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Suger von Saint-Denis (Untersuchungen zu seinen Schriften Ordinatio - De consecratione - De...

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II. Suger und der heilige Dionysius Wir konnten bisher einige erhebliche Unterschiede zwischen De caelesti hierarchia, der in diesem Zusammenhang am meisten diskutierten Schrift des Dionysius Areopagita, und Sugers Ausführungen feststellen. Wenn Dionysius Areopagita demnach nicht Sugers philosophisch-theologische Leitfigur ist, bleibt zu fragen, welche Bedeutung er für Suger hat. Insbesondere muss festgestellt werden, ob für Suger die Identifizierung von Philosoph, Apostelschüler und Märtyrerbischof tatsächlich argumentatives Gewicht hat. Hierzu werden hagiographische Quellen über den heiligen Dionysius untersucht; in einem weiteren Schritt werden anhand der Benennungen, mit denen Suger seinen Heiligen belegt, die für Sugers Intentionen wichtigen Aspekte seiner Heiligenverehrung aufgezeigt. Dabei wird sich zeigen, dass die erwähnte Dreifach- identifizierung für Sugers Absicht, dem hl. Dionysius den Rang des Nationalheiligen zu sichern, keine Rolle spielt; als Konsequenz ergibt sich, dass ein zentrales Argument für Sugers angebliche Übernahme dionysischen Gedankenguts und ihre Umsetzung in Architektur entfällt. Suger beabsichtigt nicht, die Verbildlichung philosophisch- theologischer Werke eines als Heiligen verehrten Autors verständlich zu machen. 1. Hagiographische und liturgische Texte über den hl. Dionysius A. Hilduins Passio Sancti Dionysii Die für Saint-Denis wichtigste Quelle über die Person des hl. Dionysius war sicher die Passio Sancti Dionysii, die Abt Hilduin im Auftrag Ludwigs des Frommen verfasst hatte 1 . Sigebert von Gembloux verweist in seinem Catalogus de scriptoribus ecclesiasticis 1 auf eine metrische Fassung dieser Vita, die Hildebert gleichfalls verfasst habe; nachdem dieser Text lange als verloren galt, entdeckte Michael Lapidge in einer Oxforder Handschrift den etwa 2200 Hexameter umfassenden Text einer Passio S. Dionysii, den er in einem Aufsatz 1987 als die verlorene Passio metrica Hilduins identifizierte 3 . Der dort mitgeteilte Auszug weist zwar, wie Lapidge zutreffend bemerkte, Übereinstimmungen mit Hilduins Prosa-Passio auf, ist jedoch im Blick auf Suger nicht ergiebig. Der übrige Text dieser metrischen Darstellung ist mir nicht zugänglich; für die Beurteilung von Sugers Hilduin-Rezeption sind wir auf die bekannte Prosafassung angewiesen. Wie weit folgt Suger dieser im Kloster immer wieder gelesenen Darstellung? 4 Die ersten Kapitel der Passio schildern das Wirken des Apostels Paulus, über dessen Begegnung mit Dionysius in cap.Vss berichtet wird. Diese Begegnung und den Dialog 1 BHL 2175; Inc.: Post beatam ac salutiferam Domini nostri Iesu Christipassionem, PL 106, 26D- 50C 2 R. Witte, Catalogus Sigeberti Gemblacensis monachi de viris illustribus. Krit. Ausgabe (Lat. Sprache u. Literatur des Mittelalters, 1), Bern 1974, 76 u.132 3 M. Lapidge, The Lost 'Passio Metrica S.Dionysii' by Hilduin of Saint-Denis, in: Mlaüb 22 (1987) 1989, p.56-79 4 vgl.u.a. Nebbiai-dalia Guarda 1985, p.39 Brought to you by | St. Petersburg State University Authenticated | 93.180.53.211 Download Date | 12/16/13 12:14 AM
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II. Suger und der heilige Dionysius

Wir konnten bisher einige erhebliche Unterschiede zwischen De caelesti hierarchia, der in diesem Zusammenhang am meisten diskutierten Schrift des Dionysius Areopagita, und Sugers Ausführungen feststellen. Wenn Dionysius Areopagita demnach nicht Sugers philosophisch-theologische Leitfigur ist, bleibt zu fragen, welche Bedeutung er für Suger hat. Insbesondere muss festgestellt werden, ob für Suger die Identifizierung von Philosoph, Apostelschüler und Märtyrerbischof tatsächlich argumentatives Gewicht hat. Hierzu werden hagiographische Quellen über den heiligen Dionysius untersucht; in einem weiteren Schritt werden anhand der Benennungen, mit denen Suger seinen Heiligen belegt, die für Sugers Intentionen wichtigen Aspekte seiner Heiligenverehrung aufgezeigt. Dabei wird sich zeigen, dass die erwähnte Dreifach-identifizierung für Sugers Absicht, dem hl. Dionysius den Rang des Nationalheiligen zu sichern, keine Rolle spielt; als Konsequenz ergibt sich, dass ein zentrales Argument für Sugers angebliche Übernahme dionysischen Gedankenguts und ihre Umsetzung in Architektur entfällt. Suger beabsichtigt nicht, die Verbildlichung philosophisch-theologischer Werke eines als Heiligen verehrten Autors verständlich zu machen.

1. Hagiographische und liturgische Texte über den hl. Dionysius

A. Hilduins Passio Sancti Dionysii

Die für Saint-Denis wichtigste Quelle über die Person des hl. Dionysius war sicher die Passio Sancti Dionysii, die Abt Hilduin im Auftrag Ludwigs des Frommen verfasst hatte1. Sigebert von Gembloux verweist in seinem Catalogus de scriptoribus ecclesiasticis1 auf eine metrische Fassung dieser Vita, die Hildebert gleichfalls verfasst habe; nachdem dieser Text lange als verloren galt, entdeckte Michael Lapidge in einer Oxforder Handschrift den etwa 2200 Hexameter umfassenden Text einer Passio S. Dionysii, den er in einem Aufsatz 1987 als die verlorene Passio metrica Hilduins identifizierte3. Der dort mitgeteilte Auszug weist zwar, wie Lapidge zutreffend bemerkte, Übereinstimmungen mit Hilduins Prosa-Passio auf, ist jedoch im Blick auf Suger nicht ergiebig. Der übrige Text dieser metrischen Darstellung ist mir nicht zugänglich; für die Beurteilung von Sugers Hilduin-Rezeption sind wir auf die bekannte Prosafassung angewiesen. Wie weit folgt Suger dieser im Kloster immer wieder gelesenen Darstellung?4

Die ersten Kapitel der Passio schildern das Wirken des Apostels Paulus, über dessen Begegnung mit Dionysius in cap.Vss berichtet wird. Diese Begegnung und den Dialog

1 BHL 2175; Inc.: Post beatam ac salutiferam Domini nostri Iesu Christipassionem, PL 106, 26D-

50C 2 R. Witte, Catalogus Sigeberti Gemblacensis monachi de viris illustribus. Krit. Ausgabe (Lat.

Sprache u. Literatur des Mittelalters, 1), Bern 1974, 76 u.132 3 M. Lapidge, The Lost 'Passio Metrica S.Dionysii' by Hilduin o f Saint-Denis, in: Mlaüb 22 (1987) 1989,

p.56-79 4 vgl.u.a. Nebbiai-dalia Guarda 1985, p.39

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62 II. Suger und der heilige Dionysius

zwischen Paulus und Dionysius in cap.VI erwähnt Suger nicht, ebensowenig den in Cap.VII der Passio mitgeteilten ausdrücklichen Wunsch des Dionysius, Schüler des Paulus zu werden - wir werden sehen, dass darin ein wichtiger Unterschied auch zu der Darstellung des Heiligen in der Sequenzdichtung besteht5. In cap.IX-XVI geht Hilduin auf die schriftstellerische Tätigkeit des Dionysius und sein Briefcorpus ein. Hilduin verwendet zahlreiche Zitate aus den erwähnten Werken. Uber Schriften, die der Heilige hinterlassen habe, verliert Suger kein Wort. Cap.XVII berichtet über Dionysius1 Reise nach Rom und die dort herrschende Christenverfolgung. Cap. XVIII leitet mit dem Empfang durch Papst Clemens zum Missionsauftrag in Gallien über6. Auch hiervon finden sich in Sugers Schriften keine Spuren. Cap. XIX enthält die Rede des Papstes an Dionysius; hier finden sich nun Formulierungen, die Suger in abgewandelter Form aufgreift: [...] perge in nomine Domini, partes aggrediens Occidentis [..]7; [..] in tui apostolatus sorte, apostolica nostra auctoritate, omnem suscipiens Galliam opus fac evangelistae [..]' Apostolatus und apostolica auctoritas sind auch für Suger wichtige Begriffe, wenn er über die an den Weihehandlungen beteiligten Bischöfe spricht9, besonders aber in derjenigen Perikope von De consecratione, die die Reliquienprozession bei der Weiheliturgie der östlichen Choranlage beschreibt. Diese Perikope ist die einzige Stelle in den hier zu behandelnden Schriften Sugers, an der er sich ausführlich über Leben und Martyrium des Klosterpatrons äußert10. Als die Bischöfe den König zum Tragen der Reliquien heranziehen, charakterisieren sie den hl. Dionysius und seine Gefährten durch das Apostelamt : 'vade ' inquiunt 'et tu ipse manibus tuis dominum et apostolum et protectorem nostrum hue a f f e r r e adiuvan,[..] Hi sunt einim saneti viri [..] qui fidem Iesu Christi apostolica auctoritate omnem Galliam edocuerunt [..]12. Die Formulierung der Passio • omnem suscipiens Galliam - nimmt Suger gleich im Anschluss an den eben

