von Todes wegen 2 Illensvolistrecker (Art 517-518 2GB) Bern 2011 Vorbem zu Art 517-518 ZGB N 73

Beginn machte HEINI (FN 3) Art 92 IPRG N 22 f 69 Vgl BSK-SCHNYDERLIATOWITSCH (FN 3) An 95 IPRG N 5

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz 12S

124 Formstatut

Art 93 IPRG verweist fuumlr das Formstatut also fuumlr die Form des Testaments und Erbvertrags auf das Haager Uumlbereinkommen vom 5 Oktober 19617deg Eine letztwillige Verfuumlgung ist danach guumlltig wenn sie die Form des Heimatrechts des Wohnsitzrechts des Rechts ammiddotgewoumlhnlichen AufenthaltsOlt des Errichshytungsortsrechts oder des Lageortsrechts erfuumlllt

13 Anerkennung von auslaumlndischen Entscheiden und Urkunden

131 Direkte Zustaumlndigkeit

a) Die direkte Zustaumlndigkeit ist in Art 25 ff IPRG geregelt Danach werden auslaumlndische Entscheidungen in der Schweiz anerkannt wenn das zustaumlndige Gericht eine endguumlltige Entscheidung gefaumlllt hat und kein Verweigerungsgrund nach Art 27 IPRG vorliegt Der Nachweis der ErbensteIlung kann mit einem auslaumlndischen Ausweis gefuumlhrt werden welcher der Erbbescheinigung (Art 556-559 ZGB) gleichwertig istl

b) Puumlr Auskuumlnfte lind Verfuumlgungen uumlber Bankdepots und -kontos in der Schweiz werden der deutsche Erbschein und die oumlsterreichische Einantworshytungsurkunde ohne weitere Formalitaumlten akzeptiert72 Gleiches gilt fuumlr Ausweishyse des Probate Court aus England oder den USA fuumlr die executorsJ3 Die in Deutschland als Ausweis anerkannte Eroumlffnungsurkunde74 wird dagegen nicht von allen Banken akzeptiert

c) Fuumlr Auslaumlndische Erbfolgezeugnisse als Ausweis fuumlr Eintragungen im schweizerischen Grundbuch hat das Bundesamt fuumlr Justiz Regeln ausgearbeishytet75 welche fuumlr jedes Land konkret festhalten welche Erbfolgezeugnisse als gleichwertig (aumlquivalent) im Sinne von Art 559 ZGB (im Vergleich mit der Erbshybescheinigung) angesehen werden Danach wird der deutsche Erbschein

2358 H BGB) in der Schweiz ebenso anerkannt76 wie (bei klaren Verhaumlltnisshy

71 72

73 74 75

76

Kuumlnzle

127 126 Teil 2 Vertiefung

auch ein oumlffentlich beurkundetes Testament zusammen mit der Eroumlffshynungsurkunde

d) Auslaumlndische Erbfolgezeugnisse koumlnnen fuumlr vollstreckbar erklaumlrt werden (Art 28 iVm Art 31 IPRG) Das sog Exequaturverfahren wird vom kantonashylen Prozessrecht bestimmt und ist in der Regel summarischer Natur Dieses Vershyfahren wird etwa im Bankverkehr notwendig wenn der auslaumlndische Ausweis nicht akzeptiert wird Das ist haumlufig der Fall wenn der auslaumlndische Ausweis von einem Notar ausgestellt wurde77 Zudem gibt er territoriale Beschraumlnkunshygen So ist der Fremdrechtserbschein auf Deutschland begrenzt und die oumlsterreishychische Einantwortungsurkunde erfasst keine Liegenschaften im Ausland liches gilt fuumlr den letters testamentary und den letters of administrationl8 Diese territorialen Beschraumlnkungen werden in der Schweiz dann beachtet wenn sie sich aus dem materiellen Recht ergeben (Fremdrechtserbschein) nicht aber wenn sie sich aus Regeln des Verfahrensrecht ergeben (Einantwortungsurkunshy

e) Wenn im Ausland kein Erbfolgezeugnis ausgestellt wird oder dieses das in der Schweiz gelegene Vermoumlgen nicht erfasst ist in der Schweiz (im Rahmen eines Eroumlffnungsverfahrens) ersatzweise eine (schweizerische) Erbbescheinigung zu beantragen Die Zustaumlndigkeit richtet sich nach Art 87 und Art 88 IPRG Wurde im Ausland zwar ein Ausweis ausgestellt erfuumlllt dieser aber die fuumlr die Anerkennung notwendigen Anforderungen nicht muss gestuumltzt auf die Notzushystaumlndigkeit von Art 3 IPRG am Ort der gelegenen Sache oder an einem anderen Ort mit dem der Sachverhalt einen genuumlgenden Bezug aufweist eine Erbbeshyscheinigung beantragt werden

f) Bei Kollisionen von Erbrechtsausweisen aus mehreren Laumlndern kann Art 27 Abs2 lit c IPRG (iVm Art 31 IPRG) die Loumlsung bringen indem das zuerst in der Schweiz eingeleitete Verfahren80 Vorrang hat81

132 Indirekte Zustaumlndigkeit

Die indirekte Zustaumlndigkeit ist in Art 96 IPRG geregelt Nach Abs 1 lit a wershyden Urteile anerkannt wenn sie getroffen ausgestellt oder festgestellt worden sind im Staat des letzten Wohnorts des Erblassers oder im Staat dessen Recht er gewaumlhlt hat oder wenn sie dort anerkannt werden (sog Drittstaatsanerkenshy

77 Vgl I tANS KUHN Anerkennung und Wirkungen auslaumlndischer Erbauswcisc im schweizerischen Recht SZIER 12 (2002) 7

78 Vgl KUHN (FN77) SZIER 12 (2002) 25 79 Vgl KUHN (FN 77) SZIER 12 (2002) 26 f 80 In der Schweiz wird der Nachlass mit dem Tod des Erblassers automatisch eroumlffnet vgL Art 537

ZGB 81 Vd FlORIAN MARXER Das internationale Erbrecht Licchtensteins - Ein Vergleich mit dem

reichischen und schweizerischen Recht (Diss Zuumlrich) Vaduz 2002 S 141

KUnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

nung)82 Fuumlr Grundstuumlcke ist der Lageort massgebend (Art 96 Abs 1 lit b IPRG) gegebenenfalls ausschliesslich (Art 96 Abs 2 IPRG)

133 Staatsvertraumlge

Die Anerkennung und Vollstreckungauslaumlndischer Entscheide Massnahmen und Urkunden wird auch von Staatsvertraumlgen geregelt etwa im Verhaumlltnis zu Deutschland83 Diese enthalten aber regelmaumlssig nur Mindestnormen und gehen deshalb nicht uumlber Art 96 IPRG hinaus 84

2 Grundzuumlge der EuErbVO

a) Die Verordnung (EU) Nr 65012012 dcs Europaumlischcn Parlaments und dcs Rates vom 4Juli 2012 uumlbcr die Zustaumlndigkeit das anzuwcndcnde Recht die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung oumlffentlicher Urkundcn in Erbsachcn sowie zur Einfuumlhrung cines Europaumlischen Nachlasszeugnisses (EU-Erbrechts-Verordnung I EuErbVO)85 trat am t 7 August 2015 in Kraft (Art 84 EuErb VO)

b) Die EuErbVO ist direkt anwendbar und gilt fuumlr die Mitgliedstaaten Diese sind in der EuErbVO nicht dcfiniert Da Daumlnemark Irland und das Vereinigte Koumlnigreich sich nicht beteiligen gelten sie nicht als Mitgliedstaaten im Sinne der VerordnungY Obwohl erst nach der Verabschiedung der ErbVO zur EU geshystossen ist dagegen Kroatien ein MitgliedstaatB7

21 Zustaumlndigkeit

211 Grundregel

a) Art 4 EuErbVO regelt die Zustaumlndigkeit fuumlr saumlmtliche Erbsachen dh soshywohl fuumlr streitige Verfahren als auch fuumlr Verfahrcn der freiwilligen Gcrichtsbarshykeit sB Die Zustaumlndigkeit gilt zudem unabhaumlngig von der Nachlassbclegcnheit verhindert somit eine Nachlassspaltung

82 Vgl HEINI (FN 3) Art IPRG N 9 ff 83 Vgl Abkollll11en vom 2 November 1929 wischen

dcm Deutschen Reich uumlber die Anerkennung lind Vollstreckung _ Schiedsspruumlchen (SR 0276191361) zu weiteren StaatsvertrKgcn

dem Fuumlrstentum Liechtenstcin Schweden Spanien der Tschechoslowakischen Oumlsterreich vgl STElHEN

Basler Kommentar Internati r

und Anton K Schnydcr 3 A 84 Vgl 5mBR (FN 9) S 549 85 Vgl EU AbI NT L 201 S 107 zur Entstehungsgeschichte vgl ANATOLDUITA Kommentar zu

Art 1-84 EuErbva in Muumlnchener Kommentar zum Buumlrgerlichen Gesct7bueh Band 10 Intershynationales Privatrecht 16 A Muumlnchen 2015 Vor Art 1 EuErbVO N 5 ff

86 V gl Erwaumlgungsgruumlnde 82 und 83 87 Vgl DUTIA (FN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 14 88 Vgl DUTIA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 4

Kuumlnzle

127 126 Teil 2 Vertiefung

sen) auch ein oumlffentlich beurkundetes Testament zusammen mit der Eroumlffshynungsurkunde

d) Auslaumlndische Erbfolgezeugnisse koumlnnen fuumlr vollstreckbar erklaumlrt werden (Art 28 iVm Art 31 IPRG) Das sog Exequaturverfahren wird vom kantonashylen Prozessrecht bestimmt und ist in der Regel summarischer Natur Dieses Vershyfahren wird etwa im Bankverkehr notwendig wenn der auslaumlndische Ausweis nicht akzeptiert wird Das ist haumlufig der Fall wenn der auslaumlndische Ausweis von einem Notar ausgestellt wurde77 Zudem gibt er territoriale Beschraumlnkunshygen So ist der Fremdrechtserbschein auf Deutschland begrenzt und die oumlsterreishychische Einantwortungsurkunde erfasst keine Liegenschaften im Ausland Aumlhnshyliches gilt fuumlr den letters testamentary und den letters of administration7H Diese territorialen Beschraumlnkungen werden in der Schweiz dann beachtet wenn sie sich aus dem materiellen Recht ergeben (Fremdrechtserbschein) nicht aber wenn sie sich aus Regeln des Verfahrensrecht ergeben (Einantwortungsurkunshyde)9

e) Wenn im Ausland kein Erbfolgezeugnis ausgestellt wird oder dieses das in der Schweiz gelegene Vermoumlgen nicht erfasst ist in der Schweiz (im Rahmen eines Eroumlffnungsverfahrens) ersatzweise eine (schweizerische) Erbbescheinigung zu beantragen Die Zustaumlndigkeit richtet sich nach Art 87 und Art 88 IPRG Wurde im Ausland zwar ein Ausweis ausgestellt erfuumlllt dieser aber die fuumlr die Anerkennung notwendigen Anforderungen nicht muss gestuumltzt auf die Notzushystaumlndigkeit von Art 3 IPRG am Ort der gelegenen Sache oder an einem anderen Ort mit dem der Sachverhalt einen genuumlgenden Bezug aufweist eine Erbbeshyscheinigung beantragt werden

f) Bei Kollisionen von Erbrechtsausweisen aus mehreren Laumlndern kann Art 27 Abs2 lit c IPRG (iVm Art 31 IPRG) die Loumlsung bringen indem das zuerst in der Schweiz eingeleitete Verfahren80 Vorrang hat 81

132 Indirekte Zustaumlndigkeit

Die indirekte Zustaumlndigkeit ist in Art 96 IPRG geregelt Nach Abs 1 Ht a wershyden Urteile anerkannt wenn sie getroffen ausgestellt oder festgestellt worden sind im Staat des letzten Wohnorts des Erblassers oder im Staat dessen Recht er gewaumlhlt hat oder wenn sie dort anerkannt werden (sog Drittstaatsanerkenshy

77 Vgl HANS KUl-IN Anerkennung und Wirkungen auslaumlndischer Erbausweise im schwei~crischen Recht SZIER 12 (2002) 7

78 Vgl KUHN (FN 77) SZlER 12 (2002) 25 79 Vgl KUHN (FN 77) SZIER 12 (2002) 26 f 80 In der Schweiz wird der Nachlass mit dem Tod des Erblassers automatisch eroumlffnet vtL Art 537

ZGB

81 Vgl FLORIAN MARXER Das internationale Erbrecht Licchtensteins Ein Vergleich mit dem oumlsterreichischerr und schweizerischen Recht (Diss Zuumlrich) Vaduz 2002 S 141

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

nung)82 Fuumlr Grundstuumlcke ist der Lageort massgebend (Art 96 Abs 1 lit b IPRG) gegebenenfalls ausschliesslich (Art 96 Abs 2 IPRG)

133 Staatsvertraumlge

Die Anerkennung und Vollstreckung auslaumlndischer Entscheide Massnahmen und Urkunden wird auch von Staatsv~rtraumlgen geregelt etwa im Verhaumlltnis zu Deutschland83 Diese enthalten aber regelmaumlssig nur Mindestnormen und gehen deshalb nicht uumlber Art 96 IPRG hinaus 84

2 Grundzuumlge der EuErbVO

a) Die Verordnung (EU) Nr 65012012 des Europaumlischen Parlaments und des Rates vom 4 Juli 2012 uumlber die Zustaumlndigkeit das anzuwendende Recht die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung oumlffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einfuumlhrung eines Europaumlischen Nachlasszeugnisses (EU-Erbrechts-Verordnung I EuErbVO)85 trat am 17 August 2015 in Kntft (Art 84 EuErbVO)

b) Die EuErbVO ist direkt anwendbar lind gilt fuumlr die Mitgliedstaaten Diese sind in der EuErbVO nicht definiert Da Daumlnemark Irland und das Vereinigte Koumlnigreich sich nicht beteiligen gelten sie nicht als Mitgliedstaaten im Sinne der VerordnungH6 Obwohl erst nach der Verabschiedung der ErbVO zur EU geshystossen ist dagegen Kroatien ein MitglicdstaatH7

21 Zustaumlndigkeit

211 Grundregel

a) Art 4 EuErbVO regelt die Zustaumlndigkeit fuumlr saumlmtliche Erbsachen dh soshywohl fuumlr streitige Verfahren als auch fuumlr Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarshykeit H8 Die Zustaumlndigkeit gilt zudem unabhaumlngig von der Nachlassbelegenheit verhindert somit eine Nachlassspaltung

82 Vgl HEINI (lN 3) Art 96 [PIZe N 9 ff a3 VgL Abkomlllcn vom 2 November 1929 Iwischen dcr Schwcizerischcll Eidgenossenschaft

dem DcUtschen Rcich uumlber die Anerkennung lind Vollstredwng von gerich gen lind Schiedsspruumlchen (SR 02761913(1) zu weiteren Staatsvertraumlgen reich Italien lcl11 Fuumlrstentum Liechtcnstein Schweden Spanien de Tschechoslowakischen Republik und Oumlsterreich vgl STHIIIEN VllERIIROBERT K DAumlPPEN Kommentar zu Art 25shy32 IPRG Baslcr Kommentar Internationales Privatrecht hrsg v Heinrich HOllscIl Ncdim Peshyter Vogt lind Antol1 K Schnytkr 3 A Bascfrankfurt 2013 Art 25 IPRG N 18

B4 Vgl SmlfR (FN 9) S 549 85 Vgl EU AbI Nr L 201 S 107 zu Entstehungsgeschichte vgl ANATOt DlJlTA Kommentmiddot zu

Art 1-84 EuErbVO in Muumlnchcner KOlllmcntar wm Buumlrgerlichen Gesetzbuch Band 10 Intershynationales Privatrecht I ( A Muumlnchen 2015 Vor Art 1 EuErbVO N 5 ff

86 Vgl Erwaumlgungsgruumlnde 82 und 83 87 Vgl DUTrA (FN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 14 88 Vgl DunA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 4

Kuumlnzle

129 128 Teil 2 Vertiefung

b) Fuumlr den ganzen Nachlass zustaumlndig sind grundsaumltzlich die Gerichte am letzshyten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers (Art 4 EuErbVO) Abgestellt wird objektiv auf familiaumlre und soziale Bindungen und subjektiv auf den Bleishybewillen89 Da keine privatautonome Bestimmung moumlglich ist hat die Erklaumlrung des Erblassers in seiner letztwilligen Verfuumlgung nur eine beschraumlnkte Wirkung9o Es sind Faumllle denkbar dass kein oder mehrere gewoumlhnliche Aufenthaltsorte vorshyliegen91 Keine Verschiebung des gewoumlhnlichen Aufenthaltsorts bewirken Aufshyenthaltswechsel aus schulischen beruflichen und medizinischen Gruumlnden (Pfleshyge) sowie moumlglicherweise auch aus Altersgruumlndenmiddot (bei fehlender Integration I Mallorca-Rentner)92

c) Art 10 ErbVO sieht eine subsidiaumlre Zustaumlndigkeit am Ort der Nachlassbeleshygenheit vor welche umfassend (fuumlr den ganzen Nachlass) und zwingender Nashytur ist

93 Nachlassbelegenheit in einem Mitgliedstaat ist gegeben wenn sich (im

Zeitpunkt der Entscheidung)94 koumlrperliche Gegenstaumlnde (Sachen) in einem Mitshygliedstaat befinden Gegenstaumlnde oder Rechte in einem oumlffentlichen Register eines Mitgliedstaates verzeichnet sind (unbewegliche Sachen Schiffe Luftfahrshyzeuge oder Immaterialguumlterrechte) oder Forderungen mit einem Schuldner in einem Mitgliedstaat9s Der Erblasser muss zudem eine Beziehung CUl11 Bclegenshyheitsmitgliedstaat haben naumlmlich dessen Staatsangehoumlriger sein ([it a) oder inshynerhalb der vergangenen fuumlnf Jahre seinen gewoumlhnlichen Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat gehabt haben ([it b) Wenn eine solche Beziehung fehlt wird die Zustaumlndigkeit auf den inlaumlndischen Nachlass begrenzt (Abs 2))(

212 Abweichung im Fall einer Rechtswahl

a) Nach Art 5-9 EuErbVO besteht - zur Wiederherstellung des Gleichlaufs von forum und ius97 - die Moumlglichkeit von der Grundregel (Art 4 und Art 10 EuErbVO) abzuweichen und zwar immer dann wenn der Erblasser eine Rechtsshywahl getroffen hat (1) foumlrmliche Gerichtstandvereinbarung (Art 5 EuErbVO) (2) formlose Gerichtstandsanerkennung (Art 7 lit c EuErbVO) (3) Ermessensshy

89 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 4 Kindschaftsvcrfahrensrechts des EuGH keine che Wohnsitz

90 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 4 91 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 6 92 Vgl DENIS SOLOMON Die allgemeine Kollisionsnorm in Die EUlOpiiishy

sehe Erbreehtsverordnung hrsg v Muumlnchen 201417 ff KINGA M WEissMANUEi -CllC I-lcrausforshy

internationale Na ic1welzcr Sicht sllcccssio 2014 167 f(= zur Notariatspraxis Schweizcrischen Notarcnvcrband Muri 2015S 15

93 DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 7 94 DUTTA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 9 95 DUTfA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 6 96 DUITA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 13 ff 97 dazu WEIssBIGLER (FN 92) successio 2014 166

Kuumlnzle

Dic EuErhVO und die Schweiz

entscheidung des nach der Grundregel zustaumlndigen Gerichts (Art 6 lit a EushyErbVO) (4) Vereinbarung einer aussergerichtlichen einvernehmlichen Regelung (Art 8 EuErbVO) sowie (5) ruumlgelose Einlassung (Art 9 EuErbVO)

b) Die EuErbVO gestattet dem Erblasser keine einseitige Gerichtsstandsshywahl98 der Erblasser muss vielmehr darauf hoffen dass die Erben die ihnen zur Verfligung stehenden Moumlglichkeiten benuumltzen

22 Anwendbares Recht

221 Objektive Anknuumlpfung

Zustaumlndigkeit und anwendbares Recht (Art 4 und 21 EuErbVO) folgen dem Hauptanknuumlpfungspunkt (letzter gewoumlhnlicher Aufenthalt des Erblasshy

sers) womit ein Gleichlauf von forum und ius angestrebt wird

b) Nach Art 21 Abs 1 EuErbVO wird grundsaumltzlich auf den ganzen Nachhtss das Recht ltIm letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers angewendet (Erb-

Der letcte gewoumlhnliche Aufenthalt des Erblassers in Art 21 EuErbVO entspricht demjenigen von Art 4 ErbV099

c) In Art 21 Abs2 EuErbVO gibt es eine Ausweichklauscl wonach ein andeshyres Recht anzuwenden ist wenn zu diesem eine offensichtlich engere Bindung besteht Da auch die Bestimmung des gewoumlhnlichen Aufenthalts auf eine enge Bindung tbstcllt werden Ausnahmen selten vorkommen loa Dutta erwaumlhnt etshywa dass einer fehlgeschlagenen Rechtswahl zum Durchbruch verholfen oder ein Aufenthaltswechsel einer betreuten Person korrigiert werden kann 10I

222 Rechtswahl

Der Erblasser kann das auf den Nachlass anwendbare Recht (Erbstatut) in beshyschriinktem Umfang waumlhlen er kltlnn luumlmlich sein Staatsangehoumlrigkeitsrecht waumlhlen welches er im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes besass (Art 22

98 Vgl DUIlA (FN 85) Vor Art 4 ElIErbVO N 7[] 99 VgL DUTlA (FN 85) Art 21 EuErbVO N 4

100 Kritisch KNUTWERNER LANGE Das ErbkoUisionsrccht im nClIcn Entwurf eincr EU-ErbVO ZErb 2012 [62 FEIJX M WIlKE Das internationale Erbrecht nach der IlCllcn EU-Erbshyrcchtsvcrordnung RIW 2012 605

101 Vgl DUJ1A (lN 85) Art 21 EuErbVO N 6 weiter Faumllle sind Expats oder DiplomaIlshyteIl vgL WElSSBIGLElt (FN 92) sllcccssio 2014174

Kuumlnzle

131 130 T eil 2 Vertiefung

Abs 1 EuErbVO)102 Wenn der Erblasser mehrere Staatsangehoumlrigkeiten beshysitzt hat er die Auswahl 103 Die Rechtswahl betrifft stets den gesamten Nachshy

eine Teilrechtswahl ist nicht moumlglich104

223 Erbvertraumlge

Fuumlr Erbvertraumlge gilt nach Art 25 EuErbVO das zur Zeit der Errichtung massshygebende Recht (Abs 1) Erbvertraumlge sind nur in wenigen Laumlndern der EU zugeshylassen etwa in Deutschland und Oumlsterreich Darunter gehoumlren aber auch gegenshyseitige Testamente (Deutschland)105 und Gestaltungsmittel des franzoumlsischen (donation-partage institution contractuelle renonciationanticipee aIaction en reduction) und englischen Rechts (contract to make or not to make a will contract not to revoke or not to modify a will)106 Bei mehreren Verfuumlgenden muss der Erbvertrag nach beiden Erbstatuten zulaumlssig sein (Abs2) was geleshygentlich durch die Wahl des gemeinsamen Heimatrechts erreicht wird (Abs 3)107

224 Sonderrregelung fuumlr Nachlassverwalter

Nach Art23 Abs2 lit f EuErbVO unterstehen die Testamentsvollstrecker (und Nachlasspfleger nicht aber Nachlassinsolvenzverwalter) grundsaumltzlich dem Erbstatut108 Nach Art29 Abs 1 EuErbVO darf fuumlr Nachlassverwalter

102 Das kann wie folgt formuliert werden (1) Ich bin deutscher hen Aufenthalt in Deutschland Diesen will ich auch Staatsangehoumlriger und habe meinen gewoumlhnlichen Aufenthalt auf Mallorca Vorsorgshy

waumlhle ich fuumlr die Rechtsnachfolge von Todes wegen in mein gesamtes Vermoumlgen sowie die Frage der Rechtswirksamkeit dieses Testaments das deutsche Recht als mein Staatsangehoumlrigshykeitsrecht (3) Ich bin Buumlrger von Kappe Ebnat-Kappel SG (Schweiz) also schweizerischer Staatsangehoumlriger und habe meinen gewoumlhnlichen Aufenthalt in Konstanz (Deutschland) den ich auch bis zu meinem Tod beibehalten will Ich waumlhle hiermit fuumlr die Rechtsnachfolge VOn Toshydes wegen in mein ganzes Vermoumlgen sowie fuumlr die Frage der Rechtswirksamkeit dieses Testashyments das schweizerische Recht insbesondere das schweizerische Erbrecht als mein Staatsangeshyhoumlrigkeitsrecht vgl FELIX ODERSKY Die Europaumlische Erbrechtsverordnung in der Gestalshytungspraxis nOtar 20137

103 Vgl DUrrA (FN 85) Art 22 EuErbVO N 3 104 Vgl DUTTA (FN 85) Art 22 EuErbVO N 8 105 Das in Deutschland haumlufip verwendete gemeinschaftliche Testament ist in der

als im nationalen Recht In die Kategorie der Erbvcrtraumlge einzuordncn VGL ANATOL Die europaumlische Erbrechtsverordnung vor ihrem Anwendungsbeginn Zebn ausgewaumlhlteStreitstandsminiaturen IPRax 2015 35

106 Vgl ANDREABONOMIAzADI OumlZTUumlRK Das Statut der Verfuumlgung von Todes wegen (Art 24 ff EuErbVO) in Die Europaumlische Erbrechtsverordnung hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 N 60 nennen donation-partage

107 WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014 188 geben folgendes Formulierungsbeispiel Ich MilK Muster bin deutscher und schweizerischer Staatsbuumlrger Ich Manuela Muster bin deutshysche Staatsbuumlrgerin Fuumlr die Erbfolge in den gesamten Nachlass waumlhlt ein jeder von uns deutshysches materielles Recht unabhaumlngig vom On des jeweiligen gewoumlhnlichen Aufenthalts im Zeitshypunkt des Todes Fuumlr die Wirksamkeit und Bindungswirkungen dieses Erbvertrages soll insfc samt das deutsche materielle Recht gelten Dies verfuumlgt ein jeder von uns einzeln sowie wir belde

lsam und soweit zulaumlssig mit erbvertraglicher Bindungswirkung Die Bi s1ch soweit zulaumlssig auch auf die Wahl des anwendbaren Rechts erstrecken

108 Vgl DUTTA (FN 85) Art 23 EuErbVO N 23

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

ausnahmsweise bei der lex fori angeknuumlpft werden (Eroumlffnungsstatut) soweit dies zwingend notwendig ist Damit hat man vor allem an den executoradminishystrator des common law gedacht109

225 Formstatut

Fuumlr die Form gilt nach Art 27 EuEirbVO weitgehend 11 0das Haagcr Testashymentsformuumlbereinkommen vom 5101961111 Dies bedeutet im Wesentlichen dass die Form am Ort der Testamentserrichtung eingehalten werden muss

23 Anerkennung von Entscheidungen und Urkunden

a) Mit der Schaffung des Europaumlischen Naehlasszeugnisses (Art 62 EuErbshyVO) welches auch den Testamentsvollstrecker einschliesst ist die Anerkennung im EU-Raum gesichert und zwar ohne besonderes Verfahren (Art 39 Abs I EuErbVO) Es werden allerdings auch neue Probleme geschaffen so etwa die Abbildung des (deutschen) pauschalierten Zugewinnausgleichs welcher guumltershyund nicht erbrechtlicher Natur istl2

b) Die EuErbVO geht recht weit im Umsetzen von auslaumlndischen Entscheidunshygen Bei der Anwendung auslaumlndischen Rechts kann es vorkommen dass Vershyrichtungen umzusetzen sind welche das eigene Recht nicht kennt etwa eine Einantwortung nach oumlsterreichischem Recht eine family provision nach englishyschem Recht oder eine Gestaltungsmassnahme zur Durchsetzung von Pflichtteishylen Diese wurden in Deutschland gelegentlich als wesensfremd abgelehnt 113

was unter der Geltung der Eu ErbVO nicht mehr moumlglich ist j 14

24 Einfuumlhrungsgesetze

Obwohl die EuErbVO direkt anwendbar ist braucht es zur Umsetzung in den einzelnen Laumlndern besondere Vorschriften und regelmaumlssig auch Aumlnderungen des bestehenden nationalen Rechts Deutschland hat das Gesetz vom 29 Juni 2015 zum Internationalen Erbrecht und zur Aumlnderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Aumlnderung sonstiger Vorschriften (IntErbRVGEG) 115 gerashyde noch rechtzeitig vor Inkrafttreten der EuErbVO erlassen Die meisten Laumlnshyder haben noch kein derartiges Gesetz 116

109 85) Art 29 EuErbVO NI 10 Zu Unterschieden vgl DunA (FN 85) Art 27 EuErbVO N 4 ff

111 Vgl wwwhcchl1ctlllploadltcxtll_dpdf(26082015)SR 021 13121 112 Vgl DUrlA (FN 105) IPRax 2015 33 113 Vgl etwa BayObLGZ 1967197201 114 Vgl DUITA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 21 115 BGBl I S1042 fuumlr eine Kommentierung der neuen Regeln vgl Internationales Erbrecht

(EuErbVO I IntErbRVG) brsg v Walter Gier Andreas Koumlhler Ludwig Kroiszlig und Harald Wilsch Baden-Baden 2015

116 Zum oumlsterreichischen Erbrechtsaumlnderungsgesetz vom 30 Juli 2015 (BGBl I 872015) welohe am 112017 in Kraft tritt

Kuumlnzle

132 133 Teil 2 Vertiefung

3 Anwendung der EuErbVO auf die Schweiz

31 Vorbehalt bilateraler Abkommen mit Drittstaaten

a) Waumlhrend Staatsvertraumlge unter den Mitgliedstaaten mit dem Inkrafttreten der EuErbva aufgehoben werden117 bleiben Staatsvertraumlge der Mitgliedstaaten mit Drittstaaten grundsaumltzlich bestehen und haben Vorrang gegenuumlber den Regeln der Erbrechtsverordnung (Art 75 Abs 1 EuErbVO)118 Das bedeutet dass die

119 vorne erwaumlhnten Staatsvertraumlge mit Italien Griechenland und Portugal vorshy

bleiben12o

In den Staatsvertraumlgen mit Italien 121 und Griechenland 122 wird das Heimatrecht auf Erbfaumllle angewendet Wenn in einem Erbfall weitere EU-Staaten (ohne Staatsvertrag) involviert sind kann dies zu Problemen fuumlhren naumlmlich der Anwendung unterschiedlichen Rechts in den einzelnen Staaten123 Fuumlr Deutschland bleiben (unter anderem) die Staatsvertraumlge mit dem Iran mit der ehemaligen Sowjetunion und mit der Tuumlrkei bestehen 124

besteht auch fuumlr Haager Form-Uumlbereinkommen 125

117 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 20

118 Vgl REMBERT SOSS Der Vorbehalt zugunsten bilateraler Abkommen mit Drittstaatcll in Die Europaumlische Erbrechtsverordnung hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014N14mwN

119 Vgl vorne FN 37 120 Vgl Suumlss (FN 118) N 12

121 Zu Einzelheiten vgl TI NA WUumlSTEMANNLARISSA MADOLDA MARTINEZ Der schweierischshyitalienische Erbfall successio 2011 66 ff BGE 138 III 354 Erw 3 BGer 4A_582011 Pra 2012 NI 130 = ZBGR 2014174 Der Staatsvertrag laumlsst eine Rechtswahl BGE 136 HI 461 Erw 52153 = 4A_4212009 ZBGR 2012111 Der Staatsvertrag laumlsst BGer 5C212003 vorn 22072003 Erw 2 Der Staatsvertrag regelt die Frage der weshalb Art 86 H IPRG anzuwenden BGE 120 II 293 Der Staatsvertrag regelt der Eroumlffnung nicht weshalb Art 86 H anzuwenden sind BGE 99 II 246 Erw Staatsvertrag regelt die der Eroumlffnung nicht weshalb die schweizerischen Kollisiollsnorshymcn anwendbar sind ZR Nr 76 Erw II Vorsorgliche Massnahmcn bezuumlglich Nachlassguumlshytern in der Schweiz eines in Italien verstorbenen Italieners

122 Vgl BGE 94 H 5 Elw 2 Heimatrecht ist anwendbar

123 Aumlhnlich wie in den von SUumlSS (FN 118) N 16 ff genannten Beispielen Eclegenheit in einem anshyderen Mitgliedstaat gewoumlhnlicher Aufenthalt in einern anderen Mitgliedstat

124 Vgl DUTTA (FN 105) IPRall 2015 39 ANDREAS KOumlHLER sect 4 Internationales Privatrecht in Internationales Erbrecht (EuErbVO IntErbRVG) hrsg v Walter Gier Andreas Koumlhler Ludwig Kroiszlig und Harald Wilsch Baden-Baden 2015 Anhang zu sect 4 Art 8 Niederlassungsabshykommen vom 17 Februar 1929 zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien (RGBI 1930 II 1002) Anlage zu Art 22 (Nachlassabkommen) sectsect 13-15 17 und 19 KOllsularvcrshytrag zwischen dem Deutschen Reich und der Union der Sozialistischen Sowjctrepubliken vom 12 Oktober 1925 (RGBl1926 II 60) Art 19-20 und 24-29 Konsularvertrag zwischen der Bunshydesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom 25 April 1958 (BGBI 1959 n 233 weiterhin anwendbar gemaumlszlig gemeinsamer Erklaumlrung vorn 25081994) Art 3 und Art 8 Niederlassungsabkommen vom 12Januar 1927 zwischen dem Deutschen Reich und der Tuumlrkischen Republik (RGBI II 76 454) Art 16 und 20 Anlage zu Art 20 (Nachshylassabkommen) Konsularvertrag vom 28 Mai 1929 zwischen dem Deutschen Reich und der Tuumlrkischen Republik (RGB 11930 II S 748)

125 Vgl vorne FN 70 SOSS (FN 118) N 14

Die EuErbVO und die Schweiz

32 Anwendung der ErbVO auf Drittstaaten

a) Die Schweiz gchoumlrt zu den Drittstaaten (als Nicht-EU-Mitglied) ebenso wie das Vereinigte Koumlnigreich (UK) Irland und Daumlnemark welche nicht an der Erbrechtsverordnung teilnehmen126

b) Die Erbrechtsverordnung gilt an sich nur fuumlr die Verordnungsstaaten sie beshytrifft aber auch Erbfaumllle mit Bezug zu Drittstaaten (wie der Schweiz) was als erga mones-Wirkung bezeichnet wird 127 Allerdings gelten nicht alle Regeln der EuErbVO im Verhaumlltnis zu den Drittstaaten128 was durchaus zu Konflikten

kann Ein Bezug zu Drittstaaten kommt etwa vor 129 (1) wenn Dritt shystaatsangehoumlrige ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt in einem Verordnungsstaat hashyben (2) wenn Verordnungsstaatsangehaumlrige ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat haben (3) wenn ein Erblasser mit letztem gewoumlhnlichem Auf-

in einem Verordnungsstaat Vermoumlgenswerte in einem Drittstaat hintershylaumlsst und (4) wenn ein Erblasser mit gewoumlhnlichem Aufenthalt in einem Dritt shystaat Nachlasswerte in einem Verordnungsstaat hinterlaumlsst

(1) Ein Schweizer stirbt in Hamburg (2) ein Italiener stirbt in Lugano nach Oumlsterreich gezogener Franzose mit einem Haus in St Moritz (3)

lebender Hollaumlnder mit einem Haus in Mallorca

Ende 2012 betrug der Anteil der auslaumlndischen Staatsangehoumlrigen in der Schweiz mehr als 23 wobei der uumlberwiegende Teil aus Laumlndern der EU stammte und Ende 2011 hielten sich 703200 Schweizerinnnen und Schweizer im Ausland auf davon drei Fuumlnftel in Europa 130 Es besteht also ein grosses Potential fuumlr laumlnshyderuumlbergreifende Erbfaumllle mit Bezug zur Schweiz und EU Ob man die EuErbshyVO auch auf reine Drittstaatsachverhalte anwenden soll (etwa wenn nur Erben sich in der EU aufhalten) ist umstritten131 wohl aber zu verneinen

c) Nach Art 20 EuErbVO wird das Erbstatut auch dann angewendet wenn es sich nicht um das Recht eines Mitgliedstaates handelt Erwaumlgungsgrund 37 Eushy

126 86 zur Diskussion uumlber die Stellung der nicht teilnehmcnden Staaten Jaumlncmark welche aufkam weil die Definition aus dcr ErbVO gekippt wurde vgl EVA

LEIN Die Erbrechtsverordnung aus Sicht dcr Drittstaatcl1 in Die Europaumlische Erbrechtsvershyordnung hrsg v Anatol Dutta und Scbastian Herrler Muumlnchen 2014 N 7 ff DUTTA (PN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 15

127 ANDREA EONOMIIAlAD OumlzruumlRK Auswirkungen der Europaumlischen Erbrechtwerordshynung auf die Schweiz unter besondercr Beruumlcksichtigung deutsch-schweizerischer Erbfaumllle ZVglRWiss 2015 5

128 Vgl ANDREA BONOMI Le rcglcmcnt europccn sur les successions et SOll impact pour la Suisse SJ 2014 II 397 ff BONOMIIOZTUumllK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 5

129 Vgl NICOLE WILLlMANNGEORGIA FOTIOU Die Europaumlische Erbrechtsverordnung aus Sicht der Schweiz STH 2015 S 337 NIKITA GONTSCHAR EU Erbrechtsverordnung und schweizerishysches IPRG Norderstedt 2011 S 12 LEIN (FN 126) N 16

130 Vgl MICHELlE KALTMATIHIAS UHL Die EU-Erbrcchtsvcrordnung und die Schweiz in Eushyropaumlisierung der schweizerischen Rechtsordnung hrsg v Lukas Fahrlaumlnder und Reto A Heizshymann Zuumlrich 2013 S 106 Ende 2012 betrug die Wohnbevoumllkerung 8036917 Einwohner dashyvon hatten 1868962 Einwohner die auslaumlndische StaaQlangehoumlrigkeit

131 Vgl KALTUHl (FN 130) S 110 f r Kuumlnzle

~ Kuumlnzlel

I

135 134 T eil 2 Vertiefung

ErbVO ergaumlnzt dass das ganze Nachlassvermoumlgen dem Erbstatut (Aufenthaltsshyrecht nach Art 21 EuErbVO bzw Heimatrecht nach Art 22 EuErbVO) unter-

auch wenn es in einem Drittstaat gelegen ist132

d) Verweisungen auf das Recht eines Drittstaates sind nach Art 34 EuErbVO grundsaumltzlich als Gesamtverweisung zu verstehen Damit wird eine Ruumlck- oder Weiterverweisung (Renvoi) auf das Recht eines Mitgliedstaates (lit a) und auf das Recht eines (anderen) Drittstaates ermoumlglicht welcher die Verweisung anshynimmt 133 Es fragt sich weshalb der Renvoi in der Erbrechtsverordnung zugeshylassen wird obwohl dies im europaumlischen KoIlisionsrecht sonst nicht der Fall ist Die Antwort duumlrfte darin zu suchen sein dass im Erbrecht haumlufig das Vermoumlgen in verschiedenen Laumlndern liegt und der Renvoi versucht zu einer moumlglichst ein-

Loumlsung zu kommen134

33 Zustaumlndigkeit

a) Grundregel Waumlhrend das IPRG auf den Wohnsitz abstellt l35 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 136 Diese beiden Kriterien sind haumlushy

aber nicht immer deckungsgleich 137 Unterschiede entstehen vor allem des-weil beim Wohnsitz staumlrker auf subjektive Kriterien abgestellt wird waumlhshy

rend beim gewoumlhnlichen Aufenthalt die objektiven Kriterien im Vordergrund stehen 138 Erfreulich ist dass die Sonderanknuumlpfung fuumlr Immobilien etwa in Frankreich kuumlnftig dahinfaumlllt ~

b) Waumlhrend Erblasser nach dem IPRG seine Zustaumlndigkeit (in begrenztem Umfang) waumlhlen kann140 ist dies nach der EuErbVO nicht der Fall141 was ein gewisses Konfliktpotential darsteIlt 142 Die Wahl des Gerichtsstands ist nach Art 5 Abs 1 EuErbVO den betroffenen Parteien vorbehalten wobei nicht restlos klar ist was damit gemeint Die Erklaumlrung des Erblassers uumlber den

132 VgJ LErN (FN 126) N 17 133 VgJ DurrA (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 H 134 Vgl MICHAEL HELLNER Probleme des allgemeinen Teils des Internationalen

Die Europaumlische Erbrechtsverordnung v Anatal Dutta lind Sebastian Herrler 2014 N 12

135 Vgl vorne 111 b) (1) 136 Vgl vorne 211 b) 137 Vgl BONOMIIOumlZTUumlRK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 13 zu einem Vergleich der beiden Begriffe

vgl KALTUHL (FN 130) S 120 f 138 Vgl WmssBrGLER (FN 92) suceessio 2014 184 ff (mit einer Tabelle der moumlglichen FaumlHe im

Verhaumlltnis Schweiz-Deutschland) 139 Vgl IVOSCHWANDER Die EU-Erbrechtsverordnung A]P 20141090 140 Vgl vorne 111 b) (2) 141 Vgl vorne 212

142 Vgl szligENNOIT CHAPPurs]ULlEN PERRIN Le Reglement (UE) No 6502012 du Parlement eushyropeen er du Conseil du 4 juillet 2012 relatif ala compctence la loi applicable la reconnaissance et lexecution des decisions et lacceptation et lexecution des actes authentiques en matiere de successions et ala cnlation dun certificat successoral curopcen NotIex2014 33

143 Vgl DU1TA (FN 85) Art 5 EuErbVO N 6 ff

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

gewoumlhnlichen Aufenthalt in seinem Testament ist aus der Sicht der EuErbVO ein Ausgangspunkt aber nicht das Endergebnis Nicht selten wird uumlbersehen dass mit einer Veraumlnderung der Zustaumlndigkeit auch die Anwendung einer andeshyren Erbschaftssteuer verbunden sein kann

c) Die Ausnahmeregel von Art 10 ErbVOl44 laumlsst aus der Sicht eines Dritt shystaates (wie der Schweiz) die Befuumlrchtung aufkommen dass es sich um einen exshyorbitanten Gerichtsstand handelt145 der neue Konflikte schafft und zu einem forum running fuumlhrt 146 Das sollen zwei Faumllle zeigen

Fall 1 Ein Schweizer in der Schweiz mit einem Haus in Deutschland und einem Bankkonto in Oumlsterreich stirbt Das ist ein Fall von Art 10 Abs 2 EuErbVO (Vermoumlgen in der EU) Deutschland ist fuumlr das Haus zustaumlndig was mit Art 86 Abs2 IPRG uumlbereinstimmt ein deutsches Urteil wird nach Art 96 Abs 1 lit b IPRG anerkannt Oumlsterreich ist fuumlr das Bankkonto zustaumlndig was Art 86 Abs 1 IPRG widerspricht ein oumlsterreichisches Urteil wird in der Schweiz nach Art 96 rPRG nicht anerkannt die Schweiz ist fuumlr den restlichen Nachlass zustaumlndig was mit Art 86 Abs 1 IPRG vereinbar ist

Fall 2 Ein Schweizer in England der bis vor 4 Jahren in Deutschland lebte mit einem Haus in Frankreich und einem Konto in der Schweiz errichtet eine letztshywillige Verfuumlgung mit der Wahl des Heimatrechts (eH) Das ist ein Fall von Art 10 Abs 1 lit b (Aufenthalt vor weniger als 5 Jahren) Deutschland ist fuumlr den gesamten Nachlass zustaumlndig was Art 87 Abs2 IPRG widerspricht ein deutsches Urteil wird nach Art 96 IPRG nicht anerkannt die deutsche Zustaumlnshydigkeit widerspricht auch der Sicht des englischen Rechts UK ist fuumlr ches Vermoumlgen zustaumlndig und uumlberlaumlsst Frankreich die Zustaumlndigkeit Grundstuumlcke die Schweiz anerkennt UK-Urteile nach Art 96 IPRG

Es waumlre zu begruumlssen wenn die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO zuruumlckshyhaltend verwendet wird Denkbar waumlre dass der Gesetzgeber eine konkrete Schranke einbauen wuumlrde (zB mindestens 10 des Nachlasses )147 Teilweise

144 vorne 211 cl

_

__

145 ~E (FN 100) RIW 2012 604 verhindert die Anll11uumlpfung am fruumlheren gewoumlhnlichen diese Zustaumlndigkeit vom Stigma eines exorbitanten Gerichtsstands

146 DORMANN Das schwei7-crische internationale Privatrecht lind die europaumlische Erb-rlaquo~h-Mlm im Vergleich in Die EU-Erbrechtsverordnung NI 6502012 und deren Ausshy

lerse Laumlnder hrsg v der Europaumlischen Anwaltsvcreinigullg cV (DACH) Zuumlrich 2014 S 86 Ivo SCIIWANDER Die Behandlung internationaler Erbfaumllle mit Hinweisen fuumlr die internationale Nachlassplanung in Nachlassplanung und Nachlassteilung hrse v Schmid Zuumlrich 2014 S493 CHAIPUISPERRIN (FN 142) Notex 2014 30 (FN 130) S 110 f BONOMI (FN 128) SJ 2014 Ir 417 ff

147 WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014 170 bemerken zu kriterien wenig hilfreich sind MrCHELLE KALTUr-lL (FN Nachlassvermoumlgen von einilcl11 Gewicht vorlieeen muumlsse

Kuumlnzle

137 136 Teil 2 Vertiefung

schafft Art 10 EuErbVO auch Konflikte mit dem bestehenden Recht der Mitshygliedstaaten wie das Beispiel von Oumlsterreich (sect 150 AuszligStrG) zeigt 148

Wenn ein Erblasser vermeiden will dass Art 10 EuErbVO zur Anwendung kommt muss er zufaumlllige und unnoumltige zustaumlndigkeitsbegruumlndende Beruumlhshyrungspunkte zu einem Mitgliedstaat zu Lebzeiten beseitigen149 sprich sein Vermoumlgen aus dem Mitgliedstaat abziehen

d) Fuumlr den Fall dass ein Verfahren in einem Drittstaat unmoumlglich oder unzushymutbar wird schafft Art 11 EuErbVO eine Notzustaumlndigkeit 15o Verlangt wird ein ausreichender Bezug zum Mitgliedstaat Gedacht ist etwa an den Fall des Stillstands der Rechtspflege dann soll das Verfahren nach Art 10 Abs2 EushyErbVO auf das Ausland ausgedehnt werdenlS1

e) Fuumlr den Fall dass Entscheidungen von Mitgliedstaaten in einem Drittstaat keine Aussicht auf Anerkennung oder Vollstreckung haben kann das Verfahren im Mitgliedstaat auf den europaumlischen Nachlass beschraumlnkt werden (Art 12 EuErbVO) In diesem Zusammenhang ist Liechtenstein zu erwaumlhnen152 welshyches nur mit der Schweiz153 und Oumlsterreich154 Vollstreckungsabkommen abgeshyschlossen hat (ersteres regelt die Zustaumlndigkeit nicht umfassend155 und letzteres

auf Erb- und Verlassenschaftssachen keine Anwendung Art 1 Abs3 Ziff 3)156 weshalb fuumlr die meisten Staaten eine Vollstreckung ausgeschlossen

bzw nur das Rechtsoumlffnungsverfahren (Art 49 ff RSO) bleibt welches zu einer Aberkennungsklage und damit einer inhaltlichen Pruumlfung in Liechtenstein fuumlhrt ISS

148 VgL ENA-MARLISBAJONS Zustaumlndigkeit und anwcndbares Recht in Erbsachenin Europaumlische Erbrechtsverordnung v Martin Schauer und Elisabcth Scheuba Wicn2012 S 40 149 WEISSIBIGLER (FN 92) successio 2014 178 150 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 12 151 VgL DUTTA (FN 85) Art 11 EuErbVO N 1

152 Vgl dazu HANS RAINER KUumlNZLE Vermoumlgensschutz mit liechtensteinischen Strukturell aus schweizerischer Sicht in Handbuch des Vermaumlgensschutzes hrsg v Francesco Schurr Wien2015 N 92 ff

153 Vg1 Abkommen vom 25 Aplil1968 zwischen dem Fuumlrstentum Liechtellstein und der Schweizeshyrischen Eidgenossenschaft uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entshyscheidungen und Schiedsspruumlchen in Zivilsachen (LR 027691011 I SR 0276141)

154 Ygl Abkommen vom 5]uli 1973 zwischen dem Fuumlrstentum Licchtenstein und der Osterreich uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen EntseheidungcSchiedsspruumlchen Vergleichen und oumlffentlichen Urkunden (LR 027691021)

155 Vgl MARIO FRICK Asset Protection und Zivilprozess L1Z 33 (2012) 1322156 Vgl BERNHARD MOTAL Durchsetzung von Pflichtteilsanspruumlchen gegen eil

Stiftung ]EV 2013 53 MARIO FRICK Die Anerkennung und Vollstreckung auslaumlndischer Entshyscheidungen in Zivilsachen im Fuumlrstentum Liechtenstein St Gallen 1992 S 66

157 Vgl etwa OG 7 Rouml 20023 vom 220820021us amp News 200371 Ein auslaumlndisches Urteil (LGFreiburg iBr) ist mangels Staatsvertrag bzw gegenseitiger Anerkennung nicht vollstreckbar

