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Studie Immomarkt Transparent PDF

Date post: 24-Jun-2015
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Preise, Mieten und Renditen Der Immobilienmarkt transparent gemacht
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Preise, Mieten und Renditen

Der Immobilienmarkt transparent gemacht

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Impressum

Zürcher Kantonalbank

Marco Salvi, Patrik Schellenbauer, Hansjörg Schmidt (Kapitel 8)Zürcher Kantonalbank

Marina RichterZürcher Kantonalbank

Ruth Müri LeuppZürcher Kantonalbank

Othmar KöchleZürcher Kantonalbank

Designalltag, Zürich

reproduziert mit Bewilligung von swisstopo (BA046526).

zefa blueplanet

Zürichsee Druckereien AG

© Copyright 2004 by Zürcher Kantonalbank

Herausgeberin

Autoren

Karten

GIS-Analysen

Redaktion

Gestaltung

Landeskarten

Bilder

Druck

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Preise, Mieten und Renditen

Der Immobilienmarkt transparent gemacht

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Editorial von Claudio Müller 5

Einleitung 7

Teil 1 Der Eigenheimmarkt Wie bestimmt sich der Preis einer Liegenschaft? 13

1. Hedonische Immobilienbewertung Das Haus und seine Merkmale 14

2. Mikrolage Vom Wert der Sicht und anderer Dinge 26

3. MakrolageStandorte im Wettbewerb 38

4. Immobilienpreisindizes Auf solidem Fundament 58

5. Wohneigentum Für viele tragbar 65

Teil 2 Immobilien als Anlagen Welche Rendite für welches Risiko? 79

6. Anlageimmobilien Von Risiken, Renditen und Nebenwirkungen 80

7. Immobilien in gemischten Portfolios Risikostreuung lohnt sich immer 92

8. Immobilienderivate Ein Blick in die Zukunft 101

Inhaltsverzeichnis

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Immobilien – eine ganz langweilige Anlage! Diese Aussagen hörte man bisvor wenigen Jahren besonders bei professionellen Anlegern recht häufig.Aktien und New Economy waren gefragt. Heute tönt es ganz anders. DieNachfrage nach Objekten übersteigt das Angebot bei weitem. Mehr undmehr Mieter werden zu Eigentümern. Ist nun alles besser geworden? Hat manwirklich dazu gelernt? Ich glaube ja und nein.

Ja, indem man heute besser versteht, mit dem Wert «Immobilie» umzugehen,und sie als langfristige wertbeständige Anlage wieder schätzt. Aber vielesist noch im Argen. Immobilien haben am Realkapital der schweizerischenVolkswirtschaft einen Anteil von rund zwei Dritteln. Das ist kein Verschreiber!Alle übrigen Werte zusammen machen etwa das restliche Drittel aus. Wennman bedenkt, welchen Aufwand, welche Aufmerksamkeit man Teilen diesesDrittels zukommen lässt, denken wir da an Aktien, Obligationen, Fonds usw.,erscheint dies schon einigermassen erstaunlich. Immobilien als Anlage wer-den von weiten Kreisen immer noch wie ein Stiefkind behandelt.

Die Zürcher Kantonalbank – von Haus aus die Immobilienbank Nummer 1 inder Region Zürich – beschäftigt sich seit Jahren sehr intensiv mit der Anlage«Immobilie». Immobilienindizes, hedonische Bewertungsmethoden, risiko-gerechtes Pricing von Hypotheken sind einige Beispiele, wie die Bank indieser Thematik eine Vorreiterrolle übernommen hat. Mit der Weiterentwicklungihres Angebots auch in den Bereich Real Estate Investment macht sie einenkonsequenten weiteren Schritt. Investoren, kleine wie grosse, wollen heutevon einer Bank Kompetenz und umfassende Lösungen. In einem Netzwerk,in welches Fachleute verschiedenster Disziplinen eingebunden sind, könnenwir umfangreiche und komplexe Aufgaben im Real Estate Investment Bankingfür Kunden übernehmen.

Eine Voraussetzung ist das genaue Kennen des Marktes. Die Publikation«Preise, Mieten und Renditen: Der Immobilienmarkt transparent gemacht» istein Resultat intensiver Forschungen verbunden mit grosser Immobilienerfahrung.Die Zürcher Kantonalbank freut sich, den Leser und die Leserin in einer fundiertenund umfangreichen Publikation an diesem Wissen teilnehmen zu lassen.

Claudio MüllerImmo Consult, Zürcher Kantonalbank

Editorial

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Auf dem Weg zu mehr Transparenz

Wohnen ist ein Grundbedürfnis. Dies bringt es mit sich, dass jeder, ob Eigen-tümerin oder Mieter, auch im alltäglichen Leben mit dem Immobilienmarkt kon-frontiert wird. Die Frage nach dem richtigen oder «fairen» Preis von Wohnungenund Häusern löst nicht nur beim Abendessen unter Freunden hitzige Diskussionenaus. Vom Kauf einer Liegenschaft, der Suche nach einer Hypothekarfinan-zierung, der Einschätzung durch das Steueramt bis hin zur Optimierung derImmobilienportfolios einer Pensionskasse ist die Bewertungsfrage von zentralerBedeutung. In dieser Hinsicht unterscheiden sich Immobilien wesentlich vonanderen dauerhaften Gütern oder Anlagekategorien. Wer sich beispielsweisenach dem aktuellen Marktwert einer bestimmten Aktie erkundigen will, kannin Echtzeit auf den zuletzt gehandelten Börsenkurs zurückgreifen. Im Vergleichzu Aktien werden Immobilien allerdings selten gehandelt. Der zuletzt bezahltePreis für ein bestimmtes Wohnobjekt liegt oft so weit zurück, dass er für dieBestimmung des aktuellen Liegenschaftswertes weitgehend irrelevant ist: Nichtnur hat sich das Niveau der Immobilienpreise verändert, sondern dieLiegenschaft selbst hat sich entwertet (physische Abschreibung), die Architekturist möglicherweise aus der Mode gekommen (ökonomische Abschreibung)oder die Qualität der Lage ist nicht mehr die gleiche. Aktuelle Verkaufspreisevon Nachbarliegenschaften – sofern vorhanden – helfen nur bedingt, dajedes Objekt sich von den anderen unterscheidet, nicht zuletzt wegen derunterschiedlichen kleinräumigen Lageeigenschaften.

Die zentrale Bedeutung der Liegenschaftsbewertung lässt sich demnach aufdie Intransparenz des Immobilienmarktes zurückführen, insbesondere aufseine Heterogenität und Illiquidität. Während der Umsatz aller gehandeltenAktien im Swiss Market Index (SMI) im Jahr 2003 140 Prozent des Marktwerteserreichte, betrug die entsprechende Vergleichszahl auf dem Wohneigentums-markt lediglich 2 Prozent. Das heisst, dass nur jedes fünfzigste Objekt in einemJahr seinen Eigentümer wechselt, während die typische SMI-Aktie jährlich1,4 mal gehandelt wird. Es sind diese Eigenheiten des Immobilienmarktes,welche die Informationsbeschaffung wesentlich erschweren und verteuern.

In den letzten Jahren hat ein Paradigmawechsel eingesetzt, der finanzöko-nomische Denkweisen in die Immobilienbewertung einbringt und die tradi-tionelle Methodik mit neuen Ideen und Ansätzen bereichert. Dank statistischund ökonomisch fundierten Verfahren haben sich auch im eher konservativenBewertungsgeschäft analytische Methoden etablieren können. Dieser Prozessist nicht zuletzt eine Folge der verbesserten Datenverfügbarkeit. Konkret bildetdie systematische Erfassung und Auswertung von Marktinformationen die Voraus-setzung und den Ausgangspunkt für die Entwicklung dieser neuen, daten-gestützten Immobilienbewertungssysteme.

Die Zürcher Kantonalbank leitete entsprechende Schritte schon im Jahr 1994ein und führte die hedonischen Bewertungsmodelle im Jahr 1998 operativ inder Kreditprüfung ein, als erste Bank in der Schweiz. Seither hat sich diese

Einleitung

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Methode in kürzester Zeit für die Bewertung von Wohneigentum im Rahmender Finanzierung schweizweit durchgesetzt. Sie wurde für die Bestimmungder statistischen Referenzmiete vorgeschlagen und für die Konstruktion vonneuen Immobilienpreisindizes eingesetzt, wie beispielsweise dem homegate.ch-Angebotsmietindex.

Für die Kreditprüfung wird bereits heute weit über die Hälfte der von SchweizerBanken finanzierten Objekte im Bereich Wohneigentum mit der hedonischenMethode geschätzt. In den USA bilden statistische Methoden der Immobilien-bewertung (engl.: Automated Valuation Systems oder AVS) schon seit zehnJahren den Industriestandard.

Dennoch gibt es immer wieder Anlass zu Missverständnissen und Diskussionen;so wird oft gefragt, ob man so vielschichtige Elemente wie die Qualität einerLage wirklich mittels objektiv messbarer Kriterien sinnvoll abbilden und derenökonomischen Wert messen kann. In den Kapiteln 1 bis 3 dieser Publikationwird gezeigt, wie dies möglich ist. Mehr noch: dank den analytischen Ansätzengewinnt man neue, zum Teil überraschende und – so hoffen wir – interessanteEinblicke in die Funktionsweise des Immobilienmarktes. Einen besonderenSchwerpunkt bildet die Messung der Preise der kleinräumigen Lageeigen-schaften wie der Aussicht oder der Nähe zur Infrastruktur. Aufbauend daraufwird eine flächendeckende Karte der Lagewerte aller Hektaren im Siedlungs-gebiet des Kantons Zürich präsentiert.

Die Kenntnis der Marktpreise der relevanten Eigenschaften von Liegenschaftenist ebenfalls Voraussetzung für die Bildung von Indizes, welche die effektiveEntwicklung der Preise aufzeigen, nicht aber vom Einfluss sich ändernderMerkmale wie Grösse, Qualität und Lage verzerrt werden. Dies wird imKapitel 4 erläutert. Im Bereich des Mietmarktes wird der homegate.ch-Angebots-mietindex vorgestellt.

Auch im Land der Mieterinnen und Mieter ist das Wohneigentum im Vormarsch.Im Kapitel 5 werden die Bestimmungsgründe dieser Entwicklung unter dieLupe genommen. Im Zentrum stehen dabei die finanzielle Tragbarkeit vonWohneigentum sowie die Determinanten, die den Entscheid für oder gegenWohneigentum bestimmen. Potenzielle Eigentümer werden sich dafür interes-sieren, ob der Zeitpunkt zum Erwerb heute günstig ist. Darum wird die Fragediskutiert, wie teuer Schweizer Immobilien in der langfristigen Optik zurzeitsind.

Nach der analytischen Fundierung der Bewertung und der Abbildung derPreisentwicklung tauchen auf dem Weg zu mehr Transparenz weitere Fragenauf. Es sind dies Fragen nach den grundlegenden Eigenschaften von Immo-bilien als Anlageklasse. Wie hoch waren und sind die erzielbaren Renditen,wie gross sind die Risiken im Vergleich mit anderen Anlagen, welche Risikoartensind zu beachten, welchen Diversifikationsbeitrag leisten Anlageimmobilienin gemischten Portfolios? Das sind die Kernfragen, die in den Kapiteln 6 und

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9

7 beantwortet werden. Auf die Darstellung von indirekten Anlagen wieImmobilienfonds und -gesellschaften wurde bewusst verzichtet. Ihnen wirdeine separate Publikation gewidmet werden.

Im Wissen um die Chancen und Risiken von Immobilienanlagen werden imKapitel 8 schliesslich die Möglichkeiten des Handels von Immobilienmarktrisikenuntersucht. Längst gibt es Märkte, auf denen die Risiken von Aktien, Zinsen,Rohstoffen und anderen Basiswerten gehandelt werden können. Die Etablierungeines analogen Marktes für Immobilienderivate ist Voraussetzung für eineaktive Bewirtschaftung und Limitierung der Marktrisiken in den Portfolios vongrossen Immobilieneignern. Aber auch dem Bausparer könnten solche Produktedie Möglichkeit eröffnen, sein Kapital vor unerwarteten Preisanstiegen derImmobilien und damit einem realen Kaufkraftrückgang hinsichtlich seinesSparzieles zu schützen.

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Für eine gute Aussicht wird an Top -Lagen ein Zuschlag von 15 Prozent bezahlt.

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Teil 1

Der EigenheimmarktWie bestimmt sich der Preis einer Liegenschaft?

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1: Diese impliziten Eigen-

schaftenmärkte wurden

erstmals 1974 durch den

amerikanischen Ökonomen

Sherwin Rosen konsequent

theoretisch fundiert.

Die hedonische Methode geht von der einfachen Annahme aus, dass dieMarktpreise von gehandelten Immobilien Informationen über die Bewertungder einzelnen wertbestimmenden Attribute der Immobilien enthalten. DieseAttribute umfassen die Lage, die Grösse, die Qualität, das Alter, den Zustand,kurzum, sämtliche Eigenschaften einer Liegenschaft, welche den Bewohnerneinen Nutzen stiften. Dahinter steckt die Vorstellung, dass wir es nicht miteinem Markt für Immobilien zu tun haben, sondern mit Märkten für die einzelnenEigenschaften, physisch gebündelt in einem Haus1. Der Wert dieser Eigen-schaften ist sozusagen im Preis der Immobilien «versteckt» und kann durchgeeignete statistische Analysen ermittelt werden. Der Frankenwert einer Immo-bilie entspricht demnach der Summe der bewerteten Eigenschaften. Sind die-se impliziten Preise der Eigenschaften einmal bekannt, so können sie für dieBewertung weiterer Liegenschaften eingesetzt werden.Der grosse Vorteil der hedonischen Methode liegt in der Verwendung voneffektiven Marktdaten. Der geschätzte Wert der Liegenschaft widerspiegeltsomit direkt die Meinung aller Immobilienmarktteilnehmer, sowohl auf derNachfrage- als auch auf der Angebotsseite.

In dieser Studie wird das hedonische Verfahren auf zwei Immobilienkategorienangewandt: Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen. Diese Objektewerden in der Regel von ihren Eigentümern bewohnt und bilden deshalb dasso genannte Eigenheimsegment. Für mehr als 15000 Liegenschaften im KantonZürich wurden – nebst dem Preis – eine Vielzahl von Eigenschaften erfasst,welche für die Preisbildung relevant sind. Die folgende Aufzählung gibt einenÜberblick über einige der wichtigsten erfassten Eigenschaften.

Merkmale der Liegenschaft

– Alter– Grundstücksfläche– Rauminhalt resp. Wohnfläche – Eigentümeranteil (nur Stockwerkeigentum)– Anzahl Zimmer– Anzahl Nasszellen– Zustand der Bausubstanz

(neu/saniert/gut unterhalten/sanierungsbedürftig)– Waschküche– Isolierverglasung– Einzel-/Doppelgarage– Tiefgarage– Bodenheizung– Moderne Küche/Bad– Swimmingpool/Sauna– Bauweise (massiv/nicht massiv)– Lage innerhalb des Gebäudes– Minergiestandard

1 Hedonische Immobilienbewertung Das Haus und seine Merkmale

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Merkmale der Lage

Makrolage

– Zugehörigkeit zu einer Region– Zugehörigkeit zu einer Gemeinde– Steuerkraft und Steuersatz der Gemeinde– Fahrzeit nach Zürich (Privatverkehr)– Fahrzeit nach Winterthur (Privatverkehr)

Mikrolage

– Hangneigung, Exposition des Hanges (Besonnung des Grundstücks)– Aussicht und Seesicht– Bauliche Dichte (Ausnützungsziffer, Baumassziffer)– Sozioökonomische Zusammensetzung der Nachbarschaft– Entfernung zur nächsten Hochspannungsleitung– Entfernung zur nächsten Bahnlinie– Entfernung zum nächsten Einkaufszentrum– Entfernung zum nächsten Erholungsgebiet– Entfernung zur nächsten S-Bahn-Haltestelle– Entfernung zur nächsten Schule– Entfernung zum nächsten Kindergarten– Lärmbelastung– Belastung durch Schadstoffe (NOX)

Zweifelsohne vermag auch diese lange Liste nicht alle individuellen Einzelheiteneines Hauses vollständig zu erfassen. Die ästhetische Dimension oder diearchitektonische Qualität der Liegenschaft fehlen weitgehend, was von denMethodenkritikern oft als «Beweis» für das Versagen der hedonischen Methodevorgebracht wird. Die Frage, ob die erfassten Eigenschaften die Liegenschaftenumfassend darstellen, lässt sich aber auf einfache Weise empirisch beantworten.Ein zu sparsames Modell, das wichtige Eigenschaften der Liegenschaftenauslässt, wird nur einen geringen Teil der beobachteten Hauspreisunterschiedeerklären können. Die von uns gewählten preisbestimmenden Faktoren vermögenjedoch mehr als 85 Prozent der Varianz der Preise von Einfamilienhäusernbwz. Eigentumswohnungen zu erklären, was als ausserordentlich gut bezeichnetwerden kann. Das bedeutet, dass 70 Prozent der Abweichungen zwischenbezahltem Preis und geschätztem Wert kleiner sind als 10 Prozent. Zwar sinddiese Fehler teilweise auf Unzulänglichkeiten der Modelle (preisrelevanteFaktoren, die das Modell nicht kennt) zurückzuführen, aber keineswegs aus-schliesslich: Auch der Markt macht Fehler!

Wie auf allen Märkten von heterogenen Gütern mit unvollständiger Information(gebrauchte Autos, Stellenmarkt usw.) kommt es auch auf dem Immobilienmarktvor, dass eine Transaktion zu «falschen» Preisen abgeschlossen wird. Dasheisst, es wird mehr oder weniger als der faire Wert – verstanden als Summe

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1: Näheres zu diesem

Thema ist in Kapitel 6

(S.88) zu erfahren.

aller bewerteten Eigenschaften einer Liegenschaft – bezahlt. Dies ist zumBeispiel der Fall, wenn die Verhandlungsstrategie oder das Marketing einerPartei besonders geschickt ist, während die Gegenpartei nur über unvoll-ständige Informationen verfügt. Handwechsel finden weiter unter unter-schiedlichen Zeitvorgaben statt. Will oder muss ein Besitzer schnell verkaufen,wird er möglicherweise mit einem etwas geringeren Verkaufserlös zufriedensein, sogar wenn er weiss, dass der faire Wert eigentlich höher wäre, denndie Suche nach der idealen Gegenpartei braucht Zeit und ist damit kostspielig1.Die Tatsache, dass die Banken die Verkaufspreise nicht automatisch alsBelehnungsbasis für die Hypotheken übernehmen – und stattdessen den eigenenSchätzungen des Marktwertes vertrauen – ist gerade Ausdruck dieser Unvoll-kommenheit des Marktes. Auf einem vollkommenen Immobilienmarkt gäbe eskeine Nachfrage nach Bewertungen, da jeder Preis a priori richtig wäre.

Preisbestimmende Eigenschaften

Welches sind denn die wichtigsten preisbestimmenden Eigenschaften? DieseFrage wird in den nächsten drei Kapiteln angegangen. Der Schwerpunkt wirddabei vor allem auf den Einfamilienhäusern liegen, weil sich bei Eigentums-wohnungen oftmals sehr ähnliche Resultate ergeben.

Grösse

Die Grösse eines Hauses oder einer Wohnung – die wichtigste Preisdeterminante– umfasst zwei Dimensionen: Einerseits die rein physische Grösse des Hauses,die durch den Inhalt oder die Nettowohnfläche abgebildet wird, andererseitsdie Anzahl der Zimmer. Bei konstant gehaltenem Inhalt (oder konstanterWohnfläche) ist die Anzahl der Zimmer ein Mass für die Feinheit derRaumaufteilung. Es ist zu erwarten, dass eine feinere Raumaufteilung bis zueinem gewissen optimalen Grad erwünscht ist und somit einen Aufpreis seitensder Nachfrager bewirkt. Andererseits verursacht sie Mehrkosten beim Baudes Hauses, so dass eine positive Wirkung der Zimmerzahl auf den Marktpreiserwartet wird.

In der folgenden Abbildung ist zu sehen, um wie viel Prozent der Marktpreiseines Einfamilienhauses aufschlägt, wenn wir dessen Inhalt und Zimmerzahländern. Den Ausgangspunkt der Analyse bildet ein Objekt mit 300 KubikmeternInhalt und bloss zwei Zimmern. Die prozentualen Aufschläge sind also inBezug auf ein solches «Minihäuschen» zu verstehen. Blasen wir unser Zwei-Zimmer-Häuschen auf 1200 Kubikmeter auf, dann nimmt der Preis um knapp80 Prozent zu. Stellen wir uns nun vor, wir würden aus den zwei Zimmernacht machen, so nähme der Objektpreis um weitere 24 Prozent zu, so dassein Aufschlag von insgesamt 120 Prozent resultiert.

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Dieses Resultat ist gleichzeitig überraschend und einleuchtend. Überraschend,da man doch annehmen würde, dass die Preisdifferenz zwischen diesenbeiden Extremen weit über 120 Prozent betragen müsste. Zur richtigen Inter-pretation dieser wie auch späterer Ergebnisse muss aber stets im Auge behal-ten werden, dass sämtliche weiteren Qualitäts- und Lagemerkmale konstantgehalten wurden und wir dementsprechend nicht das Schrebergartenhäuschenmit der Luxusresidenz verglichen, sondern einzig und allein an den Grössen-variablen gedreht haben. Einleuchtend ist, dass eine Vervierfachung desInhalts preislich stärker ins Gewicht fällt als die entsprechende Erhöhung derZimmerzahl, weil einerseits eine Raumaufteilung bis zu einem gewissen Gradauch mit einer geschickten Wohnungseinrichtung erreicht werden kann undweil anderseits die Baukosten mit steigendem Volumen stärker ansteigen.

Grundstücksfläche

Boden ist in der Schweiz teuer: Preise um die 1000 Franken pro Quadratmetersind im Kanton Zürich keine Seltenheit. Die Knappheit des Bodens ist diewesentliche Ursache der hohen Immobilienpreise und Mieten in der Schweiz.Der Einfluss der Grundstücksfläche auf die Preise von Einfamilienhäuserndürfte also beträchtlich sein. Unsere Resultate zeichnen freilich ein etwas

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0 %

20 %

40 %

60 %

80 %

100 %

120 %

300 1200

2

4

6

8

11001000900800

Inhalt in m3

Anzahl Zimmer

700600500400

0 % – 20 %

100 % – 120 %

80 % – 100 %

20 % – 40 %

60 % – 80 %

40 % – 60 %

Abbildung 1.1: Es kommt nicht nur auf die Grösse anPreiszuschlag im Vergleich zu einem 2-Zimmer-Haus von 300 m3

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anderes Bild: Eine zehnprozentige Ausdehnung der Grundstücksfläche lässtden Hauspreis um lediglich 1,6 Prozent steigen. Dies ergibt einen implizitenPreis von nur 260 Franken pro Quadratmeter im Kantonsdurchschnitt.

Muss deshalb die Schätzgleichung gründlich überarbeitet werden? Keineswegs!Der gemessene implizite Preis ist ein Grenzpreis: Er gibt an, wie viel dieEigentümer für einen zusätzlichen Quadratmeter Grundstück zu zahlen bereitsind. Die eingangs erwähnten hohen Bodenpreise sind hingegenDurchschnittspreise: Sie entsprechen dem Preis eines unbebauten Grundstücksgeteilt durch seine Fläche. Offenbar sind die «ersten» Quadratmeter einesGrundstückes die wertvollsten; sie stellen eine Art Eintrittspreis dar, den dieEigentümer zu entrichten haben, wenn sie sich an einer bestimmten Lagebzw. in einer bestimmten Gemeinde niederlassen wollen. Wie aus Abbildung1.2 ersichtlich ist, nimmt die Zahlungsbereitschaft für zusätzliches Land mitsteigender Grundstücksfläche schnell ab.

Die Botschaft ist klar: Der typische Einfamilienhausbesitzer ist vor allem aneiner höheren Nettowohnfläche interessiert, nicht an zusätzlicher Grund-stücksfläche. Angesichts der hohen Bodenpreise und der geringen Zahlungs-bereitschaft für grössere Parzellen erscheint das neu gebaute freistehendeEinfamilienhaus mit grossem Umschwung als Auslaufmodell. Diese Erkenntniswird die vielen Promotoren und Investoren nicht überraschen, welche inden letzten Jahren vor allem Reiheneinfamilienhäuser mit minimalerGrundstücksfläche und Stockwerkeigentum erstellt haben. Damit hat sichdas Angebot einer Nachfrage angepasst, welche offensichtlich nicht mehrbereit (oder fähig) ist, allzu viel für grosszügige Arrondierungsflächen zubezahlen. Aus ökonomischer Perspektive zeigt uns dieses Ergebnis, dass

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0

500

1000

1500

2000

2500

3000

25 900775650

Bestehende Grundstücksfläche in m2

525400275150

Fr. / m2

Abbildung 1.2: Die ersten Quadratmeter sind die teuerstenDurchschnittliche Zahlungsbereitschaft für einen zusätzlichen Quadratmeter Grundstücksfläche

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die hohen Bodenpreise durchaus einen Einfluss auf das Wohnverhalten aus-üben, indem sie die Haushalte zum sparsamen Umgang mit der knappenRessource Boden anhalten.

19

0

100'000

200'000

300'000

400'000

500'000

600'000

Fr.

5 825 900 975

Grundstücksfläche in m2

600 675450 52537530022515075

Zahlungsbereitschaft optimale Grundstücksfläche

Grundstückskosten

Abbildung 1.3: Das Ende der freistehenden Einfamilienhäuser?Grundstückskosten und Zahlungsbereitschaft der Eigentümer für die Grundstücksfläche

Für Immobilieninvestoren und Bauherren, die dieÜberbauung eines Grundstückes mit Einfamilien-häusern planen, ist die Frage nach der optimalenGrösse der einzelnen Parzellen von entscheidenderBedeutung. Sollen auf dem Grundstück wenigeteurere freistehende Einfamilienhäuser oder eherReiheneinfamilienhäuser mit minimalem Umschwunggebaut werden? Die Antwort auf diese Frage hängtwesentlich von der Zahlungsbereitschaft für Boden-fläche der potenziellen Einfamilienhausbesitzer ab,die in der folgenden Abbildung dargestellt wird.Die Kurve gibt an, wie viel ein druchschnittlicherEinfamilienhausbesitzer im Kanton Zürich rein fürdie Grundstückfläche zur Zeit zu zahlen bereit ist.Die Kurve wurde aufgrund der jüngsten Trans-

aktionen von Einfamilienhäusern ermittelt. Die Geradehingegen zeigt an, wie viel ein Grundstück einergegebenen Grösse kostet, ausgehend von einemdurchschnittlichen Quadratmeterpreis von 500Franken . Die optimale Grundstücksfläche wird daerreicht, wo die Distanz zwischen den zwei Kurvenam grössten ist, also bereits bei einer Fläche vonknapp 300 Quadratmetern. Bei grösseren Grund-stücksflächen übersteigen die Bodenkosten die zu-sätzliche Zahlungsbereitschaft der potenziellenEigentümer. Der Markt ist nicht bereit, die Bauherrenfür die zusätzlichen Kosten voll zu entschädigen,was ihren Gewinn entsprechend reduziert. DiesesOptimum variiert je nach Region im Kanton Züricherheblich.

Wie viel Grundstück für einEinfamilienhaus?

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2: Da sich ein zehnjähriges

Einfamilienhaus kaum in

einem sanierungsbedürftigen

oder sanierten Zustand

befindet, werden die Preis-

abschläge für diese Katego-

rien nicht ausgewiesen.

Qualität

Zur adäquaten Beschreibung eines Hauses gehört nicht nur seine Grösse.Qualitätsmerkmale wie der Zustand der Bausubstanz, das Alter der Liegenschaftoder das Vorhandensein verschiedener Einrichtungen sind ebenso wichtig.