5 Cap.VII,28 B/C: divino lamine corde tactus, eidem Paulo cessit, et ab ilio expetiit, quatenus pro ilio ipsius Dei, quem praedicabat, misericordiam deprecaretur, ut illius cultor verus et suus mereretur esse discipulus ; in cap.VIII erfolgt Dionysius' Einsetzung als Bischof (ab eodem beato Paulo apostolo Atheniensium est ordinatus antistes, ac deinde, ipso iubente, Christi Evangelium praedieavit, eamdemque civitatem et maximam partem patriae adfidem veritatis convertit, 29 A). 6 XVIII 39 A/B Sed cum Deus omnipotens [..] omnem hanc Galliam ipsius Dionysii apostolatu disponeret sublevari, quam Mercurio daemonica Servitute constabat miserabiliter ancillari, beati Clementis cor tetigit, et ut istius modi verbis pretiosum Dionysium alloqueretur accendit. 7 39 Β 8 39 C ' vgl. cons 76,471 archiepiscopos, episcopos ex parte sanctorum et devoto apostolatus eorum tante interesse sollempnitati votive sollicitati sumus. 10 Außer dieser Perikope in De consecratione gibt es nur noch eine fast beiläufige Anspielung auf das eiserne Halsband des Dionysius im Kerker des Glaucinus, adm 256,1138ss maxime ob reverentiam sanetissime boie ferree que in carcere Glaucini sacratissimo colo beati Dyonisii innexa cultum et venerationem tam a nobis quam ab omnibus promeruit-, cf. Passio 45 Β [..] et in carcere Glaucini tres simul electi Domini cum fidelium multitudine recluduntur. 11 cons 88,546 12 cons 89,552s.

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1. Hagiographische und liturgische Texte 63

zitierten Textausschnitt auf: Age igitur, rex Christiane, beatum suscipiamus susceptorem", um damit ein umfangreicheres Zitat aus der Passio zu verknüpfen. In cap.XXIX berichtet die Passio, wie Christus selbst den hl.Dionysius im Kerker besucht, ihm die Kommunion spendet und Trost zuspricht: Nunc facies fortiter, et memoria tua erit in laude. Dilectio autem et benignitas, quam habes semper, pro quibuscumque petierit, impetrabit. Den zweiten Satz übernimmt Suger und kennzeichnet ihn als Zitat14. Als Einleitung fungiert eine ähnliche Aufforderung: Age igitur... Insbesondere die Schilderung des Martyriums, die Suger der Aufforderung an den König voranschickt, bezieht ihre Detailkenntnis aus Hilduins Passioli Während die Passio noch beschreibt, wie Dionysius selbst sein abgeschlagenes Haupt zum Ort seiner Bestattung trägt16, äußert sich Suger dazu nicht. Auch auf die Initiative der Catulla, die die Gebeine der Heiligen birgt und eine Kirche für sie baut17, geht er nicht ein.

13 cons 90, 557; vgl auch cap.XXXI 46 C, Gebet des Dionysius [..] nunc iam, Domine, per coronam martyni cum fratribus meis servis tuis suscipe me [..] 14 45 C 15 cons 89,552ss [Hi sunt enim sancii viri,..] qui fidem Iesu Christi apostolica auctoritate omnem Galliam edocuerunt, pro eo viriliter certaverunt, nudi virgas, ligati feroces et famélicas bestias compescuerunt, equulei extensionem, clibani succensionem illesi demumque bebetatis securibus decaputationem felicem sustinuerunt - cf. Passio, cap. XXIV 42 C ut., nudum, publice virgis caesum, securi percuteret; cap.XXVI 43 B/C sanctus Domini capitur, illuditur, loris durissimis crudelissime ligatur, trabitur, et una cum sancto Rustico arcbipresbytero, et Eleutberio archidiácono suo praefecti praesentiae sistitur; cap.XXVIII 44 C / D Indeque ad praefecti auditionem reducti, in catastis extensi et flagellati, Domino gratias referebant. Tunc beatissimus et acceptabilis Domino hostia Dionysius, in oculis suorum super lectum ferreum, suppositis flammis, nudus extensus est et cantabat [...]44 D et sie cum ambusto toto corpore fuisset levatus ad bestias ferocissimas in rabiem multo ieiunio excitatas proiectus subrigitur. (Dionysius bekreuzigt sich und betet); 45 A [..] Pervenientes autem ad eum bestiae, mansuetissime procidebant ei. Praeparantur quoque ingentia clibani incendia, et in ea vir Domini S. Dionysius, vexillo sanetae crucis armatus, proicitur [..]; cap. XXIX [..]45 Β Cumque exstineto ad orationem eius fomacis incendio, beatus Domini pontifex Dionysius fuisset splendidior auro eduetus, patíbulo cruciari stipitis, tormentalium instrumentorum confixione appenditur; cap.XXXI 46 D positis genibus, et protensis cervicibus uno eodemque momento, bebetatis, secundum praeeeptum prineipis, securibus decollati sunt 16 cap. XXXII 47 A/B [..] et beatissimi Dionysii se cadaver erexit, sanetaque manu caput a corpore dolabra lictoris truncatum angelico duetu gressum regente et luce coelesti circumfulgente pendulis coepit brachiis vectitare. Et facta est comes multitude coelestis exercitus axanimi eius corporis caput proprium, ab ipso monte, ubi fuerat decollatus, per duo fere milita deportanti usque ad locum, in quo nunc Dei dispositione et sua electione requiescit humatum, sine cessatione hymnis dulcisonis Deum laudans. 17 Cap. XXXIV schildert die Initiative der Catulla: Sie bestattet zunächst heimlich die Leiber des Rusticus und Eleutherius, um sie später zum heiligen Dionysius zu bringen (48 B-D):£x quo eadem Dei futura plenius femina, ac sibi collegae Christiani, inter nocturna secreta silentia praescripta martyrum corpora tollentes, beati Dionysii corpori coniunxemnt et veneratione, qua inter persecutorum rabiem poterant, devotissime frequentabant ; cap. XXXV (49 A-B): praedicta itaque materfamilias, cum primum vidit persecutionis tepuisse fervorem, locum tantorum

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64 II. Suger und der heilige Dionysius

Der Nachhal l einiger Junkturen aus Hilduins Beschreibung ist indessen auch außerhalb der betrachteten Perikope aus De consecratione zu beobachten. In cap.XX führt Hi lduin die Standhaftigkeit des Dionysius auf seine Gewißheit , das ewige Leben zu erlangen, zurück: [Dionysius ] non veritus incredulae gentis expetere feritatem, quia virtutem suam praeteritarum poenarum recordatio roborabat, tormentis expertus multis, morte tandem assecuturum se vitamls. Suger gebraucht eine ähnliche Formulierung; er kennzeichnet damit eine Spannung zwischen Einst und Jetzt, die ihn für seine gegenwärtigen Aufgaben ermutigt: Preteritorum enim recordatio futurorum est exhibitioi9. Hilduins Wendung laboranti seni [..] sudores certaminum suorum abluere (cap.XXVI, 47A) wandelt Suger in der Einleitung der Ordinatio (ord 2,3) ab in labores et certaminum sudores [..] alleviare, die gleich anschließende Formulierung et qui semetipsum holocaustum odoriferum offerebat, sacrificium laudis iugiter immolare , mit der Hi lduin den Opfertod des Märtyrers charakterisiert, verwendet Suger in De consecratione, um die Heiligen umschreibend zu kennzeichnen: qui se ipsos holocaustum odoriferum Deo optulerunt, placabiles Deoque acceptabiles hostias offene mereantur (cons 61,383ss). Die bereits erwähnte Szene der Passio, in der Christus den Heiligen im Kerker die Kommunion spendet, zitiert Suger auch in De administratione20. Seine Vertrautheit mit Hi lduins Schilderung und seine Bezugnahme darauf ist also immer wieder greifbar; für seine spezifische Art der Übernahme ist zuletzt noch ein besonders charakteristisches Beispiel anzuführen: Suger erwähnt zwar, wie wi r sahen, nicht die Initiative der Catulla, die in Hilduins Darstellung die erste Kirche der drei Märtyrer baut21, doch greift er auf die Perikope im letzten Kapitel der Passio zurück, in der Catullas Bau durch einen repräsentativeren ersetzt wird. Dort heißt es:

martyrum ossa servantem, qua oportuit honorificentia una cum sanctis Domini sacerdotibus et fidelium turbis reverentissime satis aggreditur et incomparabilem thesaurum, quem diu sibi et posteris profuturum servavit, omnibus patenter eadem sacratissima die innotuit, qua beatus Dionysius cum sociis suis triumphans agonem explevit ... ipsumque locum eminentis mausolei aedificatione signavit. Sanctorum quoque corporibus digna veneratione sepultis, eorum vestimenta, tunica videlicet, cilicium, et caligae Dionysii pretiosi, et casula sancii Rustici arcbipresbyteri atque dalmatica beati Eleutberii arcbidiaconi, exceptis portionibus quae pro reliquiis electorum Domini a fidelium devotione sumptae sunt, usque bodie debiti cultus reverentia. conservantur .. 18 40 A 19 adm 187,847s 20 cap. XXIX [..] ut confirmarentur participatione corporis et sanguinis Dominifìdeles velut iam in coelis positus celebraret - cf. adm 168,741s qui ibidem Deo deserviunt ac si iam in parte, dum sacrificant, eorum in caelis sit babitatio 21 - wie er auch kein Wort über die heilige Genovefa verliert: zur Problematik der Quellen, die die Kultgeschichte beleuchten, cf. M. Buchner; Zur Entstehung und zur Tendenz der "Gesta Dagoberti". Zugleich ein Beitrag zum Eigenkirchenwesen im Frankenreiche, HJ 47/1927 p.252-274; M. Heinzelmann/ J.-C. Poulin, Les Vies anciennes de sainte Geneviève de Paris, Etudes critiques, Paris 1986; J. van der Meulen /A. Speer, Die fränkische Königsabtei Saint-Denis. Ostanlage und Kultgeschichte, Darmstadt 1988, pl23-147