158 VgL MARIO FRICK Sind auslaumlndische Urteile taugliche Urkunden fuumlr eine Rechtsaumlffnung in Liechtenstein Anmerkungen zum Beschluss des liechtensteinischen Obergcrichts vom22082002 zu 7Rouml 20022]us amp News 2003710 f

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

34 Anwendbares Recht

a) Waumlhrend das IPRG grundsaumltzlich auf den Wohnsitz abstellt 159 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 160 Diese beiden Kriterien sind haumlushyfig aber nicht immer deckungsgleich 161 Damit duumlrften die meisten bestehenden Konfliktfaumllle welche auf die Anwendung des Staatsangehaumlrigkeitsrechts zushyruumlckgehen verschwinden 162 Es macht durchaus Sinn dass der Erblasser seine tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse in der letztwilligen Verfuumlgung festhaumllt (confessio iushyris)163 Von einer Rechtswahl durch Verschiebung des gewoumlhnlichen Aufentshyhaltsorts ist aufgrund der damit verbundenen Rechtsunsicherheit abzurashyten164 Die Anwendung der EuErbVO in der Schweiz und damit die Auslegung von Art 91 Abs 1 IPRG wird noch einiger Priizisierungen beduumlrfen 165 Ein geshywisses Konfliktpotentialliegt darin dass es in der Schweiz neben dem Erbstatut auch noch ein EroumlffnungsstatutiMgt gibt 167

b) Nach dem IPRG kann der Erblasser sein Heimatrecht im Zeitpunkt des Toshydes waumlhlen168 nach der EuErbVO kann der Erblasser sein Staatsangehoumlrigkeitsshyrecht im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes waumlhlen 169 Auch hier beshysteht weitgehende (aber nicht vollstaumlndige) Uumlbereinstimmung Die Wahl des Heimatrechts kann aus schweizerischer Sicht zu einer Verlagerung der Zustaumlnshydigkeit in die Schweiz fuumlhren (Art 87 Abs 2 IPRG) und damit moumlglicherweise

nach kantonalem Recht) zu einer Anwendung der Erbschaftssteuer in der 170 Wenn beim Erblasser Anknuumlpfungspunkte mit mehreren Laumlndern

bestehen sollte er sich in der letztwilligen Verfuumlgung zum anwendbaren Recht aumlussern selbst dann wenn er kein Recht waumlhlen moumlchte i71 Seitens der EU wird bedauert dass nicht auch noch das Recht des gewoumlhnlichen Aufenthaltsorts im Zeitpunkt der Testamentselrichtung lind das Guumlterstatut gewaumlhlt werden

159 160 161 162

163 164

165

166 167 139) AJP 20141098 168 169 170 Vgl WElSSB1GLER (FN 92) successio 2014 178 zu einem Formulierungsbeispiel vgJ JUTTA

MUumlLLER-LuKOSCHECK Die neue EU-Erbrechtsverordnung Essen 2013 sect 4 N 26 171 VgJ WEISsBJGLER (FN 92) succcssio 2014 177 f

Kuumlnzle

vorne 12 I a) vorne 221 b)BONOMrlOumlZTORK (FN 127) ZVglRWiss 201523 f DORMANN (FN 146) S 84 PllIlIlPE FRESARll Lc nouvcau Rcglcrnem CUlopccn de sllccession

N 40 ff ALEXANDER PFEIFFER Andenmgcn des Erbstatuts dur aus schweizerischer Sicht successio 2010 320 L dennoch kann ein

ganz ausgeschlossen werden vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 20141098 Zu V~1 WmssBIGlERMltglicdstaat Art Vgl SClIWANDER _ auf Erblasser lnit lItthU~Ptjlt1l~hrgttmiddot

91 Abs 1 IPRG gleichermassenStaatsangehoumlrigkeit anwendshy

bar ist) VgJ vorne 122 VgJ SCHWANDER Vgl vorne 121 Vgl vornc 222

139 138 Teil 2 Vertiefung

kann 172 Aus schweizerischer Sicht sind wir froh daruumlber weil zusaumltzliche Wahlmaumlglichkeiten weitere Konflikte schaffen wuumlrde

c) Die ErbVO regelt nicht wie das anzuwendende Fremdrecht festzustellen ist und welches Recht angewendet wird wenn es nicht feststellbar isc173 In Deutschland ist auslaumlndisches Recht von Amtes wegen festzustellen die Parteien haben das Gericht zu unterstuumltzen und es koumlnnen Sachverstaumlndige beigezogen

174werden Schwer feststellbares Recht kann ev uumlber das Mutterrecht erschlosshysen werden (2GB BGB ce common law) ansonsten gilt die lex fori

d) Ein Konfliktpotential besteht bei Doppe1buumlrgern 175 Diese sind in der Schweiz von einer Wahl des Heimatrechts ausgeschlossen 176 waumlhrend Mehrshystaatler in der EU das Recht waumlhlen duumlrfen dem sie zur Zeit der Rechtswahl oder im Zeitpunkt des Todes angehoumlren (Art 22 Abs 1 Satz 2 EuErbVO)177

e) Eine Ruumlck- und Weiterverweisung (Renvoi) wird im schweizerischen Recht nur in den vom Gesetz vorgesehenen Faumlllen zugelassen (etwa Art 91 Absl IPRG)178 in der Erbrechtsverordnung dagegen in breiterem Umfang (Art 34 EuErbVO)Y9 Letzterer kommt vor allem dann vor wenn ein Drittstaatsrecht ~ eine andere Hauptanknuumlpfung (als den letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers) verwendet zum Beispiel das Staatsangehoumlrigkeitsprinzip180 Weil dies bei der Schweiz nicht der Fall ist181 duumlrfte dieser Unterschied kaum zu Problemen fuumlhren 18z

f) Eine Rechtswahl kann dazu fuumlhren dass Erb- und Guumlterrecht auseinanderfalshy[en Die Rechtsnatur des pauschalen Zugewinnanteils des uumlberlebenden Ehegatshyten von 11 (Art 1371 Abs 1 BGB) ist umstritten weil ein Anspruch basierend auf Guumlterrecht im Erbrecht abgegolten wird 183 Dieser Fall zeigt dass neben

172 Vgl WILKE (FN 100) RIW 2012606

173 Vgl KINGA M WEISSMANUEL BIGLER Wohnsitz oder gewoumlhnlicher Aufenthalt _ Die Anshywendungsprobleme der europaumlischen Erbrechtsverordnung im Rechtsverkehr mit der Schweiz Deutscher Anwaltsspiegel Spezial Maumlrz 2013 S 28 KALTUHL (FN 130) S 121 f

174 Vgl WALTER ERMANNHARM PETER WESTERMANN BGB 13 A) Koumlln 2011 Einl Art 3-47N 59 ff

17S VgJ SCI-WANDER (FN 139) AJP 20141096 BALZ HOumlSLYSTEFANIE DEBRUNNER Rechtswahl schweizerisch-deutscher Doppelbuumlrger bei der Nachlassplanul]g untermiddot Beruumlcksichtigung ~er EU-Erbrechtsverordnung Anwalts revue 2013 276 BONOMrOZTuumlRK (FN 127) ZVgIRWlss 201524 f

176 Vgl vorne 121 b) 177 Vgl vorne 222 178 Vgl vorne 121 g) 179 VgJ vorne 32 d) 180 Vgl DU11A (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 181 Vgl vorne 121 a) Wohnsitz als Anknuumlpfugskriterium182

Vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 2014 1096 welcher darauf hinweist dass heikle RenvoishyProbleme mit Frankreich Schweden und Deutschland kuumlnftig entfallen

183 Vgl HEINRICH DOumlRNER Die Abgrenzung des Erbstatllts vom Guumltcrstatut in Die Europaumlisc~e Erbrechtsverordnllng hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 NIl ff dIe hM geht Yon einer guumlterrechtlichen Qualifikation aus vgl etwa BGH FamRZ 2012 1871

Kuumlnzte

Die EuErbVO und die Schweiz

dem Erbrecht auch das Guumlterrecht der Ehegatten in der EU koordiniert werden sollte Ein Schritt in diese Richtung ist der Vorschlag KOM (2011])1262 184

35 Erbvertraumlge

a) Die Erbrechtsverordnung aumlndert nichts an der Beurteilung (Zulaumlssigkeit) von Erbvertraumlgen in den einzelnen Laumlndern Deshalb ist je nach Ziel[and sorgfaumlltig abzuklaumlren ob Erbvertraumlge (zwischen Ehegatten oder zwischen beliebigen Ershyben) zulaumlssig sind

Wenn deutsche Staatsangehoumlrige in die Schweiz kommen ist ihnen zu empshyallfaumlllige gemeinschaftliche Testamente (welche im schweizerischen

Recht nicht bekannt sind) durch einen Erbvertrag zu ersetzen IS5

36 Testamentsvollstrecker

a) In der Schweiz hat der Gesetzgeber die Anwendung des Eroumlffnungsstatuts vorgesehen (Art 92 Abs 2 IPRG) die Lehre wendet aber hauptsaumlchlich das Erbshystatut an 186 In der EU wendet man auf den Testamentsvollstrecker grundsaumltzshylich das Erbstatut an (Art 23 Abs 2 [ie f EuErbVO) laumlsst aus zwingenden Gruumlnden aber auch das Eraumlffnungsstatut zu (Art 29 Abs 1 EuErbVO)187 wohl der umgekehrte Weg gewaumlhlt wurde sollten diese beiden Loumlsungen ziemshy

(aber nicht vollstaumlndig) kompatibel sein

b) Die fuumlr den executor gedachte Ausnahme kann auch vom schweizerischen Recht in Anspruch genommen werden Das hat etwa zur Fo[ge dass die zwinshygend vorgesehene Aufsicht 188 fuumlr einen von einer schweizerischen Behoumlrde (nach deutschem Recht) eingesetzten Testamentsvollstrecker sich nach schweishyzerischem Recht richtet und die Aufsichtsbehoumlrde somit (im Gegensatz zu Deutsch[and wo es nur die Absetzung gibt [sect 2227 BGB]) Empfehlungen Weishysungen und andere sachdienliche Massnahmen anordnen kann 18

37 Nachlasszeugnisse

a) Es ist davon auszugehen dass die schweizerische Behoumlrden (Grundbuch)190 und Gerichte sowie Private (Banken und Versicherungen) das Europaumlische

184 Wesentliche Inhalte Zllstaumlndi~kcit des Nachlassgerichts (Art 3) Rechtswahl (Art 16 gemcinmiddot samer gew~hnlicher u~ent~a t gewoumlhnlicher Aufcnthal~ ~ines Ehegatten bei der Eheschliesshysung oder Staatsrtngehongkelt Cll1es Ehegatten) oder WSldlar (Art 17) erster gememsamer geshywoumlhnlicher Aufenthalt bzw gemeinsame Staatsangehoumlrigkeit bzw engste Verbundenheit

185 Vgl ODERSKY (FN 102) notar 20138 186 Vgl vorne 122 b) 187 Vgl vorne 224 188 Vgl VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 515 189 VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 536 ff 190 Das Europaumlische Nachlasszeugnis ist inhaltlich und funktionell gleichwertig wie die Erbbescheishy

nigung nach Art559 ZGB llnd deshalb auch im Grulldbuchverkehr zu akzeptieren vgl WEIsslBrGLER (FN 92) sllccessio 2014 193

Kuumlnzte

141 140

Teil 2 Vertiefung

Nachlasszeugnis191 ohne weiteres anerkennen werdenl92 auch wenn der Gutshyglaubensschutz (Art 69 Abs2 EuErbVO) schwaumlcher ausgestaltet ist als beim deutschen Erbschien193 Aus Gruumlnden des Verkehrsschutzes wird man dem Europaumlischen Nachlasszeugnis in der Schweiz houmlchstens die Wirkungen zuershykennen koumlnnen die eine Bescheinigung nach Art 559 Abs 1 ZGB haumlttel94 Zu

kann es kommen wenn ein Mitgliedstaat die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO begruumlndet oder in der Schweiz zuerst ein Erbschaftsverfahren eingeleitet wurde 195 Neben dem Europaumlischen Nachlasszeugnis bleiben die nashytionalen Erbfolgezeugnisse bestehen196 welche teilweise (weiterhin) einem Vollshystreckungsverfahren (Exequaturverfahren Art 25 ff IPRG) unterworfen sind 197

b) Beim umgekehrten Weg (Anerkennung der schweizerischen Erbbescheinishygung im Ausland) erwarte ich zusaumltzliche Hindernisse weil die sehr detaillierte Regelung des Europaumlischen Nachlasszeugnisses (Art 68 EuErbVO) dazu wird dass die (aufgrund kantonaler Gesetzgebung) sehr uneinheitlichen und teilweise nur mit rudimentaumlren Angaben versehenen schweizerischen Erbbeshyscheinigungen (ohne Ehevertrag ohne Nachlasswerte ohne Erbquote) je

191 Vg1 vorne 37 192

Ebenso CA1HERINE GRUN MEYERrrHOMAS SPRECHER Aspekte der neuen EU-Erbrecbtsshyverordnung und ihres Bezugs Zur Scbweiz ZBGR 2015156 WErssBIGLER (FN 92) successio 2014192 BONOMI (FN 128) S] 2014 II 399 f

193 Vgl dazu KNUTWERNER LANGE Das Europaumliscbe Nachlasszeugnis Die Europaumlische Erbshyrechtsverordnung brsg v Anatol Dutta und Sebastian 2014 N 26 anders als im deutschen Recht schadet grobe Fahrlaumlssigkeit

194 SCHWANDER (FN 139) A]P 20141103 195

Vgl WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014192 SCHWANDER (FN 139) A]P 2014 1103 196

VglCHRISTOPH DORSEL Europiiische Ebrechts~erordnllng und Europaumlisches Nac~lasseu~shyms m Erbfalle unter Geltung der EUlOpiJschen Erbrechtsverordnung hrsg v Martm Lohmg ua Bielefdd 2014 S 51 fE

197 Zur Wirkung innerhalb der EU vgl DU1TA (FN 105) IPRax 2015 38 Wirkung als nach Art 3 Absl lit g EuErbVO fuumlr Erbausweise nach kontradiktorischem Verfahren Wirkung nach Art 59 EuErbVO fuumlr Erbausweise in Form einer oumlffentlichen Urkunde

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

je weniger akzeptiert werden198 Dabei allerdings Deutschland welches ausshylaumlndische Erbfolgezugenisse schon heute durchwegs ablehnt 199 nicht als Reshyferenz verwendet werden 2OO

38 Zwingende Bestimmungen

Wie vorne201 dargestellt wendet die Schweiz die Bestimmungen des baumluerli shychen Bodenrechts (BGBB) und uumlber den Grundstuumlckerwerb durch Personen im Ausland (BewG) als zwingende Bestimmungen an Ob diese Regeln auch Erbfaumlllen mit EU-Bezug zur Anwendung kommen haumlngt davon ab ob Art 30 EuErbVO auch auf Drittstaaten zur Anwendung kommt202 was zu ist20)

39 Weitere Bereiche der Erbschaftsplanung

Schliesslich ist daran zu erinnern zur umfassenden Erbschaftsplanullg auch das Eheguumlterrecht gehoumlrt und immer mehr auch Verfuumlgungen unter Lebenden ershyfasst (insbesondere im Rahmen der Unternehmensnachfolge) sowie (weiterhin) Strukturierungen mit Gesellschaften Stiftungen und Trusts Alle diese Bereishyche werden von der EuErbVO nicht erfasst204 und werden somit weiter von den nationalen Kollisionsregeln beherrscht205 Es bleibt somit noch viel Raum fuumlr weitere Harmonisierung

198 (39) AJP 20141103 weist auf den houmlheren Oualitiitsstandard in der EU hin schweizerische Recbt (Art 559 ZGB) zu

199 Vgl ULRrCH HAAS Internationales Verfahrensrecht in Erbsachen in Erbrecht in Ellropa hrsg v Rembert Suumlss 2 A Angclbachtal 2008 N 54 Begruumlndet wird dies damit dass einem dem deutschen Erbschein nachgebildeten auslaumlndischen Erbnachweis keine prozessrcchtli Wirkungen insbesondere keine Rechtskraft- oder GestaltungswirklIng zukommt anders schieden hat das LG Muumlnchen 28 0 243110 bei einem tuumlrkischen Erbschein was von

Auslaumlndischer Erbschein fuumlr Nachlass in Delllschland IPRax 2013241 H) aber tuumlrkischer Erbschein die Person an die man leisten kann nicht ohne

200 Allerdings ist die Anerkennung von nationalen crDlolgezcugmsscn ganz noch nicht sehr gekommen vgl PETER BREITSCHMIDCHRISTELLE HAAS Impacts tur reglelTIcnt europeen en matierc de successions sur le droit suisse in Succcssions internationashyles hrsg v Andrea BonomiChristina Schmid GencvelZurichBRle 2010 S 134 mit Verweis auf einen Bericht des Max-Planck-Instituts vom 26032010

201 Vgl vorne 112 202 Vgl KALTUHL (FN 124) S [JO f 203 VgL DurrA (FN 85) Art 30 EuErbVO N 7 204 Vgl STEPHANIE HERZOG Die EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) ErbR 2013 4

TANZE FISCHER-CZERMAK Anwendungsbereich in Europaumlische Elbrechtsverordnung nrs v Martin Schauer und Elisabeth Scheuba Wien 2012 S 25 H MUumlLLER-LuKOSCHEK (FN sect 2 N 47 ff

205 VgJ etwa ALEXANDER PFE1FFER Nachlassplanung deutsch-schweizerischer (Diss Leipzig) Regensburg 2011 S 259 ff

Kuumlnzle

Page 7: Tagungsband 8. Deutscher Testamentsvollstreckertag · 2015. 12. 7. · 28.06.2010 Erw. 3.1: Frankreich befasst sich nicht mit ausländischen Liegenschaften _ ein Gut 21 Vgl. Art.

127 126 Teil 2 Vertiefung

auch ein oumlffentlich beurkundetes Testament zusammen mit der Eroumlffshynungsurkunde

d) Auslaumlndische Erbfolgezeugnisse koumlnnen fuumlr vollstreckbar erklaumlrt werden (Art 28 iVm Art 31 IPRG) Das sog Exequaturverfahren wird vom kantonashylen Prozessrecht bestimmt und ist in der Regel summarischer Natur Dieses Vershyfahren wird etwa im Bankverkehr notwendig wenn der auslaumlndische Ausweis nicht akzeptiert wird Das ist haumlufig der Fall wenn der auslaumlndische Ausweis von einem Notar ausgestellt wurde77 Zudem gibt er territoriale Beschraumlnkunshygen So ist der Fremdrechtserbschein auf Deutschland begrenzt und die oumlsterreishychische Einantwortungsurkunde erfasst keine Liegenschaften im Ausland liches gilt fuumlr den letters testamentary und den letters of administrationl8 Diese territorialen Beschraumlnkungen werden in der Schweiz dann beachtet wenn sie sich aus dem materiellen Recht ergeben (Fremdrechtserbschein) nicht aber wenn sie sich aus Regeln des Verfahrensrecht ergeben (Einantwortungsurkunshy

e) Wenn im Ausland kein Erbfolgezeugnis ausgestellt wird oder dieses das in der Schweiz gelegene Vermoumlgen nicht erfasst ist in der Schweiz (im Rahmen eines Eroumlffnungsverfahrens) ersatzweise eine (schweizerische) Erbbescheinigung zu beantragen Die Zustaumlndigkeit richtet sich nach Art 87 und Art 88 IPRG Wurde im Ausland zwar ein Ausweis ausgestellt erfuumlllt dieser aber die fuumlr die Anerkennung notwendigen Anforderungen nicht muss gestuumltzt auf die Notzushystaumlndigkeit von Art 3 IPRG am Ort der gelegenen Sache oder an einem anderen Ort mit dem der Sachverhalt einen genuumlgenden Bezug aufweist eine Erbbeshyscheinigung beantragt werden

f) Bei Kollisionen von Erbrechtsausweisen aus mehreren Laumlndern kann Art 27 Abs2 lit c IPRG (iVm Art 31 IPRG) die Loumlsung bringen indem das zuerst in der Schweiz eingeleitete Verfahren80 Vorrang hat81

132 Indirekte Zustaumlndigkeit

Die indirekte Zustaumlndigkeit ist in Art 96 IPRG geregelt Nach Abs 1 lit a wershyden Urteile anerkannt wenn sie getroffen ausgestellt oder festgestellt worden sind im Staat des letzten Wohnorts des Erblassers oder im Staat dessen Recht er gewaumlhlt hat oder wenn sie dort anerkannt werden (sog Drittstaatsanerkenshy

77 Vgl I tANS KUHN Anerkennung und Wirkungen auslaumlndischer Erbauswcisc im schweizerischen Recht SZIER 12 (2002) 7

78 Vgl KUHN (FN77) SZIER 12 (2002) 25 79 Vgl KUHN (FN 77) SZIER 12 (2002) 26 f 80 In der Schweiz wird der Nachlass mit dem Tod des Erblassers automatisch eroumlffnet vgL Art 537

ZGB 81 Vd FlORIAN MARXER Das internationale Erbrecht Licchtensteins - Ein Vergleich mit dem

reichischen und schweizerischen Recht (Diss Zuumlrich) Vaduz 2002 S 141

KUnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

nung)82 Fuumlr Grundstuumlcke ist der Lageort massgebend (Art 96 Abs 1 lit b IPRG) gegebenenfalls ausschliesslich (Art 96 Abs 2 IPRG)

133 Staatsvertraumlge

Die Anerkennung und Vollstreckungauslaumlndischer Entscheide Massnahmen und Urkunden wird auch von Staatsvertraumlgen geregelt etwa im Verhaumlltnis zu Deutschland83 Diese enthalten aber regelmaumlssig nur Mindestnormen und gehen deshalb nicht uumlber Art 96 IPRG hinaus 84

2 Grundzuumlge der EuErbVO

a) Die Verordnung (EU) Nr 65012012 dcs Europaumlischcn Parlaments und dcs Rates vom 4Juli 2012 uumlbcr die Zustaumlndigkeit das anzuwcndcnde Recht die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung oumlffentlicher Urkundcn in Erbsachcn sowie zur Einfuumlhrung cines Europaumlischen Nachlasszeugnisses (EU-Erbrechts-Verordnung I EuErbVO)85 trat am t 7 August 2015 in Kraft (Art 84 EuErb VO)

b) Die EuErbVO ist direkt anwendbar und gilt fuumlr die Mitgliedstaaten Diese sind in der EuErbVO nicht dcfiniert Da Daumlnemark Irland und das Vereinigte Koumlnigreich sich nicht beteiligen gelten sie nicht als Mitgliedstaaten im Sinne der VerordnungY Obwohl erst nach der Verabschiedung der ErbVO zur EU geshystossen ist dagegen Kroatien ein MitgliedstaatB7

21 Zustaumlndigkeit

211 Grundregel

a) Art 4 EuErbVO regelt die Zustaumlndigkeit fuumlr saumlmtliche Erbsachen dh soshywohl fuumlr streitige Verfahren als auch fuumlr Verfahrcn der freiwilligen Gcrichtsbarshykeit sB Die Zustaumlndigkeit gilt zudem unabhaumlngig von der Nachlassbclegcnheit verhindert somit eine Nachlassspaltung

82 Vgl HEINI (FN 3) Art IPRG N 9 ff 83 Vgl Abkollll11en vom 2 November 1929 wischen

dcm Deutschen Reich uumlber die Anerkennung lind Vollstreckung _ Schiedsspruumlchen (SR 0276191361) zu weiteren StaatsvertrKgcn

dem Fuumlrstentum Liechtenstcin Schweden Spanien der Tschechoslowakischen Oumlsterreich vgl STElHEN

Basler Kommentar Internati r

und Anton K Schnydcr 3 A 84 Vgl 5mBR (FN 9) S 549 85 Vgl EU AbI NT L 201 S 107 zur Entstehungsgeschichte vgl ANATOLDUITA Kommentar zu

Art 1-84 EuErbva in Muumlnchener Kommentar zum Buumlrgerlichen Gesct7bueh Band 10 Intershynationales Privatrecht 16 A Muumlnchen 2015 Vor Art 1 EuErbVO N 5 ff

86 V gl Erwaumlgungsgruumlnde 82 und 83 87 Vgl DUTIA (FN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 14 88 Vgl DUTIA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 4

Kuumlnzle

127 126 Teil 2 Vertiefung

sen) auch ein oumlffentlich beurkundetes Testament zusammen mit der Eroumlffshynungsurkunde

d) Auslaumlndische Erbfolgezeugnisse koumlnnen fuumlr vollstreckbar erklaumlrt werden (Art 28 iVm Art 31 IPRG) Das sog Exequaturverfahren wird vom kantonashylen Prozessrecht bestimmt und ist in der Regel summarischer Natur Dieses Vershyfahren wird etwa im Bankverkehr notwendig wenn der auslaumlndische Ausweis nicht akzeptiert wird Das ist haumlufig der Fall wenn der auslaumlndische Ausweis von einem Notar ausgestellt wurde77 Zudem gibt er territoriale Beschraumlnkunshygen So ist der Fremdrechtserbschein auf Deutschland begrenzt und die oumlsterreishychische Einantwortungsurkunde erfasst keine Liegenschaften im Ausland Aumlhnshyliches gilt fuumlr den letters testamentary und den letters of administration7H Diese territorialen Beschraumlnkungen werden in der Schweiz dann beachtet wenn sie sich aus dem materiellen Recht ergeben (Fremdrechtserbschein) nicht aber wenn sie sich aus Regeln des Verfahrensrecht ergeben (Einantwortungsurkunshyde)9

e) Wenn im Ausland kein Erbfolgezeugnis ausgestellt wird oder dieses das in der Schweiz gelegene Vermoumlgen nicht erfasst ist in der Schweiz (im Rahmen eines Eroumlffnungsverfahrens) ersatzweise eine (schweizerische) Erbbescheinigung zu beantragen Die Zustaumlndigkeit richtet sich nach Art 87 und Art 88 IPRG Wurde im Ausland zwar ein Ausweis ausgestellt erfuumlllt dieser aber die fuumlr die Anerkennung notwendigen Anforderungen nicht muss gestuumltzt auf die Notzushystaumlndigkeit von Art 3 IPRG am Ort der gelegenen Sache oder an einem anderen Ort mit dem der Sachverhalt einen genuumlgenden Bezug aufweist eine Erbbeshyscheinigung beantragt werden

f) Bei Kollisionen von Erbrechtsausweisen aus mehreren Laumlndern kann Art 27 Abs2 lit c IPRG (iVm Art 31 IPRG) die Loumlsung bringen indem das zuerst in der Schweiz eingeleitete Verfahren80 Vorrang hat 81

132 Indirekte Zustaumlndigkeit

Die indirekte Zustaumlndigkeit ist in Art 96 IPRG geregelt Nach Abs 1 Ht a wershyden Urteile anerkannt wenn sie getroffen ausgestellt oder festgestellt worden sind im Staat des letzten Wohnorts des Erblassers oder im Staat dessen Recht er gewaumlhlt hat oder wenn sie dort anerkannt werden (sog Drittstaatsanerkenshy

77 Vgl HANS KUl-IN Anerkennung und Wirkungen auslaumlndischer Erbausweise im schwei~crischen Recht SZIER 12 (2002) 7

78 Vgl KUHN (FN 77) SZlER 12 (2002) 25 79 Vgl KUHN (FN 77) SZIER 12 (2002) 26 f 80 In der Schweiz wird der Nachlass mit dem Tod des Erblassers automatisch eroumlffnet vtL Art 537

ZGB

81 Vgl FLORIAN MARXER Das internationale Erbrecht Licchtensteins Ein Vergleich mit dem oumlsterreichischerr und schweizerischen Recht (Diss Zuumlrich) Vaduz 2002 S 141

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

nung)82 Fuumlr Grundstuumlcke ist der Lageort massgebend (Art 96 Abs 1 lit b IPRG) gegebenenfalls ausschliesslich (Art 96 Abs 2 IPRG)

133 Staatsvertraumlge

Die Anerkennung und Vollstreckung auslaumlndischer Entscheide Massnahmen und Urkunden wird auch von Staatsv~rtraumlgen geregelt etwa im Verhaumlltnis zu Deutschland83 Diese enthalten aber regelmaumlssig nur Mindestnormen und gehen deshalb nicht uumlber Art 96 IPRG hinaus 84

2 Grundzuumlge der EuErbVO

a) Die Verordnung (EU) Nr 65012012 des Europaumlischen Parlaments und des Rates vom 4 Juli 2012 uumlber die Zustaumlndigkeit das anzuwendende Recht die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung oumlffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einfuumlhrung eines Europaumlischen Nachlasszeugnisses (EU-Erbrechts-Verordnung I EuErbVO)85 trat am 17 August 2015 in Kntft (Art 84 EuErbVO)

b) Die EuErbVO ist direkt anwendbar lind gilt fuumlr die Mitgliedstaaten Diese sind in der EuErbVO nicht definiert Da Daumlnemark Irland und das Vereinigte Koumlnigreich sich nicht beteiligen gelten sie nicht als Mitgliedstaaten im Sinne der VerordnungH6 Obwohl erst nach der Verabschiedung der ErbVO zur EU geshystossen ist dagegen Kroatien ein MitglicdstaatH7

21 Zustaumlndigkeit

211 Grundregel

a) Art 4 EuErbVO regelt die Zustaumlndigkeit fuumlr saumlmtliche Erbsachen dh soshywohl fuumlr streitige Verfahren als auch fuumlr Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarshykeit H8 Die Zustaumlndigkeit gilt zudem unabhaumlngig von der Nachlassbelegenheit verhindert somit eine Nachlassspaltung

82 Vgl HEINI (lN 3) Art 96 [PIZe N 9 ff a3 VgL Abkomlllcn vom 2 November 1929 Iwischen dcr Schwcizerischcll Eidgenossenschaft

dem DcUtschen Rcich uumlber die Anerkennung lind Vollstredwng von gerich gen lind Schiedsspruumlchen (SR 02761913(1) zu weiteren Staatsvertraumlgen reich Italien lcl11 Fuumlrstentum Liechtcnstein Schweden Spanien de Tschechoslowakischen Republik und Oumlsterreich vgl STHIIIEN VllERIIROBERT K DAumlPPEN Kommentar zu Art 25shy32 IPRG Baslcr Kommentar Internationales Privatrecht hrsg v Heinrich HOllscIl Ncdim Peshyter Vogt lind Antol1 K Schnytkr 3 A Bascfrankfurt 2013 Art 25 IPRG N 18

B4 Vgl SmlfR (FN 9) S 549 85 Vgl EU AbI Nr L 201 S 107 zu Entstehungsgeschichte vgl ANATOt DlJlTA Kommentmiddot zu

Art 1-84 EuErbVO in Muumlnchcner KOlllmcntar wm Buumlrgerlichen Gesetzbuch Band 10 Intershynationales Privatrecht I ( A Muumlnchen 2015 Vor Art 1 EuErbVO N 5 ff

86 Vgl Erwaumlgungsgruumlnde 82 und 83 87 Vgl DUTrA (FN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 14 88 Vgl DunA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 4

Kuumlnzle

129 128 Teil 2 Vertiefung

b) Fuumlr den ganzen Nachlass zustaumlndig sind grundsaumltzlich die Gerichte am letzshyten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers (Art 4 EuErbVO) Abgestellt wird objektiv auf familiaumlre und soziale Bindungen und subjektiv auf den Bleishybewillen89 Da keine privatautonome Bestimmung moumlglich ist hat die Erklaumlrung des Erblassers in seiner letztwilligen Verfuumlgung nur eine beschraumlnkte Wirkung9o Es sind Faumllle denkbar dass kein oder mehrere gewoumlhnliche Aufenthaltsorte vorshyliegen91 Keine Verschiebung des gewoumlhnlichen Aufenthaltsorts bewirken Aufshyenthaltswechsel aus schulischen beruflichen und medizinischen Gruumlnden (Pfleshyge) sowie moumlglicherweise auch aus Altersgruumlndenmiddot (bei fehlender Integration I Mallorca-Rentner)92

c) Art 10 ErbVO sieht eine subsidiaumlre Zustaumlndigkeit am Ort der Nachlassbeleshygenheit vor welche umfassend (fuumlr den ganzen Nachlass) und zwingender Nashytur ist

93 Nachlassbelegenheit in einem Mitgliedstaat ist gegeben wenn sich (im

Zeitpunkt der Entscheidung)94 koumlrperliche Gegenstaumlnde (Sachen) in einem Mitshygliedstaat befinden Gegenstaumlnde oder Rechte in einem oumlffentlichen Register eines Mitgliedstaates verzeichnet sind (unbewegliche Sachen Schiffe Luftfahrshyzeuge oder Immaterialguumlterrechte) oder Forderungen mit einem Schuldner in einem Mitgliedstaat9s Der Erblasser muss zudem eine Beziehung CUl11 Bclegenshyheitsmitgliedstaat haben naumlmlich dessen Staatsangehoumlriger sein ([it a) oder inshynerhalb der vergangenen fuumlnf Jahre seinen gewoumlhnlichen Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat gehabt haben ([it b) Wenn eine solche Beziehung fehlt wird die Zustaumlndigkeit auf den inlaumlndischen Nachlass begrenzt (Abs 2))(

212 Abweichung im Fall einer Rechtswahl

a) Nach Art 5-9 EuErbVO besteht - zur Wiederherstellung des Gleichlaufs von forum und ius97 - die Moumlglichkeit von der Grundregel (Art 4 und Art 10 EuErbVO) abzuweichen und zwar immer dann wenn der Erblasser eine Rechtsshywahl getroffen hat (1) foumlrmliche Gerichtstandvereinbarung (Art 5 EuErbVO) (2) formlose Gerichtstandsanerkennung (Art 7 lit c EuErbVO) (3) Ermessensshy

89 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 4 Kindschaftsvcrfahrensrechts des EuGH keine che Wohnsitz

90 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 4 91 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 6 92 Vgl DENIS SOLOMON Die allgemeine Kollisionsnorm in Die EUlOpiiishy

sehe Erbreehtsverordnung hrsg v Muumlnchen 201417 ff KINGA M WEissMANUEi -CllC I-lcrausforshy

internationale Na ic1welzcr Sicht sllcccssio 2014 167 f(= zur Notariatspraxis Schweizcrischen Notarcnvcrband Muri 2015S 15

93 DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 7 94 DUTTA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 9 95 DUTfA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 6 96 DUITA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 13 ff 97 dazu WEIssBIGLER (FN 92) successio 2014 166

Kuumlnzle

Dic EuErhVO und die Schweiz

entscheidung des nach der Grundregel zustaumlndigen Gerichts (Art 6 lit a EushyErbVO) (4) Vereinbarung einer aussergerichtlichen einvernehmlichen Regelung (Art 8 EuErbVO) sowie (5) ruumlgelose Einlassung (Art 9 EuErbVO)

b) Die EuErbVO gestattet dem Erblasser keine einseitige Gerichtsstandsshywahl98 der Erblasser muss vielmehr darauf hoffen dass die Erben die ihnen zur Verfligung stehenden Moumlglichkeiten benuumltzen

22 Anwendbares Recht

221 Objektive Anknuumlpfung

Zustaumlndigkeit und anwendbares Recht (Art 4 und 21 EuErbVO) folgen dem Hauptanknuumlpfungspunkt (letzter gewoumlhnlicher Aufenthalt des Erblasshy

sers) womit ein Gleichlauf von forum und ius angestrebt wird

b) Nach Art 21 Abs 1 EuErbVO wird grundsaumltzlich auf den ganzen Nachhtss das Recht ltIm letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers angewendet (Erb-

Der letcte gewoumlhnliche Aufenthalt des Erblassers in Art 21 EuErbVO entspricht demjenigen von Art 4 ErbV099

c) In Art 21 Abs2 EuErbVO gibt es eine Ausweichklauscl wonach ein andeshyres Recht anzuwenden ist wenn zu diesem eine offensichtlich engere Bindung besteht Da auch die Bestimmung des gewoumlhnlichen Aufenthalts auf eine enge Bindung tbstcllt werden Ausnahmen selten vorkommen loa Dutta erwaumlhnt etshywa dass einer fehlgeschlagenen Rechtswahl zum Durchbruch verholfen oder ein Aufenthaltswechsel einer betreuten Person korrigiert werden kann 10I

222 Rechtswahl

Der Erblasser kann das auf den Nachlass anwendbare Recht (Erbstatut) in beshyschriinktem Umfang waumlhlen er kltlnn luumlmlich sein Staatsangehoumlrigkeitsrecht waumlhlen welches er im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes besass (Art 22

98 Vgl DUIlA (FN 85) Vor Art 4 ElIErbVO N 7[] 99 VgL DUTlA (FN 85) Art 21 EuErbVO N 4

100 Kritisch KNUTWERNER LANGE Das ErbkoUisionsrccht im nClIcn Entwurf eincr EU-ErbVO ZErb 2012 [62 FEIJX M WIlKE Das internationale Erbrecht nach der IlCllcn EU-Erbshyrcchtsvcrordnung RIW 2012 605

101 Vgl DUJ1A (lN 85) Art 21 EuErbVO N 6 weiter Faumllle sind Expats oder DiplomaIlshyteIl vgL WElSSBIGLElt (FN 92) sllcccssio 2014174

Kuumlnzle

131 130 T eil 2 Vertiefung

Abs 1 EuErbVO)102 Wenn der Erblasser mehrere Staatsangehoumlrigkeiten beshysitzt hat er die Auswahl 103 Die Rechtswahl betrifft stets den gesamten Nachshy

eine Teilrechtswahl ist nicht moumlglich104

223 Erbvertraumlge

Fuumlr Erbvertraumlge gilt nach Art 25 EuErbVO das zur Zeit der Errichtung massshygebende Recht (Abs 1) Erbvertraumlge sind nur in wenigen Laumlndern der EU zugeshylassen etwa in Deutschland und Oumlsterreich Darunter gehoumlren aber auch gegenshyseitige Testamente (Deutschland)105 und Gestaltungsmittel des franzoumlsischen (donation-partage institution contractuelle renonciationanticipee aIaction en reduction) und englischen Rechts (contract to make or not to make a will contract not to revoke or not to modify a will)106 Bei mehreren Verfuumlgenden muss der Erbvertrag nach beiden Erbstatuten zulaumlssig sein (Abs2) was geleshygentlich durch die Wahl des gemeinsamen Heimatrechts erreicht wird (Abs 3)107

224 Sonderrregelung fuumlr Nachlassverwalter

Nach Art23 Abs2 lit f EuErbVO unterstehen die Testamentsvollstrecker (und Nachlasspfleger nicht aber Nachlassinsolvenzverwalter) grundsaumltzlich dem Erbstatut108 Nach Art29 Abs 1 EuErbVO darf fuumlr Nachlassverwalter

102 Das kann wie folgt formuliert werden (1) Ich bin deutscher hen Aufenthalt in Deutschland Diesen will ich auch Staatsangehoumlriger und habe meinen gewoumlhnlichen Aufenthalt auf Mallorca Vorsorgshy

waumlhle ich fuumlr die Rechtsnachfolge von Todes wegen in mein gesamtes Vermoumlgen sowie die Frage der Rechtswirksamkeit dieses Testaments das deutsche Recht als mein Staatsangehoumlrigshykeitsrecht (3) Ich bin Buumlrger von Kappe Ebnat-Kappel SG (Schweiz) also schweizerischer Staatsangehoumlriger und habe meinen gewoumlhnlichen Aufenthalt in Konstanz (Deutschland) den ich auch bis zu meinem Tod beibehalten will Ich waumlhle hiermit fuumlr die Rechtsnachfolge VOn Toshydes wegen in mein ganzes Vermoumlgen sowie fuumlr die Frage der Rechtswirksamkeit dieses Testashyments das schweizerische Recht insbesondere das schweizerische Erbrecht als mein Staatsangeshyhoumlrigkeitsrecht vgl FELIX ODERSKY Die Europaumlische Erbrechtsverordnung in der Gestalshytungspraxis nOtar 20137

103 Vgl DUrrA (FN 85) Art 22 EuErbVO N 3 104 Vgl DUTTA (FN 85) Art 22 EuErbVO N 8 105 Das in Deutschland haumlufip verwendete gemeinschaftliche Testament ist in der

als im nationalen Recht In die Kategorie der Erbvcrtraumlge einzuordncn VGL ANATOL Die europaumlische Erbrechtsverordnung vor ihrem Anwendungsbeginn Zebn ausgewaumlhlteStreitstandsminiaturen IPRax 2015 35

106 Vgl ANDREABONOMIAzADI OumlZTUumlRK Das Statut der Verfuumlgung von Todes wegen (Art 24 ff EuErbVO) in Die Europaumlische Erbrechtsverordnung hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 N 60 nennen donation-partage

107 WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014 188 geben folgendes Formulierungsbeispiel Ich MilK Muster bin deutscher und schweizerischer Staatsbuumlrger Ich Manuela Muster bin deutshysche Staatsbuumlrgerin Fuumlr die Erbfolge in den gesamten Nachlass waumlhlt ein jeder von uns deutshysches materielles Recht unabhaumlngig vom On des jeweiligen gewoumlhnlichen Aufenthalts im Zeitshypunkt des Todes Fuumlr die Wirksamkeit und Bindungswirkungen dieses Erbvertrages soll insfc samt das deutsche materielle Recht gelten Dies verfuumlgt ein jeder von uns einzeln sowie wir belde

lsam und soweit zulaumlssig mit erbvertraglicher Bindungswirkung Die Bi s1ch soweit zulaumlssig auch auf die Wahl des anwendbaren Rechts erstrecken

108 Vgl DUTTA (FN 85) Art 23 EuErbVO N 23

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

ausnahmsweise bei der lex fori angeknuumlpft werden (Eroumlffnungsstatut) soweit dies zwingend notwendig ist Damit hat man vor allem an den executoradminishystrator des common law gedacht109

225 Formstatut

Fuumlr die Form gilt nach Art 27 EuEirbVO weitgehend 11 0das Haagcr Testashymentsformuumlbereinkommen vom 5101961111 Dies bedeutet im Wesentlichen dass die Form am Ort der Testamentserrichtung eingehalten werden muss

23 Anerkennung von Entscheidungen und Urkunden

a) Mit der Schaffung des Europaumlischen Naehlasszeugnisses (Art 62 EuErbshyVO) welches auch den Testamentsvollstrecker einschliesst ist die Anerkennung im EU-Raum gesichert und zwar ohne besonderes Verfahren (Art 39 Abs I EuErbVO) Es werden allerdings auch neue Probleme geschaffen so etwa die Abbildung des (deutschen) pauschalierten Zugewinnausgleichs welcher guumltershyund nicht erbrechtlicher Natur istl2

b) Die EuErbVO geht recht weit im Umsetzen von auslaumlndischen Entscheidunshygen Bei der Anwendung auslaumlndischen Rechts kann es vorkommen dass Vershyrichtungen umzusetzen sind welche das eigene Recht nicht kennt etwa eine Einantwortung nach oumlsterreichischem Recht eine family provision nach englishyschem Recht oder eine Gestaltungsmassnahme zur Durchsetzung von Pflichtteishylen Diese wurden in Deutschland gelegentlich als wesensfremd abgelehnt 113

was unter der Geltung der Eu ErbVO nicht mehr moumlglich ist j 14

24 Einfuumlhrungsgesetze

Obwohl die EuErbVO direkt anwendbar ist braucht es zur Umsetzung in den einzelnen Laumlndern besondere Vorschriften und regelmaumlssig auch Aumlnderungen des bestehenden nationalen Rechts Deutschland hat das Gesetz vom 29 Juni 2015 zum Internationalen Erbrecht und zur Aumlnderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Aumlnderung sonstiger Vorschriften (IntErbRVGEG) 115 gerashyde noch rechtzeitig vor Inkrafttreten der EuErbVO erlassen Die meisten Laumlnshyder haben noch kein derartiges Gesetz 116

109 85) Art 29 EuErbVO NI 10 Zu Unterschieden vgl DunA (FN 85) Art 27 EuErbVO N 4 ff

111 Vgl wwwhcchl1ctlllploadltcxtll_dpdf(26082015)SR 021 13121 112 Vgl DUrlA (FN 105) IPRax 2015 33 113 Vgl etwa BayObLGZ 1967197201 114 Vgl DUITA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 21 115 BGBl I S1042 fuumlr eine Kommentierung der neuen Regeln vgl Internationales Erbrecht

(EuErbVO I IntErbRVG) brsg v Walter Gier Andreas Koumlhler Ludwig Kroiszlig und Harald Wilsch Baden-Baden 2015

116 Zum oumlsterreichischen Erbrechtsaumlnderungsgesetz vom 30 Juli 2015 (BGBl I 872015) welohe am 112017 in Kraft tritt

Kuumlnzle

132 133 Teil 2 Vertiefung

3 Anwendung der EuErbVO auf die Schweiz

31 Vorbehalt bilateraler Abkommen mit Drittstaaten

a) Waumlhrend Staatsvertraumlge unter den Mitgliedstaaten mit dem Inkrafttreten der EuErbva aufgehoben werden117 bleiben Staatsvertraumlge der Mitgliedstaaten mit Drittstaaten grundsaumltzlich bestehen und haben Vorrang gegenuumlber den Regeln der Erbrechtsverordnung (Art 75 Abs 1 EuErbVO)118 Das bedeutet dass die

119 vorne erwaumlhnten Staatsvertraumlge mit Italien Griechenland und Portugal vorshy

bleiben12o

In den Staatsvertraumlgen mit Italien 121 und Griechenland 122 wird das Heimatrecht auf Erbfaumllle angewendet Wenn in einem Erbfall weitere EU-Staaten (ohne Staatsvertrag) involviert sind kann dies zu Problemen fuumlhren naumlmlich der Anwendung unterschiedlichen Rechts in den einzelnen Staaten123 Fuumlr Deutschland bleiben (unter anderem) die Staatsvertraumlge mit dem Iran mit der ehemaligen Sowjetunion und mit der Tuumlrkei bestehen 124

besteht auch fuumlr Haager Form-Uumlbereinkommen 125

117 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 20

118 Vgl REMBERT SOSS Der Vorbehalt zugunsten bilateraler Abkommen mit Drittstaatcll in Die Europaumlische Erbrechtsverordnung hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014N14mwN

119 Vgl vorne FN 37 120 Vgl Suumlss (FN 118) N 12

121 Zu Einzelheiten vgl TI NA WUumlSTEMANNLARISSA MADOLDA MARTINEZ Der schweierischshyitalienische Erbfall successio 2011 66 ff BGE 138 III 354 Erw 3 BGer 4A_582011 Pra 2012 NI 130 = ZBGR 2014174 Der Staatsvertrag laumlsst eine Rechtswahl BGE 136 HI 461 Erw 52153 = 4A_4212009 ZBGR 2012111 Der Staatsvertrag laumlsst BGer 5C212003 vorn 22072003 Erw 2 Der Staatsvertrag regelt die Frage der weshalb Art 86 H IPRG anzuwenden BGE 120 II 293 Der Staatsvertrag regelt der Eroumlffnung nicht weshalb Art 86 H anzuwenden sind BGE 99 II 246 Erw Staatsvertrag regelt die der Eroumlffnung nicht weshalb die schweizerischen Kollisiollsnorshymcn anwendbar sind ZR Nr 76 Erw II Vorsorgliche Massnahmcn bezuumlglich Nachlassguumlshytern in der Schweiz eines in Italien verstorbenen Italieners

122 Vgl BGE 94 H 5 Elw 2 Heimatrecht ist anwendbar

123 Aumlhnlich wie in den von SUumlSS (FN 118) N 16 ff genannten Beispielen Eclegenheit in einem anshyderen Mitgliedstaat gewoumlhnlicher Aufenthalt in einern anderen Mitgliedstat

124 Vgl DUTTA (FN 105) IPRall 2015 39 ANDREAS KOumlHLER sect 4 Internationales Privatrecht in Internationales Erbrecht (EuErbVO IntErbRVG) hrsg v Walter Gier Andreas Koumlhler Ludwig Kroiszlig und Harald Wilsch Baden-Baden 2015 Anhang zu sect 4 Art 8 Niederlassungsabshykommen vom 17 Februar 1929 zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien (RGBI 1930 II 1002) Anlage zu Art 22 (Nachlassabkommen) sectsect 13-15 17 und 19 KOllsularvcrshytrag zwischen dem Deutschen Reich und der Union der Sozialistischen Sowjctrepubliken vom 12 Oktober 1925 (RGBl1926 II 60) Art 19-20 und 24-29 Konsularvertrag zwischen der Bunshydesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom 25 April 1958 (BGBI 1959 n 233 weiterhin anwendbar gemaumlszlig gemeinsamer Erklaumlrung vorn 25081994) Art 3 und Art 8 Niederlassungsabkommen vom 12Januar 1927 zwischen dem Deutschen Reich und der Tuumlrkischen Republik (RGBI II 76 454) Art 16 und 20 Anlage zu Art 20 (Nachshylassabkommen) Konsularvertrag vom 28 Mai 1929 zwischen dem Deutschen Reich und der Tuumlrkischen Republik (RGB 11930 II S 748)

