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Prof. Dr. Hannu Luomajoki, PhD PT OMT
Leiter Masterausbildung msk Physiotherapie, ZHAW – Zürich Winterthur
Subgruppierung der Rückenschmerzen:Was und wie behandeln?
"Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdrucks und der Vervielfältigung der PPT‐Folien bzw. der daraus erzeugten PDF‐Dateien oder Teilen daraus bleiben dem Interdisziplinären Schmerzzentrum (ISZ) vorbehalten und sind nur mit schriftlicher Zustimmung durch das ISZ zulässig. Sie dürfen die PPT‐Folien bzw. PDF‐Dateien nur zum Zweck der persönlichen Information verwenden und keinesfalls an Dritte weitergeben."
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Theorie / background Rückenschmerz
Low Back Pain = LBP
Viele Studien über Epidemiologie
Viele Bekannte Facts
Viele Probleme…
Inhalt Vorlesung:
Problem Rückenschmerz
Spezifisch – Unspezifisch
Subgruppierung (funktionell)
Bewegungskontrolle (eigene Studien)
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Rückenschmerzen Low Back Pain (LBP)
• ca. 90% der Menschen haben mindestens 1x im Leben LBP
• ca. 50% der Bevölkerung hat im letzten Jahr Rückenschmerzen gehabt
• Bei 90% der Betroffenen heilen akute Rückenschmerzen spontan innert 4 Wochen
– 70% bekommen allerdings die Rückenschmerzen innerhalb eines Jahres noch einmal
• Chronische Rückenschmerz ist die teuerste Krankheit in den westlichen
Industrienationen
• bei 90% der Rückenschmerzen gibt es keine klare medizinische Ursache!
= sogenannte unspezifische Rückenschmerzen
Airaksinen et al (2006). European guidelines low back pain. Eur Spine J,
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Kosten Rückenschmerz in Deutschland
• 50 Mrd Euro / Jahr
• Im Vergleich: Aufbau, Reparaturen aller Autobahnen in Deutschland: 2.2 Mrd / Jahr
Focus Jan. 2012
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Kosten Rückenschmerzen CH
• Ca. 3 Millionen Arztkonsultationen pro Jahr
• Totalkosten Rückenschmerzen: 8.0 Mrd
• Direkte Medizinische Kosten: 3.4 Mrd
• Indirekte Kosten (Arbeitsausfall, IV): 4.6 Mrd
(Interpharma, 2007)
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Beispiel strukturelle Befunde in MR-Untersuchungen:
Vergleiche zwischen Gesunden und Patienten mit Rückenschmerzen
Entmystifizieren
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«Diskushernie»
MRI: beinahe 50% von Personen ohneBeschwerden haben pathologische Befunde(Risse, Protrusionen, Endplatten-veränderungen, Dehydration etc.)
Kjaer et al. (2005). Spine ; Kjaer et al. (2005b). Spine
Schon in den 90-er Jahren wurde die Aussagekraft von MR-Befunden in Frage gestellt
Boos et al. (1995). Spine; Jensen et al (1994). N Engl J Med.
Eine finnische Studie fand bei der Hälfte von 21 Jährigen (n=550) degenerative Veränderungen
Takatalo et al (2009). Spine
Patienten / Patientinnen haben nur 1-1,9 x (Odds ratio) häufiger pathologischeVeränderungen als Gesunde
Cheung et al (2009) Spine
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Erkenntnis
• Der Befund «Diskushernie» ist bei Gesunden und bei Patienten / Patientinnen mit Rückenschmerzen etwa gleich häufig
• ebenso häufig sind andere strukturelle Befunde
• Röntgenbilder und MRI sagen nicht viel über Rückenschmerzen aus und sie werden deshalb in Leitlinien NICHT empfohlen
• Leitlinien empfehlen = Seriöse klinische Untersuchung
• Funktionelle Untersuchung ist das wichtigste!