Qualität der Bausubstanz und Gebäudealter

Unsere Daten enthalten vier mögliche Ausprägungen für den Zustand der Bau-substanz: Neubauten, sanierte, gut unterhaltene und sanierungsbedürftigeAltbauten. Zusätzlich ist das Baujahr der Liegenschaft bekannt. Die nach-folgende Tabelle enthält die Preisabschläge für Altbauten verschiedenerGebäudequalitäten und -alter im Vergleich zu einem neuen Einfamilienhaus2.

Interessant ist die Tatsache, dass eine umfassende Renovation nach 25 Jahrenden altersbedingten Preisabschlag beinahe wettmacht. Die Abschreibungsratefür EFH (0,5 Prozent pro Jahr) mag auf den ersten Blick niedrig erscheinen.Da jedoch die Abschreibungsrate auf den Gesamtwert der Liegenschaftberechnet wird (also inklusive Grundstück), ist ein tiefer Wert für Einfamilien-häuser zu erwarten. Der Boden schreibt sich nicht ab, was sich in einer tiefenGesamtrate niederschlägt. In der Tat liegt die geschätzte Abschreibungsratefür Stockwerkeigentum mit 0,8 Prozent pro Jahr wesentlich höher. Darinspiegelt sich die Tatsache, dass Eigentumswohnungen weniger Bodenbeanspruchen als Einfamilienhäuser.

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Tabelle 1.1: Kombinierter Preiseffekt der Bausubstanz und des Gebäude-alters für Einfamilienhäuser (Als Vergleichsbasis gilt ein Neubau)

10 Jahre 25 Jahre 50 Jahre

Sanierter Altbau (*) % –3,6 % –10,8 %

Recht unterhaltener Altbau –4,6 % –9,4 % –16,3 %

Sanierungsbedürftiger Altbau (*) % –18,7 % -25 %

(*) Diese Kombination ist nicht sinnvoll.

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Die hedonische Analyse ermöglicht es sogar, den Preiseffekt der Alterung beikonstanter Qualität der Bausubstanz zu berechnen. Das Gebäudealter misstin diesem Fall die Demodierung eines Baustils oder einer Bauweise, etwa dieveränderten Präferenzen der Eigentümer in Bezug auf Grundriss, Design,Kücheneinrichtung, Raumhöhe bis hin zur Farbe der Badezimmerplättli.

Wie die Abbildung 1.4 zeigt, ist die Demodierung in den ersten Jahrzehntennach der Erstellung am stärksten. Bei Einfamilienhäusern beträgt sie anfangssogar drei Viertel der Gesamtentwertung. Dieser Anteil nimmt über die Zeitab; im Gegenzug steigt der Anteil der witterungs- und abnutzungsbedingtenphysischen Abschreibungen an. Für Eigentumswohnungen ergeben sich ganzähnliche Resultate: Eine Wohnung, die bei der Anschaffung eine halbeMillion Franken gekostet hat, verliert im Durchschnitt jedes Jahr 5000 Frankenan Wert, wobei anfangs rund 4000 Franken der Demodierung und knapp1000 Franken der physischen Entwertung zuzuschreiben sind. Wie in derModewelt werden auch bei Immobilien die vorletzten Trends als besonders«out» empfunden.

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-20 %

-15 %

-10 %

-5 %

0 %0 60504030 70

Jahre

2010

Abbildung 1.4: Auch die Immobilien gehen ausser ModePreiseffekt des Alters bei konstanter Gebäudequalität (Demodierung)

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Einrichtungen und Ausbaustandard

Die Tabelle 1.2 zeigt summarisch, welche Preisaufschläge weitere ausge-wählte Einrichtungen und Eigenschaften verursachen.

Bei der Interpretation dieser Zahlen ist allerdings Vorsicht am Platz. DieProzentaufschläge geben Auskunft darüber, welchen Aufpreis Objekte, dieeine bestimmte Ausstattung aufweisen, im Durchschnitt erzielen. Dabei mussaber beachtet werden, dass typische Liegenschaften mit Luxusmerkmalen(z.B. Sauna oder Schwimmbad) generell besser ausgestattet sind, z.B. edlereBäder oder teurere Bodenbeläge aufweisen. Der Koeffizient der Variablen«Schwimmbad ja/nein» misst den durchschnittlichen Aufpreis für alle weiterenAusstattungsmerkmale, die Objekte mit Schwimmbad normalerweise kenn-zeichnen, worüber aber keine Informationen vorhanden sind. In diesem Sinnesind auch die tabellierten Werte zu verstehen. Sie lassen darum keine direktenRückschlüsse im Sinne einer Investitionsrechnung zu. So wird der Einbau einesSwimmingpools im Garten eines einfachen Einfamilienhhauses keinen Mehr-wert von 5,3 Prozent schaffen, da der Pool allein noch keine Luxusvilla aus-macht. Ähnlich verhält es sich mit der Sauna oder mit zusätzlichen WC/Duschenbei Eigentumswohnungen.

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Tabelle 1.2: Welche Attribute schaffen einen Mehrwert?Prozentuale Aufpreise für Einrichtungen und Ausbaustandard

Einfamilienhäuser Stockwerkeigentum

Moderne Küche 5,4 % 3,6 %

Bodenheizung 1,9 % 2,4 %

Isolierverglasung 1,8 % 2,7 %

Unterkellerung 6,1 % (*)

Separate Garage 3,0 % 5,6 %

Tiefgarage 2,8 % 6,4 %

Swimmingpool 5,3 % (*)

Sauna 2,7 % (*)

Dachwohnung (*) 5,1 %

Zusätzliches WC/Dusche (*) 4,9 %

Massivbau 3,4 % (*)

Freistehendes Objekt 3,3 % (*)

Minergie-Standard 9,1 % (*)

(*) Angabe für diese Objektkategorie nicht erfasst.

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Minergie

Die Umweltaspekte spielen für viele Eigenheimbesitzer eine zunehmendwichtige Rolle und werden insbesondere in Kombination mit finanziellenAnreizen interessant. Darum wurde für diese Studie die Wirkung des Minergie-Labels auf die Preise von Einfamilienhäusern untersucht.

Minergie ist ein Qualitätslabel, das neue oder sanierte Gebäude zertifiziert,die bestimmte energetische und bauliche Standards erfüllen. Die Marke wirdvon Bund, Kantonen und Wirtschaft gemeinsam getragen und ist vor Missbrauchgeschützt. Ein Minergie-Haus bietet ein verbessertes Raumklima bei tieferemEnergieverbrauch. Dies wird insbesondere durch eine hochwertige Bauhülleund eine systematische Lufterneuerung ermöglicht. Immer wichtiger wirdMinergie auch an lärmbelasteten Standorten, da die Bauhülle besser vorLärmimmissionen schützt und die Fenster für die Belüftung nicht geöffnetwerden müssen. Der Erfolg des Minergie-Labels ist auf die zahlreichen Vorteilefür Bewohner und Investoren zurückzuführen. Bewohner profitieren in ersterLinie vom erhöhten Wohnkomfort aufgrund der angenehm warmen innerenOberflächentemperatur und der konstant guten Raumluftqualität ohne Zugluft.Bauinvestoren schätzen insbesondere die bessere Werterhaltung resp. dieWertsteigerung einer Liegenschaft, da sich einerseits die Vermietbarkeit erhöhtund durch den verminderten Energiebedarf die laufenden Kosten sinken unddie Nettorendite steigt. Minergiehäuser sind zudem dem langfristigen Öl-preisrisiko weniger oder gar nicht ausgesetzt.

Der Minergie-Standard beginnt sich erst im Markt zu etablieren undentsprechend war das Ausmass des Preiseinflusses des Labels auf eine Immobiliebisher nicht bekannt. Aufgrund der hedonischen Analyse der ZKB-Trans-aktionsdaten schätzen wir, dass ein Minergie-Haus momentan einen um 9,1%höheren Preis als ein konventionelles neues Haus mit ansonsten identischenEigenschaften löst. Die Preisdifferenz ist angebotsseitig durch die entstehendenMehrkosten und nachfrageseitig durch den erhöhten Wohnkomfort sowie dietieferen Unterhaltskosten zu erklären. Ein weiteres Beispiel für den Preiseinflusseiner Innovation, die sich über die Zeit zum Standard entwickelt hat, ist dieIsolierverglasung: Anfangs bewirkte diese Eigenschaft einen positiven Preis-einfluss auf ein ansonsten identisches Objekt; heutzutage entspricht dieIsolierverglasung dem Standard und ist kaum mehr für nennenswerte Preis-differenzen verantwortlich.

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Page 26: Studie Immomarkt Transparent PDF

1: Unter Gesamtrendite ver-

stehen wir die Nettorendite

(hier: der Eigenmietwert

nach Abzug aller Kosten im

Verhältnis zu den Anlage-

kosten) plus die Wert-

veränderung.

Aufgrund dieser Parameter wurde eine Simulation der zukünftigen Entwicklungder Gesamtrendite mit 1000 Durchläufen über 30 Jahre durchgeführt. Darauswurden wiederum 1000 mögliche Realisierungen für die Gesamtrendite desMinergie- resp. Standardhauses berechnet. Die simulierten Entwicklungen derGesamtrenditen wurden zueinander in Beziehung gesetzt, wobei eine Verhältnis-zahl über eins eine bessere Gesamtrendite des Minergiehauses anzeigt. DieAbbildung 1.5 zeigt den durchschnittlichen Verlauf der Verhältniszahl der1000 Realisierungen über 30 Jahre, zusätzlich sind die beiden 5-Prozent-Konfidenzintervalle ersichtlich. 90 Prozent der Performance-Verhältnisse lie-gen demnach innerhalb dieser Bandbreite. Nach 30 Jahren kann man imDurchschnitt mit einer Überrendite des Minergiehauses von 11,4 Prozentbzw. mit einer Verhältniszahl von 1,114 rechnen. Die Wahrscheinlichkeit, dassdas Minergiehaus besser als das Standardhaus rentiert, beträgt knapp70 Prozent.

Weitere Einsichten gibt uns eine Schätzung der notwendigen Zeitdauer, bissich die Minergie-Investition im Durchschnitt rentabilisiert. In der Hälfte derFälle überholt die Gesamtrendite des Minergiehauses diejenige des Standard-hauses in weniger als 12 Jahren. Allerdings zeigt sich auch, dass in 16% derFälle das Standardhaus auch nach 30 Jahren trotzdem im Vorteil sein kann.

24

Lohnt sich Minergie finanziell?

Ist der Kauf eines Minergie-Hauses auch unter reinfinanziellen Gesichtspunkten eine gute Investition?Mit solchen Fragen werden die Promotoren desMinergie-Standards immer wieder konfrontiert.Anders gefragt: Wie lange geht es, bis sich derAufpreis für den Minergiestandard ausbezahlt hatbzw. nach wie vielen Jahren überholt die auf-kumulierte Gesamtrendite des Minergiehausesdiejenige eines konventionellen Neubaus?1 Umdieser Frage nachzugehen, haben wir Simulations-rechnungen mit einem langfristigen Horizont durch-geführt. Für diese Simulationen wurden die folgenden,möglichst realistischen Annahmen getroffen:

– Aufpreis des Minergiestandards (alsZusatzinvestition im Vgl. zum Standardhaus) in der Höhe von 9,1 Prozent.

– Höhere Nettomietrendite von Minergie (4,25 Prozent) als bei einem Standardhaus (4 Prozent) wegen den tieferen Unterhaltskosten.

– Ein um 0,2 Prozent reduzierterAbschreibungsbedarf des Minergiehauses, da die Bausubstanz nachhaltiger ist.

– Leicht höhere Aufwertung der Preise fürMinergiehäuser, weil sich der Standard aufdem Immobilienmarkt und dem Belehnungs-markt durchzusetzen beginnt (3 Prozent für Standard- und 3,2 Prozent fürdas Minergiehaus).

– Höhere Schwankungsbreite der Preise über dieZeit (Volatilität) für Minergiehäuser, da der Markt enger ist und Nachfrage-fluktuationen deshalb stärkere Preiswirkungenausüben (6,9 Prozent für Standard, 7,9 Prozent für Minergie).

Page 27: Studie Immomarkt Transparent PDF

25

0,7

0,8

0,9

1

1,4

1,5

Verhältnis Performance

1,1

1,2

1,3

28 29 30

Jahre

26 2724 2523222120191816 1715141312119 1087654321

Relative Performance Minergie

Unterer 5 % -Vertrauensbereich

Oberer 5 % -Vertrauensbereich

Abbildung 1.5: Lohnt sich der Minergie-Standard?Gesamtrendite des Minergiehauses im Vergleich zum Standardhaus

Page 28: Studie Immomarkt Transparent PDF

Unter dem Begriff «Mikrolage» fassen wir sämtliche kleinräumigen Eigenschaftendes Standortes einer Immobilie zusammen. Im Gegensatz zur Makrolage, diewir im nachfolgenden Abschnitt behandeln, können sich die Mikrolage-eigenschaften innerhalb einer Nachbarschaft in relativ kurzer Zeit deutlichverändern. Die Mikrolage umfasst also all jene Faktoren, die dazu beitragen,eine (Wohn-)Lage als gut oder schlecht zu beurteilen. Die Qualität der Lagegilt oft als nicht objektiv messbar; dieser Meinung möchten wir im folgendenAbschnitt das Ergebnis unserer Untersuchungen gegenüberstellen.

Dank leistungsfähigen geographischen Informationssystemen und der Auf-bereitung geographischer Informationen in digitaler Form lassen sich heutzutagedie wesentlichen Lagemerkmale weitgehend objektiv darstellen. Konkret ver-wendeten wir zur Verdichtung der Mikrolageinformationen das geographischeInformationssystem (GIS) der ZKB, in dem die für den Wirtschaftsraum Zürichverfügbaren räumlichen Informationen integriert wurden. Die räumliche Auf-lösung unseres GIS ist die Hektare: Für die Schätzung des hedonischen Modellswurde für jede der 51000 Hektaren (Bauzonen und Bauentwicklungsgebiete)im Kanton Zürich eine Reihe von Mikrolagevariablen erhoben. Diese lassensich im wesentlichen in drei Kategorien einteilen:

1. Faktoren, die die topographischen Verhältnisse einer Wohnlage beschreiben

2. Faktoren, die die Umweltqualität am Standort der Liegenschaft beschreiben

3. Mikrolagevariablen, welche die Erreichbarkeit des Standortes messen

2 Mikrolage Vom Wert der Sicht und anderer Dinge

26

Hektare

Hektarmittelpunkte

0m 250 500

Abbildung 2.1: Der Hektarraster als Analyserahmen

Page 29: Studie Immomarkt Transparent PDF

1: Grundlage der

Berechnung der topo-

graphischen Variablen

bildeten die digitalen

Geländemodelle DHM25

des Bundesamtes für

Landestopographie.

Topographische Eigenschaften

Hangneigung und Exposition

Die topographischen Eigenschaften einer Wohnlage lassen sich durch dieExposition und die Neigung des Hanges sowie durch die Meereshöhe exaktbeschreiben1. Exposition und Neigung sind für die Besonnung des Grundstücksvon grosser Bedeutung, da die Sonne in südlichen Expositionen zu jeder Jahreszeitlänger über dem lokalen Horizont steht. Von Exposition der Lage kann mannatürlich erst dann sprechen, wenn das Grundstück eine gewisse Hangneigungaufweist. Südwestlich geneigte Hänge haben in unseren geographischenBreiten den Vorteil, dass die Sonne unter einem steileren Winkel einstrahlt,was besonders im Winter sehr angenehm ist. Bei nördlichen Hangexpositionenverkehrt sich dieser Zusammenhang allerdings in sein Gegenteil. In derfolgenden Abbildung haben wir für den Kanton Zürich und die angrenzen-den Gebiete die errechnete Hangneigung im Hektarraster dargestellt.

27

0 % – 0,5 %

0,6 % – 1,5 %

1,6 % – 3 %

3,1 % – 4,5 %

4,6 % – 6 %

6,1 % – 9 %

9,1 % – 15 %

15,1 % – 60,9 %

Abbildung 2.2: Auf und ab im Kanton ZürichHangneigungen in Prozent

0km 5 10

Page 30: Studie Immomarkt Transparent PDF

Gelbe Gebiete sind eher flach, blaue Gebiete weisen eine hohe Hangneigungauf. Selbstverständlich sind die sehr steilen, bergigen Gebiete – vorwiegendim Zürcher Oberland, entlang der Albiskette und den Lägern – praktisch unbe-baut. Die meisten Einfamilienhäuser in unserer Stichprobe befinden sich aufGrundstücken mit einer Neigung unter 5 Prozent.

Abbildung 2.3 zeigt für alle Hektaren im Kanton die Himmelsrichtung an,nach der sie vorwiegend orientiert sind. Die südlich exponierten Lagen sindmit grünen Tönen, die weniger bevorzugten nördlich exponierten Lagen mitBlautönen eingefärbt.

Die Abbildung 2.4 verdeutlicht hingegen, dass Einfamilienhäuser im KantonZürich nicht einfach «zufällig» über das Kantonsgebiet gestreut wurden,sondern dass der Bau sich mehrheitlich auf südlich und westlich ausgerichteteLagen konzentrierte.

28

Nord

Nordwest

West

Südwest

Süd

Südost

Ost

Nordost

0 km 5 10

Abbildung 2.3: Vorwiegend Nordöstlich/Südwestlich orientiertAusrichtung der Grundstücke

Page 31: Studie Immomarkt Transparent PDF

1: Der Einfluss der Meteoro-

logie (Bewölkung, Nebel)

wurde ebenfalls vernach-

lässigt. Wir nehmen bei der

Berechnung an, dass eine

perfekte Fernsicht herrscht.

Weiter wurde nur die Aus-

sicht auf Schweizer Gebiet

berücksichtigt, es fehlt zum

Beispiel die Aussicht auf

den Schwarzwald.

Aussicht

Hanglagen werden bei günstiger Exposition nicht nur besser besonnt, sondernsie bieten oft auch Aussicht auf einen See, auf die Alpen oder auf einenschönen Landstrich. Die Tatsache, dass Zeitungsinserate mit Hinweisen auf«Seesicht» oder «Alpenblick» potenzielle Käufer anzulocken versuchen,zeugt von der Relevanz dieser Eigenschaft. Um die separaten Effekte vonSicht und Neigung auseinander zu halten, wurde im Rahmen dieser Unter-suchung für sämtliche bewohnten Hektare im Kanton Zürich eine theoretischeAussicht errechnet. Damit gemeint ist die Aussicht, die sich allein aus dentopographischen Informationen, also ohne Berücksichtigung künstlicherHindernisse wie Nachbargebäude oder Bäume, bestimmen lässt. Dabeiwurde ein Beobachtungsstandort im Zentrum jeder Hektare und 4 Meter überGrund unterstellt1. Zwei Beispiele dieser Sichtbarkeitsanalyse sind in der Ab-bildung 2.5 wiedergegeben, in der wir die Aussicht an zwei Lagen in derGemeinde Zollikon darstellen.

29

0 %

2,5 %

5 %

7,5 %

10 %

12,5 %

15 %

0 360225 270 31590 135 18045

N NWE S

Abbildung 2.4: Abendsonne gesuchtVerteilung der EFH nach der Ausrichtung des Grundstückes

Page 32: Studie Immomarkt Transparent PDF

Die grün/gelb eingefärbten Flächen stellen die Gebiete dar, die vom mit demgelben Dreieck gekennzeichneten Standort sichtbar sind. Ein Haus an dieserLage verfügt über eine eingeschränkte Aussicht und der See bleibt verbor-gen. Blau eingefärbt ist die Aussicht eines nur wenig entfernten Standortesdargestellt, welcher über eine ausgedehnte Seesicht verfügt.

Um den Einfluss der Aussicht auf die Immobilienpreise berechnen zu können,müssen die mittels Sichtbarkeitsanalyse generierten Informationen zuerstverdichtet werden. Dafür brauchen wir eine praktische Definition einer «schönenAussicht». Pragmatisch gehen wir davon aus, dass je grösser die sichtbareFläche, desto besser die Aussicht ist. Demnach messen wir die Seesicht alsdie sichtbare Seefläche und die allgemeine Sicht als Summe sämtlichersichtbare Flächen. Dank neuester GIS-Technologie sind wir somit in der Lage,für jeden der 51000 bewohnten Hektare im Kanton Zürich sowohl die Seesichtals auch die «allgemeine» Sicht objektiv zu berechnen.

30

Aussichtspunkt

Sichtbares Gebiet

Aussichtspunkt

Sichtbares Gebiet

0km 5 10

Abbildung 2.5: Freie Sicht auf den Zürichsee?Sichtbarkeitsanalyse

Page 33: Studie Immomarkt Transparent PDF

Die Ergebnisse der rechenintensiven Simulationen sind in den Abbildungen2.6 und 2.7 dargestellt.

Die erste Karte bildet die allgemeine Sicht ab, sie umfasst also Berg- undFernsicht, jedoch nicht die Seesicht. Blau eingefärbte Gebiete bedeuten guteAussicht, gelbe Flächen eher schlechte Aussicht. Es fällt sofort auf, dass vieleLagen im Zürcher Oberland über eine hervorragende (Fern-)Sicht verfügen,so zum Beispiel am Ostufer des Pfäffikersees, wo die Alpensicht in der Tatprächtig ist. Der bewohnte Hektar mit der weitesten Aussicht liegt laut unserenBerechnungen in der Gemeinde Sternenberg, unterhalb des Hörnlis. An derNordseite des Pfannenstiels geniesst man ebenfalls eine sehr ausgedehnteSicht, welche sich vom Bachtel bis zu den Lägern erstreckt. Gebiete mit durch-wegs grosszügiger Aussicht findet man auch um den Zürichberg, am linkenZürichseeufer und auf der Südseite der Albiskette. Es mag etwas überraschen,dass am rechten Zürichseeufer die Fernsicht in der Regel schlechter ist alsam anderen Ufer. Dies ist vor allem auf die geringere Hangneigung der Gold-

31

Abbildung 2.6: Soweit das Auge reichtAllgemeine Sicht, sichtbare Hektaren

bis 4'000

4'001 – 8'000

8'001 – 12'000

12'001 – 16'000

16'001 – 20'000

20'001 – 24'000

24'001 – 30'000

über 30'000

0 km 5 10

Page 34: Studie Immomarkt Transparent PDF

küste und auf die südwestliche Exposition zurückzuführen, welche die Sichtauf die Glarner Alpen einschränkt. Die relativ guten Werte der Stadt Zürichmüssen etwas relativiert werden, da die Einschränkung durch die nicht er-fassten baulichen Hindernisse hier besonders ins Gewicht fallen dürfte. Essteht aber fest, dass die topographischen Voraussetzungen der Stadt Zürichgünstiger sind als jene von Winterthur. Bewohnte Gebiete mit noch stärkereingeschränkter Sicht findet man in den Tälern, beispielsweise im Tösstal undim Sihltal.

Auch was die Seesicht anbelangt (Abbildung 2.7), ist das linke Zürichseeufersehr gut bedient. Im Gegensatz zum rechten Ufer ist der Zürichsee über wei-te Strecken des linken Ufers fast in seiner ganzen Länge ersichtlich. Da wirdie Sicht auf die kleineren Seen (Greifensee, Pfäffikersee) in der Berechnungder sichtbaren Seeflächen ebenfalls berücksichtigen, schneidet das Oberlandauch hier gut ab. Besonders bevorzugt sind jene Lagen am Fusse des Bachtels,welche auch einen freien Blick zum Zürichsee bieten.

32

Abbildung 2.7: Exklusive BlickfelderSeesicht, sichtbare Hektaren

bis 250

251 – 500

501 – 750

751 – 1'000

1'001 – 2'000

2'001 – 3'000

3'001 – 4'000

über 4'000

0 km 5 10

Page 35: Studie Immomarkt Transparent PDF

Wirkung der Aussicht und der Topographie auf die Preise

Welche Wirkung üben die Sicht und die weiteren topographischenEigenschaften auf den Preis von Einfamilienhäusern aus? Knapp ein Viertelder Einfamilienhäuser in unserer Stichprobe hat Sicht auf einen See, auchwenn sie manchmal sehr eingeschränkt ist. Allerdings ist bereits bei einerkleinen sichtbaren Seefläche ein signifikanter Preiszuschlag feststellbar (sieheTabelle 2.1).

Ein Haus mit Sicht auf über 4000 Hektaren Seefläche (was für ca. 5 Prozentder Einfamilienhäuser in unserer Stichprobe zutrifft) ist mindestens 11,2 Prozentteurer als das genau gleiche Haus am gleichen Standort, aber ohne Seesicht.Der Zuschlag bei den Häusern mit einer Seesicht von 2000 bis 4000 Hektarenbeträgt 6,2 Prozent. Die Seesicht übt einen deutlich grösseren Einfluss ausauf die Preise als die allgemeine Sicht. In der Tat ist der Preiszuschlag füreine schöne Aussicht ohne Seesicht gering: Die Häuser mit den 10 Prozentbesten Aussichten lassen sich bloss 3,2 Prozent teurer verkaufen als ver-gleichbare Häuser ohne Aussicht. Kumuliert man den Einfluss von See- undallgemeiner Sicht erreicht man für die Top-Lagen (die ein Prozent bestenLagen in unserer Stichprobe) einen Zuschlag von 14,5 Prozent, der einzigund allein auf die Sicht zurückzuführen ist.

Die Auswirkung verschiedener Grundstücksexpositionen haben wir in derfolgenden Tabelle 2.2 eingetragen. Die Werte sind als prozentualer Preis-zuschlag relativ zu einem gleichwertigen Haus an einer flachen Lage zu ver-stehen. Da wir den Wert der Aussicht separat berechnet haben, widerspiegelndiese Werte allein die Wertschätzung der Marktteilnehmer für längereBesonnungszeiten. Es erstaunt deshalb nicht, dass vor allem die südlich undwestlich orientierten Standorte besonders gesucht scheinen. Was die Hang-

33

Tabelle 2.1: Teure SeesichtDie Wirkung der Aussicht auf die Preise von EFH

Preiszuschlag

Allgemeine Sicht

0 bis 50 km2 –

50 bis 100 km2 2,2 %

100 bis 250 km2 2,8 %

> 250 km2 3,2 %

Seesicht

0 bis 5 km2 –

5 bis 20 km2 2,6 %

20 bis 40 km2 6,2 %

> 40 km2 11,2 %

Page 36: Studie Immomarkt Transparent PDF

1: Bei der Analyse muss

zusätzlich sorgfältig unter-

sucht werden, ob der

gemessene Einfluss nicht auf

weitere, nicht gemessene

negative Eigenschaften der

Mikrolage zurückzuführen ist.

neigung anbelangt, kann erst für Neigungen von 9 Grad oder mehr einPreiszuschlag von 3,3 Prozent gemessen werden. Auch hier lässt sich derZuschlag zweideutig interpretieren: als Preis für eine bessere Besonnung oderals Ausdruck der Mehrkosten, die der Bau an einem steilen Hang verursacht.

Lärmbelastung

Eine zweite Gruppe von Variablen soll die Umweltqualität am Standort desObjektes erfassen. Die Liste der potenziellen Belastungen, welche die Qualitäteiner Lage beeinträchtigen können, ist lang: Sie umfasst Strassen-, Bahn- oderFluglärm, Ozon-, Feinstaub- oder Geruchsimmissionen, aber auch Bodenalt-lasten, Gewässerverschmutzung oder elektromagnetische Felder. Theoretischermöglicht der hedonische Ansatz, den Einfluss sämtlicher Belastungsquellenauf die Immobilienpreise simultan zu ermitteln. Voraussetzung dafür ist dasVorhandensein präziser Messungen, die flächendeckend im ganzen Unter-suchungsgebiet vorhanden sind, sowie einer grossen Anzahl von Immobilien-transaktionen in belasteten Gebieten. Die simultane Berücksichtigung mehrererUmweltqualitätvariablen in der hedonischen Analyse wird aber von der starkenKorrelation dieser Variablen erschwert, wie etwa bei Strassenlärm und Luft-verschmutzung. Es erstaunt wohl niemanden, dass an einer lauten Strassemeist auch die Luft nicht nach Rosen duftet. Diese Korrelation bedeutet aber,dass das Zurückführen eventueller Preisminderungen auf die eine oder andereBelastungsquelle hohe Anforderungen an die verfügbaren Daten stellt1.