125 Vgl vorne FN 70 SOSS (FN 118) N 14

Die EuErbVO und die Schweiz

32 Anwendung der ErbVO auf Drittstaaten

a) Die Schweiz gchoumlrt zu den Drittstaaten (als Nicht-EU-Mitglied) ebenso wie das Vereinigte Koumlnigreich (UK) Irland und Daumlnemark welche nicht an der Erbrechtsverordnung teilnehmen126

b) Die Erbrechtsverordnung gilt an sich nur fuumlr die Verordnungsstaaten sie beshytrifft aber auch Erbfaumllle mit Bezug zu Drittstaaten (wie der Schweiz) was als erga mones-Wirkung bezeichnet wird 127 Allerdings gelten nicht alle Regeln der EuErbVO im Verhaumlltnis zu den Drittstaaten128 was durchaus zu Konflikten

kann Ein Bezug zu Drittstaaten kommt etwa vor 129 (1) wenn Dritt shystaatsangehoumlrige ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt in einem Verordnungsstaat hashyben (2) wenn Verordnungsstaatsangehaumlrige ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat haben (3) wenn ein Erblasser mit letztem gewoumlhnlichem Auf-

in einem Verordnungsstaat Vermoumlgenswerte in einem Drittstaat hintershylaumlsst und (4) wenn ein Erblasser mit gewoumlhnlichem Aufenthalt in einem Dritt shystaat Nachlasswerte in einem Verordnungsstaat hinterlaumlsst

(1) Ein Schweizer stirbt in Hamburg (2) ein Italiener stirbt in Lugano nach Oumlsterreich gezogener Franzose mit einem Haus in St Moritz (3)

lebender Hollaumlnder mit einem Haus in Mallorca

Ende 2012 betrug der Anteil der auslaumlndischen Staatsangehoumlrigen in der Schweiz mehr als 23 wobei der uumlberwiegende Teil aus Laumlndern der EU stammte und Ende 2011 hielten sich 703200 Schweizerinnnen und Schweizer im Ausland auf davon drei Fuumlnftel in Europa 130 Es besteht also ein grosses Potential fuumlr laumlnshyderuumlbergreifende Erbfaumllle mit Bezug zur Schweiz und EU Ob man die EuErbshyVO auch auf reine Drittstaatsachverhalte anwenden soll (etwa wenn nur Erben sich in der EU aufhalten) ist umstritten131 wohl aber zu verneinen

c) Nach Art 20 EuErbVO wird das Erbstatut auch dann angewendet wenn es sich nicht um das Recht eines Mitgliedstaates handelt Erwaumlgungsgrund 37 Eushy

126 86 zur Diskussion uumlber die Stellung der nicht teilnehmcnden Staaten Jaumlncmark welche aufkam weil die Definition aus dcr ErbVO gekippt wurde vgl EVA

LEIN Die Erbrechtsverordnung aus Sicht dcr Drittstaatcl1 in Die Europaumlische Erbrechtsvershyordnung hrsg v Anatol Dutta und Scbastian Herrler Muumlnchen 2014 N 7 ff DUTTA (PN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 15

127 ANDREA EONOMIIAlAD OumlzruumlRK Auswirkungen der Europaumlischen Erbrechtwerordshynung auf die Schweiz unter besondercr Beruumlcksichtigung deutsch-schweizerischer Erbfaumllle ZVglRWiss 2015 5

128 Vgl ANDREA BONOMI Le rcglcmcnt europccn sur les successions et SOll impact pour la Suisse SJ 2014 II 397 ff BONOMIIOZTUumllK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 5

129 Vgl NICOLE WILLlMANNGEORGIA FOTIOU Die Europaumlische Erbrechtsverordnung aus Sicht der Schweiz STH 2015 S 337 NIKITA GONTSCHAR EU Erbrechtsverordnung und schweizerishysches IPRG Norderstedt 2011 S 12 LEIN (FN 126) N 16

130 Vgl MICHELlE KALTMATIHIAS UHL Die EU-Erbrcchtsvcrordnung und die Schweiz in Eushyropaumlisierung der schweizerischen Rechtsordnung hrsg v Lukas Fahrlaumlnder und Reto A Heizshymann Zuumlrich 2013 S 106 Ende 2012 betrug die Wohnbevoumllkerung 8036917 Einwohner dashyvon hatten 1868962 Einwohner die auslaumlndische StaaQlangehoumlrigkeit

131 Vgl KALTUHl (FN 130) S 110 f r Kuumlnzle

~ Kuumlnzlel

I

135 134 T eil 2 Vertiefung

ErbVO ergaumlnzt dass das ganze Nachlassvermoumlgen dem Erbstatut (Aufenthaltsshyrecht nach Art 21 EuErbVO bzw Heimatrecht nach Art 22 EuErbVO) unter-

auch wenn es in einem Drittstaat gelegen ist132

d) Verweisungen auf das Recht eines Drittstaates sind nach Art 34 EuErbVO grundsaumltzlich als Gesamtverweisung zu verstehen Damit wird eine Ruumlck- oder Weiterverweisung (Renvoi) auf das Recht eines Mitgliedstaates (lit a) und auf das Recht eines (anderen) Drittstaates ermoumlglicht welcher die Verweisung anshynimmt 133 Es fragt sich weshalb der Renvoi in der Erbrechtsverordnung zugeshylassen wird obwohl dies im europaumlischen KoIlisionsrecht sonst nicht der Fall ist Die Antwort duumlrfte darin zu suchen sein dass im Erbrecht haumlufig das Vermoumlgen in verschiedenen Laumlndern liegt und der Renvoi versucht zu einer moumlglichst ein-

Loumlsung zu kommen134

33 Zustaumlndigkeit

a) Grundregel Waumlhrend das IPRG auf den Wohnsitz abstellt l35 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 136 Diese beiden Kriterien sind haumlushy

aber nicht immer deckungsgleich 137 Unterschiede entstehen vor allem des-weil beim Wohnsitz staumlrker auf subjektive Kriterien abgestellt wird waumlhshy

rend beim gewoumlhnlichen Aufenthalt die objektiven Kriterien im Vordergrund stehen 138 Erfreulich ist dass die Sonderanknuumlpfung fuumlr Immobilien etwa in Frankreich kuumlnftig dahinfaumlllt ~

b) Waumlhrend Erblasser nach dem IPRG seine Zustaumlndigkeit (in begrenztem Umfang) waumlhlen kann140 ist dies nach der EuErbVO nicht der Fall141 was ein gewisses Konfliktpotential darsteIlt 142 Die Wahl des Gerichtsstands ist nach Art 5 Abs 1 EuErbVO den betroffenen Parteien vorbehalten wobei nicht restlos klar ist was damit gemeint Die Erklaumlrung des Erblassers uumlber den

132 VgJ LErN (FN 126) N 17 133 VgJ DurrA (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 H 134 Vgl MICHAEL HELLNER Probleme des allgemeinen Teils des Internationalen

Die Europaumlische Erbrechtsverordnung v Anatal Dutta lind Sebastian Herrler 2014 N 12

135 Vgl vorne 111 b) (1) 136 Vgl vorne 211 b) 137 Vgl BONOMIIOumlZTUumlRK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 13 zu einem Vergleich der beiden Begriffe

vgl KALTUHL (FN 130) S 120 f 138 Vgl WmssBrGLER (FN 92) suceessio 2014 184 ff (mit einer Tabelle der moumlglichen FaumlHe im

Verhaumlltnis Schweiz-Deutschland) 139 Vgl IVOSCHWANDER Die EU-Erbrechtsverordnung A]P 20141090 140 Vgl vorne 111 b) (2) 141 Vgl vorne 212

142 Vgl szligENNOIT CHAPPurs]ULlEN PERRIN Le Reglement (UE) No 6502012 du Parlement eushyropeen er du Conseil du 4 juillet 2012 relatif ala compctence la loi applicable la reconnaissance et lexecution des decisions et lacceptation et lexecution des actes authentiques en matiere de successions et ala cnlation dun certificat successoral curopcen NotIex2014 33

143 Vgl DU1TA (FN 85) Art 5 EuErbVO N 6 ff

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

gewoumlhnlichen Aufenthalt in seinem Testament ist aus der Sicht der EuErbVO ein Ausgangspunkt aber nicht das Endergebnis Nicht selten wird uumlbersehen dass mit einer Veraumlnderung der Zustaumlndigkeit auch die Anwendung einer andeshyren Erbschaftssteuer verbunden sein kann

c) Die Ausnahmeregel von Art 10 ErbVOl44 laumlsst aus der Sicht eines Dritt shystaates (wie der Schweiz) die Befuumlrchtung aufkommen dass es sich um einen exshyorbitanten Gerichtsstand handelt145 der neue Konflikte schafft und zu einem forum running fuumlhrt 146 Das sollen zwei Faumllle zeigen

Fall 1 Ein Schweizer in der Schweiz mit einem Haus in Deutschland und einem Bankkonto in Oumlsterreich stirbt Das ist ein Fall von Art 10 Abs 2 EuErbVO (Vermoumlgen in der EU) Deutschland ist fuumlr das Haus zustaumlndig was mit Art 86 Abs2 IPRG uumlbereinstimmt ein deutsches Urteil wird nach Art 96 Abs 1 lit b IPRG anerkannt Oumlsterreich ist fuumlr das Bankkonto zustaumlndig was Art 86 Abs 1 IPRG widerspricht ein oumlsterreichisches Urteil wird in der Schweiz nach Art 96 rPRG nicht anerkannt die Schweiz ist fuumlr den restlichen Nachlass zustaumlndig was mit Art 86 Abs 1 IPRG vereinbar ist

Fall 2 Ein Schweizer in England der bis vor 4 Jahren in Deutschland lebte mit einem Haus in Frankreich und einem Konto in der Schweiz errichtet eine letztshywillige Verfuumlgung mit der Wahl des Heimatrechts (eH) Das ist ein Fall von Art 10 Abs 1 lit b (Aufenthalt vor weniger als 5 Jahren) Deutschland ist fuumlr den gesamten Nachlass zustaumlndig was Art 87 Abs2 IPRG widerspricht ein deutsches Urteil wird nach Art 96 IPRG nicht anerkannt die deutsche Zustaumlnshydigkeit widerspricht auch der Sicht des englischen Rechts UK ist fuumlr ches Vermoumlgen zustaumlndig und uumlberlaumlsst Frankreich die Zustaumlndigkeit Grundstuumlcke die Schweiz anerkennt UK-Urteile nach Art 96 IPRG

Es waumlre zu begruumlssen wenn die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO zuruumlckshyhaltend verwendet wird Denkbar waumlre dass der Gesetzgeber eine konkrete Schranke einbauen wuumlrde (zB mindestens 10 des Nachlasses )147 Teilweise

144 vorne 211 cl

_

__

145 ~E (FN 100) RIW 2012 604 verhindert die Anll11uumlpfung am fruumlheren gewoumlhnlichen diese Zustaumlndigkeit vom Stigma eines exorbitanten Gerichtsstands

146 DORMANN Das schwei7-crische internationale Privatrecht lind die europaumlische Erb-rlaquo~h-Mlm im Vergleich in Die EU-Erbrechtsverordnung NI 6502012 und deren Ausshy

lerse Laumlnder hrsg v der Europaumlischen Anwaltsvcreinigullg cV (DACH) Zuumlrich 2014 S 86 Ivo SCIIWANDER Die Behandlung internationaler Erbfaumllle mit Hinweisen fuumlr die internationale Nachlassplanung in Nachlassplanung und Nachlassteilung hrse v Schmid Zuumlrich 2014 S493 CHAIPUISPERRIN (FN 142) Notex 2014 30 (FN 130) S 110 f BONOMI (FN 128) SJ 2014 Ir 417 ff

147 WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014 170 bemerken zu kriterien wenig hilfreich sind MrCHELLE KALTUr-lL (FN Nachlassvermoumlgen von einilcl11 Gewicht vorlieeen muumlsse

Kuumlnzle

137 136 Teil 2 Vertiefung

schafft Art 10 EuErbVO auch Konflikte mit dem bestehenden Recht der Mitshygliedstaaten wie das Beispiel von Oumlsterreich (sect 150 AuszligStrG) zeigt 148

Wenn ein Erblasser vermeiden will dass Art 10 EuErbVO zur Anwendung kommt muss er zufaumlllige und unnoumltige zustaumlndigkeitsbegruumlndende Beruumlhshyrungspunkte zu einem Mitgliedstaat zu Lebzeiten beseitigen149 sprich sein Vermoumlgen aus dem Mitgliedstaat abziehen

d) Fuumlr den Fall dass ein Verfahren in einem Drittstaat unmoumlglich oder unzushymutbar wird schafft Art 11 EuErbVO eine Notzustaumlndigkeit 15o Verlangt wird ein ausreichender Bezug zum Mitgliedstaat Gedacht ist etwa an den Fall des Stillstands der Rechtspflege dann soll das Verfahren nach Art 10 Abs2 EushyErbVO auf das Ausland ausgedehnt werdenlS1

e) Fuumlr den Fall dass Entscheidungen von Mitgliedstaaten in einem Drittstaat keine Aussicht auf Anerkennung oder Vollstreckung haben kann das Verfahren im Mitgliedstaat auf den europaumlischen Nachlass beschraumlnkt werden (Art 12 EuErbVO) In diesem Zusammenhang ist Liechtenstein zu erwaumlhnen152 welshyches nur mit der Schweiz153 und Oumlsterreich154 Vollstreckungsabkommen abgeshyschlossen hat (ersteres regelt die Zustaumlndigkeit nicht umfassend155 und letzteres

auf Erb- und Verlassenschaftssachen keine Anwendung Art 1 Abs3 Ziff 3)156 weshalb fuumlr die meisten Staaten eine Vollstreckung ausgeschlossen

bzw nur das Rechtsoumlffnungsverfahren (Art 49 ff RSO) bleibt welches zu einer Aberkennungsklage und damit einer inhaltlichen Pruumlfung in Liechtenstein fuumlhrt ISS

148 VgL ENA-MARLISBAJONS Zustaumlndigkeit und anwcndbares Recht in Erbsachenin Europaumlische Erbrechtsverordnung v Martin Schauer und Elisabcth Scheuba Wicn2012 S 40 149 WEISSIBIGLER (FN 92) successio 2014 178 150 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 12 151 VgL DUTTA (FN 85) Art 11 EuErbVO N 1

152 Vgl dazu HANS RAINER KUumlNZLE Vermoumlgensschutz mit liechtensteinischen Strukturell aus schweizerischer Sicht in Handbuch des Vermaumlgensschutzes hrsg v Francesco Schurr Wien2015 N 92 ff

153 Vg1 Abkommen vom 25 Aplil1968 zwischen dem Fuumlrstentum Liechtellstein und der Schweizeshyrischen Eidgenossenschaft uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entshyscheidungen und Schiedsspruumlchen in Zivilsachen (LR 027691011 I SR 0276141)

154 Ygl Abkommen vom 5]uli 1973 zwischen dem Fuumlrstentum Licchtenstein und der Osterreich uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen EntseheidungcSchiedsspruumlchen Vergleichen und oumlffentlichen Urkunden (LR 027691021)

155 Vgl MARIO FRICK Asset Protection und Zivilprozess L1Z 33 (2012) 1322156 Vgl BERNHARD MOTAL Durchsetzung von Pflichtteilsanspruumlchen gegen eil

Stiftung ]EV 2013 53 MARIO FRICK Die Anerkennung und Vollstreckung auslaumlndischer Entshyscheidungen in Zivilsachen im Fuumlrstentum Liechtenstein St Gallen 1992 S 66

157 Vgl etwa OG 7 Rouml 20023 vom 220820021us amp News 200371 Ein auslaumlndisches Urteil (LGFreiburg iBr) ist mangels Staatsvertrag bzw gegenseitiger Anerkennung nicht vollstreckbar

158 VgL MARIO FRICK Sind auslaumlndische Urteile taugliche Urkunden fuumlr eine Rechtsaumlffnung in Liechtenstein Anmerkungen zum Beschluss des liechtensteinischen Obergcrichts vom22082002 zu 7Rouml 20022]us amp News 2003710 f

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

34 Anwendbares Recht

a) Waumlhrend das IPRG grundsaumltzlich auf den Wohnsitz abstellt 159 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 160 Diese beiden Kriterien sind haumlushyfig aber nicht immer deckungsgleich 161 Damit duumlrften die meisten bestehenden Konfliktfaumllle welche auf die Anwendung des Staatsangehaumlrigkeitsrechts zushyruumlckgehen verschwinden 162 Es macht durchaus Sinn dass der Erblasser seine tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse in der letztwilligen Verfuumlgung festhaumllt (confessio iushyris)163 Von einer Rechtswahl durch Verschiebung des gewoumlhnlichen Aufentshyhaltsorts ist aufgrund der damit verbundenen Rechtsunsicherheit abzurashyten164 Die Anwendung der EuErbVO in der Schweiz und damit die Auslegung von Art 91 Abs 1 IPRG wird noch einiger Priizisierungen beduumlrfen 165 Ein geshywisses Konfliktpotentialliegt darin dass es in der Schweiz neben dem Erbstatut auch noch ein EroumlffnungsstatutiMgt gibt 167

b) Nach dem IPRG kann der Erblasser sein Heimatrecht im Zeitpunkt des Toshydes waumlhlen168 nach der EuErbVO kann der Erblasser sein Staatsangehoumlrigkeitsshyrecht im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes waumlhlen 169 Auch hier beshysteht weitgehende (aber nicht vollstaumlndige) Uumlbereinstimmung Die Wahl des Heimatrechts kann aus schweizerischer Sicht zu einer Verlagerung der Zustaumlnshydigkeit in die Schweiz fuumlhren (Art 87 Abs 2 IPRG) und damit moumlglicherweise

nach kantonalem Recht) zu einer Anwendung der Erbschaftssteuer in der 170 Wenn beim Erblasser Anknuumlpfungspunkte mit mehreren Laumlndern

bestehen sollte er sich in der letztwilligen Verfuumlgung zum anwendbaren Recht aumlussern selbst dann wenn er kein Recht waumlhlen moumlchte i71 Seitens der EU wird bedauert dass nicht auch noch das Recht des gewoumlhnlichen Aufenthaltsorts im Zeitpunkt der Testamentselrichtung lind das Guumlterstatut gewaumlhlt werden

159 160 161 162

163 164

165

166 167 139) AJP 20141098 168 169 170 Vgl WElSSB1GLER (FN 92) successio 2014 178 zu einem Formulierungsbeispiel vgJ JUTTA

MUumlLLER-LuKOSCHECK Die neue EU-Erbrechtsverordnung Essen 2013 sect 4 N 26 171 VgJ WEISsBJGLER (FN 92) succcssio 2014 177 f

Kuumlnzle

vorne 12 I a) vorne 221 b)BONOMrlOumlZTORK (FN 127) ZVglRWiss 201523 f DORMANN (FN 146) S 84 PllIlIlPE FRESARll Lc nouvcau Rcglcrnem CUlopccn de sllccession

N 40 ff ALEXANDER PFEIFFER Andenmgcn des Erbstatuts dur aus schweizerischer Sicht successio 2010 320 L dennoch kann ein

ganz ausgeschlossen werden vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 20141098 Zu V~1 WmssBIGlERMltglicdstaat Art Vgl SClIWANDER _ auf Erblasser lnit lItthU~Ptjlt1l~hrgttmiddot

91 Abs 1 IPRG gleichermassenStaatsangehoumlrigkeit anwendshy

bar ist) VgJ vorne 122 VgJ SCHWANDER Vgl vorne 121 Vgl vornc 222

139 138 Teil 2 Vertiefung

kann 172 Aus schweizerischer Sicht sind wir froh daruumlber weil zusaumltzliche Wahlmaumlglichkeiten weitere Konflikte schaffen wuumlrde

c) Die ErbVO regelt nicht wie das anzuwendende Fremdrecht festzustellen ist und welches Recht angewendet wird wenn es nicht feststellbar isc173 In Deutschland ist auslaumlndisches Recht von Amtes wegen festzustellen die Parteien haben das Gericht zu unterstuumltzen und es koumlnnen Sachverstaumlndige beigezogen

174werden Schwer feststellbares Recht kann ev uumlber das Mutterrecht erschlosshysen werden (2GB BGB ce common law) ansonsten gilt die lex fori

d) Ein Konfliktpotential besteht bei Doppe1buumlrgern 175 Diese sind in der Schweiz von einer Wahl des Heimatrechts ausgeschlossen 176 waumlhrend Mehrshystaatler in der EU das Recht waumlhlen duumlrfen dem sie zur Zeit der Rechtswahl oder im Zeitpunkt des Todes angehoumlren (Art 22 Abs 1 Satz 2 EuErbVO)177

e) Eine Ruumlck- und Weiterverweisung (Renvoi) wird im schweizerischen Recht nur in den vom Gesetz vorgesehenen Faumlllen zugelassen (etwa Art 91 Absl IPRG)178 in der Erbrechtsverordnung dagegen in breiterem Umfang (Art 34 EuErbVO)Y9 Letzterer kommt vor allem dann vor wenn ein Drittstaatsrecht ~ eine andere Hauptanknuumlpfung (als den letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers) verwendet zum Beispiel das Staatsangehoumlrigkeitsprinzip180 Weil dies bei der Schweiz nicht der Fall ist181 duumlrfte dieser Unterschied kaum zu Problemen fuumlhren 18z

f) Eine Rechtswahl kann dazu fuumlhren dass Erb- und Guumlterrecht auseinanderfalshy[en Die Rechtsnatur des pauschalen Zugewinnanteils des uumlberlebenden Ehegatshyten von 11 (Art 1371 Abs 1 BGB) ist umstritten weil ein Anspruch basierend auf Guumlterrecht im Erbrecht abgegolten wird 183 Dieser Fall zeigt dass neben

172 Vgl WILKE (FN 100) RIW 2012606

173 Vgl KINGA M WEISSMANUEL BIGLER Wohnsitz oder gewoumlhnlicher Aufenthalt _ Die Anshywendungsprobleme der europaumlischen Erbrechtsverordnung im Rechtsverkehr mit der Schweiz Deutscher Anwaltsspiegel Spezial Maumlrz 2013 S 28 KALTUHL (FN 130) S 121 f

174 Vgl WALTER ERMANNHARM PETER WESTERMANN BGB 13 A) Koumlln 2011 Einl Art 3-47N 59 ff

17S VgJ SCI-WANDER (FN 139) AJP 20141096 BALZ HOumlSLYSTEFANIE DEBRUNNER Rechtswahl schweizerisch-deutscher Doppelbuumlrger bei der Nachlassplanul]g untermiddot Beruumlcksichtigung ~er EU-Erbrechtsverordnung Anwalts revue 2013 276 BONOMrOZTuumlRK (FN 127) ZVgIRWlss 201524 f

176 Vgl vorne 121 b) 177 Vgl vorne 222 178 Vgl vorne 121 g) 179 VgJ vorne 32 d) 180 Vgl DU11A (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 181 Vgl vorne 121 a) Wohnsitz als Anknuumlpfugskriterium182

Vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 2014 1096 welcher darauf hinweist dass heikle RenvoishyProbleme mit Frankreich Schweden und Deutschland kuumlnftig entfallen

183 Vgl HEINRICH DOumlRNER Die Abgrenzung des Erbstatllts vom Guumltcrstatut in Die Europaumlisc~e Erbrechtsverordnllng hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 NIl ff dIe hM geht Yon einer guumlterrechtlichen Qualifikation aus vgl etwa BGH FamRZ 2012 1871

Kuumlnzte

Die EuErbVO und die Schweiz

dem Erbrecht auch das Guumlterrecht der Ehegatten in der EU koordiniert werden sollte Ein Schritt in diese Richtung ist der Vorschlag KOM (2011])1262 184

35 Erbvertraumlge

a) Die Erbrechtsverordnung aumlndert nichts an der Beurteilung (Zulaumlssigkeit) von Erbvertraumlgen in den einzelnen Laumlndern Deshalb ist je nach Ziel[and sorgfaumlltig abzuklaumlren ob Erbvertraumlge (zwischen Ehegatten oder zwischen beliebigen Ershyben) zulaumlssig sind

Wenn deutsche Staatsangehoumlrige in die Schweiz kommen ist ihnen zu empshyallfaumlllige gemeinschaftliche Testamente (welche im schweizerischen

Recht nicht bekannt sind) durch einen Erbvertrag zu ersetzen IS5

36 Testamentsvollstrecker

a) In der Schweiz hat der Gesetzgeber die Anwendung des Eroumlffnungsstatuts vorgesehen (Art 92 Abs 2 IPRG) die Lehre wendet aber hauptsaumlchlich das Erbshystatut an 186 In der EU wendet man auf den Testamentsvollstrecker grundsaumltzshylich das Erbstatut an (Art 23 Abs 2 [ie f EuErbVO) laumlsst aus zwingenden Gruumlnden aber auch das Eraumlffnungsstatut zu (Art 29 Abs 1 EuErbVO)187 wohl der umgekehrte Weg gewaumlhlt wurde sollten diese beiden Loumlsungen ziemshy

(aber nicht vollstaumlndig) kompatibel sein

b) Die fuumlr den executor gedachte Ausnahme kann auch vom schweizerischen Recht in Anspruch genommen werden Das hat etwa zur Fo[ge dass die zwinshygend vorgesehene Aufsicht 188 fuumlr einen von einer schweizerischen Behoumlrde (nach deutschem Recht) eingesetzten Testamentsvollstrecker sich nach schweishyzerischem Recht richtet und die Aufsichtsbehoumlrde somit (im Gegensatz zu Deutsch[and wo es nur die Absetzung gibt [sect 2227 BGB]) Empfehlungen Weishysungen und andere sachdienliche Massnahmen anordnen kann 18

37 Nachlasszeugnisse

a) Es ist davon auszugehen dass die schweizerische Behoumlrden (Grundbuch)190 und Gerichte sowie Private (Banken und Versicherungen) das Europaumlische

184 Wesentliche Inhalte Zllstaumlndi~kcit des Nachlassgerichts (Art 3) Rechtswahl (Art 16 gemcinmiddot samer gew~hnlicher u~ent~a t gewoumlhnlicher Aufcnthal~ ~ines Ehegatten bei der Eheschliesshysung oder Staatsrtngehongkelt Cll1es Ehegatten) oder WSldlar (Art 17) erster gememsamer geshywoumlhnlicher Aufenthalt bzw gemeinsame Staatsangehoumlrigkeit bzw engste Verbundenheit

185 Vgl ODERSKY (FN 102) notar 20138 186 Vgl vorne 122 b) 187 Vgl vorne 224 188 Vgl VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 515 189 VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 536 ff 190 Das Europaumlische Nachlasszeugnis ist inhaltlich und funktionell gleichwertig wie die Erbbescheishy

nigung nach Art559 ZGB llnd deshalb auch im Grulldbuchverkehr zu akzeptieren vgl WEIsslBrGLER (FN 92) sllccessio 2014 193

Kuumlnzte

141 140

Teil 2 Vertiefung

Nachlasszeugnis191 ohne weiteres anerkennen werdenl92 auch wenn der Gutshyglaubensschutz (Art 69 Abs2 EuErbVO) schwaumlcher ausgestaltet ist als beim deutschen Erbschien193 Aus Gruumlnden des Verkehrsschutzes wird man dem Europaumlischen Nachlasszeugnis in der Schweiz houmlchstens die Wirkungen zuershykennen koumlnnen die eine Bescheinigung nach Art 559 Abs 1 ZGB haumlttel94 Zu

kann es kommen wenn ein Mitgliedstaat die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO begruumlndet oder in der Schweiz zuerst ein Erbschaftsverfahren eingeleitet wurde 195 Neben dem Europaumlischen Nachlasszeugnis bleiben die nashytionalen Erbfolgezeugnisse bestehen196 welche teilweise (weiterhin) einem Vollshystreckungsverfahren (Exequaturverfahren Art 25 ff IPRG) unterworfen sind 197

b) Beim umgekehrten Weg (Anerkennung der schweizerischen Erbbescheinishygung im Ausland) erwarte ich zusaumltzliche Hindernisse weil die sehr detaillierte Regelung des Europaumlischen Nachlasszeugnisses (Art 68 EuErbVO) dazu wird dass die (aufgrund kantonaler Gesetzgebung) sehr uneinheitlichen und teilweise nur mit rudimentaumlren Angaben versehenen schweizerischen Erbbeshyscheinigungen (ohne Ehevertrag ohne Nachlasswerte ohne Erbquote) je

191 Vg1 vorne 37 192

Ebenso CA1HERINE GRUN MEYERrrHOMAS SPRECHER Aspekte der neuen EU-Erbrecbtsshyverordnung und ihres Bezugs Zur Scbweiz ZBGR 2015156 WErssBIGLER (FN 92) successio 2014192 BONOMI (FN 128) S] 2014 II 399 f

193 Vgl dazu KNUTWERNER LANGE Das Europaumliscbe Nachlasszeugnis Die Europaumlische Erbshyrechtsverordnung brsg v Anatol Dutta und Sebastian 2014 N 26 anders als im deutschen Recht schadet grobe Fahrlaumlssigkeit

194 SCHWANDER (FN 139) A]P 20141103 195

Vgl WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014192 SCHWANDER (FN 139) A]P 2014 1103 196

VglCHRISTOPH DORSEL Europiiische Ebrechts~erordnllng und Europaumlisches Nac~lasseu~shyms m Erbfalle unter Geltung der EUlOpiJschen Erbrechtsverordnung hrsg v Martm Lohmg ua Bielefdd 2014 S 51 fE

197 Zur Wirkung innerhalb der EU vgl DU1TA (FN 105) IPRax 2015 38 Wirkung als nach Art 3 Absl lit g EuErbVO fuumlr Erbausweise nach kontradiktorischem Verfahren Wirkung nach Art 59 EuErbVO fuumlr Erbausweise in Form einer oumlffentlichen Urkunde

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

je weniger akzeptiert werden198 Dabei allerdings Deutschland welches ausshylaumlndische Erbfolgezugenisse schon heute durchwegs ablehnt 199 nicht als Reshyferenz verwendet werden 2OO

38 Zwingende Bestimmungen

Wie vorne201 dargestellt wendet die Schweiz die Bestimmungen des baumluerli shychen Bodenrechts (BGBB) und uumlber den Grundstuumlckerwerb durch Personen im Ausland (BewG) als zwingende Bestimmungen an Ob diese Regeln auch Erbfaumlllen mit EU-Bezug zur Anwendung kommen haumlngt davon ab ob Art 30 EuErbVO auch auf Drittstaaten zur Anwendung kommt202 was zu ist20)

39 Weitere Bereiche der Erbschaftsplanung

Schliesslich ist daran zu erinnern zur umfassenden Erbschaftsplanullg auch das Eheguumlterrecht gehoumlrt und immer mehr auch Verfuumlgungen unter Lebenden ershyfasst (insbesondere im Rahmen der Unternehmensnachfolge) sowie (weiterhin) Strukturierungen mit Gesellschaften Stiftungen und Trusts Alle diese Bereishyche werden von der EuErbVO nicht erfasst204 und werden somit weiter von den nationalen Kollisionsregeln beherrscht205 Es bleibt somit noch viel Raum fuumlr weitere Harmonisierung

198 (39) AJP 20141103 weist auf den houmlheren Oualitiitsstandard in der EU hin schweizerische Recbt (Art 559 ZGB) zu

199 Vgl ULRrCH HAAS Internationales Verfahrensrecht in Erbsachen in Erbrecht in Ellropa hrsg v Rembert Suumlss 2 A Angclbachtal 2008 N 54 Begruumlndet wird dies damit dass einem dem deutschen Erbschein nachgebildeten auslaumlndischen Erbnachweis keine prozessrcchtli Wirkungen insbesondere keine Rechtskraft- oder GestaltungswirklIng zukommt anders schieden hat das LG Muumlnchen 28 0 243110 bei einem tuumlrkischen Erbschein was von

Auslaumlndischer Erbschein fuumlr Nachlass in Delllschland IPRax 2013241 H) aber tuumlrkischer Erbschein die Person an die man leisten kann nicht ohne

200 Allerdings ist die Anerkennung von nationalen crDlolgezcugmsscn ganz noch nicht sehr gekommen vgl PETER BREITSCHMIDCHRISTELLE HAAS Impacts tur reglelTIcnt europeen en matierc de successions sur le droit suisse in Succcssions internationashyles hrsg v Andrea BonomiChristina Schmid GencvelZurichBRle 2010 S 134 mit Verweis auf einen Bericht des Max-Planck-Instituts vom 26032010

201 Vgl vorne 112 202 Vgl KALTUHL (FN 124) S [JO f 203 VgL DurrA (FN 85) Art 30 EuErbVO N 7 204 Vgl STEPHANIE HERZOG Die EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) ErbR 2013 4

TANZE FISCHER-CZERMAK Anwendungsbereich in Europaumlische Elbrechtsverordnung nrs v Martin Schauer und Elisabeth Scheuba Wien 2012 S 25 H MUumlLLER-LuKOSCHEK (FN sect 2 N 47 ff

205 VgJ etwa ALEXANDER PFE1FFER Nachlassplanung deutsch-schweizerischer (Diss Leipzig) Regensburg 2011 S 259 ff

Kuumlnzle

Page 8: Tagungsband 8. Deutscher Testamentsvollstreckertag · 2015. 12. 7. · 28.06.2010 Erw. 3.1: Frankreich befasst sich nicht mit ausländischen Liegenschaften _ ein Gut 21 Vgl. Art.

127 126 Teil 2 Vertiefung

sen) auch ein oumlffentlich beurkundetes Testament zusammen mit der Eroumlffshynungsurkunde

d) Auslaumlndische Erbfolgezeugnisse koumlnnen fuumlr vollstreckbar erklaumlrt werden (Art 28 iVm Art 31 IPRG) Das sog Exequaturverfahren wird vom kantonashylen Prozessrecht bestimmt und ist in der Regel summarischer Natur Dieses Vershyfahren wird etwa im Bankverkehr notwendig wenn der auslaumlndische Ausweis nicht akzeptiert wird Das ist haumlufig der Fall wenn der auslaumlndische Ausweis von einem Notar ausgestellt wurde77 Zudem gibt er territoriale Beschraumlnkunshygen So ist der Fremdrechtserbschein auf Deutschland begrenzt und die oumlsterreishychische Einantwortungsurkunde erfasst keine Liegenschaften im Ausland Aumlhnshyliches gilt fuumlr den letters testamentary und den letters of administration7H Diese territorialen Beschraumlnkungen werden in der Schweiz dann beachtet wenn sie sich aus dem materiellen Recht ergeben (Fremdrechtserbschein) nicht aber wenn sie sich aus Regeln des Verfahrensrecht ergeben (Einantwortungsurkunshyde)9

e) Wenn im Ausland kein Erbfolgezeugnis ausgestellt wird oder dieses das in der Schweiz gelegene Vermoumlgen nicht erfasst ist in der Schweiz (im Rahmen eines Eroumlffnungsverfahrens) ersatzweise eine (schweizerische) Erbbescheinigung zu beantragen Die Zustaumlndigkeit richtet sich nach Art 87 und Art 88 IPRG Wurde im Ausland zwar ein Ausweis ausgestellt erfuumlllt dieser aber die fuumlr die Anerkennung notwendigen Anforderungen nicht muss gestuumltzt auf die Notzushystaumlndigkeit von Art 3 IPRG am Ort der gelegenen Sache oder an einem anderen Ort mit dem der Sachverhalt einen genuumlgenden Bezug aufweist eine Erbbeshyscheinigung beantragt werden

f) Bei Kollisionen von Erbrechtsausweisen aus mehreren Laumlndern kann Art 27 Abs2 lit c IPRG (iVm Art 31 IPRG) die Loumlsung bringen indem das zuerst in der Schweiz eingeleitete Verfahren80 Vorrang hat 81

132 Indirekte Zustaumlndigkeit

Die indirekte Zustaumlndigkeit ist in Art 96 IPRG geregelt Nach Abs 1 Ht a wershyden Urteile anerkannt wenn sie getroffen ausgestellt oder festgestellt worden sind im Staat des letzten Wohnorts des Erblassers oder im Staat dessen Recht er gewaumlhlt hat oder wenn sie dort anerkannt werden (sog Drittstaatsanerkenshy

77 Vgl HANS KUl-IN Anerkennung und Wirkungen auslaumlndischer Erbausweise im schwei~crischen Recht SZIER 12 (2002) 7

78 Vgl KUHN (FN 77) SZlER 12 (2002) 25 79 Vgl KUHN (FN 77) SZIER 12 (2002) 26 f 80 In der Schweiz wird der Nachlass mit dem Tod des Erblassers automatisch eroumlffnet vtL Art 537

ZGB

81 Vgl FLORIAN MARXER Das internationale Erbrecht Licchtensteins Ein Vergleich mit dem oumlsterreichischerr und schweizerischen Recht (Diss Zuumlrich) Vaduz 2002 S 141

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

nung)82 Fuumlr Grundstuumlcke ist der Lageort massgebend (Art 96 Abs 1 lit b IPRG) gegebenenfalls ausschliesslich (Art 96 Abs 2 IPRG)

133 Staatsvertraumlge

Die Anerkennung und Vollstreckung auslaumlndischer Entscheide Massnahmen und Urkunden wird auch von Staatsv~rtraumlgen geregelt etwa im Verhaumlltnis zu Deutschland83 Diese enthalten aber regelmaumlssig nur Mindestnormen und gehen deshalb nicht uumlber Art 96 IPRG hinaus 84

2 Grundzuumlge der EuErbVO

a) Die Verordnung (EU) Nr 65012012 des Europaumlischen Parlaments und des Rates vom 4 Juli 2012 uumlber die Zustaumlndigkeit das anzuwendende Recht die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung oumlffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einfuumlhrung eines Europaumlischen Nachlasszeugnisses (EU-Erbrechts-Verordnung I EuErbVO)85 trat am 17 August 2015 in Kntft (Art 84 EuErbVO)

b) Die EuErbVO ist direkt anwendbar lind gilt fuumlr die Mitgliedstaaten Diese sind in der EuErbVO nicht definiert Da Daumlnemark Irland und das Vereinigte Koumlnigreich sich nicht beteiligen gelten sie nicht als Mitgliedstaaten im Sinne der VerordnungH6 Obwohl erst nach der Verabschiedung der ErbVO zur EU geshystossen ist dagegen Kroatien ein MitglicdstaatH7

21 Zustaumlndigkeit

211 Grundregel

a) Art 4 EuErbVO regelt die Zustaumlndigkeit fuumlr saumlmtliche Erbsachen dh soshywohl fuumlr streitige Verfahren als auch fuumlr Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarshykeit H8 Die Zustaumlndigkeit gilt zudem unabhaumlngig von der Nachlassbelegenheit verhindert somit eine Nachlassspaltung

82 Vgl HEINI (lN 3) Art 96 [PIZe N 9 ff a3 VgL Abkomlllcn vom 2 November 1929 Iwischen dcr Schwcizerischcll Eidgenossenschaft

dem DcUtschen Rcich uumlber die Anerkennung lind Vollstredwng von gerich gen lind Schiedsspruumlchen (SR 02761913(1) zu weiteren Staatsvertraumlgen reich Italien lcl11 Fuumlrstentum Liechtcnstein Schweden Spanien de Tschechoslowakischen Republik und Oumlsterreich vgl STHIIIEN VllERIIROBERT K DAumlPPEN Kommentar zu Art 25shy32 IPRG Baslcr Kommentar Internationales Privatrecht hrsg v Heinrich HOllscIl Ncdim Peshyter Vogt lind Antol1 K Schnytkr 3 A Bascfrankfurt 2013 Art 25 IPRG N 18

B4 Vgl SmlfR (FN 9) S 549 85 Vgl EU AbI Nr L 201 S 107 zu Entstehungsgeschichte vgl ANATOt DlJlTA Kommentmiddot zu

Art 1-84 EuErbVO in Muumlnchcner KOlllmcntar wm Buumlrgerlichen Gesetzbuch Band 10 Intershynationales Privatrecht I ( A Muumlnchen 2015 Vor Art 1 EuErbVO N 5 ff

86 Vgl Erwaumlgungsgruumlnde 82 und 83 87 Vgl DUTrA (FN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 14 88 Vgl DunA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 4

Kuumlnzle

129 128 Teil 2 Vertiefung

b) Fuumlr den ganzen Nachlass zustaumlndig sind grundsaumltzlich die Gerichte am letzshyten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers (Art 4 EuErbVO) Abgestellt wird objektiv auf familiaumlre und soziale Bindungen und subjektiv auf den Bleishybewillen89 Da keine privatautonome Bestimmung moumlglich ist hat die Erklaumlrung des Erblassers in seiner letztwilligen Verfuumlgung nur eine beschraumlnkte Wirkung9o Es sind Faumllle denkbar dass kein oder mehrere gewoumlhnliche Aufenthaltsorte vorshyliegen91 Keine Verschiebung des gewoumlhnlichen Aufenthaltsorts bewirken Aufshyenthaltswechsel aus schulischen beruflichen und medizinischen Gruumlnden (Pfleshyge) sowie moumlglicherweise auch aus Altersgruumlndenmiddot (bei fehlender Integration I Mallorca-Rentner)92

c) Art 10 ErbVO sieht eine subsidiaumlre Zustaumlndigkeit am Ort der Nachlassbeleshygenheit vor welche umfassend (fuumlr den ganzen Nachlass) und zwingender Nashytur ist

93 Nachlassbelegenheit in einem Mitgliedstaat ist gegeben wenn sich (im

Zeitpunkt der Entscheidung)94 koumlrperliche Gegenstaumlnde (Sachen) in einem Mitshygliedstaat befinden Gegenstaumlnde oder Rechte in einem oumlffentlichen Register eines Mitgliedstaates verzeichnet sind (unbewegliche Sachen Schiffe Luftfahrshyzeuge oder Immaterialguumlterrechte) oder Forderungen mit einem Schuldner in einem Mitgliedstaat9s Der Erblasser muss zudem eine Beziehung CUl11 Bclegenshyheitsmitgliedstaat haben naumlmlich dessen Staatsangehoumlriger sein ([it a) oder inshynerhalb der vergangenen fuumlnf Jahre seinen gewoumlhnlichen Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat gehabt haben ([it b) Wenn eine solche Beziehung fehlt wird die Zustaumlndigkeit auf den inlaumlndischen Nachlass begrenzt (Abs 2))(

212 Abweichung im Fall einer Rechtswahl

a) Nach Art 5-9 EuErbVO besteht - zur Wiederherstellung des Gleichlaufs von forum und ius97 - die Moumlglichkeit von der Grundregel (Art 4 und Art 10 EuErbVO) abzuweichen und zwar immer dann wenn der Erblasser eine Rechtsshywahl getroffen hat (1) foumlrmliche Gerichtstandvereinbarung (Art 5 EuErbVO) (2) formlose Gerichtstandsanerkennung (Art 7 lit c EuErbVO) (3) Ermessensshy

89 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 4 Kindschaftsvcrfahrensrechts des EuGH keine che Wohnsitz

90 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 4 91 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 6 92 Vgl DENIS SOLOMON Die allgemeine Kollisionsnorm in Die EUlOpiiishy

sehe Erbreehtsverordnung hrsg v Muumlnchen 201417 ff KINGA M WEissMANUEi -CllC I-lcrausforshy

internationale Na ic1welzcr Sicht sllcccssio 2014 167 f(= zur Notariatspraxis Schweizcrischen Notarcnvcrband Muri 2015S 15

93 DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 7 94 DUTTA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 9 95 DUTfA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 6 96 DUITA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 13 ff 97 dazu WEIssBIGLER (FN 92) successio 2014 166

Kuumlnzle

Dic EuErhVO und die Schweiz

entscheidung des nach der Grundregel zustaumlndigen Gerichts (Art 6 lit a EushyErbVO) (4) Vereinbarung einer aussergerichtlichen einvernehmlichen Regelung (Art 8 EuErbVO) sowie (5) ruumlgelose Einlassung (Art 9 EuErbVO)

b) Die EuErbVO gestattet dem Erblasser keine einseitige Gerichtsstandsshywahl98 der Erblasser muss vielmehr darauf hoffen dass die Erben die ihnen zur Verfligung stehenden Moumlglichkeiten benuumltzen

22 Anwendbares Recht

221 Objektive Anknuumlpfung

Zustaumlndigkeit und anwendbares Recht (Art 4 und 21 EuErbVO) folgen dem Hauptanknuumlpfungspunkt (letzter gewoumlhnlicher Aufenthalt des Erblasshy

sers) womit ein Gleichlauf von forum und ius angestrebt wird

b) Nach Art 21 Abs 1 EuErbVO wird grundsaumltzlich auf den ganzen Nachhtss das Recht ltIm letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers angewendet (Erb-

Der letcte gewoumlhnliche Aufenthalt des Erblassers in Art 21 EuErbVO entspricht demjenigen von Art 4 ErbV099

c) In Art 21 Abs2 EuErbVO gibt es eine Ausweichklauscl wonach ein andeshyres Recht anzuwenden ist wenn zu diesem eine offensichtlich engere Bindung besteht Da auch die Bestimmung des gewoumlhnlichen Aufenthalts auf eine enge Bindung tbstcllt werden Ausnahmen selten vorkommen loa Dutta erwaumlhnt etshywa dass einer fehlgeschlagenen Rechtswahl zum Durchbruch verholfen oder ein Aufenthaltswechsel einer betreuten Person korrigiert werden kann 10I

222 Rechtswahl

Der Erblasser kann das auf den Nachlass anwendbare Recht (Erbstatut) in beshyschriinktem Umfang waumlhlen er kltlnn luumlmlich sein Staatsangehoumlrigkeitsrecht waumlhlen welches er im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes besass (Art 22

98 Vgl DUIlA (FN 85) Vor Art 4 ElIErbVO N 7[] 99 VgL DUTlA (FN 85) Art 21 EuErbVO N 4

100 Kritisch KNUTWERNER LANGE Das ErbkoUisionsrccht im nClIcn Entwurf eincr EU-ErbVO ZErb 2012 [62 FEIJX M WIlKE Das internationale Erbrecht nach der IlCllcn EU-Erbshyrcchtsvcrordnung RIW 2012 605

101 Vgl DUJ1A (lN 85) Art 21 EuErbVO N 6 weiter Faumllle sind Expats oder DiplomaIlshyteIl vgL WElSSBIGLElt (FN 92) sllcccssio 2014174

Kuumlnzle

131 130 T eil 2 Vertiefung

Abs 1 EuErbVO)102 Wenn der Erblasser mehrere Staatsangehoumlrigkeiten beshysitzt hat er die Auswahl 103 Die Rechtswahl betrifft stets den gesamten Nachshy

eine Teilrechtswahl ist nicht moumlglich104

223 Erbvertraumlge

Fuumlr Erbvertraumlge gilt nach Art 25 EuErbVO das zur Zeit der Errichtung massshygebende Recht (Abs 1) Erbvertraumlge sind nur in wenigen Laumlndern der EU zugeshylassen etwa in Deutschland und Oumlsterreich Darunter gehoumlren aber auch gegenshyseitige Testamente (Deutschland)105 und Gestaltungsmittel des franzoumlsischen (donation-partage institution contractuelle renonciationanticipee aIaction en reduction) und englischen Rechts (contract to make or not to make a will contract not to revoke or not to modify a will)106 Bei mehreren Verfuumlgenden muss der Erbvertrag nach beiden Erbstatuten zulaumlssig sein (Abs2) was geleshygentlich durch die Wahl des gemeinsamen Heimatrechts erreicht wird (Abs 3)107

224 Sonderrregelung fuumlr Nachlassverwalter

Nach Art23 Abs2 lit f EuErbVO unterstehen die Testamentsvollstrecker (und Nachlasspfleger nicht aber Nachlassinsolvenzverwalter) grundsaumltzlich dem Erbstatut108 Nach Art29 Abs 1 EuErbVO darf fuumlr Nachlassverwalter

102 Das kann wie folgt formuliert werden (1) Ich bin deutscher hen Aufenthalt in Deutschland Diesen will ich auch Staatsangehoumlriger und habe meinen gewoumlhnlichen Aufenthalt auf Mallorca Vorsorgshy

waumlhle ich fuumlr die Rechtsnachfolge von Todes wegen in mein gesamtes Vermoumlgen sowie die Frage der Rechtswirksamkeit dieses Testaments das deutsche Recht als mein Staatsangehoumlrigshykeitsrecht (3) Ich bin Buumlrger von Kappe Ebnat-Kappel SG (Schweiz) also schweizerischer Staatsangehoumlriger und habe meinen gewoumlhnlichen Aufenthalt in Konstanz (Deutschland) den ich auch bis zu meinem Tod beibehalten will Ich waumlhle hiermit fuumlr die Rechtsnachfolge VOn Toshydes wegen in mein ganzes Vermoumlgen sowie fuumlr die Frage der Rechtswirksamkeit dieses Testashyments das schweizerische Recht insbesondere das schweizerische Erbrecht als mein Staatsangeshyhoumlrigkeitsrecht vgl FELIX ODERSKY Die Europaumlische Erbrechtsverordnung in der Gestalshytungspraxis nOtar 20137

103 Vgl DUrrA (FN 85) Art 22 EuErbVO N 3 104 Vgl DUTTA (FN 85) Art 22 EuErbVO N 8 105 Das in Deutschland haumlufip verwendete gemeinschaftliche Testament ist in der

als im nationalen Recht In die Kategorie der Erbvcrtraumlge einzuordncn VGL ANATOL Die europaumlische Erbrechtsverordnung vor ihrem Anwendungsbeginn Zebn ausgewaumlhlteStreitstandsminiaturen IPRax 2015 35

106 Vgl ANDREABONOMIAzADI OumlZTUumlRK Das Statut der Verfuumlgung von Todes wegen (Art 24 ff EuErbVO) in Die Europaumlische Erbrechtsverordnung hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 N 60 nennen donation-partage

