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Strukturen der Lebenswelt - ReadingSample · Alfred Schütz starb im Frühjahr 1959 mit 61 Jahren....

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UTB S (Small-Format) 2412 Strukturen der Lebenswelt Bearbeitet von Alfred Schütz, Thomas Luckmann Unv. ND der 1. Aufl. 2003 2012. Taschenbuch. 694 S. Paperback ISBN 978 3 8252 2412 7 Format (B x L): 12 x 18,5 cm Weitere Fachgebiete > Ethnologie, Volkskunde, Soziologie > Soziologie > Gesellschaftstheorie Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.
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UTB S (Small-Format) 2412

Strukturen der Lebenswelt

Bearbeitet vonAlfred Schütz, Thomas Luckmann

Unv. ND der 1. Aufl. 2003 2012. Taschenbuch. 694 S. PaperbackISBN 978 3 8252 2412 7

Format (B x L): 12 x 18,5 cm

Weitere Fachgebiete > Ethnologie, Volkskunde, Soziologie > Soziologie >Gesellschaftstheorie

Zu Inhaltsverzeichnis

schnell und portofrei erhältlich bei

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UTB 2412

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Alfred SchützThomas Luckmann

Strukturen der Lebenswelt

UVK Verlagsgesellschaft mbH

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Datensind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-8252-2412-7

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Ver-vielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

© UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz 2003

Einbandgestaltung: Atelier Reichert, StuttgartSatz und Layout: Dieter Heise, KonstanzDruck: fgb · freiburger graphische betriebe, Freiburg

UVK Verlagsgesellschaft mbHSchützenstr. 24 · D-78462 KonstanzTel.: 07531-9053-0 · Fax 07531-9053-98www.uvk.de

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Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

Kapitel IDie Lebenswelt des Alltags und die natürliche Einstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

A. Die Lebenswelt als unbefragter Boden der natürlichen Weltanschauung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

B. Das fraglos Gegebene und das Problematische . . . . . . . . . . . . . . 35C. Strukturiertheit der Lebenswelt für das erlebende Subjekt . . . . . 44D. Pläne und Durchführbarkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

Kapitel IIDie Aufschichtung der Lebenswelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53A. Realitätsbereiche geschlossener Sinnstruktur . . . . . . . . . . . . . . . 54

1) Realitätsakzent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 542) Erlebnis- bzw. Erkenntnisstil und Bewußtseinsspannung . . . 573) Phantasiewelten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 614) Die Traumwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

B. Aufschichtungen der Lebenswelt des Alltags . . . . . . . . . . . . . . . . 691) Der Erlebnisstil der alltäglichen Lebenswelt . . . . . . . . . . . . . 692) Räumliche Aufschichtung der alltäglichen Lebenswelt . . . . . 71

a) Welt in aktueller Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71b) Welt in potentieller Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

i) Wiederherstellbare Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72ii) Erlangbare Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73iii) Hinweis auf die soziale Dimension

der räumlichen Gliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 753) Die Wirkzone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 774) Die zeitliche Struktur der alltäglichen Lebenswelt . . . . . . . . . 81

a) Die Weltzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81i) Die Fortdauer der Welt und Endlichkeit . . . . . . . . . . 81ii) Die Zwangsläufigkeit der Weltzeit und

first things first . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84iii) Weltzeit und Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

6

b) Die Zeitstruktur der Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .88c) Die subjektive Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .89

i) Die zeitliche Artikulierung des Bewußtseinsstroms . . .89ii) Über biographische Artikulation . . . . . . . . . . . . . . . . .94

5) Die soziale Struktur der Lebenswelt des Alltags . . . . . . . . . . .98a) Die Vorgegebenheit des anderen und die

Intersubjektivität der fraglos gegebenen Welt . . . . . . . . . .98b) Die unmittelbare Erfahrung des anderen . . . . . . . . . . . .101

i) Die Du-Einstellung und die Wir-Beziehung . . . . . . .101ii) Die soziale Begegnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .104

c) Die mittelbare Erfahrung der Sozialwelt . . . . . . . . . . . . .110i) Von der unmittelbaren zur mittelbaren Erfahrung

des anderen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .110ii) Der Zeitgenosse als Typus und die Ihr-Einstellung . .116iii) Die Stufen der Anonymität in der sozialen Welt . . . .123iv) Soziale Beziehungen zwischen Zeitgenossen . . . . . . . .129v) Vorwelt, Geschichte, Generationen . . . . . . . . . . . . . .133vi) Nachwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .139

6) Der Lebenslauf: ontologische Grenzen, subjektive Bedingungen der biographischen Artikulation und soziale Ausformung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .140

Kapitel IIIDas Wissen von der Lebenswelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