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Ist 90% wirklich unspezifisch?
• Können wir Subgruppieren?
• Beispiele Subgruppierung:
• Anatomisch oder nach Lage (zB Quebec Task force)
• McKenzie (Dysfunktion, Derangement, Haltungssyndrome)
• Clinical Prediction rules
• Movement Impairment System (Sahrmann)
• O’sullivan
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Eine mögliche Sub-klassifikation der Rückenschmerzen (O‘Sullivan 2005)
spezifische Rückenschmerzen
(10%)
unspezifische Rückenschmerzen
(90%)
nicht mechanisch (30%)
mechanisch(70%)
„Zentraler maladaptiverSchmerz“
• Yellow Flags• Psychosoz.
Faktoren
Klare medizinische Befunde:• Frakturen• Tumoren• Anomalien• Nervenwurzel-
affektionen• Spinalkanal-
stenose
bewegungs-abhängig (35%)
• richtungs-spezifisch
• Hypomobilität
haltungs-abhängig (35%)
• richtungs-spezifisch
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O’Sullivan’s Subgruppierung «classification basedcognitive functional therapy» ist zuverlässig und effektiv
The inter‐examiner reliability of a classification method for non‐specific chroniclow back pain patients with motor control impairment (2006). Dankaerts W1, O'Sullivan PB, Straker LM, Burnett AF, Skouen JS. Man Ther Feb;11(1):28‐39. Epub 2005 Jun 3.
n=35 Pat. 2 Experts; k= 0.95, 16 weitere Kliniker, mean k=0.61
Efficacy of classification‐based cognitive functional therapy in patients with non‐specific chronic low back pain:A randomized controlled trial (2012)K. Vibe Fersum1, P. O’Sullivan2, J.S. Skouen1,3, A. Smith2, A. Kvåle1. Eur J Pain
This randomized controlled trial aimed to investigate the efficacy of a behavioural approach to management, classification‐based therapy. n=121, Groups Man.ther. + Exercise 2. Group CBT
At 12 months follow up CBT group was sig. better in pain and function (ODI, NRS). The classification‐based cognitive functional therapy group improved by 13.7 points, and the manual therapy and exercise group by 5.5 points in ODI. For pain intensity, the classification‐based cognitive functional therapy improved by 3.2 points, and the manual therapy and exercise group by 1.5 points.
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Klassifikation der LBP (O‘Sullivan 2005)
Spezifische LBP (5-10%)
Non Spezifische LBP (90%)
Nicht mechanisch (30%) Mechanisch
„Zentrale maladaptiveSchmerz“
Yellow FlagsPsychosoz. Faktoren
Klare Medizinische Befunde;• Frakturen• Tumoren• Anomalien• Nervenwurzel-
affektionen• Spinalkanal-
stenose
Bewegungs-Abhängig
(30%)-Richtungs-
spezifisch-Hypomobilität
Haltungs-Abhängig
(30%)
Richtungs-spezifisch
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Spezifischer Rückenschmerz
Med. Diagnose:
• Fraktur
• Massgebende Osteoporose
• Tumoren, Krebserkrankungen
• Spinalkanalstenose
Hinweise, wenn keine Dg (RedFlags)- Gewichtsverlust
- Alter (Fr > 60, Hr>70)
- Anamnestische Krebs etc. schwerwiegende Erkrankungen
- Nur Nachtschmerz
- Plötzliche neurologie, ungewohnte Muster)
- Ungewöhnlichkeiten beim Wasserlassen
- Reiterhosen Symptom
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Klassifikation der LBP (O‘Sullivan 2005)
Spezifische LBP (5-10%)
Non Spezifische LBP (90%)
Nicht mechanisch (30%) Mechanisch
„Zentrale maladaptiveSchmerz“
Yellow FlagsPsychosoz. Faktoren
Klare Medizinische Befunde;• Frakturen• Tumoren• Anomalien• Nervenwurzel-
affektionen• Spinalkanal-
stenose
Bewegungs-Abhängig
(30%)-Richtungs-
spezifisch-Hypomobilität
Haltungs-Abhängig
(30%)
Richtungs-spezifisch
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Non spezifisch – nicht mechanisch
• Zusammenhang mit psychosozialen Faktoren
• Patient kann die Symptome nicht erklären
• Ist verunsichert
• External locus of control?