107 WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014 188 geben folgendes Formulierungsbeispiel Ich MilK Muster bin deutscher und schweizerischer Staatsbuumlrger Ich Manuela Muster bin deutshysche Staatsbuumlrgerin Fuumlr die Erbfolge in den gesamten Nachlass waumlhlt ein jeder von uns deutshysches materielles Recht unabhaumlngig vom On des jeweiligen gewoumlhnlichen Aufenthalts im Zeitshypunkt des Todes Fuumlr die Wirksamkeit und Bindungswirkungen dieses Erbvertrages soll insfc samt das deutsche materielle Recht gelten Dies verfuumlgt ein jeder von uns einzeln sowie wir belde

lsam und soweit zulaumlssig mit erbvertraglicher Bindungswirkung Die Bi s1ch soweit zulaumlssig auch auf die Wahl des anwendbaren Rechts erstrecken

108 Vgl DUTTA (FN 85) Art 23 EuErbVO N 23

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

ausnahmsweise bei der lex fori angeknuumlpft werden (Eroumlffnungsstatut) soweit dies zwingend notwendig ist Damit hat man vor allem an den executoradminishystrator des common law gedacht109

225 Formstatut

Fuumlr die Form gilt nach Art 27 EuEirbVO weitgehend 11 0das Haagcr Testashymentsformuumlbereinkommen vom 5101961111 Dies bedeutet im Wesentlichen dass die Form am Ort der Testamentserrichtung eingehalten werden muss

23 Anerkennung von Entscheidungen und Urkunden

a) Mit der Schaffung des Europaumlischen Naehlasszeugnisses (Art 62 EuErbshyVO) welches auch den Testamentsvollstrecker einschliesst ist die Anerkennung im EU-Raum gesichert und zwar ohne besonderes Verfahren (Art 39 Abs I EuErbVO) Es werden allerdings auch neue Probleme geschaffen so etwa die Abbildung des (deutschen) pauschalierten Zugewinnausgleichs welcher guumltershyund nicht erbrechtlicher Natur istl2

b) Die EuErbVO geht recht weit im Umsetzen von auslaumlndischen Entscheidunshygen Bei der Anwendung auslaumlndischen Rechts kann es vorkommen dass Vershyrichtungen umzusetzen sind welche das eigene Recht nicht kennt etwa eine Einantwortung nach oumlsterreichischem Recht eine family provision nach englishyschem Recht oder eine Gestaltungsmassnahme zur Durchsetzung von Pflichtteishylen Diese wurden in Deutschland gelegentlich als wesensfremd abgelehnt 113

was unter der Geltung der Eu ErbVO nicht mehr moumlglich ist j 14

24 Einfuumlhrungsgesetze

Obwohl die EuErbVO direkt anwendbar ist braucht es zur Umsetzung in den einzelnen Laumlndern besondere Vorschriften und regelmaumlssig auch Aumlnderungen des bestehenden nationalen Rechts Deutschland hat das Gesetz vom 29 Juni 2015 zum Internationalen Erbrecht und zur Aumlnderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Aumlnderung sonstiger Vorschriften (IntErbRVGEG) 115 gerashyde noch rechtzeitig vor Inkrafttreten der EuErbVO erlassen Die meisten Laumlnshyder haben noch kein derartiges Gesetz 116

109 85) Art 29 EuErbVO NI 10 Zu Unterschieden vgl DunA (FN 85) Art 27 EuErbVO N 4 ff

111 Vgl wwwhcchl1ctlllploadltcxtll_dpdf(26082015)SR 021 13121 112 Vgl DUrlA (FN 105) IPRax 2015 33 113 Vgl etwa BayObLGZ 1967197201 114 Vgl DUITA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 21 115 BGBl I S1042 fuumlr eine Kommentierung der neuen Regeln vgl Internationales Erbrecht

(EuErbVO I IntErbRVG) brsg v Walter Gier Andreas Koumlhler Ludwig Kroiszlig und Harald Wilsch Baden-Baden 2015

116 Zum oumlsterreichischen Erbrechtsaumlnderungsgesetz vom 30 Juli 2015 (BGBl I 872015) welohe am 112017 in Kraft tritt

Kuumlnzle

132 133 Teil 2 Vertiefung

3 Anwendung der EuErbVO auf die Schweiz

31 Vorbehalt bilateraler Abkommen mit Drittstaaten

a) Waumlhrend Staatsvertraumlge unter den Mitgliedstaaten mit dem Inkrafttreten der EuErbva aufgehoben werden117 bleiben Staatsvertraumlge der Mitgliedstaaten mit Drittstaaten grundsaumltzlich bestehen und haben Vorrang gegenuumlber den Regeln der Erbrechtsverordnung (Art 75 Abs 1 EuErbVO)118 Das bedeutet dass die

119 vorne erwaumlhnten Staatsvertraumlge mit Italien Griechenland und Portugal vorshy

bleiben12o

In den Staatsvertraumlgen mit Italien 121 und Griechenland 122 wird das Heimatrecht auf Erbfaumllle angewendet Wenn in einem Erbfall weitere EU-Staaten (ohne Staatsvertrag) involviert sind kann dies zu Problemen fuumlhren naumlmlich der Anwendung unterschiedlichen Rechts in den einzelnen Staaten123 Fuumlr Deutschland bleiben (unter anderem) die Staatsvertraumlge mit dem Iran mit der ehemaligen Sowjetunion und mit der Tuumlrkei bestehen 124

besteht auch fuumlr Haager Form-Uumlbereinkommen 125

117 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 20

118 Vgl REMBERT SOSS Der Vorbehalt zugunsten bilateraler Abkommen mit Drittstaatcll in Die Europaumlische Erbrechtsverordnung hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014N14mwN

119 Vgl vorne FN 37 120 Vgl Suumlss (FN 118) N 12

121 Zu Einzelheiten vgl TI NA WUumlSTEMANNLARISSA MADOLDA MARTINEZ Der schweierischshyitalienische Erbfall successio 2011 66 ff BGE 138 III 354 Erw 3 BGer 4A_582011 Pra 2012 NI 130 = ZBGR 2014174 Der Staatsvertrag laumlsst eine Rechtswahl BGE 136 HI 461 Erw 52153 = 4A_4212009 ZBGR 2012111 Der Staatsvertrag laumlsst BGer 5C212003 vorn 22072003 Erw 2 Der Staatsvertrag regelt die Frage der weshalb Art 86 H IPRG anzuwenden BGE 120 II 293 Der Staatsvertrag regelt der Eroumlffnung nicht weshalb Art 86 H anzuwenden sind BGE 99 II 246 Erw Staatsvertrag regelt die der Eroumlffnung nicht weshalb die schweizerischen Kollisiollsnorshymcn anwendbar sind ZR Nr 76 Erw II Vorsorgliche Massnahmcn bezuumlglich Nachlassguumlshytern in der Schweiz eines in Italien verstorbenen Italieners

122 Vgl BGE 94 H 5 Elw 2 Heimatrecht ist anwendbar

123 Aumlhnlich wie in den von SUumlSS (FN 118) N 16 ff genannten Beispielen Eclegenheit in einem anshyderen Mitgliedstaat gewoumlhnlicher Aufenthalt in einern anderen Mitgliedstat

124 Vgl DUTTA (FN 105) IPRall 2015 39 ANDREAS KOumlHLER sect 4 Internationales Privatrecht in Internationales Erbrecht (EuErbVO IntErbRVG) hrsg v Walter Gier Andreas Koumlhler Ludwig Kroiszlig und Harald Wilsch Baden-Baden 2015 Anhang zu sect 4 Art 8 Niederlassungsabshykommen vom 17 Februar 1929 zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien (RGBI 1930 II 1002) Anlage zu Art 22 (Nachlassabkommen) sectsect 13-15 17 und 19 KOllsularvcrshytrag zwischen dem Deutschen Reich und der Union der Sozialistischen Sowjctrepubliken vom 12 Oktober 1925 (RGBl1926 II 60) Art 19-20 und 24-29 Konsularvertrag zwischen der Bunshydesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom 25 April 1958 (BGBI 1959 n 233 weiterhin anwendbar gemaumlszlig gemeinsamer Erklaumlrung vorn 25081994) Art 3 und Art 8 Niederlassungsabkommen vom 12Januar 1927 zwischen dem Deutschen Reich und der Tuumlrkischen Republik (RGBI II 76 454) Art 16 und 20 Anlage zu Art 20 (Nachshylassabkommen) Konsularvertrag vom 28 Mai 1929 zwischen dem Deutschen Reich und der Tuumlrkischen Republik (RGB 11930 II S 748)

125 Vgl vorne FN 70 SOSS (FN 118) N 14

Die EuErbVO und die Schweiz

32 Anwendung der ErbVO auf Drittstaaten

a) Die Schweiz gchoumlrt zu den Drittstaaten (als Nicht-EU-Mitglied) ebenso wie das Vereinigte Koumlnigreich (UK) Irland und Daumlnemark welche nicht an der Erbrechtsverordnung teilnehmen126

b) Die Erbrechtsverordnung gilt an sich nur fuumlr die Verordnungsstaaten sie beshytrifft aber auch Erbfaumllle mit Bezug zu Drittstaaten (wie der Schweiz) was als erga mones-Wirkung bezeichnet wird 127 Allerdings gelten nicht alle Regeln der EuErbVO im Verhaumlltnis zu den Drittstaaten128 was durchaus zu Konflikten

kann Ein Bezug zu Drittstaaten kommt etwa vor 129 (1) wenn Dritt shystaatsangehoumlrige ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt in einem Verordnungsstaat hashyben (2) wenn Verordnungsstaatsangehaumlrige ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat haben (3) wenn ein Erblasser mit letztem gewoumlhnlichem Auf-

in einem Verordnungsstaat Vermoumlgenswerte in einem Drittstaat hintershylaumlsst und (4) wenn ein Erblasser mit gewoumlhnlichem Aufenthalt in einem Dritt shystaat Nachlasswerte in einem Verordnungsstaat hinterlaumlsst

(1) Ein Schweizer stirbt in Hamburg (2) ein Italiener stirbt in Lugano nach Oumlsterreich gezogener Franzose mit einem Haus in St Moritz (3)

lebender Hollaumlnder mit einem Haus in Mallorca

Ende 2012 betrug der Anteil der auslaumlndischen Staatsangehoumlrigen in der Schweiz mehr als 23 wobei der uumlberwiegende Teil aus Laumlndern der EU stammte und Ende 2011 hielten sich 703200 Schweizerinnnen und Schweizer im Ausland auf davon drei Fuumlnftel in Europa 130 Es besteht also ein grosses Potential fuumlr laumlnshyderuumlbergreifende Erbfaumllle mit Bezug zur Schweiz und EU Ob man die EuErbshyVO auch auf reine Drittstaatsachverhalte anwenden soll (etwa wenn nur Erben sich in der EU aufhalten) ist umstritten131 wohl aber zu verneinen

c) Nach Art 20 EuErbVO wird das Erbstatut auch dann angewendet wenn es sich nicht um das Recht eines Mitgliedstaates handelt Erwaumlgungsgrund 37 Eushy

126 86 zur Diskussion uumlber die Stellung der nicht teilnehmcnden Staaten Jaumlncmark welche aufkam weil die Definition aus dcr ErbVO gekippt wurde vgl EVA

LEIN Die Erbrechtsverordnung aus Sicht dcr Drittstaatcl1 in Die Europaumlische Erbrechtsvershyordnung hrsg v Anatol Dutta und Scbastian Herrler Muumlnchen 2014 N 7 ff DUTTA (PN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 15

127 ANDREA EONOMIIAlAD OumlzruumlRK Auswirkungen der Europaumlischen Erbrechtwerordshynung auf die Schweiz unter besondercr Beruumlcksichtigung deutsch-schweizerischer Erbfaumllle ZVglRWiss 2015 5

128 Vgl ANDREA BONOMI Le rcglcmcnt europccn sur les successions et SOll impact pour la Suisse SJ 2014 II 397 ff BONOMIIOZTUumllK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 5

129 Vgl NICOLE WILLlMANNGEORGIA FOTIOU Die Europaumlische Erbrechtsverordnung aus Sicht der Schweiz STH 2015 S 337 NIKITA GONTSCHAR EU Erbrechtsverordnung und schweizerishysches IPRG Norderstedt 2011 S 12 LEIN (FN 126) N 16

130 Vgl MICHELlE KALTMATIHIAS UHL Die EU-Erbrcchtsvcrordnung und die Schweiz in Eushyropaumlisierung der schweizerischen Rechtsordnung hrsg v Lukas Fahrlaumlnder und Reto A Heizshymann Zuumlrich 2013 S 106 Ende 2012 betrug die Wohnbevoumllkerung 8036917 Einwohner dashyvon hatten 1868962 Einwohner die auslaumlndische StaaQlangehoumlrigkeit

131 Vgl KALTUHl (FN 130) S 110 f r Kuumlnzle

~ Kuumlnzlel

I

135 134 T eil 2 Vertiefung

ErbVO ergaumlnzt dass das ganze Nachlassvermoumlgen dem Erbstatut (Aufenthaltsshyrecht nach Art 21 EuErbVO bzw Heimatrecht nach Art 22 EuErbVO) unter-

auch wenn es in einem Drittstaat gelegen ist132

d) Verweisungen auf das Recht eines Drittstaates sind nach Art 34 EuErbVO grundsaumltzlich als Gesamtverweisung zu verstehen Damit wird eine Ruumlck- oder Weiterverweisung (Renvoi) auf das Recht eines Mitgliedstaates (lit a) und auf das Recht eines (anderen) Drittstaates ermoumlglicht welcher die Verweisung anshynimmt 133 Es fragt sich weshalb der Renvoi in der Erbrechtsverordnung zugeshylassen wird obwohl dies im europaumlischen KoIlisionsrecht sonst nicht der Fall ist Die Antwort duumlrfte darin zu suchen sein dass im Erbrecht haumlufig das Vermoumlgen in verschiedenen Laumlndern liegt und der Renvoi versucht zu einer moumlglichst ein-

Loumlsung zu kommen134

33 Zustaumlndigkeit

a) Grundregel Waumlhrend das IPRG auf den Wohnsitz abstellt l35 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 136 Diese beiden Kriterien sind haumlushy

aber nicht immer deckungsgleich 137 Unterschiede entstehen vor allem des-weil beim Wohnsitz staumlrker auf subjektive Kriterien abgestellt wird waumlhshy

rend beim gewoumlhnlichen Aufenthalt die objektiven Kriterien im Vordergrund stehen 138 Erfreulich ist dass die Sonderanknuumlpfung fuumlr Immobilien etwa in Frankreich kuumlnftig dahinfaumlllt ~

b) Waumlhrend Erblasser nach dem IPRG seine Zustaumlndigkeit (in begrenztem Umfang) waumlhlen kann140 ist dies nach der EuErbVO nicht der Fall141 was ein gewisses Konfliktpotential darsteIlt 142 Die Wahl des Gerichtsstands ist nach Art 5 Abs 1 EuErbVO den betroffenen Parteien vorbehalten wobei nicht restlos klar ist was damit gemeint Die Erklaumlrung des Erblassers uumlber den

132 VgJ LErN (FN 126) N 17 133 VgJ DurrA (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 H 134 Vgl MICHAEL HELLNER Probleme des allgemeinen Teils des Internationalen

Die Europaumlische Erbrechtsverordnung v Anatal Dutta lind Sebastian Herrler 2014 N 12

135 Vgl vorne 111 b) (1) 136 Vgl vorne 211 b) 137 Vgl BONOMIIOumlZTUumlRK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 13 zu einem Vergleich der beiden Begriffe

vgl KALTUHL (FN 130) S 120 f 138 Vgl WmssBrGLER (FN 92) suceessio 2014 184 ff (mit einer Tabelle der moumlglichen FaumlHe im

Verhaumlltnis Schweiz-Deutschland) 139 Vgl IVOSCHWANDER Die EU-Erbrechtsverordnung A]P 20141090 140 Vgl vorne 111 b) (2) 141 Vgl vorne 212

142 Vgl szligENNOIT CHAPPurs]ULlEN PERRIN Le Reglement (UE) No 6502012 du Parlement eushyropeen er du Conseil du 4 juillet 2012 relatif ala compctence la loi applicable la reconnaissance et lexecution des decisions et lacceptation et lexecution des actes authentiques en matiere de successions et ala cnlation dun certificat successoral curopcen NotIex2014 33

143 Vgl DU1TA (FN 85) Art 5 EuErbVO N 6 ff

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

gewoumlhnlichen Aufenthalt in seinem Testament ist aus der Sicht der EuErbVO ein Ausgangspunkt aber nicht das Endergebnis Nicht selten wird uumlbersehen dass mit einer Veraumlnderung der Zustaumlndigkeit auch die Anwendung einer andeshyren Erbschaftssteuer verbunden sein kann

c) Die Ausnahmeregel von Art 10 ErbVOl44 laumlsst aus der Sicht eines Dritt shystaates (wie der Schweiz) die Befuumlrchtung aufkommen dass es sich um einen exshyorbitanten Gerichtsstand handelt145 der neue Konflikte schafft und zu einem forum running fuumlhrt 146 Das sollen zwei Faumllle zeigen

Fall 1 Ein Schweizer in der Schweiz mit einem Haus in Deutschland und einem Bankkonto in Oumlsterreich stirbt Das ist ein Fall von Art 10 Abs 2 EuErbVO (Vermoumlgen in der EU) Deutschland ist fuumlr das Haus zustaumlndig was mit Art 86 Abs2 IPRG uumlbereinstimmt ein deutsches Urteil wird nach Art 96 Abs 1 lit b IPRG anerkannt Oumlsterreich ist fuumlr das Bankkonto zustaumlndig was Art 86 Abs 1 IPRG widerspricht ein oumlsterreichisches Urteil wird in der Schweiz nach Art 96 rPRG nicht anerkannt die Schweiz ist fuumlr den restlichen Nachlass zustaumlndig was mit Art 86 Abs 1 IPRG vereinbar ist

Fall 2 Ein Schweizer in England der bis vor 4 Jahren in Deutschland lebte mit einem Haus in Frankreich und einem Konto in der Schweiz errichtet eine letztshywillige Verfuumlgung mit der Wahl des Heimatrechts (eH) Das ist ein Fall von Art 10 Abs 1 lit b (Aufenthalt vor weniger als 5 Jahren) Deutschland ist fuumlr den gesamten Nachlass zustaumlndig was Art 87 Abs2 IPRG widerspricht ein deutsches Urteil wird nach Art 96 IPRG nicht anerkannt die deutsche Zustaumlnshydigkeit widerspricht auch der Sicht des englischen Rechts UK ist fuumlr ches Vermoumlgen zustaumlndig und uumlberlaumlsst Frankreich die Zustaumlndigkeit Grundstuumlcke die Schweiz anerkennt UK-Urteile nach Art 96 IPRG

Es waumlre zu begruumlssen wenn die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO zuruumlckshyhaltend verwendet wird Denkbar waumlre dass der Gesetzgeber eine konkrete Schranke einbauen wuumlrde (zB mindestens 10 des Nachlasses )147 Teilweise

144 vorne 211 cl

_

__

145 ~E (FN 100) RIW 2012 604 verhindert die Anll11uumlpfung am fruumlheren gewoumlhnlichen diese Zustaumlndigkeit vom Stigma eines exorbitanten Gerichtsstands

146 DORMANN Das schwei7-crische internationale Privatrecht lind die europaumlische Erb-rlaquo~h-Mlm im Vergleich in Die EU-Erbrechtsverordnung NI 6502012 und deren Ausshy

lerse Laumlnder hrsg v der Europaumlischen Anwaltsvcreinigullg cV (DACH) Zuumlrich 2014 S 86 Ivo SCIIWANDER Die Behandlung internationaler Erbfaumllle mit Hinweisen fuumlr die internationale Nachlassplanung in Nachlassplanung und Nachlassteilung hrse v Schmid Zuumlrich 2014 S493 CHAIPUISPERRIN (FN 142) Notex 2014 30 (FN 130) S 110 f BONOMI (FN 128) SJ 2014 Ir 417 ff

147 WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014 170 bemerken zu kriterien wenig hilfreich sind MrCHELLE KALTUr-lL (FN Nachlassvermoumlgen von einilcl11 Gewicht vorlieeen muumlsse

Kuumlnzle

137 136 Teil 2 Vertiefung

schafft Art 10 EuErbVO auch Konflikte mit dem bestehenden Recht der Mitshygliedstaaten wie das Beispiel von Oumlsterreich (sect 150 AuszligStrG) zeigt 148

Wenn ein Erblasser vermeiden will dass Art 10 EuErbVO zur Anwendung kommt muss er zufaumlllige und unnoumltige zustaumlndigkeitsbegruumlndende Beruumlhshyrungspunkte zu einem Mitgliedstaat zu Lebzeiten beseitigen149 sprich sein Vermoumlgen aus dem Mitgliedstaat abziehen

d) Fuumlr den Fall dass ein Verfahren in einem Drittstaat unmoumlglich oder unzushymutbar wird schafft Art 11 EuErbVO eine Notzustaumlndigkeit 15o Verlangt wird ein ausreichender Bezug zum Mitgliedstaat Gedacht ist etwa an den Fall des Stillstands der Rechtspflege dann soll das Verfahren nach Art 10 Abs2 EushyErbVO auf das Ausland ausgedehnt werdenlS1

e) Fuumlr den Fall dass Entscheidungen von Mitgliedstaaten in einem Drittstaat keine Aussicht auf Anerkennung oder Vollstreckung haben kann das Verfahren im Mitgliedstaat auf den europaumlischen Nachlass beschraumlnkt werden (Art 12 EuErbVO) In diesem Zusammenhang ist Liechtenstein zu erwaumlhnen152 welshyches nur mit der Schweiz153 und Oumlsterreich154 Vollstreckungsabkommen abgeshyschlossen hat (ersteres regelt die Zustaumlndigkeit nicht umfassend155 und letzteres

auf Erb- und Verlassenschaftssachen keine Anwendung Art 1 Abs3 Ziff 3)156 weshalb fuumlr die meisten Staaten eine Vollstreckung ausgeschlossen

bzw nur das Rechtsoumlffnungsverfahren (Art 49 ff RSO) bleibt welches zu einer Aberkennungsklage und damit einer inhaltlichen Pruumlfung in Liechtenstein fuumlhrt ISS

148 VgL ENA-MARLISBAJONS Zustaumlndigkeit und anwcndbares Recht in Erbsachenin Europaumlische Erbrechtsverordnung v Martin Schauer und Elisabcth Scheuba Wicn2012 S 40 149 WEISSIBIGLER (FN 92) successio 2014 178 150 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 12 151 VgL DUTTA (FN 85) Art 11 EuErbVO N 1

152 Vgl dazu HANS RAINER KUumlNZLE Vermoumlgensschutz mit liechtensteinischen Strukturell aus schweizerischer Sicht in Handbuch des Vermaumlgensschutzes hrsg v Francesco Schurr Wien2015 N 92 ff

153 Vg1 Abkommen vom 25 Aplil1968 zwischen dem Fuumlrstentum Liechtellstein und der Schweizeshyrischen Eidgenossenschaft uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entshyscheidungen und Schiedsspruumlchen in Zivilsachen (LR 027691011 I SR 0276141)

154 Ygl Abkommen vom 5]uli 1973 zwischen dem Fuumlrstentum Licchtenstein und der Osterreich uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen EntseheidungcSchiedsspruumlchen Vergleichen und oumlffentlichen Urkunden (LR 027691021)

155 Vgl MARIO FRICK Asset Protection und Zivilprozess L1Z 33 (2012) 1322156 Vgl BERNHARD MOTAL Durchsetzung von Pflichtteilsanspruumlchen gegen eil

Stiftung ]EV 2013 53 MARIO FRICK Die Anerkennung und Vollstreckung auslaumlndischer Entshyscheidungen in Zivilsachen im Fuumlrstentum Liechtenstein St Gallen 1992 S 66

157 Vgl etwa OG 7 Rouml 20023 vom 220820021us amp News 200371 Ein auslaumlndisches Urteil (LGFreiburg iBr) ist mangels Staatsvertrag bzw gegenseitiger Anerkennung nicht vollstreckbar

158 VgL MARIO FRICK Sind auslaumlndische Urteile taugliche Urkunden fuumlr eine Rechtsaumlffnung in Liechtenstein Anmerkungen zum Beschluss des liechtensteinischen Obergcrichts vom22082002 zu 7Rouml 20022]us amp News 2003710 f

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

34 Anwendbares Recht

a) Waumlhrend das IPRG grundsaumltzlich auf den Wohnsitz abstellt 159 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 160 Diese beiden Kriterien sind haumlushyfig aber nicht immer deckungsgleich 161 Damit duumlrften die meisten bestehenden Konfliktfaumllle welche auf die Anwendung des Staatsangehaumlrigkeitsrechts zushyruumlckgehen verschwinden 162 Es macht durchaus Sinn dass der Erblasser seine tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse in der letztwilligen Verfuumlgung festhaumllt (confessio iushyris)163 Von einer Rechtswahl durch Verschiebung des gewoumlhnlichen Aufentshyhaltsorts ist aufgrund der damit verbundenen Rechtsunsicherheit abzurashyten164 Die Anwendung der EuErbVO in der Schweiz und damit die Auslegung von Art 91 Abs 1 IPRG wird noch einiger Priizisierungen beduumlrfen 165 Ein geshywisses Konfliktpotentialliegt darin dass es in der Schweiz neben dem Erbstatut auch noch ein EroumlffnungsstatutiMgt gibt 167

b) Nach dem IPRG kann der Erblasser sein Heimatrecht im Zeitpunkt des Toshydes waumlhlen168 nach der EuErbVO kann der Erblasser sein Staatsangehoumlrigkeitsshyrecht im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes waumlhlen 169 Auch hier beshysteht weitgehende (aber nicht vollstaumlndige) Uumlbereinstimmung Die Wahl des Heimatrechts kann aus schweizerischer Sicht zu einer Verlagerung der Zustaumlnshydigkeit in die Schweiz fuumlhren (Art 87 Abs 2 IPRG) und damit moumlglicherweise

nach kantonalem Recht) zu einer Anwendung der Erbschaftssteuer in der 170 Wenn beim Erblasser Anknuumlpfungspunkte mit mehreren Laumlndern

bestehen sollte er sich in der letztwilligen Verfuumlgung zum anwendbaren Recht aumlussern selbst dann wenn er kein Recht waumlhlen moumlchte i71 Seitens der EU wird bedauert dass nicht auch noch das Recht des gewoumlhnlichen Aufenthaltsorts im Zeitpunkt der Testamentselrichtung lind das Guumlterstatut gewaumlhlt werden

159 160 161 162

163 164

165

166 167 139) AJP 20141098 168 169 170 Vgl WElSSB1GLER (FN 92) successio 2014 178 zu einem Formulierungsbeispiel vgJ JUTTA

MUumlLLER-LuKOSCHECK Die neue EU-Erbrechtsverordnung Essen 2013 sect 4 N 26 171 VgJ WEISsBJGLER (FN 92) succcssio 2014 177 f

Kuumlnzle

vorne 12 I a) vorne 221 b)BONOMrlOumlZTORK (FN 127) ZVglRWiss 201523 f DORMANN (FN 146) S 84 PllIlIlPE FRESARll Lc nouvcau Rcglcrnem CUlopccn de sllccession

N 40 ff ALEXANDER PFEIFFER Andenmgcn des Erbstatuts dur aus schweizerischer Sicht successio 2010 320 L dennoch kann ein

ganz ausgeschlossen werden vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 20141098 Zu V~1 WmssBIGlERMltglicdstaat Art Vgl SClIWANDER _ auf Erblasser lnit lItthU~Ptjlt1l~hrgttmiddot

91 Abs 1 IPRG gleichermassenStaatsangehoumlrigkeit anwendshy

bar ist) VgJ vorne 122 VgJ SCHWANDER Vgl vorne 121 Vgl vornc 222

139 138 Teil 2 Vertiefung

kann 172 Aus schweizerischer Sicht sind wir froh daruumlber weil zusaumltzliche Wahlmaumlglichkeiten weitere Konflikte schaffen wuumlrde

c) Die ErbVO regelt nicht wie das anzuwendende Fremdrecht festzustellen ist und welches Recht angewendet wird wenn es nicht feststellbar isc173 In Deutschland ist auslaumlndisches Recht von Amtes wegen festzustellen die Parteien haben das Gericht zu unterstuumltzen und es koumlnnen Sachverstaumlndige beigezogen

174werden Schwer feststellbares Recht kann ev uumlber das Mutterrecht erschlosshysen werden (2GB BGB ce common law) ansonsten gilt die lex fori

d) Ein Konfliktpotential besteht bei Doppe1buumlrgern 175 Diese sind in der Schweiz von einer Wahl des Heimatrechts ausgeschlossen 176 waumlhrend Mehrshystaatler in der EU das Recht waumlhlen duumlrfen dem sie zur Zeit der Rechtswahl oder im Zeitpunkt des Todes angehoumlren (Art 22 Abs 1 Satz 2 EuErbVO)177

e) Eine Ruumlck- und Weiterverweisung (Renvoi) wird im schweizerischen Recht nur in den vom Gesetz vorgesehenen Faumlllen zugelassen (etwa Art 91 Absl IPRG)178 in der Erbrechtsverordnung dagegen in breiterem Umfang (Art 34 EuErbVO)Y9 Letzterer kommt vor allem dann vor wenn ein Drittstaatsrecht ~ eine andere Hauptanknuumlpfung (als den letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers) verwendet zum Beispiel das Staatsangehoumlrigkeitsprinzip180 Weil dies bei der Schweiz nicht der Fall ist181 duumlrfte dieser Unterschied kaum zu Problemen fuumlhren 18z

f) Eine Rechtswahl kann dazu fuumlhren dass Erb- und Guumlterrecht auseinanderfalshy[en Die Rechtsnatur des pauschalen Zugewinnanteils des uumlberlebenden Ehegatshyten von 11 (Art 1371 Abs 1 BGB) ist umstritten weil ein Anspruch basierend auf Guumlterrecht im Erbrecht abgegolten wird 183 Dieser Fall zeigt dass neben

172 Vgl WILKE (FN 100) RIW 2012606

173 Vgl KINGA M WEISSMANUEL BIGLER Wohnsitz oder gewoumlhnlicher Aufenthalt _ Die Anshywendungsprobleme der europaumlischen Erbrechtsverordnung im Rechtsverkehr mit der Schweiz Deutscher Anwaltsspiegel Spezial Maumlrz 2013 S 28 KALTUHL (FN 130) S 121 f

174 Vgl WALTER ERMANNHARM PETER WESTERMANN BGB 13 A) Koumlln 2011 Einl Art 3-47N 59 ff

17S VgJ SCI-WANDER (FN 139) AJP 20141096 BALZ HOumlSLYSTEFANIE DEBRUNNER Rechtswahl schweizerisch-deutscher Doppelbuumlrger bei der Nachlassplanul]g untermiddot Beruumlcksichtigung ~er EU-Erbrechtsverordnung Anwalts revue 2013 276 BONOMrOZTuumlRK (FN 127) ZVgIRWlss 201524 f

176 Vgl vorne 121 b) 177 Vgl vorne 222 178 Vgl vorne 121 g) 179 VgJ vorne 32 d) 180 Vgl DU11A (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 181 Vgl vorne 121 a) Wohnsitz als Anknuumlpfugskriterium182

Vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 2014 1096 welcher darauf hinweist dass heikle RenvoishyProbleme mit Frankreich Schweden und Deutschland kuumlnftig entfallen

183 Vgl HEINRICH DOumlRNER Die Abgrenzung des Erbstatllts vom Guumltcrstatut in Die Europaumlisc~e Erbrechtsverordnllng hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 NIl ff dIe hM geht Yon einer guumlterrechtlichen Qualifikation aus vgl etwa BGH FamRZ 2012 1871

Kuumlnzte

Die EuErbVO und die Schweiz

dem Erbrecht auch das Guumlterrecht der Ehegatten in der EU koordiniert werden sollte Ein Schritt in diese Richtung ist der Vorschlag KOM (2011])1262 184

35 Erbvertraumlge

a) Die Erbrechtsverordnung aumlndert nichts an der Beurteilung (Zulaumlssigkeit) von Erbvertraumlgen in den einzelnen Laumlndern Deshalb ist je nach Ziel[and sorgfaumlltig abzuklaumlren ob Erbvertraumlge (zwischen Ehegatten oder zwischen beliebigen Ershyben) zulaumlssig sind

Wenn deutsche Staatsangehoumlrige in die Schweiz kommen ist ihnen zu empshyallfaumlllige gemeinschaftliche Testamente (welche im schweizerischen

Recht nicht bekannt sind) durch einen Erbvertrag zu ersetzen IS5

36 Testamentsvollstrecker

a) In der Schweiz hat der Gesetzgeber die Anwendung des Eroumlffnungsstatuts vorgesehen (Art 92 Abs 2 IPRG) die Lehre wendet aber hauptsaumlchlich das Erbshystatut an 186 In der EU wendet man auf den Testamentsvollstrecker grundsaumltzshylich das Erbstatut an (Art 23 Abs 2 [ie f EuErbVO) laumlsst aus zwingenden Gruumlnden aber auch das Eraumlffnungsstatut zu (Art 29 Abs 1 EuErbVO)187 wohl der umgekehrte Weg gewaumlhlt wurde sollten diese beiden Loumlsungen ziemshy

(aber nicht vollstaumlndig) kompatibel sein

b) Die fuumlr den executor gedachte Ausnahme kann auch vom schweizerischen Recht in Anspruch genommen werden Das hat etwa zur Fo[ge dass die zwinshygend vorgesehene Aufsicht 188 fuumlr einen von einer schweizerischen Behoumlrde (nach deutschem Recht) eingesetzten Testamentsvollstrecker sich nach schweishyzerischem Recht richtet und die Aufsichtsbehoumlrde somit (im Gegensatz zu Deutsch[and wo es nur die Absetzung gibt [sect 2227 BGB]) Empfehlungen Weishysungen und andere sachdienliche Massnahmen anordnen kann 18

37 Nachlasszeugnisse

a) Es ist davon auszugehen dass die schweizerische Behoumlrden (Grundbuch)190 und Gerichte sowie Private (Banken und Versicherungen) das Europaumlische

184 Wesentliche Inhalte Zllstaumlndi~kcit des Nachlassgerichts (Art 3) Rechtswahl (Art 16 gemcinmiddot samer gew~hnlicher u~ent~a t gewoumlhnlicher Aufcnthal~ ~ines Ehegatten bei der Eheschliesshysung oder Staatsrtngehongkelt Cll1es Ehegatten) oder WSldlar (Art 17) erster gememsamer geshywoumlhnlicher Aufenthalt bzw gemeinsame Staatsangehoumlrigkeit bzw engste Verbundenheit

185 Vgl ODERSKY (FN 102) notar 20138 186 Vgl vorne 122 b) 187 Vgl vorne 224 188 Vgl VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 515 189 VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 536 ff 190 Das Europaumlische Nachlasszeugnis ist inhaltlich und funktionell gleichwertig wie die Erbbescheishy

nigung nach Art559 ZGB llnd deshalb auch im Grulldbuchverkehr zu akzeptieren vgl WEIsslBrGLER (FN 92) sllccessio 2014 193

Kuumlnzte

141 140

Teil 2 Vertiefung

Nachlasszeugnis191 ohne weiteres anerkennen werdenl92 auch wenn der Gutshyglaubensschutz (Art 69 Abs2 EuErbVO) schwaumlcher ausgestaltet ist als beim deutschen Erbschien193 Aus Gruumlnden des Verkehrsschutzes wird man dem Europaumlischen Nachlasszeugnis in der Schweiz houmlchstens die Wirkungen zuershykennen koumlnnen die eine Bescheinigung nach Art 559 Abs 1 ZGB haumlttel94 Zu

kann es kommen wenn ein Mitgliedstaat die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO begruumlndet oder in der Schweiz zuerst ein Erbschaftsverfahren eingeleitet wurde 195 Neben dem Europaumlischen Nachlasszeugnis bleiben die nashytionalen Erbfolgezeugnisse bestehen196 welche teilweise (weiterhin) einem Vollshystreckungsverfahren (Exequaturverfahren Art 25 ff IPRG) unterworfen sind 197

b) Beim umgekehrten Weg (Anerkennung der schweizerischen Erbbescheinishygung im Ausland) erwarte ich zusaumltzliche Hindernisse weil die sehr detaillierte Regelung des Europaumlischen Nachlasszeugnisses (Art 68 EuErbVO) dazu wird dass die (aufgrund kantonaler Gesetzgebung) sehr uneinheitlichen und teilweise nur mit rudimentaumlren Angaben versehenen schweizerischen Erbbeshyscheinigungen (ohne Ehevertrag ohne Nachlasswerte ohne Erbquote) je

191 Vg1 vorne 37 192

Ebenso CA1HERINE GRUN MEYERrrHOMAS SPRECHER Aspekte der neuen EU-Erbrecbtsshyverordnung und ihres Bezugs Zur Scbweiz ZBGR 2015156 WErssBIGLER (FN 92) successio 2014192 BONOMI (FN 128) S] 2014 II 399 f

193 Vgl dazu KNUTWERNER LANGE Das Europaumliscbe Nachlasszeugnis Die Europaumlische Erbshyrechtsverordnung brsg v Anatol Dutta und Sebastian 2014 N 26 anders als im deutschen Recht schadet grobe Fahrlaumlssigkeit

194 SCHWANDER (FN 139) A]P 20141103 195

Vgl WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014192 SCHWANDER (FN 139) A]P 2014 1103 196

VglCHRISTOPH DORSEL Europiiische Ebrechts~erordnllng und Europaumlisches Nac~lasseu~shyms m Erbfalle unter Geltung der EUlOpiJschen Erbrechtsverordnung hrsg v Martm Lohmg ua Bielefdd 2014 S 51 fE

197 Zur Wirkung innerhalb der EU vgl DU1TA (FN 105) IPRax 2015 38 Wirkung als nach Art 3 Absl lit g EuErbVO fuumlr Erbausweise nach kontradiktorischem Verfahren Wirkung nach Art 59 EuErbVO fuumlr Erbausweise in Form einer oumlffentlichen Urkunde

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

je weniger akzeptiert werden198 Dabei allerdings Deutschland welches ausshylaumlndische Erbfolgezugenisse schon heute durchwegs ablehnt 199 nicht als Reshyferenz verwendet werden 2OO

38 Zwingende Bestimmungen

Wie vorne201 dargestellt wendet die Schweiz die Bestimmungen des baumluerli shychen Bodenrechts (BGBB) und uumlber den Grundstuumlckerwerb durch Personen im Ausland (BewG) als zwingende Bestimmungen an Ob diese Regeln auch Erbfaumlllen mit EU-Bezug zur Anwendung kommen haumlngt davon ab ob Art 30 EuErbVO auch auf Drittstaaten zur Anwendung kommt202 was zu ist20)

39 Weitere Bereiche der Erbschaftsplanung

Schliesslich ist daran zu erinnern zur umfassenden Erbschaftsplanullg auch das Eheguumlterrecht gehoumlrt und immer mehr auch Verfuumlgungen unter Lebenden ershyfasst (insbesondere im Rahmen der Unternehmensnachfolge) sowie (weiterhin) Strukturierungen mit Gesellschaften Stiftungen und Trusts Alle diese Bereishyche werden von der EuErbVO nicht erfasst204 und werden somit weiter von den nationalen Kollisionsregeln beherrscht205 Es bleibt somit noch viel Raum fuumlr weitere Harmonisierung

198 (39) AJP 20141103 weist auf den houmlheren Oualitiitsstandard in der EU hin schweizerische Recbt (Art 559 ZGB) zu

199 Vgl ULRrCH HAAS Internationales Verfahrensrecht in Erbsachen in Erbrecht in Ellropa hrsg v Rembert Suumlss 2 A Angclbachtal 2008 N 54 Begruumlndet wird dies damit dass einem dem deutschen Erbschein nachgebildeten auslaumlndischen Erbnachweis keine prozessrcchtli Wirkungen insbesondere keine Rechtskraft- oder GestaltungswirklIng zukommt anders schieden hat das LG Muumlnchen 28 0 243110 bei einem tuumlrkischen Erbschein was von

Auslaumlndischer Erbschein fuumlr Nachlass in Delllschland IPRax 2013241 H) aber tuumlrkischer Erbschein die Person an die man leisten kann nicht ohne

200 Allerdings ist die Anerkennung von nationalen crDlolgezcugmsscn ganz noch nicht sehr gekommen vgl PETER BREITSCHMIDCHRISTELLE HAAS Impacts tur reglelTIcnt europeen en matierc de successions sur le droit suisse in Succcssions internationashyles hrsg v Andrea BonomiChristina Schmid GencvelZurichBRle 2010 S 134 mit Verweis auf einen Bericht des Max-Planck-Instituts vom 26032010

201 Vgl vorne 112 202 Vgl KALTUHL (FN 124) S [JO f 203 VgL DurrA (FN 85) Art 30 EuErbVO N 7 204 Vgl STEPHANIE HERZOG Die EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) ErbR 2013 4

TANZE FISCHER-CZERMAK Anwendungsbereich in Europaumlische Elbrechtsverordnung nrs v Martin Schauer und Elisabeth Scheuba Wien 2012 S 25 H MUumlLLER-LuKOSCHEK (FN sect 2 N 47 ff

205 VgJ etwa ALEXANDER PFE1FFER Nachlassplanung deutsch-schweizerischer (Diss Leipzig) Regensburg 2011 S 259 ff

Kuumlnzle

Page 9: Tagungsband 8. Deutscher Testamentsvollstreckertag · 2015. 12. 7. · 28.06.2010 Erw. 3.1: Frankreich befasst sich nicht mit ausländischen Liegenschaften _ ein Gut 21 Vgl. Art.

129 128 Teil 2 Vertiefung

b) Fuumlr den ganzen Nachlass zustaumlndig sind grundsaumltzlich die Gerichte am letzshyten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers (Art 4 EuErbVO) Abgestellt wird objektiv auf familiaumlre und soziale Bindungen und subjektiv auf den Bleishybewillen89 Da keine privatautonome Bestimmung moumlglich ist hat die Erklaumlrung des Erblassers in seiner letztwilligen Verfuumlgung nur eine beschraumlnkte Wirkung9o Es sind Faumllle denkbar dass kein oder mehrere gewoumlhnliche Aufenthaltsorte vorshyliegen91 Keine Verschiebung des gewoumlhnlichen Aufenthaltsorts bewirken Aufshyenthaltswechsel aus schulischen beruflichen und medizinischen Gruumlnden (Pfleshyge) sowie moumlglicherweise auch aus Altersgruumlndenmiddot (bei fehlender Integration I Mallorca-Rentner)92

c) Art 10 ErbVO sieht eine subsidiaumlre Zustaumlndigkeit am Ort der Nachlassbeleshygenheit vor welche umfassend (fuumlr den ganzen Nachlass) und zwingender Nashytur ist

93 Nachlassbelegenheit in einem Mitgliedstaat ist gegeben wenn sich (im

Zeitpunkt der Entscheidung)94 koumlrperliche Gegenstaumlnde (Sachen) in einem Mitshygliedstaat befinden Gegenstaumlnde oder Rechte in einem oumlffentlichen Register eines Mitgliedstaates verzeichnet sind (unbewegliche Sachen Schiffe Luftfahrshyzeuge oder Immaterialguumlterrechte) oder Forderungen mit einem Schuldner in einem Mitgliedstaat9s Der Erblasser muss zudem eine Beziehung CUl11 Bclegenshyheitsmitgliedstaat haben naumlmlich dessen Staatsangehoumlriger sein ([it a) oder inshynerhalb der vergangenen fuumlnf Jahre seinen gewoumlhnlichen Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat gehabt haben ([it b) Wenn eine solche Beziehung fehlt wird die Zustaumlndigkeit auf den inlaumlndischen Nachlass begrenzt (Abs 2))(

212 Abweichung im Fall einer Rechtswahl

a) Nach Art 5-9 EuErbVO besteht - zur Wiederherstellung des Gleichlaufs von forum und ius97 - die Moumlglichkeit von der Grundregel (Art 4 und Art 10 EuErbVO) abzuweichen und zwar immer dann wenn der Erblasser eine Rechtsshywahl getroffen hat (1) foumlrmliche Gerichtstandvereinbarung (Art 5 EuErbVO) (2) formlose Gerichtstandsanerkennung (Art 7 lit c EuErbVO) (3) Ermessensshy

89 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 4 Kindschaftsvcrfahrensrechts des EuGH keine che Wohnsitz

90 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 4 91 Vgl DUTfA (FN 85) Art 4 EuErbVO N 6 92 Vgl DENIS SOLOMON Die allgemeine Kollisionsnorm in Die EUlOpiiishy

sehe Erbreehtsverordnung hrsg v Muumlnchen 201417 ff KINGA M WEissMANUEi -CllC I-lcrausforshy

internationale Na ic1welzcr Sicht sllcccssio 2014 167 f(= zur Notariatspraxis Schweizcrischen Notarcnvcrband Muri 2015S 15

93 DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 7 94 DUTTA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 9 95 DUTfA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 6 96 DUITA (FN 85) Art 10 EuErbVO N 13 ff 97 dazu WEIssBIGLER (FN 92) successio 2014 166

Kuumlnzle

Dic EuErhVO und die Schweiz

entscheidung des nach der Grundregel zustaumlndigen Gerichts (Art 6 lit a EushyErbVO) (4) Vereinbarung einer aussergerichtlichen einvernehmlichen Regelung (Art 8 EuErbVO) sowie (5) ruumlgelose Einlassung (Art 9 EuErbVO)

b) Die EuErbVO gestattet dem Erblasser keine einseitige Gerichtsstandsshywahl98 der Erblasser muss vielmehr darauf hoffen dass die Erben die ihnen zur Verfligung stehenden Moumlglichkeiten benuumltzen

22 Anwendbares Recht

221 Objektive Anknuumlpfung

Zustaumlndigkeit und anwendbares Recht (Art 4 und 21 EuErbVO) folgen dem Hauptanknuumlpfungspunkt (letzter gewoumlhnlicher Aufenthalt des Erblasshy

sers) womit ein Gleichlauf von forum und ius angestrebt wird

b) Nach Art 21 Abs 1 EuErbVO wird grundsaumltzlich auf den ganzen Nachhtss das Recht ltIm letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers angewendet (Erb-

Der letcte gewoumlhnliche Aufenthalt des Erblassers in Art 21 EuErbVO entspricht demjenigen von Art 4 ErbV099

c) In Art 21 Abs2 EuErbVO gibt es eine Ausweichklauscl wonach ein andeshyres Recht anzuwenden ist wenn zu diesem eine offensichtlich engere Bindung besteht Da auch die Bestimmung des gewoumlhnlichen Aufenthalts auf eine enge Bindung tbstcllt werden Ausnahmen selten vorkommen loa Dutta erwaumlhnt etshywa dass einer fehlgeschlagenen Rechtswahl zum Durchbruch verholfen oder ein Aufenthaltswechsel einer betreuten Person korrigiert werden kann 10I

222 Rechtswahl

Der Erblasser kann das auf den Nachlass anwendbare Recht (Erbstatut) in beshyschriinktem Umfang waumlhlen er kltlnn luumlmlich sein Staatsangehoumlrigkeitsrecht waumlhlen welches er im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes besass (Art 22

98 Vgl DUIlA (FN 85) Vor Art 4 ElIErbVO N 7[] 99 VgL DUTlA (FN 85) Art 21 EuErbVO N 4

100 Kritisch KNUTWERNER LANGE Das ErbkoUisionsrccht im nClIcn Entwurf eincr EU-ErbVO ZErb 2012 [62 FEIJX M WIlKE Das internationale Erbrecht nach der IlCllcn EU-Erbshyrcchtsvcrordnung RIW 2012 605

101 Vgl DUJ1A (lN 85) Art 21 EuErbVO N 6 weiter Faumllle sind Expats oder DiplomaIlshyteIl vgL WElSSBIGLElt (FN 92) sllcccssio 2014174

Kuumlnzle

131 130 T eil 2 Vertiefung

Abs 1 EuErbVO)102 Wenn der Erblasser mehrere Staatsangehoumlrigkeiten beshysitzt hat er die Auswahl 103 Die Rechtswahl betrifft stets den gesamten Nachshy

eine Teilrechtswahl ist nicht moumlglich104

223 Erbvertraumlge

Fuumlr Erbvertraumlge gilt nach Art 25 EuErbVO das zur Zeit der Errichtung massshygebende Recht (Abs 1) Erbvertraumlge sind nur in wenigen Laumlndern der EU zugeshylassen etwa in Deutschland und Oumlsterreich Darunter gehoumlren aber auch gegenshyseitige Testamente (Deutschland)105 und Gestaltungsmittel des franzoumlsischen (donation-partage institution contractuelle renonciationanticipee aIaction en reduction) und englischen Rechts (contract to make or not to make a will contract not to revoke or not to modify a will)106 Bei mehreren Verfuumlgenden muss der Erbvertrag nach beiden Erbstatuten zulaumlssig sein (Abs2) was geleshygentlich durch die Wahl des gemeinsamen Heimatrechts erreicht wird (Abs 3)107

224 Sonderrregelung fuumlr Nachlassverwalter

Nach Art23 Abs2 lit f EuErbVO unterstehen die Testamentsvollstrecker (und Nachlasspfleger nicht aber Nachlassinsolvenzverwalter) grundsaumltzlich dem Erbstatut108 Nach Art29 Abs 1 EuErbVO darf fuumlr Nachlassverwalter