34

0.0%

1.0%

2.0%

-2.0%

-1.0%

3.0%

4.0%

statistisch nicht signifikante Werte

*

*

*

*

N S WE

Abbildung 2.8: Wo die Sonne länger scheint, sind die Preise höherPreiszuschlag in Prozent im Vergleich zu einer flachen Lage

Page 37: Studie Immomarkt Transparent PDF

2: Marco Salvi (2001).

«Einfluss des Verkehrslärms

auf die Preise von Ein-

familienhäusern», in Heini

Sommer (Hrsg.) «Externe

Lärmkosten des Verkehrs:

Hedonic Pricing Analyse»,

Bern: Bundesamt für

Umwelt, Verkehr, Energie

und Kommunikation.

In der folgenden Darstellung beschränken wir uns weitgehend auf dieUntersuchung von Strassenlärm, indem wir auf die Resultate einer von unsseparat durchgeführten Studie zurückgreifen2. Dazu wurde für jedes Objektder zugrundeliegenden Stichprobe die Lärmbelastung durch den Strassen-verkehr mittels Strassenlärmbelastungs-, Imissions- resp. Lärmübersichtskatasterbestimmt. Zusätzlich wurde die Entfernung zu einem offenen Bahntrassee alsAnnäherung für den Zuglärm ermittelt.

Gemäss dieser Untersuchung übt Strassenlärm einen signifikant negativenEinfluss auf den Preis von Einfamilienhäusern aus. Die Zunahme der Tageslärm-belastung um1dB(A) vermindert ab einer Schwelle von 55 dB(A) den Immobilien-preis um 0,66 Prozent. Ein Einfamilienhaus mit einem Preis von 750000 Frankenan einer mehr oder weniger ruhigen Wohnlage (weniger als 55 dB[A]) würdeentsprechend an einer stark befahrenen Strasse (70 dB[A]) eine Entwertungum knapp 75000 Franken erfahren. In unmittelbarer Nähe zur Bahn (bis 100Meter) ist zusätzlich eine signifikante Reduktion der Immobilienpreise vonrund 4 Prozent festzustellen.

Die hedonische Methode drängt sich ebenfalls zur Beantwortung der Fragenach der Wirkung des Fluglärms auf die Immobilienpreise auf. Voraussetzungdazu ist das Vorhandensein von Transaktionsdaten im Lärmgebiet und vonpräzisen Fluglärmmessungen. Durch die Integration von Fluglärm in die hedo-nische Gleichung kann die Wirkung dieser Immissionsquelle auf die Preisebei sonst gleichen Lageeigenschaften gemessen werden. Das ist besonderswichtig, weil Lagen in unmittelbarer Nähe des Flughafens oft mit weiterenImmissionsquellen konfrontiert sind, allen voran mit Strassenlärm. Mit dergleichen Methode lassen sich die positiven Aspekte der Flughafennähe, wiebeispielsweise die bessere Erreichbarkeit, ebenfalls quantifizieren.

Zur Interpretation der Ergebnisse muss jedoch berücksichtigt werden, dassLärm subjektiv unterschiedlich wahrgenommen wird und es sich bei unserenErgebnissen lediglich um Durchschnittswerte handelt, die durch das Zusammen-spiel von Angebot- und Nachfrage generiert werden. Bei verschiedenenPersonen treten die individuellen Reaktionen, wie körperliche und psychischeStörungen und Verhaltensänderungen, bei unterschiedlichen Lärmpegeln auf.Das Einkommensniveau beeinflusst ebenfalls die «Nachfrage nach Ruhe». Inder Tat belegen verschiedene Studien, dass die Nachfrage nach besserenLagen mit höheren Einkommen stärker als diejenige nach verbesserten struktu-rellen Eigenschaften der Häuser zunimmt, wie Grösse oder Ausbaustandard.Es entsteht somit ein Entmischungsprozess, der dazu führt, dass die Haushaltesich entsprechend ihrer Zahlungsbereitschaft (und -fähigkeit) räumlich sortieren:Haushalte mit höheren Einkommen sind gehäuft in ruhigeren Wohngebietenanzutreffen. Dieser Entmischungsprozess erschwert die Beantwortung vonFragen wie «was sind die volkswirtschaftlichen Kosten des Fluglärms?», dennwir können nicht davon ausgehen, dass die Preisabschläge, die man beistärkeren Lärmbelastungen beobachtet, die Reaktion des durchschnittlichenHaushaltes abbilden. Dieses Problem ist besonders relevant, wenn wie im

35

Page 38: Studie Immomarkt Transparent PDF

Beispiel des Flughafens Zürich die Flugrouten und die Lärmverteilung abruptund unerwartet geändert werden und plötzlich Gebiete beschallt werden,die bis anhin kaum oder überhaupt nicht überflogen worden sind. Die gemes-sene Preisminderung bildet nämlich vorwiegend die Präferenzen der «lärm-unempfindlichen» Haushalte ab.

Erreichbarkeit der lokalen Infrastruktur

Als weitere Kategorie von Standortfaktoren wird die Preiswirkung der Erreich-barkeit bzw. der Nähe einer Lage zu sogenannten «Points of Interest» (POI)wie Schulen, Einkaufsmöglichkeiten oder Haltestellen des öffentlichen Verkehrsuntersucht. Mit Hilfe des GIS lassen sich die für Fussgänger benutzbarenStrassen und Wege selektieren und die kürzesten Gehdistanzen, zum Beispielzur nächsten Einkaufsmöglichkeit, berechnen. Die Verteilung der Distanzenzu den wichtigsten POI für die Einfamilienhäuser in unserer Stichprobe sindin der Abbildung 2.9 dargestellt.

Die wesentlichste Erkenntnis dieser Analyse besteht darin, dass die Erreich-barkeit im Kanton Zürich sehr gut und vor allem sehr homogen ist. Über dieHälfte der EFH ist weniger als 400 Meter von einer Haltestelle des ZürcherVerkehrsverbundes (Tram, Bus, S-Bahn) entfernt! Die Nähe zu Schulen undKindergärten ist ebenfalls sehr hoch, wie auch diejenige zu Einkaufszentren.Diese Homogenität der Erschliessung ist wohl der Grund dafür, dass wirkeinen nennenswerten Einfluss der Nähe zu den POI auf die Immobilienpreisenachweisen können: Es gibt schlichtweg zu wenige Einfamilienhäuser, dienicht in unmittelbarer Nähe einer Haltestelle oder einer Einkaufsmöglichkeitliegen, so dass der Einfluss der Entfernung auf die Preise gar nicht beobachtetwerden kann. Anders gesagt: Der Kanton Zürich ist derart gut erschlossen,dass es kaum möglich ist, die Preisminderung, die eine schlechte Erschliessungverursacht, nachzuweisen.

Quartiercharakteristik

Quartiere und Nachbarschaften können sich in ihrer Eigenheit deutlich unter-scheiden. Eine vollständige Beschreibung der Mikrolage kommt daher nichtohne diese Einflussgrösse aus. Allerdings ist das Quartier als «Softfaktor»mit nüchternen Daten schwierig zu erfassen. Eingehende Tests haben gezeigt,dass die folgenden beiden Variablen wesentliche Teile der Quartier-eigenschaften abzubilden vermögen:

– die bauliche Dichte – der Anteil der Schweizer Bevölkerung am Bevölkerungstotal

36

Page 39: Studie Immomarkt Transparent PDF

Die bauliche Dichte wird gemessen mittels der zulässigen Ausnützungsziffern,die in den Bau- und Zonenordnungen der Zürcher Gemeinden festgelegt sind.Die Ausnützungsziffer ist definiert als anrechenbare Bruttogeschossflächegeteilt durch die anrechenbare Grundstücksfläche.

Die Ausnützungsziffer ist eine Näherungsgrösse dafür, wie dicht ein bestimmtesGebiet bebaut ist. Es ist zu erwarten, dass Wohneigentümer im allgemeineneine weniger dichte Bauweise vorziehen. Einerseits erlaubt eine tiefereAusnützung mehr Raum für Grünflächen, Gärten, Bäume, Spielflächen fürKinder, andererseits steigt der Abstand zu den Nachbarn. Die Ergebnissebestätigen unsere Erwartungen: Höhere Ausnützungsziffern wirken negativauf die Preise von Wohneigentum. Im Falle der Einfamilienhäuser bietet sichauch eine alternative Erklärung dieses Zusammenhangs an. Höhere Ausnützungs-ziffern sind in den mehrgeschossigen Wohnzonen zu finden, in denen vorallem Mehrfamilienhäuser stehen. Folglich verliert ein Einfamilienhaus in einerMehrfamilienhauszone an Wert. Die Ausnützungsziffer beschreibt in dieserInterpretation, ob ein Objekt überhaupt in der richtigen Zone steht.

37

0

0

5

10

15

20

25

Distanz zur nächsten OeV-Haltestelle in Metern

In %

alle

r EF

H

300

900

600

1200

1500

1800

2100

0

0

2

4

6

8

10

12

14

Distanz zur nächsten Einkaufsmöglichkeit in Metern

In %

alle

r EF

H

400

120080

0

1600

2000

2400

2800

3200

3600

4000

5200

4400

4800

0

0

10

20

30

40

50

Distanz zur nächsten Grünfläche in Metern

In %

alle

r EF

H

100

300

200

400

500

600

700

800

900

1000

0

0

2

4

6

8

10

12

14

Distanz zur nächsten Schule in Metern

In %

alle

r EF

H

200

600

400

800

1000

1200

1400

1600

1800

2000

2600

2200

2400

Abbildung 2.9: Überall in Ihrer NäheDistanzen zu wichtigen Points -of - Interest

Page 40: Studie Immomarkt Transparent PDF

Innerhalb eines bestimmten Gebietes gibt es naturgemäss zentrale und peri-phere Lagen, reiche und weniger begüterte Gemeinden. Die Makrolage einesStandorts gibt Auskunft über seine generelle Lage und wirtschaftliche Positioninnerhalb eines Wirtschaftsraums. Dahinter steht die Frage, auf welche Weisesich die grossräumige Verteilung der Bevölkerung und der Wirtschaftsleistungim Kanton Zürich in der räumlichen Struktur der Immobilienpreise nieder-schlägt. Die grossräumige Lage beschreiben wir in unserem Modell mit denfolgenden Variablen:

– Steuerbelastung der politischen Gemeinde– Steuerkraft der politischen Gemeinde (als Näherung für das Angebot an

lokalen öffentlichen Gütern)– Fahrzeit nach Zürich resp. nach Winterthur

(Erreichbarkeit der Zentren) – Zugehörigkeit zu einer bestimmten Region des Kantons Zürich

Steuern und Immobilienpreise

Hin und wieder provoziert der steuerbedingte Wegzug einiger Millionäre insteuergünstige Gemeinden hitzige Kommentare. Manche sprechen von «Steuer-kannibalismus» und befürchten eine neue Phase massiver Auswanderung ausden Zentren in die Agglomeration. Dabei wird oft die Wirkung eines simplenAusgleichsmechanismus verkannt: Die Vorzüge eines lokalen Standortesspiegeln sich in den Bodenpreisen wider. Herrschen an zwei identischenStandorten unterschiedlich hohe Steuersätze, so wird ein effizienter Marktdie Boden- und Immobilienpreise am steuergünstigen Standort so langesteigen lassen, bis die Steuerersparnis ausgeglichen wird und keine Anreizefür einen Wegzug mehr bestehen. Diesen Prozess nennt man «Kapitalisierung».Eine vollständige Kapitalisierung der Steuerdifferenz beobachtet man, wenndie Preisunterschiede die Höhe der Steuerersparnis eines typischen Haushaltesausgleichen. Für Haushalte mit sehr hohem Einkommen oder Vermögen lohntsich der Umzug in eine steuergünstige Gemeinde auch im Gleichgewicht desImmobilienmarktes. Immerhin vermag die angesprochene Kapitalisierung derSteuerunterschiede den Exodus zu begrenzen. Dies wird im nachfolgendenBeispiel illustriert.

Die Gemeindesteuersätze im Kanton Zürich weisen eine recht grosseSpannweite auf: So übertrifft der maximale Steuerfuss denjenigen der steuer-günstigsten Gemeinde Neerach um 53 Prozentpunkte. Beim Median dessteuerbaren Einkommens der Zürcher Eigentümerhaushalte in der Höhe vonknapp 90000 Franken pro Jahr resultiert daraus ein jährlicher Steuerunterschiedvon ca. 2400 Franken. Macht dann der Eintrittspreis, den man für den Zuzugin die steuergünstige Gemeinde in Form von höheren Immobilienpreisen (undMieten) zu entrichten hat, den Steuervorteil gerade wett?

3 MakrolageStandorte im Wettbewerb

38

Page 41: Studie Immomarkt Transparent PDF

1: Die tatsächlichen

Differenzen der Häuser-

preise in Gemeinden mit

unterschiedlichen Steuer-

sätzen sind wesentlich

grösser. Dies hat damit zu

tun, dass in reicheren

Gemeinden grössere und

luxuriösere Häuser an

meist teureren Mikrolagen

stehen.

Diese Frage möchten wir mit einem vereinfachten Rechenbeispiel angehen:Unsere Resultate ergeben, dass die Häuserpreise um 1 Prozent steigen, wennder Gemeindesteuersatz um 10 Prozent sinkt, also zum Beispiel von 120 auf108 (ohne Kirchensteuer). Ein Durchschnittshaus im Wert von 700000 Frankenkostet darum in einer Gemeinde mit 10 Prozent tieferen Steuern 7000Franken mehr1. Demgegenüber steht eine einkommensabhängige Steuererspar-nis. Bei einem steuerbaren Einkommen von 90 000 Franken resultiert darauseine jährliche Steuerersparnis von etwa 600 Franken. Entscheidend beieinem Immobilienkauf ist der Betrag, den man heute auf den Tisch legen müs-ste, wollte man alle zukünftigen Steuerschulden auf einmal begleichen. Wieberechnet man diesen Betrag? Eine konservative Annäherung besteht darin,den jährlichen Unterschied mit einem Faktor 12,5 zu multiplizieren, waseinem Kapitalisierungssatz von 8 Prozent entspricht. Dieser hohe Kapitalisie-rungssatz bringt zum Ausdruck, dass die zukünftigen Ersparnisse sehr un-sicher sind, während der Eintrittspreis jetzt zu entrichten ist. Einerseits unter-liegt das aktuelle Einkommensniveau einem Risiko, das über dieSteuerprogression weiter verstärkt wird, andererseits kann sich auch derSteuersatz ändern oder die Steuerunterschiede zwischen den Gemeinden wer-den auf politischem Weg reduziert.

Somit erhalten wir eine kapitalisierte Steuerersparnis von 7500 Franken.Vergleicht man diesen Betrag mit dem Preiszuschlag von 7000 Franken, sozeigt sich, dass sich der Umzug angesichts der kleinen Differenz kaum lohnt.Wenn man bedenkt, dass ein Umzug weitere Kosten nach sich zieht, bedeutetdies, dass ein typischer Haushalt den niedrigeren Steuerfuss per Saldo zuteuer erkaufen würde.

Falls man jedoch künftig mit steigendem Einkommen rechnet, steigt die er-wartete Steuerersparnis in Folge der Progression überproportional. Dies kanndazu führen, dass ein Einkauf in die steuergünstige Gemeinde auf längereSicht finanziell trotzdem attraktiv erscheint. Mit zunehmendem Einkommensteigt der Anreiz in eine steuergünstige Gemeinde zu ziehen, weil ab einemgewissen Einkommen die Steuerersparnis den gleich bleibenden Aufpreisübersteigt. Für Haushalte mit hohen Einkommen sind die Steuern also einwichtiges Element bei der Wahl des Wohnortes, da ihre durchschnittlicheSteuerbelastung progressionsbedingt deutlich höher ist. Dennoch stellen wirfest, dass der Marktmechanismus auf den «Steuertourismus» ausgleichend wirkt.

Angebot an lokalen öffentlichen Gütern

Neben dem Steuersatz findet auch die Steuerkraft der Gemeinden Eingangin das hedonische Modell. Natürlich korrelieren diese beiden Grössen, dasheisst, in Gemeinden mit tiefen Steuern wohnen Leute mit höheren Einkommen.Dieser Zusammenhang ist aber keineswegs perfekt, so dass der Steuerkrafteine eigenständige Erklärungskraft hinsichtlich der Immobilienpreise zukommt.Gemeinden mit besserem Steuersubstrat bieten ihren Bewohnerinnen und

39

Page 42: Studie Immomarkt Transparent PDF

2: Im Jahr 1990, vor der

Einführung der S-Bahn, lag

dieser Anteil bereits bei

14,7 Prozent. Hinzu kommt,

dass ein Teil der Zunahme

des Marktanteils der Bahn

auf Kosten von Bus und

Tram stattgefunden hat.

3: Ist ein Ort mit dem öffent-

lichen Verkehr wesentlich

schneller erreichbar als

mit dem Auto, so wird dies

im hedonischen Modell

gemeindespezifisch berück-

sichtigt.

Bewohnern mehr oder qualitativ bessere Leistungen, sei dies nun die Bibliothek,das Freibad oder die Kinderkrippe. Auch diese Unterschiede zeigen sich inden Immobilienpreisen. Gemäss unseren Untersuchungen gilt der folgendeZusammenhang: Steigt die Steuerkraft um 10 Prozent – also zum Beispielvon 2000 auf 2200 Franken – , so erhöht sich der Preis eines Einfamilien-hauses um 1 Prozent.

Zentralität der Lage – Die Kosten des Pendelns

Ein zentraler Aspekt der grossräumigen Lage ist die Erreichbarkeit des Zentrumsoder der Zentren. Bei der Berechnung der Reisezeit nach Zürich resp. Winterthurstehen sowohl private als auch öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung. Eszeigt sich deutlich, dass die Fahrzeit mit dem Auto die höhere Erklärungskraftaufweist als die Fahrzeit mit dem Zürcher Verkehrsverbund. Dies bedeutetnicht, dass ein guter S-Bahn-Anschluss von den Verkehrsnachfragern nichtgewünscht und damit keinen positiven Einfluss auf die Immobilienpreise hät-te, auch wenn – trotz massivem Ausbau der Kapazitäten – «nur» 19,7 Prozentder Zürcher mit der Bahn zur Arbeit fahren2. Da beide Verkehrsmittel einenerheblichen Marktanteil aufweisen, wäre es eigentlich richtig, beide Fahrzeitenins Modell aufzunehmen. Hier macht uns aber die hohe Korrelation zwischenden beiden Fahrzeiten einen Strich durch die Rechnung, so dass wir uns aufdie Autofahrzeit beschränken3. Da die Fahrzeit nach Winterthur nur für dieumliegenden Gemeinden relevant ist, wurde sie lediglich für diese ins Modelleingeführt.

Die Abbildung 3.1 veranschaulicht den prozentualen Preisabschlag bei zu-nehmender Reisezeit zum Bellevue in Zürich im Vergleich zu einer Fahrzeitvon zwei Minuten, also z.B. dem Niederdorf. Nicht unerwartet schlägt dieReisezeit nach Zürich stark zu Buche. An entlegenen Orten – wie zum Beispielder Gemeinde Sternenberg mit 48 Minuten Fahrzeit – erwarten wir bei sonstgleichen Eigenschaften bei einem Einfamilienhaus einen um 30 Prozent tieferenMarktwert als rund ums Bellevue. Beim Stockwerkeigentum beträgt derPreisunterschied sogar 40 Prozent.

Erwartungsgemäss fällt der Abschlag für zunehmende Reisedistanz zur StadtWinterthur geringer aus. Trotzdem ist auch dieser Effekt klar belegbar. BeiEinfamilienhäusern beträgt der Preisunterschied bei einer Fahrzeit von 20Minuten 16 Prozent und beim Stockwerkeigentum 8 Prozent. Im Unterschiedzu Zürich verlieren die Wohnungen mit zunehmender Distanz nach Winterthurweniger schnell an Wert als Einfamilienhäuser.

Wie kann dieser Unterschied in den Preisstrukturen erklärt werden? Käufervon Einfamilienhäusern suchen typischerweise ein eher ländliches Lebensgefühl.In der Stadt Winterthur ist Wohnen im Grünen zentrumsnah eher möglich alsin Zürich. Zunehmende Distanz nach Winterthur bietet darum nur wenig mehrländliche Qualität, die Preise reflektieren darum den reinen negativen

40

Page 43: Studie Immomarkt Transparent PDF

Distanzeffekt. Die Preisabschläge für Einfamilienhäuser rund um die StadtZürich, beispielsweise Richtung Oberland, werden hingegen durch den Gewinnan ländlichem Reiz gemildert.

Geringe Ausstrahlung der Mittelzentren

Weiter interessiert die Frage, ob auch um die kleineren Zentren im KantonZürich – vor allem Uster und Bülach – eine abnehmende Preisstruktur zu beob-achten ist. Ein solcher Zusammenhang lässt sich nicht schlüssig nachweisen.Das heisst, dass die Leute der Entfernung zu diesen kleineren Städten beiihrer Standortentscheidung keine messbare Bedeutung zuweisen, auch nichtin unmittelbarer Nähe. Daraus sollte allerdings nicht der Schluss gezogenwerden, die kleineren Städte besässen keinerlei Zentrumsfunktion. Vielmehrist die Anziehungskraft der Stadt Zürich – und in geringerem Masse auchder Stadt Winterthur – zu dominant.

Lohnt sich der Weg aus der Stadt?

Rund ein Drittel aller zurückgelegten Kilometer in der Schweiz geht auf dasKonto der regelmässigen Pendler. Die Kosten des Pendelns fallen vor allemin Form von aufgewendeter Zeit an, die rein monetären Kosten (Billette,variable Autokosten) sind vergleichsweise klein.

41

-30 %

-25 %

-20 %

-15 %

-10 %

-5 %

0 %

Preisnachlass

0 3530252015 50

in Minuten

484540105

Auto-Fahrzeit nach Zürich

Auto-Fahrzeit nach Winterthur

Abbildung 3.1: Zentral und deshalb teuerPreisnachlass für EFH in Abhängigkeit von der Fahrdistanz (mit dem Auto) zur Stadtmitte

Page 44: Studie Immomarkt Transparent PDF

Ähnlich wie bei den Gemeindesteuern kann man sich die Frage stellen, inwelchem Ausmass die Kosten des Pendelns in den Immobilienpreisen reflek-tiert werden. Die durchschnittliche Autofahrzeit im Kanton Zürich in die StadtZürich beträgt 25 Minuten. Dieser Zeitaufwand muss für unsere Rechnungmit den Opportunitätskosten der Zeit bewertet werden. Die Opportunitätskostender Zeit sind nichts anderes als der Wert, den die Leute ihrer Zeit beimes-sen. Sie können mit dem Nettostundenlohn angenähert werden. Dieser liegtfür Eigentümerhaushalte im Kanton Zürich zur Zeit bei gut 42 Franken proStunde4. Für einen Durchschnittshaushalt ergeben sich jährliche Zeitkostendes Pendelns von rund 7800 Franken. Diese müssen nun auf einen langenZeithorizont hochgerechnet werden. Dies geschieht, indem man denGegenwartswert einer jährlich wiederkehrenden Zahlung von 7800 Frankenberechnet. Aus dieser Rechnung erhält man den stolzen Betrag von 160000Franken5. So viel müsste man heute auf den Tisch blättern, wollte man dieZeitkosten aller zukünftigen Pendlerfahrten nach Zürich im voraus bezahlen.Die Abbildung zeigt, wie sich dieser Gegenwartswert der Pendelkosten überdie Gemeinden des Kantons Zürich verteilt.

42

•• •

Rüti

Uster

Stäfa

Meilen

Kloten

Horgen

Bülach

Zürich

Thalwil

Opfikon

Dietikon

Zollikon

WetzikonAdliswil Küsnacht

Dübendorf

Schlieren

Wädenswil

Effretikon

Volketswil

Regensdorf

Winterthur

Wallisellen

0 – 50

50 – 75

75 – 100

100 – 125

125 – 150

150 – 200

200 – 250

250 – 300

300 – 350

0 5 10 km

Abbildung 3.2: Was das Pendeln tatsächlich kostetKapitalisierte Pendlerkosten in Tausend Franken

Page 45: Studie Immomarkt Transparent PDF

4: Als Basis für diese

Berechnung diente eine

ZKB-Untersuchung mit den

Daten der Schweizerischen

Arbeitskräfteerhebung

(SAKE) des Bundesamtes für

Statistik.

5: Im Vergleich mit gesparten

Steuern erscheint die

Grössenordnung zukünftig

aufzuwendender Pendel-

kosten deutlich weniger

unsicher. Aus diesem Grund

liegt der angewendete

Kapitalisierungssatz mit

5 Prozent tiefer als im

Steuerbeispiel.

Wollen wir den Ausgleichsmechanismus der Pendlerkosten analysieren, mussder errechnete Gegenwartswert der Pendlerkosten mit der tatsächlichenAbnahme der Immobilienpreise mit zunehmender Distanz nach Zürich ver-glichen werden. Setzt man diese Beträge zueinander in Beziehung, so erhältman einen Kapitalisierungsgrad von rund 30 Prozent. Dies bedeutet, dasssich lediglich 30 Prozent der auf heute abdiskontierten Zeitkosten in denImmobilienpreisen widerspiegeln. Wäre die Kapitalisierung hingegen voll-ständig, so müssten die Häuserpreise mit zunehmender Distanz nach Zürichwesentlich schneller abnehmen, als sie es tatsächlich tun, für eine mittlereAutofahrzeit von 25 Minuten nämlich um 160 000 Franken.

Wie im Steuerbeispiel gelten diese Werte nur für ein durchschnittliches, re-präsentatives Haushaltseinkommen. Bei höheren Einkommen liegt der Kapitali-sierungsgrad noch tiefer, bei niedrigem Einkommen liegt er entsprechendhöher. Der Grund dafür liegt darin, dass höhere Einkommen mit höheren Zeit-kosten einhergehen, die Preisnachlässe auf Grund grösserer Entfernung aberdie gleichen bleiben. Welche Gründe stecken hinter dieser unvollständigenKapitalisierung?

Erstens orientieren sich nicht alle Haushalte im Kanton zur Stadt Zürich hin.Obwohl die Stadt Zürich zusammen mit den angrenzenden Gemeinden denKanton ökonomisch klar dominiert, pendeln nicht alle Haushalte nach Zürich.Haushalte auf dem Land, die nicht in der Stadt arbeiten, werden eine höhereZahlungsbereitschaft für ein Haus in der Nähe ihres Arbeitsplatzes (zumBeispiel im Nachbardorf) aufweisen. Per saldo wird sich das Preisgefügenicht in der oben skizzierten idealtypischen Weise herausbilden, sondern nurin abgeschwächter Form.

Zweitens weiss man aus Experimenten, dass die Leute direkt anfallendemonetäre Ausgaben (so genannte «out of pocket costs») höher bewerten alskalkulatorische Zeitkosten, die nie geldmässig sichtbar werden. Indessen wirdimmer wieder moniert, unser chronischer Zeitmangel sei die Zivilisations-krankheit schlechthin. In dieser Optik wird niemand bestreiten, dass Zeit einenhohen Wert besitzt. Da der Druck am Arbeitsplatz in den letzten Jahren zu-genommen hat, liesse sich sogar argumentieren, dass der Wert der ver-bleibenden Freizeit und damit die Kosten der Zeit für viele noch wesentlichhöher liegen als hier postuliert. Möglich ist aber auch, dass viele Pendlerden Arbeitsweg nicht als verlorene Zeit empfinden, da sie die Zeit sinnvollnutzen, indem sie beispielsweise Zeitung lesen. In diesem Fall wären dieOpportunitätskosten tiefer anzusetzen, der Kapitalisierungsgrad wäre ent-sprechend höher.

Folgerung: Für Haushalte, die sich klar zur Stadt Zürich hin orientieren, lohntes sich gemäss dieser Rechnung nicht, sehr weit von Zürich wegzuziehen, umWohnkosten zu sparen. Oder man kann den Spiess umdrehen und folgern, dassdie scheinbar hohen Preise in der Stadt Zürich in Wirklichkeit günstig sind.