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1. Hagiographische und liturgische Texte 65

Processu vero temporis, multiplicata fidelium numerositate, Christiani et beati Dionysii patrociniis devotissimi basilicam super pretiosorum martyrum corpora magno sumptu cultuque eximio construxerunt [,.]22. Hilduins Ausführungen kennzeichnen die basilica als höchst aufwendiges Resultat der Verehrung des hl. Dionysius, die dank der zunehmenden Verbreitung des Christentums (multiplicata fidelium numerositate) möglich wird. Suger beschreibt zu Beginn von De consecratione, wie König Dagobert vor dem Zorn seines Vaters in den Ort Catulliacum flüchtet - obwohl die Vita Genovefae und die Gesta Dagoberti diesen Ortsnamen auf den Namen der frommen Catulla zurückführen23, lässt Suger die Gelegenheit zu einer aitiologischen Bemerkung ungenutzt - und dort in einer Vision von den drei "dort ruhenden heiligen Märtyrern" angewiesen wird, ihnen zu dienen. Zwar lässt die Wendung sanctorum martirum ibidem quiescentium erkennen, dass Dagobert sich offensichtlich an einer bereits etablierten Kultstätte befindet24, Suger verliert jedoch kein Wort über die betreffende Lokalität, sondern berichtet sogleich, dass Dagobert den Heiligen eine Kirche bauen lässt: basilicam sanctorum regia munificentia fabricatum in affectu mirabili imperavií25. Er schildert ferner ihre reichhaltige und kostbare Ausstattung26. Der anhaltende Zustrom von Gläubigen ist nun der Grund, weshalb auch dieser Bau nicht mehr genügen kann, und hier argumentiert Suger mit einer Abwandlung von Hilduins Formulierung (multiplicata fidelium numerositate), indem er sagt: Huius brevitatis egregie grata occasione numerositate fidelium crescente et ad suffragia sanctorum crebro confluente tantas prefata basilica sustinere consuevit molestias [..]27. Suger nimmt also eine Akzentverschiebung vor: die Wendung numerositate... crescente et ad suffragia sanctorum crebro confluente identifiziert die fideles bereits als Pilger, nicht mehr unspezifisch als Leute, die den Glauben angenommen haben, und lenkt den Blick auf das Anwachsen ihrer Menge. Auch Hilduin hatte auf die kostbare Ausstattung der neuen Kirche hingewiesen; indem Suger die Notwendigkeit des Neubaus mit einer so sehr an Hilduin angelehnten Formulierung darstellt, sorgt er beim Leser für eine kalkulierte Konfusion. Ohne dass er es ausdrücklich sagen müsste, entsteht der Eindruck, Dagoberts prachtvoller Bau sei mit der prächtigen Kirche identisch, der bei Hilduin den frühen Bau Catullas abgelöst hatte. Dem Leser wird eine direkte Entwicklung von einer als Asyl aufgesuchten, aber noch provisorischen Ruhestätte der Heiligen über Dagoberts Bau zu Sugers Kirche suggeriert. Sugers eigenes Bauvorhaben greift den durch die zunehmende Verehrung der drei Märtyrer entstandenen Bedarf auf und behebt Missstände, die an dem noch von Hilduin

22 cap.XXXVI, 49 C 23 Vita Genovefae, cap.17 (MGH SS rer.Mer.111,221); Gesta Dagoberti, cap.3 (MGH SS rer.Mer.II,401) 24 (vermutlich in einer entsprechenden Kirche, die er als Asylort aufsucht) 25 cons 8,66s. 26 cons 9,71ss quatinus aliarum ecclesiamm omamentis precellere videretur et omnimodis incomparabili nitore vemans et omni terrena pulchritudine compta inestimabili decore splendesceret 17 cons 10,8 Iss

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66 II. Suger und der heilige Dionysius

besonders gepriesenen Bau herrschten; zugleich bildet es die konsequente Fortsetzung der Bewegung, die Hilduin für die Zeit der frühen Christenheit beschreibt28. Bereits vor Hilduin hatten zwei ältere Viten das Leben des Heiligen behandelt; sie weisen zahlreiche Ubereinstimmungen auf29. Neben der Gleichsetzung von Apostelschüler und Gallienmissionar, die sie in wirkungsvoller Weise zur Unterstreichung des Sukzessionsprinzips nutzen, heben sie als Leistung der Matrone Catulla die Bergung der Gebeine der Märtyrer und ihre Bestattung in der von ihr gebauten Kirche hervor. Besonders B H L 2171 (Post domini nostri lesu Christi salutiferam passionern) ist von Hilduin benutzt worden, wie wörtliche Zitate zeigen30, es zeigen sich jedoch keine Parallelen bei Suger, die nicht auch bei Hilduin erscheinen. Sugers Quelle war demnach Hilduins Darstellung, der er indessen, wie wir sahen, nur hinsichtlich der Mission in Gallien und hinsichtlich des Martyriums folgt. Dass er auf Catullas Kirchenbau nicht eingeht, entspricht seiner Absicht, eine bau- und kultgeschichtliche Kontinuität von der Kirche Dagoberts bis in seine eigene Zeit zu betonen. Dass er die von Hilduin und in den erwähnten früheren Heiligenviten ausführlich behandelte Identifizierung des Gallienapostels mit dem Schüler des Apostels Paulus nicht berührt, hat, wie wir sehen werden, ein anderes Motiv. Der Theologe und Philosoph Abaelard, der nach seiner privaten Katastrophe Mönch in Saint-Denis geworden war, hatte 1121 nach der Verurteilung auf der Synode von Soissons und einem Arrest im Kloster Saint-Médard nach Saint-Denis zurückkehren dürfen. Dort jedoch geriet er bald mit den Mönchen in Konflikt. Mit Bezug auf den Kommentar des Beda Venerabiiis zur Apostelgeschichte hatte er darauf hingewiesen, dass Dionysius Areopagita Bischof von Korinth und nicht von Athen gewesen sei31.

28 vgl. auch die fast beiläufige Wendung, die die "Kleinheit" des Dagobert-Baus entschuldigen soll: quodforsitan tunc temporis in primitiva ecclesia nulla adhuc maior aut equalis existeret, cons 9,76s - mit dem Zugeständnis an die Gegebenheiten der frühen Christenheit unterstreicht er die Kontinuität, die zu seinem eigenen Bauvorhaben führt. 29 BHL 2171 = Venantius Fortunatus, Opera Pedestria (MGH AA IV,2 101-105; Prol.: Gloriosae martyrum passiones et pretiosa domino expectante certamina·, Ine: Post domini nostri lesu Christi salutiferam passionem, post resurrectionis unicae singularisque mysterium)\ BHL 2178 = AA SS Oct IV 792-794 (Acta fabulosa S. Dionysio Areopagitae affida, auctore anonymo, e codice nostro Fuldensi QMS 5 cum quinqué aliis MSS collato Ine: Post beatam et gloriosam resurrectionem Domini nostri, qua verum Dei templum.) 30 vgl. z.B. BHL 2171,111.15 mit Hilduin, Passio cap.XX,40A zum Verhältnis zwischen Hilduin und diesen Viten vgl. E. Könsgen, "Carmen lire resonemus". Fragment einer Sequenz mit doppeltem Kursus, in: E. Könsgen (Hg.): Arbor amoena comis. 25 Jahre Mittellateinisches Seminar in Bonn. 1965-1990. Stuttgart 1990, p.91-99, hier p.92; R: J. Loenertz, La Légende parisienne de s.Denys lAréopagite, sa genèse et son premier témoin, in: Analecta Bollandiana 69/1951, p.217-237 31 Abaelard beschreibt in seiner Historia calamitatum seine Auseinandersetzung mit den Mönchen von Saint-Denis: Hist, calam., ed. Monfrin, Paris 1962, 941ss. Paucis autem elapsis mensibus, occasionem eis fortuna obtulit qua me perdere molirentur. Fortuitu namque mihi quadam die legenti occurrit quedam Bede sententia qua in expositione Actuum Apostolorum asserii Dyonisium Ariopagitam Corinthiorum potius quam Atheniensium fuisse episcopum. Quod valde

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1. Hagiographische und liturgische Texte 67

Damit stellte er letzlich die Identität des Apostelschülers mit dem Missionar Galliens, auf die Hilduin und die früheren Viten so großen Wert gelegt hatten, in Abrede. Gegenüber den Mönchen, die sich auf Hilduins Forschungen und auf die Passio s.Dionysii beriefen, argumentierte er mit der höheren Autorität Bedas32. Von einer Stellungnahme zu Abaelards Äußerungen sieht Suger ab. Wir werden sehen33, dass es für Sugers Sicht des Heiligen unerheblich ist, welches Bischofsamt dieser versah; ein Aufgreifen der von Abaelard initiierten Auseinandersetzung hätte die Stimmigkeit des Bildes vom Klosterpatron und gallischen Märtyrer nur beeinträchtigt. So zieht Suger es vor, die strittigen Punkte nicht zu berühren