A. Der Wissensvorrat: Seine Situationsbezogenheit, seine Genese und Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1491) Wissensvorrat und Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .149

a) Die Begrenztheit der Situation als erstes Grundelement des Wissensvorrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .149

b) Die Struktur der subjektiven Erfahrungen der Lebenswelt als zweites Grundelement des Wissensvorrats . . . . . . . . .153

c) Routine im Wissensvorrat: Fertigkeiten, Gebrauchswissen, Rezeptwissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .156

d) Biographische Prägung des Wissensvorrats . . . . . . . . . . .163e) Die Bestimmung der Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .166f) Die Bewältigung der Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .169

2) Der Wissenserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .173a) Bedingungen des Wissenserwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . .173

7

b) Strukturierung des Wissensvorrats durch die Formen des Wissenserwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

c) Über den Fortgang des Wissenserwerbs . . . . . . . . . . . . . 179d) Unterbrechung des Wissensvorrats . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

i) »Endgültige« Unterbrechungen (Abbruch des Erfahrungsablaufs und Überdeckung des Themas) . . 181

ii) »Vorläufige« Unterbrechungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1883) Die Struktur des Wissensvorrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

a) Das Wissen um die Grundelemente der Situation und das Gewohnheitswissen im Wissensvorrat . . . . . . . . . . . 193

b) Die Vertrautheit der Wissenselemente . . . . . . . . . . . . . . 196i) Die Stufen der Vertrautheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196ii) Vertrautheit und Typik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

c) Die Bestimmtheit der Wissenselemente . . . . . . . . . . . . . 208d) Die Verträglichkeit zwischen Wissenselementen . . . . . . 216e) Die Glaubwürdigkeit der Wissenselemente . . . . . . . . . . 222f) Über die Struktur des Nichtwissens . . . . . . . . . . . . . . . . 228

i) Die Beschränkungen des Wissensvorrats und die relative Undurchsichtigkeit der Lebenswelt . . . . . . . . 228

ii) Die grundsätzliche Undurchschaubarkeit der Lebenswelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

iii) Die Lücken im Wissensvorrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238iv) Nichtwissen als potentielles Wissen . . . . . . . . . . . . . . 243

g) Die Konturen des Selbstverständlichen . . . . . . . . . . . . . 246B. Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252

1) Wissen, Relevanz und das Beispiel des Carneades . . . . . . . . 2522) Thematische Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258

a) Erzwungene Aufmerksamkeit(»Auferlegte« thematische Relevanz) . . . . . . . . . . . . . . . . 258

b) Freiwillige Zuwendung (»motivierte« thematische Relevanz) . . . . . . . . . . . . . . . . 263i) Themenwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263ii) Themenentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266

c) Hypothetische Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2693) Interpretationsrelevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272

a) Routinemäßige Deckung zwischen Thema und Wissens-elementen (»auferlegte« Interpretationsrelevanz) . . . . . . 272

b) Problemauslegung (»Motivierte« Interpretationsrelevanz) . . . . . . . . . . . . . . 277

8

4) Motivationsrelevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .286a) Der Entwurf des Handelns

(Motivation im Um-zu-Zusammenhang) . . . . . . . . . . . .286b) Die biographische Bedingtheit der Einstellung

(Motivation im Weil-Zusammenhang) . . . . . . . . . . . . . .2955) Die Verflochtenheit der Relevanzstrukturen . . . . . . . . . . . .305

C. Typik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3131) Wissensvorrat, Relevanz und Typik . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3132) Typik und Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3183) Das A-Typische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3204) Typik und Vorhersage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .323

Kapitel IVWissen und Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329

A. Die gesellschaftliche Bedingtheit des subjektiven Wissensvorrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3311) Die sozialen Vorgegebenheiten der

biographischen Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .331a) Die Sozialstruktur »hinter« den frühesten

Wir-Beziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .331b) Die Sprache und die relativ-natürliche Weltanschauung

in den frühesten Wir-Beziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . .3362) Die gesellschaftliche Bedingtheit der subjektiven

Relevanzstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .342a) Abhängigkeit der subjektiven Relevanzen von den

Gegebenheiten der sozialen Situation . . . . . . . . . . . . . . .342b) Die »Sozialisierung« der Interpretations- und

Motivationsrelevanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .348B. Die Entstehung des gesellschaftlichen Wissensvorrats . . . . . . . .355

1) Der subjektive Ursprung gesellschaftlichen Wissens . . . . . . .3552) Voraussetzungen der Vergesellschaftung

subjektiven Wissens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .358a) »Objektivierungen« des subjektiven Wissenserwerbs . . . .358b) »Objektivierungen« subjektiven Wissens in Anzeichen. . .362c) Erzeugnisse als »Objektivierungen« subjektiven Wissens .367d) »Objektivierungen« subjektiven Wissens in Zeichen . . . .375

3) Die Vergesellschaftung »objektivierten« Wissens . . . . . . . . .387a) Soziale Relevanz des Wissens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .387

9

b) Soziale Vermittlung des Wissens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393c) Soziale Anhäufung des Wissens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398d) Über die Entwicklung höherer Wissensformen . . . . . . . 403