43

Page 46: Studie Immomarkt Transparent PDF

Was treibt die Hauspreise: eine Synthese

Die vorgestellten hedonischen Preismodelle für Einfamilienhäuser undStockwerkeigentum im Kanton Zürich geben einen Einblick in die Funktions-weise des Immobilienmarktes. Die wesentlichen Preisdeterminanten sind eruiert:die Grösse, die Qualität, die ökonomische und physische Entwertung einerImmobilie und deren Lage, aufgeteilt in Mikro- und Makrolage.Der Preiseinfluss der Grösse trennt sich in zwei Faktoren auf, nämlich in diereine Grösse (das Volumen oder die Wohnfläche) und in die Raumaufteilung(Anzahl der Zimmer). Es zeigte sich, dass eine Veränderung des Inhalts stärkerauf den Preis einwirkt als eine gleiche prozentuale Veränderung der Zimmerzahl.In Form des Gebäudealters und des Zustandes können die wesentlichenPreiseffekte der Entwertung einer Liegenschaft berücksichtigt werden. Währenddas Alter die Demodierung des Baustils berücksichtigt, bildet die Zustands-variable einer Immobilie dessen aktuelle Substanz ab.

Die Lageklassen

Die Lage erweist sich als dritte wichtige Preisdeterminante, die als Kombinationvon klein- und grossräumigen Eigenschaften in die Schätzgleichung integriertwird. Dank der Schnittstelle zum geografischen Informationssystem lassensich die kleinräumigen Lageeigenschaften einer Immobilie stark verfeinertabbilden und ihr Einfluss auf die Preise kann differenziert ermittelt werden.Unter anderem – und erstmals für die Schweiz – lässt sich der Einfluss derAussicht auf die Immobilienpreise empirisch belegen und exakt quantifizieren.Feststellbar ist, dass die Immobilienpreise auf Umweltbelastungen wie Strassen-lärm reagieren und die hedonische Analyse einen wichtigen Beitrag zurBewertung dieser externen Umweltkosten liefern kann. Es wurde auch belegt,dass die Hauseigentümer auf die unterschiedlichen Gemeindesteuerbelastungenreagieren und dass ein Teil der Pendlerkosten in den Immobilienpreisen kapi-talisiert wird.

Diese Ergebnisse werden die Immobilienspezialisten nicht überraschen, dasie das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage auf dem Immobilienmarktwiderspiegeln. Dank dem hedonischen Modell können wir sie aber in trans-parenter und nachvollziehbarer Weise darstellen und – vor allem – ihreGrössenordnung messen und die gewonnenen Erkenntnisse zur Bewertung nichtgehandelter Liegenschaften einsetzen. Diese objektive Bewertung der Lagesteht somit im Kontrast zu den gängigen Ansätzen der Lagebewertung, wiebeispielsweise der traditionellen Lageklassemethode. Der Gesamtwert derLage ergibt sich in der Analyse nicht aus einer Reihe von Expertenmeinungen,die mehr oder weniger subjektiv gefärbt sein können und deren impliziteGewichtung verborgen bleibt. Vielmehr stammen die vorliegenden Lagewerteausschliesslich aus der Analyse der Markttransaktionen. Sie entsprechen dar-um der aktuellen Wertschätzung aller Teilnehmer am Immobilienmarkt.

44

Page 47: Studie Immomarkt Transparent PDF

Eine erste Darstellung der Lagewerte ist in Abbildung 3.3 wiedergegeben.Diese Karte zeigt den Wert der Lage, welcher ausschliesslich auf die imKapitel 3 untersuchten Mikrolagefaktoren zurückzuführen ist. Das heisst: siebildet nur die kombinierte Preiswirkung der kleinräumigen Lageeigenschaftenab, die Makrolage wurde hier bewusst ausgeblendet. Die blau eingefärbtenGebiete sind durch eine hohe Mikrolagequalität gekennzeichnet, die sichaus einer Kombination von Ruhe, guter Aussicht, günstiger Topografie undguter Quartiercharakteristik ergibt.

Bei der Betrachtung fällt auf, dass die Mikrolagen im Kanton Zürich ein Süd-Nord-Gefälle aufweisen. Die begehrten Orte befinden sich schwergewichtigim Süden des Kantons. Dies ist erstens topografisch bedingt, indem die Hügeldes Zürcher Oberlandes und des Knonauer Amtes viele gute Aussichtslagenbeherbergen, während der Nordteil des Kantons eher flach ist.

45

-27 % – -15 %

-14 % – -10 %

-9 % – -5 %

-4 % – 0 %

1 % – 5 %

6 % – 10 %

11 % – 15 %

16 % – 20 %

0 km 5 10

Abbildung 3.3: Toplagen vorwiegend im SüdenWert der Mikrolage (Lage innerhalb der Gemeinde), prozentualer Aufschlag im Vergleich zur

durchschnittlichen Lage

Page 48: Studie Immomarkt Transparent PDF

Zweitens liegen die Seen und damit die begehrten und darum hoch bezahltenLagen mit Seesicht im südlichen Kantonsteil. Und drittens fallen die negati-ven Lärmemissionen durch Strassen-, Zug- und Fluglärm eher in der Nordhälftedes Kantons an. Die Kombination dieser Faktoren zeigt eindrücklich, warumdas rechte Zürichseeufer zur Goldküste wurde. Dieses grobe Bild bedarf aller-dings einer Verfeinerung. So sind auch im Norden des Kantons durchausgute Lagen zu finden, vor allem im nördlichen Weinland.

Es mag auf den ersten Blick erstaunen, dass die linke Stadtseite von Zürichdurch eher mässige Werte gekennzeichnet ist. Dies ist primär die Folge derhohen Verkehrsbelastung, der eher ungünstigen Topographie (keine Aussichts-lagen) sowie der Quartiereigenschaften.

Wir betrachten nun die Gesamtlagewerte der Hektaren im Kanton Zürich(Abbildung 3.4), also den aggregierten Effekt der Mikro- als auch Makrolage(Nähe zu Zürich und Winterthur, Steuersatz und -kraft). Es fällt sofort auf,dass sich das Bild im Vergleich zur ersten Karte grundlegend verändert hat.So findet man praktisch alle Stadtzürcher Hektaren ganz oben in der Skala.Offensichtlich dominiert der Vorteil der Zentralität dieser urbanen Standortederen Nachteile, welche zum Teil gerade durch ihre Zentralität entstehen.

46

Page 49: Studie Immomarkt Transparent PDF

47

Abbildung 3.4: Objektive Lagewerte: Zentralität dominiertGesamtwert der Lage (prozentualer Aufschlag gegenüber den mittleren Lagen)

- 47 % – -25 %

-24 % – -15 %

-14 % – - 5 %

- 4 % – 5 %

6 % – 15 %

16 % – 25 %

26 % – 35 %

36 % – 51%

0 km 5 10

Page 50: Studie Immomarkt Transparent PDF

-47% – -25%

-24% – -15%

-14% – -5%

-4% – 5%

6% – 15%

16% – 25%

26% – 35%

36% – 51%

0 km 1 2 3

Aufschlag gegenüber

der mittleren Lage

Stadt Zürich

Page 51: Studie Immomarkt Transparent PDF

-47% – -25%

-24% – -15%

-14% – -5%

-4% – 5%

6% – 15%

16% – 25%

26% – 35%

36% – 51%

0 km 2 4 6

Aufschlag gegenüber

der mittleren Lage

Winterthur und Umgebung

Page 52: Studie Immomarkt Transparent PDF

-47% – -25%

-24% – -15%

-14% – -5%

-4% – 5%

6% – 15%

16% – 25%

26% – 35%

36% – 51%

0 km 2 4 6

Aufschlag gegenüber

der mittleren Lage

Pfannenstiel

Page 53: Studie Immomarkt Transparent PDF

-47% – -25%

-24% – -15%

-14% – -5%

-4% – 5%

6% – 15%

16% – 25%

26% – 35%

36% – 51%

0 km 2 4 6

Aufschlag gegenüber

der mittleren Lage

Zimmerberg

Page 54: Studie Immomarkt Transparent PDF

-47% – -25%

-24% – -15%

-14% – -5%

-4% – 5%

6% – 15%

16% – 25%

26% – 35%

36% – 51%

0 km 2 4 6

Aufschlag gegenüber

der mittleren Lage

Oberland

Page 55: Studie Immomarkt Transparent PDF

Unterland

-47% – -25%

-24% – -15%

-14% – -5%

-4% – 5%

6% – 15%

16% – 25%

26% – 35%

36% – 51%

0 km 2 4 6

Aufschlag gegenüber

der mittleren Lage

Page 56: Studie Immomarkt Transparent PDF

-47% – -25%

-24% – -15%

-14% – -5%

-4% – 5%

6% – 15%

16% – 25%

26% – 35%

36% – 51%

0 km 2 4 6

Aufschlag gegenüber

der mittleren Lage

Limmattal

Page 57: Studie Immomarkt Transparent PDF

-47% – -25%

-24% – -15%

-14% – -5%

-4% – 5%

6% – 15%

16% – 25%

26% – 35%

36% – 51%

0 km 2 4 6

Aufschlag gegenüber

der mittleren Lage

Glattal

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-47% – -25%

-24% – -15%

-14% – -5%

-4% – 5%

6% – 15%

16% – 25%

26% – 35%

36% – 51%

0 km 2 4 6

Aufschlag gegenüber

der mittleren Lage

Weinland

Page 59: Studie Immomarkt Transparent PDF

-47% – -25%

-24% – -15%

-14% – -5%

-4% – 5%

6% – 15%

16% – 25%

26% – 35%

36% – 51%

0 km 2 4 6

Aufschlag gegenüber

der mittleren Lage

Knonauer Amt

Page 60: Studie Immomarkt Transparent PDF

58

Die tiefe Transparenz und die geringe Liquidität des Immobilienmarktes machenImmobilienpreisindizes zu einem wichtigen Informations- und Kommunikations-mittel, sowohl im Miet- als auch im Eigentumsbereich. Der Bedarf an zuver-lässigen Mietpreisindizes ist gross, nicht zuletzt weil die Wohnausgaben beiweitem der grösste Posten im Budget der Haushalte darstellen. Im Eigentums-bereich stellen Preisindizes eine wichtige Grundlage für die Erwartungs-bildung von Eigenheimbesitzern und institutionellen Investoren dar. Ohne gutePreisindizes sind schlichtweg keine seriösen Aussagen über Preisentwicklungund Performance von Immobilien möglich. Die Performancemessung übereine längere Zeit ist wiederum Voraussetzung für die Herleitung optimalerImmobilienportfolios. Aus diesem Grund sind Immobilienpreisindizes eineunabdingbare Voraussetzung für ein modernes Portfoliomanagement, das dieImmobilien berücksichtigt.Seit der Lancierung des ZKB Immobilienpreisindexes für Wohneigentum imKanton Zürich im Jahr 1996, des ersten transaktionsbasierten hedonischenImmobilienindexes in der Schweiz, sind zahlreiche neue Indizes erschienen,die den einen oder den anderen Aspekt des Schweizer Immobilienmarktesabbilden. Leider vermochte sich auf Schweizer Ebene kein Index wirklichdurchzusetzen. Im Gegenteil, die Vielzahl der Methoden und die Komplexitätder Materie hat die schnelle Informationsbeschaffung zum Teil sogar erschwert.An dieser Stelle möchten wir kurz auf die wichtigsten Eigenschaften vonzuverlässigen Preisindizes eingehen – allem voran die zentrale Rolle, welchedie Qualitätsbereinigung bei der Bildung von Mietpreis- oder Immobilienpreis-indizes spielt. Korrekt berechnet vermögen Immobilienpreisindizes Erstaunlichesüber die Entwicklung der Preise zu berichten.

Durchschnittspreise verzerren die wahre Preisentwicklung

Nehmen wir an, wir möchten die Entwicklung der Preise von Stockwerkeigentumin einer Region messen und wären in der komfortablen Lage, die Detailssämtlicher Transaktionen von Eigentumswohnungen in dieser Region zu kennen.Wir könnten uns damit begnügen, den Mittelwert der Preise in einer Periodezu rechnen und ihn mit dem Wert der Vorperiode zu vergleichen. Allerdingswäre dieses Vorgehen methodisch falsch, weil Mittelwertvergleiche die tatsäch-lichen Preiseffekte mit der Veränderung der Qualität des Wohnungsbestandsund der fehlenden Repräsentativität der Transaktionen in einer bestimmtenPeriode vermischen. Typischerweise werden in Phasen steigender Immobilien-preise und starker Nachfrage nach Wohnimmobilien vermehrt neuere bzw.qualitativ bessere Objekte gehandelt als in Jahren mit fallenden oder stag-nierenden Preisen. Die starke Nachfrage wirkt sich positiv auf den Neubauaus und der Anteil der neuen Wohnungen und Einfamilienhäuser an der Mengealler Transaktionen nimmt zu. Wer einen einfachen Mittelwert der Trans-aktionspreise rechnet, wird somit in den guten Jahren die Immobilienpreis-steigerungen überzeichnen, da ein Teil der gemessenen Preisanstiege auf diebessere Qualität der Objekte in der Stichprobe zurückzuführen ist und nichtauf die allgemeine Teuerung der Immobilien.

4 ImmobilienpreisindizesAuf solidem Fundament

Page 61: Studie Immomarkt Transparent PDF

59

Auch wenn die Transaktionen stets eine repräsentative Stichprobe des Bestandesan Wohneinheiten darstellten, würden die Durchschnittspreise keine korrekteAbbildung der Immobilienpreisentwicklung wiedergeben, weil der gesamteWohnungsbestand über die Jahre einem technischen Wandel untersteht.Zwar erfolgt die Verbreitung dieses technischen Fortschrittes nicht so raschwie bei anderen Gütern (z.B. Autos, Computer oder Filmkameras). Übermehrere Zeitperioden sind aber auch bei Gebäuden solche Unterschiede klarerkennbar. Vor 30 Jahren beispielsweise waren Fenster meistens einfach oderdoppelt verglast, während heute die Isolierverglasung dem Standard entspricht.Die Haustechnik, die Kücheneinrichtung und die Gestaltung der Nasszellenhaben sich über die letzten Jahrzehnte ebenfalls stark verändert. Indizes,welche diesen Wandel nicht berücksichtigen, verzerren die Abbildung derEntwicklung von Immobilienpreisen und Mieten.

Gleiches mit Gleichem vergleichen

Wie können Preissteigerungen, die auf Qualtiätsverbesserungen zurück-zuführen sind, von den reinen Immobilienpreissteigerungen unterschiedenwerden? Dieses Problem lässt sich mit der bereits im ersten Teil dieser Publikationbeschriebenen hedonischen Methode lösen. Zuvor wurde erwähnt, dass esmit Hilfe von statistischen Methoden möglich ist, den Beitrag der einzelnenMerkmale – wie Grösse, Alter, Bausubstanz oder Lage – auf den Immobilienpreiszu bestimmen. Diese Beiträge wurden als hedonische Preise bezeichnet. Sinddie hedonischen Preise bekannt, dann lässt sich das Problem der unter-schiedlichen Zusammensetzung der Stichprobe über die Zeit korrekt lösen:Es ist jetzt nämlich möglich, die qualitativen Änderungen der Stichprobe zukorrigieren, indem das immer gleiche Bündel von Wohnungseigenschaftenbewertet wird. Damit stellt man sicher, dass stets Gleiches mit Gleichemverglichen wird.

Die Bedenken, die gegen nicht-hedonische Immobilienindizes geäussertwerden, sind nicht bloss theoretischer Art. Die fehlende Qualitätsbereinigungkann markante Unterschiede in der ausgewiesenen Preisentwicklung bewirkenund zu falschen Einschätzungen der Marktdynamik verleiten. Dies möchtenwir am Beispiel des homegate.ch-Angebotsmietpreisindex und des ZKBImmobilienpreisindex illustrieren, beides hedonische Indizes, die von der ZKBberechnet werden.

Page 62: Studie Immomarkt Transparent PDF

60

Der homegate.ch-Angebotsmietindex

homegate.ch ist der führende Online-Immobilienmarkt der Schweiz. Dankdieser Rolle verfügt homegate.ch über einzigartiges Datenmaterial. Von denaktuell rund 30 000 Objekten sind im Mietsegment gegenwärtig monatlichrund 15000 Angebote auf www.homegate.ch verfügbar. Die Qualität derDaten ist hoch, da die Datenstruktur im Unterschied etwa zur Vielfalt derZeitungsinserate stark normiert und einheitlich ist. Die Daten stehen ohneZeitverzögerung für die Indexberechnung und für Analysen zur Verfügung.Seit August 2003 veröffentlicht homegate.ch 12 hedonische Indizes, welchedie monatliche Entwicklung der offerierten Mieten in der Schweiz und in siebenRegionen misst.

Wie hätten sich die Mietpreisindizes entwickelt, wenn wir uns darauf beschränkthätten, Quartalsmittelwerte der Mietpreise zu ziehen und daraus einen Indexzu berechnen? Diese Frage beantwortet die folgende Abbildung, in der wirdie Entwicklung von unbereinigten bzw. hedonischen Indizes vergleichen.Zwei dieser Reihen liegen exakt die gleichen Daten zugrunde: rund 20 000Inserate für kleinere Mietwohnungen aus dem Kanton Zürich, welche in denJahren 2002 und 2003 auf homegate.ch veröffentlicht wurden. Nur dieBerechnungsmethoden sind unterschiedlich. Die Ergebnisse sind frappant.

99

100

101

102

103

Jan.

200

2

Apr

il 20

02

Juli

2002

Okt

. 20

02

Jan.

200

3

Apr

il 20

03

Juli

2003

Okt

. 20

03

Jan.

200

4

Apr

il 20

04

Juli

2004

Quelle: ZKB/homegate.ch

Schweiz

Region Zürich

Abbildung 4.1: Der homegate.ch-Angebotsmietindex: aktuell, zuverlässigund hedonisch

Page 63: Studie Immomarkt Transparent PDF

61

Ein Index der Durchschnittsmieten von Kleinwohnungen, der auf der Basisder homegate.ch-Daten berechnet wird, weist über eine Periode von nur zweiJahren eine um 19 Prozent höhere Mietpreisinflation aus als der entspre-chende hedonische Index. Auch der Angebotspreisindex von Wüest & Partnerfür die gleiche Objektkategorie – ebenfalls ein Durchschnittspreisindex, derallerdings auf einer anderen Datenbasis beruht und vorwiegend Zeitungs-annoncen berücksichtigt – folgt tendenziell der Entwicklung der nicht be-reinigten Reihe und überzeichnet somit die tatsächliche Mietpreisinflation.Der Grund für diese Abweichung liegt in der Verschiebung der Zusammen-setzung des Angebots im Kanton Zürich, welche zwischen Anfang 2002 undEnde 2003 stattgefunden hat. Eine Analyse der Merkmale der inseriertenMietwohnungen zeigt, dass in dieser Zeitperiode vermehrt Wohnungen bis31/2 Zimmer auf den Markt kamen, welche

– eine grössere Wohnfläche aufwiesen,– an zentralen, teuren Lagen innerhalb der Region lagen– und relativ neu waren.

Die von den Durchschnittspreisindizes verzeichnete Mini-Explosion der Mietenin dieser Periode ist aus dieser Optik weitgehend ein statistisches Artefakt,welches auf die Verschiebung des Wohnungsangebots zurückzuführen ist.

95

100

105

110

115

120

125

Q1, 2002 Q2, 2002 Q3, 2002 Q4, 2002 Q1, 2003 Q2, 2003 Q3, 2003 Q4, 2003

auf Basis homegate-Daten, hedonisch

auf Basis homegate-Daten, Medianpreis

Wüest & Partner (nicht hedonisch)

Quelle: ZKB/homegate.ch, W&P

Abbildung 4.2: Durschnittspreisindizes überzeichnen die Inflation der MietenAngebotspreise von Wohnungen bis 31/2 Zimmer im Kanton Zürich

Page 64: Studie Immomarkt Transparent PDF

62

1: Die aktualisierten Reihen

sind unter www.zkb.ch,

Rubrik Wohnen/Immobilien,

abrufbar.

Der ZKB Immobilienpreisindex

Die Zürcher Kantonalbank verfügt über eine umfangreiche und detaillierteDatenbasis, welche die Berechnung eines unverzerrten Immobilienpreisindexmittels der hedonischen Methode für den Kanton Zürich ermöglicht. DerDatensatz der Zürcher Kantonalbank enthält mehr als 15000 Transaktionenvon Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern, die im Zeitraum von 1980bis heute von der Bank finanziert wurden. Es werden nur Handänderungenzu Marktpreisen berücksichtigt und die Merkmale der verkauften Liegenschaftensind sehr detailliert erfasst.

Die Abbildungen 4.3 und 4.4 geben die Entwicklung der zwei hedonischenIndizes auf Jahresbasis wieder1.

70 -10%

100

130

160

190

1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 20042002

220

250

-5%

0%

5%

10%

15%

20%

Indexveränderung (yoy)

EFH Jahresindex (linke Skala)

Abbildung 4.3: ZKB Immobilienpreisindex EinfamilienhäuserKanton Zürich (1980 = 100)

Page 65: Studie Immomarkt Transparent PDF

63

Wie hätten sich die Immobilienpreisindizes entwickelt, wenn wir das vorher-gehende Experiment wiederholen und uns darauf beschränkt hätten, Jahres-mittelwerte der Verkaufspreise zu ziehen und daraus einen Index zu berechnen?Diese Frage beantwortet die folgende Abbildung 4.5, in der wir die Entwicklungdes bereinigten und unbereinigten Indexes für Stockwerkeigentum in denletzten Jahren vergleichen.

80 -8%

100

120

140

160

1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 20042002

180

200

-4%

0%

4%

8%

12%

Indexveränderung (yoy)

STWE Jahresindex (linke Skala)

Abbildung 4.4: ZKB Immobilienpreisindex für Stockwerkeigentum Kanton Zürich (1980 = 100)

90,0

95,0

100,0

105,0

110,0

105,0

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003

Durchschnittspreisindex

Hedonischer Index

Abbildung 4.5: Auf die Qualitätsbereinigung kommt es anSTWE-Preisindizies für den Kanton Zürich (1997= 100)

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Wie im Beispiel mit den Mietwohnungen liegen beiden Reihen exakt die gleichenTransaktionen zugrunde, nur die Berechnungsmethoden sind unterschiedlich.Erwartungsgemäss steigt der Durchschnittspreisindex wesentlich stärker alsdie qualitätsbereinigte, hedonische Reihe an. Nach fünf Jahren beträgt derUnterschied beinahe 8 Prozent. Wir führen diese Differenz auf die Phase1998 und 1999 zurück, in denen besonders viele neue Eigentumswohnungenmit überdurchschnittlichem Ausbaustandard an zentralen städtischen Lagenauf den Markt kamen. Die hedonische Methode vermag diesen Stichproben-effekt zu kontrollieren und gibt somit die korrekte Veränderung der Immobilien-preise bei konstanter Qualität wieder.

Schlussfolgerungen

Aufgrund der Heterogenität von Immobilien bestehen grosse Qualitätsunter-schiede in den gehandelten Liegenschaften. Diese erschweren – zusammen mitder Illiquidität von Immobilienmärkten – die Bildung von zuverlässigen Indikatorender Preisentwicklung auf Immobilienmärkten. Um die allgemeine, allen Liegen-schaften zugrundeliegende Preisentwicklung zu identifizieren, muss somit demEinfluss dieser Merkmale auf den Preis Rechnung getragen werden. Ist diesnicht der Fall, so bestehen die beobachteten Änderungen in einem Immobilien-preisindex aus einer Mischung von Änderungen, die auf unterschiedliche Merkmals-ausstattung zurückzuführen sind, und von Änderungen, die der Interaktionvon Angebots- und Nachfragekräften zuzuschreiben sind. In Anbetracht dergrossen volkswirtschaftlichen Bedeutung von Immobilienpreisindizes und derbeträchtlichen Verzerrungen von Durchschnittspreisindizes scheint uns dieAnwendung von Verfahren, welche eine konsistente und konsequente Qualitäts-bereinigung der beobachteten Preise ermöglichen, unabdingbar.

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65

1: Philippe Thalmann und

Philippe Favarger,

«Locataire ou propriétaire?»,

Presses polytechniques et

universitaires romandes,

Lausanne, 2002

Ein Spaziergang in die neuen Quartiere der grösseren Agglomerationenbestätigt es: In der zurückliegenden Dekade hat das Wohneigentum in derSchweiz starken Zulauf erhalten. Gemäss dem Bundesamt für Statistik ist derAnteil der Haushalte, die Eigentümer des von ihnen bewohnten Wohnobjektessind, zwischen 1990 und 2000 landesweit um 3,3 Prozentpunkte auf 34,6Prozent gestiegen. Vor allem das Stockwerkeigentum in den urbanen Zentrenhat an Bedeutung gewonnen: In der Schweiz hat sich die Zahl derEigentumswohnungen im letzten Jahrzehnt verdoppelt und der Anstieg derEigentumsquote im Kanton Zürich – von 21 Prozent auf 25 Prozent – ist praktischausschliesslich auf den Boom der Eigentumswohnungen zurückzuführen. Welchessind die Ursachen dieses Trends? Wird er anhalten? Welche Konsequenz hatdie verstärkte Neigung zum Eigentum auf die Immobilienpreise? Werden wirbald jährliche Preissteigerungen von 30 Prozent oder mehr erleben, wie inEngland oder Irland seit Jahren üblich? Diese Fragen beantworten wir in diesemKapitel, in dem wir uns der Analyse des Wohneigentumsmarktes in der Schweizwidmen.

Wer leistet sich die eigenen vier Wände?

Die Schweizer sind ein Mietervolk, doch in fast allen schlummert der Wunschnach Eigentum: Eine vor einigen Jahren durchgeführte Befragung1 von rund1600 Schweizer Haushalten stellte fest, dass 81 Prozent der Befragten sichfür Wohneigentum entscheiden würden, falls es die Finanzen zuliessen. Gut40 Prozent der befragten Mieter gaben an, dass sie sich ernsthaft Gedankenmachen, Wohneigentümer zu werden. Doch trotz dem Wachstum der letztenJahre hat die Schweiz immer noch die tiefste Eigentumsquote Europas –warum?

Für die meisten befragten Mieter war der hohe Preis das entscheidendeKaufhindernis. Ebenso erachteten sie ihre eigene Einkommens- und Vermögens-situation als ungünstig. Weniger wichtig erschienen den Mietern mit demKauf von Wohneigentum verbundene Einschränkungen beim Konsum ande-rer Güter (Erholung, Unterhaltung, Bildung, Mobilität) und die Unterhaltskosten.Die Tatsache, dass es andere Anlagemöglichkeiten als Wohneigentum gibt(z.B. Aktien oder Obligationen), war den wenigsten Mietern hinderlich füreinen Kauf. Ausserdem existierten genügend Informationen über den Wohnungs-markt, die den Kauf einer Immobilie nicht allzu komplex erscheinen liessen.

Eigentum: Wohlhabende und Familien

Um allfällige Unterschiede zwischen den Befragungsergebnissen und demtatsächlichen Verhalten aufzudecken, haben wir das Wohnverhalten derZürcherinnen und Zürcher untersucht. Dabei wird davon ausgegangen, dassHaushalte bewusst eine Wohnform wählen, die ihren Vorlieben und Möglich-keiten entspricht. Anhand ökonometrischer Analysen kann ermittelt werden,

5 WohneigentumFür viele tragbar

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ob typische Verhaltensmuster vorliegen. Die analysierten Rohdaten stammenaus der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) des Bundesamtes fürStatistik im Jahr 2001. Danach wohnen Leute mit hohem Einkommen häufigerin den eigenen vier Wänden. Allerdings scheint beim Einkommen ein kritischerWert vorzuliegen, ab dem Eigentum erschwinglich wird, denn es besteht keinstatistisch signifikanter Unterschied zwischen Personen mit niedrigem undmittlerem Einkommen. Übersteigt das verfügbare Haushaltseinkommen dieGrenze von 100000 Franken pro Jahr, steigt die Wahrscheinlichkeit, Eigentümerzu sein, stark an.