B. Das Bild des heiligen Dionysius in Hymnen und Sequenzen

Abt Hilduin erwähnt in seinem Antwortschreiben an Ludwig den Frommen34 zwei Hymnen auf den hl. Dionysius, die in Saint-Denis bekannt waren: Coeli cives, adplauditt,35 und Fortem fidelem militem36. Unabhängig von der Diskussion der Autorenfrage ist zu untersuchen, ob Suger sie kannte, insbesondere ob er die dort enthaltenen Aussagen über den Heiligen übernahm oder nicht. Der Hymnus Coeli cives, adplaudite ist u.a. in zwei Handschriften des 9. Jahrhunderts überliefert, von denen eine aus Saint-Denis stammt, und umfasst elf Strophen; diese behandeln neben dem Lob des Heiligen die Begegnung mit dem Apostel Paulus auf dem Areopag, wobei der Heilige als sophista gekennzeichnet wird (Str.3 Areopago Athenae / regis sumpsit diadema/ coelsetis gemmam fulgidam /Dionysium sophistam), das Wirken des Dionysius in Griechenland (Str.5,ls. Miro clarescens dogmate / inluminavit Graeciam), den durch Papst Clemens erteilten Missionsauftrag (Str.6,ls. Clemente, Romae praesule, iubente venit G allium), die erfolgreiche Mission, verbildlicht durch eine Erleuchtungs-Metapher (Str.6,3s. Cui iubar solis splendidi / inluxit signis, famine), und in sehr knapper Form das Martyrium (Str.7,3s. poenis adfectus maximis /caesa cervice coelum petit). Hilduin hatte dieses Hymnus als Werk des Eugenius von Toledo ausgegeben, doch ist inzwischen längst nachgewiesen, dass es sich um eine Fälschung, wahrscheinlich sogar von Hilduin selbst verfasst, handelt37.. Außer dem Missionsort Gallien und der Erwähnung des Martyriums bestehen keine inhaltlichen Ubereinstimmungen mit Suger, doch die Wendung mundi iocundo lumine belegt die Auffassung der Märtyrer

eis contrarium videbatur, qui suum Dyonisium esse illum Ariopagitam iactitant, quem ipsum Atheniensem episcopum gesta eius fuisseprofitentur. 32 Die Brisanz dieser Auseinandersetzung stellt A. Angenendt dar: A. Angenendt, Peter Abaelard. In: M. Greschat, Gestalten der Kirchengeschichte,3, Mittelalter. 1. Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1983, S. 148-60, hier S.153 33 dazu unten II.2 34 MGH Epp.V 331 und 335; vgl. dazu Könsgen loc.cit. p.93 35ICL 1789 36 ICL 5307 37 dazu u.a. M. Buchner, Die Areopagitika des Abtes Hilduin von St.Denis und ihr kirchenpolitischer Hintergrund, Teil 2, HJ 57/ 1937 (p.31-60), p.51s.

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68 II. Suger und der heilige Dionysius

als lumina, die wir auch in den Versen für die goldene Tür beobachten konnten38, und Ähnlichkeit besteht gleichfalls in der Bildlichkeit des Sonnenglanzes39. Den Hymnus Fortem fidelem militem hatte Hilduin als Werk des Venantius Fortunatus bezeichnet; auch diese Behauptung ist seit langem widerlegt40. Auch in diesem Hymnus wird der Missionsbefehl durch Papst Clemens erteilt41; von Coeli cives adplaudite unterscheidet sich der Text durch das geringere Maß an inhaltlicher Information42 zugunsten einer stärkeren Betonung der Misssion wie des Martyriums, ohne indessen Hilduins Detailfreude zu erreichen. Einige wenige Bilder und Formulierungen finden sich ähnlich bei Suger, so der Blick auf das lobsingende Volk43, die Ubereinstimmung des Inneren und Äußeren44 und die Wendung hoc solum ei defuit*s. Dass Suger den Text kannte, macht allein schon die Uberlieferung wahrscheinlich46; eine intensive Benutzung als Quelle, die sein Bild des Heiligen geformt hätte, ist indessen nicht erkennbar. 1990 legte E. Könsgen eine neue Edition der Sequenz Carmen lire resonemus vor, die den hl. Dionysius besingt47. Könsgen benutzte hierzu neben den in A H 54 berücksichtigten Handschriften aus Benevent48 und einem weiteren Textzeugen aus dem 9.Jahrhundert49 vor allem einen Codex der Biblioteca Vaticana50. Könsgen kommentiert die Sequenz und stellt fest, dass die Handlung mit Hilduins 'Passio

38 s. Kap. 1.2 zum Vers ut eantper lumina vera /ad verum lumen 39 Str.6 Clemente, Romae praesule,/ iubente venit Galliam,/ cui iubar solis splendidi / inluxit signis, famine·, ord 30,159 [qui eius ecclesiam ... insignibus dominice passionis ..] tamquam solendidissimo veri solis iubare irradiantem celeberrime insignivit 40 cf. Buchner, Die Areopagitika des Abtes Hilduin, p.44s. 41 diese historische Fixierung vermeidet Suger. 42 so fehlen z.B. die Begegnung auf dem Areopag und die Lehrtätigkeit in Griechenland, ferner die Kennzeichnung als sophista 43 Str.1,4 plebs ... personet-, adm 200,901 plebs rogai et plorai, clerus canit in decacordo; adm 221,1000 Voce sonans magna Christo plebs clamai 'osanna' 44 Str. 1,4 Plebs corde, voce personet-, cons 97,610 [ut] ab omnibus corde et ore acclamaretur, 45 - möglicherweise nimmt Suger damit Str.6,1 Unum quod illi defuit auf; während jedoch der Hymnus das Martyrium als letzte Leistung hervorhebt, die zur Vollkommenheit der Liebe erforderlich ist, geht es bei Suger um die geringen Größe der ansonsten hochgerühmten Kirche. 46 dazu die Angaben in AH 51 p.176 über die benutzten Handschriften 47 E. Könsgen, "Carmen lire resonemus". Fragment einer Sequenz mit doppeltem Kursus, in: E Könsgen (Hg.): Arbor amoena comis. 25 Jahre Mittellateinisches Seminar in Bonn. 1965-1990. Stuttgart 1990, p.91-99 48 Biblioteca Capitolare VI 39 (fol.164 v-166 r, Ende 11 Jh.) und VI 35 (fol,148r-149r, Anfang 12.Jh.) 49 Leiden, Voss.Lat. F 12 delta, s. dazu Könsgen, loc.cit. p.93 50 Vaticanus Reginensis Latinus 1586; zur Handschrift s. Könsgen p.93 "Auch dieser Codex gehörte spätestens seit dem Anfang des 11.Jahrhunderts zu den Beständen der Abtei Fleury. Geschrieben wurde er im 9.Jahrhundert in der Gegegnd von Reims.[..] Die Dionysiussequenz ist auf dem vorletzten Blatt (fol.87r) von einer Hand des frühen lO.Jahrhunderts wie ein Prosatext eingetragen."

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1. Hagiographische und liturgische Texte 69

S.Dionysii' übereinstimme51. Sugers Rezeption der von Hilduin verfaßten Passio konnten wir oben beobachten; für seine Benutzung der von Könsgen edierten Sequenz aber gibt es keinen Anhaltspunkt52. Wichtig ist diese Feststellung für unseren Zusammenhang, weil die Sequenz den hl. Dionysius als Schüler des Apostels Paulus darstellt, während Suger auf diese Identifizierung nicht eingeht. Unter den Hymnen, die Abaelard für das Kloster Paraklet verfasst hat, finden sich zwei, die den heiligen Dionysius preisen53. Der erste (Inc.: Ave,praesul, laus praesulurri) rühmt den Heiligen als Bischof und Märtyrer, zugleich jedoch als großen Philosophen54; darin liegt ein implizites Anerkenntnis der Identifizierung wenigstens mit dem Autor des Corpus Dionysiacum55. Was Abaelard dazu veranlasste, ist nicht zu entscheiden; es folgt indessen unmittelbar darauf die wichtigere Identifizierung als Gallienapostel, die innerhalb des Hymnus den meisten Raum einnimmt. Das erlittene Martyrium wird so zu einer Erlösungstat für das Reich56. Mit dieser Tendenz stimmt Sugers Bild des Heiligen durchaus überein, ebenso mit der im zweiten Hymnus (Inc.: O vere Christi militem) ausführlich entfalteten Vorstellung des Heiligen als Opfergabe an Gott, in der sich der Opfertod Christi fortsetzt57. In einer weiteren Strophe verbindet Abaelard schließlich mit dem Opfergedanken das Kephalophorenmotiv -dieses spektakuläre Detail, das in der Ikonographie des Heiligen seit dem 12./13. Jahrhundert einen festen Platz hat, erwähnt Suger an keiner Stelle seiner Schriften. Ein mögliches Motiv für diesen Verzicht könnte die Intention sein, allzu große Nähe zu den Uberlieferungen zu meiden, in denen auch Catulla ihren festen Platz hat. Wir sehen, dass Suger sich gegenüber älteren und zeitgenössischen Texten auf zwei Aspekte beschränkt, die er in seiner Darstellung des Heiligen betont: Dionysius ist ein