102 Das kann wie folgt formuliert werden (1) Ich bin deutscher hen Aufenthalt in Deutschland Diesen will ich auch Staatsangehoumlriger und habe meinen gewoumlhnlichen Aufenthalt auf Mallorca Vorsorgshy

waumlhle ich fuumlr die Rechtsnachfolge von Todes wegen in mein gesamtes Vermoumlgen sowie die Frage der Rechtswirksamkeit dieses Testaments das deutsche Recht als mein Staatsangehoumlrigshykeitsrecht (3) Ich bin Buumlrger von Kappe Ebnat-Kappel SG (Schweiz) also schweizerischer Staatsangehoumlriger und habe meinen gewoumlhnlichen Aufenthalt in Konstanz (Deutschland) den ich auch bis zu meinem Tod beibehalten will Ich waumlhle hiermit fuumlr die Rechtsnachfolge VOn Toshydes wegen in mein ganzes Vermoumlgen sowie fuumlr die Frage der Rechtswirksamkeit dieses Testashyments das schweizerische Recht insbesondere das schweizerische Erbrecht als mein Staatsangeshyhoumlrigkeitsrecht vgl FELIX ODERSKY Die Europaumlische Erbrechtsverordnung in der Gestalshytungspraxis nOtar 20137

103 Vgl DUrrA (FN 85) Art 22 EuErbVO N 3 104 Vgl DUTTA (FN 85) Art 22 EuErbVO N 8 105 Das in Deutschland haumlufip verwendete gemeinschaftliche Testament ist in der

als im nationalen Recht In die Kategorie der Erbvcrtraumlge einzuordncn VGL ANATOL Die europaumlische Erbrechtsverordnung vor ihrem Anwendungsbeginn Zebn ausgewaumlhlteStreitstandsminiaturen IPRax 2015 35

106 Vgl ANDREABONOMIAzADI OumlZTUumlRK Das Statut der Verfuumlgung von Todes wegen (Art 24 ff EuErbVO) in Die Europaumlische Erbrechtsverordnung hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 N 60 nennen donation-partage

107 WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014 188 geben folgendes Formulierungsbeispiel Ich MilK Muster bin deutscher und schweizerischer Staatsbuumlrger Ich Manuela Muster bin deutshysche Staatsbuumlrgerin Fuumlr die Erbfolge in den gesamten Nachlass waumlhlt ein jeder von uns deutshysches materielles Recht unabhaumlngig vom On des jeweiligen gewoumlhnlichen Aufenthalts im Zeitshypunkt des Todes Fuumlr die Wirksamkeit und Bindungswirkungen dieses Erbvertrages soll insfc samt das deutsche materielle Recht gelten Dies verfuumlgt ein jeder von uns einzeln sowie wir belde

lsam und soweit zulaumlssig mit erbvertraglicher Bindungswirkung Die Bi s1ch soweit zulaumlssig auch auf die Wahl des anwendbaren Rechts erstrecken

108 Vgl DUTTA (FN 85) Art 23 EuErbVO N 23

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

ausnahmsweise bei der lex fori angeknuumlpft werden (Eroumlffnungsstatut) soweit dies zwingend notwendig ist Damit hat man vor allem an den executoradminishystrator des common law gedacht109

225 Formstatut

Fuumlr die Form gilt nach Art 27 EuEirbVO weitgehend 11 0das Haagcr Testashymentsformuumlbereinkommen vom 5101961111 Dies bedeutet im Wesentlichen dass die Form am Ort der Testamentserrichtung eingehalten werden muss

23 Anerkennung von Entscheidungen und Urkunden

a) Mit der Schaffung des Europaumlischen Naehlasszeugnisses (Art 62 EuErbshyVO) welches auch den Testamentsvollstrecker einschliesst ist die Anerkennung im EU-Raum gesichert und zwar ohne besonderes Verfahren (Art 39 Abs I EuErbVO) Es werden allerdings auch neue Probleme geschaffen so etwa die Abbildung des (deutschen) pauschalierten Zugewinnausgleichs welcher guumltershyund nicht erbrechtlicher Natur istl2

b) Die EuErbVO geht recht weit im Umsetzen von auslaumlndischen Entscheidunshygen Bei der Anwendung auslaumlndischen Rechts kann es vorkommen dass Vershyrichtungen umzusetzen sind welche das eigene Recht nicht kennt etwa eine Einantwortung nach oumlsterreichischem Recht eine family provision nach englishyschem Recht oder eine Gestaltungsmassnahme zur Durchsetzung von Pflichtteishylen Diese wurden in Deutschland gelegentlich als wesensfremd abgelehnt 113

was unter der Geltung der Eu ErbVO nicht mehr moumlglich ist j 14

24 Einfuumlhrungsgesetze

Obwohl die EuErbVO direkt anwendbar ist braucht es zur Umsetzung in den einzelnen Laumlndern besondere Vorschriften und regelmaumlssig auch Aumlnderungen des bestehenden nationalen Rechts Deutschland hat das Gesetz vom 29 Juni 2015 zum Internationalen Erbrecht und zur Aumlnderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Aumlnderung sonstiger Vorschriften (IntErbRVGEG) 115 gerashyde noch rechtzeitig vor Inkrafttreten der EuErbVO erlassen Die meisten Laumlnshyder haben noch kein derartiges Gesetz 116

109 85) Art 29 EuErbVO NI 10 Zu Unterschieden vgl DunA (FN 85) Art 27 EuErbVO N 4 ff

111 Vgl wwwhcchl1ctlllploadltcxtll_dpdf(26082015)SR 021 13121 112 Vgl DUrlA (FN 105) IPRax 2015 33 113 Vgl etwa BayObLGZ 1967197201 114 Vgl DUITA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 21 115 BGBl I S1042 fuumlr eine Kommentierung der neuen Regeln vgl Internationales Erbrecht

(EuErbVO I IntErbRVG) brsg v Walter Gier Andreas Koumlhler Ludwig Kroiszlig und Harald Wilsch Baden-Baden 2015

116 Zum oumlsterreichischen Erbrechtsaumlnderungsgesetz vom 30 Juli 2015 (BGBl I 872015) welohe am 112017 in Kraft tritt

Kuumlnzle

132 133 Teil 2 Vertiefung

3 Anwendung der EuErbVO auf die Schweiz

31 Vorbehalt bilateraler Abkommen mit Drittstaaten

a) Waumlhrend Staatsvertraumlge unter den Mitgliedstaaten mit dem Inkrafttreten der EuErbva aufgehoben werden117 bleiben Staatsvertraumlge der Mitgliedstaaten mit Drittstaaten grundsaumltzlich bestehen und haben Vorrang gegenuumlber den Regeln der Erbrechtsverordnung (Art 75 Abs 1 EuErbVO)118 Das bedeutet dass die

119 vorne erwaumlhnten Staatsvertraumlge mit Italien Griechenland und Portugal vorshy

bleiben12o

In den Staatsvertraumlgen mit Italien 121 und Griechenland 122 wird das Heimatrecht auf Erbfaumllle angewendet Wenn in einem Erbfall weitere EU-Staaten (ohne Staatsvertrag) involviert sind kann dies zu Problemen fuumlhren naumlmlich der Anwendung unterschiedlichen Rechts in den einzelnen Staaten123 Fuumlr Deutschland bleiben (unter anderem) die Staatsvertraumlge mit dem Iran mit der ehemaligen Sowjetunion und mit der Tuumlrkei bestehen 124

besteht auch fuumlr Haager Form-Uumlbereinkommen 125

117 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 20

118 Vgl REMBERT SOSS Der Vorbehalt zugunsten bilateraler Abkommen mit Drittstaatcll in Die Europaumlische Erbrechtsverordnung hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014N14mwN

119 Vgl vorne FN 37 120 Vgl Suumlss (FN 118) N 12

121 Zu Einzelheiten vgl TI NA WUumlSTEMANNLARISSA MADOLDA MARTINEZ Der schweierischshyitalienische Erbfall successio 2011 66 ff BGE 138 III 354 Erw 3 BGer 4A_582011 Pra 2012 NI 130 = ZBGR 2014174 Der Staatsvertrag laumlsst eine Rechtswahl BGE 136 HI 461 Erw 52153 = 4A_4212009 ZBGR 2012111 Der Staatsvertrag laumlsst BGer 5C212003 vorn 22072003 Erw 2 Der Staatsvertrag regelt die Frage der weshalb Art 86 H IPRG anzuwenden BGE 120 II 293 Der Staatsvertrag regelt der Eroumlffnung nicht weshalb Art 86 H anzuwenden sind BGE 99 II 246 Erw Staatsvertrag regelt die der Eroumlffnung nicht weshalb die schweizerischen Kollisiollsnorshymcn anwendbar sind ZR Nr 76 Erw II Vorsorgliche Massnahmcn bezuumlglich Nachlassguumlshytern in der Schweiz eines in Italien verstorbenen Italieners

122 Vgl BGE 94 H 5 Elw 2 Heimatrecht ist anwendbar

123 Aumlhnlich wie in den von SUumlSS (FN 118) N 16 ff genannten Beispielen Eclegenheit in einem anshyderen Mitgliedstaat gewoumlhnlicher Aufenthalt in einern anderen Mitgliedstat

124 Vgl DUTTA (FN 105) IPRall 2015 39 ANDREAS KOumlHLER sect 4 Internationales Privatrecht in Internationales Erbrecht (EuErbVO IntErbRVG) hrsg v Walter Gier Andreas Koumlhler Ludwig Kroiszlig und Harald Wilsch Baden-Baden 2015 Anhang zu sect 4 Art 8 Niederlassungsabshykommen vom 17 Februar 1929 zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien (RGBI 1930 II 1002) Anlage zu Art 22 (Nachlassabkommen) sectsect 13-15 17 und 19 KOllsularvcrshytrag zwischen dem Deutschen Reich und der Union der Sozialistischen Sowjctrepubliken vom 12 Oktober 1925 (RGBl1926 II 60) Art 19-20 und 24-29 Konsularvertrag zwischen der Bunshydesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom 25 April 1958 (BGBI 1959 n 233 weiterhin anwendbar gemaumlszlig gemeinsamer Erklaumlrung vorn 25081994) Art 3 und Art 8 Niederlassungsabkommen vom 12Januar 1927 zwischen dem Deutschen Reich und der Tuumlrkischen Republik (RGBI II 76 454) Art 16 und 20 Anlage zu Art 20 (Nachshylassabkommen) Konsularvertrag vom 28 Mai 1929 zwischen dem Deutschen Reich und der Tuumlrkischen Republik (RGB 11930 II S 748)

125 Vgl vorne FN 70 SOSS (FN 118) N 14

Die EuErbVO und die Schweiz

32 Anwendung der ErbVO auf Drittstaaten

a) Die Schweiz gchoumlrt zu den Drittstaaten (als Nicht-EU-Mitglied) ebenso wie das Vereinigte Koumlnigreich (UK) Irland und Daumlnemark welche nicht an der Erbrechtsverordnung teilnehmen126

b) Die Erbrechtsverordnung gilt an sich nur fuumlr die Verordnungsstaaten sie beshytrifft aber auch Erbfaumllle mit Bezug zu Drittstaaten (wie der Schweiz) was als erga mones-Wirkung bezeichnet wird 127 Allerdings gelten nicht alle Regeln der EuErbVO im Verhaumlltnis zu den Drittstaaten128 was durchaus zu Konflikten

kann Ein Bezug zu Drittstaaten kommt etwa vor 129 (1) wenn Dritt shystaatsangehoumlrige ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt in einem Verordnungsstaat hashyben (2) wenn Verordnungsstaatsangehaumlrige ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat haben (3) wenn ein Erblasser mit letztem gewoumlhnlichem Auf-

in einem Verordnungsstaat Vermoumlgenswerte in einem Drittstaat hintershylaumlsst und (4) wenn ein Erblasser mit gewoumlhnlichem Aufenthalt in einem Dritt shystaat Nachlasswerte in einem Verordnungsstaat hinterlaumlsst

(1) Ein Schweizer stirbt in Hamburg (2) ein Italiener stirbt in Lugano nach Oumlsterreich gezogener Franzose mit einem Haus in St Moritz (3)

lebender Hollaumlnder mit einem Haus in Mallorca

Ende 2012 betrug der Anteil der auslaumlndischen Staatsangehoumlrigen in der Schweiz mehr als 23 wobei der uumlberwiegende Teil aus Laumlndern der EU stammte und Ende 2011 hielten sich 703200 Schweizerinnnen und Schweizer im Ausland auf davon drei Fuumlnftel in Europa 130 Es besteht also ein grosses Potential fuumlr laumlnshyderuumlbergreifende Erbfaumllle mit Bezug zur Schweiz und EU Ob man die EuErbshyVO auch auf reine Drittstaatsachverhalte anwenden soll (etwa wenn nur Erben sich in der EU aufhalten) ist umstritten131 wohl aber zu verneinen

c) Nach Art 20 EuErbVO wird das Erbstatut auch dann angewendet wenn es sich nicht um das Recht eines Mitgliedstaates handelt Erwaumlgungsgrund 37 Eushy

126 86 zur Diskussion uumlber die Stellung der nicht teilnehmcnden Staaten Jaumlncmark welche aufkam weil die Definition aus dcr ErbVO gekippt wurde vgl EVA

LEIN Die Erbrechtsverordnung aus Sicht dcr Drittstaatcl1 in Die Europaumlische Erbrechtsvershyordnung hrsg v Anatol Dutta und Scbastian Herrler Muumlnchen 2014 N 7 ff DUTTA (PN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 15

127 ANDREA EONOMIIAlAD OumlzruumlRK Auswirkungen der Europaumlischen Erbrechtwerordshynung auf die Schweiz unter besondercr Beruumlcksichtigung deutsch-schweizerischer Erbfaumllle ZVglRWiss 2015 5

128 Vgl ANDREA BONOMI Le rcglcmcnt europccn sur les successions et SOll impact pour la Suisse SJ 2014 II 397 ff BONOMIIOZTUumllK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 5

129 Vgl NICOLE WILLlMANNGEORGIA FOTIOU Die Europaumlische Erbrechtsverordnung aus Sicht der Schweiz STH 2015 S 337 NIKITA GONTSCHAR EU Erbrechtsverordnung und schweizerishysches IPRG Norderstedt 2011 S 12 LEIN (FN 126) N 16

130 Vgl MICHELlE KALTMATIHIAS UHL Die EU-Erbrcchtsvcrordnung und die Schweiz in Eushyropaumlisierung der schweizerischen Rechtsordnung hrsg v Lukas Fahrlaumlnder und Reto A Heizshymann Zuumlrich 2013 S 106 Ende 2012 betrug die Wohnbevoumllkerung 8036917 Einwohner dashyvon hatten 1868962 Einwohner die auslaumlndische StaaQlangehoumlrigkeit

131 Vgl KALTUHl (FN 130) S 110 f r Kuumlnzle

~ Kuumlnzlel

I

135 134 T eil 2 Vertiefung

ErbVO ergaumlnzt dass das ganze Nachlassvermoumlgen dem Erbstatut (Aufenthaltsshyrecht nach Art 21 EuErbVO bzw Heimatrecht nach Art 22 EuErbVO) unter-

auch wenn es in einem Drittstaat gelegen ist132

d) Verweisungen auf das Recht eines Drittstaates sind nach Art 34 EuErbVO grundsaumltzlich als Gesamtverweisung zu verstehen Damit wird eine Ruumlck- oder Weiterverweisung (Renvoi) auf das Recht eines Mitgliedstaates (lit a) und auf das Recht eines (anderen) Drittstaates ermoumlglicht welcher die Verweisung anshynimmt 133 Es fragt sich weshalb der Renvoi in der Erbrechtsverordnung zugeshylassen wird obwohl dies im europaumlischen KoIlisionsrecht sonst nicht der Fall ist Die Antwort duumlrfte darin zu suchen sein dass im Erbrecht haumlufig das Vermoumlgen in verschiedenen Laumlndern liegt und der Renvoi versucht zu einer moumlglichst ein-

Loumlsung zu kommen134

33 Zustaumlndigkeit

a) Grundregel Waumlhrend das IPRG auf den Wohnsitz abstellt l35 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 136 Diese beiden Kriterien sind haumlushy

aber nicht immer deckungsgleich 137 Unterschiede entstehen vor allem des-weil beim Wohnsitz staumlrker auf subjektive Kriterien abgestellt wird waumlhshy

rend beim gewoumlhnlichen Aufenthalt die objektiven Kriterien im Vordergrund stehen 138 Erfreulich ist dass die Sonderanknuumlpfung fuumlr Immobilien etwa in Frankreich kuumlnftig dahinfaumlllt ~

b) Waumlhrend Erblasser nach dem IPRG seine Zustaumlndigkeit (in begrenztem Umfang) waumlhlen kann140 ist dies nach der EuErbVO nicht der Fall141 was ein gewisses Konfliktpotential darsteIlt 142 Die Wahl des Gerichtsstands ist nach Art 5 Abs 1 EuErbVO den betroffenen Parteien vorbehalten wobei nicht restlos klar ist was damit gemeint Die Erklaumlrung des Erblassers uumlber den

132 VgJ LErN (FN 126) N 17 133 VgJ DurrA (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 H 134 Vgl MICHAEL HELLNER Probleme des allgemeinen Teils des Internationalen

Die Europaumlische Erbrechtsverordnung v Anatal Dutta lind Sebastian Herrler 2014 N 12

135 Vgl vorne 111 b) (1) 136 Vgl vorne 211 b) 137 Vgl BONOMIIOumlZTUumlRK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 13 zu einem Vergleich der beiden Begriffe

vgl KALTUHL (FN 130) S 120 f 138 Vgl WmssBrGLER (FN 92) suceessio 2014 184 ff (mit einer Tabelle der moumlglichen FaumlHe im

Verhaumlltnis Schweiz-Deutschland) 139 Vgl IVOSCHWANDER Die EU-Erbrechtsverordnung A]P 20141090 140 Vgl vorne 111 b) (2) 141 Vgl vorne 212

142 Vgl szligENNOIT CHAPPurs]ULlEN PERRIN Le Reglement (UE) No 6502012 du Parlement eushyropeen er du Conseil du 4 juillet 2012 relatif ala compctence la loi applicable la reconnaissance et lexecution des decisions et lacceptation et lexecution des actes authentiques en matiere de successions et ala cnlation dun certificat successoral curopcen NotIex2014 33

143 Vgl DU1TA (FN 85) Art 5 EuErbVO N 6 ff

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

gewoumlhnlichen Aufenthalt in seinem Testament ist aus der Sicht der EuErbVO ein Ausgangspunkt aber nicht das Endergebnis Nicht selten wird uumlbersehen dass mit einer Veraumlnderung der Zustaumlndigkeit auch die Anwendung einer andeshyren Erbschaftssteuer verbunden sein kann

c) Die Ausnahmeregel von Art 10 ErbVOl44 laumlsst aus der Sicht eines Dritt shystaates (wie der Schweiz) die Befuumlrchtung aufkommen dass es sich um einen exshyorbitanten Gerichtsstand handelt145 der neue Konflikte schafft und zu einem forum running fuumlhrt 146 Das sollen zwei Faumllle zeigen

Fall 1 Ein Schweizer in der Schweiz mit einem Haus in Deutschland und einem Bankkonto in Oumlsterreich stirbt Das ist ein Fall von Art 10 Abs 2 EuErbVO (Vermoumlgen in der EU) Deutschland ist fuumlr das Haus zustaumlndig was mit Art 86 Abs2 IPRG uumlbereinstimmt ein deutsches Urteil wird nach Art 96 Abs 1 lit b IPRG anerkannt Oumlsterreich ist fuumlr das Bankkonto zustaumlndig was Art 86 Abs 1 IPRG widerspricht ein oumlsterreichisches Urteil wird in der Schweiz nach Art 96 rPRG nicht anerkannt die Schweiz ist fuumlr den restlichen Nachlass zustaumlndig was mit Art 86 Abs 1 IPRG vereinbar ist

Fall 2 Ein Schweizer in England der bis vor 4 Jahren in Deutschland lebte mit einem Haus in Frankreich und einem Konto in der Schweiz errichtet eine letztshywillige Verfuumlgung mit der Wahl des Heimatrechts (eH) Das ist ein Fall von Art 10 Abs 1 lit b (Aufenthalt vor weniger als 5 Jahren) Deutschland ist fuumlr den gesamten Nachlass zustaumlndig was Art 87 Abs2 IPRG widerspricht ein deutsches Urteil wird nach Art 96 IPRG nicht anerkannt die deutsche Zustaumlnshydigkeit widerspricht auch der Sicht des englischen Rechts UK ist fuumlr ches Vermoumlgen zustaumlndig und uumlberlaumlsst Frankreich die Zustaumlndigkeit Grundstuumlcke die Schweiz anerkennt UK-Urteile nach Art 96 IPRG

Es waumlre zu begruumlssen wenn die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO zuruumlckshyhaltend verwendet wird Denkbar waumlre dass der Gesetzgeber eine konkrete Schranke einbauen wuumlrde (zB mindestens 10 des Nachlasses )147 Teilweise

144 vorne 211 cl

_

__

145 ~E (FN 100) RIW 2012 604 verhindert die Anll11uumlpfung am fruumlheren gewoumlhnlichen diese Zustaumlndigkeit vom Stigma eines exorbitanten Gerichtsstands

146 DORMANN Das schwei7-crische internationale Privatrecht lind die europaumlische Erb-rlaquo~h-Mlm im Vergleich in Die EU-Erbrechtsverordnung NI 6502012 und deren Ausshy

lerse Laumlnder hrsg v der Europaumlischen Anwaltsvcreinigullg cV (DACH) Zuumlrich 2014 S 86 Ivo SCIIWANDER Die Behandlung internationaler Erbfaumllle mit Hinweisen fuumlr die internationale Nachlassplanung in Nachlassplanung und Nachlassteilung hrse v Schmid Zuumlrich 2014 S493 CHAIPUISPERRIN (FN 142) Notex 2014 30 (FN 130) S 110 f BONOMI (FN 128) SJ 2014 Ir 417 ff

147 WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014 170 bemerken zu kriterien wenig hilfreich sind MrCHELLE KALTUr-lL (FN Nachlassvermoumlgen von einilcl11 Gewicht vorlieeen muumlsse

Kuumlnzle

137 136 Teil 2 Vertiefung

schafft Art 10 EuErbVO auch Konflikte mit dem bestehenden Recht der Mitshygliedstaaten wie das Beispiel von Oumlsterreich (sect 150 AuszligStrG) zeigt 148

Wenn ein Erblasser vermeiden will dass Art 10 EuErbVO zur Anwendung kommt muss er zufaumlllige und unnoumltige zustaumlndigkeitsbegruumlndende Beruumlhshyrungspunkte zu einem Mitgliedstaat zu Lebzeiten beseitigen149 sprich sein Vermoumlgen aus dem Mitgliedstaat abziehen

d) Fuumlr den Fall dass ein Verfahren in einem Drittstaat unmoumlglich oder unzushymutbar wird schafft Art 11 EuErbVO eine Notzustaumlndigkeit 15o Verlangt wird ein ausreichender Bezug zum Mitgliedstaat Gedacht ist etwa an den Fall des Stillstands der Rechtspflege dann soll das Verfahren nach Art 10 Abs2 EushyErbVO auf das Ausland ausgedehnt werdenlS1

e) Fuumlr den Fall dass Entscheidungen von Mitgliedstaaten in einem Drittstaat keine Aussicht auf Anerkennung oder Vollstreckung haben kann das Verfahren im Mitgliedstaat auf den europaumlischen Nachlass beschraumlnkt werden (Art 12 EuErbVO) In diesem Zusammenhang ist Liechtenstein zu erwaumlhnen152 welshyches nur mit der Schweiz153 und Oumlsterreich154 Vollstreckungsabkommen abgeshyschlossen hat (ersteres regelt die Zustaumlndigkeit nicht umfassend155 und letzteres

auf Erb- und Verlassenschaftssachen keine Anwendung Art 1 Abs3 Ziff 3)156 weshalb fuumlr die meisten Staaten eine Vollstreckung ausgeschlossen

bzw nur das Rechtsoumlffnungsverfahren (Art 49 ff RSO) bleibt welches zu einer Aberkennungsklage und damit einer inhaltlichen Pruumlfung in Liechtenstein fuumlhrt ISS

148 VgL ENA-MARLISBAJONS Zustaumlndigkeit und anwcndbares Recht in Erbsachenin Europaumlische Erbrechtsverordnung v Martin Schauer und Elisabcth Scheuba Wicn2012 S 40 149 WEISSIBIGLER (FN 92) successio 2014 178 150 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 12 151 VgL DUTTA (FN 85) Art 11 EuErbVO N 1

152 Vgl dazu HANS RAINER KUumlNZLE Vermoumlgensschutz mit liechtensteinischen Strukturell aus schweizerischer Sicht in Handbuch des Vermaumlgensschutzes hrsg v Francesco Schurr Wien2015 N 92 ff

153 Vg1 Abkommen vom 25 Aplil1968 zwischen dem Fuumlrstentum Liechtellstein und der Schweizeshyrischen Eidgenossenschaft uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entshyscheidungen und Schiedsspruumlchen in Zivilsachen (LR 027691011 I SR 0276141)

154 Ygl Abkommen vom 5]uli 1973 zwischen dem Fuumlrstentum Licchtenstein und der Osterreich uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen EntseheidungcSchiedsspruumlchen Vergleichen und oumlffentlichen Urkunden (LR 027691021)

155 Vgl MARIO FRICK Asset Protection und Zivilprozess L1Z 33 (2012) 1322156 Vgl BERNHARD MOTAL Durchsetzung von Pflichtteilsanspruumlchen gegen eil

Stiftung ]EV 2013 53 MARIO FRICK Die Anerkennung und Vollstreckung auslaumlndischer Entshyscheidungen in Zivilsachen im Fuumlrstentum Liechtenstein St Gallen 1992 S 66

157 Vgl etwa OG 7 Rouml 20023 vom 220820021us amp News 200371 Ein auslaumlndisches Urteil (LGFreiburg iBr) ist mangels Staatsvertrag bzw gegenseitiger Anerkennung nicht vollstreckbar

158 VgL MARIO FRICK Sind auslaumlndische Urteile taugliche Urkunden fuumlr eine Rechtsaumlffnung in Liechtenstein Anmerkungen zum Beschluss des liechtensteinischen Obergcrichts vom22082002 zu 7Rouml 20022]us amp News 2003710 f

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

34 Anwendbares Recht

a) Waumlhrend das IPRG grundsaumltzlich auf den Wohnsitz abstellt 159 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 160 Diese beiden Kriterien sind haumlushyfig aber nicht immer deckungsgleich 161 Damit duumlrften die meisten bestehenden Konfliktfaumllle welche auf die Anwendung des Staatsangehaumlrigkeitsrechts zushyruumlckgehen verschwinden 162 Es macht durchaus Sinn dass der Erblasser seine tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse in der letztwilligen Verfuumlgung festhaumllt (confessio iushyris)163 Von einer Rechtswahl durch Verschiebung des gewoumlhnlichen Aufentshyhaltsorts ist aufgrund der damit verbundenen Rechtsunsicherheit abzurashyten164 Die Anwendung der EuErbVO in der Schweiz und damit die Auslegung von Art 91 Abs 1 IPRG wird noch einiger Priizisierungen beduumlrfen 165 Ein geshywisses Konfliktpotentialliegt darin dass es in der Schweiz neben dem Erbstatut auch noch ein EroumlffnungsstatutiMgt gibt 167

b) Nach dem IPRG kann der Erblasser sein Heimatrecht im Zeitpunkt des Toshydes waumlhlen168 nach der EuErbVO kann der Erblasser sein Staatsangehoumlrigkeitsshyrecht im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes waumlhlen 169 Auch hier beshysteht weitgehende (aber nicht vollstaumlndige) Uumlbereinstimmung Die Wahl des Heimatrechts kann aus schweizerischer Sicht zu einer Verlagerung der Zustaumlnshydigkeit in die Schweiz fuumlhren (Art 87 Abs 2 IPRG) und damit moumlglicherweise

nach kantonalem Recht) zu einer Anwendung der Erbschaftssteuer in der 170 Wenn beim Erblasser Anknuumlpfungspunkte mit mehreren Laumlndern

bestehen sollte er sich in der letztwilligen Verfuumlgung zum anwendbaren Recht aumlussern selbst dann wenn er kein Recht waumlhlen moumlchte i71 Seitens der EU wird bedauert dass nicht auch noch das Recht des gewoumlhnlichen Aufenthaltsorts im Zeitpunkt der Testamentselrichtung lind das Guumlterstatut gewaumlhlt werden

159 160 161 162

163 164

165

166 167 139) AJP 20141098 168 169 170 Vgl WElSSB1GLER (FN 92) successio 2014 178 zu einem Formulierungsbeispiel vgJ JUTTA

MUumlLLER-LuKOSCHECK Die neue EU-Erbrechtsverordnung Essen 2013 sect 4 N 26 171 VgJ WEISsBJGLER (FN 92) succcssio 2014 177 f

Kuumlnzle

vorne 12 I a) vorne 221 b)BONOMrlOumlZTORK (FN 127) ZVglRWiss 201523 f DORMANN (FN 146) S 84 PllIlIlPE FRESARll Lc nouvcau Rcglcrnem CUlopccn de sllccession

N 40 ff ALEXANDER PFEIFFER Andenmgcn des Erbstatuts dur aus schweizerischer Sicht successio 2010 320 L dennoch kann ein

ganz ausgeschlossen werden vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 20141098 Zu V~1 WmssBIGlERMltglicdstaat Art Vgl SClIWANDER _ auf Erblasser lnit lItthU~Ptjlt1l~hrgttmiddot

91 Abs 1 IPRG gleichermassenStaatsangehoumlrigkeit anwendshy

bar ist) VgJ vorne 122 VgJ SCHWANDER Vgl vorne 121 Vgl vornc 222

139 138 Teil 2 Vertiefung

kann 172 Aus schweizerischer Sicht sind wir froh daruumlber weil zusaumltzliche Wahlmaumlglichkeiten weitere Konflikte schaffen wuumlrde

c) Die ErbVO regelt nicht wie das anzuwendende Fremdrecht festzustellen ist und welches Recht angewendet wird wenn es nicht feststellbar isc173 In Deutschland ist auslaumlndisches Recht von Amtes wegen festzustellen die Parteien haben das Gericht zu unterstuumltzen und es koumlnnen Sachverstaumlndige beigezogen

174werden Schwer feststellbares Recht kann ev uumlber das Mutterrecht erschlosshysen werden (2GB BGB ce common law) ansonsten gilt die lex fori

d) Ein Konfliktpotential besteht bei Doppe1buumlrgern 175 Diese sind in der Schweiz von einer Wahl des Heimatrechts ausgeschlossen 176 waumlhrend Mehrshystaatler in der EU das Recht waumlhlen duumlrfen dem sie zur Zeit der Rechtswahl oder im Zeitpunkt des Todes angehoumlren (Art 22 Abs 1 Satz 2 EuErbVO)177

e) Eine Ruumlck- und Weiterverweisung (Renvoi) wird im schweizerischen Recht nur in den vom Gesetz vorgesehenen Faumlllen zugelassen (etwa Art 91 Absl IPRG)178 in der Erbrechtsverordnung dagegen in breiterem Umfang (Art 34 EuErbVO)Y9 Letzterer kommt vor allem dann vor wenn ein Drittstaatsrecht ~ eine andere Hauptanknuumlpfung (als den letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers) verwendet zum Beispiel das Staatsangehoumlrigkeitsprinzip180 Weil dies bei der Schweiz nicht der Fall ist181 duumlrfte dieser Unterschied kaum zu Problemen fuumlhren 18z

f) Eine Rechtswahl kann dazu fuumlhren dass Erb- und Guumlterrecht auseinanderfalshy[en Die Rechtsnatur des pauschalen Zugewinnanteils des uumlberlebenden Ehegatshyten von 11 (Art 1371 Abs 1 BGB) ist umstritten weil ein Anspruch basierend auf Guumlterrecht im Erbrecht abgegolten wird 183 Dieser Fall zeigt dass neben

172 Vgl WILKE (FN 100) RIW 2012606

173 Vgl KINGA M WEISSMANUEL BIGLER Wohnsitz oder gewoumlhnlicher Aufenthalt _ Die Anshywendungsprobleme der europaumlischen Erbrechtsverordnung im Rechtsverkehr mit der Schweiz Deutscher Anwaltsspiegel Spezial Maumlrz 2013 S 28 KALTUHL (FN 130) S 121 f

174 Vgl WALTER ERMANNHARM PETER WESTERMANN BGB 13 A) Koumlln 2011 Einl Art 3-47N 59 ff

17S VgJ SCI-WANDER (FN 139) AJP 20141096 BALZ HOumlSLYSTEFANIE DEBRUNNER Rechtswahl schweizerisch-deutscher Doppelbuumlrger bei der Nachlassplanul]g untermiddot Beruumlcksichtigung ~er EU-Erbrechtsverordnung Anwalts revue 2013 276 BONOMrOZTuumlRK (FN 127) ZVgIRWlss 201524 f

176 Vgl vorne 121 b) 177 Vgl vorne 222 178 Vgl vorne 121 g) 179 VgJ vorne 32 d) 180 Vgl DU11A (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 181 Vgl vorne 121 a) Wohnsitz als Anknuumlpfugskriterium182

Vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 2014 1096 welcher darauf hinweist dass heikle RenvoishyProbleme mit Frankreich Schweden und Deutschland kuumlnftig entfallen

183 Vgl HEINRICH DOumlRNER Die Abgrenzung des Erbstatllts vom Guumltcrstatut in Die Europaumlisc~e Erbrechtsverordnllng hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 NIl ff dIe hM geht Yon einer guumlterrechtlichen Qualifikation aus vgl etwa BGH FamRZ 2012 1871

Kuumlnzte

Die EuErbVO und die Schweiz

dem Erbrecht auch das Guumlterrecht der Ehegatten in der EU koordiniert werden sollte Ein Schritt in diese Richtung ist der Vorschlag KOM (2011])1262 184

35 Erbvertraumlge

a) Die Erbrechtsverordnung aumlndert nichts an der Beurteilung (Zulaumlssigkeit) von Erbvertraumlgen in den einzelnen Laumlndern Deshalb ist je nach Ziel[and sorgfaumlltig abzuklaumlren ob Erbvertraumlge (zwischen Ehegatten oder zwischen beliebigen Ershyben) zulaumlssig sind

Wenn deutsche Staatsangehoumlrige in die Schweiz kommen ist ihnen zu empshyallfaumlllige gemeinschaftliche Testamente (welche im schweizerischen

Recht nicht bekannt sind) durch einen Erbvertrag zu ersetzen IS5

36 Testamentsvollstrecker

a) In der Schweiz hat der Gesetzgeber die Anwendung des Eroumlffnungsstatuts vorgesehen (Art 92 Abs 2 IPRG) die Lehre wendet aber hauptsaumlchlich das Erbshystatut an 186 In der EU wendet man auf den Testamentsvollstrecker grundsaumltzshylich das Erbstatut an (Art 23 Abs 2 [ie f EuErbVO) laumlsst aus zwingenden Gruumlnden aber auch das Eraumlffnungsstatut zu (Art 29 Abs 1 EuErbVO)187 wohl der umgekehrte Weg gewaumlhlt wurde sollten diese beiden Loumlsungen ziemshy

(aber nicht vollstaumlndig) kompatibel sein

b) Die fuumlr den executor gedachte Ausnahme kann auch vom schweizerischen Recht in Anspruch genommen werden Das hat etwa zur Fo[ge dass die zwinshygend vorgesehene Aufsicht 188 fuumlr einen von einer schweizerischen Behoumlrde (nach deutschem Recht) eingesetzten Testamentsvollstrecker sich nach schweishyzerischem Recht richtet und die Aufsichtsbehoumlrde somit (im Gegensatz zu Deutsch[and wo es nur die Absetzung gibt [sect 2227 BGB]) Empfehlungen Weishysungen und andere sachdienliche Massnahmen anordnen kann 18

37 Nachlasszeugnisse

a) Es ist davon auszugehen dass die schweizerische Behoumlrden (Grundbuch)190 und Gerichte sowie Private (Banken und Versicherungen) das Europaumlische

184 Wesentliche Inhalte Zllstaumlndi~kcit des Nachlassgerichts (Art 3) Rechtswahl (Art 16 gemcinmiddot samer gew~hnlicher u~ent~a t gewoumlhnlicher Aufcnthal~ ~ines Ehegatten bei der Eheschliesshysung oder Staatsrtngehongkelt Cll1es Ehegatten) oder WSldlar (Art 17) erster gememsamer geshywoumlhnlicher Aufenthalt bzw gemeinsame Staatsangehoumlrigkeit bzw engste Verbundenheit

185 Vgl ODERSKY (FN 102) notar 20138 186 Vgl vorne 122 b) 187 Vgl vorne 224 188 Vgl VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 515 189 VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 536 ff 190 Das Europaumlische Nachlasszeugnis ist inhaltlich und funktionell gleichwertig wie die Erbbescheishy

nigung nach Art559 ZGB llnd deshalb auch im Grulldbuchverkehr zu akzeptieren vgl WEIsslBrGLER (FN 92) sllccessio 2014 193

Kuumlnzte

141 140

Teil 2 Vertiefung

Nachlasszeugnis191 ohne weiteres anerkennen werdenl92 auch wenn der Gutshyglaubensschutz (Art 69 Abs2 EuErbVO) schwaumlcher ausgestaltet ist als beim deutschen Erbschien193 Aus Gruumlnden des Verkehrsschutzes wird man dem Europaumlischen Nachlasszeugnis in der Schweiz houmlchstens die Wirkungen zuershykennen koumlnnen die eine Bescheinigung nach Art 559 Abs 1 ZGB haumlttel94 Zu

kann es kommen wenn ein Mitgliedstaat die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO begruumlndet oder in der Schweiz zuerst ein Erbschaftsverfahren eingeleitet wurde 195 Neben dem Europaumlischen Nachlasszeugnis bleiben die nashytionalen Erbfolgezeugnisse bestehen196 welche teilweise (weiterhin) einem Vollshystreckungsverfahren (Exequaturverfahren Art 25 ff IPRG) unterworfen sind 197

b) Beim umgekehrten Weg (Anerkennung der schweizerischen Erbbescheinishygung im Ausland) erwarte ich zusaumltzliche Hindernisse weil die sehr detaillierte Regelung des Europaumlischen Nachlasszeugnisses (Art 68 EuErbVO) dazu wird dass die (aufgrund kantonaler Gesetzgebung) sehr uneinheitlichen und teilweise nur mit rudimentaumlren Angaben versehenen schweizerischen Erbbeshyscheinigungen (ohne Ehevertrag ohne Nachlasswerte ohne Erbquote) je

191 Vg1 vorne 37 192

Ebenso CA1HERINE GRUN MEYERrrHOMAS SPRECHER Aspekte der neuen EU-Erbrecbtsshyverordnung und ihres Bezugs Zur Scbweiz ZBGR 2015156 WErssBIGLER (FN 92) successio 2014192 BONOMI (FN 128) S] 2014 II 399 f

193 Vgl dazu KNUTWERNER LANGE Das Europaumliscbe Nachlasszeugnis Die Europaumlische Erbshyrechtsverordnung brsg v Anatol Dutta und Sebastian 2014 N 26 anders als im deutschen Recht schadet grobe Fahrlaumlssigkeit

194 SCHWANDER (FN 139) A]P 20141103 195

Vgl WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014192 SCHWANDER (FN 139) A]P 2014 1103 196

VglCHRISTOPH DORSEL Europiiische Ebrechts~erordnllng und Europaumlisches Nac~lasseu~shyms m Erbfalle unter Geltung der EUlOpiJschen Erbrechtsverordnung hrsg v Martm Lohmg ua Bielefdd 2014 S 51 fE

197 Zur Wirkung innerhalb der EU vgl DU1TA (FN 105) IPRax 2015 38 Wirkung als nach Art 3 Absl lit g EuErbVO fuumlr Erbausweise nach kontradiktorischem Verfahren Wirkung nach Art 59 EuErbVO fuumlr Erbausweise in Form einer oumlffentlichen Urkunde

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

je weniger akzeptiert werden198 Dabei allerdings Deutschland welches ausshylaumlndische Erbfolgezugenisse schon heute durchwegs ablehnt 199 nicht als Reshyferenz verwendet werden 2OO

38 Zwingende Bestimmungen

Wie vorne201 dargestellt wendet die Schweiz die Bestimmungen des baumluerli shychen Bodenrechts (BGBB) und uumlber den Grundstuumlckerwerb durch Personen im Ausland (BewG) als zwingende Bestimmungen an Ob diese Regeln auch Erbfaumlllen mit EU-Bezug zur Anwendung kommen haumlngt davon ab ob Art 30 EuErbVO auch auf Drittstaaten zur Anwendung kommt202 was zu ist20)

39 Weitere Bereiche der Erbschaftsplanung

Schliesslich ist daran zu erinnern zur umfassenden Erbschaftsplanullg auch das Eheguumlterrecht gehoumlrt und immer mehr auch Verfuumlgungen unter Lebenden ershyfasst (insbesondere im Rahmen der Unternehmensnachfolge) sowie (weiterhin) Strukturierungen mit Gesellschaften Stiftungen und Trusts Alle diese Bereishyche werden von der EuErbVO nicht erfasst204 und werden somit weiter von den nationalen Kollisionsregeln beherrscht205 Es bleibt somit noch viel Raum fuumlr weitere Harmonisierung

198 (39) AJP 20141103 weist auf den houmlheren Oualitiitsstandard in der EU hin schweizerische Recbt (Art 559 ZGB) zu

199 Vgl ULRrCH HAAS Internationales Verfahrensrecht in Erbsachen in Erbrecht in Ellropa hrsg v Rembert Suumlss 2 A Angclbachtal 2008 N 54 Begruumlndet wird dies damit dass einem dem deutschen Erbschein nachgebildeten auslaumlndischen Erbnachweis keine prozessrcchtli Wirkungen insbesondere keine Rechtskraft- oder GestaltungswirklIng zukommt anders schieden hat das LG Muumlnchen 28 0 243110 bei einem tuumlrkischen Erbschein was von

Auslaumlndischer Erbschein fuumlr Nachlass in Delllschland IPRax 2013241 H) aber tuumlrkischer Erbschein die Person an die man leisten kann nicht ohne

200 Allerdings ist die Anerkennung von nationalen crDlolgezcugmsscn ganz noch nicht sehr gekommen vgl PETER BREITSCHMIDCHRISTELLE HAAS Impacts tur reglelTIcnt europeen en matierc de successions sur le droit suisse in Succcssions internationashyles hrsg v Andrea BonomiChristina Schmid GencvelZurichBRle 2010 S 134 mit Verweis auf einen Bericht des Max-Planck-Instituts vom 26032010

201 Vgl vorne 112 202 Vgl KALTUHL (FN 124) S [JO f 203 VgL DurrA (FN 85) Art 30 EuErbVO N 7 204 Vgl STEPHANIE HERZOG Die EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) ErbR 2013 4

TANZE FISCHER-CZERMAK Anwendungsbereich in Europaumlische Elbrechtsverordnung nrs v Martin Schauer und Elisabeth Scheuba Wien 2012 S 25 H MUumlLLER-LuKOSCHEK (FN sect 2 N 47 ff

205 VgJ etwa ALEXANDER PFE1FFER Nachlassplanung deutsch-schweizerischer (Diss Leipzig) Regensburg 2011 S 259 ff

Kuumlnzle

Page 10: Tagungsband 8. Deutscher Testamentsvollstreckertag · 2015. 12. 7. · 28.06.2010 Erw. 3.1: Frankreich befasst sich nicht mit ausländischen Liegenschaften _ ein Gut 21 Vgl. Art.