Personen mit Kindern neigen eher dazu, Wohneigentum zu erwerben. Diesvermutlich deshalb, weil Familien mit Kindern früher oder später mehr Platzbeanspruchen. Da grosse Familienwohnungen auf dem Mietmarkt rar undteuer sind, ist der von den Familien wahrgenommene Preis von Wohneigentumrelativ zur Miete günstig.

Personen in ländlichen Gebieten des Kantons Zürich wohnen häufiger imeigenen Haus. Unabhängig vom Einkommen zeigt sich, dass Personen mit hoherAusbildung häufiger in den eigenen vier Wänden wohnen. Hingegen liegt keinUnterschied zwischen Personen mit niedriger und mittlerer Ausbildung vor.

Miete: Unverheiratete und Ausländer

Unverheiratete Personen wohnen hingegen häufiger zur Miete. Dies giltinsbesondere für geschiedene Männer, was damit zusammenhängen könnte,dass das Haus der die Kinder betreuenden Frau zugewiesen wird. Mit steigendemAlter wird Wohneigentum immer wahrscheinlicher. Hier wirkt der Effekt, dassnur wenige Personen wieder zu Mietern werden, wenn sie einmal Eigentümerwaren. Da mit dem Alter das private und das im Rahmen der beruflichenVorsorge ersparte Vermögen steigt, leisten sich Personen mit zunehmendemAlter häufiger ein Eigenheim. Ebenfalls wohnen Ausländer häufiger zur Miete.Dies dürfte damit zusammenhängen, dass viele Ausländer offen lassen, obsie wieder in ihre Heimat zurückkehren werden.

Gemäss der oben erwähnten Befragung von Mietern sind Mobilitätshemmnisseunbedeutend für die Wahl der Eigentumsform. Die ZKB-Studie hat hingegenergeben, dass Haushalte, in denen beide Partner erwerbstätig sind, häufi-ger in den eigenen vier Wänden wohnen. Dies hängt zum einen mit demhöheren Haushaltseinkommen zusammen, zum anderen ist es oft schwierig,bei einem Wohnortswechsel für beide eine befriedigende neue Arbeitsstellezu finden. Das geringere Mobilitätsbedürfnis führt dazu, dass sie sich des-halb – unabhängig vom Einkommen – häufiger fürs Eigenheim entscheiden.Dies gilt erst recht für Personen, die längere Zeit im gleichen Betrieb beschäf-tigt sind. Die typischen Zürcher Wohneigentümer sind verheiratet, wohlhabend,haben Kinder und befinden sich auf einem hohen Ausbildungsniveau. Zudemleben sie eher in ländlichen Gemeinden.

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Das Stockwerkeigentum wird als Wohneigentums-form immer beliebter. Der Anstieg der Eigentums-quote, den man in der Schweiz in den 90er Jahrenbeobachtete, ist praktisch ausschliesslich auf dieVerbreitung dieser Eigentumsform zurückzuführen.Wie erklärt sich die in letzter Zeit wachsendeBeliebtheit von Wohnungen im Vergleich mitEinfamilienhäusern bei den Neueigentümern?Erstaunlicherweise gibt es zu diesem Thema kaumempirisch abgestütztes Wissen. Während derEntscheid über die Eigentumsform (Miete versusKauf) Gegenstand diverser Untersuchungen undThema unzähliger Ratgeber war, blieb die Wahlder Neueigentümer zwischen den Wohnformen inder Schweiz bisher weitgehend unerforscht. Unsereempirische Analyse des Entscheids zwischen Hausund Wohnung im Querschnitt der Haushalte fördertInteressantes zu Tage: Steigendes Einkommen undVermögen ergeben eine starke Tendenz für Ein-familienhäuser. Wie aus der Tabelle 5.1 ersichtlichbedeutet eine zehnprozentige Erhöhung des Ein-kommens eine um drei Prozent höhere Wahrschein-lichkeit, sich für ein Haus und gegen Stockwerk-eigentum zu entscheiden. Mehr Vermögen wirkt indieselbe Richtung mit ähnlicher Grössenordnung.Für wohlhabende Haushalte sind Eigentumswoh-nungen also nach wie vor zweite Wahl – dieSchweizer halten am Traum des suburbanen frei-stehenden Einfamilienhauses fest; nur fehlen vielendazu die Mittel.

Dem Wunsch nach dem Einfamilienhaus wirkt aller-dings die Demografie entgegen: Nicht unerwartetneigen ältere Haushalte sehr stark zum Stockwerk-eigentum: Bei Konstanz aller andern Einflussfaktorenhaben Haushalte, deren Mitglieder über 50 Jahrealt sind eine viermal höhere Wahrscheinlichkeitals Leute unter 50, sich für eine Eigentumswohnungzu entscheiden. Bei noch älteren Haushalten istdieser Effekt noch stärker: Ab 60 Jahren ist die -Wahrscheinlichkeit eines Wohnungskaufs achtmalhöher. Zudem streben Schweizer Haushalte im

Unterschied zu Ausländern eher zum Haus, währendkleine Haushalte einer Wohnung den Vorzug geben.Die gegenwärtige Beliebtheit des Stockwerkeigen-tums unter den neuen Eigentümern kann nicht unab-hängig von einem weiteren Phänomen untersuchtwerden: dem Drang in die Zentren. Im Kanton Zürichorientieren sich jüngere Haushalte ohne Kinder vermehrt nach Zürich und die zentrumsnahenGemeinden hin. Bei älteren Personen ist – trotzhohen Preisen – ebenfalls eine starke Wanderungs-bewegung in die Zentren festzustellen. Genau ent-gegengesetzt verhält es sich bei den grossenHaushalten (junge Familien mit Kindern, Mehr-generationshaushalte), sie verlagern ihren Lebens-kreis eher in die peripheren Gemeinden.

Insgesamt lässt sich die These aufstellen, dass esdie älteren, kapitalkräftigen Haushalte und die kinder-losen Paare sind, die für die starke Zunahme derNachfrage nach urbanem Wohnraum sorgen. Dain den grossen Zentren der Einfamilienhausbau imVergleich zum Stockwerkeigentum sehr teuer ist,wächst der Anteil der Stockwerkeinheiten an denneu erstellten Einheiten.

Tabelle 5.1

Auswirkung ausgewählter Merkmale auf die Kaufwahr-scheinlichkeit einer Wohnung im Stockwerkeigentum im Vergleich zu einem Einfamilienhaus*

Merkmal Auswirkung

Käufer ist zwischen 40 und 50 Jahre alt + 2%

Käufer ist zwischen 50 und 60 Jahre alt + 34%

Käufer ist älter als 60 Jahre + 52%

Ausländische Nationalität + 14%

Ledig + 8%

Einpersonen-Haushalt + 19%

Einkommen erhöht sich um 10% – 3%

*Referenzkäufer ist 35 Jahre alt, Schweizer, verheiratet und verdient jährlich 85 000 Franken netto.

Haus oder Wohnung?

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Tragbarkeit als zentraler Treiber

Die Ergebnisse des vorherigen Abschnittes zeigen am Beispiel des KantonsZürich, wer tendenziell zu den Eigentümern gehört. Ganz bestimmt spielt dieHöhe des Einkommens eine grosse Rolle bei der Wahl zwischen Kauf oderMiete. Doch wie Abbildung 5.2 zeigt, kann diese Feststellung nicht das Endeder Geschichte sein. Es bestehen nämlich grosse Unterschiede zwischen denkantonalen Eigentumsquoten, welche offensichtlich nicht alleine auf Einkommens-unterschiede zurückzuführen sind. Im Kanton Jura, mit einem Median-nettoeinkommen von 57000 Franken der ärmste Kanton, sind über die Hälfteder Bewohner Eigentümer. Im reichen Kanton Zug hingegen, wo das Median-einkommen 82000 Franken erreicht, wohnt knapp ein Drittel im eigenenHaus. Die vorangehende Analyse vernachlässigt offensichtlich eine wichtigeDimension, die der Immobilienpreise.

Die zwei wichtigen Determinanten von Wohneigentum – Einkommen undImmobilienpreise – lassen sich zusammen mit den Zinskosten zu einemTragbarkeitsindex für Wohneigentum zusammenfassen. Diese Indexgattung,die in angelsächsischen Ländern weit verbreitet ist, misst, ob ein typischerHaushalt über genügend Einkommen verfügt, um einen Hypothekarkredit aufdie durchschnittliche Liegenschaft bedienen zu können. Je höher der Trag-barkeitsindex, desto erschwinglicher ist Wohneigentum. Es ist deshalb zuerwarten, dass in Regionen, wo Eigentum erschwinglicher ist (sei es, weil dieEinkommen höher sind oder die Immobilienpreise tief), die Eigentumsquotehöher liegt. In der Tat zeugt Abbildung 5.2 von einem engen Zusammenhangzwischen der Tragbarkeit und den kantonalen Wohneigentumsquoten: Alleindie finanzielle Tragbarkeit vermag rund 60 Prozent der Streuung der kanto-

10 %

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30 %

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Eigentumsquote (1990)

Tragbarkeitsindex (2003)

Quelle: ZKB, BFS

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BSGE

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Abbildung 5.2: Tiefere Tragbarkeit in den städtischen KantonenTragbarkeit von Wohneigentum und kantonale Eigentumsquote

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nalen Eigentumsquoten zu erklären. Gemäss ihrer Tragbarkeit müssten aberin den zwei urbanen Kantonen, Basel-Stadt und Genf, die Eigentümerquotenetwa auf der Höhe des Kantons Zürich liegen, effektiv betragen sie nur dieHälfte dessen. Wir führen dies auf historische Gründe zurück, weil Stockwerk-eigentum, die «natürliche» Form von Wohneigentum in den Zentren, bis 1970in der Schweiz nicht möglich war und erst in den letzten 15 Jahren anBedeutung gewonnen hat.

Da die Konditionen (Zinsen, Amortisation, Belastungsgrenzen) zwischen denKantonen kaum variieren, reduzieren sich die Unterschiede in der Tragbarkeitallein auf das Verhältnis zwischen Immobilienpreisen und Haushaltseinkommen.Bemerkenswert ist nun, dass die kantonalen Mietzinsniveaus als weitererFaktor keinen zusätzlichen Erklärungsgehalt beitragen. Dies heisst, dass vorallem die Immobilienpreise – und damit die absolute Höhe der erforderlichenInvestition – in Relation zum Einkommen wichtig sind und nicht der oft zitierteVergleich zwischen Kaufen und Mieten. Wir haben damit ein weiteres Indizdafür, dass die Risikoüberlegungen beim Hauskauf die kurzfristig realisierbarenErsparnisse im Vergleich zur Miete dominieren.

Für jeden Indexzeitpunkt wird zuerst der Median-haushalt und das Medianhaus bestimmt. Der Median-haushalt ist jener Haushalt, dessen Einkommengenau in der Mitte der Verteilung aller Haushalts-einkommen liegt. Analog verfährt man bei derSuche nach dem Medianhaus. Es hat den mittle-ren Preis aller in der jeweiligen Periode gehan-delten Einfamilienhäuser. Ein Indexwert von 100bedeutet, dass der Medianhaushalt seinen Hypo-thekarkredit bedienen kann (inkl. Amortisationen),ohne dass die finanzielle Belastung 35 Prozent sei-nes Nettoeinkommens übersteigt. Diese Faustregelwird von den meisten Banken angewendet. Wir unter-stellen weiter eine Belehnung von 80 Prozent des

Hauswertes, wie sie für Neueigentümer typisch ist. Ein wichtiger Punkt ist die Wahl des Zinssatzes.Verwendet man variable Sätze, so bildet man zwardie aktuelle Tragbarkeit korrekt ab, vernachlässigtaber die Nachhaltigkeit. Es liegt im ureigenenInteresse der Hypothekargeberin, dass das Wohn-eigentum auch in einer vorübergehenden Hoch-zinsphase tragbar bleibt. Basis für die Berechnungder Tragbarkeit ist daher nicht das aktuelle Zins-niveau, sondern ein langfristiger Mittelwert. Wirunterlegen unseren Index darum mit einem konstantenSatz von 5 Prozent. Dies entspricht näherungsweisedem Mittelwert der variablen Hypotheken derKantonalbank im Zeitraum 1970 bis 2003.

So wird der Tragbarkeitsindex der ZKB berechnet

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Die Tragbarkeit vermag nicht nur einen Teil der Differenzen zwischen denKantonen zu erklären, sie kann ebenfalls den Eigentumsboom der zweitenHälfte der 90er Jahre erklären, wie die Abbildung 5.3 illustriert, welche denVerlauf des langfristigen Tragbarkeitsindexes für den Kanton Zürich darstellt.Während der spekulativen Phase der Immobilienpreise in den Jahren 1986bis 1990 verteuerten sich auch die Einfamilienhäuser jährlich um fast 10Prozent, was zu einer dramatisch verminderten Tragbarkeit von Wohneigentumführte – und dies trotz steigendem Einkommen der Haushalte. Aufgrunderodierender Immobilienpreise ab 1990 stieg der Tragbarkeitsindex in denNeunzigerjahren stetig an. Der Index erreichte im Jahr 2000 einen Höchststandmit einem Wert von 96,1 Punkten, getrieben durch einen starken Anstieg derHaushaltseinkommen. Der Index ist in den letzten Jahren aufgrund der tiefenZinssätze und trotz leicht sinkenden Einkommen infolge der Rezession wie-der leicht angestiegen. Mit einem Wert um 96 Punkte verharrt er auf einemweit höheren Niveau als irgendwann in den letzten 20 Jahren. In der lang-fristigen Optik ist die Gelegenheit zum Erwerb von Wohneigentum günstig.Der aktuelle Indexwert kann so interpretiert werden, dass beinahe jeder zweiteHaushalt im Kanton Zürich sich Wohneigentum finanziell leisten könnte. AufBasis des aktuellen Zinsniveaus läge der Index noch weit höher. Dieser Befundmag viele überraschen und sogleich zur Frage verleiten, warum nur die Hälfteder potenziellen auch effektive Eigentümer sind.

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ZKB-Immobilienpreisindex Einfamilienhäuser (rechte Skala)

ZKB-Tragbarkeitsindex (langfristig)

Abbildung 5.3: Noch nie war Wohneigentum so erschwinglichFinanzielle Tragbarkeit des Wohneigentums im Kanton Zürich

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Vielschichtiger Aspekt beim Entscheid

Zuerst muss betont werden, dass die Tragbarkeit lediglich den finanziellenRahmen absteckt, aber keine Aussagen über die tatsächlichen Bedürfnisseund Absichten macht. Dieser Einwand führt uns direkt zum Vergleich mit derMiete für ein gleichwertiges Objekt. Die oft angestellten Vergleichsrechnungenzwischen Miete und Eigentum fallen regelmässig zugunsten des Eigentumsaus. Bedenkt man, dass die Mieten von Zürcher Neuwohnungen seit 1998um 15 Prozent gestiegen sind, während die Preise für Eigentumswohnungenlediglich um 8 Prozent stiegen, vermag dies nicht zu erstaunen. Allerdingsblenden diese Rechnungen wichtige Aspekte aus.

– Der Eigentümer gibt einen Teil seiner Flexibilität preis, da er im Falleeines Wohnortswechsels mit wesentlich höheren Transaktions- und Zeit-kosten konfrontiert wird.

– Er trägt das ganze Risiko mit seinem Eigenkapital. Dieses besteht einer-seits aus dem systematischen Risiko des Immobilienmarktes (d.h. denallgemeinen Preisschwankungen, vgl. Kapitel 6), andererseits aus demspezifischen Objekt- und Lagerisiko seiner Immobilie. Man denke hierbeispielsweise an die neuen Anflugsrouten an den Flughafen Zürich,welche die Qualität gewisser Standorte im Kanton Zürich veränderthaben. Die meisten Haushalte können diese Risiken kaum diversifizieren,da ein Grossteil des Vermögens in der Liegenschaft gebunden wird. Dieskann erklären, warum die Schweizer in Umfragen regelmässig das hohePreisniveau – und nicht den Vergleich zwischen Miete und Kauf – als diegrösste Hürde zum Erwerb von Wohneigentum angeben.

– Nicht zuletzt gilt es, die Eigenheiten des Mietrechts SchweizerischerPrägung zu beachten. Die gesetzliche Anbindung der Altmieten an diehistorischen Anlagekosten der Liegenschaft, wie sie die Kostenmiete vor-sieht, führt in der Tendenz zu einer verstärkten Immobilität der Mieter angefragten Lagen. Die Kostenmiete schliesst nachfrageseitige Gründe fürMietzinserhöhungen ohne Mieterwechsel weitgehend aus. Altmieter anbegehrten Lagen kommen so in den Besitz einer Rente in Form einer nichtmarktgerechten Miete, die sie im Falle eines Wohnungswechsels verlieren.

All diese Gründe mögen erklären, wieso trotz der ausgezeichneten Tragbarkeitvon Wohneigentum nicht alle, die sich Eigentum leisten können, auch Eigentümerwerden. Trotzdem sprechen die aktuellen finanziellen Rahmenbedingungenfür den Erwerb von Eigentum und wir erwarten, dass die Wohneigentumsquotein den nächsten Jahren weiter ansteigen wird.

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Wohneigentum jetzt?

Wird dies eine Auswirkung auf die Preise haben? Um diese Frage zubeantworten, müssen wir eine Vorstellung davon gewinnen, wie sich das fairePreisniveau von Immobilien bildet, oder – salopp gesagt – ob die Preise vonSchweizer Wohnimmobilien zurzeit tief oder hoch sind. Um diese Frage zubeantworten, greifen wir auf ein Instrument zurück, das seit Jahrzehnten zurBestimmung des faires Niveaus von Aktienanlagen und zur Evaluation derPerformancechancen von Wertpapieren eingesetzt wird, das Kurs/Gewinn-Verhältnis (Englisch p/e, Price-Earnings-Ratio). Bei Aktien errechnet sich dasp/e einfach aus dem Verhältnis des aktuellen Aktienkurses geteilt durch dengegenwärtigen Gewinn pro Aktie. Spätestens seit dem Kollaps der «NewEconomy» in den Jahren 2000 – 2002 weiss man, dass Aktienpreise – undsomit der Wert von Unternehmen – auf die Dauer nicht allzusehr von denGewinnen derselben abweichen können. In Bezug auf Immobilien heisst dies,dass ein kontinuierlicher Anstieg der Immobilienpreise auf die Dauer nurdann möglich wäre, wenn die Mieteinnahmen auch entsprechend steigenwürden. Denn der Erwerb einer Immobilie ist eigentlich nichts anderes alsder Kauf aller zukünftiger Mieterträge, egal ob das Objekt vermietet oderselbst bewohnt wird. Wie lässt sich also das Konzept des Kurs/Gewinn-Verhältnisses auf Immobilien übertragen? Um das p/e zu bestimmen, müssensowohl der Marktwert der Liegenschaft als auch die Mieteinnahmen bekanntsein. Diese Werte können nicht direkt beobachtet werden, denn Eigentümerzahlen keine Miete und der Marktwert einer Immobilie kann nur im Falleeiner Handänderung genau festgelegt werden. Die in den Kapiteln 1 bis 3ausführlich beschriebene hedonische Methode der Immobilienbewertungermöglicht aber gerade, die Vergleichbarkeit sicherzustellen, indem die Mietebzw. der Kaufpreis von zwei identischen Wohnungen bestimmt wird.

- 3 %

'70 '72 '74 '76 '78 '80 '82 '84 '86 '88 '90 '92 '94 '96 '98 '00 '02 '04

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Risikoprämie (rechte Skala)

P/E Stockwerkeigentum (linke Skala)

Abbildung 5.4: Zurzeit ein Schnäppchen?Verlauf des p/e für Eigentumswohnungen in der Schweiz und Risikoprämie seit 1970

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Zurzeit beträgt das p/e von typischen Eigentumswohnungen in den SchweizerAgglomerationen rund 21,7, d.h. der Marktwert entspricht also fast 22Jahresnettomieten. Zu berücksichtigen ist dabei, dass der Eigentümer nebendem laufenden Unterhalt Rückstellungen für den Werterhalt seiner Liegenschafttätigen muss (ca. 0,8 Prozent des Verkehrswerts). Das p/e kann aber erst imhistorischen Kontext sinnvoll interpretiert werden. Aus der Abbildung 5.4wird die Entwicklung für das Segment Eigentumswohnungen seit 1970ersichtlich. Der mittlere Wert in dieser Zeitperiode betrug 22,5. Akzeptiertman diesen als Messlatte, so erscheinen Eigentumswohnungen zurzeittendenziell günstig.

Allerdings unterlag die p/e-Masszahl beträchtlichen Schwankungen. Währendsie sich in den siebziger Jahren in relativ engen Bahnen bewegte, schnelltesie im Immobilienboom der achtziger Jahre auf Werte von 28. Damals gin-gen Preisvorstellungen und Mietentwicklung deutlich auseinander. Was triebdie Bewertung auf ein Niveau, das sonst nur Aktien mit Aussichten auf schnel-les und hohes Gewinnwachstum zugestanden wird? Offensichtlich war es dieErwartung weiter steigender Mieten. Als sich diese Hoffnung zerschlug,folgte prompt der Absturz bis auf ein Niveau von 19, gefolgt von einemTrend zurück zum langjährigen mittleren Niveau. Aus dieser fundamentalenBewertungsoptik erscheint die starke Korrektur der Immobilienpreise in denneunziger Jahren als Überreaktion, die den Überschwang der vorangegangenenDekade ins Gegenteil verkehrte. Bemerkenswert ist, dass die jüngste Aufwertungdes Stockwerkeigentums aus dieser Sicht noch immer als Wiederherstellungder üblichen Bewertungsrelationen, bzw. als Korrektur der negativen Über-treibung interpretiert werden muss. Aus dieser Sicht ist aktuell keine Über-bewertung von Schweizer Wohnimmobilien ersichtlich.

Man kann die Analogie zum Aktienmarkt noch einen Schritt weitertreibenund den Fokus auf die implizite Risikoprämie einer Anlage in Wohnimmobilienlegen. Dahinter steht folgende Frage: Wie viel Mehrrendite im Vergleich miteiner risikolosen Staatsanleihe fordern Immobilienkäufer, um bereit zu sein,das Marktrisiko des Immobilienmarktes zu tragen? Aus dem p/e-Wert lässtsich die aktuelle Rendite direkt errechnen, entspricht sie doch seinem inver-sen Wert. Die Differenz zur Rendite von langfristigen Eidgenossenanleihenergibt die gesuchte Risikoprämie des Immobilienmarktes, die ebenfalls ausder Abbildung 5.4 zu ersehen ist. Ihr Durchschnittswert seit 1970 beträgtannähernd Null, was vorerst erstaunen mag. Die Investoren forderten in derRegel also keine Risikoprämie für Immobilienanlagen ein. Darin spiegelt sichder Umstand, dass die Mieten in der Schweiz langfristig im Rahmen der all-gemeinen Teuerung steigen. Der Bonus der langfristig inflationsgeschütztenAnlagen machte die Risiken in den Augen der Käufer wett.

Aktuell liegt die Prämie bei rund 1,7 Prozent, einem Wert, der historisch gese-hen hoch ist. Seit Anfang der neunziger Jahre, als die Prämie stark negativwar – die Investoren in Erwartung weiterer Aufwertungsgewinne also eineweit unter der Verzinsung von Staatsanleihen liegende Immobilienrendite

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akzeptierten –, stieg sie kontinuierlich um mehr als 4 Prozent. Offensichtlichwurde das Bewusstsein um die Preisrisiken von Immobilien bei vielen Akteurengeschärft, vor allem bei denjenigen, die in der Korrektur herbe Verluste erlit-ten haben. So gesehen erscheint die Aussage nicht verwegen, dass dieNachwehen der Krise noch nicht ausgestanden sind. Geht man davon aus,dass sich die Prämie wieder auf ihren langfristigen Wert nahe Null zurück-bilden wird, erscheinen Schweizer Wohnimmobilien zurzeit tief bewertet.

Auch im internationalen Quervergleich erscheint die Bewertung von SchweizerImmobilien moderat, wie die Abbildung 5.5 zeigt. Auf Basis des p/e zeigtsich nämlich, dass Immobilien in den Schweizer Agglomerationen Basel,Zürich und Genf im Vergleich mit Paris oder München leicht günstiger zuhaben sind. Einzige Ausnahme bildet Prag, dessen Immobilienmarkt mit einemp/e von 15 potenziellen Investoren noch etwelche Chancen zu bieten scheint.Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass die Immobilieninvestitionenin den Konversionsländern nach wie vor riskanter sind als in etabliertenMarktwirtschaften. Dazu kommt, dass die Möglichkeit von Direktinvestitionendurch Ausländer stark eingeschränkt ist, was die Angleichung an ein west-europäisches Bewertungsniveau behindert.

Weiter stellt man fest, dass Immobilien in den angelsächsischen Metropolendeutlich höher bewertet werden als in Kontinentaleuropa. Insbesondere deramerikanische und allen voran der australische Immobilienmarkt sind durchsehr hohe Bewertungen gekennzeichnet, während die in hiesigen Medien oftmonierten Übertreibungen in Grossbritannien und Irland nicht ganz so drastischerscheinen. Aber reicht der Befund einer hohen Bewertung, um die Diagnoseeiner Preisblase zu stellen?

0

5

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Risikoprämie (rechte Skala)

P/E (linke Skala)

Abbildung 5.5: Schweizer Immobilien sind im internationalen Vergleich billigAktuelle PE-Werte und Risikoprämien für Eigentumswohnungen in verschiedenen Metropolen

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Sowohl in Australien als auch in Amerika oder England finden sich Experten,welche die Aussagekraft der p/e-Ratio für mangelhaft halten: Nachhaltig tie-fe Inflationsraten hätten den Wert der zukünftigen, erwarteten Mieteinnahmenerhöht, weil diese jetzt mit tieferen Zinsen abdiskontiert werden können.Höhere p/e-Ratio seien somit nicht primär die Folge eines überhitzten Marktes,sondern Ausdruck einer Aufwertung der Immobilien, die sich durch nach-haltig tiefere Zinsen ökonomisch rechtfertige.

Der Blick auf die geschätzten Risikoprämien in diesen Boommärkten lässtaber starke Zweifel an der Nachhaltigkeit der Preisanstiege aufkommen.Generell gilt: Je höher die Bewertung auf Basis p/e, desto tiefer ist dieRisikoprämie. In der Tat liegen die Prämien in Sydney und San Francisco tiefim negativen Bereich. Zufall oder nicht: Das sind die Werte, die wir in derSchweiz Ende der achtziger Jahre, kurz vor dem Immobiliencrash, beobachteten.Ganz anders beurteilen wir die heutige Situation in der Schweiz. Selbst beieinem Zinsanstieg von einem Prozentpunkt, wie es viele Prognostiker innertJahresfrist erwarten, wäre eine Rückkehr der Risikoprämie für Immobilien aufihr mittleres Niveau mit einer Erhöhung der Immobilienpreise um 10 bis 15Prozent vereinbar.

Wie steht es um die Risiken? Der Schweizer Markt ist generell gut abgestütztund dürfte weiterhin von den tiefen Zinsen und der robusteren Konjunkturprofitieren. Gemäss den vorlaufenden Indikatoren zieht die Wohnbautätigkeitzurzeit an, allerdings nicht auf ein Niveau, das eine markante Erhöhung derLeerstände erwarten lässt. Diese Umstände, gekoppelt mit der hohen Tragbarkeitvon Wohneigentum, leiten uns zur Schlussfolgerung, dass die Chancen aufdem Markt für Wohnimmobilien in der Schweiz die Risiken zurzeit deutlichübersteigen.

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In der Tat besteht ein starkerZusammenhang zwischen der Tragbarkeit von Wohneigentumund der Eigentumsquote.

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Teil 2

Immobilien als Anlagen Welche Rendite für welches Risiko?