51 Könsgen, loc.cit.,p.91 52 Sehr oberflächliche Ähnlichkeiten bestehen allenfalls zwischen der Wendung corde, voce memoremus (la,2, Könsgen; p.98) und cons 97,610 \ut\ ab omnibus corde et ore acclamaretur sowie im Gebrauch des Adverbs devote (la,3; Könsgen loc.cit.p.98), das Suger häufig verwendet (ord 39,219; cons 51,313; 81,506; 92,566; adm 2,15; 84,384; 99,456; 131,574; 162,710; devotissime ord 4,21; cons 43,248; 83,519; adm 36,166; 195, 876) 53 J. Szöverffy (ed.,comm.): Peter Abelard's Hymnarius Paraclitensis. An Annotated Edition with Introduction. I.Introduction to Peter Abelard's Hymns. II. The Hymnarius Paraclitensis. Text and Notes. Albany,N.Y./ Brookline,Mass. 1975, Nr. 105, Nr. 106, p.218-220 54 1. Ave, praesul, laus praesulum,/ ave, martyr, laus martyrum,/ Philosophorum maxime,/ Galliarum apostole. 55 Die Auseinandersetzung, die er durch seinen Hinweis auf Bedas Bemerkung über das Bischofsamt des Heiligen angestoßen hatte, hatte er in einem Brief an Abt Adam durch einlenkendes Erwägen verschiedener Lösungsvorschläge vergeblich zu bereinigen versucht, s. dazu VI .4. 56 s. besonders Str.4: Ora, pater, pro omnibus, / Dionysi, fìdelibus,/ sed pro regno praecipue,/ quod acquisisti sanguine. 57 Str.l,3s.c«z»s dum agis proelia, / factus es eius hostia; Str.2: Ipsi te sacrificium / obtulisti gratissimum,/ Qui pro se cunctis unicam / obtulit patri victimam; Str.3: Nec tanti sacrificii / missae desunt discipuli,/ Cum quibus sacras hostias / tractare consueveras; cf. cons 61, 383s suffragio eorum, qui se ipsos holocaustum odoriferum Deo optulerunt

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70 II. Suger und der heilige Dionysius

Märtyrer, und er hat Gallien den Glauben gebracht. Wir konnten diese Akzentuierung daraus erschließen, dass inhaltliche Details anderer Texte bei Suger nicht erscheinen; dieses Vorgehen charakterisiert Sugers Sicht ex negativo. In einem weiteren Schritt sollen nun die Textstellen, an denen Suger über den Klosterpatron spricht, untersucht werden.

2. Sugers Aussagen über den heiligen Dionysius und seine Gefährten

Zunächst sollen diejenigen Textstellen, an denen Suger den hl. Dionysius erwähnt, untersucht werden. Dabei muss gefragt werden, ob es sich um eine Erwähnung des Heiligen als Person oder um die Nennung des nach ihm benannten Klosters handelt. Außerdem sollen die Kennzeichnungen des Heiligen erfasst werden. In der Ordinatio erscheint zehnmal der Name Dionysius, davon dreimal eindeutig zur Bezeichnung der Abtei58, während in einem Fall die Ubereignung von Besitzrechten sowohl im Blick auf die Abtei als auch auf den Heiligen gedeutet werden kann59. Eindeutig personal zu verstehen ist die Erwähnung des Heiligen in der Perikope über Karl den Kahlen60 sowie in einer Bekräftigungsformel61, in der auch die Gefährten genannt werden. Die übrigen Belege betreffen den Festkalender62 bzw. einen Altar63 in der Klosterkirche. Neben diesen namentlichen Nennungen findet sich die Bezeichnung martyres, einmal zur Angabe eines Festtages64, einmal innerhalb einer Bekräftigungsformel65 und schließlich, versehen mit weiteren Kennzeichnungen {domini, protectores), bei der Mitteilung, der Bauentschluss sei durch besondere Liebe zu den Märtyrern motiviert66.

Die kleine Zahl der Belege und ihre überwiegend geringe Aussagefähigkeit erklärt sich durch die Textsorte: die sachliche Intention der Urkunde lässt wenig Raum für individuelle Ausprägungen eines besonderen Verhältnisses zum Klosterpatron. Dadurch gewinnen jedoch die wenigen mehr affektiv gefärbten Passagen der Narratio größeres Gewicht: die enge Bindung Karls des Kahlen an den hl. Dionysius motiviert die Klostergemeinschaft zum feierlichen Begehen der Gedächtnisfeiern für den "besonderen Freund" des Heiligen, Sugers Liebe zu den Heiligen gibt einen plötzlichen Impuls67 zu den aufwendigen Arbeiten im Chor.

58 ord 1,2 beati Dyonisii qualiscumque abbas [= monasteriï]·, 4,14 ter beati Dyonisii [..] abbas [ = monasterii] ; 45,249 in communi capitulo beati Dyonisii [= monasteriï] 59 ord 23,105 quo idem gloriosus imperator nobilem villam Ruoilum cum appendiciis suis et aquarum foreste beato Dyonisio regia liberalitate contulit. 60 ord 30,153ss Quid est enim quod tantus imperator et tam familiaris et precordialis beati Dyonisii amicus promereri non valeat 61 ord 31,162 auctoritate Dei omnipotentis et beatorum martirum Dyonisii sociorumque eius 62 ord 9,42; 28,149; 42,238 63 ord 27,141 ante altare beati Dyonisii 64 ord 6,33 [memoriae] sánete Dei Genetricis et sanctorum martirum 65 Die Kennzeichnung martyr erscheint hier zusätzlich zur namentlichen Nennung: ord 31,162 auctoritate Dei omnipotentis et beatorum martirum Dyonisii sociorumque eius, s. nt.4 66 ord 34,191 subito sanctorum martirum dominorum et protectorum nostrorum amor et devotio nos ad augmentandam et amplißcandam superioris ecclesie partem capitalem rapuit. 67 ord 34,191ss subito [..] amor[..] nos [..] rapuit

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2. Sugers Aussagen über den heiligen Dionysius 71

De consecratione, der Bericht über Bau und Weihe der Ostanlage, ist weit umfangreicher als die Ordinatio. Eine namentliche Nennung des Heiligen erfolgt dennoch nur an wenigen Stellen68, davon einmal mit Bezug auf den Festkalender69. Weitaus häufiger werden in dieser Schrift hingegen die Heiligen gemeinsam unter der Bezeichnung mártires erwähnt70, ohne dass Dionysius einzeln hervorgehoben wird. Die Ehrerbietung vor den Heiligen bringt Suger - wie bereits einmal in der Ordinatio71

- durch die häufige Verwendung der Kennzeichnung als dominus / domini zum Ausdruck72. Außerdem tritt die Bezeichnung protectores hinzu73. Das Wort protector verwendet der Psalm 113 in besonders eindringlicher Weise, um das Verhältnis Gottes zu seinem Volk zu kennzeichnen74. Diesem Gebrauch schließen sich patristische und mittelalterliche Autoren an. Für Heilige erscheint er vor allem gehäuft in Quellen aus flandrischem Gebiet75. Bei den einschlägigen Texten handelt es sich um

68 cons 28,180 'sánete'inquiunt, Dyonisi'·, in festo sancii Dyonisii·, 65,407 domni Dyonisii offensam; 90,558 beatum suseipiamus suseeptorem nostrum Dyonisium; außerdem, zusammen mit den gleichfalls genannten Gefährten, cons 7,49 ecclesie consecrationem preciosissimorum martirum dominorum et apostolorum nostrorum Dyonisii, Rustici et Eleutherii [..] translationem; 93,571 sanetissimo Dyonisio soeiisque eius 69 cons 54,331 70 cons 8,63 sanctorum martirum ibidem quiescentium; cons 15,110 sanctorum martirum dominorum nostrorum suffragio; cons 20,150 sanctorum martirum merito; cons 22,159 quasi primicias Deo sanctisque martiribus; cons 23,166 Deo sanctisque martiribus; cons 40,227 [dominus Iesus..] sibi sanctisque martiribus [..] reservavit; cons 59,363 de dominorum nostrorum sanctissimorum martirum [..] translatione; cons 62,388 ipsi sancti mártires; cons 63,395 sanctorum martirum amore; cons 75,465 desiderabat enim sanctos mártires suos protectores [..] videre; cons 84,523 inter sanctorum martirum sepulturas. 71 ord 34,191, s.o. 71 cons 7,49 preciosissimorum martirum dominorum et apostolorum nostrorum Dyonisii, Rustici et Eleutherii; cons 15,110 sanctorum martirum dominorum nostrorum suffragio; cons 48,290 super absidem sanctorum dominorum nostrorum corpora retinentem; cons 59,362 de dominorum nostrorum sanctissimorum martirum [..] translatione; -,365 eorum lecticas, precipue dominorum, ornatum iri; cons 75,462 sanctorum dominorum nostrorum [translatioj; cons 87, 539 ad sanctorum dominorum nostrorum [..] tumulos; cons 88,546 dominum et apostolum et protectorem nostrum hue adferre; cons 93,573 [episcopi, comités, barones] dominos suos.. deportaverunt 75 cons 7,55 ut., sanctorum protectorum ... optineamus intercessionem; cons 66,405 [..ornamentum..] tantis protectoribus commodatum; cons 75,466 desiderabat enim sanctos mártires suos protectores [..] videre; cons 88,547 dominum et apostolum et protectorem nostrum hue adferre; 74 Ps 113 (115). 17ss (9ss): Domus Israel speravit in Dominum: adiutor eorum et protector eorum est. Domus Aaron speravit in Domino: adiutor eorum et protector eorum est. Qui timent Dominum, speraverunt in Domino: adiutor eorum et protector eorum est. 75 Folcuinus Lobiensis, Gesta abbatum Sithiensium (MGH SS XIII, p.607-635) p.617;p.631; Triumphus Remacli Stabulensis de Malmundariensi coenobio (MGH SS XI p.435-461) ep.etproi, p.435; lib.2 p. 450;p.460;p.461; Homilía in natale Remacli Stabulensis (AASS Sept 1,1746 p.725-727) p.727; Miracula Remacli Stabulensis (miracula tertia) (AASS Sept 1,1746 p.705-708) p.705; Miracula Trudonis Hasbaniensis (miracula antiqua) (ed. J. Brassine 1935 p.29-52) Miracula Ursmari Lobiensis, continuationes (AASS April 2,1675, p.566-570) p.569; Translatio Bavonis Gandensis (translatio prima) (ed. M. Coens, AB 86/1968 p.52-55) p.54; Vita Agilolfi Malmundariensis (AASS Jul 2, 1721, p.721-726),p.785; Vita Macarii Antiocheni (vita prima)