• Arbeitssituation; Unzufriedenheit
• Yellow flags
• Angst
• Katastrophisierung
• - Mystifizierung
• - Hoffnungslosigkeit
• - Magnifikation
• Stress
• Depression
• Hypervigilanz
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Erfassung nicht mechanische LBP
• Interview:
• Was denken Sie selber…?
• Was denken Sie ist das Problem…?
• Haben Sie Angst, dass es was gefährliches ist…?
• Was müsste passieren, dass Sie wieder gesund werden?
Validisierte Fragebogen:
• Fear Avoidance (FABQ)
• Örebro
• Pain Catastrofizing (PCS)
• DETECT
• Keele Start Back Tool
• (Für Funktion: Roland Morris, Oswestry)
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Klassifikation der LBP (O‘Sullivan 2005)
Spezifische LBP (5-10%)
Non Spezifische LBP (90%)
Nicht mechanisch (30%) Mechanisch
„Zentrale maladaptiveSchmerz“
Yellow FlagsPsychosoz. Faktoren
Klare Medizinische Befunde;• Frakturen• Tumoren• Anomalien• Nervenwurzel-
affektionen• Spinalkanal-
stenose
Bewegungs-Abhängig
(30%)-Richtungs-
spezifisch-Hypomobilität
Haltungs-Abhängig
(30%)
Richtungs-spezifisch
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Bewegungsabhängige NSLBP
• Schmerzhafte Einschränkung
• Richtungsspezifisch
• Strukturbezogen
• Gelenke
• Muskeln
• Neural
• ISG
Teste:
• Provokationsteste
• Neurodynamische Teste
• Palpation
• Triggerpunkte
• Faszien
• Etc.
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Klassifikation der Rückenschmerzen (O‘Sullivan 2005)
spezifische Rückenschmerzen
(10%)
unspezifische Rückenschmerzen
(90%)
nicht mechanisch (30%)
mechanisch(70%)
„Zentraler maladaptiverSchmerz“
• Yellow Flags• Psychosoz.
Faktoren
Klare medizinische Befunde:• Frakturen• Tumoren• Anomalien• Nervenwurzel-
affektionen• Spinalkanal-
stenose
bewegungs-abhängig (35%)
• richtungs-spezifisch
• Hypomobilität
haltungs-abhängig (35%)
• richtungs-spezifisch
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Clinical Prediction rule
Wenn drei der vier der folgendenFaktoren erfüllt sind, wird der Patientwahrscheinlich von StabilisationsübungenProfitieren:• Der Patient ist jünger als 40 Jahre.• Der Patient erreicht beim Straight leg- raise-Test
mehr als 91 Grad.• Der Patient zeigt abnormale Bewegungsmuster.• Der Patient hat ein positives Ergebnis beim
Instabilitätstest (»Prone Instability Test«).
Prone Instability Test
Der Patient liegt in Bauchlage auf der
Behandlungsbank. In dieser Position
appliziert der Untersucher einen nach anteriorgerichteten Druck auf die lumbale Wirbelsäule. Jegliche Schmerzprovokation wird dokumentiert. Dann hebt der Patient die Beine an und der Test wird erneut durchgeführt. Wenn der Schmerz in der Ruheposition vorhanden ist und in der zweiten Position verschwindet, ist der Test positiv.
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THE INTRA- AND INTERTESTER RELIABILITY OF MOVEMENT CONTROL TESTS OF THE LUMBAR SPINELuomajoki, H., Kool, J., de Bruin, E. D., & Airaksinen, O. (2007). Reliability of movementcontrol tests in the lumbar spine. BMC Musculoskelet Disord, 8, 90.