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Der säkulare Boom der Aktienmärkte in den neunziger Jahren zog vieleInvestoren in den Bann der Dividendenpapiere. Immobilien als Anlageklassegalten bei performance-orientierten Portfoliomanagern als langweilig, ja sogarals altmodisch, und fristeten ein Dasein im Schatten der Börsenstars. Seitherhat sich das Blatt gewendet. Immobilien haben ihren festen Platz in denPortfolios institutioneller Anleger zurückerobert. Renditeliegenschaften imDirektbesitz bieten offensichtliche Vorteile. Oft ins Feld geführt werden dieattraktive Nettorendite, die Stabilität der laufenden Cash-Flows sowie derausgeprägte Diversifikationseffekt gegenüber den anderen Anlageklassen,allen voran den Aktien.

In den letzten Jahren zeichnet sich in der Wissenschaft ein Trend ab, Rendite-liegenschaften finanzanalytisch weitgehend analog den Finanzanlagen zubehandeln. Konkret bedeutet dies, dass man Immobilienanlagen ganz nüch-tern entlang der gängigen Risiko-Rendite-Profile analysiert, um sie mit Aktienund Obligationen vergleichbar zu machen. Diese Entwicklung steckt aber imInvestorenalltag noch in den Kinderschuhen: Immobilien in gemischten Portfoliosgeniessen nach wie vor einen gewissen Sonderstatus. Während Wertschriften-portfolios mit ausgefeilten Methoden laufend optimiert werden, führen dieImmobilien davon unbehelligt ihr Eigenleben. Dies hat nicht zuletzt damit zutun, dass die verfügbaren Marktinformationen noch immer dürr sind. DerMangel an verfügbaren Marktdaten wiederum erklärt sich daraus, dass wires mit sehr illiquiden Märkten zu tun haben. Illiquide Märkte produzierenweniger werthaltige Informationen als liquide. Die oft geforderte Transparenzbleibt gewissermassen in einem Teufelskreis gefangen.

Trotz alledem: Der Markt für Immobilieninformation ist in Bewegung. So kön-nen Immobilienhalter ihr Portfolio mittlerweile von verschiedenen Anbieternbenchmarken lassen, d.h. die Renditen und die Bewirtschaftungskosten ihrerLiegenschaften werden mit den Mittelwerten im Gesamtbestand aller Benchmark-Teilnehmer verglichen. Dies vermittelt den Investoren ein Bild über diePerformance ihrer Liegenschaften und deren relative Stellung im Markt.

Die Rendite von Schweizer Wohnliegenschaften

Aber wie rentierten Schweizer Immobilienportfolios in langfristiger Optikeigentlich? Darüber gibt es nach wie vor wenig zuverlässige Informationen,da die verfügbaren Zeitreihen kurz sind und bezüglich Datengrundlagen aufdünnem Eis stehen.

Das Immobilienresearch der Zürcher Kantonalbank hat darum eine Familievon Indizes entwickelt, welche die Performance von Schweizer Immobilien-portfolios in verschiedenen Nutzungsarten seit 1970 nachzeichnen. Sie basie-ren auf den Zeitreihen zu Angebotspreisen und -mieten der SchweizerischenNationalbank (SNB) sowie dem Mietpreisindex des Bundesamtes für Statistik(BFS). Der Performanceindex beruht auf der Gesamtrendite (Total Return),

6 AnlageimmobilienVon Risiken, Renditen und Nebenwirkungen

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welche die Wertveränderung und die laufende Nettomietrendite umfasst. DieNettorendite berechnet sich als Nettoertrag im Verhältnis zum aktuellenMarktwert (mark-to-market).

Der in der Abbildung 6.1 ersichtliche Performanceindex für Wohnimmobilienunterstellt, dass die Nettoerträge aus den Mieten laufend reinvestiert wer-den. Auch wenn kaum ein Investor diesen Investitionsstil pflegt, ist dieseSichtweise zwingend, sobald man Immobilien als Anlageklasse mit Aktien undObligationen vergleichen will. Der Grund besteht darin, dass bei Immobiliender langfristige grössere Teil der Performance in Form der Mietrenditen anfällt,während die Performance von Aktien im Wesentlichen von der Kursentwicklunggetrieben wird. Dividenden sind vergleichsweise unwichtig.

Der Verlauf des Performanceindexes zeigt, dass die Periode von 1970 bis1990 ohne Übertreibung als Goldgräberzeit für Immobilieninvestorenbezeichnet werden kann. Vor allem die zweite Hälfte der achtziger Jahre –die retrospektiv als Blase bezeichnet werden muss – liess den Index auf über700 Punkte schnellen. Die Korrektur der Übertreibung folgte aber postwen-dend und scharf: Ein Einstieg zum dümmsten Zeitpunkt im Jahr 1990 bescherteden Investoren während einer ganzen Dekade dramatische Wertverluste, diedurch die Mieterträge nicht aufgefangen werden konnten. Der Performance-index brach in der Folge um rund einen Drittel ein. Da die Mieten in bestehenden

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(Quelle: SNB, Zürcher Kantonalbank)

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Veränderung in % Index 1970=1 00

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Nettorendite

Performanceindex (rechte Skala)Preisveränderungen

Abbildung 6.1: Wie rentierten Schweizer Immobilien?Preisveränderungen, Nettomietrendite und Performanceindex Wohnen Schweiz

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Mietverträgen aber nicht fielen, stieg die Nettomietrendite durch die erodieren-den Preise auf über 6,5 Prozent im Jahr 2000 an. Zusammen mit wiederanziehenden Preisen brachte dies einen Wiederanstieg des Indexes in denletzten fünf Jahren. Aktuell (2. Quartal 2004) steht der Index mit Basis 1970auf 693 Punkten. Dies entspricht einer durchschnittlichen Gesamtrendite von5,9 Prozent. Die durchschnittliche Nettomietrendite seit 1970 beträgt 4,25Prozent. Vor dem Platzen der Spekulationsblase im Jahr 1990 lag dieserWert noch bei 2,3 Prozent, aktuell beträgt er 5,42 Prozent. Die Tabelle 6.1zeigt die durchschnittlichen Werte für die einzelnen Dekaden.

Die Berechnung des ZKB-PerformanceindexesWohnen basiert auf der Zeitreihe der Angebots-preise für Stockwerkeigentum in der Schweiz, dievon der Schweizerischen Nationalbank (SNB) publi-ziert wird. Dahinter steht der Gedanke, dass diePreise für Mehrfamilienhäuser (MFH) und Stockwerk-eigentum (STW) mittel- bis langfristig gleich laufen.Würden sich z.B. Eigentumswohnungen währendJahren stärker verteuern als Mehrfamilienhäuser,entstünde ein starker Anreiz, bestehende Miet-wohnungen als Eigentumswohnungen zu verkaufenund so die Preisdifferenz als Gewinne zu realisieren.Zudem würde der Neubau verstärkt ins Eigentums-segment investieren.Unsere Untersuchungen zeigen allerdings, dass dieVolatilität der Preise im MFH-Segment rund 7 Prozenthöher ist als beim STW. Diesem Umstand wurdeRechnung getragen, indem die Volatilität derBewegungen der STW-Preise (bei konstanter durch-schnittlicher Wachstumsrate) entsprechend verstärktwurde. Die resultierende Preisentwicklung ergibteine gute Übereinstimmung mit dem auf effektivenTransaktionen beruhenden MFH-Preisindex der ZKBfür den Kanton Zürich.

Der Verlauf der Mietrendite über die Zeit folgt demVerhältnis der Mietentwicklung und der (geschätzten)Preisentwicklung von MFH. Zur Abbildung der Miet-entwicklung wurde der Mietpreisindex des Bundes-amtes für Statistik (BFS) verwendet, der als Subindexin den Landesindex der Konsumentenpreise eingeht.Diese Zeitreihe bildet im Wesentlichen die Ent-wicklung der Mieten in bestehenden Verträgen ab(Bestandesmieten) und ist darum vor allem einAbbild der Überwälzungsregeln des Mietrechts.Steigen Mieten und Preise gleich stark, so bleibtdie Mietrendite konstant. In Zeiten, in denen diePreise stärker steigen als die Mieten, sinken dieRenditen.

Weiter ist zu berücksichtigen, dass Immobilien auchbei korrektem Unterhalt ökonomisch altern, indemsie mit der Zeit demodieren, d.h. aus der Modekommen. Gemäss unseren empirischen Unter-suchungen liegt die Abschreibungsrate für Mehr-familienhäuser bei 1,5 Prozent pro Jahr.Der Performanceindex unterstellt weiter, dass dielaufenden Free Cash Flows jährlich in weitereLiegenschaften reinvestiert werden.

Berechnung des ZKB PerformanceindexesWohnen Schweiz

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Rendite von Geschäftsflächen

Noch dürftiger als im Segment Wohnen präsentiert sich die Datenlage imBereich der kommerziellen Flächen. Hier gibt es keine Zeitreihen, die überdie historischen Renditen und Preisentwicklungen Auskunft geben könnten.Einzige Informationsquelle ist die Statistik der SNB zu den Angebotsmietenfür Büros, Gewerbe- und Verkaufsflächen. Immerhin ist es möglich, aus die-sen Angaben einen synthetischen Index der Renditen zu generieren, der sichergeben hätte, wenn die kommerziellen Liegenschaften jährlich gemäss derDCF-Methode (siehe Kasten) bewertet worden wären.

Tabelle 6.1: Gute Zeiten, schlechte ZeitenSchweizer Renditeobjekte (Wohnen): Historische Erträge und Volatilitäten

Historischer Erwartungswert Historische Volatilität

Gesamtrendite Wertveränderung Nettomietrendite Gesamtrendite Wertveränderung Nettomietrendite

1970 – 1980 9,5 % 5,1 % 4,4 % 10,7 % 11,0 % 0,5 %

1980 – 1990 11,8 % 8,7 % 3,1 % 4,3 % 4,5 % 0,5 %

1990 – 2000 -4,2 % -9,0 % 4,8 % 5,0 % 4,3 % 1,4 %

2000 – 2004 9,2 % 4,7 % 6,1 % 3,2 % 3,4 % 0,5 %

1970 – 2004 5,9 % 1,6 % 4,3 % 9,7 % 10,1 % 1,2 %

Die Discounted Cash Flow-Methode (DCF) hat sichals Standard zur Schätzung von Renditeliegen-schaften weitgehend durchgesetzt. In einem erstenSchritt werden alle erwarteten zukünftigen Zahlungs-ströme einer Liegenschaft (Einnahmen und Aus-gaben) geschätzt. Diese Cash Flows werden dannmit einem risikogerechten Kapitalisierungssatz aufden Schätzungszeitpunkt hin abdiskontiert.

Die Berechnung der DCF-Werte zur Bildung einesIndexes für kommerzielle Flächen legt adaptiveErwartungen zugrunde, d.h. die unterstellten zukünf-tigen Veränderungen der Mieterträge entsprechenfür jedes Jahr der durchschnittlichen Wachstums-rate der vorangegangenen 5 Jahre. Der gewählteKapitalisierungssatz orientiert sich am Satz für varia-ble Hypotheken zuzüglich eines Credit Spreads,

d.h. der Renditedifferenz zwischen risikolosenStaatsanleihen und Unternehmensanleihen. DerVerlauf der Mietrendite ergibt sich aus dem Ver-hältnis der Mieten zu den so berechneten DCF-Preisen. Die Gesamtrendite berechnet sich alsSumme der Veränderung der so geschätzten DCF-Werte und der Mietrendite, abzüglich derAbschreibungen (1,5 Prozent p.a.). Die Schwan-kung der Leerstände, die im kommerziellen Bereichdie Mieterträge massgeblich beeinflussen, konntenicht berücksichtigt werden, da konsistenteZeitreihen für die ganze Schweiz nicht verfügbarsind. Wir gehen davon aus, dass der so entstan-dene Index für die Gesamtrendite die langfristigeEntwicklung mit vernünftiger Genauigkeit abbildet.Die Schwankungen und damit das Marktrisiko wer-den allerdings unterschätzt.

Berechnung der ZKB PerformanceindizesKommerzielle Nutzungen Schweiz

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Die Abbildung 6.2 zeigt, dass sich der Immobilienboom in der zweiten Hälfteder achtziger Jahre auch in den DCF-Bewertungen von Immobilien mit kommer-zieller Nutzung niederschlug. So stieg der Index für die Gesamtrendite vonBüroimmobilien im Zeitraum 1984 –1990 um 100 Prozent. Nach einer KorrekturAnfang der neunziger Jahre befinden sich alle drei Indizes seit 1998 wiederim ansteigenden Bereich. Während der Total Return für Gewerbeflächen über die ganze Indexperiodeeinen ähnlichen Verlauf zeigt, fällt die Gesamtrendite der Verkaufsflächenauffallend zurück, da die Mieten von Verkaufsflächen in der Indexperiodeweit weniger gestiegen sind als die Büro- und Gewerbemieten. Ein Grunddafür ist in der schleppenden Entwicklung des Schweizer Konsums in denletzten zehn Jahren zu suchen.

Immobilienrisiken: Markt, Objekte, Lagen

Um die Risiken von Immobilienanlagen ranken sich viele Mythen. Sind Immobilieneine riskante Sache oder im Gegenteil eine sichere und damit konservativeInvestition? Es ist klar, dass es auf diese Frage angesichts der Heterogenitätdes Marktes keine einfache und allgemein gültige Antwort gibt. Aber auchwenn es um konkrete Objekte geht, bleiben die Diskussionen im Fachkreis oftkontrovers. Dies hat damit zu tun, dass im Immobilienmarkt verschiedeneRisikoarten existieren. Diese werden in der Analyse oft verwechselt odervermischt. Im Wesentlichen sind drei Kategorien von Risiken zu beachten:Marktrisiken, objektbezogene Risiken sowie Liquiditätsrisiken.Der Verlauf der Performance von Schweizer Wohnliegenschaften wirft einscharfes Schlaglicht auf die Marktrisiken von Immobilienanlagen, war dochwährend der gesamten neunziger Jahre eine Erosion der Immobilienpreisefestzustellen. Da die Preisbewegungen in den vergangenen fünf Jahren merklich

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Quelle: SNB, Zürcher Kantonalbank

Gesamtrendite Verkauf

Gesamtrendite Gewerbe

Gesamtrendite Büro

Abbildung 6.2: Gesamtrendite kommerzieller NutzungenPerformanceindex Schweiz für kommerzielle Nutzung, basierend auf DCF-Preisen

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1: Die Volatilität von Immo-

bilienindizes untertreibt

allerdings das Risiko,

sobald der Vergleich mit

anderen Anlageklassen

gefragt ist. Wie in Kapitel 7

gezeigt wird, ist neben der

Volatilität auch die Trägheit

der Preisentwicklung zu

beachten.

abgenommen haben, ist diese Risikoart im Bewusstsein vieler etwas in denHintergrund gerückt. Marktrisiken zeichnen sich dadurch aus, dass jederEigentümer – sei es der Eigenheimbesitzer oder der institutionelle Investor –sie tragen muss, will er im Markt investiert sein. So betrifft ein allgemeinerRückgang der Preise alle Immobilien gleichermassen, die entsprechendeKorrelation zwischen den Preisschwankungen einzelner Objekte ist hoch.Auch der beste Portfoliomanager kann sich dem Marktrisiko nicht entziehen.Marktrisiken werden deshalb als systematisch bzw. nicht-diversifizierbarbezeichnet. Als Entgelt für sein Engagement fordert und erhält der Investorin der Regel eine Risikoprämie, d.h. eine Überrendite über dem risikolosenKapitalmarktzins.

Die Volatilitäten als gängiges Mass für das Marktrisiko1 – berechnet alsStandardabweichung der Wertveränderungen resp. der Gesamtrenditen –sind aus der obigen Tabelle 6.1 ersichtlich. Die Volatilität der Preise für diePeriode 1970 – 2003 betrug 10,1 Prozent, diejenige der Gesamtrendite lagmit 9,7 Prozent leicht tiefer, da sich die Mietrenditen (Volatilität 1,2 Prozent)in der Regel gegenläufig zu den Preisen bewegen. Auffallend ist, dass sichdie Volatilitäten seit 1970 kontinuierlich zurückgebildet haben. Betrug diejährliche Volatilität der Gesamtrendite in den siebziger Jahren noch 10,7Prozent, halbierte sich dieser Wert in den neunziger Jahren auf 5 Prozent,seit dem Jahr 2000 liegt er mit 3,2 Prozent nochmals tiefer.

Tabelle 6.2: Drei Kategorien von Immobilienrisiken

Beschreibung Beispiele

Allgemeine Risiken, die mit dem Immobilien- und Miet-wohnungsmarkt verbunden sind. Sie betreffen alle Immobilien gleich und können auchin breit diversifizierten Portfolios nicht eliminiert wer-den.

Marktrisiko(systematisch)

ObjektbezogenesRisiko(unsystematisch)

Liquiditätsrisiko(teilweisesystematisch)

Objekt- und lagespezifische Risiken, die einzelneLiegenschaften jeweils unterschiedlich betreffen. Sie können durch geeignete Selektion auf Portfoliostufewegdiversifiziert werden.

Wiederverkaufsrisiko, d.h. das Risiko, innerhalb einerfestgelegten Zeit keine Gegenpartei zu finden, die denfairen Wert der Immobilie zu zahlen bereit ist. DasLiquiditätsrisiko betrifft Immobilien als Anlageklasseinsgesamt. Allerdings gibt es beträchtliche Unterschiedezwischen einzelnen Submärkten. Diese Risikoart kannteilweise diversifiziert werden.

– Allgemeines Preisrisiko– Allgemeines Mietpreisrisiko– Allgemeines Leerstandsrisiko– Institutionelles Risiko

(Mietrecht, Besteuerung)

– Altlasten– Gebäudekonstruktion– Mietermix– Mikrolage

(Immissionen, Nachbarschaft, Verlustder Aussicht usw.)

– Planungsrisiken (Umzonung)

– hohes Liquiditätsrisiko für– «Liebhaberobjekte»– periphere Lagen– Betreiberimmobilien – Schwierig umnutzbare

Objekte (Flughafen, Tunnel usw.)

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Systematisches Marktrisiko

Das systematische Marktrisiko ist für viele ein eher abstrakter Begriff. Ausder Sicht vieler Praktiker gibt es «den» Immobilienmarkt gar nicht, vielmehrwird er als Konglomerat vieler einzelner Regional- und Mikrosegmenteaufgefasst, die – wenn überhaupt – nur lose zusammenhängen. Dieses Bildkommt wohl daher, dass das Marktrisiko – d.h. die gemeinsame Schwankungs-breite der Preise in einem gegebenen Markt – von den unsystematischenRisiken nicht unterschieden werden kann, solange keine Marktinformationen(d.h. qualitätsbereinigte Indizes) verfügbar sind. Dies ist der Fall, weil derrealisierte Transaktionspreis eines bestimmten Objekts immer die Einflüssealler drei Risikotypen enthält. Offensichtlich neigt man dazu, Veränderungenoder Überraschungen in beobachteten Preisen objektbezogenen Faktorenoder fehlender Marktliquidität zuzuschreiben. Entsprechende ex-post-Argumentesind meist schnell zur Hand. Stimmt der Verkaufserlös eines Objektes nichtmit den Erwartungen des Verkäufers überein, wird oft argumentiert, der Marktim entsprechenden Segment sei eben ungünstig oder die entsprechende Lagesei zurzeit nicht gefragt. Als Erklärung ebenso wahrscheinlich wäre aber,dass das allgemeine Preisniveau des Immobilienmarktes gesunken ist und sichdie Preisvorstellung des Verkäufers noch an den Preisen zum Zeitpunkt desKaufs orientierte.

Vor dem Hintergrund harter Daten hält die Idee stark segmentierter regionalerTeilmärkte in einer längerfristigen Optik nicht stand. Aus der Abbildung 6.3ist als Beispiel die Entwicklung der Einfamilienhauspreise in den Subregionendes Kantons Zürich ersichtlich. Es zeigt sich, dass sämtliche Submärkte diewesentlichen Bewegungen des Hauptindexes für den Kanton Zürich seit 1980mitgemacht haben. So weicht im Jahr 2003 kein Subindex mehr als 5 Prozentvom Hauptindex ab, wobei zu bedenken ist, dass der Gesamtindex seit demStart im Jahr 1980 um 90 Prozent gestiegen ist. Im Vergleich zur Bewegung

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Pfannenstiel

Winterthur und Weinland

Kanton Zürich

Stadt Zürich

Glattal

Abbildung 6.3: Geringe regionale Segmentierung innerhalb eines KantonsEntwicklung der EFH-Preise in ausgewählten Regionen im Kanton Zürich

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der Preise im Gesamtmarkt sind die regionsspezifischen Abweichungen alsosehr klein. Weiter stellt man fest, dass Abweichungen zum Hauptindex in derRegel nach einigen Jahren wieder korrigiert werden.

Der gleiche Befund zeigt sich, wenn man die Korrelationsmatrix der jährlichenIndexveränderungen in den Zürcher Regionen untersucht (Tabelle 6.3). AlleKorrelationskoeffizienten mit dem Hauptindex liegen über 0.89. Auch dieRegion Pfannenstiel, von der immer wieder behauptet wird, sie führe ein aus-gesprochenes Eigenleben, sowie der Stadtzürcher Markt, bewegen sich miteiner Korrelation von 0.91 fast wie der Hauptmarkt.

Die obigen Untersuchungen legen es also nahe, dass der Zürcher Immobilien-markt als ein einziger Markt betrachtet werden darf. Die Fehler, die man sichdamit einhandelt, sind sehr klein. Die Preisbewegungen über die Marktzyklenhinweg dominieren die regionalen Sondereffekte bei weitem.

Weitere Analysen zeigen, dass auf dem Schweizer Immobilienmarkt Ähnli-ches gilt: ein Portfolio bestehend aus drei repräsentativen Renditeobjektenaus den drei Sprachgebieten schöpft praktisch alle möglichen regionalenDiversifikationseffekte aus. Wer das spezifische Immobilienrisiko zusätzlichreduzieren will, muss den Schritt ins Ausland wagen.

Objektbezogenes Risiko

Objektbezogene Risiken sind definitionsgemäss unsystematisch, d.h. sie lassensich in einem genügend grossen und breiten Portfolio vollständig vermeiden.Dies ist möglich, weil sie – erstens – untereinander nicht korrelieren, d.h. eineunangenehme Überraschung in Folge einer Altlast bei einem Haus in A stehtin keinerlei Zusammenhang mit der schleichenden Verschlechterung des

Tabelle 6.3: Hochkorrelierte Zürcher RegionenKorrelation der jährlichen regionalen Preisveränderungen

Zürich Pfannenstiel Oberland Winterthur Glattal Unterland Limmattal Knonauer Amt Zimmerberg

Zürich

Pfannenstiel 0.78

Oberland 0.90 0.92

Winterthur 0.79 0.88 0.94

Glattal 0.87 0.86 0.95 0.91

Unterland 0.87 0.85 0.95 0.94 0.93

Limmattal 0.82 0.78 0.89 0.78 0.86 0.84

Knonauer Amt 0.85 0.86 0.91 0.87 0.94 0.92 0.82

Zimmerberg 0.87 0.84 0.88 0.88 0.86 0.91 0.73 0.89

Kt. Zürich 0.91 0.91 0.99 0.94 0.97 0.97 0.89 0.95 0.91

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2: Dieses Phänomen trifft

man auch auf Aktienmärk-

ten an und ist dort als Bid-

Ask-Spread bekannt.

Mietermixes in einem Mehrfamilienhaus in B. Zweitens stehen dem Downside-Risiko immer auch Upside-Chancen gegenüber, beispielsweise wenn einWohnquartier durch eine Verkehrsberuhigung aufgewertet wird. Es ist einezentrale Erkenntnis der Finanzmarkttheorie, dass unsystematische Risikenvom Markt nicht entschädigt werden. Wäre dies nämlich der Fall, so könnte eingeschickter Investor diese Zusatzprämie einheimsen, ohne die entsprechendenRisiken zu tragen, indem er sein Portfolio entsprechend diversifiziert. Ob die-se für die Finanzmärkte gültige Aussage auch für den Immobilienmarktzutrifft, ist allerdings offen. Dieser unbefriedigende Befund kommt daher,dass entsprechende wissenschaftliche Untersuchungen noch ausstehen.Immerhin kann man die folgende generelle Aussage machen: Je mehr Objektevon professionellen Investoren mit grossen und gut diversifizierten Portfoliosgehalten werden, desto eher werden Risikoprämien für objektspezifischeRisiken vom Markt abgebaut. Da die Tendenz in den letzten Jahren klar indiese Richtung lief, muss man davon ausgehen, dass dieser Teil des Risiko-entgelts gesunken ist. Dies hat vor allem für private ImmobilieninvestorenKonsequenzen. Wer nur wenige Objekte oder gar nur eine einzige Liegenschaftbesitzt, wird für die eingegangenen Risiken nicht vollständig entschädigt.

Liquiditätsrisiko

Marktliquidität ist ein zentrales Kriterium bei jeder Anlageentscheidung.Genügende Liquidität ist Garant dafür, dass ein einmal gefasster Devestitions-entscheid in der gesetzten Frist auch umgesetzt werden kann. Gerade imLiegenschaftsmarkt ist deshalb das Liquiditäts- oder Wiederverkaufsrisiko vonhoher Relevanz. Immobilien sind keine Wertpapiere, die per Mausklick überdas Internet gehandelt werden können. Immobilienmärkte sind vielmehr typischeSuchmärkte: Jeder Kauf oder Verkauf kostet Geld und Zeit, da zuerst diegeeignete Gegenpartei gesucht werden muss. Die geeignete Gegenpartei istaus Sicht eines Anbieters diejenige mit der höchsten Zahlungsbereitschaft,aus Sicht des Nachfragers diejenige mit dem günstigsten Angebot. Diese zufinden ist aufwändig.

Ein weiterer Aspekt, der eng mit der Liquidität zusammenhängt, betrifft dieverfügbaren Marktinformationen. Die Preissetzung der Marktteilnehmerorientiert sich typischerweise an Freihandtransaktionen ähnlicher Objekte inder Nähe. Wo kaum Handwechsel stattfinden, ist die Unsicherheit über denfairen Wert einer Immobilie grösser. Als Resultat davon wird die Spannezwischen den Preisvorstellungen von Anbieter und Nachfrager auf illiquidenMärkten grösser sein, da beide das Risiko eines Schadens – im Sinne einesPreises, der sich für sie im Nachhinein als nachteilig erweisen wird – scheuen2.Aus diesen Überlegungen ergibt sich, dass auf illiquiden Teilsegmenten desImmobilienmarktes anteilsmässig mehr Transaktionen stattfinden, deren Preisvom fairen Wert abweicht, sowohl nach unten als auch nach oben. Es istandererseits genau diese Eigenschaft, die den Markt für gewisse Investorenattraktiv erscheinen lässt. Wer glaubt, über bessere Informationen als der

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3: Die Ökonomen sprechen

von einer preisunelastischen

Angebotskurve.

Markt zu verfügen, dem eröffnen sich immer wieder Chancen zum Erwerbunterbewerteter oder zum Verkauf überbewerteter Objekte. Ob es sich dabeitatsächlich um Schnäppchen oder eher um Nieten handelte, wird erst dieZukunft zeigen.

Zusammenfassend können wir festhalten, dass sich das Risiko fehlenderMarktliquidität letztlich darin äussert, dass ein potenzieller Verkäufer einObjekt innerhalb nützlicher Frist nicht zu einem fairen Marktwert veräussernkann, und ein potentieller Käufer keine ihm zusagenden Objekte zu einemfairen Marktwert findet.

Von vielen Marktteilnehmern ist zurzeit zu hören, sie würden ihrenImmobilienanteil im Portfolio gerne erhöhen, es gäbe aber keine vernünfti-gen Anlageobjekte am Markt zu kaufen, weshalb sie ihre Strategie zurzeitnicht umsetzen könnten. In Kontrast zu dieser Feststellung versuche man, sicheinen Anleger vorzustellen, der mehr Aktien kaufen will, aber keine solchenfindet. Wohl kein anderer Vergleich illustriert den Charakter desImmobilienmarktes eindrücklicher.

Gute Risiken an guten Lagen?