131 130 T eil 2 Vertiefung

Abs 1 EuErbVO)102 Wenn der Erblasser mehrere Staatsangehoumlrigkeiten beshysitzt hat er die Auswahl 103 Die Rechtswahl betrifft stets den gesamten Nachshy

eine Teilrechtswahl ist nicht moumlglich104

223 Erbvertraumlge

Fuumlr Erbvertraumlge gilt nach Art 25 EuErbVO das zur Zeit der Errichtung massshygebende Recht (Abs 1) Erbvertraumlge sind nur in wenigen Laumlndern der EU zugeshylassen etwa in Deutschland und Oumlsterreich Darunter gehoumlren aber auch gegenshyseitige Testamente (Deutschland)105 und Gestaltungsmittel des franzoumlsischen (donation-partage institution contractuelle renonciationanticipee aIaction en reduction) und englischen Rechts (contract to make or not to make a will contract not to revoke or not to modify a will)106 Bei mehreren Verfuumlgenden muss der Erbvertrag nach beiden Erbstatuten zulaumlssig sein (Abs2) was geleshygentlich durch die Wahl des gemeinsamen Heimatrechts erreicht wird (Abs 3)107

224 Sonderrregelung fuumlr Nachlassverwalter

Nach Art23 Abs2 lit f EuErbVO unterstehen die Testamentsvollstrecker (und Nachlasspfleger nicht aber Nachlassinsolvenzverwalter) grundsaumltzlich dem Erbstatut108 Nach Art29 Abs 1 EuErbVO darf fuumlr Nachlassverwalter

102 Das kann wie folgt formuliert werden (1) Ich bin deutscher hen Aufenthalt in Deutschland Diesen will ich auch Staatsangehoumlriger und habe meinen gewoumlhnlichen Aufenthalt auf Mallorca Vorsorgshy

waumlhle ich fuumlr die Rechtsnachfolge von Todes wegen in mein gesamtes Vermoumlgen sowie die Frage der Rechtswirksamkeit dieses Testaments das deutsche Recht als mein Staatsangehoumlrigshykeitsrecht (3) Ich bin Buumlrger von Kappe Ebnat-Kappel SG (Schweiz) also schweizerischer Staatsangehoumlriger und habe meinen gewoumlhnlichen Aufenthalt in Konstanz (Deutschland) den ich auch bis zu meinem Tod beibehalten will Ich waumlhle hiermit fuumlr die Rechtsnachfolge VOn Toshydes wegen in mein ganzes Vermoumlgen sowie fuumlr die Frage der Rechtswirksamkeit dieses Testashyments das schweizerische Recht insbesondere das schweizerische Erbrecht als mein Staatsangeshyhoumlrigkeitsrecht vgl FELIX ODERSKY Die Europaumlische Erbrechtsverordnung in der Gestalshytungspraxis nOtar 20137

103 Vgl DUrrA (FN 85) Art 22 EuErbVO N 3 104 Vgl DUTTA (FN 85) Art 22 EuErbVO N 8 105 Das in Deutschland haumlufip verwendete gemeinschaftliche Testament ist in der

als im nationalen Recht In die Kategorie der Erbvcrtraumlge einzuordncn VGL ANATOL Die europaumlische Erbrechtsverordnung vor ihrem Anwendungsbeginn Zebn ausgewaumlhlteStreitstandsminiaturen IPRax 2015 35

106 Vgl ANDREABONOMIAzADI OumlZTUumlRK Das Statut der Verfuumlgung von Todes wegen (Art 24 ff EuErbVO) in Die Europaumlische Erbrechtsverordnung hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 N 60 nennen donation-partage

107 WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014 188 geben folgendes Formulierungsbeispiel Ich MilK Muster bin deutscher und schweizerischer Staatsbuumlrger Ich Manuela Muster bin deutshysche Staatsbuumlrgerin Fuumlr die Erbfolge in den gesamten Nachlass waumlhlt ein jeder von uns deutshysches materielles Recht unabhaumlngig vom On des jeweiligen gewoumlhnlichen Aufenthalts im Zeitshypunkt des Todes Fuumlr die Wirksamkeit und Bindungswirkungen dieses Erbvertrages soll insfc samt das deutsche materielle Recht gelten Dies verfuumlgt ein jeder von uns einzeln sowie wir belde

lsam und soweit zulaumlssig mit erbvertraglicher Bindungswirkung Die Bi s1ch soweit zulaumlssig auch auf die Wahl des anwendbaren Rechts erstrecken

108 Vgl DUTTA (FN 85) Art 23 EuErbVO N 23

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

ausnahmsweise bei der lex fori angeknuumlpft werden (Eroumlffnungsstatut) soweit dies zwingend notwendig ist Damit hat man vor allem an den executoradminishystrator des common law gedacht109

225 Formstatut

Fuumlr die Form gilt nach Art 27 EuEirbVO weitgehend 11 0das Haagcr Testashymentsformuumlbereinkommen vom 5101961111 Dies bedeutet im Wesentlichen dass die Form am Ort der Testamentserrichtung eingehalten werden muss

23 Anerkennung von Entscheidungen und Urkunden

a) Mit der Schaffung des Europaumlischen Naehlasszeugnisses (Art 62 EuErbshyVO) welches auch den Testamentsvollstrecker einschliesst ist die Anerkennung im EU-Raum gesichert und zwar ohne besonderes Verfahren (Art 39 Abs I EuErbVO) Es werden allerdings auch neue Probleme geschaffen so etwa die Abbildung des (deutschen) pauschalierten Zugewinnausgleichs welcher guumltershyund nicht erbrechtlicher Natur istl2

b) Die EuErbVO geht recht weit im Umsetzen von auslaumlndischen Entscheidunshygen Bei der Anwendung auslaumlndischen Rechts kann es vorkommen dass Vershyrichtungen umzusetzen sind welche das eigene Recht nicht kennt etwa eine Einantwortung nach oumlsterreichischem Recht eine family provision nach englishyschem Recht oder eine Gestaltungsmassnahme zur Durchsetzung von Pflichtteishylen Diese wurden in Deutschland gelegentlich als wesensfremd abgelehnt 113

was unter der Geltung der Eu ErbVO nicht mehr moumlglich ist j 14

24 Einfuumlhrungsgesetze

Obwohl die EuErbVO direkt anwendbar ist braucht es zur Umsetzung in den einzelnen Laumlndern besondere Vorschriften und regelmaumlssig auch Aumlnderungen des bestehenden nationalen Rechts Deutschland hat das Gesetz vom 29 Juni 2015 zum Internationalen Erbrecht und zur Aumlnderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Aumlnderung sonstiger Vorschriften (IntErbRVGEG) 115 gerashyde noch rechtzeitig vor Inkrafttreten der EuErbVO erlassen Die meisten Laumlnshyder haben noch kein derartiges Gesetz 116

109 85) Art 29 EuErbVO NI 10 Zu Unterschieden vgl DunA (FN 85) Art 27 EuErbVO N 4 ff

111 Vgl wwwhcchl1ctlllploadltcxtll_dpdf(26082015)SR 021 13121 112 Vgl DUrlA (FN 105) IPRax 2015 33 113 Vgl etwa BayObLGZ 1967197201 114 Vgl DUITA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 21 115 BGBl I S1042 fuumlr eine Kommentierung der neuen Regeln vgl Internationales Erbrecht

(EuErbVO I IntErbRVG) brsg v Walter Gier Andreas Koumlhler Ludwig Kroiszlig und Harald Wilsch Baden-Baden 2015

116 Zum oumlsterreichischen Erbrechtsaumlnderungsgesetz vom 30 Juli 2015 (BGBl I 872015) welohe am 112017 in Kraft tritt

Kuumlnzle

132 133 Teil 2 Vertiefung

3 Anwendung der EuErbVO auf die Schweiz

31 Vorbehalt bilateraler Abkommen mit Drittstaaten

a) Waumlhrend Staatsvertraumlge unter den Mitgliedstaaten mit dem Inkrafttreten der EuErbva aufgehoben werden117 bleiben Staatsvertraumlge der Mitgliedstaaten mit Drittstaaten grundsaumltzlich bestehen und haben Vorrang gegenuumlber den Regeln der Erbrechtsverordnung (Art 75 Abs 1 EuErbVO)118 Das bedeutet dass die

119 vorne erwaumlhnten Staatsvertraumlge mit Italien Griechenland und Portugal vorshy

bleiben12o

In den Staatsvertraumlgen mit Italien 121 und Griechenland 122 wird das Heimatrecht auf Erbfaumllle angewendet Wenn in einem Erbfall weitere EU-Staaten (ohne Staatsvertrag) involviert sind kann dies zu Problemen fuumlhren naumlmlich der Anwendung unterschiedlichen Rechts in den einzelnen Staaten123 Fuumlr Deutschland bleiben (unter anderem) die Staatsvertraumlge mit dem Iran mit der ehemaligen Sowjetunion und mit der Tuumlrkei bestehen 124

besteht auch fuumlr Haager Form-Uumlbereinkommen 125

117 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 20

118 Vgl REMBERT SOSS Der Vorbehalt zugunsten bilateraler Abkommen mit Drittstaatcll in Die Europaumlische Erbrechtsverordnung hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014N14mwN

119 Vgl vorne FN 37 120 Vgl Suumlss (FN 118) N 12

121 Zu Einzelheiten vgl TI NA WUumlSTEMANNLARISSA MADOLDA MARTINEZ Der schweierischshyitalienische Erbfall successio 2011 66 ff BGE 138 III 354 Erw 3 BGer 4A_582011 Pra 2012 NI 130 = ZBGR 2014174 Der Staatsvertrag laumlsst eine Rechtswahl BGE 136 HI 461 Erw 52153 = 4A_4212009 ZBGR 2012111 Der Staatsvertrag laumlsst BGer 5C212003 vorn 22072003 Erw 2 Der Staatsvertrag regelt die Frage der weshalb Art 86 H IPRG anzuwenden BGE 120 II 293 Der Staatsvertrag regelt der Eroumlffnung nicht weshalb Art 86 H anzuwenden sind BGE 99 II 246 Erw Staatsvertrag regelt die der Eroumlffnung nicht weshalb die schweizerischen Kollisiollsnorshymcn anwendbar sind ZR Nr 76 Erw II Vorsorgliche Massnahmcn bezuumlglich Nachlassguumlshytern in der Schweiz eines in Italien verstorbenen Italieners

122 Vgl BGE 94 H 5 Elw 2 Heimatrecht ist anwendbar

123 Aumlhnlich wie in den von SUumlSS (FN 118) N 16 ff genannten Beispielen Eclegenheit in einem anshyderen Mitgliedstaat gewoumlhnlicher Aufenthalt in einern anderen Mitgliedstat

124 Vgl DUTTA (FN 105) IPRall 2015 39 ANDREAS KOumlHLER sect 4 Internationales Privatrecht in Internationales Erbrecht (EuErbVO IntErbRVG) hrsg v Walter Gier Andreas Koumlhler Ludwig Kroiszlig und Harald Wilsch Baden-Baden 2015 Anhang zu sect 4 Art 8 Niederlassungsabshykommen vom 17 Februar 1929 zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien (RGBI 1930 II 1002) Anlage zu Art 22 (Nachlassabkommen) sectsect 13-15 17 und 19 KOllsularvcrshytrag zwischen dem Deutschen Reich und der Union der Sozialistischen Sowjctrepubliken vom 12 Oktober 1925 (RGBl1926 II 60) Art 19-20 und 24-29 Konsularvertrag zwischen der Bunshydesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom 25 April 1958 (BGBI 1959 n 233 weiterhin anwendbar gemaumlszlig gemeinsamer Erklaumlrung vorn 25081994) Art 3 und Art 8 Niederlassungsabkommen vom 12Januar 1927 zwischen dem Deutschen Reich und der Tuumlrkischen Republik (RGBI II 76 454) Art 16 und 20 Anlage zu Art 20 (Nachshylassabkommen) Konsularvertrag vom 28 Mai 1929 zwischen dem Deutschen Reich und der Tuumlrkischen Republik (RGB 11930 II S 748)

125 Vgl vorne FN 70 SOSS (FN 118) N 14

Die EuErbVO und die Schweiz

32 Anwendung der ErbVO auf Drittstaaten

a) Die Schweiz gchoumlrt zu den Drittstaaten (als Nicht-EU-Mitglied) ebenso wie das Vereinigte Koumlnigreich (UK) Irland und Daumlnemark welche nicht an der Erbrechtsverordnung teilnehmen126

b) Die Erbrechtsverordnung gilt an sich nur fuumlr die Verordnungsstaaten sie beshytrifft aber auch Erbfaumllle mit Bezug zu Drittstaaten (wie der Schweiz) was als erga mones-Wirkung bezeichnet wird 127 Allerdings gelten nicht alle Regeln der EuErbVO im Verhaumlltnis zu den Drittstaaten128 was durchaus zu Konflikten

kann Ein Bezug zu Drittstaaten kommt etwa vor 129 (1) wenn Dritt shystaatsangehoumlrige ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt in einem Verordnungsstaat hashyben (2) wenn Verordnungsstaatsangehaumlrige ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat haben (3) wenn ein Erblasser mit letztem gewoumlhnlichem Auf-

in einem Verordnungsstaat Vermoumlgenswerte in einem Drittstaat hintershylaumlsst und (4) wenn ein Erblasser mit gewoumlhnlichem Aufenthalt in einem Dritt shystaat Nachlasswerte in einem Verordnungsstaat hinterlaumlsst

(1) Ein Schweizer stirbt in Hamburg (2) ein Italiener stirbt in Lugano nach Oumlsterreich gezogener Franzose mit einem Haus in St Moritz (3)

lebender Hollaumlnder mit einem Haus in Mallorca

Ende 2012 betrug der Anteil der auslaumlndischen Staatsangehoumlrigen in der Schweiz mehr als 23 wobei der uumlberwiegende Teil aus Laumlndern der EU stammte und Ende 2011 hielten sich 703200 Schweizerinnnen und Schweizer im Ausland auf davon drei Fuumlnftel in Europa 130 Es besteht also ein grosses Potential fuumlr laumlnshyderuumlbergreifende Erbfaumllle mit Bezug zur Schweiz und EU Ob man die EuErbshyVO auch auf reine Drittstaatsachverhalte anwenden soll (etwa wenn nur Erben sich in der EU aufhalten) ist umstritten131 wohl aber zu verneinen

c) Nach Art 20 EuErbVO wird das Erbstatut auch dann angewendet wenn es sich nicht um das Recht eines Mitgliedstaates handelt Erwaumlgungsgrund 37 Eushy

126 86 zur Diskussion uumlber die Stellung der nicht teilnehmcnden Staaten Jaumlncmark welche aufkam weil die Definition aus dcr ErbVO gekippt wurde vgl EVA

LEIN Die Erbrechtsverordnung aus Sicht dcr Drittstaatcl1 in Die Europaumlische Erbrechtsvershyordnung hrsg v Anatol Dutta und Scbastian Herrler Muumlnchen 2014 N 7 ff DUTTA (PN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 15

127 ANDREA EONOMIIAlAD OumlzruumlRK Auswirkungen der Europaumlischen Erbrechtwerordshynung auf die Schweiz unter besondercr Beruumlcksichtigung deutsch-schweizerischer Erbfaumllle ZVglRWiss 2015 5

128 Vgl ANDREA BONOMI Le rcglcmcnt europccn sur les successions et SOll impact pour la Suisse SJ 2014 II 397 ff BONOMIIOZTUumllK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 5

129 Vgl NICOLE WILLlMANNGEORGIA FOTIOU Die Europaumlische Erbrechtsverordnung aus Sicht der Schweiz STH 2015 S 337 NIKITA GONTSCHAR EU Erbrechtsverordnung und schweizerishysches IPRG Norderstedt 2011 S 12 LEIN (FN 126) N 16

130 Vgl MICHELlE KALTMATIHIAS UHL Die EU-Erbrcchtsvcrordnung und die Schweiz in Eushyropaumlisierung der schweizerischen Rechtsordnung hrsg v Lukas Fahrlaumlnder und Reto A Heizshymann Zuumlrich 2013 S 106 Ende 2012 betrug die Wohnbevoumllkerung 8036917 Einwohner dashyvon hatten 1868962 Einwohner die auslaumlndische StaaQlangehoumlrigkeit

131 Vgl KALTUHl (FN 130) S 110 f r Kuumlnzle

~ Kuumlnzlel

I

135 134 T eil 2 Vertiefung

ErbVO ergaumlnzt dass das ganze Nachlassvermoumlgen dem Erbstatut (Aufenthaltsshyrecht nach Art 21 EuErbVO bzw Heimatrecht nach Art 22 EuErbVO) unter-

auch wenn es in einem Drittstaat gelegen ist132

d) Verweisungen auf das Recht eines Drittstaates sind nach Art 34 EuErbVO grundsaumltzlich als Gesamtverweisung zu verstehen Damit wird eine Ruumlck- oder Weiterverweisung (Renvoi) auf das Recht eines Mitgliedstaates (lit a) und auf das Recht eines (anderen) Drittstaates ermoumlglicht welcher die Verweisung anshynimmt 133 Es fragt sich weshalb der Renvoi in der Erbrechtsverordnung zugeshylassen wird obwohl dies im europaumlischen KoIlisionsrecht sonst nicht der Fall ist Die Antwort duumlrfte darin zu suchen sein dass im Erbrecht haumlufig das Vermoumlgen in verschiedenen Laumlndern liegt und der Renvoi versucht zu einer moumlglichst ein-

Loumlsung zu kommen134

33 Zustaumlndigkeit

a) Grundregel Waumlhrend das IPRG auf den Wohnsitz abstellt l35 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 136 Diese beiden Kriterien sind haumlushy

aber nicht immer deckungsgleich 137 Unterschiede entstehen vor allem des-weil beim Wohnsitz staumlrker auf subjektive Kriterien abgestellt wird waumlhshy

rend beim gewoumlhnlichen Aufenthalt die objektiven Kriterien im Vordergrund stehen 138 Erfreulich ist dass die Sonderanknuumlpfung fuumlr Immobilien etwa in Frankreich kuumlnftig dahinfaumlllt ~

b) Waumlhrend Erblasser nach dem IPRG seine Zustaumlndigkeit (in begrenztem Umfang) waumlhlen kann140 ist dies nach der EuErbVO nicht der Fall141 was ein gewisses Konfliktpotential darsteIlt 142 Die Wahl des Gerichtsstands ist nach Art 5 Abs 1 EuErbVO den betroffenen Parteien vorbehalten wobei nicht restlos klar ist was damit gemeint Die Erklaumlrung des Erblassers uumlber den

132 VgJ LErN (FN 126) N 17 133 VgJ DurrA (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 H 134 Vgl MICHAEL HELLNER Probleme des allgemeinen Teils des Internationalen

Die Europaumlische Erbrechtsverordnung v Anatal Dutta lind Sebastian Herrler 2014 N 12

135 Vgl vorne 111 b) (1) 136 Vgl vorne 211 b) 137 Vgl BONOMIIOumlZTUumlRK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 13 zu einem Vergleich der beiden Begriffe

vgl KALTUHL (FN 130) S 120 f 138 Vgl WmssBrGLER (FN 92) suceessio 2014 184 ff (mit einer Tabelle der moumlglichen FaumlHe im

Verhaumlltnis Schweiz-Deutschland) 139 Vgl IVOSCHWANDER Die EU-Erbrechtsverordnung A]P 20141090 140 Vgl vorne 111 b) (2) 141 Vgl vorne 212

142 Vgl szligENNOIT CHAPPurs]ULlEN PERRIN Le Reglement (UE) No 6502012 du Parlement eushyropeen er du Conseil du 4 juillet 2012 relatif ala compctence la loi applicable la reconnaissance et lexecution des decisions et lacceptation et lexecution des actes authentiques en matiere de successions et ala cnlation dun certificat successoral curopcen NotIex2014 33

143 Vgl DU1TA (FN 85) Art 5 EuErbVO N 6 ff

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

gewoumlhnlichen Aufenthalt in seinem Testament ist aus der Sicht der EuErbVO ein Ausgangspunkt aber nicht das Endergebnis Nicht selten wird uumlbersehen dass mit einer Veraumlnderung der Zustaumlndigkeit auch die Anwendung einer andeshyren Erbschaftssteuer verbunden sein kann

c) Die Ausnahmeregel von Art 10 ErbVOl44 laumlsst aus der Sicht eines Dritt shystaates (wie der Schweiz) die Befuumlrchtung aufkommen dass es sich um einen exshyorbitanten Gerichtsstand handelt145 der neue Konflikte schafft und zu einem forum running fuumlhrt 146 Das sollen zwei Faumllle zeigen

Fall 1 Ein Schweizer in der Schweiz mit einem Haus in Deutschland und einem Bankkonto in Oumlsterreich stirbt Das ist ein Fall von Art 10 Abs 2 EuErbVO (Vermoumlgen in der EU) Deutschland ist fuumlr das Haus zustaumlndig was mit Art 86 Abs2 IPRG uumlbereinstimmt ein deutsches Urteil wird nach Art 96 Abs 1 lit b IPRG anerkannt Oumlsterreich ist fuumlr das Bankkonto zustaumlndig was Art 86 Abs 1 IPRG widerspricht ein oumlsterreichisches Urteil wird in der Schweiz nach Art 96 rPRG nicht anerkannt die Schweiz ist fuumlr den restlichen Nachlass zustaumlndig was mit Art 86 Abs 1 IPRG vereinbar ist

Fall 2 Ein Schweizer in England der bis vor 4 Jahren in Deutschland lebte mit einem Haus in Frankreich und einem Konto in der Schweiz errichtet eine letztshywillige Verfuumlgung mit der Wahl des Heimatrechts (eH) Das ist ein Fall von Art 10 Abs 1 lit b (Aufenthalt vor weniger als 5 Jahren) Deutschland ist fuumlr den gesamten Nachlass zustaumlndig was Art 87 Abs2 IPRG widerspricht ein deutsches Urteil wird nach Art 96 IPRG nicht anerkannt die deutsche Zustaumlnshydigkeit widerspricht auch der Sicht des englischen Rechts UK ist fuumlr ches Vermoumlgen zustaumlndig und uumlberlaumlsst Frankreich die Zustaumlndigkeit Grundstuumlcke die Schweiz anerkennt UK-Urteile nach Art 96 IPRG

Es waumlre zu begruumlssen wenn die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO zuruumlckshyhaltend verwendet wird Denkbar waumlre dass der Gesetzgeber eine konkrete Schranke einbauen wuumlrde (zB mindestens 10 des Nachlasses )147 Teilweise

144 vorne 211 cl

_

__

145 ~E (FN 100) RIW 2012 604 verhindert die Anll11uumlpfung am fruumlheren gewoumlhnlichen diese Zustaumlndigkeit vom Stigma eines exorbitanten Gerichtsstands

146 DORMANN Das schwei7-crische internationale Privatrecht lind die europaumlische Erb-rlaquo~h-Mlm im Vergleich in Die EU-Erbrechtsverordnung NI 6502012 und deren Ausshy

lerse Laumlnder hrsg v der Europaumlischen Anwaltsvcreinigullg cV (DACH) Zuumlrich 2014 S 86 Ivo SCIIWANDER Die Behandlung internationaler Erbfaumllle mit Hinweisen fuumlr die internationale Nachlassplanung in Nachlassplanung und Nachlassteilung hrse v Schmid Zuumlrich 2014 S493 CHAIPUISPERRIN (FN 142) Notex 2014 30 (FN 130) S 110 f BONOMI (FN 128) SJ 2014 Ir 417 ff

147 WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014 170 bemerken zu kriterien wenig hilfreich sind MrCHELLE KALTUr-lL (FN Nachlassvermoumlgen von einilcl11 Gewicht vorlieeen muumlsse

Kuumlnzle

137 136 Teil 2 Vertiefung

schafft Art 10 EuErbVO auch Konflikte mit dem bestehenden Recht der Mitshygliedstaaten wie das Beispiel von Oumlsterreich (sect 150 AuszligStrG) zeigt 148

Wenn ein Erblasser vermeiden will dass Art 10 EuErbVO zur Anwendung kommt muss er zufaumlllige und unnoumltige zustaumlndigkeitsbegruumlndende Beruumlhshyrungspunkte zu einem Mitgliedstaat zu Lebzeiten beseitigen149 sprich sein Vermoumlgen aus dem Mitgliedstaat abziehen

d) Fuumlr den Fall dass ein Verfahren in einem Drittstaat unmoumlglich oder unzushymutbar wird schafft Art 11 EuErbVO eine Notzustaumlndigkeit 15o Verlangt wird ein ausreichender Bezug zum Mitgliedstaat Gedacht ist etwa an den Fall des Stillstands der Rechtspflege dann soll das Verfahren nach Art 10 Abs2 EushyErbVO auf das Ausland ausgedehnt werdenlS1

e) Fuumlr den Fall dass Entscheidungen von Mitgliedstaaten in einem Drittstaat keine Aussicht auf Anerkennung oder Vollstreckung haben kann das Verfahren im Mitgliedstaat auf den europaumlischen Nachlass beschraumlnkt werden (Art 12 EuErbVO) In diesem Zusammenhang ist Liechtenstein zu erwaumlhnen152 welshyches nur mit der Schweiz153 und Oumlsterreich154 Vollstreckungsabkommen abgeshyschlossen hat (ersteres regelt die Zustaumlndigkeit nicht umfassend155 und letzteres

auf Erb- und Verlassenschaftssachen keine Anwendung Art 1 Abs3 Ziff 3)156 weshalb fuumlr die meisten Staaten eine Vollstreckung ausgeschlossen

bzw nur das Rechtsoumlffnungsverfahren (Art 49 ff RSO) bleibt welches zu einer Aberkennungsklage und damit einer inhaltlichen Pruumlfung in Liechtenstein fuumlhrt ISS

148 VgL ENA-MARLISBAJONS Zustaumlndigkeit und anwcndbares Recht in Erbsachenin Europaumlische Erbrechtsverordnung v Martin Schauer und Elisabcth Scheuba Wicn2012 S 40 149 WEISSIBIGLER (FN 92) successio 2014 178 150 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 12 151 VgL DUTTA (FN 85) Art 11 EuErbVO N 1

152 Vgl dazu HANS RAINER KUumlNZLE Vermoumlgensschutz mit liechtensteinischen Strukturell aus schweizerischer Sicht in Handbuch des Vermaumlgensschutzes hrsg v Francesco Schurr Wien2015 N 92 ff

153 Vg1 Abkommen vom 25 Aplil1968 zwischen dem Fuumlrstentum Liechtellstein und der Schweizeshyrischen Eidgenossenschaft uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entshyscheidungen und Schiedsspruumlchen in Zivilsachen (LR 027691011 I SR 0276141)

154 Ygl Abkommen vom 5]uli 1973 zwischen dem Fuumlrstentum Licchtenstein und der Osterreich uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen EntseheidungcSchiedsspruumlchen Vergleichen und oumlffentlichen Urkunden (LR 027691021)

155 Vgl MARIO FRICK Asset Protection und Zivilprozess L1Z 33 (2012) 1322156 Vgl BERNHARD MOTAL Durchsetzung von Pflichtteilsanspruumlchen gegen eil

Stiftung ]EV 2013 53 MARIO FRICK Die Anerkennung und Vollstreckung auslaumlndischer Entshyscheidungen in Zivilsachen im Fuumlrstentum Liechtenstein St Gallen 1992 S 66

157 Vgl etwa OG 7 Rouml 20023 vom 220820021us amp News 200371 Ein auslaumlndisches Urteil (LGFreiburg iBr) ist mangels Staatsvertrag bzw gegenseitiger Anerkennung nicht vollstreckbar

158 VgL MARIO FRICK Sind auslaumlndische Urteile taugliche Urkunden fuumlr eine Rechtsaumlffnung in Liechtenstein Anmerkungen zum Beschluss des liechtensteinischen Obergcrichts vom22082002 zu 7Rouml 20022]us amp News 2003710 f

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

34 Anwendbares Recht

a) Waumlhrend das IPRG grundsaumltzlich auf den Wohnsitz abstellt 159 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 160 Diese beiden Kriterien sind haumlushyfig aber nicht immer deckungsgleich 161 Damit duumlrften die meisten bestehenden Konfliktfaumllle welche auf die Anwendung des Staatsangehaumlrigkeitsrechts zushyruumlckgehen verschwinden 162 Es macht durchaus Sinn dass der Erblasser seine tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse in der letztwilligen Verfuumlgung festhaumllt (confessio iushyris)163 Von einer Rechtswahl durch Verschiebung des gewoumlhnlichen Aufentshyhaltsorts ist aufgrund der damit verbundenen Rechtsunsicherheit abzurashyten164 Die Anwendung der EuErbVO in der Schweiz und damit die Auslegung von Art 91 Abs 1 IPRG wird noch einiger Priizisierungen beduumlrfen 165 Ein geshywisses Konfliktpotentialliegt darin dass es in der Schweiz neben dem Erbstatut auch noch ein EroumlffnungsstatutiMgt gibt 167

b) Nach dem IPRG kann der Erblasser sein Heimatrecht im Zeitpunkt des Toshydes waumlhlen168 nach der EuErbVO kann der Erblasser sein Staatsangehoumlrigkeitsshyrecht im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes waumlhlen 169 Auch hier beshysteht weitgehende (aber nicht vollstaumlndige) Uumlbereinstimmung Die Wahl des Heimatrechts kann aus schweizerischer Sicht zu einer Verlagerung der Zustaumlnshydigkeit in die Schweiz fuumlhren (Art 87 Abs 2 IPRG) und damit moumlglicherweise

nach kantonalem Recht) zu einer Anwendung der Erbschaftssteuer in der 170 Wenn beim Erblasser Anknuumlpfungspunkte mit mehreren Laumlndern

bestehen sollte er sich in der letztwilligen Verfuumlgung zum anwendbaren Recht aumlussern selbst dann wenn er kein Recht waumlhlen moumlchte i71 Seitens der EU wird bedauert dass nicht auch noch das Recht des gewoumlhnlichen Aufenthaltsorts im Zeitpunkt der Testamentselrichtung lind das Guumlterstatut gewaumlhlt werden

159 160 161 162

163 164

165

166 167 139) AJP 20141098 168 169 170 Vgl WElSSB1GLER (FN 92) successio 2014 178 zu einem Formulierungsbeispiel vgJ JUTTA

MUumlLLER-LuKOSCHECK Die neue EU-Erbrechtsverordnung Essen 2013 sect 4 N 26 171 VgJ WEISsBJGLER (FN 92) succcssio 2014 177 f

Kuumlnzle

vorne 12 I a) vorne 221 b)BONOMrlOumlZTORK (FN 127) ZVglRWiss 201523 f DORMANN (FN 146) S 84 PllIlIlPE FRESARll Lc nouvcau Rcglcrnem CUlopccn de sllccession

N 40 ff ALEXANDER PFEIFFER Andenmgcn des Erbstatuts dur aus schweizerischer Sicht successio 2010 320 L dennoch kann ein

ganz ausgeschlossen werden vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 20141098 Zu V~1 WmssBIGlERMltglicdstaat Art Vgl SClIWANDER _ auf Erblasser lnit lItthU~Ptjlt1l~hrgttmiddot

91 Abs 1 IPRG gleichermassenStaatsangehoumlrigkeit anwendshy

bar ist) VgJ vorne 122 VgJ SCHWANDER Vgl vorne 121 Vgl vornc 222

139 138 Teil 2 Vertiefung

kann 172 Aus schweizerischer Sicht sind wir froh daruumlber weil zusaumltzliche Wahlmaumlglichkeiten weitere Konflikte schaffen wuumlrde

c) Die ErbVO regelt nicht wie das anzuwendende Fremdrecht festzustellen ist und welches Recht angewendet wird wenn es nicht feststellbar isc173 In Deutschland ist auslaumlndisches Recht von Amtes wegen festzustellen die Parteien haben das Gericht zu unterstuumltzen und es koumlnnen Sachverstaumlndige beigezogen

174werden Schwer feststellbares Recht kann ev uumlber das Mutterrecht erschlosshysen werden (2GB BGB ce common law) ansonsten gilt die lex fori

d) Ein Konfliktpotential besteht bei Doppe1buumlrgern 175 Diese sind in der Schweiz von einer Wahl des Heimatrechts ausgeschlossen 176 waumlhrend Mehrshystaatler in der EU das Recht waumlhlen duumlrfen dem sie zur Zeit der Rechtswahl oder im Zeitpunkt des Todes angehoumlren (Art 22 Abs 1 Satz 2 EuErbVO)177

e) Eine Ruumlck- und Weiterverweisung (Renvoi) wird im schweizerischen Recht nur in den vom Gesetz vorgesehenen Faumlllen zugelassen (etwa Art 91 Absl IPRG)178 in der Erbrechtsverordnung dagegen in breiterem Umfang (Art 34 EuErbVO)Y9 Letzterer kommt vor allem dann vor wenn ein Drittstaatsrecht ~ eine andere Hauptanknuumlpfung (als den letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers) verwendet zum Beispiel das Staatsangehoumlrigkeitsprinzip180 Weil dies bei der Schweiz nicht der Fall ist181 duumlrfte dieser Unterschied kaum zu Problemen fuumlhren 18z

f) Eine Rechtswahl kann dazu fuumlhren dass Erb- und Guumlterrecht auseinanderfalshy[en Die Rechtsnatur des pauschalen Zugewinnanteils des uumlberlebenden Ehegatshyten von 11 (Art 1371 Abs 1 BGB) ist umstritten weil ein Anspruch basierend auf Guumlterrecht im Erbrecht abgegolten wird 183 Dieser Fall zeigt dass neben

172 Vgl WILKE (FN 100) RIW 2012606

173 Vgl KINGA M WEISSMANUEL BIGLER Wohnsitz oder gewoumlhnlicher Aufenthalt _ Die Anshywendungsprobleme der europaumlischen Erbrechtsverordnung im Rechtsverkehr mit der Schweiz Deutscher Anwaltsspiegel Spezial Maumlrz 2013 S 28 KALTUHL (FN 130) S 121 f

174 Vgl WALTER ERMANNHARM PETER WESTERMANN BGB 13 A) Koumlln 2011 Einl Art 3-47N 59 ff

17S VgJ SCI-WANDER (FN 139) AJP 20141096 BALZ HOumlSLYSTEFANIE DEBRUNNER Rechtswahl schweizerisch-deutscher Doppelbuumlrger bei der Nachlassplanul]g untermiddot Beruumlcksichtigung ~er EU-Erbrechtsverordnung Anwalts revue 2013 276 BONOMrOZTuumlRK (FN 127) ZVgIRWlss 201524 f

176 Vgl vorne 121 b) 177 Vgl vorne 222 178 Vgl vorne 121 g) 179 VgJ vorne 32 d) 180 Vgl DU11A (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 181 Vgl vorne 121 a) Wohnsitz als Anknuumlpfugskriterium182

Vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 2014 1096 welcher darauf hinweist dass heikle RenvoishyProbleme mit Frankreich Schweden und Deutschland kuumlnftig entfallen

183 Vgl HEINRICH DOumlRNER Die Abgrenzung des Erbstatllts vom Guumltcrstatut in Die Europaumlisc~e Erbrechtsverordnllng hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 NIl ff dIe hM geht Yon einer guumlterrechtlichen Qualifikation aus vgl etwa BGH FamRZ 2012 1871

Kuumlnzte

Die EuErbVO und die Schweiz

dem Erbrecht auch das Guumlterrecht der Ehegatten in der EU koordiniert werden sollte Ein Schritt in diese Richtung ist der Vorschlag KOM (2011])1262 184

35 Erbvertraumlge

a) Die Erbrechtsverordnung aumlndert nichts an der Beurteilung (Zulaumlssigkeit) von Erbvertraumlgen in den einzelnen Laumlndern Deshalb ist je nach Ziel[and sorgfaumlltig abzuklaumlren ob Erbvertraumlge (zwischen Ehegatten oder zwischen beliebigen Ershyben) zulaumlssig sind

Wenn deutsche Staatsangehoumlrige in die Schweiz kommen ist ihnen zu empshyallfaumlllige gemeinschaftliche Testamente (welche im schweizerischen

Recht nicht bekannt sind) durch einen Erbvertrag zu ersetzen IS5

36 Testamentsvollstrecker

a) In der Schweiz hat der Gesetzgeber die Anwendung des Eroumlffnungsstatuts vorgesehen (Art 92 Abs 2 IPRG) die Lehre wendet aber hauptsaumlchlich das Erbshystatut an 186 In der EU wendet man auf den Testamentsvollstrecker grundsaumltzshylich das Erbstatut an (Art 23 Abs 2 [ie f EuErbVO) laumlsst aus zwingenden Gruumlnden aber auch das Eraumlffnungsstatut zu (Art 29 Abs 1 EuErbVO)187 wohl der umgekehrte Weg gewaumlhlt wurde sollten diese beiden Loumlsungen ziemshy

(aber nicht vollstaumlndig) kompatibel sein

b) Die fuumlr den executor gedachte Ausnahme kann auch vom schweizerischen Recht in Anspruch genommen werden Das hat etwa zur Fo[ge dass die zwinshygend vorgesehene Aufsicht 188 fuumlr einen von einer schweizerischen Behoumlrde (nach deutschem Recht) eingesetzten Testamentsvollstrecker sich nach schweishyzerischem Recht richtet und die Aufsichtsbehoumlrde somit (im Gegensatz zu Deutsch[and wo es nur die Absetzung gibt [sect 2227 BGB]) Empfehlungen Weishysungen und andere sachdienliche Massnahmen anordnen kann 18

37 Nachlasszeugnisse

a) Es ist davon auszugehen dass die schweizerische Behoumlrden (Grundbuch)190 und Gerichte sowie Private (Banken und Versicherungen) das Europaumlische

184 Wesentliche Inhalte Zllstaumlndi~kcit des Nachlassgerichts (Art 3) Rechtswahl (Art 16 gemcinmiddot samer gew~hnlicher u~ent~a t gewoumlhnlicher Aufcnthal~ ~ines Ehegatten bei der Eheschliesshysung oder Staatsrtngehongkelt Cll1es Ehegatten) oder WSldlar (Art 17) erster gememsamer geshywoumlhnlicher Aufenthalt bzw gemeinsame Staatsangehoumlrigkeit bzw engste Verbundenheit

185 Vgl ODERSKY (FN 102) notar 20138 186 Vgl vorne 122 b) 187 Vgl vorne 224 188 Vgl VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 515 189 VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 536 ff 190 Das Europaumlische Nachlasszeugnis ist inhaltlich und funktionell gleichwertig wie die Erbbescheishy

nigung nach Art559 ZGB llnd deshalb auch im Grulldbuchverkehr zu akzeptieren vgl WEIsslBrGLER (FN 92) sllccessio 2014 193

Kuumlnzte

141 140

Teil 2 Vertiefung

Nachlasszeugnis191 ohne weiteres anerkennen werdenl92 auch wenn der Gutshyglaubensschutz (Art 69 Abs2 EuErbVO) schwaumlcher ausgestaltet ist als beim deutschen Erbschien193 Aus Gruumlnden des Verkehrsschutzes wird man dem Europaumlischen Nachlasszeugnis in der Schweiz houmlchstens die Wirkungen zuershykennen koumlnnen die eine Bescheinigung nach Art 559 Abs 1 ZGB haumlttel94 Zu

kann es kommen wenn ein Mitgliedstaat die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO begruumlndet oder in der Schweiz zuerst ein Erbschaftsverfahren eingeleitet wurde 195 Neben dem Europaumlischen Nachlasszeugnis bleiben die nashytionalen Erbfolgezeugnisse bestehen196 welche teilweise (weiterhin) einem Vollshystreckungsverfahren (Exequaturverfahren Art 25 ff IPRG) unterworfen sind 197

b) Beim umgekehrten Weg (Anerkennung der schweizerischen Erbbescheinishygung im Ausland) erwarte ich zusaumltzliche Hindernisse weil die sehr detaillierte Regelung des Europaumlischen Nachlasszeugnisses (Art 68 EuErbVO) dazu wird dass die (aufgrund kantonaler Gesetzgebung) sehr uneinheitlichen und teilweise nur mit rudimentaumlren Angaben versehenen schweizerischen Erbbeshyscheinigungen (ohne Ehevertrag ohne Nachlasswerte ohne Erbquote) je

191 Vg1 vorne 37 192

Ebenso CA1HERINE GRUN MEYERrrHOMAS SPRECHER Aspekte der neuen EU-Erbrecbtsshyverordnung und ihres Bezugs Zur Scbweiz ZBGR 2015156 WErssBIGLER (FN 92) successio 2014192 BONOMI (FN 128) S] 2014 II 399 f

193 Vgl dazu KNUTWERNER LANGE Das Europaumliscbe Nachlasszeugnis Die Europaumlische Erbshyrechtsverordnung brsg v Anatol Dutta und Sebastian 2014 N 26 anders als im deutschen Recht schadet grobe Fahrlaumlssigkeit

194 SCHWANDER (FN 139) A]P 20141103 195

Vgl WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014192 SCHWANDER (FN 139) A]P 2014 1103 196

VglCHRISTOPH DORSEL Europiiische Ebrechts~erordnllng und Europaumlisches Nac~lasseu~shyms m Erbfalle unter Geltung der EUlOpiJschen Erbrechtsverordnung hrsg v Martm Lohmg ua Bielefdd 2014 S 51 fE

197 Zur Wirkung innerhalb der EU vgl DU1TA (FN 105) IPRax 2015 38 Wirkung als nach Art 3 Absl lit g EuErbVO fuumlr Erbausweise nach kontradiktorischem Verfahren Wirkung nach Art 59 EuErbVO fuumlr Erbausweise in Form einer oumlffentlichen Urkunde

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

je weniger akzeptiert werden198 Dabei allerdings Deutschland welches ausshylaumlndische Erbfolgezugenisse schon heute durchwegs ablehnt 199 nicht als Reshyferenz verwendet werden 2OO

38 Zwingende Bestimmungen

Wie vorne201 dargestellt wendet die Schweiz die Bestimmungen des baumluerli shychen Bodenrechts (BGBB) und uumlber den Grundstuumlckerwerb durch Personen im Ausland (BewG) als zwingende Bestimmungen an Ob diese Regeln auch Erbfaumlllen mit EU-Bezug zur Anwendung kommen haumlngt davon ab ob Art 30 EuErbVO auch auf Drittstaaten zur Anwendung kommt202 was zu ist20)

39 Weitere Bereiche der Erbschaftsplanung

Schliesslich ist daran zu erinnern zur umfassenden Erbschaftsplanullg auch das Eheguumlterrecht gehoumlrt und immer mehr auch Verfuumlgungen unter Lebenden ershyfasst (insbesondere im Rahmen der Unternehmensnachfolge) sowie (weiterhin) Strukturierungen mit Gesellschaften Stiftungen und Trusts Alle diese Bereishyche werden von der EuErbVO nicht erfasst204 und werden somit weiter von den nationalen Kollisionsregeln beherrscht205 Es bleibt somit noch viel Raum fuumlr weitere Harmonisierung

198 (39) AJP 20141103 weist auf den houmlheren Oualitiitsstandard in der EU hin schweizerische Recbt (Art 559 ZGB) zu

199 Vgl ULRrCH HAAS Internationales Verfahrensrecht in Erbsachen in Erbrecht in Ellropa hrsg v Rembert Suumlss 2 A Angclbachtal 2008 N 54 Begruumlndet wird dies damit dass einem dem deutschen Erbschein nachgebildeten auslaumlndischen Erbnachweis keine prozessrcchtli Wirkungen insbesondere keine Rechtskraft- oder GestaltungswirklIng zukommt anders schieden hat das LG Muumlnchen 28 0 243110 bei einem tuumlrkischen Erbschein was von

Auslaumlndischer Erbschein fuumlr Nachlass in Delllschland IPRax 2013241 H) aber tuumlrkischer Erbschein die Person an die man leisten kann nicht ohne

200 Allerdings ist die Anerkennung von nationalen crDlolgezcugmsscn ganz noch nicht sehr gekommen vgl PETER BREITSCHMIDCHRISTELLE HAAS Impacts tur reglelTIcnt europeen en matierc de successions sur le droit suisse in Succcssions internationashyles hrsg v Andrea BonomiChristina Schmid GencvelZurichBRle 2010 S 134 mit Verweis auf einen Bericht des Max-Planck-Instituts vom 26032010

201 Vgl vorne 112 202 Vgl KALTUHL (FN 124) S [JO f 203 VgL DurrA (FN 85) Art 30 EuErbVO N 7 204 Vgl STEPHANIE HERZOG Die EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) ErbR 2013 4

TANZE FISCHER-CZERMAK Anwendungsbereich in Europaumlische Elbrechtsverordnung nrs v Martin Schauer und Elisabeth Scheuba Wien 2012 S 25 H MUumlLLER-LuKOSCHEK (FN sect 2 N 47 ff

205 VgJ etwa ALEXANDER PFE1FFER Nachlassplanung deutsch-schweizerischer (Diss Leipzig) Regensburg 2011 S 259 ff

Kuumlnzle

Page 11: Tagungsband 8. Deutscher Testamentsvollstreckertag · 2015. 12. 7. · 28.06.2010 Erw. 3.1: Frankreich befasst sich nicht mit ausländischen Liegenschaften _ ein Gut 21 Vgl. Art.

132 133 Teil 2 Vertiefung

3 Anwendung der EuErbVO auf die Schweiz

31 Vorbehalt bilateraler Abkommen mit Drittstaaten

a) Waumlhrend Staatsvertraumlge unter den Mitgliedstaaten mit dem Inkrafttreten der EuErbva aufgehoben werden117 bleiben Staatsvertraumlge der Mitgliedstaaten mit Drittstaaten grundsaumltzlich bestehen und haben Vorrang gegenuumlber den Regeln der Erbrechtsverordnung (Art 75 Abs 1 EuErbVO)118 Das bedeutet dass die

119 vorne erwaumlhnten Staatsvertraumlge mit Italien Griechenland und Portugal vorshy

bleiben12o

In den Staatsvertraumlgen mit Italien 121 und Griechenland 122 wird das Heimatrecht auf Erbfaumllle angewendet Wenn in einem Erbfall weitere EU-Staaten (ohne Staatsvertrag) involviert sind kann dies zu Problemen fuumlhren naumlmlich der Anwendung unterschiedlichen Rechts in den einzelnen Staaten123 Fuumlr Deutschland bleiben (unter anderem) die Staatsvertraumlge mit dem Iran mit der ehemaligen Sowjetunion und mit der Tuumlrkei bestehen 124

besteht auch fuumlr Haager Form-Uumlbereinkommen 125

117 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 20

118 Vgl REMBERT SOSS Der Vorbehalt zugunsten bilateraler Abkommen mit Drittstaatcll in Die Europaumlische Erbrechtsverordnung hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014N14mwN

119 Vgl vorne FN 37 120 Vgl Suumlss (FN 118) N 12

121 Zu Einzelheiten vgl TI NA WUumlSTEMANNLARISSA MADOLDA MARTINEZ Der schweierischshyitalienische Erbfall successio 2011 66 ff BGE 138 III 354 Erw 3 BGer 4A_582011 Pra 2012 NI 130 = ZBGR 2014174 Der Staatsvertrag laumlsst eine Rechtswahl BGE 136 HI 461 Erw 52153 = 4A_4212009 ZBGR 2012111 Der Staatsvertrag laumlsst BGer 5C212003 vorn 22072003 Erw 2 Der Staatsvertrag regelt die Frage der weshalb Art 86 H IPRG anzuwenden BGE 120 II 293 Der Staatsvertrag regelt der Eroumlffnung nicht weshalb Art 86 H anzuwenden sind BGE 99 II 246 Erw Staatsvertrag regelt die der Eroumlffnung nicht weshalb die schweizerischen Kollisiollsnorshymcn anwendbar sind ZR Nr 76 Erw II Vorsorgliche Massnahmcn bezuumlglich Nachlassguumlshytern in der Schweiz eines in Italien verstorbenen Italieners

122 Vgl BGE 94 H 5 Elw 2 Heimatrecht ist anwendbar

123 Aumlhnlich wie in den von SUumlSS (FN 118) N 16 ff genannten Beispielen Eclegenheit in einem anshyderen Mitgliedstaat gewoumlhnlicher Aufenthalt in einern anderen Mitgliedstat

124 Vgl DUTTA (FN 105) IPRall 2015 39 ANDREAS KOumlHLER sect 4 Internationales Privatrecht in Internationales Erbrecht (EuErbVO IntErbRVG) hrsg v Walter Gier Andreas Koumlhler Ludwig Kroiszlig und Harald Wilsch Baden-Baden 2015 Anhang zu sect 4 Art 8 Niederlassungsabshykommen vom 17 Februar 1929 zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien (RGBI 1930 II 1002) Anlage zu Art 22 (Nachlassabkommen) sectsect 13-15 17 und 19 KOllsularvcrshytrag zwischen dem Deutschen Reich und der Union der Sozialistischen Sowjctrepubliken vom 12 Oktober 1925 (RGBl1926 II 60) Art 19-20 und 24-29 Konsularvertrag zwischen der Bunshydesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom 25 April 1958 (BGBI 1959 n 233 weiterhin anwendbar gemaumlszlig gemeinsamer Erklaumlrung vorn 25081994) Art 3 und Art 8 Niederlassungsabkommen vom 12Januar 1927 zwischen dem Deutschen Reich und der Tuumlrkischen Republik (RGBI II 76 454) Art 16 und 20 Anlage zu Art 20 (Nachshylassabkommen) Konsularvertrag vom 28 Mai 1929 zwischen dem Deutschen Reich und der Tuumlrkischen Republik (RGB 11930 II S 748)

125 Vgl vorne FN 70 SOSS (FN 118) N 14

Die EuErbVO und die Schweiz

32 Anwendung der ErbVO auf Drittstaaten

a) Die Schweiz gchoumlrt zu den Drittstaaten (als Nicht-EU-Mitglied) ebenso wie das Vereinigte Koumlnigreich (UK) Irland und Daumlnemark welche nicht an der Erbrechtsverordnung teilnehmen126

b) Die Erbrechtsverordnung gilt an sich nur fuumlr die Verordnungsstaaten sie beshytrifft aber auch Erbfaumllle mit Bezug zu Drittstaaten (wie der Schweiz) was als erga mones-Wirkung bezeichnet wird 127 Allerdings gelten nicht alle Regeln der EuErbVO im Verhaumlltnis zu den Drittstaaten128 was durchaus zu Konflikten

kann Ein Bezug zu Drittstaaten kommt etwa vor 129 (1) wenn Dritt shystaatsangehoumlrige ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt in einem Verordnungsstaat hashyben (2) wenn Verordnungsstaatsangehaumlrige ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat haben (3) wenn ein Erblasser mit letztem gewoumlhnlichem Auf-

in einem Verordnungsstaat Vermoumlgenswerte in einem Drittstaat hintershylaumlsst und (4) wenn ein Erblasser mit gewoumlhnlichem Aufenthalt in einem Dritt shystaat Nachlasswerte in einem Verordnungsstaat hinterlaumlsst

(1) Ein Schweizer stirbt in Hamburg (2) ein Italiener stirbt in Lugano nach Oumlsterreich gezogener Franzose mit einem Haus in St Moritz (3)

lebender Hollaumlnder mit einem Haus in Mallorca

Ende 2012 betrug der Anteil der auslaumlndischen Staatsangehoumlrigen in der Schweiz mehr als 23 wobei der uumlberwiegende Teil aus Laumlndern der EU stammte und Ende 2011 hielten sich 703200 Schweizerinnnen und Schweizer im Ausland auf davon drei Fuumlnftel in Europa 130 Es besteht also ein grosses Potential fuumlr laumlnshyderuumlbergreifende Erbfaumllle mit Bezug zur Schweiz und EU Ob man die EuErbshyVO auch auf reine Drittstaatsachverhalte anwenden soll (etwa wenn nur Erben sich in der EU aufhalten) ist umstritten131 wohl aber zu verneinen

c) Nach Art 20 EuErbVO wird das Erbstatut auch dann angewendet wenn es sich nicht um das Recht eines Mitgliedstaates handelt Erwaumlgungsgrund 37 Eushy

126 86 zur Diskussion uumlber die Stellung der nicht teilnehmcnden Staaten Jaumlncmark welche aufkam weil die Definition aus dcr ErbVO gekippt wurde vgl EVA

LEIN Die Erbrechtsverordnung aus Sicht dcr Drittstaatcl1 in Die Europaumlische Erbrechtsvershyordnung hrsg v Anatol Dutta und Scbastian Herrler Muumlnchen 2014 N 7 ff DUTTA (PN 85) Vor Art 1 EuErbVO N 15

127 ANDREA EONOMIIAlAD OumlzruumlRK Auswirkungen der Europaumlischen Erbrechtwerordshynung auf die Schweiz unter besondercr Beruumlcksichtigung deutsch-schweizerischer Erbfaumllle ZVglRWiss 2015 5

128 Vgl ANDREA BONOMI Le rcglcmcnt europccn sur les successions et SOll impact pour la Suisse SJ 2014 II 397 ff BONOMIIOZTUumllK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 5

129 Vgl NICOLE WILLlMANNGEORGIA FOTIOU Die Europaumlische Erbrechtsverordnung aus Sicht der Schweiz STH 2015 S 337 NIKITA GONTSCHAR EU Erbrechtsverordnung und schweizerishysches IPRG Norderstedt 2011 S 12 LEIN (FN 126) N 16

130 Vgl MICHELlE KALTMATIHIAS UHL Die EU-Erbrcchtsvcrordnung und die Schweiz in Eushyropaumlisierung der schweizerischen Rechtsordnung hrsg v Lukas Fahrlaumlnder und Reto A Heizshymann Zuumlrich 2013 S 106 Ende 2012 betrug die Wohnbevoumllkerung 8036917 Einwohner dashyvon hatten 1868962 Einwohner die auslaumlndische StaaQlangehoumlrigkeit

131 Vgl KALTUHl (FN 130) S 110 f r Kuumlnzle

~ Kuumlnzlel

I

135 134 T eil 2 Vertiefung

ErbVO ergaumlnzt dass das ganze Nachlassvermoumlgen dem Erbstatut (Aufenthaltsshyrecht nach Art 21 EuErbVO bzw Heimatrecht nach Art 22 EuErbVO) unter-

auch wenn es in einem Drittstaat gelegen ist132

d) Verweisungen auf das Recht eines Drittstaates sind nach Art 34 EuErbVO grundsaumltzlich als Gesamtverweisung zu verstehen Damit wird eine Ruumlck- oder Weiterverweisung (Renvoi) auf das Recht eines Mitgliedstaates (lit a) und auf das Recht eines (anderen) Drittstaates ermoumlglicht welcher die Verweisung anshynimmt 133 Es fragt sich weshalb der Renvoi in der Erbrechtsverordnung zugeshylassen wird obwohl dies im europaumlischen KoIlisionsrecht sonst nicht der Fall ist Die Antwort duumlrfte darin zu suchen sein dass im Erbrecht haumlufig das Vermoumlgen in verschiedenen Laumlndern liegt und der Renvoi versucht zu einer moumlglichst ein-