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72 II. Suger und der heilige Dionysius

Mirakelerzählungen und Translationsberichten, zu denen sich Sugers Bericht über die prächtige Translation seiner Heiligen in einer eben durch die Textsorte gegebenen Nähe befindet76. De consecratione ist ferner die einzige unter den drei hier behandelten Schriften, die die Bezeichnung patronus enthält77; diese erscheint in der Beschreibung des bedeutsamen Augenblicks, in dem König Ludwig VII. aus der Hand der Erzbischöfe von Reims und Sens sowie des Bischofs von Chartres "die silberne Lade dieses besonderen Schutzherren" entgegennimmt, u m den Heiligen zur Weihe der Kirche zu tragen. In unmittelbarer Nähe dieser Stelle findet sich die gleichfalls ausschließlich in De consecratione verwendete Kennzeichnung susceptor für den hl. Dionysius78; Suger verweist damit zurück auf Hilduins Passio s. Dionysii, aus der er zuvor zitiert hatte79. Eine Sonderstellung nimmt De consecratione auch in der Verwendung des Wortes apostolus ein, mit dem in besonders prägnanter Weise die Missionstätigkeit des hl. Dionysius und seiner Gefährten erfasst wird. Suger verwendet es zweimal: im Prolog80

in der Absicht, durch programmatische Kennzeichnungen seiner Heiligen den Rang seiner Darstellung festzulegen, und an prominenter Stelle innerhalb der eigentlichen Translationsbeschreibung81. Diese Belege unterscheiden sich deutlich von der Formulierung, mit der Suger gleich im Anschluss in der Rede der Bischöfe82 das Lebenswerk der Heiligen würdigt: eingeleitet durch das Zitat der Antiphon Isti sunt sancti'} , greift die Würdigung der Heiligen sogleich mit einem Zitat auf Hilduins Passio zurück und spielt mit der Wendung apostolica auctoritate auf den päpstlichen Missionsauftrag an84. Die beiden Zitate aus der Antiphon und der Passio lassen die liturgische und hagiographische Tradition anklingen. Demgegenüber geht die Verwendung des Begriffs apostolus einen Schritt weiter; dass Suger sie gerade den Bischöfen innerhalb der Translationsfeierlichkeiten in den Mund legt, ist ein subtiler Beitrag zur Propagierung seines Heiligen als Gallienapostel.

(AASS April 1,1675, p.866-868) p.867; Vita Winnoci Bergensis (AASS Nov 3, p.267-274) p.272; Virtutes et Miracula Eugenii Toletani,(eà. D. Misonne,. RB 76 /1966, p.231-291), Virtutes cap. 16 p.268; Miracula cap.l p.281 76 Das Kloster Brogne hatte seine wichtigste Reliquie, die des hl. Eugenius, aus Saint-Denis erhalten, cf. Misonne,loc.cit. 77 cons 92, 564 lecticam argenteam specialis patroni 78 cons 90,557 beatum suscipiamus susceptorem 79 Hilduin, Passio 39 C omnem suscipiens Galliam; die zuvor zitierte Perikope schildert das Martyrium der Heiligen, cons 89,551-556; cf. Hilduin, Passio s. Dionysii, c.XXVII-XXXI, (PL 106,44B-46D) 80 cons 7,49 in medium preferentes gloriosam et Deo dignam sánete huius ecclesie consecrationem preciosissimorum martirum dominorum et apostolorum nostrorum Dyonisii, Rustici et Eleutherii [..] sacratissimam translationem ad successorum noticiam stilo assignare elaboravimus 81 cons 88,546: 'vade' inquiunt 'et tu ipse manibus tuis dominum et apostolum et protectorem nostrum hue afferre adiuva. 82 cons 89,552s. Hi sunt enim saneti viri, qui pro testamento Dei sua corpora tradiderunt, qui pro salute nostra caritatis igne accensi terram suam et cognationem exierunt, qui fidem Iesu Christi apostolica auctoritate omnem Galliam edocuerunt: es folgt die Beschreibung des Martyriums. 83 cf. Hesbert n.3444 84 cf. Hilduin, Passio s.Dionysii, cap.XIX, PL 106,39 B: in tui apostolatus sorte, apostolica nostra auctoritate, omnem suscipiens Galliam opus fac evangelistae.

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2. Sugers Aussagen über den heiligen Dionysius 73

Der Begriff apostolus erinnert zugleich an das Bemühen Ademars von Chabannes, "seinen" Heiligen, den hl. Martialis, als "echten" Apostel zu erweisen. Obwohl Suger von der abenteuerlichen Argumentation Ademars weit entfernt ist, werden wir sehen, in welcher Hinsicht Ademars Schriften ihn beeindruckt haben85. Wie stellt Suger in seiner Schrift De consecratione die Heiligen und sein Verhältnis zu ihnen dar? Die bereits erwähnte Perikope aus dem Prolog hat zum einen die Aufgabe, Thema und hochrangige Bedeutung der folgenden Ausführungen vorzustellen, zugleich erscheinen die Heiligen hier als Schutzherren, denen Suger sich zu Dank verpflichtet weiß, weil er Gelegenheit zu Bau und Weihe hatte. Als Schutzherren, die ihrem Schützling mit dem Anspruch auf eine neue Kirche begegnen, hat bereits König Dagobert die drei Heiligen erlebt, wie Suger zu Beginn der Erzählung schildert86. Sein eigenes Bemühen um die Erweiterung der Kirche beschreibt er im Blick auf die Heiligen: wenn er sagt, durch das Verdienst der Heiligen habe er Säulen erhalten87, bindet er die Freude, sein Bauvorhaben in der gewünschten Qualität ausführen zu können, an die Mittlerfunktion der Heiligen zurück. Der überraschend entdeckte Steinbruch in Pontoise stellt das Material als Erstlingsgaben für Gott und die Heiligen zur Verfügung88, die Dienstleute, die das Material schleppen, leisten damit einen Dienst an Gott und den Märtyrern89. Menschliches Bemühen und göttliche Gunst, die durch die Heiligen vermittelt wird, greifen ineinander. Dabei erscheinen die Heiligen überwiegend im Plural, als Gruppe, lateinisch bezeichnet mit martyres ohne abstufende Unterscheidung zwischen Dionysius, Rusticus und Eleutherius. Diese Beobachtung mag die einseitige Konzentration auf Dionysius korrigieren: Die Bemühungen um die verbesserte bauliche Gestaltung sind ein Dienst nicht nur am Klosterpatron, sondern auch an seinen Gefährten im Martyrium. Ebenso verhält es sich in der bereits erwähnten Perikope, die die Weihefeierlichkeiten und die dabei vollzogene Translation behandelt. Als die Bischöfe den König ermutigen, sich selbst am Tragen der Reliquien zu beteiligen, kommt ihm zwar die Ehre zu, den Schrein des hl. Dionysius als des "besonderen Patrons" in die Kirche zu überführen90, doch wird diese Aufforderung sogleich eingebettet in die gemeinsame Verehrung der - nun im Plural genannten - Heiligen, deren Hingabe im Martyrium anschließend beschrieben wird91. Es ist wichtig festzuhalten, dass die Heiligen hier als Gruppe beschrieben werden; Zeugnis für Gott, Hingabe des leiblichen Lebens, Lehre und mannhafter Kampf, schließlich das Ertragen verschiedener Martern zeichnen sie

85 s. unten III.3 86 cons 8,61ss. 87 cons 20,147ss cum subito larga omnipotentis munificentia laboribus nostris condescendens [..] decentes et peroptimas [sc. columnas] sanctorum martirum merito revelavit. 88 cons 22, quasi primicias Deo sanctisque martiribus ut arbitramur reservabat. "cons 23 90 cons 88,546s: 'vade' inquiunt 'et tu ipse manibus tuis dominum et apostolum et protectorem nostrum hue a f f e r r e adiuva..'; cf. 92, 563s ipse dominus rex [..] lecticam argenteam specialis domini de manu episcoporum [..] assumens [..] egrediebatur 91 cons 88,547-89, 555 [dominum ... hue a f f e r r e ] adiuva, ut sacratissimos ciñeres veneremur, sanetissimas urnas amplectamur, toto tempore vite nostre eas suseepisse, eas tenuisse gratulemur. Hi sunt enim sancii viri.. - es folgt die bereits oben (II. 1) erwähnte, an Hilduins Passio orientierte Beschreibung der Missionstätigkeit und des Martyriums.