«Lage, Lage, Lage» – dies war und ist einer der wichtigen Leitsätze in derImmobilienbranche. Dass die Lage eines Hauses in allen ihren Aspekten einezentrale Preisdeterminante ist, wurde in den Kapiteln 2 und 3 ausführlichdargelegt. Die Diskussion um die Lage beinhaltet daneben aber auch einenzentralen Risikoaspekt. Von Marktteilnehmern ist oft zu hören, dass Objektean guten Lagen weniger riskant seien. Der besonnene Immobilieninvestorbeschränke sich darum mit Vorteil auf die Toplagen, da seine Anlage hierbesser vor Wertverlusten geschützt sei als an ungünstigen Standorten. Ganzanders das Argument vieler Ökonomen: Sehr gute Lagen seien im Gegenteilgerade die riskanten, die dem Käufer dafür auch die grössten Gewinnchancenböten. Diese beiden Positionen sind diametral verschieden. Wer aber hatRecht im Expertenstreit?

Die Ökonomen berufen sich auf die höhere Preisvolatilität guter Lagen, diedas Risiko erhöht. Gute und zentrale Lagen – so die Begründung – sind natur-gemäss knapp und können darum nicht beliebig vermehrt werden. Das bedeu-tet, dass das Angebot an gut gelegenen Objekten nur wenig ausgedehnt wer-den kann, wenn die Preise steigen3. Andererseits reagiert die Nachfragenach guten Lagen stärker auf eine anziehende Konjunktur und damit stei-gende Einkommen als die Nachfrage nach schlechten Lagen. In Kombinationbewirken diese beiden Effekte, dass die Preise für gute Lagen im Aufschwungstärker und schneller steigen. Im Abschwung ist hingegen die entgegengesetzteReaktion zu erwarten. Die Preise an schlechten Lagen werden dann stabilersein. Auf einen kurzen Nenner gebracht bedeutet dies, dass gute Lagen preis-lich volatiler und riskanter sind. Für dieses erhöhte Risiko wird der Investor

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dadurch entschädigt, dass die Preise an guten Lagen im Zuge langfristig stei-gender Einkommen stärker steigen. Hält dieser Gedankengang der Realitätstand?

Basierend auf dem Lagerating, das in Kapitel 3 vorgestellt wurde, haben wirdie Preisentwicklung von Einfamilienhäusern an den 10 Prozent besten,mittleren und schlechtesten Lagen im Kanton Zürich seit 1980 untersucht. DasResultat ist aus Abbildung 6.4 ersichtlich. Sie zeigt in der Tat, dass die Preiseder sehr guten Lagen stärker und vor allem schneller auf eine anziehendeNachfrage reagieren. Dies war während des Booms in den achtziger Jahrender Fall. Auch im aktuellen Zyklus geht die Erholung der Preise seit dem Jahr2000 primär von den guten Lagen aus, während die Entwicklung an mittlerenund schlechten Lagen nur leicht positiv verlief. Im Abschwung der neunzigerJahre gerieten die Toplagen dafür stärker unter Druck. Die schlechten Lagenhaben, sieht man von der Indexspitze im Jahr 1991 ab, einen insgesamtsanfteren Verlauf genommen. Zumindest für den Bereich des Wohneigentumsgibt es also eine gewisse Evidenz für das Argument höherer Preisrisiken anguten Standorten.

Ob die Preise der Toplagen langfristig wirklich stärker steigen, ist aus demChart nicht schlüssig zu beantworten. Dies hängt auch davon ab, wie vielim Basiszeitpunkt der Indizes schon in den damaligen Preisniveaus eskomptiertwar. Immerhin können wir festhalten, dass die postulierte günstigerePreisentwicklung der guten Lagen wohl nur in sehr langen Zeiträumen gilt.

Haben die Marktpraktiker damit Unrecht? Nicht unbedingt, denn sie stützenihr Argument auf das geringere Liquiditätsrisiko guter Lagen: Die Erfahrungzeigt, dass an guten Lagen die Marktliquidität üblicherweise höher ist, unddies auch in ungünstigen Phasen. Das heisst, das Risiko, ein Objekt nur miteinem Abschlag auf den fairen Marktwert veräussern zu können, ist an gutenLagen kleiner als an schlechten. Daneben werden auch typische unsystematischeRisiken, wie zum Beispiel das individuelle Leerstandsrisiko, an zentralen Lagenals tiefer eingeschätzt.

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Mittlere Lagen

Schlechte Lagen

Gute Lagen

Abbildung 6.4: Gute Lagen legten in den letzten Jahren stärker zuPreisentwicklung von EFH für unterschiedliche Lagequalitäten im Kt. Zürich

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Die kontrovers geführte Debatte über die Risiken an unterschiedlichen Lagenhat somit ihren Hintergrund darin, dass systematische Marktrisiken (dasArgument der Ökonomen) und unsystematische Risiken (Liquiditäts- und objekt-spezifische Risiken) verwechselt oder zumindest nicht unterschieden werden.Lässt sich die eingangs gestellte Frage damit überhaupt beantworten? WelcherEffekt in der Realität überwiegt, ist sehr schwierig zu beantworten, da eskaum empirische Untersuchungen zum Liquiditätsrisiko von Immobilien in derSchweiz gibt.

Einen möglichen Hinweis erhalten wir aus der Beobachtung, dass die Renditenaus den Mieterträgen an zentralen Lagen in vielen Fällen tiefer liegen als anperipheren Lagen. Gemäss den Zahlen des Swiss Property Benchmark desIAZI, einer im Immobilienconsulting tätigen Firma, stehen die Bruttorenditenüber alle Nutzungsarten in inverser Beziehung zur Zentralität der Lage. Sobetrug die Bruttorendite (Bruttoerträge aus Mieteinnahmen geteilt durch denObjektwert) von Objekten an schlechten Makrolagen im Jahr 2003 7,9Prozent, während Liegenschaften an sehr guten Lagen lediglich mit 6,1 Prozentrentierten. Die guten und mittleren Lagen liegen mit Werten von 7,2 Prozentresp. 6,6 Prozent Bruttorendite dazwischen. Ein analoger, aber weniger aus-geprägter Zusammenhang gilt gemäss den IAZI-Zahlen auch zwischen derMikrolage und den Bruttorenditen. Eine Aufteilung des Benchmark-Universumsnach Kantonen vermittelt ein ähnliches Bild. Die Bruttorenditen in den KantonenZürich und Zug – beides vergleichsweise liquide Märkte – liegen mit 6,2Prozent resp. 6,1 Prozent deutlich unter denjenigen der meisten anderenKantone.

Die Immobilieninvestoren sind also bereit, für gute Lagen einen Zuschlag aufden Preis zu bezahlen und dafür eine tiefere Mietrendite hinzunehmen.Umgekehrt heisst dies, dass Objekte an Lagen mit illiquiden Märkten miteinem Malus versehen werden und die zu erzielende Mietrendite eine Prämiefür die Illiquidität enthalten muss. Dies kann – um auf unsere Frage zurück-zukommen – dahingehend ausgelegt werden, dass – in den Augen derMarktteilnehmer – das tiefere Liquiditätsrisiko die höheren Marktrisiken anden guten Lagen überkompensiert.

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1: Siehe Kapitel 6,

Box, Berechnung des ZKB

Performanceindex Wohnen

Schweiz

Im letzten Kapitel wurde die Rendite von Immobilieninvestitionen unter dieLupe genommen. Es wurde aber auch aufgezeigt, dass Investitionen inImmobilien Risiken in sich bergen können. In diesem Abschnitt wird dargelegt,was gemischte Portfolios auszeichnet, die eine möglichst gute Rendite beimöglichst geringem Risiko erzielen.

Der Investor verdient auf einem bestimmten Anlagemarkt nur dann eine höhereRendite, wenn er auch bereit ist, ein höheres Risiko einzugehen. Dies giltaber nicht unbedingt, wenn er nicht nur in eine Anlageklasse investiert,sondern über die Klassen hinweg diversifiziert. Die Erweiterung der Anlage-klassen macht das scheinbar Unmögliche möglich: Durch geschickte Kombinationvon Vermögenswerten aus verschiedenen Klassen kann der Anleger oder dieAnlegerin bei gleicher erwarteter Rendite das Risiko des Gesamtportfoliossenken, resp. bei gleichem Risiko einen höheren erwarteten Ertrag erzielen.Die Idee der Diversifikation kann anhand des folgenden Beispiels erläutertwerden: Angenommen, der Aktienmarkt in den USA bricht plötzlich ein. DieWahrscheinlichkeit, dass gleichzeitig auch die Preise für Kakao, Orangensaftoder Schweizer Immobilien in den Keller fallen, ist recht gering. Eine Investorin,die nicht nur US-Aktien für ihr Portfolio gekauft hat, sondern auch noch Kakaound Immobilien, wird folglich weniger verlieren als ihr Kollege, der nur inUS-Aktien investiert war.

Wir betrachten darum exemplarisch einen Investor, der in vier breiteAnlageklassen investieren kann, nämlich Schweizer Aktien, SchweizerObligationen, Schweizer Immobilien und Liquidität (Geldmarkt) und fragenuns, wie hoch der Anteil im Direktbesitz gehaltener Immobilien im Optimumsein sollte. «Optimal» bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das Risikobei einer vorgegebenen Zielrendite möglichst gering sein soll. Diese Ausgangs-lage entspricht etwas vereinfacht der Situation einer Pensionskasse, welchedie zukünftigen Ansprüche ihrer Versicherten verzinsen resp. laufende Rentenauszahlen muss.

Bei unseren Überlegungen gehen wir von folgender Datenbasis aus: Um dieRendite und das Risiko des Aktienanteils zu bestimmen, analysieren wir denMSCI - Aktienindex für die Schweiz. Die Obligationen werden durch den Pictet-Index der Gesamtrendite Schweizer Obligationen repräsentiert. Die Immobilien-returns stützen sich auf eine Zeitreihe, die von der Zürcher Kantonalbankberechnet wurde1, und die Geldmarktanlagen betrachten wir anhand desEuro-3-Monatssatzes für den Schweizer Franken. Die historischen Renditenund Risiken der einzelnen Anlageklassen wurden für den Zeitraum 1984 –2004 berechnet und sind aus der Tabelle 7.1 zu ersehen. Die Schätzungenberuhen auf Quartalsdaten und wurden dann auf Jahresbasis umgerechnet.

7 Immobilien in gemischten PortfoliosRisikostreuung lohnt sich immer

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93

Niemanden erstaunt, dass Aktien die klar risikoreichste Vermögensklassedarstellen, die im Gegenzug aber auch die besten Gewinnchancen bieten.Schweizer Obligationen bergen nur einen Bruchteil der Risiken des Aktien-marktes, ihre Gesamtrendite war in der Vergangenheit nur in seltenen Fällennegativ. Entsprechend gering ist ihre Rendite. Immobilien als Anlageklasseerweisen sich in dieser Risiko-Ertrags-Sicht als Mittelding zwischen Aktienund Obligationen. Während sie ertragsmässig näher bei den Aktien liegen,sind die Risiken, zumindest wenn man sie anhand der Standardabweichungunseres Indexes für die Gesamtrendite misst, bedeutend tiefer als bei denDividendenpapieren. Immobilien nehmen damit eine mittlere Position in unseremkleinen Anlageuniversum ein.

Als zweite Zutat für die Durchführung der Portfolio-Optimierung benötigenwir die Korrelationen der jährlichen Erträge der vier betrachteten Klassenuntereinander. Die Korrelation beschreibt, ob die Anlagen typischerweisemiteinander schwanken oder nicht. Eine positive Korrelation zwischen zweiAnlagen A und B (z.B. 0,5) bedeutet, dass der Wert des VermögenswertesA in der Regel dann steigt, wenn auch B steigt. Eine negative Korrelationliegt hingegen dann vor, wenn sich der Wert der Anlagen in der Regel gegen-läufig bewegt. Die konkreten Korrelationen für die Periode 1984 – 2004 inunserem Beispiel sind aus Tabelle 7.2 ersichtlich.

Tabelle 7.1: Immobilien zwischen Aktien und ObligationenHistorische Renditen und Risiken (Volatilität) verschiedener Anlageklassen für die Periode

1984 – 2004

Schweizer Schweizer Liquidität

Aktien Immobilien Obligationen (Euro-3-Mts CHF)

Gesamtrendite 8,0 % 5,9 % 3,0 % 2,0 %

Risiko 21,1 % 9,7 % 3,3 % 1,3 %

Tabelle 7.2: Immobilien und Aktien: gegenläufige EntwicklungenKorrelationsmatrix der Anlageklassen in der Periode 1984 – 2004

Schweizer Schweizer

Aktien Immobilien Obligationen

Immobilien –0,24

Schweizer Obligationen 0,12 0,12

Euro-3-Mts CHF –0,03 –0,16 0,09

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Wir stellen fest, dass die Rendite von Immobilien negativ mit allen anderenvon uns betrachteten Anlageklassen korreliert ist. Die Korrelation zwischenSchweizer Aktien und Immobilien beträgt z.B. – 0,24. Dies bedeutet, dasssich Immobilien im Durchschnitt dann gut entwickeln, wenn die anderenAnlagen schlecht rentieren, und umgekehrt. Immobilien leisten auf diese Weiseeinen wichtigen Beitrag zur Diversifizierung des Portfolios. Dies ist – wie wirnoch sehen werden – der fundamentale ökonomische Grund für die Beliebtheitvon Immobilienanlagen in gemischten Portfolios.

Anhand der historischen Renditen und Risiken unserer Anlageklassen sowieihrer Korrelationen können wir nun berechnen, wie ein Portfolio optimalerweisezusammengesetzt sein sollte. Bei einer derartigen Optimierung wird versucht,die Anteile der verschiedenen Anlageklassen so zu variieren, dass für einegewünschte Rendite das Risiko möglichst klein bleibt. Wie wir gesehen habenist die Rendite der Anlageklassen unterschiedlich. Je nachdem, welche Renditeerzielt werden soll, ändern sich somit auch die Anteile der Anlageklassen imPortfolio. Die folgende Abbildung 7.3 zeigt das gesuchte Resultat: Es sind dieGewichte, die Aktien, Obligationen, Immobilien und kurzfristige Geldanlagenin einem optimal zusammengestellten Portfolio einnehmen müssen.

Auf der horizontalen Achse ist das jährliche Renditeziel eingetragen und aufder vertikalen Achse die entsprechende Portfolio-Zusammensetzung. Nehmenwir zur Illustration an, dass ein bestimmter Investor jährlich 4 Prozent Renditeerreichen möchte. Das Risiko ist dann minimal, wenn er ein Portfolio mit 6Prozent Aktien, 34 Prozent Immobilien und jeweils 30 Prozent Obligationenund Liquidität zusammenstellt.

0%

20%

40%

60%

80%

100%

Anteil am Portfolio

Gewünschte jährliche Rendite in Prozent

4,03,63,22,82,4 4,4 4,8 5,2 5,6 6,0 6,4 6,8 7,2 7,6 8,0

Immobilien

Obligationen

Aktien

Liquidität

Abbildung 7.3: Immobilien als Kernanlage?Aufteilung des optimalen Portfolios bei verschiedenen Zielrenditen

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95

2: Swissca Portfoliomanage-

ment AG (Hrsg.) in Zusam-

menarbeit mit der Prevista

Anlagestiftung. «Schweizer

Pensionskassen 2004:

Leistungen, Finanzierung,

aktuelle Herausforderungen»

Die befragten Pensions-

kassen verfügen über ein

Vermögen von 185 Mrd.

Franken und haben

687000 aktive Versicherte.

Die Stichprobe kann als

repräsentativ bezeichnet

werden.

3: Immerhin ist die Immobi-

lienquote der Schweizer

Pensionskassen im inter-

nationalen Vergleich recht

hoch. So halten britische

Vorsorgeeinrichtungen

lediglich 3 Prozent ihrer

Vermögenswerte in

Immobilien.

Es fällt auf, dass im Bereich zwischen 3 und 7 Prozent gewünschter jährlicherRendite das Hauptgewicht des Portfolios auf Immobilienanlagen liegt. Bei 4Prozent Zielrendite sollte der Anleger 30 Prozent in Immobilien investieren,bei höheren Renditevorgaben sollte die Hälfte seines Vermögens ausLiegenschaften bestehen. Der Aktienanteil steigt erst bei einer Zielrendite von6,5 Prozent signifikant an. Für Obligationen verbleibt im ganzen Rendite-spektrum wenig Raum, die entsprechenden Anteile bewegen sich zwischen10 und 30 Prozent; ab einer angestrebten Rendite von 6,5 Prozent werdensie von Aktien und Immobilien völlig verdrängt.

Sind diese Resultate mit der Realität vereinbar, oder anders gefragt: Sindtypische Portfolios grosser institutioneller Investoren tatsächlich so oder ähnlichstrukturiert? Beispielhaft wollen wir einen kurzen Blick auf die gewählteAnlagestrategie der Pensionskassen in den letzten drei Jahren werfen. ImMärz 2004 wurden 180 Schweizer Vorsorgeeinrichtungen von der SwisscaPortfolio Management AG unter anderem zu ihrer aktuellen Anlagestrategiebefragt2. Die Resultate hinsichtlich der Vermögensaufteilung derVorsorgeeinrichtungen sind aus Tabelle 7.3 ersichtlich.

Offensichtlich sind die Schweizer Institutionen der 2. Säule weit wenigerimmobilienlastig investiert als dies unsere Resultate empfehlen, liegt der be-treffende Anteil doch bei rund 17 Prozent3. Dafür werden Aktien und vorallem Obligationen stärker gewichtet. Sind die Pensionskassen suboptimalinvestiert oder haben wir etwas falsch gemacht?

Tabelle 7.3: Immobilien im TrendAnteile der Anlageklassen am Gesamtvermögen der Pensionskassen Ende 2001 und 2003

Anlageklasse Ende 2001 Ende 2003

Flüssige Mittel 6,6% 6,8%

Obligationen (In- und Ausland) 38% 37,5%

Aktien (In- und Ausland) 27,9% 25,5%

Immobilien 16,8% 17%

Hypotheken 4,6% 3,5%

Übrige Anlagen 6,1% 9,7%

Quelle: Swissca

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Illiquidität und Trägheit des Immobilienmarktes als Spielverderber

Zwei Gründe sind für die offensichtliche Diskrepanz zwischen den Resultatender Optimierung und dem effektiven Verhalten der Investoren verantwortlich:

– Im Vergleich mit Aktien und Obligationen sind Immobilien im Direktbesitzeine illiquide Anlage. Dieses ungleich höhere Liquiditätsrisiko spiegeltsich in den tatsächlich realisierten Immobilienpreisen nicht wider. Derbeobachtete Transaktionspreis, der dem Index zugrunde liegt, sagt janur, zu welchem Preis ein Geschäft schlussendlich abgeschlossen wurde.Er gibt aber keine Auskunft darüber, wie lange es dauerte, bis dieMarktfähigkeit eines zu devestierenden Objektes erstellt war und dasGeschäft abgeschlossen werden konnte, resp. wie viel die Bemühungendes Abschlusses gekostet haben. Die Vermarktungsphase kann in un-günstigen Fällen Jahre in Anspruch nehmen. Während dieser Zeit bleibtder Eigentümer weiter dem systematischen Risiko des Immobilienmarktesausgesetzt, obwohl er dies gar nicht mehr will, denn schliesslich hat ersich für den Verkauf entschieden. Wertpapiere können in der Regel ein-facher und schneller abgestossen werden, im Extremfall per Knopfdruck.Dieses zusätzliche Liquiditätsrisiko der Immobilien muss bei derBestimmung eines optimalen Portfolios darum berücksichtigt werden.Ansonsten werden die Immobilienrisiken untertrieben.

– Zweitens ist der Immobilienmarkt sehr träge, auf der technischen Ebenespricht man davon, dass Immobilienpreisindizes autokorreliert sind (sieheBox: Autokorrelation und Risikoüberlegungen). Dies hat zur Konsequenz,dass die Wertschwankungen der Immobilien über lange Zeiträume gese-hen wesentlich höher sind als die Volatilität des Indexes – basierend aufJahresveränderungen der Preise – dies anzeigt. Da die Aktien- undObligationenmärkte diesem Phänomen kaum ausgesetzt sind, werden dieImmobilienrisiken zu vorteilhaft dargestellt.

Mit Autokorrelation einer Zeitreihe ist gemeint, dassder Wert einer Beobachtung (in unserem Fall dieVeränderung eines Preisindexes) von den Wertender vorhergegangenen Beobachtungen abhängt.Dies kann am Beispiel eines Dampfschiffs gut illus-triert werden: Hält es einmal einen Kurs, kann derKapitän sehr wohl Gegensteuer geben, ohne dasssich der Kurs radikal ändert. Erst nach einer ge-wissen Zeit schwenkt das Schiff auf seinen neuenKurs ein. Übertragen heisst dies, dass der Kurs desSchiffs autokorreliert ist.

Berechnet man das Risiko eines autokorreliertenPreisindexes mittels der Standardabweichung, unter-schätzt man das tatsächliche Risiko des betreffendenVermögenswertes. Wiederum hilft das Beispiel desDampfschiffs bei der Verdeutlichung: Angenommen,der Kapitän möchte den Kurs ändern, weil er ge-sehen hat, dass das Schiff auf einen Felsen zusteuert.Die Chance, dass er mit dem Dampfschiff (auto-korreliert) noch ausweichen kann, ist viel kleinerals mit einem Ruderboot (nicht autokorreliert).

Autokorrelation und Risikoüberlegungen

Page 99: Studie Immomarkt Transparent PDF

97

Was bedeutet dies für unsere Überlegungen? Das aus den Daten ersichtlicheRisiko von Immobilienanlagen (d.h. die Standardabweichung der Index-veränderungen in der Höhe von 9,7 Prozent) ist kleiner als das tatsächlicheRisiko, mit dem die Immobilienanleger in der Realität konfrontiert werden.Immobilienanlagen sind mit anderen Worten nicht ganz so attraktiv, wie esdas naiv gemessene Risiko-Rendite-Profil suggerierte. Um unsere Optimierungkorrekt durchzuführen, muss das Risikomass für die Immobilien deshalb kor-rigiert werden. Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Volatilitätder Immobilienanlagen auf einen Wert von 16 Prozent erhöht werden muss,will man die Illiquidität und die Trägheit (Autokorrelation) des Immobilienmarktesso weit berücksichtigen, dass der Vergleich mit Aktien und Obligationen fairist. Wie die folgende Abbildung 7.4 zeigt, rücken Immobilien aus Risikosichtdann viel näher zu den Aktien. Immobilien sind im Vergleich mit Obligationenalso eine recht riskante Anlage.

Berechnet man die Zusammensetzung des optimalen Portfolios mit demkorrigierten Immobilienrisiko, ergibt sich ein anderes Bild. Wiederum ist inAbbildung 7.5 die gewünschte Rendite auf der horizontalen Achse aufge-tragen, und auf der vertikalen Achse befindet sich die resultierende Portfolio-Zusammensetzung.

Für Versicherungen und Pensionskassen ist längerfristig insbesondere derBereich zwischen 3 – 4 Prozent jährlicher Rendite von Interesse. Hier dominierendie Immobilien nun weniger stark, und die Portfolio-Zusammensetzung ent-spricht eher den Werten, wie sie in der Praxis angetroffen werden: WenigAktien (5 bis 10 Prozent), etwas mehr Immobilien (10 bis 25 Prozent), der Restwird aufgeteilt in Obligationen (25 bis 60 Prozent) und liquide Mittel. Beihöheren Renditeerwartungen nehmen zuerst die Immobilien im Portfolio fastim Gleichschritt mit den Aktien auf Kosten der Liquidität zu. Wird noch mehr

0%

5%

10%

15%

20%

Schweizer Aktien Euro-3-Mts CHFSchweizer ObligationenImmobilien

25%

Abbildung 7.4: Riskanter als man denktRisiko der Anlageklassen unter Berücksichtigung der speziellen Eigenschaften des

Immobilienmarktes

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Rendite gefordert, werden graduell auch die Obligationen im Portfolio reduziert.Bei noch höheren Rendite-Erwartungen nimmt der Anteil von Immobilien imPortfolio wieder ab. Schlussendlich bleiben nur noch Aktien übrig, die ammeisten Rendite versprechen, aber auch das höchste Risiko aufweisen.

Durch die Anpassung des Risikomasses für Immobilienanlagen ist es unsgelungen, den Immobilienanteil der Pensionskassen mit unserer Optimierungin Einklang zu bringen. Es fällt auf, dass die Pensionskassen wesentlich stär-ker in Aktien und weniger in Obligationen investiert sind als die Optimierungnahe legt. Dies hat damit zu tun, dass die Vorsorgeeinrichtungen nebenSchweizer Aktien auch ausländische Aktien halten. Diese Anlageklassewurde in der Optimierung vernachlässigt, um das Beispiel einfach zu halten.Da die Renditen in- und ausländischer Dividendenpapiere nicht vollständigkorreliert sind und damit ein weiterer Diversifikationseffekt entsteht, werdeninsgesamt mehr Aktien auf Kosten der Obligationen gehalten. Der Diversi-fikationsbeitrag ausländischer Obligationen ist hingegen sehr klein, so dassdie Berücksichtigung ausländischer Forderungspapiere den Obligationenanteilim Portfolio nicht erhöht. Wichtig ist aber, dass die Aussagen zum optimalenImmobilienanteil in gemischten Portfolios trotz dieser Vereinfachung gültigbleiben.

Der Reiz der Immobilien liegt in der Diversifikation

Wird ein Portfolio mit Wertpapieren um Immobilien in Direktbesitz ergänzt,sinkt das Portfoliorisiko für jedes gewünschte Renditeniveau. Wie wir gese-hen haben, ist dies auf die negative Korrelation der Immobilien mit denanderen Anlageklassen zurückzuführen. Die Verkleinerung des Portfoliorisikos

0%

20%

40%

60%

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100%

Anteil am Portfolio

Gewünschte jährliche Rendite in Prozent

4,03,63,22,82,4 4,4 4,8 5,2 5,6 6,0 6,4 6,8 7,2 7,6 8,0

Immobilien

Obligationen

Aktien

Liquidität

Fokus

Abbildung 7.5: Besser geht es nichtAufteilung des optimalen Portfolios bei verschiedenen Zielrenditen

Page 101: Studie Immomarkt Transparent PDF

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wird Diversifikationsbeitrag genannt. Abbildung 7.6 zeigt auf der horizon-talen Achse wiederum das Renditeziel des Investors. Auf der vertikalen Achsesind die Risiken aufgetragen, die er mit oder ohne Immobilien auf sich neh-men muss, um sein Renditeziel zu erreichen. Die Diversifikationsbeiträgeberechnen sich, indem das Risiko des Portfolios mit Immobilien vom Risikodes Portfolios ohne Immobilien subtrahiert wird.

Die Abbildung zeigt eindrücklich, dass das Portfoliorisiko durch dieBerücksichtigung von Immobilien in entscheidendem Mass gesenkt werdenkann. Insbesondere für Investoren mit höheren Renditezielen (d.h. im Bereichvon 5 Prozent und mehr) ist die Diversifikation ihres Portfolios mit Immobilienein absolutes Muss. So ist zum Beispiel ein Renditeziel von 5,6 Prozent ohneImmobilien nur erreichbar, wenn ein Portfoliorisiko von 11 Prozent in Kaufgenommen wird. Unter Einbezug von Immobilien sinkt dieser Wert auf rund7 Prozent, d.h. rund ein Drittel des Risikos kann eliminiert werden. Wasbedeuten diese Zahlen konkret? Betrachten wir dazu einen typischen Investor,der zwar eine ansprechende Rendite wünscht, Verluste auf seinem Portfolioaber so weit wie möglich vermeiden will. Bei einer erwarteten Rendite von5,6 Prozent und 11 Prozent Risiko muss er in langfristiger Optik jedes drit-te Jahr einen Verlust hinnehmen. Die Senkung des Risikos auf 7 Prozent ent-spricht einer Reduktion der Verlustjahre auf eines von fünf Jahren. Beinahejedes zweite Verlustjahr kann also dank der Immobilien vermieden werden.