• 40 Patienten / Patientinnen mit und ohne Rückenschmerzen führten 10 Bewegungskontrolltests durch und wurden dabei auf Video aufgenommen
• 4 verblindete Physiotherapeuten / -innen haben diese Tests bewertet• Die Kappa-Werte für die Inter- und Intratesterreliabilität wurden
berechnet• 6 der 10 Bewegungskontrolltest wurden als zuverlässig bewertet
• Schlussfolgerung: Physiotherapeuten /-innen können 6 Bewegungskontrolltests zuverlässig bewerten (K>0.6)
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Movement control tests of the low back; evaluation of the difference between patients withlow back pain and healthy controlsLuomajoki, H., Kool, J., de Bruin, E. D., & Airaksinen, O. (2008). Movement control tests of the low back; evaluation of the difference between patients with low back pain and healthy controls. BMC Musculoskelet Disord, 9, 170
A cross sectional study including 210 persons with (108) and without (102) Low Back Pain
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Mean scores positive tests ( Max 6)
LBP Healthy controls
2.21 (SD 1.44) 0.75 (SD 1.03)
Difference of the mean scores
1.46
Mean SD 1.24
Effect Size (ES)
1.18
Effect Size (ES)<0.2 Small0.5 Moderate> 0.8 Large
Resultate
Odds Ratio by Cut off 2/6 Tests Positive = 8
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Tactile acuity and lumbopelvic motorcontrol in patients with back pain andhealthy controls
Luomajoki, H., & Moseley, G. L. (2011). Tactile acuity and lumbopelvic motor control in patients with back pain and healthy controls. Br J Sports Med, 45(5), 437-440
Two Point Discrimination (TPD) Low Back Pain (LBP) andMovement Control Tests (MCT)
Case controls study; N=90 (LBP =44 / healthy =46)
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Eine einfache Möglichkeit die Körperwahrnehmung zu messen:
ZweipunktdiskriminationstestTwo Point Discrimination test (TPD)
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Improvement in low back movement control, decreased pain and disability, resulting from specific exercise interventionLuomajoki, H., Kool, J., De Bruin, E. D., & Airaksinen, O. (2010). Sports Med ArthroscRehabil Ther Technol, 2(1), 11.
Können wir eine Bewegungskontroll-dysfunktion behandeln?
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RCT’s… sind unterwegs
• Saner, J., Kool, J., de Bie, R. A., Sieben, J. M., Luomajoki, H. (2011). Study protocol. Movement control exercise versus general exercise to reducedisability in patients with low back pain and movement control impairment. A randomised controlled trial. BMC Musculoskelet Disord, 12(1), 207.
• Vesa Lehtola, Hannu Luomajoki, Ville Leinonen, Sean Gibbons and OlaviAiraksinen (2012): Study protocol. Efficacy of Movement Control Exercises versus General Exercises on Recurrent Sub-acute Nonspecific Low Back Pain in a Sub-Group of Patients with Movement Control Dysfunction. Protocol of a Randomized Controlled Trial. BMC Musculoskeletal Disorders. Protocol Submitted for publication
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Zukunftsausblick: Das Gehirn und RückenschmerzenWand, B. M., Parkitny, L., O'Connell, N. E., Luomajoki, H., McAuley, J. H., Thacker, M., & Moseley, G. L. (2010). Cortical changes in chronic low back pain: Current state of the art and implications for clinicalpractice. Man Ther.
• Kognitive Ebene: Angst, Katastrophisierung, Hypervigilanz etc.
• Sensorische Ebene: Körperwahrnehmung, Spüren wo der Rücken ist etc.
• Motorische Ebene: Bewegungskontrolle, Koordination, Propriozeption etc
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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
• www.physiofile.de : Kurse als Video
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