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74 II. Suger und der heilige Dionysius

aus. Dabei fällt kein Wort über eine erleuchtende Theologie eines Einzelnen. Das Martyrium - nicht etwa die Identifizierung des Dionysius mit dem Autor von De caelesti hierarchia - stellt die wesentliche Voraussetzung der Verehrungswürdigkeit dar. Dieser Befund steht im Widerspruch zu der These von Simsons, Dionysius sei nicht nur als Märtyrer, sondern in besonderem Maße wegen seiner angeblichen philosophischen Werke verehrt worden92. Von Simsons These jedoch hatte wichtige Konsequenzen für die kunsthistorische Deutung der Motive, die Suger beim Bau der Choranlage leiteten. So verstand etwa von Simson die neue, lichte Gestaltung des Chorraums als ehrfürchtige Veranschaulichung der mystischen Lehre, die der Heilige selbst in seinen Schriften ausgebreitet habe93. Wenn nun, wie wir sahen, die angebliche Identität des Klosterpatrons mit dem mystischen Theologen für Sugers Beziehung zu ihm gar nicht ausschlaggebend war, erscheint es fraglich, ob eine Darstellung seiner Theologie mit architektonischen Mitteln zu seiner Ehre vom Bauherrn intendiert war. In De consecratione zumal zeichnet Suger, wenn er den hl. Dionysius einzeln erwähnt, ein eher von der Mirakelliteratur beeinflußtes Bild. Bei der Beschaffung von Säulen aus dem oben erwähnten, bereits dank Vermittlung der Heiligen gefundenen Steinbruch bei Pontoise ereignet sich "ein denkwürdiges und erzählenswertes Wunder"94, dessen Schilderung ein unmittelbar der Volksfrömmigkeit verbundenes Verhältnis zum Heiligen erweist95. Dazu gehört die Anrufung um Hilfe beim Herausziehen des Säulenschaftes mit der praktischen Anweisung, den freibleibenden Pflock zu übernehmen. Im Vertrauen auf die erbetene Hilfe nehmen die imbecilles et debiles ihr mühevolles Werk wieder auf und haben nun Erfolg. Ganz übereinstimmend mit unseren zuvor mitgeteilten Beobachtungen wird auch dieses Geschehen wieder der Hilfe Gottes und der (im Plural genannten!) Heiligen zugeschrieben96.

92 O. von Simson, Die gotische Kathedrale, Darmstadt 5.Aufl. 1992 p.149; ibid., p.l50:"Damals erlebte die Scholastik ihre erste Blüte. Ein Zeitalter, das, so fest es auch im Glauben verwurzelt war, schon im Bann der philosophischen Spekulation stand, verlangte nach einem Schutzpatron, der sowohl ein großer Heiliger wie ein bedeutende Denker war." 93 von Simson, loc.cit.,ρ. 152 94 coras 24,155-31,190 95 Sowohl die Beglaubigung durch den Hinweis auf Augenzeugen (cons 24,167s nos ipsi ab assistentibus addiscentes) als auch die Absicht, mit der Niederschrift dem Lobe Gottes und der Heiligen zu dienen (ad laudem omnipotentis sanctorumque suorum calamo et atramente adsignare), weist in den Bereich der Mirakelliteratur; als Beispiel seien die Virtutes Eugenii Toletani, cap.6, ed. Misonne, op.cit., p.262, zitiert: Operae pretium namque nobis videtur patefacere cunctis scire volentibus quid adpraeconium martyris sui et egregii pontificis cunctipotens Dominus est operari dignatus. Praedictus itaque Werembertus [..] narrare cum magno timore erat solitus quod... 96 30,184s ipsi non per se quod impossibile esset, sed volúntate Dei et sanctorum quos invocabant suffragio extraxerunt; der Gebrauch des Plurals erweist einmal mehr den Bezug nicht auf den mystischen Theologen als Einzelperson, sondern auf die Märtyrer als Gruppe. In ähnlicher Weise beschreibt Suger im Anschluss daran, wie es ihm gelingt, zwölf Baumstämme von passendem Maß zu finden: diese können zur Bedeckung der Kirche genutzt werden, und dienen so ad laudem et gloriam domini lesu, qui sibi sanctisque martiribus a manibus raptorum protegens, sicut facere voluit, reservaverat.

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2. Sugers Aussagen ü b e r den heil igen D ionys iu s 75

E i n E ingre i f en der He i l igen zuguns t en der vorgesehenen Ges ta l tung e r k e n n t Suger auch später , als er sich u m Mater ia l f ü r die tabula aurea superior bemüht 9 7 ; w i r w e r d e n später i m Z u s a m m e n h a n g m i t der hl. Fides v o n C o n q u e s darauf z u r ü c k k o m m e n 9 8 . De administratione, die umfangre ichs te der hier behande l t en Schr i f ten , en thä l t auch die me i s t en Belege f ü r die N e n n u n g des hl. D ionys ius . Diese Ta t sache e rk lä r t sich n ich t n u r aus d e m U m f a n g der Schr i f t , s o n d e r n auch aus Sugers e rk lä r t e r Abs ich t , ü b e r sein H a n d e l n als A b t des Klosters Saint-Denis zu ber ich ten . H i e r e r sche inen gehäuf t Belege, die den N a m e n des Hei l igen zu r K e n n z e i c h n u n g der Ab te i ode r der A b t e i k i r c h e enthal ten 9 9 ; besonders häuf ig f inde t sich der N a m e des K l o s t e r p a t r o n s i m Z u s a m m e n h a n g m i t der Ü b e r t r a g u n g v o n Besi tzrechten; dabei ist o f t ke ine k la re T r e n n u n g mög l i ch zwischen einerseits der A b t e i als der rech t l ich re levan ten E m p f ä n g e r i n der Zue ignungen u n d anderersei ts d e m Hei l igen als der v e r e h r u n g s w ü r d i g e n Gestal t , de r Suger m i t der W a h r u n g ode r Wiede rhe r s t e l l ung v o n Bes i tz rech ten e inen pe r sön l i chen Diens t leistet100. Dieses Vers t ändn i s eines pe r sön l i chen Diens tes a m K l o s t e r p a t r o n w i r d gestütz t d u r c h die Belege, die in ganz en t sp rechende r Weise Zue ignungen an die M ä r t y r e r beschre iben: rech t l iche E m p f ä n g e r i n der Z u w e n d u n g e n ist z w a r die Abte i , die ideellen E m p f ä n g e r s ind j edoch die pe r sona l aufgefassten Heiligen1 0 1 , wie sie auch persön l ich gek ränk t u n d geschädigt w e r d e n , w e n n j e m a n d i h n e n ihre Besi tzrechte vo ren thä l t 1 0 2 .

In sbesondere die ornamenta ecclesiae begreif t Suger als G a b e n an die Hei l igen; er n e n n t h ie r s o w o h l den hl. D ionys ius , dessen F ü r b i t t e er die Gelegenhei t z u r p räch t igen

97 cons 62,385ss Cui etiam cum tabulam auream mediocrem tarnen defectus pusillanimitate preponere proposuissem, tantam auri, tantam gemmarum preciosissimarum inopinatam et vix regibus existentem copiam ipsi sancti mártires nobis propinaverunt. 98 Kap. IV.3 99 Angabe der Abtei: adm 24,121 beati Dyonisii abbatta·, 33,157 in pleno capitulo sancti Dyonisii; 55,240 ad sanctum Dyonisium ; 86,392 ad sanctum Eïyonisium; 94,435 elemosine beati Dyonisii; Nennung der Kirche: adm 2,22 a corpore ecclesie beatissimorum martyrum Dyonisii, Rustici et Eleutherii; 149,638 ecclesia beati Dyonisii·, 153,661 ecclesie beati Dyonisii-, hierher sind auch die Belege zu setzen, in denen ein Altar durch die Angabe des Heiligen definiert wird: 214,969 principale ... beati Dyonisii altare; 255,1131 altare beati Dyonisii-, 256,1137 [altare] sancti Dyonisii 100 adm 8,53 beato Dionisio dedit-, 33,155 beati Dionisii feodum; 54,226 possessionem beati Dyonisii; 55,234 beato Dyonisio [abstulerant]; 58,252 villa beati Dyonisii; 58,253 beato Dyonisio [traditas]; 65,285 beati Dyonisii villa; 67,302 beato Dyonisio [...relaxavit]; 76,341 beati Dyonisii villa-, 76,342 sedes beati Dyonisii; 77,350 domus propria beati Dyonisii; 91,411 centum libras denariorum beati Dyonisii; 94,434 [possessio] beati Dyonisii [extiterat]; 96,443 de melioribus beati Dyonisii possessionibus; 100,461 de propriis redditibus sancti Dyonisii; 108,494 Axonem burgum ... sancti Dionisii; 109,503 beato Etyonisio abstulerunt; 140,599 altera [possessio] beati Dyonisii; 142,606 aliam .. beati Dyonisii possessionem; 146,627 ut [viatura] beati Dionisii [constaret]; 151,641 beatus Dyonisius [possessiones amittens]; 151,649 beato Dyonisio contulit 101 adm 36,166 Sanctis martyribus devotissime contulit; 74,334 sanctis martyribus [.. assignavimus]; 108,495 [burgum]sanctis martyribus collatum 102 so heißt es über den hartherzigen Tyrannen, der den Marktflecken von Essonnes auf die Burg Corbeil übertragen hatte: adm 108,497 unde sanctos martyres in terra inde se de celo exheredare elaboravit

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76 II. Suger und der heilige Dionysius