0,0

5,0

10,0

15,0

20,0

2,4 2,8 3,2 3,6 4,0 4,4 4,8 5,2 5,6 6,0 6,4 6,8 7,2 7,6 8,0

Standardabweichung

Gewünschte Rendite pro Jahr in Prozent

25,0

Risiko mit Immobilien

Risiko ohne Immobilien

Abbildung 7.6: Immobilien sind gut für Ihr Portfolio!Diversifikationsbeitrag der Immobilien bei verschiedenen Zielrenditen

Page 102: Studie Immomarkt Transparent PDF

100

Immobilien als Anlage auf einen kurzen Nenner gebracht

Im Licht der Erkenntnisse dieses Kapitels können die Kernbotschaften für denInvestor wie folgt zusammengefasst werden:

– Mit Immobilien in Direktbesitz liess sich in der Vergangenheit eineansehnliche Rendite von 6 Prozent erwirtschaften. Dieser Wert liegtzwischen den Erträgen von Aktien und Obligationen.

– Die effektiven Risiken von Immobilien als Renditeanlage sind höher alsder Index der Gesamtrendite suggeriert. Dies ist die Konsequenz zweierEigenheiten des Immobilienmarktes, nämlich der Illiquidität und derTrägheit der Preisbewegungen.

– Eine adäquate Anpassung der Volatilität, welche die Immobilienrisikenmit den Risiken von Aktien und Obligationen vergleichbar macht, ergibteinen Wert von 16 Prozent. Die wahren Risiken einer Investition inWohnimmobilien liegen damit viel näher beim Aktienmarktrisiko als beimObligationenrisiko. Immobilien sind damit nicht – wie oft behauptet –eine risikoarme Anlageklasse.

– Der Reiz und die klare Stärke von Immobilien in gemischten Portfoliosliegt in ihrem ausgeprägten Diversifikationsbeitrag, vor allem imVergleich mit den Aktien als Anlageklasse mit dem höchsten erwartetenErtrag.

– Zur Erreichung des optimalen Diversifikationsbeitrages erfordert eineZielrendite zwischen 3 und 4 Prozent einen Immobilienanteil zwischen10 und 25 Prozent.

– Bei Zielrenditen über 5 Prozent lässt sich mit einen Immobilienanteil vongut 30 Prozent beinahe jedes zweite Verlustjahr für das Gesamtportfoliovermeiden.

Page 103: Studie Immomarkt Transparent PDF

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Immobilien als Geldanlage haben für den Investor die Eigenschaft, dass sieeinen relativ konstanten Einkommensstrom erzeugen. Ausserdem können sieeinen erheblichen Diversifikationsbeitrag in einem grösseren Portfolio ausverschiedenen Anlagekategorien leisten. Dies wurde im vorangegangenenKapitel aufgezeigt. Kein Wunder also, dass immer mehr private und institu-tionelle Investoren die Absicht haben, einen gewissen Teil ihres Vermögensin diese attraktive Anlageklasse zu stecken. Oft gestaltet sich dies jedochschwieriger, als man vermuten sollte.

Bei einer Aktienanlage steht dem Investor eine ganze Palette an bekannten,etablierten und liquiden Investitionsvehikeln zur Verfügung: Der Investor kannAktien direkt an der Börse erwerben, er kann einen von hunderten verschiedenenAktienfonds zeichnen oder er kann sich das gewünschte Exposure mit Hilfeeines Derivats in sein Portfolio holen. Hierzu stünden ihm wiederum ver-schiedene Möglichkeiten offen: z.B. Optionen auf die von ihm ausgewähltenAktientitel oder Futures auf Marktindizes wie den SMI (s. Box).

8 ImmobilienderivateEin Blick in die Zukunft

Forwards/Futures/Termin-KontrakteIn einem Forward- bzw. Termin-Geschäft versprichtdie eine Partei, zu einem bestimmten Termin in derZukunft eine bestimmte Menge eines Gutes oderVermögenswertes (z.B. Aktien, Obligationen, Öl,Immobilien) zu einem bestimmten Preis zu kaufen.Dadurch sichert sich die andere Partei – also jene,die heute im Besitz dieser Sachen ist – gegen all-fällige Wertveränderungen zwischen heute und demvereinbarten Termin ab. Futures sind standardi-sierte, börsengehandelte Forward-Geschäfte.

OptionenBei einer Call-Option hat der Inhaber der Optiondas Recht, eine Sache zu einem bestimmtenZeitpunkt zu einem bestimmten Preis zu erwerben.Ist der Marktpreis zu diesem Zeitpunkt höher alsder vereinbarte Ausübungspreis, wird der Inhaberseine Option ausüben und einen Gewinn erzielen.Für diese Chance bezahlt der Käufer der Option

zu Beginn der Laufzeit eine Prämie an den Verkäufer.Bei einer Put-Option besteht das Recht, zu einembestimmten Preis zu verkaufen. Der Käufer derOption wird dieses Recht dann ausüben, wenn derWert der zugrundeliegenden Sache gesunken ist,und so einen Gewinn realisieren.

Strukturierte ProdukteIn einem strukturierten Produkt wird zumeist eintraditionelles Finanzmarktprodukt, z.B. eine Aktieoder eine Obligation, mit einem Derivat, z.B. einerCall-Option, verknüpft. Ein Investor erhält damit miteinem Kauf zwei Produkte, die zudem aufeinan-der abgestimmt sind. V.a. für private Investoren istdies interessant, da sie nicht jede beliebigeKombination von traditionellen Produkten undDerivaten selbst zusammenstellen können, wie dieseinem grossen, institutionellen Investor vielleichtmöglich ist.

Wichtige derivative Finanzmarktprodukte

Page 104: Studie Immomarkt Transparent PDF

102

Ganz anders sieht es aus, wenn die Absicht besteht, in Immobilien zu in-vestieren. Die logische und nach wie vor am häufigsten praktizierte Art bestehtdarin, einzelne Liegenschaften direkt zu kaufen. Der Direkterwerb ist abermit erheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwänden verbunden sowie mitden Objekt- und Liquiditätsrisiken, die in Kapitel 6 behandelt wurden.

Im Gegensatz dazu besteht aber die Möglichkeit der Investition in einenImmobilienfonds. In punkto Handelbarkeit und Stückelung ist diese Anlageartdurchaus mit Aktien bzw. Aktienfonds zu vergleichen. Immobilienfonds habenaber für den Anleger den grossen Nachteil, dass sich ihr Kursverlauf meis-tens weniger an den Bewegungen des Immobilienmarktes als vielmehr amZinsniveau orientiert. Sie ähneln damit sehr der traditionellen Anlageklasseder Obligationen. Damit entfällt bei einer Investition in Immobilienfonds –zumindest bis heute – ein grosser Teil der Diversifikationswirkung, die sichder Investor durch eine Anlage in die Kategorie Immobilien versprochen hat.

Die Lösung liegt in der Erfindung der Immobilienindex-Instrumente. Dabeihandelt es sich um Anlageprodukte, die es dem Investor erlauben, sich viaDerivat auf einen Immobilienpreisindex gegenüber Chancen und Risiken desImmobilienmarktes zu exponieren, ohne direkt Immobilien erwerben zu müssenoder indirekt in einen Immobilienfonds zu investieren. Anhand von inzwischenetablierten, transaktionspreis-basierten Immoblienindizes wurde im vor-angegangenen Kapitel das grosse Diversifikationspotenzial von Immobilien-anlagen aufgezeigt. Was liegt also näher, als ein Anlageinstrument zu wählen,das sozusagen eine Investition in einen solchen Index erlaubt?

Was sind Immobilienindex-Instrumente?

Bei den Immobilienindex-Instrumenten geht es grundsätzlich darum, Immobilien-marktrisiken handelbar zu machen. Die einfachste Variante eines solchenDerivats besteht in einem Termin-Kontrakt. Dabei exponiert sich der Investorfür eine bestimmte Zeit – eben bis zum «Termin» – im Umfang eines bestimmtenBetrags gegenüber einem von ihm gewählten Immobilienpreisindex. NachAblauf des Kontrakts wird der Indexverlauf während der Laufzeit festgestellt.Ist der Index gestiegen, erhält der Investor den entsprechenden Prozentanteildes Betrages, auf welchen der Termin-Kontrakt ausgestellt wurde, gutgeschrieben.Ist der Index gesunken, muss der Investor der Gegenpartei den entsprechendenBetrag überweisen. In Anlehnung an den finanzökonomischen Ausdruck fürdiese Art von Geschäften, nennen wir dieses Produkt «ImmoForward».

Auf die denkbar einfachste Weise erhält der Investor im Umfang des erwähntenBetrages, dem «Nominal», eine Exponierung gegenüber dem Immobilienmarkt.Dabei muss der Betrag nicht einmal überwiesen werden. Der Investor kannihn während der Laufzeit z.B. auf einem sicheren Geldmarktkonto liegenlassen oder anderweitig verwenden. Da er nichts investiert, erhält er für seine«Immobilienanlage» natürlich auch keine laufenden Erträge, insbesondere

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keine Mieterträge wie bei einer direkten Immobilienanlage. Was er aber mit-macht, sind sämtliche Wertveränderungen auf jenem Immobilienmarkt, inwelchen er via Immobilienpreisindex investiert hat.

Die Vorteile eines solchen Immobilienderivats für den Investor liegen auf derHand:

– Er erzielt eine synthetische «Direktinvestition» in Immobilien ohne denAufwand und die hohen Transaktionskosten, die mit einer Direktanlageverbunden sind.

– In einem national oder international diversifizierten Portfolio habenImmobilienindex-Instrumente bedeutend bessere Diversifikations-eigenschaften als Investitionen in Immobilienfonds oder Immobilienaktien.

– Aufgrund der Investition in einen Index erwirbt der Investor nicht nureine oder wenige Immobilien – mit all ihren spezifischen Risiken –sondern eine sehr gut diversifizierte Immobilienanlage, denn diezugrunde liegenden Immobilienindizes beinhalten eine grosse Zahl anverschiedenen Immobilien und repräsentieren damit einen gesamtenregionalen, nationalen oder sektorspezifischen Immobilienmarkt.

– Durch die synthetische Investition und durch die breite Diversifikationvermeidet der Investor eine Vielzahl von Risiken, die mit dem Halten vonphysischen Immobilienanlagen verbunden sind: z.B. Bewertungsrisiken,Einzelobjektrisiken, Leerstandsrisiken und Bewirtschaftungsrisiken.

– Gegenüber einer Direktanlage hat die Investition in einenImmobilienpreisindex keine direkten Steuerfolgen(Handänderungssteuern, Grundstücksgewinnsteuer).

– Ein Index-Derivat erlaubt dem Investor eine schnellere Umsetzung seinerEntscheidungen bezüglich der Anlagekategorie Immobilien. Gegenüberdem aufwändigen Auf- und Abbau eines realen Portfolios ist dieAbwicklung von ImmoForward-Kontrakten relativ einfach. Mit derEntwicklung eines regen Marktes für die Immobilienindex-Instrumentewird somit eine taktische Vermögensallokation im Bereich Immobilienmöglich.

Weitere Varianten von Immobilienindex-Instrumenten sind z.B. der ImmoBondoder der ImmoPut. Sie werden in der beigefügten Box vorgestellt.

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Damit sich dem Investor diese Anlagemöglichkeit eröffnet, braucht es eineGegenpartei. Auf allen Finanz- und Kapitalmärkten ist das Finden einer Gegen-partei immer die erste Voraussetzung für das Zustandekommen einer Transaktion.Im Fall des ImmoForward heisst das, es braucht jemanden mit einem entge-gengesetzten Bedürfnis zum Immobilien-Investor (Long-Position), der deshalbdie Short-Position in einem solchen Kontrakt einnehmen möchte. Dies könntez.B. ein Anleger sein, der von einer negativen Entwicklung der Immobilienüberzeugt ist oder jemand, der bereits ein eigenes Immobilienportfolio hatund der sich gegen die Schwankungen des Marktes absichern will.

ImmoForwardBei einem ImmoForward wird das Immobilien-Marktrisiko zwischen zwei Parteien transferiert.Der «Verkäufer» des ImmoForward (Short-Partei)sichert sich damit gegen allgemeine Preisverände-rungen auf dem Immobilienmarkt – ausgedrücktdurch die Veränderung eines Immobilienpreisindex– ab. Sie möchte damit z.B. ihr eigenes Immobilien-portfolio gegen allgemeine Preissenkungen auf demImmobilienmarkt schützen. Der «Käufer» des Immo-Forward (Long-Partei) exponiert sich gegenüber denallgemeinen Immobilienpreis-Veränderungen. Grund-sätzlich gilt: Steigen die Immobilienpreise währendder Laufzeit des Vertrags, zahlt die Short-Partei dieentsprechende Veränderung an die Long-Partei. DieShort-Partei kann jedoch erwarten, dass sie in die-sem Fall auch einen Gewinn auf ihrem eigenenImmobilienportfolio erzielt und somit, zumindestteilweise, gegen diesen allgemeinen Preisanstiegversichert ist. Umgekehrt zahlt bei fallenden Immo-bilienpreisen die Long-Partei an die Short-Parteiund gleicht so den Verlust auf dem Immobilien-Portfolio der Short-Partei, zumindest teilweise, aus.Besonderes Kennzeichen des ImmoForward ist,dass bei Vertragsabschluss kein Geld vom «Käufer»zum «Verkäufer» fliesst.

ImmoBondBeim ImmoBond handelt es sich um ein struktu-riertes Produkt, das eine Obligation mit festerLaufzeit und festem Coupon mit einem ImmoForward

verknüpft. Hier investiert der «Käufer» einen Betragund zahlt diesen bei Vertragsabschluss an den«Verkäufer» aus. Während der Laufzeit erhält derInvestor die vereinbarten fixen Coupon-Zahlungen.Nach Ablauf des Vertrags wird der investierteBetrag nicht zu pari zurückbezahlt wie bei einergewöhnlichen Obligation, sondern um die pro-zentuale Veränderung des Immobilienpreisindexeskorrigiert und entsprechend mehr (wenn die Immo-bilienpreise gestiegen sind) oder weniger (wennsie gefallen sind) zurückbezahlt.

ImmoPut/ImmoCallBeim ImmoPut handelt es sich um die Option, denzugrundeliegenden Immobilienpreisindex zu einembestimmten Termin zu einem bestimmten Preis «zuverkaufen». Der Inhaber der Option sichert sich sogegen ein Fallen der Immobilienpreise unter denvereinbarten Preis, denn er erhält jede zusätzlicheMinderung der allgemeinen Immobilienpreise vomVerkäufer der Option erstattet. Dafür erhält derVerkäufer eine Options- bzw. Versicherungsprämie.Beim ImmoCall erhält der Käufer das Recht, denImmobilienpreisindex zu einem bestimmten Aus-übungspreis «zu kaufen». Steigt der Immobilien-index weiter als dieser Ausübungspreis, erhält derInhaber der Option die Differenz zulasten desVerkäufers. Dieser erhält für dieses Risiko wieder-um eine Prämie.

Varianten von Immobilienindex-Instrumenten

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In der Abbildung 8.1 sind schematisch Teile der Bilanzen eines Immobilien-eigners, der mittels ImmoBond ein Darlehen aufnimmt und sich gegen dasMarktrisiko versichert, sowie der entsprechenden Gegenpartei, des Bond-investors, dargestellt.

Für wen eignen sich diese Instrumente?

Sowohl für private als auch für institutionelle Investoren (Pensionskassen,Anlagestiftungen, Versicherungen), Immobilien-Gesellschaften, Anlagefondsusw. können Immobilienindex-Instrumente interessante Vehikel sein. In derfolgenden Tabelle sind einige Beispiele für die verschiedenen Instrumente inmöglichen Anwendungen zusammengefasst.

1. Ausgangslage

2. Anfang Laufzeit

3. Während Laufzeit

4. Verfall

Immobilieneigner

Immobilien 100

Cash 10

Bondinvestor

Cash 100

<<< ImmoBond/Cash >>>

ImmoBond 100Immobilien 100

Cash 110

Darlehen 100

(ImmoBond)

Cash 93Immobilien 93

Cash 17

Immobilienindex fällt um 7%

Abbildung 8.1: «Bond, ImmoBond»ImmoBond: Beispielhafte Darstellung der Funktionsweise

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106

Tabelle 8.1: Zu jeder Situation das passende DerivatBeispiele für den Einsatz von Immobilienderivaten

– Private Investoren, die einen Teil ihres Vermögens in Immobilien anlegenwollen, ohne gleich physisch ein Haus oder ein Stockwerkeigentum erwerbenund unterhalten zu müssen.

– Private, die auf eine eigene Immobilie sparen wollen und sich die Immobilien-kaufkraft ihrer Ersparnisse erhalten wollen. Durch Investition der Ersparnissein einen ImmoBond ist gesichert, dass das gesparte Geld in Zukunft gleichviel einer durchschnittlichen Immobilie kaufen kann wie heute.

– Private, die sich gegen einen Wertverlust ihres Eigenheims oder ihrer Immo-bilienanlage absichern wollen. Durch «Verkauf» eines ImmoForward oderdurch den Kauf eines ImmoPut schützt sich der Private vor sinkenden Preisenauf dem Immobilienmarkt und damit auch zu einem grossen Teil vor einemsinkenden Preis seines Eigenheims. Denn von den allgemeinen Schwankungender Immobilienpreise – dem Marktrisiko – sind grundsätzlich immer sämtlicheLiegenschaften betroffen, wie im Kapitel 6 gezeigt wurde.

– Institutionelle Investoren, die einen Teil ihres Vermögens in Immobilien anlegenwollen, ohne ein eigenes Portfolio aufbauen und bewirtschaften zu müssen.

– Institutionelle Investoren, die den Immobilien in ihrer Vermögensallokation einhöheres Gewicht geben wollen, ohne andere Vermögensteile zu veräussern.

– Institutionelle Investoren, die den Immobilien in ihrer Vermögensallokationein niedrigeres Gewicht geben wollen, ohne Teile ihres Immobilienportfoliosveräussern zu müssen.

– Anlagefonds, die eine ausgewogene Anlagestrategie mit einem gewissenAnteil an Immobilienanlagen anstreben und das hohe Diversifikations-potenzial von direkten Immobilienanlagen ausschöpfen möchten.

– Private Investoren, die aufgrund ihrer Marktkenntnisse und Prognosen einespekulative Exponierung gegenüber der zukünftigen Immobilienmarkt-entwicklung suchen.

– Immobiliengesellschaften, die ihre Immobilien finanzieren möchten, ohne den Hebel (Leverage) auf ihrem Eigenkapital zu verlängern.

ImmoBond Long

Produkt Positiondes Investors

Situation

ImmoBond Long

ImmoForward ShortoderImmoPut Long

ImmoBond Long

ImmoForward Long

ImmoForward Short

ImmoBond LongoderImmoForward Long

ImmoCall LongoderImmoPut Short

ImmoBond Short

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Warum haben sich diese Instrumente bisher nicht durchgesetzt?

Für die Schweiz stellen die aufgezeigten Produktideen Innovationen dar, fürdie sich bisher noch kein Markt etablieren konnte. Die Tatsache, dass bereitsseit einigen Jahren ähnliche Konstruktionen in Grossbritannien und in denUSA erfolgreich angeboten werden, zeigt zwar, dass eine potenzielleNachfrage vorhanden ist und dass es wahrscheinlich nicht mehr allzu langedauern dürfte, bis auch hierzulande die ersten Immobilienindex-Instrumenteeine Nachfrage finden. Allerdings lässt sich auch eine Reihe von Gründenausmachen, warum sich diese Produkte bis heute noch nicht durchgesetzthaben:

– Zunächst einmal handelt es sich um eine fundamentale Innovation:Immobilien als gewöhnliche Anlageklasse zu sehen und in dieVermögensallokation einzubeziehen, Preisindizes von Immobilien zukonstruieren und zu kennen sowie Derivate auf diese Preisindizes zu verstehen, sind Kenntnisse, die erst in der jüngsten VergangenheitEingang in die Denk- und Arbeitsweise von Immobilienbesitzern undAsset-Managern gefunden haben.

– Die Transparenz auf dem Schweizer Immobilienmarkt ist nach wie vorrecht dürftig – auch wenn es in letzter Zeit verstärkte Bemühungen zurSteigerung dieser Transparenz gibt –, die vorliegende Broschüre verstehtsich als Teil dieser Bemühungen. Insbesondere kann häufig nicht zwi-schen objektspezifischen Risiken und Marktrisiken getrennt werden. Beieiner unklaren, durch subjektive Einschätzungen bestimmten Sachlage istes schwierig, einen allgemein anerkannten Standard zu etablieren. Fürdie Produktklasse der Immobilienindex-Instrumente ist es aber notwendig,dass ein solcher Standard – in Form allgemein anerkannter Indizes –existiert. Bisher konnte sich im Markt kein solcher «Benchmark» etablieren.

– Viele der vorliegenden Indizes sind tatsächlich zu einem grossen Teil nur sehr beschränkt als Standard für eine breite Lancierung vonImmobilienindex-Instrumenten geeignet: Sie beruhen auf einer relativspärlichen Datenlage; sie haben erst eine kurze Historie aufzuweisen,ihre Berechnung ist kompliziert; sie beruhen teilweise nicht auf tatsächlichrealisierten Transaktionspreisen, sondern auf Schätzungen, Mieten oderAngebotspreisen.

– Die institutionellen Immobilien-Investoren, die das vordringlichsteBedürfnis und auch das entsprechende Know-how zum Einsatz solcherInstrumente haben, erhalten durch die geltenden regulatorischenVorschriften einen negativen Anreiz dazu. Die modernenRechnungslegungsvorschriften, wie z.B. IFRS, fordern zwar dazu auf,Immobilien zu ihrem fairen Marktwert («fair value») auszuweisen.Tatsächlich findet die Bewertung der Immobilienportfolios aber aufgrundeiner Expertenschätzung statt, die nur indirekt auf die momentan gelten-den Marktbedingungen schliesst. Die Konsequenz ist, dass die Wert-schwankungen der Immobilien in den Büchern der institutionellenInvestoren einen relativ geglätteten Verlauf aufweisen – ein Effekt, der

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bei den Anlageklassen Aktien und Obligationen aufgrund eineslaufenden und öffentlich beobachtbaren Handels nicht mehr vorkommt.

– Selbst wenn der Asset Manager eine Neigung zu einer konsequentenfinanzökonomischen Sichtweise hat und sieht, dass die wahren Risikenseines Immobilienportfolios tendenziell höher sind als die ausgewiese-nen, so hat er dennoch nur wenig Anreiz, diese Risiken abzusichern.Der Grund liegt darin, dass er die Wertschwankungen seinesAbsicherungsinstruments (z.B. Short ImmoForward) erfolgswirksam aus-weisen müsste, während die entsprechenden Wertschwankungen seinesImmobilienportfolios erst nach einer fundamentalen Umstellung seinerBewertungspraxis nach aussen sichtbar würden.

– Derivate in anderen Anlagekategorien konnten erfolgreich durch dieFinanzindustrie entwickelt und lanciert werden. Für die Begrenzung desRisikos ist es dabei ausserordentlich wichtig, dass sich das Finanzinstitutgegen Wertschwankungen der emittierten Derivate absichern kann. BeiAktien beispielsweise ist dies denkbar einfach: So kann die Wert-steigerung einer Call-Option – und damit die steigende Verpflichtung deremittierenden Bank – dadurch abgesichert werden, dass die Bank eineentsprechende Menge der zugrunde liegenden Aktien hält. Eine solcheAbsicherungsstrategie ist im Immobilienbereich aber ungleich schwieriger,da Immobilien weder homogen noch leicht handelbar, noch in einer fastbeliebig kleinen Stückelung erhältlich sind. Damit ist es für die Finanz-industrie sehr schwierig, die Innovation im Alleingang durchzuführen undeinen Markt für Immobilienindex-Instrumente zu etablieren.

– Bei den wichtigen Akteuren auf dem Immobilienmarkt gibt es derzeit keindringendes Bedürfnis nach Absicherung der Immobilienmarktrisiken.Nach der Boom-Bust-Phase Ende der achtziger und anfangs derneunziger Jahre hat sich der Immobilienmarkt langsam erholt, scheintaber weit entfernt von einer erneuten Überhitzung. Die meisten wichtigenMarktteilnehmer sind eher optimistisch für die mittel- bis langfristigeEntwicklung in sämtlichen Segmenten des Immobilienmarktes.

– Hinzu kommt, dass bei den meisten institutionellen Anlegern wie auchbei den Immobiliengesellschaften zurzeit eine «Buy and Hold»-Strategiepraktiziert wird. Wenn nicht davon ausgegangen wird, dass einmalerworbene Immobilien in absehbarer Zeit wieder abgestossen werdensollen oder müssen, besteht wenig Anlass, sich gegen die Risiken eines(vorübergehenden) Preiszerfalls zu schützen.

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Wird sich ein Markt für Immobilienindex-Instrumente etablieren?

Wenn man bedenkt, dass es sich bei Immobilien um die mit Abstand grössteVermögenskategorie der Schweizer Wirtschaft handelt – grob geschätzte 2,5Billionen Schweizer Franken sind die Immobilien auf Schweizer Boden wert– dann ist es nicht vorstellbar, dass die Betrachtungsweise und die Behandlungdieser Werte nicht einen ähnlichen Weg nehmen sollten wie z.B. die Unter-nehmensbeteiligungen und -finanzierungen in Form von Aktien und Kreditenbzw. Obligationen. Mit zunehmender Transparenz des Immobilienmarkteswerden mehr und mehr Investoren ihr Interesse an der Anlageklasse Immobilienbekunden und die finanzökonomisch-nüchterne Sicht auf Renditen und Risikenauch in diesem Segment durchsetzen.

Mit der Verallgemeinerung der Immobilien als Anlage und mit der Sophisti-zierung der Anlagestrategien wird das Interesse an Immobilienderivaten beiallen momentanen und potenziellen Investoren steigen. Ausserdem wird esfür viele Investoren, die sich heute durch ihre Kaufen-und-Halten-Strategiekeine Sorgen um allfällige Abwärtsrisiken auf dem Immobilienmarkt machenmüssen, irgendwann absehbar, dass sie Teile ihres Immobilienportfoliosliquidieren müssen. Spätestens dann wird sich die Wahrnehmung derMarktrisiken und das Bedürfnis nach einer teilweisen oder vollständigen Ab-sicherung bis zur Deinvestition verstärken. Beispielsweise dürfte dies bei vielenPensionskassen in nicht allzu ferner Zukunft der Fall sein, wenn sich aufgrundder demographischen Entwicklung ein Überhang an finanziellen Verpflichtungengegenüber dem Zufluss an Mitgliederbeiträgen ergibt und ein Netto-Abbauvon Vermögensbestandteilen zur Finanzierung laufender Renten stattfindenmuss.

Was bietet die ZKB an?

Die Zürcher Kantonalbank war in der Schweiz führend bei der Entwicklungvon transaktionspreis-basierten Immobilienpreisindizes. Bereits 1996, als erst-mals eine Reihe solcher Indizes publiziert wurde, war die Möglichkeit vonneuartigen derivaten Produkten, die mit Hilfe dieser Indizes konstruiert werden,erörtert worden. Seither hat die ZKB zum einen die Technologie im BereichIndexberechnung ständig verfeinert, zum anderen wurde die Idee der Immo-bilienindex-Produkte so weit entwickelt, dass die ZKB heute in der Lage ist,Produkte wie den ImmoForward oder den ImmoBond in die Tat umzusetzen.Interessierten institutionellen Anlegern, kommerziellen oder privaten Immobilien-besitzern bietet die ZKB einen umfassenden Beratungsservice, der von derStrukturierung des Produkts bezüglich Volumen, Indexwahl, Laufzeit usw. überdie Suche einer geeigneten Gegenpartei bis hin zum Aufsetzen und Abwickelndes Vertrages reicht.

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Der Reiz von Immobilienanlagen liegtim regelmässigen Ertrag und derDiversifikation. Ihre Risiken sind aberhöher, als man denkt.

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Die nahe Bank209

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