Loumlsung zu kommen134

33 Zustaumlndigkeit

a) Grundregel Waumlhrend das IPRG auf den Wohnsitz abstellt l35 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 136 Diese beiden Kriterien sind haumlushy

aber nicht immer deckungsgleich 137 Unterschiede entstehen vor allem des-weil beim Wohnsitz staumlrker auf subjektive Kriterien abgestellt wird waumlhshy

rend beim gewoumlhnlichen Aufenthalt die objektiven Kriterien im Vordergrund stehen 138 Erfreulich ist dass die Sonderanknuumlpfung fuumlr Immobilien etwa in Frankreich kuumlnftig dahinfaumlllt ~

b) Waumlhrend Erblasser nach dem IPRG seine Zustaumlndigkeit (in begrenztem Umfang) waumlhlen kann140 ist dies nach der EuErbVO nicht der Fall141 was ein gewisses Konfliktpotential darsteIlt 142 Die Wahl des Gerichtsstands ist nach Art 5 Abs 1 EuErbVO den betroffenen Parteien vorbehalten wobei nicht restlos klar ist was damit gemeint Die Erklaumlrung des Erblassers uumlber den

132 VgJ LErN (FN 126) N 17 133 VgJ DurrA (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 H 134 Vgl MICHAEL HELLNER Probleme des allgemeinen Teils des Internationalen

Die Europaumlische Erbrechtsverordnung v Anatal Dutta lind Sebastian Herrler 2014 N 12

135 Vgl vorne 111 b) (1) 136 Vgl vorne 211 b) 137 Vgl BONOMIIOumlZTUumlRK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 13 zu einem Vergleich der beiden Begriffe

vgl KALTUHL (FN 130) S 120 f 138 Vgl WmssBrGLER (FN 92) suceessio 2014 184 ff (mit einer Tabelle der moumlglichen FaumlHe im

Verhaumlltnis Schweiz-Deutschland) 139 Vgl IVOSCHWANDER Die EU-Erbrechtsverordnung A]P 20141090 140 Vgl vorne 111 b) (2) 141 Vgl vorne 212

142 Vgl szligENNOIT CHAPPurs]ULlEN PERRIN Le Reglement (UE) No 6502012 du Parlement eushyropeen er du Conseil du 4 juillet 2012 relatif ala compctence la loi applicable la reconnaissance et lexecution des decisions et lacceptation et lexecution des actes authentiques en matiere de successions et ala cnlation dun certificat successoral curopcen NotIex2014 33

143 Vgl DU1TA (FN 85) Art 5 EuErbVO N 6 ff

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

gewoumlhnlichen Aufenthalt in seinem Testament ist aus der Sicht der EuErbVO ein Ausgangspunkt aber nicht das Endergebnis Nicht selten wird uumlbersehen dass mit einer Veraumlnderung der Zustaumlndigkeit auch die Anwendung einer andeshyren Erbschaftssteuer verbunden sein kann

c) Die Ausnahmeregel von Art 10 ErbVOl44 laumlsst aus der Sicht eines Dritt shystaates (wie der Schweiz) die Befuumlrchtung aufkommen dass es sich um einen exshyorbitanten Gerichtsstand handelt145 der neue Konflikte schafft und zu einem forum running fuumlhrt 146 Das sollen zwei Faumllle zeigen

Fall 1 Ein Schweizer in der Schweiz mit einem Haus in Deutschland und einem Bankkonto in Oumlsterreich stirbt Das ist ein Fall von Art 10 Abs 2 EuErbVO (Vermoumlgen in der EU) Deutschland ist fuumlr das Haus zustaumlndig was mit Art 86 Abs2 IPRG uumlbereinstimmt ein deutsches Urteil wird nach Art 96 Abs 1 lit b IPRG anerkannt Oumlsterreich ist fuumlr das Bankkonto zustaumlndig was Art 86 Abs 1 IPRG widerspricht ein oumlsterreichisches Urteil wird in der Schweiz nach Art 96 rPRG nicht anerkannt die Schweiz ist fuumlr den restlichen Nachlass zustaumlndig was mit Art 86 Abs 1 IPRG vereinbar ist

Fall 2 Ein Schweizer in England der bis vor 4 Jahren in Deutschland lebte mit einem Haus in Frankreich und einem Konto in der Schweiz errichtet eine letztshywillige Verfuumlgung mit der Wahl des Heimatrechts (eH) Das ist ein Fall von Art 10 Abs 1 lit b (Aufenthalt vor weniger als 5 Jahren) Deutschland ist fuumlr den gesamten Nachlass zustaumlndig was Art 87 Abs2 IPRG widerspricht ein deutsches Urteil wird nach Art 96 IPRG nicht anerkannt die deutsche Zustaumlnshydigkeit widerspricht auch der Sicht des englischen Rechts UK ist fuumlr ches Vermoumlgen zustaumlndig und uumlberlaumlsst Frankreich die Zustaumlndigkeit Grundstuumlcke die Schweiz anerkennt UK-Urteile nach Art 96 IPRG

Es waumlre zu begruumlssen wenn die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO zuruumlckshyhaltend verwendet wird Denkbar waumlre dass der Gesetzgeber eine konkrete Schranke einbauen wuumlrde (zB mindestens 10 des Nachlasses )147 Teilweise

144 vorne 211 cl

_

__

145 ~E (FN 100) RIW 2012 604 verhindert die Anll11uumlpfung am fruumlheren gewoumlhnlichen diese Zustaumlndigkeit vom Stigma eines exorbitanten Gerichtsstands

146 DORMANN Das schwei7-crische internationale Privatrecht lind die europaumlische Erb-rlaquo~h-Mlm im Vergleich in Die EU-Erbrechtsverordnung NI 6502012 und deren Ausshy

lerse Laumlnder hrsg v der Europaumlischen Anwaltsvcreinigullg cV (DACH) Zuumlrich 2014 S 86 Ivo SCIIWANDER Die Behandlung internationaler Erbfaumllle mit Hinweisen fuumlr die internationale Nachlassplanung in Nachlassplanung und Nachlassteilung hrse v Schmid Zuumlrich 2014 S493 CHAIPUISPERRIN (FN 142) Notex 2014 30 (FN 130) S 110 f BONOMI (FN 128) SJ 2014 Ir 417 ff

147 WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014 170 bemerken zu kriterien wenig hilfreich sind MrCHELLE KALTUr-lL (FN Nachlassvermoumlgen von einilcl11 Gewicht vorlieeen muumlsse

Kuumlnzle

137 136 Teil 2 Vertiefung

schafft Art 10 EuErbVO auch Konflikte mit dem bestehenden Recht der Mitshygliedstaaten wie das Beispiel von Oumlsterreich (sect 150 AuszligStrG) zeigt 148

Wenn ein Erblasser vermeiden will dass Art 10 EuErbVO zur Anwendung kommt muss er zufaumlllige und unnoumltige zustaumlndigkeitsbegruumlndende Beruumlhshyrungspunkte zu einem Mitgliedstaat zu Lebzeiten beseitigen149 sprich sein Vermoumlgen aus dem Mitgliedstaat abziehen

d) Fuumlr den Fall dass ein Verfahren in einem Drittstaat unmoumlglich oder unzushymutbar wird schafft Art 11 EuErbVO eine Notzustaumlndigkeit 15o Verlangt wird ein ausreichender Bezug zum Mitgliedstaat Gedacht ist etwa an den Fall des Stillstands der Rechtspflege dann soll das Verfahren nach Art 10 Abs2 EushyErbVO auf das Ausland ausgedehnt werdenlS1

e) Fuumlr den Fall dass Entscheidungen von Mitgliedstaaten in einem Drittstaat keine Aussicht auf Anerkennung oder Vollstreckung haben kann das Verfahren im Mitgliedstaat auf den europaumlischen Nachlass beschraumlnkt werden (Art 12 EuErbVO) In diesem Zusammenhang ist Liechtenstein zu erwaumlhnen152 welshyches nur mit der Schweiz153 und Oumlsterreich154 Vollstreckungsabkommen abgeshyschlossen hat (ersteres regelt die Zustaumlndigkeit nicht umfassend155 und letzteres

auf Erb- und Verlassenschaftssachen keine Anwendung Art 1 Abs3 Ziff 3)156 weshalb fuumlr die meisten Staaten eine Vollstreckung ausgeschlossen

bzw nur das Rechtsoumlffnungsverfahren (Art 49 ff RSO) bleibt welches zu einer Aberkennungsklage und damit einer inhaltlichen Pruumlfung in Liechtenstein fuumlhrt ISS

148 VgL ENA-MARLISBAJONS Zustaumlndigkeit und anwcndbares Recht in Erbsachenin Europaumlische Erbrechtsverordnung v Martin Schauer und Elisabcth Scheuba Wicn2012 S 40 149 WEISSIBIGLER (FN 92) successio 2014 178 150 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 12 151 VgL DUTTA (FN 85) Art 11 EuErbVO N 1

152 Vgl dazu HANS RAINER KUumlNZLE Vermoumlgensschutz mit liechtensteinischen Strukturell aus schweizerischer Sicht in Handbuch des Vermaumlgensschutzes hrsg v Francesco Schurr Wien2015 N 92 ff

153 Vg1 Abkommen vom 25 Aplil1968 zwischen dem Fuumlrstentum Liechtellstein und der Schweizeshyrischen Eidgenossenschaft uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entshyscheidungen und Schiedsspruumlchen in Zivilsachen (LR 027691011 I SR 0276141)

154 Ygl Abkommen vom 5]uli 1973 zwischen dem Fuumlrstentum Licchtenstein und der Osterreich uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen EntseheidungcSchiedsspruumlchen Vergleichen und oumlffentlichen Urkunden (LR 027691021)

155 Vgl MARIO FRICK Asset Protection und Zivilprozess L1Z 33 (2012) 1322156 Vgl BERNHARD MOTAL Durchsetzung von Pflichtteilsanspruumlchen gegen eil

Stiftung ]EV 2013 53 MARIO FRICK Die Anerkennung und Vollstreckung auslaumlndischer Entshyscheidungen in Zivilsachen im Fuumlrstentum Liechtenstein St Gallen 1992 S 66

157 Vgl etwa OG 7 Rouml 20023 vom 220820021us amp News 200371 Ein auslaumlndisches Urteil (LGFreiburg iBr) ist mangels Staatsvertrag bzw gegenseitiger Anerkennung nicht vollstreckbar

158 VgL MARIO FRICK Sind auslaumlndische Urteile taugliche Urkunden fuumlr eine Rechtsaumlffnung in Liechtenstein Anmerkungen zum Beschluss des liechtensteinischen Obergcrichts vom22082002 zu 7Rouml 20022]us amp News 2003710 f

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

34 Anwendbares Recht

a) Waumlhrend das IPRG grundsaumltzlich auf den Wohnsitz abstellt 159 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 160 Diese beiden Kriterien sind haumlushyfig aber nicht immer deckungsgleich 161 Damit duumlrften die meisten bestehenden Konfliktfaumllle welche auf die Anwendung des Staatsangehaumlrigkeitsrechts zushyruumlckgehen verschwinden 162 Es macht durchaus Sinn dass der Erblasser seine tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse in der letztwilligen Verfuumlgung festhaumllt (confessio iushyris)163 Von einer Rechtswahl durch Verschiebung des gewoumlhnlichen Aufentshyhaltsorts ist aufgrund der damit verbundenen Rechtsunsicherheit abzurashyten164 Die Anwendung der EuErbVO in der Schweiz und damit die Auslegung von Art 91 Abs 1 IPRG wird noch einiger Priizisierungen beduumlrfen 165 Ein geshywisses Konfliktpotentialliegt darin dass es in der Schweiz neben dem Erbstatut auch noch ein EroumlffnungsstatutiMgt gibt 167

b) Nach dem IPRG kann der Erblasser sein Heimatrecht im Zeitpunkt des Toshydes waumlhlen168 nach der EuErbVO kann der Erblasser sein Staatsangehoumlrigkeitsshyrecht im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes waumlhlen 169 Auch hier beshysteht weitgehende (aber nicht vollstaumlndige) Uumlbereinstimmung Die Wahl des Heimatrechts kann aus schweizerischer Sicht zu einer Verlagerung der Zustaumlnshydigkeit in die Schweiz fuumlhren (Art 87 Abs 2 IPRG) und damit moumlglicherweise

nach kantonalem Recht) zu einer Anwendung der Erbschaftssteuer in der 170 Wenn beim Erblasser Anknuumlpfungspunkte mit mehreren Laumlndern

bestehen sollte er sich in der letztwilligen Verfuumlgung zum anwendbaren Recht aumlussern selbst dann wenn er kein Recht waumlhlen moumlchte i71 Seitens der EU wird bedauert dass nicht auch noch das Recht des gewoumlhnlichen Aufenthaltsorts im Zeitpunkt der Testamentselrichtung lind das Guumlterstatut gewaumlhlt werden

159 160 161 162

163 164

165

166 167 139) AJP 20141098 168 169 170 Vgl WElSSB1GLER (FN 92) successio 2014 178 zu einem Formulierungsbeispiel vgJ JUTTA

MUumlLLER-LuKOSCHECK Die neue EU-Erbrechtsverordnung Essen 2013 sect 4 N 26 171 VgJ WEISsBJGLER (FN 92) succcssio 2014 177 f

Kuumlnzle

vorne 12 I a) vorne 221 b)BONOMrlOumlZTORK (FN 127) ZVglRWiss 201523 f DORMANN (FN 146) S 84 PllIlIlPE FRESARll Lc nouvcau Rcglcrnem CUlopccn de sllccession

N 40 ff ALEXANDER PFEIFFER Andenmgcn des Erbstatuts dur aus schweizerischer Sicht successio 2010 320 L dennoch kann ein

ganz ausgeschlossen werden vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 20141098 Zu V~1 WmssBIGlERMltglicdstaat Art Vgl SClIWANDER _ auf Erblasser lnit lItthU~Ptjlt1l~hrgttmiddot

91 Abs 1 IPRG gleichermassenStaatsangehoumlrigkeit anwendshy

bar ist) VgJ vorne 122 VgJ SCHWANDER Vgl vorne 121 Vgl vornc 222

139 138 Teil 2 Vertiefung

kann 172 Aus schweizerischer Sicht sind wir froh daruumlber weil zusaumltzliche Wahlmaumlglichkeiten weitere Konflikte schaffen wuumlrde

c) Die ErbVO regelt nicht wie das anzuwendende Fremdrecht festzustellen ist und welches Recht angewendet wird wenn es nicht feststellbar isc173 In Deutschland ist auslaumlndisches Recht von Amtes wegen festzustellen die Parteien haben das Gericht zu unterstuumltzen und es koumlnnen Sachverstaumlndige beigezogen

174werden Schwer feststellbares Recht kann ev uumlber das Mutterrecht erschlosshysen werden (2GB BGB ce common law) ansonsten gilt die lex fori

d) Ein Konfliktpotential besteht bei Doppe1buumlrgern 175 Diese sind in der Schweiz von einer Wahl des Heimatrechts ausgeschlossen 176 waumlhrend Mehrshystaatler in der EU das Recht waumlhlen duumlrfen dem sie zur Zeit der Rechtswahl oder im Zeitpunkt des Todes angehoumlren (Art 22 Abs 1 Satz 2 EuErbVO)177

e) Eine Ruumlck- und Weiterverweisung (Renvoi) wird im schweizerischen Recht nur in den vom Gesetz vorgesehenen Faumlllen zugelassen (etwa Art 91 Absl IPRG)178 in der Erbrechtsverordnung dagegen in breiterem Umfang (Art 34 EuErbVO)Y9 Letzterer kommt vor allem dann vor wenn ein Drittstaatsrecht ~ eine andere Hauptanknuumlpfung (als den letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers) verwendet zum Beispiel das Staatsangehoumlrigkeitsprinzip180 Weil dies bei der Schweiz nicht der Fall ist181 duumlrfte dieser Unterschied kaum zu Problemen fuumlhren 18z

f) Eine Rechtswahl kann dazu fuumlhren dass Erb- und Guumlterrecht auseinanderfalshy[en Die Rechtsnatur des pauschalen Zugewinnanteils des uumlberlebenden Ehegatshyten von 11 (Art 1371 Abs 1 BGB) ist umstritten weil ein Anspruch basierend auf Guumlterrecht im Erbrecht abgegolten wird 183 Dieser Fall zeigt dass neben

172 Vgl WILKE (FN 100) RIW 2012606

173 Vgl KINGA M WEISSMANUEL BIGLER Wohnsitz oder gewoumlhnlicher Aufenthalt _ Die Anshywendungsprobleme der europaumlischen Erbrechtsverordnung im Rechtsverkehr mit der Schweiz Deutscher Anwaltsspiegel Spezial Maumlrz 2013 S 28 KALTUHL (FN 130) S 121 f

174 Vgl WALTER ERMANNHARM PETER WESTERMANN BGB 13 A) Koumlln 2011 Einl Art 3-47N 59 ff

17S VgJ SCI-WANDER (FN 139) AJP 20141096 BALZ HOumlSLYSTEFANIE DEBRUNNER Rechtswahl schweizerisch-deutscher Doppelbuumlrger bei der Nachlassplanul]g untermiddot Beruumlcksichtigung ~er EU-Erbrechtsverordnung Anwalts revue 2013 276 BONOMrOZTuumlRK (FN 127) ZVgIRWlss 201524 f

176 Vgl vorne 121 b) 177 Vgl vorne 222 178 Vgl vorne 121 g) 179 VgJ vorne 32 d) 180 Vgl DU11A (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 181 Vgl vorne 121 a) Wohnsitz als Anknuumlpfugskriterium182

Vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 2014 1096 welcher darauf hinweist dass heikle RenvoishyProbleme mit Frankreich Schweden und Deutschland kuumlnftig entfallen

183 Vgl HEINRICH DOumlRNER Die Abgrenzung des Erbstatllts vom Guumltcrstatut in Die Europaumlisc~e Erbrechtsverordnllng hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 NIl ff dIe hM geht Yon einer guumlterrechtlichen Qualifikation aus vgl etwa BGH FamRZ 2012 1871

Kuumlnzte

Die EuErbVO und die Schweiz

dem Erbrecht auch das Guumlterrecht der Ehegatten in der EU koordiniert werden sollte Ein Schritt in diese Richtung ist der Vorschlag KOM (2011])1262 184

35 Erbvertraumlge

a) Die Erbrechtsverordnung aumlndert nichts an der Beurteilung (Zulaumlssigkeit) von Erbvertraumlgen in den einzelnen Laumlndern Deshalb ist je nach Ziel[and sorgfaumlltig abzuklaumlren ob Erbvertraumlge (zwischen Ehegatten oder zwischen beliebigen Ershyben) zulaumlssig sind

Wenn deutsche Staatsangehoumlrige in die Schweiz kommen ist ihnen zu empshyallfaumlllige gemeinschaftliche Testamente (welche im schweizerischen

Recht nicht bekannt sind) durch einen Erbvertrag zu ersetzen IS5

36 Testamentsvollstrecker

a) In der Schweiz hat der Gesetzgeber die Anwendung des Eroumlffnungsstatuts vorgesehen (Art 92 Abs 2 IPRG) die Lehre wendet aber hauptsaumlchlich das Erbshystatut an 186 In der EU wendet man auf den Testamentsvollstrecker grundsaumltzshylich das Erbstatut an (Art 23 Abs 2 [ie f EuErbVO) laumlsst aus zwingenden Gruumlnden aber auch das Eraumlffnungsstatut zu (Art 29 Abs 1 EuErbVO)187 wohl der umgekehrte Weg gewaumlhlt wurde sollten diese beiden Loumlsungen ziemshy

(aber nicht vollstaumlndig) kompatibel sein

b) Die fuumlr den executor gedachte Ausnahme kann auch vom schweizerischen Recht in Anspruch genommen werden Das hat etwa zur Fo[ge dass die zwinshygend vorgesehene Aufsicht 188 fuumlr einen von einer schweizerischen Behoumlrde (nach deutschem Recht) eingesetzten Testamentsvollstrecker sich nach schweishyzerischem Recht richtet und die Aufsichtsbehoumlrde somit (im Gegensatz zu Deutsch[and wo es nur die Absetzung gibt [sect 2227 BGB]) Empfehlungen Weishysungen und andere sachdienliche Massnahmen anordnen kann 18

37 Nachlasszeugnisse

a) Es ist davon auszugehen dass die schweizerische Behoumlrden (Grundbuch)190 und Gerichte sowie Private (Banken und Versicherungen) das Europaumlische

184 Wesentliche Inhalte Zllstaumlndi~kcit des Nachlassgerichts (Art 3) Rechtswahl (Art 16 gemcinmiddot samer gew~hnlicher u~ent~a t gewoumlhnlicher Aufcnthal~ ~ines Ehegatten bei der Eheschliesshysung oder Staatsrtngehongkelt Cll1es Ehegatten) oder WSldlar (Art 17) erster gememsamer geshywoumlhnlicher Aufenthalt bzw gemeinsame Staatsangehoumlrigkeit bzw engste Verbundenheit

185 Vgl ODERSKY (FN 102) notar 20138 186 Vgl vorne 122 b) 187 Vgl vorne 224 188 Vgl VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 515 189 VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 536 ff 190 Das Europaumlische Nachlasszeugnis ist inhaltlich und funktionell gleichwertig wie die Erbbescheishy

nigung nach Art559 ZGB llnd deshalb auch im Grulldbuchverkehr zu akzeptieren vgl WEIsslBrGLER (FN 92) sllccessio 2014 193

Kuumlnzte

141 140

Teil 2 Vertiefung

Nachlasszeugnis191 ohne weiteres anerkennen werdenl92 auch wenn der Gutshyglaubensschutz (Art 69 Abs2 EuErbVO) schwaumlcher ausgestaltet ist als beim deutschen Erbschien193 Aus Gruumlnden des Verkehrsschutzes wird man dem Europaumlischen Nachlasszeugnis in der Schweiz houmlchstens die Wirkungen zuershykennen koumlnnen die eine Bescheinigung nach Art 559 Abs 1 ZGB haumlttel94 Zu

kann es kommen wenn ein Mitgliedstaat die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO begruumlndet oder in der Schweiz zuerst ein Erbschaftsverfahren eingeleitet wurde 195 Neben dem Europaumlischen Nachlasszeugnis bleiben die nashytionalen Erbfolgezeugnisse bestehen196 welche teilweise (weiterhin) einem Vollshystreckungsverfahren (Exequaturverfahren Art 25 ff IPRG) unterworfen sind 197

b) Beim umgekehrten Weg (Anerkennung der schweizerischen Erbbescheinishygung im Ausland) erwarte ich zusaumltzliche Hindernisse weil die sehr detaillierte Regelung des Europaumlischen Nachlasszeugnisses (Art 68 EuErbVO) dazu wird dass die (aufgrund kantonaler Gesetzgebung) sehr uneinheitlichen und teilweise nur mit rudimentaumlren Angaben versehenen schweizerischen Erbbeshyscheinigungen (ohne Ehevertrag ohne Nachlasswerte ohne Erbquote) je

191 Vg1 vorne 37 192

Ebenso CA1HERINE GRUN MEYERrrHOMAS SPRECHER Aspekte der neuen EU-Erbrecbtsshyverordnung und ihres Bezugs Zur Scbweiz ZBGR 2015156 WErssBIGLER (FN 92) successio 2014192 BONOMI (FN 128) S] 2014 II 399 f

193 Vgl dazu KNUTWERNER LANGE Das Europaumliscbe Nachlasszeugnis Die Europaumlische Erbshyrechtsverordnung brsg v Anatol Dutta und Sebastian 2014 N 26 anders als im deutschen Recht schadet grobe Fahrlaumlssigkeit

194 SCHWANDER (FN 139) A]P 20141103 195

Vgl WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014192 SCHWANDER (FN 139) A]P 2014 1103 196

VglCHRISTOPH DORSEL Europiiische Ebrechts~erordnllng und Europaumlisches Nac~lasseu~shyms m Erbfalle unter Geltung der EUlOpiJschen Erbrechtsverordnung hrsg v Martm Lohmg ua Bielefdd 2014 S 51 fE

197 Zur Wirkung innerhalb der EU vgl DU1TA (FN 105) IPRax 2015 38 Wirkung als nach Art 3 Absl lit g EuErbVO fuumlr Erbausweise nach kontradiktorischem Verfahren Wirkung nach Art 59 EuErbVO fuumlr Erbausweise in Form einer oumlffentlichen Urkunde

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

je weniger akzeptiert werden198 Dabei allerdings Deutschland welches ausshylaumlndische Erbfolgezugenisse schon heute durchwegs ablehnt 199 nicht als Reshyferenz verwendet werden 2OO

38 Zwingende Bestimmungen

Wie vorne201 dargestellt wendet die Schweiz die Bestimmungen des baumluerli shychen Bodenrechts (BGBB) und uumlber den Grundstuumlckerwerb durch Personen im Ausland (BewG) als zwingende Bestimmungen an Ob diese Regeln auch Erbfaumlllen mit EU-Bezug zur Anwendung kommen haumlngt davon ab ob Art 30 EuErbVO auch auf Drittstaaten zur Anwendung kommt202 was zu ist20)

39 Weitere Bereiche der Erbschaftsplanung

Schliesslich ist daran zu erinnern zur umfassenden Erbschaftsplanullg auch das Eheguumlterrecht gehoumlrt und immer mehr auch Verfuumlgungen unter Lebenden ershyfasst (insbesondere im Rahmen der Unternehmensnachfolge) sowie (weiterhin) Strukturierungen mit Gesellschaften Stiftungen und Trusts Alle diese Bereishyche werden von der EuErbVO nicht erfasst204 und werden somit weiter von den nationalen Kollisionsregeln beherrscht205 Es bleibt somit noch viel Raum fuumlr weitere Harmonisierung

198 (39) AJP 20141103 weist auf den houmlheren Oualitiitsstandard in der EU hin schweizerische Recbt (Art 559 ZGB) zu

199 Vgl ULRrCH HAAS Internationales Verfahrensrecht in Erbsachen in Erbrecht in Ellropa hrsg v Rembert Suumlss 2 A Angclbachtal 2008 N 54 Begruumlndet wird dies damit dass einem dem deutschen Erbschein nachgebildeten auslaumlndischen Erbnachweis keine prozessrcchtli Wirkungen insbesondere keine Rechtskraft- oder GestaltungswirklIng zukommt anders schieden hat das LG Muumlnchen 28 0 243110 bei einem tuumlrkischen Erbschein was von

Auslaumlndischer Erbschein fuumlr Nachlass in Delllschland IPRax 2013241 H) aber tuumlrkischer Erbschein die Person an die man leisten kann nicht ohne

200 Allerdings ist die Anerkennung von nationalen crDlolgezcugmsscn ganz noch nicht sehr gekommen vgl PETER BREITSCHMIDCHRISTELLE HAAS Impacts tur reglelTIcnt europeen en matierc de successions sur le droit suisse in Succcssions internationashyles hrsg v Andrea BonomiChristina Schmid GencvelZurichBRle 2010 S 134 mit Verweis auf einen Bericht des Max-Planck-Instituts vom 26032010

201 Vgl vorne 112 202 Vgl KALTUHL (FN 124) S [JO f 203 VgL DurrA (FN 85) Art 30 EuErbVO N 7 204 Vgl STEPHANIE HERZOG Die EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) ErbR 2013 4

TANZE FISCHER-CZERMAK Anwendungsbereich in Europaumlische Elbrechtsverordnung nrs v Martin Schauer und Elisabeth Scheuba Wien 2012 S 25 H MUumlLLER-LuKOSCHEK (FN sect 2 N 47 ff

205 VgJ etwa ALEXANDER PFE1FFER Nachlassplanung deutsch-schweizerischer (Diss Leipzig) Regensburg 2011 S 259 ff

Kuumlnzle

Page 12: Tagungsband 8. Deutscher Testamentsvollstreckertag · 2015. 12. 7. · 28.06.2010 Erw. 3.1: Frankreich befasst sich nicht mit ausländischen Liegenschaften _ ein Gut 21 Vgl. Art.

135 134 T eil 2 Vertiefung

ErbVO ergaumlnzt dass das ganze Nachlassvermoumlgen dem Erbstatut (Aufenthaltsshyrecht nach Art 21 EuErbVO bzw Heimatrecht nach Art 22 EuErbVO) unter-

auch wenn es in einem Drittstaat gelegen ist132

d) Verweisungen auf das Recht eines Drittstaates sind nach Art 34 EuErbVO grundsaumltzlich als Gesamtverweisung zu verstehen Damit wird eine Ruumlck- oder Weiterverweisung (Renvoi) auf das Recht eines Mitgliedstaates (lit a) und auf das Recht eines (anderen) Drittstaates ermoumlglicht welcher die Verweisung anshynimmt 133 Es fragt sich weshalb der Renvoi in der Erbrechtsverordnung zugeshylassen wird obwohl dies im europaumlischen KoIlisionsrecht sonst nicht der Fall ist Die Antwort duumlrfte darin zu suchen sein dass im Erbrecht haumlufig das Vermoumlgen in verschiedenen Laumlndern liegt und der Renvoi versucht zu einer moumlglichst ein-

Loumlsung zu kommen134

33 Zustaumlndigkeit

a) Grundregel Waumlhrend das IPRG auf den Wohnsitz abstellt l35 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 136 Diese beiden Kriterien sind haumlushy

aber nicht immer deckungsgleich 137 Unterschiede entstehen vor allem des-weil beim Wohnsitz staumlrker auf subjektive Kriterien abgestellt wird waumlhshy

rend beim gewoumlhnlichen Aufenthalt die objektiven Kriterien im Vordergrund stehen 138 Erfreulich ist dass die Sonderanknuumlpfung fuumlr Immobilien etwa in Frankreich kuumlnftig dahinfaumlllt ~

b) Waumlhrend Erblasser nach dem IPRG seine Zustaumlndigkeit (in begrenztem Umfang) waumlhlen kann140 ist dies nach der EuErbVO nicht der Fall141 was ein gewisses Konfliktpotential darsteIlt 142 Die Wahl des Gerichtsstands ist nach Art 5 Abs 1 EuErbVO den betroffenen Parteien vorbehalten wobei nicht restlos klar ist was damit gemeint Die Erklaumlrung des Erblassers uumlber den

132 VgJ LErN (FN 126) N 17 133 VgJ DurrA (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 H 134 Vgl MICHAEL HELLNER Probleme des allgemeinen Teils des Internationalen

Die Europaumlische Erbrechtsverordnung v Anatal Dutta lind Sebastian Herrler 2014 N 12

135 Vgl vorne 111 b) (1) 136 Vgl vorne 211 b) 137 Vgl BONOMIIOumlZTUumlRK (FN 127) ZVgIRWiss 2015 13 zu einem Vergleich der beiden Begriffe

vgl KALTUHL (FN 130) S 120 f 138 Vgl WmssBrGLER (FN 92) suceessio 2014 184 ff (mit einer Tabelle der moumlglichen FaumlHe im

Verhaumlltnis Schweiz-Deutschland) 139 Vgl IVOSCHWANDER Die EU-Erbrechtsverordnung A]P 20141090 140 Vgl vorne 111 b) (2) 141 Vgl vorne 212

142 Vgl szligENNOIT CHAPPurs]ULlEN PERRIN Le Reglement (UE) No 6502012 du Parlement eushyropeen er du Conseil du 4 juillet 2012 relatif ala compctence la loi applicable la reconnaissance et lexecution des decisions et lacceptation et lexecution des actes authentiques en matiere de successions et ala cnlation dun certificat successoral curopcen NotIex2014 33

143 Vgl DU1TA (FN 85) Art 5 EuErbVO N 6 ff

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

gewoumlhnlichen Aufenthalt in seinem Testament ist aus der Sicht der EuErbVO ein Ausgangspunkt aber nicht das Endergebnis Nicht selten wird uumlbersehen dass mit einer Veraumlnderung der Zustaumlndigkeit auch die Anwendung einer andeshyren Erbschaftssteuer verbunden sein kann

c) Die Ausnahmeregel von Art 10 ErbVOl44 laumlsst aus der Sicht eines Dritt shystaates (wie der Schweiz) die Befuumlrchtung aufkommen dass es sich um einen exshyorbitanten Gerichtsstand handelt145 der neue Konflikte schafft und zu einem forum running fuumlhrt 146 Das sollen zwei Faumllle zeigen

Fall 1 Ein Schweizer in der Schweiz mit einem Haus in Deutschland und einem Bankkonto in Oumlsterreich stirbt Das ist ein Fall von Art 10 Abs 2 EuErbVO (Vermoumlgen in der EU) Deutschland ist fuumlr das Haus zustaumlndig was mit Art 86 Abs2 IPRG uumlbereinstimmt ein deutsches Urteil wird nach Art 96 Abs 1 lit b IPRG anerkannt Oumlsterreich ist fuumlr das Bankkonto zustaumlndig was Art 86 Abs 1 IPRG widerspricht ein oumlsterreichisches Urteil wird in der Schweiz nach Art 96 rPRG nicht anerkannt die Schweiz ist fuumlr den restlichen Nachlass zustaumlndig was mit Art 86 Abs 1 IPRG vereinbar ist

Fall 2 Ein Schweizer in England der bis vor 4 Jahren in Deutschland lebte mit einem Haus in Frankreich und einem Konto in der Schweiz errichtet eine letztshywillige Verfuumlgung mit der Wahl des Heimatrechts (eH) Das ist ein Fall von Art 10 Abs 1 lit b (Aufenthalt vor weniger als 5 Jahren) Deutschland ist fuumlr den gesamten Nachlass zustaumlndig was Art 87 Abs2 IPRG widerspricht ein deutsches Urteil wird nach Art 96 IPRG nicht anerkannt die deutsche Zustaumlnshydigkeit widerspricht auch der Sicht des englischen Rechts UK ist fuumlr ches Vermoumlgen zustaumlndig und uumlberlaumlsst Frankreich die Zustaumlndigkeit Grundstuumlcke die Schweiz anerkennt UK-Urteile nach Art 96 IPRG

Es waumlre zu begruumlssen wenn die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO zuruumlckshyhaltend verwendet wird Denkbar waumlre dass der Gesetzgeber eine konkrete Schranke einbauen wuumlrde (zB mindestens 10 des Nachlasses )147 Teilweise

144 vorne 211 cl

_

__

145 ~E (FN 100) RIW 2012 604 verhindert die Anll11uumlpfung am fruumlheren gewoumlhnlichen diese Zustaumlndigkeit vom Stigma eines exorbitanten Gerichtsstands

146 DORMANN Das schwei7-crische internationale Privatrecht lind die europaumlische Erb-rlaquo~h-Mlm im Vergleich in Die EU-Erbrechtsverordnung NI 6502012 und deren Ausshy

lerse Laumlnder hrsg v der Europaumlischen Anwaltsvcreinigullg cV (DACH) Zuumlrich 2014 S 86 Ivo SCIIWANDER Die Behandlung internationaler Erbfaumllle mit Hinweisen fuumlr die internationale Nachlassplanung in Nachlassplanung und Nachlassteilung hrse v Schmid Zuumlrich 2014 S493 CHAIPUISPERRIN (FN 142) Notex 2014 30 (FN 130) S 110 f BONOMI (FN 128) SJ 2014 Ir 417 ff

147 WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014 170 bemerken zu kriterien wenig hilfreich sind MrCHELLE KALTUr-lL (FN Nachlassvermoumlgen von einilcl11 Gewicht vorlieeen muumlsse

Kuumlnzle

137 136 Teil 2 Vertiefung

schafft Art 10 EuErbVO auch Konflikte mit dem bestehenden Recht der Mitshygliedstaaten wie das Beispiel von Oumlsterreich (sect 150 AuszligStrG) zeigt 148

Wenn ein Erblasser vermeiden will dass Art 10 EuErbVO zur Anwendung kommt muss er zufaumlllige und unnoumltige zustaumlndigkeitsbegruumlndende Beruumlhshyrungspunkte zu einem Mitgliedstaat zu Lebzeiten beseitigen149 sprich sein Vermoumlgen aus dem Mitgliedstaat abziehen

d) Fuumlr den Fall dass ein Verfahren in einem Drittstaat unmoumlglich oder unzushymutbar wird schafft Art 11 EuErbVO eine Notzustaumlndigkeit 15o Verlangt wird ein ausreichender Bezug zum Mitgliedstaat Gedacht ist etwa an den Fall des Stillstands der Rechtspflege dann soll das Verfahren nach Art 10 Abs2 EushyErbVO auf das Ausland ausgedehnt werdenlS1

e) Fuumlr den Fall dass Entscheidungen von Mitgliedstaaten in einem Drittstaat keine Aussicht auf Anerkennung oder Vollstreckung haben kann das Verfahren im Mitgliedstaat auf den europaumlischen Nachlass beschraumlnkt werden (Art 12 EuErbVO) In diesem Zusammenhang ist Liechtenstein zu erwaumlhnen152 welshyches nur mit der Schweiz153 und Oumlsterreich154 Vollstreckungsabkommen abgeshyschlossen hat (ersteres regelt die Zustaumlndigkeit nicht umfassend155 und letzteres

auf Erb- und Verlassenschaftssachen keine Anwendung Art 1 Abs3 Ziff 3)156 weshalb fuumlr die meisten Staaten eine Vollstreckung ausgeschlossen

bzw nur das Rechtsoumlffnungsverfahren (Art 49 ff RSO) bleibt welches zu einer Aberkennungsklage und damit einer inhaltlichen Pruumlfung in Liechtenstein fuumlhrt ISS

148 VgL ENA-MARLISBAJONS Zustaumlndigkeit und anwcndbares Recht in Erbsachenin Europaumlische Erbrechtsverordnung v Martin Schauer und Elisabcth Scheuba Wicn2012 S 40 149 WEISSIBIGLER (FN 92) successio 2014 178 150 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 12 151 VgL DUTTA (FN 85) Art 11 EuErbVO N 1

152 Vgl dazu HANS RAINER KUumlNZLE Vermoumlgensschutz mit liechtensteinischen Strukturell aus schweizerischer Sicht in Handbuch des Vermaumlgensschutzes hrsg v Francesco Schurr Wien2015 N 92 ff

153 Vg1 Abkommen vom 25 Aplil1968 zwischen dem Fuumlrstentum Liechtellstein und der Schweizeshyrischen Eidgenossenschaft uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entshyscheidungen und Schiedsspruumlchen in Zivilsachen (LR 027691011 I SR 0276141)

154 Ygl Abkommen vom 5]uli 1973 zwischen dem Fuumlrstentum Licchtenstein und der Osterreich uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen EntseheidungcSchiedsspruumlchen Vergleichen und oumlffentlichen Urkunden (LR 027691021)

155 Vgl MARIO FRICK Asset Protection und Zivilprozess L1Z 33 (2012) 1322156 Vgl BERNHARD MOTAL Durchsetzung von Pflichtteilsanspruumlchen gegen eil

Stiftung ]EV 2013 53 MARIO FRICK Die Anerkennung und Vollstreckung auslaumlndischer Entshyscheidungen in Zivilsachen im Fuumlrstentum Liechtenstein St Gallen 1992 S 66

157 Vgl etwa OG 7 Rouml 20023 vom 220820021us amp News 200371 Ein auslaumlndisches Urteil (LGFreiburg iBr) ist mangels Staatsvertrag bzw gegenseitiger Anerkennung nicht vollstreckbar

158 VgL MARIO FRICK Sind auslaumlndische Urteile taugliche Urkunden fuumlr eine Rechtsaumlffnung in Liechtenstein Anmerkungen zum Beschluss des liechtensteinischen Obergcrichts vom22082002 zu 7Rouml 20022]us amp News 2003710 f

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

34 Anwendbares Recht

a) Waumlhrend das IPRG grundsaumltzlich auf den Wohnsitz abstellt 159 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 160 Diese beiden Kriterien sind haumlushyfig aber nicht immer deckungsgleich 161 Damit duumlrften die meisten bestehenden Konfliktfaumllle welche auf die Anwendung des Staatsangehaumlrigkeitsrechts zushyruumlckgehen verschwinden 162 Es macht durchaus Sinn dass der Erblasser seine tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse in der letztwilligen Verfuumlgung festhaumllt (confessio iushyris)163 Von einer Rechtswahl durch Verschiebung des gewoumlhnlichen Aufentshyhaltsorts ist aufgrund der damit verbundenen Rechtsunsicherheit abzurashyten164 Die Anwendung der EuErbVO in der Schweiz und damit die Auslegung von Art 91 Abs 1 IPRG wird noch einiger Priizisierungen beduumlrfen 165 Ein geshywisses Konfliktpotentialliegt darin dass es in der Schweiz neben dem Erbstatut auch noch ein EroumlffnungsstatutiMgt gibt 167

b) Nach dem IPRG kann der Erblasser sein Heimatrecht im Zeitpunkt des Toshydes waumlhlen168 nach der EuErbVO kann der Erblasser sein Staatsangehoumlrigkeitsshyrecht im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes waumlhlen 169 Auch hier beshysteht weitgehende (aber nicht vollstaumlndige) Uumlbereinstimmung Die Wahl des Heimatrechts kann aus schweizerischer Sicht zu einer Verlagerung der Zustaumlnshydigkeit in die Schweiz fuumlhren (Art 87 Abs 2 IPRG) und damit moumlglicherweise

nach kantonalem Recht) zu einer Anwendung der Erbschaftssteuer in der 170 Wenn beim Erblasser Anknuumlpfungspunkte mit mehreren Laumlndern

bestehen sollte er sich in der letztwilligen Verfuumlgung zum anwendbaren Recht aumlussern selbst dann wenn er kein Recht waumlhlen moumlchte i71 Seitens der EU wird bedauert dass nicht auch noch das Recht des gewoumlhnlichen Aufenthaltsorts im Zeitpunkt der Testamentselrichtung lind das Guumlterstatut gewaumlhlt werden

159 160 161 162

163 164

165

166 167 139) AJP 20141098 168 169 170 Vgl WElSSB1GLER (FN 92) successio 2014 178 zu einem Formulierungsbeispiel vgJ JUTTA

MUumlLLER-LuKOSCHECK Die neue EU-Erbrechtsverordnung Essen 2013 sect 4 N 26 171 VgJ WEISsBJGLER (FN 92) succcssio 2014 177 f

Kuumlnzle

vorne 12 I a) vorne 221 b)BONOMrlOumlZTORK (FN 127) ZVglRWiss 201523 f DORMANN (FN 146) S 84 PllIlIlPE FRESARll Lc nouvcau Rcglcrnem CUlopccn de sllccession

N 40 ff ALEXANDER PFEIFFER Andenmgcn des Erbstatuts dur aus schweizerischer Sicht successio 2010 320 L dennoch kann ein

ganz ausgeschlossen werden vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 20141098 Zu V~1 WmssBIGlERMltglicdstaat Art Vgl SClIWANDER _ auf Erblasser lnit lItthU~Ptjlt1l~hrgttmiddot

91 Abs 1 IPRG gleichermassenStaatsangehoumlrigkeit anwendshy

bar ist) VgJ vorne 122 VgJ SCHWANDER Vgl vorne 121 Vgl vornc 222

139 138 Teil 2 Vertiefung

kann 172 Aus schweizerischer Sicht sind wir froh daruumlber weil zusaumltzliche Wahlmaumlglichkeiten weitere Konflikte schaffen wuumlrde

c) Die ErbVO regelt nicht wie das anzuwendende Fremdrecht festzustellen ist und welches Recht angewendet wird wenn es nicht feststellbar isc173 In Deutschland ist auslaumlndisches Recht von Amtes wegen festzustellen die Parteien haben das Gericht zu unterstuumltzen und es koumlnnen Sachverstaumlndige beigezogen

174werden Schwer feststellbares Recht kann ev uumlber das Mutterrecht erschlosshysen werden (2GB BGB ce common law) ansonsten gilt die lex fori

d) Ein Konfliktpotential besteht bei Doppe1buumlrgern 175 Diese sind in der Schweiz von einer Wahl des Heimatrechts ausgeschlossen 176 waumlhrend Mehrshystaatler in der EU das Recht waumlhlen duumlrfen dem sie zur Zeit der Rechtswahl oder im Zeitpunkt des Todes angehoumlren (Art 22 Abs 1 Satz 2 EuErbVO)177

e) Eine Ruumlck- und Weiterverweisung (Renvoi) wird im schweizerischen Recht nur in den vom Gesetz vorgesehenen Faumlllen zugelassen (etwa Art 91 Absl IPRG)178 in der Erbrechtsverordnung dagegen in breiterem Umfang (Art 34 EuErbVO)Y9 Letzterer kommt vor allem dann vor wenn ein Drittstaatsrecht ~ eine andere Hauptanknuumlpfung (als den letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers) verwendet zum Beispiel das Staatsangehoumlrigkeitsprinzip180 Weil dies bei der Schweiz nicht der Fall ist181 duumlrfte dieser Unterschied kaum zu Problemen fuumlhren 18z

f) Eine Rechtswahl kann dazu fuumlhren dass Erb- und Guumlterrecht auseinanderfalshy[en Die Rechtsnatur des pauschalen Zugewinnanteils des uumlberlebenden Ehegatshyten von 11 (Art 1371 Abs 1 BGB) ist umstritten weil ein Anspruch basierend auf Guumlterrecht im Erbrecht abgegolten wird 183 Dieser Fall zeigt dass neben

172 Vgl WILKE (FN 100) RIW 2012606

173 Vgl KINGA M WEISSMANUEL BIGLER Wohnsitz oder gewoumlhnlicher Aufenthalt _ Die Anshywendungsprobleme der europaumlischen Erbrechtsverordnung im Rechtsverkehr mit der Schweiz Deutscher Anwaltsspiegel Spezial Maumlrz 2013 S 28 KALTUHL (FN 130) S 121 f

174 Vgl WALTER ERMANNHARM PETER WESTERMANN BGB 13 A) Koumlln 2011 Einl Art 3-47N 59 ff

17S VgJ SCI-WANDER (FN 139) AJP 20141096 BALZ HOumlSLYSTEFANIE DEBRUNNER Rechtswahl schweizerisch-deutscher Doppelbuumlrger bei der Nachlassplanul]g untermiddot Beruumlcksichtigung ~er EU-Erbrechtsverordnung Anwalts revue 2013 276 BONOMrOZTuumlRK (FN 127) ZVgIRWlss 201524 f

176 Vgl vorne 121 b) 177 Vgl vorne 222 178 Vgl vorne 121 g) 179 VgJ vorne 32 d) 180 Vgl DU11A (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 181 Vgl vorne 121 a) Wohnsitz als Anknuumlpfugskriterium182

Vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 2014 1096 welcher darauf hinweist dass heikle RenvoishyProbleme mit Frankreich Schweden und Deutschland kuumlnftig entfallen

183 Vgl HEINRICH DOumlRNER Die Abgrenzung des Erbstatllts vom Guumltcrstatut in Die Europaumlisc~e Erbrechtsverordnllng hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 NIl ff dIe hM geht Yon einer guumlterrechtlichen Qualifikation aus vgl etwa BGH FamRZ 2012 1871

Kuumlnzte

Die EuErbVO und die Schweiz

dem Erbrecht auch das Guumlterrecht der Ehegatten in der EU koordiniert werden sollte Ein Schritt in diese Richtung ist der Vorschlag KOM (2011])1262 184

35 Erbvertraumlge

a) Die Erbrechtsverordnung aumlndert nichts an der Beurteilung (Zulaumlssigkeit) von Erbvertraumlgen in den einzelnen Laumlndern Deshalb ist je nach Ziel[and sorgfaumlltig abzuklaumlren ob Erbvertraumlge (zwischen Ehegatten oder zwischen beliebigen Ershyben) zulaumlssig sind

Wenn deutsche Staatsangehoumlrige in die Schweiz kommen ist ihnen zu empshyallfaumlllige gemeinschaftliche Testamente (welche im schweizerischen

Recht nicht bekannt sind) durch einen Erbvertrag zu ersetzen IS5

36 Testamentsvollstrecker

a) In der Schweiz hat der Gesetzgeber die Anwendung des Eroumlffnungsstatuts vorgesehen (Art 92 Abs 2 IPRG) die Lehre wendet aber hauptsaumlchlich das Erbshystatut an 186 In der EU wendet man auf den Testamentsvollstrecker grundsaumltzshylich das Erbstatut an (Art 23 Abs 2 [ie f EuErbVO) laumlsst aus zwingenden Gruumlnden aber auch das Eraumlffnungsstatut zu (Art 29 Abs 1 EuErbVO)187 wohl der umgekehrte Weg gewaumlhlt wurde sollten diese beiden Loumlsungen ziemshy

(aber nicht vollstaumlndig) kompatibel sein

b) Die fuumlr den executor gedachte Ausnahme kann auch vom schweizerischen Recht in Anspruch genommen werden Das hat etwa zur Fo[ge dass die zwinshygend vorgesehene Aufsicht 188 fuumlr einen von einer schweizerischen Behoumlrde (nach deutschem Recht) eingesetzten Testamentsvollstrecker sich nach schweishyzerischem Recht richtet und die Aufsichtsbehoumlrde somit (im Gegensatz zu Deutsch[and wo es nur die Absetzung gibt [sect 2227 BGB]) Empfehlungen Weishysungen und andere sachdienliche Massnahmen anordnen kann 18

37 Nachlasszeugnisse

a) Es ist davon auszugehen dass die schweizerische Behoumlrden (Grundbuch)190 und Gerichte sowie Private (Banken und Versicherungen) das Europaumlische

184 Wesentliche Inhalte Zllstaumlndi~kcit des Nachlassgerichts (Art 3) Rechtswahl (Art 16 gemcinmiddot samer gew~hnlicher u~ent~a t gewoumlhnlicher Aufcnthal~ ~ines Ehegatten bei der Eheschliesshysung oder Staatsrtngehongkelt Cll1es Ehegatten) oder WSldlar (Art 17) erster gememsamer geshywoumlhnlicher Aufenthalt bzw gemeinsame Staatsangehoumlrigkeit bzw engste Verbundenheit

185 Vgl ODERSKY (FN 102) notar 20138 186 Vgl vorne 122 b) 187 Vgl vorne 224 188 Vgl VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 515 189 VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 536 ff 190 Das Europaumlische Nachlasszeugnis ist inhaltlich und funktionell gleichwertig wie die Erbbescheishy

nigung nach Art559 ZGB llnd deshalb auch im Grulldbuchverkehr zu akzeptieren vgl WEIsslBrGLER (FN 92) sllccessio 2014 193

Kuumlnzte

141 140

Teil 2 Vertiefung

Nachlasszeugnis191 ohne weiteres anerkennen werdenl92 auch wenn der Gutshyglaubensschutz (Art 69 Abs2 EuErbVO) schwaumlcher ausgestaltet ist als beim deutschen Erbschien193 Aus Gruumlnden des Verkehrsschutzes wird man dem Europaumlischen Nachlasszeugnis in der Schweiz houmlchstens die Wirkungen zuershykennen koumlnnen die eine Bescheinigung nach Art 559 Abs 1 ZGB haumlttel94 Zu

kann es kommen wenn ein Mitgliedstaat die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO begruumlndet oder in der Schweiz zuerst ein Erbschaftsverfahren eingeleitet wurde 195 Neben dem Europaumlischen Nachlasszeugnis bleiben die nashytionalen Erbfolgezeugnisse bestehen196 welche teilweise (weiterhin) einem Vollshystreckungsverfahren (Exequaturverfahren Art 25 ff IPRG) unterworfen sind 197

b) Beim umgekehrten Weg (Anerkennung der schweizerischen Erbbescheinishygung im Ausland) erwarte ich zusaumltzliche Hindernisse weil die sehr detaillierte Regelung des Europaumlischen Nachlasszeugnisses (Art 68 EuErbVO) dazu wird dass die (aufgrund kantonaler Gesetzgebung) sehr uneinheitlichen und teilweise nur mit rudimentaumlren Angaben versehenen schweizerischen Erbbeshyscheinigungen (ohne Ehevertrag ohne Nachlasswerte ohne Erbquote) je

191 Vg1 vorne 37 192

Ebenso CA1HERINE GRUN MEYERrrHOMAS SPRECHER Aspekte der neuen EU-Erbrecbtsshyverordnung und ihres Bezugs Zur Scbweiz ZBGR 2015156 WErssBIGLER (FN 92) successio 2014192 BONOMI (FN 128) S] 2014 II 399 f

193 Vgl dazu KNUTWERNER LANGE Das Europaumliscbe Nachlasszeugnis Die Europaumlische Erbshyrechtsverordnung brsg v Anatol Dutta und Sebastian 2014 N 26 anders als im deutschen Recht schadet grobe Fahrlaumlssigkeit

194 SCHWANDER (FN 139) A]P 20141103 195

Vgl WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014192 SCHWANDER (FN 139) A]P 2014 1103 196

VglCHRISTOPH DORSEL Europiiische Ebrechts~erordnllng und Europaumlisches Nac~lasseu~shyms m Erbfalle unter Geltung der EUlOpiJschen Erbrechtsverordnung hrsg v Martm Lohmg ua Bielefdd 2014 S 51 fE

197 Zur Wirkung innerhalb der EU vgl DU1TA (FN 105) IPRax 2015 38 Wirkung als nach Art 3 Absl lit g EuErbVO fuumlr Erbausweise nach kontradiktorischem Verfahren Wirkung nach Art 59 EuErbVO fuumlr Erbausweise in Form einer oumlffentlichen Urkunde

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

je weniger akzeptiert werden198 Dabei allerdings Deutschland welches ausshylaumlndische Erbfolgezugenisse schon heute durchwegs ablehnt 199 nicht als Reshyferenz verwendet werden 2OO

38 Zwingende Bestimmungen

Wie vorne201 dargestellt wendet die Schweiz die Bestimmungen des baumluerli shychen Bodenrechts (BGBB) und uumlber den Grundstuumlckerwerb durch Personen im Ausland (BewG) als zwingende Bestimmungen an Ob diese Regeln auch Erbfaumlllen mit EU-Bezug zur Anwendung kommen haumlngt davon ab ob Art 30 EuErbVO auch auf Drittstaaten zur Anwendung kommt202 was zu ist20)

39 Weitere Bereiche der Erbschaftsplanung

Schliesslich ist daran zu erinnern zur umfassenden Erbschaftsplanullg auch das Eheguumlterrecht gehoumlrt und immer mehr auch Verfuumlgungen unter Lebenden ershyfasst (insbesondere im Rahmen der Unternehmensnachfolge) sowie (weiterhin) Strukturierungen mit Gesellschaften Stiftungen und Trusts Alle diese Bereishyche werden von der EuErbVO nicht erfasst204 und werden somit weiter von den nationalen Kollisionsregeln beherrscht205 Es bleibt somit noch viel Raum fuumlr weitere Harmonisierung

198 (39) AJP 20141103 weist auf den houmlheren Oualitiitsstandard in der EU hin schweizerische Recbt (Art 559 ZGB) zu

199 Vgl ULRrCH HAAS Internationales Verfahrensrecht in Erbsachen in Erbrecht in Ellropa hrsg v Rembert Suumlss 2 A Angclbachtal 2008 N 54 Begruumlndet wird dies damit dass einem dem deutschen Erbschein nachgebildeten auslaumlndischen Erbnachweis keine prozessrcchtli Wirkungen insbesondere keine Rechtskraft- oder GestaltungswirklIng zukommt anders schieden hat das LG Muumlnchen 28 0 243110 bei einem tuumlrkischen Erbschein was von

Auslaumlndischer Erbschein fuumlr Nachlass in Delllschland IPRax 2013241 H) aber tuumlrkischer Erbschein die Person an die man leisten kann nicht ohne

200 Allerdings ist die Anerkennung von nationalen crDlolgezcugmsscn ganz noch nicht sehr gekommen vgl PETER BREITSCHMIDCHRISTELLE HAAS Impacts tur reglelTIcnt europeen en matierc de successions sur le droit suisse in Succcssions internationashyles hrsg v Andrea BonomiChristina Schmid GencvelZurichBRle 2010 S 134 mit Verweis auf einen Bericht des Max-Planck-Instituts vom 26032010

201 Vgl vorne 112 202 Vgl KALTUHL (FN 124) S [JO f 203 VgL DurrA (FN 85) Art 30 EuErbVO N 7 204 Vgl STEPHANIE HERZOG Die EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) ErbR 2013 4

TANZE FISCHER-CZERMAK Anwendungsbereich in Europaumlische Elbrechtsverordnung nrs v Martin Schauer und Elisabeth Scheuba Wien 2012 S 25 H MUumlLLER-LuKOSCHEK (FN sect 2 N 47 ff

205 VgJ etwa ALEXANDER PFE1FFER Nachlassplanung deutsch-schweizerischer (Diss Leipzig) Regensburg 2011 S 259 ff

Kuumlnzle

Page 13: Tagungsband 8. Deutscher Testamentsvollstreckertag · 2015. 12. 7. · 28.06.2010 Erw. 3.1: Frankreich befasst sich nicht mit ausländischen Liegenschaften _ ein Gut 21 Vgl. Art.