Ausstattung der Kirche verdankt103, als auch die Märtyrer in der oben beschriebenen Auffassung als Gruppe104. Auf das Apostelamt des hl. Dionysius spielt Suger in De administratione eher beiläufig an, als er den Aufenthalt des Papstes Eugen am Osterfest des Jahres 1131 in Saint-Denis erwähnt105. Seine namentliche Erwähnung erfolgt auch in Verbindung mit der Kennzeichnung als Märtyrer, sowohl in der Weiheinschrift 1040106 als auch in gemeinsamer Erwähnung mit den Gefährten107, ferner findet sich eine Bemerkung über das eiserne Halsband, das Dionysius im Kerker trug108. Die Abteikirche ist der Ort, an dem der Heilige in Gestalt seiner Reliquien präsent ist109; der Klosterpatron ist auch der Adressat für Sugers Bitte um Fürsprache110. Wie in seinem Weihebericht verwendet Suger auch in De administratione häufig die Bezeichnung martyres, wenn er den hl. Dionysius und seine Gefährten meint111, und bringt seine Ehrerbietung ihnen gegenüber durch den Titel domini zum Ausdruck112. Auffallend gegenüber der Schrift De consecratione ist hier der gänzliche Verzicht auf Kennzeichnungen wie protectores oder patronus; in De consecratione kommt diesen Begriffen schon durch den impliziten Bezug auf den Weihebericht aus Reims großes Gewicht zu, wie in Kap. III.2 zu zeigen sein wird. Sugers eigenes Verhalten ist geprägt von einem tiefen Pflichtgefühl, weil ihm die Gelegenheit zur Umgestaltung und

103 adm 191,859 dominum nostrum ter beatum Dyonisium tarn largum tarn benignum et conßtemur et predicamus, ut tot et tanta credamus apud Deum effìcisse, tot et tanta impetrasse, ut centupliciter quam fecerimus ecclesie illius profecisse potuissemus, si fragilitas humana, si varietas temporum, si mobilitas morum non restitisset. 192,863s. Que tarnen ei Deo donante reservavimus hec sunt-, cf. 275,1216 [candelabra] que Karolus imperator beato Dyonisio contulerat; 276,1220 Vasa etiam tarn de auro quam preciosis lapidibus ad dominice mense servitium [..] beato Dyonisio debita devocione adquisivimus - hier verdeutlicht der Zusatz debita devocione das persönliche Verhältnis zum Empfänger; 277,1229 aliud etiam vas [..] beato Dyonisio obtulimus - das Verb offerre weist das Gefäß als Opfergabe aus.; adm 279,1237 sanctis martyribus dominis nostris ad libandum divine mense affectuosissime contulimus 104 adm 279,1237 sanctis martyribus dominis nostris ad libandum divine mense affectuosissime contulimus; cf. adm 194,874 gemmas margaritasque preciosas ob amorem sanctorum martyrum eidem tabule infigi precipere: das Darbringen besonderer Kostbarkeiten geschieht aus Liebe zu den Märtyrern. 105 adm 212,960 sicut mos est Romanis pontificibus in Galliis demorantibus ob honorem sancii apostolatus beati Dyonisii; cf. adm 245,1090ss Aderant siquidem diversarum provintiarum archiepiscopi et episcopi, qui gratantissime quasi ex debito apostolatus Galliarum ad tante sollempnitatis celebrationem pia vota deferre accesserant 106 adm 173,771 deque tuo tibi participans, martyr Dyonisi 107 adm 2,22 a corpore ecclesie beatissimorum martyrum Dyonisii, Rustici et Eleutherii 108 adm 256,1139 ob reverentiam sanctissime boie ferree que in carcere Glaucini sacratissimo colo beati Dyonisio innexa cultum et venerationem [..] promeruit : dies ist der einzige inhaltliche Bezug auf das Martyrium in De administratione. 109 adm 204,928 Eodem sane locus beatus Dioysius quingentis annis et eo amplius [..] iacuerat. 110 adm 173,771 deque tuo tibi participans, martyr Dyonisi / orat, ut exores fore participem paradisi-, 197,881 magne Dyonisi, portas aperiparadisi 111 adm 36,166; 60, 261; 74,334; 108,495; -,497; 161,705; 164,721; 173,771; 176,796; 177,800; 194,874; 244,1089; 279,1237; 286,1264 112 adm 60, 260; 198,887; 244,1089; 279,1237.

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2. Sugers Aussagen über den heiligen Dionysius 77

Ausschmückung der Kirche zuteil wird113. Die Zuwendungen, mit denen der König oder kirchliche Würdenträger die Abtei bedenken, sind ein Zeugnis der Liebe zu den Märtyrern. Auch in dieser Schrift ist jedoch kein ausdrücklicher Hinweis zu finden, dass Suger den hl. Dionysius als Philosophen oder Theologen gewürdigt wissen will. Das einzige informative Detail, das sich auf die Person des hl. Dionysius zur Zeit seines irdischen Lebens bezieht, ist die Anspielung auf den Kerker des Glaucinus, also wiederum auf seine Eigenschaft als Märtyrer. V o r dem Hintergrund dieser Beobachtungen ist krtitisch nach der Bedeutung der Formulierung ter beatus Dionysius zu fragen. Sie findet sich in der Ordinatio und in De administrationew. In der kommentierten Ausgabe von Speer/Binding (2000) wird sie auf die dreifache Identifizierung des Dionysius zurückgeführt, durch die Abt Hilduin "die fränkische Königsabtei, die in Urkunden als "monasterium ter beati Dyonisii" bezeichnet wird [..], auch in die unmittelbare petrinische und paulinische Sukzession [..]" gestellt habe115. Die Analyse der Belegstellen hat jedoch erwiesen, dass Suger an keiner Stelle seiner drei Schriften auf die behauptete Dreifach-Identifizierung eingeht. Die Formel ter beatus ist indessen auch in anderen Texten belegt, die nicht auf eine dreifach zu begründende Heiligkeit abzielen, sondern die Dreizahl in steigernder Absicht verwenden116. So sagt z.B. Sedulius Scotus über das Kreuz: o ter beatum lignum, in quo Deus extensus est117, und in der Passio metrica Luciae Syracusanae des Sigebert von Gembloux heißt es: O ter beatum milies inclytum /peculiari muñere preditum,/haec aula per quem consecratur/ tantaque pignera congerunturm. Wieweit die Formel ter beatus, soweit sie in Urkunden auf den hl.Dionysius bezogen wird, tatsächlich im Sinne der Dreifach-Identifizierung gemeint ist, kann hier nicht untersucht werden. Suger kann sich jedoch durchaus der in Urkunden gebräuchlichen Formulierung bedienen, ohne dass er bei seinen Lesern eine Reflexion darüber erwartet. Die Tatsache, dass Hilduin in seinem Heiligen auch den Verfasser des Corpus Dionysiacum sah, ist für Sugers Darstellung des Klosterpatrons nicht von Bedeutung.

113 adm 176,796 tanto Deo sancttsque martyribus obnoxii, quanto nostris temporibus et laboribus tarn diu differendo agenda reservavit. 114 ord 4,14; adm 191,859 115 op.cit., p.175 zu ord 4,14; es folgt Verweisung auf den Artikel 'Dionysius' in LexMA III (1986) und auf van der Meulen/ Speer (1988) pp,188ss. 116 Den Ausgangspunkt bildet wahrscheinlich die Perikope des Propheten Jesaja über die beiden Seraphim: Is 6.3 Et clamabant [Seraphim] alter ad alterum, et dicebant: Sanctus, sanctus, sanctus Dominus Deus exercituum, plena est omnis terra gloria eius; auch die Apokalypse wäre heranzuziehen: Ape 4.8 Et quattuor animalia, singula eorum habebant alas senas: et in circuitu, et intus plena sunt oculis: et requiem non habebant die ac nocte, dicentia: Sanctus, sanctus, sanctus Dominus Deus omnipotens, qui erat, et qui est, et qui venturus est. 117 Sedulius Scotus, Collectaneum miscellaneum, divisto 26 1.73 (CCCM 67, Supplement, ed. D. Simpson 1988-90) 118 Sigebertus Gemblacensis, Passio metrica Luciae Syracusanae (ed. E. Dümmler Abh.d. kön. Akad.d.Wiss. zu Berlin, phil.hist.Kl. 1 (1893) p.23-43), Str. 349 v.l p.42; cf. Defensor Locogiacensis (Ende 7.Jh.), Liber scintillarum (CCSL 117, ed. H. M. Rochais 1957 cap.6 De compunctione, sent. 28; cf. Adamnanus Hiensis, De locis sanetis, lib.l cap.9 1.34 (ed. L Bieler 1965, CCSL 175)

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78 II. Suger und der heilige Dionysius

Keine seiner Erwähnungen in den hier untersuchten Schriften spricht dafür, dass er in ihm einen philosophisch-theologischen Autor verehrte. Unter den ausgreifend geschilderten verehrungswürdigen Taten des Heiligen, die in De consecratione erwähnt werden, erscheint weder eine Anspielung auf die Identität mit dem Apostelschüler noch ein Hinweis auf seine Schriften. Die plakativ betonte Leistung des Heiligen besteht in seiner Missionstätigkeit und seinem Martyrium. Missionstätigkeit aber wird allgemein eher als ein Handeln an Ungebildeten beschrieben; die hochkomplizierten Ausführungen des Ps.-Dionysius würden wohl kaum zur Bekehrung völlig Uneingeweihter taugen. Unter diesem Aspekt ist es fraglich, ob ein Hinweis auf die Abfassung des Corpus Dionysiacum den Heiligen für die zu erwartenden Pilger hinreichend anziehend charakterisiert hätte.

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