137 136 Teil 2 Vertiefung

schafft Art 10 EuErbVO auch Konflikte mit dem bestehenden Recht der Mitshygliedstaaten wie das Beispiel von Oumlsterreich (sect 150 AuszligStrG) zeigt 148

Wenn ein Erblasser vermeiden will dass Art 10 EuErbVO zur Anwendung kommt muss er zufaumlllige und unnoumltige zustaumlndigkeitsbegruumlndende Beruumlhshyrungspunkte zu einem Mitgliedstaat zu Lebzeiten beseitigen149 sprich sein Vermoumlgen aus dem Mitgliedstaat abziehen

d) Fuumlr den Fall dass ein Verfahren in einem Drittstaat unmoumlglich oder unzushymutbar wird schafft Art 11 EuErbVO eine Notzustaumlndigkeit 15o Verlangt wird ein ausreichender Bezug zum Mitgliedstaat Gedacht ist etwa an den Fall des Stillstands der Rechtspflege dann soll das Verfahren nach Art 10 Abs2 EushyErbVO auf das Ausland ausgedehnt werdenlS1

e) Fuumlr den Fall dass Entscheidungen von Mitgliedstaaten in einem Drittstaat keine Aussicht auf Anerkennung oder Vollstreckung haben kann das Verfahren im Mitgliedstaat auf den europaumlischen Nachlass beschraumlnkt werden (Art 12 EuErbVO) In diesem Zusammenhang ist Liechtenstein zu erwaumlhnen152 welshyches nur mit der Schweiz153 und Oumlsterreich154 Vollstreckungsabkommen abgeshyschlossen hat (ersteres regelt die Zustaumlndigkeit nicht umfassend155 und letzteres

auf Erb- und Verlassenschaftssachen keine Anwendung Art 1 Abs3 Ziff 3)156 weshalb fuumlr die meisten Staaten eine Vollstreckung ausgeschlossen

bzw nur das Rechtsoumlffnungsverfahren (Art 49 ff RSO) bleibt welches zu einer Aberkennungsklage und damit einer inhaltlichen Pruumlfung in Liechtenstein fuumlhrt ISS

148 VgL ENA-MARLISBAJONS Zustaumlndigkeit und anwcndbares Recht in Erbsachenin Europaumlische Erbrechtsverordnung v Martin Schauer und Elisabcth Scheuba Wicn2012 S 40 149 WEISSIBIGLER (FN 92) successio 2014 178 150 Vgl DurrA (FN 85) Vor Art 4 EuErbVO N 12 151 VgL DUTTA (FN 85) Art 11 EuErbVO N 1

152 Vgl dazu HANS RAINER KUumlNZLE Vermoumlgensschutz mit liechtensteinischen Strukturell aus schweizerischer Sicht in Handbuch des Vermaumlgensschutzes hrsg v Francesco Schurr Wien2015 N 92 ff

153 Vg1 Abkommen vom 25 Aplil1968 zwischen dem Fuumlrstentum Liechtellstein und der Schweizeshyrischen Eidgenossenschaft uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entshyscheidungen und Schiedsspruumlchen in Zivilsachen (LR 027691011 I SR 0276141)

154 Ygl Abkommen vom 5]uli 1973 zwischen dem Fuumlrstentum Licchtenstein und der Osterreich uumlber die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen EntseheidungcSchiedsspruumlchen Vergleichen und oumlffentlichen Urkunden (LR 027691021)

155 Vgl MARIO FRICK Asset Protection und Zivilprozess L1Z 33 (2012) 1322156 Vgl BERNHARD MOTAL Durchsetzung von Pflichtteilsanspruumlchen gegen eil

Stiftung ]EV 2013 53 MARIO FRICK Die Anerkennung und Vollstreckung auslaumlndischer Entshyscheidungen in Zivilsachen im Fuumlrstentum Liechtenstein St Gallen 1992 S 66

157 Vgl etwa OG 7 Rouml 20023 vom 220820021us amp News 200371 Ein auslaumlndisches Urteil (LGFreiburg iBr) ist mangels Staatsvertrag bzw gegenseitiger Anerkennung nicht vollstreckbar

158 VgL MARIO FRICK Sind auslaumlndische Urteile taugliche Urkunden fuumlr eine Rechtsaumlffnung in Liechtenstein Anmerkungen zum Beschluss des liechtensteinischen Obergcrichts vom22082002 zu 7Rouml 20022]us amp News 2003710 f

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

34 Anwendbares Recht

a) Waumlhrend das IPRG grundsaumltzlich auf den Wohnsitz abstellt 159 knuumlpft die EuErbVO am gewoumlhnlichen Aufenthalt an 160 Diese beiden Kriterien sind haumlushyfig aber nicht immer deckungsgleich 161 Damit duumlrften die meisten bestehenden Konfliktfaumllle welche auf die Anwendung des Staatsangehaumlrigkeitsrechts zushyruumlckgehen verschwinden 162 Es macht durchaus Sinn dass der Erblasser seine tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse in der letztwilligen Verfuumlgung festhaumllt (confessio iushyris)163 Von einer Rechtswahl durch Verschiebung des gewoumlhnlichen Aufentshyhaltsorts ist aufgrund der damit verbundenen Rechtsunsicherheit abzurashyten164 Die Anwendung der EuErbVO in der Schweiz und damit die Auslegung von Art 91 Abs 1 IPRG wird noch einiger Priizisierungen beduumlrfen 165 Ein geshywisses Konfliktpotentialliegt darin dass es in der Schweiz neben dem Erbstatut auch noch ein EroumlffnungsstatutiMgt gibt 167

b) Nach dem IPRG kann der Erblasser sein Heimatrecht im Zeitpunkt des Toshydes waumlhlen168 nach der EuErbVO kann der Erblasser sein Staatsangehoumlrigkeitsshyrecht im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes waumlhlen 169 Auch hier beshysteht weitgehende (aber nicht vollstaumlndige) Uumlbereinstimmung Die Wahl des Heimatrechts kann aus schweizerischer Sicht zu einer Verlagerung der Zustaumlnshydigkeit in die Schweiz fuumlhren (Art 87 Abs 2 IPRG) und damit moumlglicherweise

nach kantonalem Recht) zu einer Anwendung der Erbschaftssteuer in der 170 Wenn beim Erblasser Anknuumlpfungspunkte mit mehreren Laumlndern

bestehen sollte er sich in der letztwilligen Verfuumlgung zum anwendbaren Recht aumlussern selbst dann wenn er kein Recht waumlhlen moumlchte i71 Seitens der EU wird bedauert dass nicht auch noch das Recht des gewoumlhnlichen Aufenthaltsorts im Zeitpunkt der Testamentselrichtung lind das Guumlterstatut gewaumlhlt werden

159 160 161 162

163 164

165

166 167 139) AJP 20141098 168 169 170 Vgl WElSSB1GLER (FN 92) successio 2014 178 zu einem Formulierungsbeispiel vgJ JUTTA

MUumlLLER-LuKOSCHECK Die neue EU-Erbrechtsverordnung Essen 2013 sect 4 N 26 171 VgJ WEISsBJGLER (FN 92) succcssio 2014 177 f

Kuumlnzle

vorne 12 I a) vorne 221 b)BONOMrlOumlZTORK (FN 127) ZVglRWiss 201523 f DORMANN (FN 146) S 84 PllIlIlPE FRESARll Lc nouvcau Rcglcrnem CUlopccn de sllccession

N 40 ff ALEXANDER PFEIFFER Andenmgcn des Erbstatuts dur aus schweizerischer Sicht successio 2010 320 L dennoch kann ein

ganz ausgeschlossen werden vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 20141098 Zu V~1 WmssBIGlERMltglicdstaat Art Vgl SClIWANDER _ auf Erblasser lnit lItthU~Ptjlt1l~hrgttmiddot

91 Abs 1 IPRG gleichermassenStaatsangehoumlrigkeit anwendshy

bar ist) VgJ vorne 122 VgJ SCHWANDER Vgl vorne 121 Vgl vornc 222

139 138 Teil 2 Vertiefung

kann 172 Aus schweizerischer Sicht sind wir froh daruumlber weil zusaumltzliche Wahlmaumlglichkeiten weitere Konflikte schaffen wuumlrde

c) Die ErbVO regelt nicht wie das anzuwendende Fremdrecht festzustellen ist und welches Recht angewendet wird wenn es nicht feststellbar isc173 In Deutschland ist auslaumlndisches Recht von Amtes wegen festzustellen die Parteien haben das Gericht zu unterstuumltzen und es koumlnnen Sachverstaumlndige beigezogen

174werden Schwer feststellbares Recht kann ev uumlber das Mutterrecht erschlosshysen werden (2GB BGB ce common law) ansonsten gilt die lex fori

d) Ein Konfliktpotential besteht bei Doppe1buumlrgern 175 Diese sind in der Schweiz von einer Wahl des Heimatrechts ausgeschlossen 176 waumlhrend Mehrshystaatler in der EU das Recht waumlhlen duumlrfen dem sie zur Zeit der Rechtswahl oder im Zeitpunkt des Todes angehoumlren (Art 22 Abs 1 Satz 2 EuErbVO)177

e) Eine Ruumlck- und Weiterverweisung (Renvoi) wird im schweizerischen Recht nur in den vom Gesetz vorgesehenen Faumlllen zugelassen (etwa Art 91 Absl IPRG)178 in der Erbrechtsverordnung dagegen in breiterem Umfang (Art 34 EuErbVO)Y9 Letzterer kommt vor allem dann vor wenn ein Drittstaatsrecht ~ eine andere Hauptanknuumlpfung (als den letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers) verwendet zum Beispiel das Staatsangehoumlrigkeitsprinzip180 Weil dies bei der Schweiz nicht der Fall ist181 duumlrfte dieser Unterschied kaum zu Problemen fuumlhren 18z

f) Eine Rechtswahl kann dazu fuumlhren dass Erb- und Guumlterrecht auseinanderfalshy[en Die Rechtsnatur des pauschalen Zugewinnanteils des uumlberlebenden Ehegatshyten von 11 (Art 1371 Abs 1 BGB) ist umstritten weil ein Anspruch basierend auf Guumlterrecht im Erbrecht abgegolten wird 183 Dieser Fall zeigt dass neben

172 Vgl WILKE (FN 100) RIW 2012606

173 Vgl KINGA M WEISSMANUEL BIGLER Wohnsitz oder gewoumlhnlicher Aufenthalt _ Die Anshywendungsprobleme der europaumlischen Erbrechtsverordnung im Rechtsverkehr mit der Schweiz Deutscher Anwaltsspiegel Spezial Maumlrz 2013 S 28 KALTUHL (FN 130) S 121 f

174 Vgl WALTER ERMANNHARM PETER WESTERMANN BGB 13 A) Koumlln 2011 Einl Art 3-47N 59 ff

17S VgJ SCI-WANDER (FN 139) AJP 20141096 BALZ HOumlSLYSTEFANIE DEBRUNNER Rechtswahl schweizerisch-deutscher Doppelbuumlrger bei der Nachlassplanul]g untermiddot Beruumlcksichtigung ~er EU-Erbrechtsverordnung Anwalts revue 2013 276 BONOMrOZTuumlRK (FN 127) ZVgIRWlss 201524 f

176 Vgl vorne 121 b) 177 Vgl vorne 222 178 Vgl vorne 121 g) 179 VgJ vorne 32 d) 180 Vgl DU11A (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 181 Vgl vorne 121 a) Wohnsitz als Anknuumlpfugskriterium182

Vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 2014 1096 welcher darauf hinweist dass heikle RenvoishyProbleme mit Frankreich Schweden und Deutschland kuumlnftig entfallen

183 Vgl HEINRICH DOumlRNER Die Abgrenzung des Erbstatllts vom Guumltcrstatut in Die Europaumlisc~e Erbrechtsverordnllng hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 NIl ff dIe hM geht Yon einer guumlterrechtlichen Qualifikation aus vgl etwa BGH FamRZ 2012 1871

Kuumlnzte

Die EuErbVO und die Schweiz

dem Erbrecht auch das Guumlterrecht der Ehegatten in der EU koordiniert werden sollte Ein Schritt in diese Richtung ist der Vorschlag KOM (2011])1262 184

35 Erbvertraumlge

a) Die Erbrechtsverordnung aumlndert nichts an der Beurteilung (Zulaumlssigkeit) von Erbvertraumlgen in den einzelnen Laumlndern Deshalb ist je nach Ziel[and sorgfaumlltig abzuklaumlren ob Erbvertraumlge (zwischen Ehegatten oder zwischen beliebigen Ershyben) zulaumlssig sind

Wenn deutsche Staatsangehoumlrige in die Schweiz kommen ist ihnen zu empshyallfaumlllige gemeinschaftliche Testamente (welche im schweizerischen

Recht nicht bekannt sind) durch einen Erbvertrag zu ersetzen IS5

36 Testamentsvollstrecker

a) In der Schweiz hat der Gesetzgeber die Anwendung des Eroumlffnungsstatuts vorgesehen (Art 92 Abs 2 IPRG) die Lehre wendet aber hauptsaumlchlich das Erbshystatut an 186 In der EU wendet man auf den Testamentsvollstrecker grundsaumltzshylich das Erbstatut an (Art 23 Abs 2 [ie f EuErbVO) laumlsst aus zwingenden Gruumlnden aber auch das Eraumlffnungsstatut zu (Art 29 Abs 1 EuErbVO)187 wohl der umgekehrte Weg gewaumlhlt wurde sollten diese beiden Loumlsungen ziemshy

(aber nicht vollstaumlndig) kompatibel sein

b) Die fuumlr den executor gedachte Ausnahme kann auch vom schweizerischen Recht in Anspruch genommen werden Das hat etwa zur Fo[ge dass die zwinshygend vorgesehene Aufsicht 188 fuumlr einen von einer schweizerischen Behoumlrde (nach deutschem Recht) eingesetzten Testamentsvollstrecker sich nach schweishyzerischem Recht richtet und die Aufsichtsbehoumlrde somit (im Gegensatz zu Deutsch[and wo es nur die Absetzung gibt [sect 2227 BGB]) Empfehlungen Weishysungen und andere sachdienliche Massnahmen anordnen kann 18

37 Nachlasszeugnisse

a) Es ist davon auszugehen dass die schweizerische Behoumlrden (Grundbuch)190 und Gerichte sowie Private (Banken und Versicherungen) das Europaumlische

184 Wesentliche Inhalte Zllstaumlndi~kcit des Nachlassgerichts (Art 3) Rechtswahl (Art 16 gemcinmiddot samer gew~hnlicher u~ent~a t gewoumlhnlicher Aufcnthal~ ~ines Ehegatten bei der Eheschliesshysung oder Staatsrtngehongkelt Cll1es Ehegatten) oder WSldlar (Art 17) erster gememsamer geshywoumlhnlicher Aufenthalt bzw gemeinsame Staatsangehoumlrigkeit bzw engste Verbundenheit

185 Vgl ODERSKY (FN 102) notar 20138 186 Vgl vorne 122 b) 187 Vgl vorne 224 188 Vgl VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 515 189 VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 536 ff 190 Das Europaumlische Nachlasszeugnis ist inhaltlich und funktionell gleichwertig wie die Erbbescheishy

nigung nach Art559 ZGB llnd deshalb auch im Grulldbuchverkehr zu akzeptieren vgl WEIsslBrGLER (FN 92) sllccessio 2014 193

Kuumlnzte

141 140

Teil 2 Vertiefung

Nachlasszeugnis191 ohne weiteres anerkennen werdenl92 auch wenn der Gutshyglaubensschutz (Art 69 Abs2 EuErbVO) schwaumlcher ausgestaltet ist als beim deutschen Erbschien193 Aus Gruumlnden des Verkehrsschutzes wird man dem Europaumlischen Nachlasszeugnis in der Schweiz houmlchstens die Wirkungen zuershykennen koumlnnen die eine Bescheinigung nach Art 559 Abs 1 ZGB haumlttel94 Zu

kann es kommen wenn ein Mitgliedstaat die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO begruumlndet oder in der Schweiz zuerst ein Erbschaftsverfahren eingeleitet wurde 195 Neben dem Europaumlischen Nachlasszeugnis bleiben die nashytionalen Erbfolgezeugnisse bestehen196 welche teilweise (weiterhin) einem Vollshystreckungsverfahren (Exequaturverfahren Art 25 ff IPRG) unterworfen sind 197

b) Beim umgekehrten Weg (Anerkennung der schweizerischen Erbbescheinishygung im Ausland) erwarte ich zusaumltzliche Hindernisse weil die sehr detaillierte Regelung des Europaumlischen Nachlasszeugnisses (Art 68 EuErbVO) dazu wird dass die (aufgrund kantonaler Gesetzgebung) sehr uneinheitlichen und teilweise nur mit rudimentaumlren Angaben versehenen schweizerischen Erbbeshyscheinigungen (ohne Ehevertrag ohne Nachlasswerte ohne Erbquote) je

191 Vg1 vorne 37 192

Ebenso CA1HERINE GRUN MEYERrrHOMAS SPRECHER Aspekte der neuen EU-Erbrecbtsshyverordnung und ihres Bezugs Zur Scbweiz ZBGR 2015156 WErssBIGLER (FN 92) successio 2014192 BONOMI (FN 128) S] 2014 II 399 f

193 Vgl dazu KNUTWERNER LANGE Das Europaumliscbe Nachlasszeugnis Die Europaumlische Erbshyrechtsverordnung brsg v Anatol Dutta und Sebastian 2014 N 26 anders als im deutschen Recht schadet grobe Fahrlaumlssigkeit

194 SCHWANDER (FN 139) A]P 20141103 195

Vgl WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014192 SCHWANDER (FN 139) A]P 2014 1103 196

VglCHRISTOPH DORSEL Europiiische Ebrechts~erordnllng und Europaumlisches Nac~lasseu~shyms m Erbfalle unter Geltung der EUlOpiJschen Erbrechtsverordnung hrsg v Martm Lohmg ua Bielefdd 2014 S 51 fE

197 Zur Wirkung innerhalb der EU vgl DU1TA (FN 105) IPRax 2015 38 Wirkung als nach Art 3 Absl lit g EuErbVO fuumlr Erbausweise nach kontradiktorischem Verfahren Wirkung nach Art 59 EuErbVO fuumlr Erbausweise in Form einer oumlffentlichen Urkunde

Kuumlnzle

Die EuErbVO und die Schweiz

je weniger akzeptiert werden198 Dabei allerdings Deutschland welches ausshylaumlndische Erbfolgezugenisse schon heute durchwegs ablehnt 199 nicht als Reshyferenz verwendet werden 2OO

38 Zwingende Bestimmungen

Wie vorne201 dargestellt wendet die Schweiz die Bestimmungen des baumluerli shychen Bodenrechts (BGBB) und uumlber den Grundstuumlckerwerb durch Personen im Ausland (BewG) als zwingende Bestimmungen an Ob diese Regeln auch Erbfaumlllen mit EU-Bezug zur Anwendung kommen haumlngt davon ab ob Art 30 EuErbVO auch auf Drittstaaten zur Anwendung kommt202 was zu ist20)

39 Weitere Bereiche der Erbschaftsplanung

Schliesslich ist daran zu erinnern zur umfassenden Erbschaftsplanullg auch das Eheguumlterrecht gehoumlrt und immer mehr auch Verfuumlgungen unter Lebenden ershyfasst (insbesondere im Rahmen der Unternehmensnachfolge) sowie (weiterhin) Strukturierungen mit Gesellschaften Stiftungen und Trusts Alle diese Bereishyche werden von der EuErbVO nicht erfasst204 und werden somit weiter von den nationalen Kollisionsregeln beherrscht205 Es bleibt somit noch viel Raum fuumlr weitere Harmonisierung

198 (39) AJP 20141103 weist auf den houmlheren Oualitiitsstandard in der EU hin schweizerische Recbt (Art 559 ZGB) zu

199 Vgl ULRrCH HAAS Internationales Verfahrensrecht in Erbsachen in Erbrecht in Ellropa hrsg v Rembert Suumlss 2 A Angclbachtal 2008 N 54 Begruumlndet wird dies damit dass einem dem deutschen Erbschein nachgebildeten auslaumlndischen Erbnachweis keine prozessrcchtli Wirkungen insbesondere keine Rechtskraft- oder GestaltungswirklIng zukommt anders schieden hat das LG Muumlnchen 28 0 243110 bei einem tuumlrkischen Erbschein was von

Auslaumlndischer Erbschein fuumlr Nachlass in Delllschland IPRax 2013241 H) aber tuumlrkischer Erbschein die Person an die man leisten kann nicht ohne

200 Allerdings ist die Anerkennung von nationalen crDlolgezcugmsscn ganz noch nicht sehr gekommen vgl PETER BREITSCHMIDCHRISTELLE HAAS Impacts tur reglelTIcnt europeen en matierc de successions sur le droit suisse in Succcssions internationashyles hrsg v Andrea BonomiChristina Schmid GencvelZurichBRle 2010 S 134 mit Verweis auf einen Bericht des Max-Planck-Instituts vom 26032010

201 Vgl vorne 112 202 Vgl KALTUHL (FN 124) S [JO f 203 VgL DurrA (FN 85) Art 30 EuErbVO N 7 204 Vgl STEPHANIE HERZOG Die EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) ErbR 2013 4

TANZE FISCHER-CZERMAK Anwendungsbereich in Europaumlische Elbrechtsverordnung nrs v Martin Schauer und Elisabeth Scheuba Wien 2012 S 25 H MUumlLLER-LuKOSCHEK (FN sect 2 N 47 ff

205 VgJ etwa ALEXANDER PFE1FFER Nachlassplanung deutsch-schweizerischer (Diss Leipzig) Regensburg 2011 S 259 ff

Kuumlnzle

Page 14: Tagungsband 8. Deutscher Testamentsvollstreckertag · 2015. 12. 7. · 28.06.2010 Erw. 3.1: Frankreich befasst sich nicht mit ausländischen Liegenschaften _ ein Gut 21 Vgl. Art.

139 138 Teil 2 Vertiefung

kann 172 Aus schweizerischer Sicht sind wir froh daruumlber weil zusaumltzliche Wahlmaumlglichkeiten weitere Konflikte schaffen wuumlrde

c) Die ErbVO regelt nicht wie das anzuwendende Fremdrecht festzustellen ist und welches Recht angewendet wird wenn es nicht feststellbar isc173 In Deutschland ist auslaumlndisches Recht von Amtes wegen festzustellen die Parteien haben das Gericht zu unterstuumltzen und es koumlnnen Sachverstaumlndige beigezogen

174werden Schwer feststellbares Recht kann ev uumlber das Mutterrecht erschlosshysen werden (2GB BGB ce common law) ansonsten gilt die lex fori

d) Ein Konfliktpotential besteht bei Doppe1buumlrgern 175 Diese sind in der Schweiz von einer Wahl des Heimatrechts ausgeschlossen 176 waumlhrend Mehrshystaatler in der EU das Recht waumlhlen duumlrfen dem sie zur Zeit der Rechtswahl oder im Zeitpunkt des Todes angehoumlren (Art 22 Abs 1 Satz 2 EuErbVO)177

e) Eine Ruumlck- und Weiterverweisung (Renvoi) wird im schweizerischen Recht nur in den vom Gesetz vorgesehenen Faumlllen zugelassen (etwa Art 91 Absl IPRG)178 in der Erbrechtsverordnung dagegen in breiterem Umfang (Art 34 EuErbVO)Y9 Letzterer kommt vor allem dann vor wenn ein Drittstaatsrecht ~ eine andere Hauptanknuumlpfung (als den letzten gewoumlhnlichen Aufenthalt des Erblassers) verwendet zum Beispiel das Staatsangehoumlrigkeitsprinzip180 Weil dies bei der Schweiz nicht der Fall ist181 duumlrfte dieser Unterschied kaum zu Problemen fuumlhren 18z

f) Eine Rechtswahl kann dazu fuumlhren dass Erb- und Guumlterrecht auseinanderfalshy[en Die Rechtsnatur des pauschalen Zugewinnanteils des uumlberlebenden Ehegatshyten von 11 (Art 1371 Abs 1 BGB) ist umstritten weil ein Anspruch basierend auf Guumlterrecht im Erbrecht abgegolten wird 183 Dieser Fall zeigt dass neben

172 Vgl WILKE (FN 100) RIW 2012606

173 Vgl KINGA M WEISSMANUEL BIGLER Wohnsitz oder gewoumlhnlicher Aufenthalt _ Die Anshywendungsprobleme der europaumlischen Erbrechtsverordnung im Rechtsverkehr mit der Schweiz Deutscher Anwaltsspiegel Spezial Maumlrz 2013 S 28 KALTUHL (FN 130) S 121 f

174 Vgl WALTER ERMANNHARM PETER WESTERMANN BGB 13 A) Koumlln 2011 Einl Art 3-47N 59 ff

17S VgJ SCI-WANDER (FN 139) AJP 20141096 BALZ HOumlSLYSTEFANIE DEBRUNNER Rechtswahl schweizerisch-deutscher Doppelbuumlrger bei der Nachlassplanul]g untermiddot Beruumlcksichtigung ~er EU-Erbrechtsverordnung Anwalts revue 2013 276 BONOMrOZTuumlRK (FN 127) ZVgIRWlss 201524 f

176 Vgl vorne 121 b) 177 Vgl vorne 222 178 Vgl vorne 121 g) 179 VgJ vorne 32 d) 180 Vgl DU11A (FN 85) Art 34 EuErbVO N 3 181 Vgl vorne 121 a) Wohnsitz als Anknuumlpfugskriterium182

Vgl SCHWANDER (FN 139) AJP 2014 1096 welcher darauf hinweist dass heikle RenvoishyProbleme mit Frankreich Schweden und Deutschland kuumlnftig entfallen

183 Vgl HEINRICH DOumlRNER Die Abgrenzung des Erbstatllts vom Guumltcrstatut in Die Europaumlisc~e Erbrechtsverordnllng hrsg v Anatol Dutta und Sebastian Herrler Muumlnchen 2014 NIl ff dIe hM geht Yon einer guumlterrechtlichen Qualifikation aus vgl etwa BGH FamRZ 2012 1871

Kuumlnzte

Die EuErbVO und die Schweiz

dem Erbrecht auch das Guumlterrecht der Ehegatten in der EU koordiniert werden sollte Ein Schritt in diese Richtung ist der Vorschlag KOM (2011])1262 184

35 Erbvertraumlge

a) Die Erbrechtsverordnung aumlndert nichts an der Beurteilung (Zulaumlssigkeit) von Erbvertraumlgen in den einzelnen Laumlndern Deshalb ist je nach Ziel[and sorgfaumlltig abzuklaumlren ob Erbvertraumlge (zwischen Ehegatten oder zwischen beliebigen Ershyben) zulaumlssig sind

Wenn deutsche Staatsangehoumlrige in die Schweiz kommen ist ihnen zu empshyallfaumlllige gemeinschaftliche Testamente (welche im schweizerischen

Recht nicht bekannt sind) durch einen Erbvertrag zu ersetzen IS5

36 Testamentsvollstrecker

a) In der Schweiz hat der Gesetzgeber die Anwendung des Eroumlffnungsstatuts vorgesehen (Art 92 Abs 2 IPRG) die Lehre wendet aber hauptsaumlchlich das Erbshystatut an 186 In der EU wendet man auf den Testamentsvollstrecker grundsaumltzshylich das Erbstatut an (Art 23 Abs 2 [ie f EuErbVO) laumlsst aus zwingenden Gruumlnden aber auch das Eraumlffnungsstatut zu (Art 29 Abs 1 EuErbVO)187 wohl der umgekehrte Weg gewaumlhlt wurde sollten diese beiden Loumlsungen ziemshy

(aber nicht vollstaumlndig) kompatibel sein

b) Die fuumlr den executor gedachte Ausnahme kann auch vom schweizerischen Recht in Anspruch genommen werden Das hat etwa zur Fo[ge dass die zwinshygend vorgesehene Aufsicht 188 fuumlr einen von einer schweizerischen Behoumlrde (nach deutschem Recht) eingesetzten Testamentsvollstrecker sich nach schweishyzerischem Recht richtet und die Aufsichtsbehoumlrde somit (im Gegensatz zu Deutsch[and wo es nur die Absetzung gibt [sect 2227 BGB]) Empfehlungen Weishysungen und andere sachdienliche Massnahmen anordnen kann 18

37 Nachlasszeugnisse

a) Es ist davon auszugehen dass die schweizerische Behoumlrden (Grundbuch)190 und Gerichte sowie Private (Banken und Versicherungen) das Europaumlische

184 Wesentliche Inhalte Zllstaumlndi~kcit des Nachlassgerichts (Art 3) Rechtswahl (Art 16 gemcinmiddot samer gew~hnlicher u~ent~a t gewoumlhnlicher Aufcnthal~ ~ines Ehegatten bei der Eheschliesshysung oder Staatsrtngehongkelt Cll1es Ehegatten) oder WSldlar (Art 17) erster gememsamer geshywoumlhnlicher Aufenthalt bzw gemeinsame Staatsangehoumlrigkeit bzw engste Verbundenheit

185 Vgl ODERSKY (FN 102) notar 20138 186 Vgl vorne 122 b) 187 Vgl vorne 224 188 Vgl VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 515 189 VgL KUumlNZLE (FN 68) Art 517-518 ZGB N 536 ff 190 Das Europaumlische Nachlasszeugnis ist inhaltlich und funktionell gleichwertig wie die Erbbescheishy

nigung nach Art559 ZGB llnd deshalb auch im Grulldbuchverkehr zu akzeptieren vgl WEIsslBrGLER (FN 92) sllccessio 2014 193

Kuumlnzte

141 140

Teil 2 Vertiefung

Nachlasszeugnis191 ohne weiteres anerkennen werdenl92 auch wenn der Gutshyglaubensschutz (Art 69 Abs2 EuErbVO) schwaumlcher ausgestaltet ist als beim deutschen Erbschien193 Aus Gruumlnden des Verkehrsschutzes wird man dem Europaumlischen Nachlasszeugnis in der Schweiz houmlchstens die Wirkungen zuershykennen koumlnnen die eine Bescheinigung nach Art 559 Abs 1 ZGB haumlttel94 Zu

kann es kommen wenn ein Mitgliedstaat die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO begruumlndet oder in der Schweiz zuerst ein Erbschaftsverfahren eingeleitet wurde 195 Neben dem Europaumlischen Nachlasszeugnis bleiben die nashytionalen Erbfolgezeugnisse bestehen196 welche teilweise (weiterhin) einem Vollshystreckungsverfahren (Exequaturverfahren Art 25 ff IPRG) unterworfen sind 197

b) Beim umgekehrten Weg (Anerkennung der schweizerischen Erbbescheinishygung im Ausland) erwarte ich zusaumltzliche Hindernisse weil die sehr detaillierte Regelung des Europaumlischen Nachlasszeugnisses (Art 68 EuErbVO) dazu wird dass die (aufgrund kantonaler Gesetzgebung) sehr uneinheitlichen und teilweise nur mit rudimentaumlren Angaben versehenen schweizerischen Erbbeshyscheinigungen (ohne Ehevertrag ohne Nachlasswerte ohne Erbquote) je

191 Vg1 vorne 37 192

Ebenso CA1HERINE GRUN MEYERrrHOMAS SPRECHER Aspekte der neuen EU-Erbrecbtsshyverordnung und ihres Bezugs Zur Scbweiz ZBGR 2015156 WErssBIGLER (FN 92) successio 2014192 BONOMI (FN 128) S] 2014 II 399 f

193 Vgl dazu KNUTWERNER LANGE Das Europaumliscbe Nachlasszeugnis Die Europaumlische Erbshyrechtsverordnung brsg v Anatol Dutta und Sebastian 2014 N 26 anders als im deutschen Recht schadet grobe Fahrlaumlssigkeit

194 SCHWANDER (FN 139) A]P 20141103 195

Vgl WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014192 SCHWANDER (FN 139) A]P 2014 1103 196

VglCHRISTOPH DORSEL Europiiische Ebrechts~erordnllng und Europaumlisches Nac~lasseu~shyms m Erbfalle unter Geltung der EUlOpiJschen Erbrechtsverordnung hrsg v Martm Lohmg ua Bielefdd 2014 S 51 fE

197 Zur Wirkung innerhalb der EU vgl DU1TA (FN 105) IPRax 2015 38 Wirkung als nach Art 3 Absl lit g EuErbVO fuumlr Erbausweise nach kontradiktorischem Verfahren Wirkung nach Art 59 EuErbVO fuumlr Erbausweise in Form einer oumlffentlichen Urkunde

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Die EuErbVO und die Schweiz

je weniger akzeptiert werden198 Dabei allerdings Deutschland welches ausshylaumlndische Erbfolgezugenisse schon heute durchwegs ablehnt 199 nicht als Reshyferenz verwendet werden 2OO

38 Zwingende Bestimmungen

Wie vorne201 dargestellt wendet die Schweiz die Bestimmungen des baumluerli shychen Bodenrechts (BGBB) und uumlber den Grundstuumlckerwerb durch Personen im Ausland (BewG) als zwingende Bestimmungen an Ob diese Regeln auch Erbfaumlllen mit EU-Bezug zur Anwendung kommen haumlngt davon ab ob Art 30 EuErbVO auch auf Drittstaaten zur Anwendung kommt202 was zu ist20)

39 Weitere Bereiche der Erbschaftsplanung

Schliesslich ist daran zu erinnern zur umfassenden Erbschaftsplanullg auch das Eheguumlterrecht gehoumlrt und immer mehr auch Verfuumlgungen unter Lebenden ershyfasst (insbesondere im Rahmen der Unternehmensnachfolge) sowie (weiterhin) Strukturierungen mit Gesellschaften Stiftungen und Trusts Alle diese Bereishyche werden von der EuErbVO nicht erfasst204 und werden somit weiter von den nationalen Kollisionsregeln beherrscht205 Es bleibt somit noch viel Raum fuumlr weitere Harmonisierung

198 (39) AJP 20141103 weist auf den houmlheren Oualitiitsstandard in der EU hin schweizerische Recbt (Art 559 ZGB) zu

199 Vgl ULRrCH HAAS Internationales Verfahrensrecht in Erbsachen in Erbrecht in Ellropa hrsg v Rembert Suumlss 2 A Angclbachtal 2008 N 54 Begruumlndet wird dies damit dass einem dem deutschen Erbschein nachgebildeten auslaumlndischen Erbnachweis keine prozessrcchtli Wirkungen insbesondere keine Rechtskraft- oder GestaltungswirklIng zukommt anders schieden hat das LG Muumlnchen 28 0 243110 bei einem tuumlrkischen Erbschein was von

Auslaumlndischer Erbschein fuumlr Nachlass in Delllschland IPRax 2013241 H) aber tuumlrkischer Erbschein die Person an die man leisten kann nicht ohne

200 Allerdings ist die Anerkennung von nationalen crDlolgezcugmsscn ganz noch nicht sehr gekommen vgl PETER BREITSCHMIDCHRISTELLE HAAS Impacts tur reglelTIcnt europeen en matierc de successions sur le droit suisse in Succcssions internationashyles hrsg v Andrea BonomiChristina Schmid GencvelZurichBRle 2010 S 134 mit Verweis auf einen Bericht des Max-Planck-Instituts vom 26032010

201 Vgl vorne 112 202 Vgl KALTUHL (FN 124) S [JO f 203 VgL DurrA (FN 85) Art 30 EuErbVO N 7 204 Vgl STEPHANIE HERZOG Die EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) ErbR 2013 4

TANZE FISCHER-CZERMAK Anwendungsbereich in Europaumlische Elbrechtsverordnung nrs v Martin Schauer und Elisabeth Scheuba Wien 2012 S 25 H MUumlLLER-LuKOSCHEK (FN sect 2 N 47 ff

205 VgJ etwa ALEXANDER PFE1FFER Nachlassplanung deutsch-schweizerischer (Diss Leipzig) Regensburg 2011 S 259 ff

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Page 15: Tagungsband 8. Deutscher Testamentsvollstreckertag · 2015. 12. 7. · 28.06.2010 Erw. 3.1: Frankreich befasst sich nicht mit ausländischen Liegenschaften _ ein Gut 21 Vgl. Art.

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Teil 2 Vertiefung

Nachlasszeugnis191 ohne weiteres anerkennen werdenl92 auch wenn der Gutshyglaubensschutz (Art 69 Abs2 EuErbVO) schwaumlcher ausgestaltet ist als beim deutschen Erbschien193 Aus Gruumlnden des Verkehrsschutzes wird man dem Europaumlischen Nachlasszeugnis in der Schweiz houmlchstens die Wirkungen zuershykennen koumlnnen die eine Bescheinigung nach Art 559 Abs 1 ZGB haumlttel94 Zu

kann es kommen wenn ein Mitgliedstaat die Zustaumlndigkeit nach Art 10 EuErbVO begruumlndet oder in der Schweiz zuerst ein Erbschaftsverfahren eingeleitet wurde 195 Neben dem Europaumlischen Nachlasszeugnis bleiben die nashytionalen Erbfolgezeugnisse bestehen196 welche teilweise (weiterhin) einem Vollshystreckungsverfahren (Exequaturverfahren Art 25 ff IPRG) unterworfen sind 197

b) Beim umgekehrten Weg (Anerkennung der schweizerischen Erbbescheinishygung im Ausland) erwarte ich zusaumltzliche Hindernisse weil die sehr detaillierte Regelung des Europaumlischen Nachlasszeugnisses (Art 68 EuErbVO) dazu wird dass die (aufgrund kantonaler Gesetzgebung) sehr uneinheitlichen und teilweise nur mit rudimentaumlren Angaben versehenen schweizerischen Erbbeshyscheinigungen (ohne Ehevertrag ohne Nachlasswerte ohne Erbquote) je

191 Vg1 vorne 37 192

Ebenso CA1HERINE GRUN MEYERrrHOMAS SPRECHER Aspekte der neuen EU-Erbrecbtsshyverordnung und ihres Bezugs Zur Scbweiz ZBGR 2015156 WErssBIGLER (FN 92) successio 2014192 BONOMI (FN 128) S] 2014 II 399 f

193 Vgl dazu KNUTWERNER LANGE Das Europaumliscbe Nachlasszeugnis Die Europaumlische Erbshyrechtsverordnung brsg v Anatol Dutta und Sebastian 2014 N 26 anders als im deutschen Recht schadet grobe Fahrlaumlssigkeit

194 SCHWANDER (FN 139) A]P 20141103 195

Vgl WEISSBIGLER (FN 92) successio 2014192 SCHWANDER (FN 139) A]P 2014 1103 196

VglCHRISTOPH DORSEL Europiiische Ebrechts~erordnllng und Europaumlisches Nac~lasseu~shyms m Erbfalle unter Geltung der EUlOpiJschen Erbrechtsverordnung hrsg v Martm Lohmg ua Bielefdd 2014 S 51 fE

197 Zur Wirkung innerhalb der EU vgl DU1TA (FN 105) IPRax 2015 38 Wirkung als nach Art 3 Absl lit g EuErbVO fuumlr Erbausweise nach kontradiktorischem Verfahren Wirkung nach Art 59 EuErbVO fuumlr Erbausweise in Form einer oumlffentlichen Urkunde

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Die EuErbVO und die Schweiz

je weniger akzeptiert werden198 Dabei allerdings Deutschland welches ausshylaumlndische Erbfolgezugenisse schon heute durchwegs ablehnt 199 nicht als Reshyferenz verwendet werden 2OO

38 Zwingende Bestimmungen

Wie vorne201 dargestellt wendet die Schweiz die Bestimmungen des baumluerli shychen Bodenrechts (BGBB) und uumlber den Grundstuumlckerwerb durch Personen im Ausland (BewG) als zwingende Bestimmungen an Ob diese Regeln auch Erbfaumlllen mit EU-Bezug zur Anwendung kommen haumlngt davon ab ob Art 30 EuErbVO auch auf Drittstaaten zur Anwendung kommt202 was zu ist20)

39 Weitere Bereiche der Erbschaftsplanung

Schliesslich ist daran zu erinnern zur umfassenden Erbschaftsplanullg auch das Eheguumlterrecht gehoumlrt und immer mehr auch Verfuumlgungen unter Lebenden ershyfasst (insbesondere im Rahmen der Unternehmensnachfolge) sowie (weiterhin) Strukturierungen mit Gesellschaften Stiftungen und Trusts Alle diese Bereishyche werden von der EuErbVO nicht erfasst204 und werden somit weiter von den nationalen Kollisionsregeln beherrscht205 Es bleibt somit noch viel Raum fuumlr weitere Harmonisierung

198 (39) AJP 20141103 weist auf den houmlheren Oualitiitsstandard in der EU hin schweizerische Recbt (Art 559 ZGB) zu

199 Vgl ULRrCH HAAS Internationales Verfahrensrecht in Erbsachen in Erbrecht in Ellropa hrsg v Rembert Suumlss 2 A Angclbachtal 2008 N 54 Begruumlndet wird dies damit dass einem dem deutschen Erbschein nachgebildeten auslaumlndischen Erbnachweis keine prozessrcchtli Wirkungen insbesondere keine Rechtskraft- oder GestaltungswirklIng zukommt anders schieden hat das LG Muumlnchen 28 0 243110 bei einem tuumlrkischen Erbschein was von

Auslaumlndischer Erbschein fuumlr Nachlass in Delllschland IPRax 2013241 H) aber tuumlrkischer Erbschein die Person an die man leisten kann nicht ohne

200 Allerdings ist die Anerkennung von nationalen crDlolgezcugmsscn ganz noch nicht sehr gekommen vgl PETER BREITSCHMIDCHRISTELLE HAAS Impacts tur reglelTIcnt europeen en matierc de successions sur le droit suisse in Succcssions internationashyles hrsg v Andrea BonomiChristina Schmid GencvelZurichBRle 2010 S 134 mit Verweis auf einen Bericht des Max-Planck-Instituts vom 26032010

201 Vgl vorne 112 202 Vgl KALTUHL (FN 124) S [JO f 203 VgL DurrA (FN 85) Art 30 EuErbVO N 7 204 Vgl STEPHANIE HERZOG Die EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) ErbR 2013 4

TANZE FISCHER-CZERMAK Anwendungsbereich in Europaumlische Elbrechtsverordnung nrs v Martin Schauer und Elisabeth Scheuba Wien 2012 S 25 H MUumlLLER-LuKOSCHEK (FN sect 2 N 47 ff

205 VgJ etwa ALEXANDER PFE1FFER Nachlassplanung deutsch-schweizerischer (Diss Leipzig) Regensburg 2011 S 259 ff

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