C. Die Struktur des gesellschaftlichen Wissensvorrats . . . . . . . . . . 4101) Gesellschaftlicher Wissensvorrat und soziale

Verteilung des Wissens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4102) Formale Typen der sozialen Verteilung des Wissens . . . . . . 412

a) Die Unmöglichkeit gleichmäßiger Verteilungen . . . . . . 412b) Einfache soziale Verteilung des Wissens . . . . . . . . . . . . . 414c) Komplexe soziale Verteilung des Wissens . . . . . . . . . . . . 419

3) Über den Wandel der sozialen Verteilung des Wissens . . . . 425D. Die subjektiven Entsprechungen des gesellschaftlichen

Wissensvorrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4281) Der gesellschaftliche Wissensvorrat als subjektiver Besitz,

als ideale Sinnstruktur und als Gegenstand subjektiver Erfahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428

2) Über den historischen Wandel der subjektiven Entsprechungen der sozialen Verteilung des Wissens . . . . . 434a) Subjektive Entsprechungen der einfachen sozialen

Verteilung des Wissens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434b) Subjektive Entsprechungen der komplexen sozialen

Verteilung des Wissens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437

Kapitel VLebenswelt als Bereich der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445

A. Handeln und Handlungsverstehen als Bewußtseinsleistung . . . 4471) Erlebnis, Erfahrung, Handlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4472) Der subjektive und der objektive Sinn des Handelns . . . . . . 451

a) Handeln und Zurechnungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 451b) Handeln und Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454

3) Denken und Wirken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4564) Arbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4615) Die Zeitstruktur des Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4656) Entwürfe und Einstellungen

(Handeln im Um-zu- und Weil-Motiv) . . . . . . . . . . . . . . . 471B. Der Entwurf: Möglichkeiten, Pläne und die Wahl . . . . . . . . . . 476

1) Phantasieren und Entwerfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4762) Durchführbarkeiten und Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480

10

3) Der Zweifel und die Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .484a) Der Zweifel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .484b) Die Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .487

4) Die Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .490a) Offene und problematische Möglichkeiten . . . . . . . . . . .490b) Das Wählen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .496c) Gesellschaftliche Bedingungen der Wahl . . . . . . . . . . . .505

C. Das Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5121) Der Entschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5122) Der Verlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .516

a) Anfang und Ende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .516b) Die Schrittfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .522c) Veränderungen im Vollzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .525

D. Vernünftiges Handeln, vernünftige Handlungen . . . . . . . . . . .5291) Vernünftiges Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5292) Vernünftige Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .536

E. Gesellschaftliches Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5411) Handeln in Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .541

a) Der vergesellschaftete Handelnde . . . . . . . . . . . . . . . . . .541b) Gesellschaftlich ausgerichtetes Handeln . . . . . . . . . . . . .544

2) Formen gesellschaftlichen Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . . .548a) Unmittelbarkeit und Vermittlung;

Einseitigkeit und Wechselseitigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . .548b) Einseitig unmittelbares Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . .551

i) Wirken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .551ii) Denken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .554

c) Wechselseitig unmittelbares Handeln . . . . . . . . . . . . . . .556d) Wechselseitig mittelbares Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . .572e) Einseitig mittelbares Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .577

3) Gesellschaftliches Handeln und soziale Beziehungen . . . . . .582

Kapitel VIGrenzen der Erfahrung und Grenzüberschreitungen:Verständigung in der Lebenswelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587

A. Die Grenzen der Lebenswelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5891) Grenzen im Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5892) Grenzen der Erfahrung, Erfahrung der Grenzen . . . . . . . . .593

11

3) Die »kleinen« Transzendenzen im Alltag . . . . . . . . . . . . . . . 5984) »Mittlere« Transzendenzen: die Anderen . . . . . . . . . . . . . . . 602

a) Mitmenschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 602b) Zeitgenossen und die Generationen . . . . . . . . . . . . . . . . 610

5) Die »großen« Transzendenzen: andere Wirklichkeiten . . . . 614a) Abkehr vom Alltag in Schlaf und Traum . . . . . . . . . . . . 614b) Abkehr vom Alltag im Wachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 619

i) Halbwachheit und Tagtraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 619ii) Ekstasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622

c) Abstand vom Alltag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625i) Krisen und Tod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625ii) Theoretische Einstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 631

B. Grenzüberschreitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6341) Appräsentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6342) Anzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6413) Merkzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6434) Zeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6455) Symbole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 653

C. Verständigung in der Lebenswelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6591) Die Konstitution der Sprache in der alltäglichen

Wirklichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6592) Sprache als gesellschaftliches Bedeutungssystem . . . . . . . . . 6663) Sprache und Gesellschaftsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6684) Die gesellschaftliche Verteilung der Sprache und deren

subjektive Korrelate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 670

Namenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 673

Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 674

Verzeichnis der angeführten Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . 691

13

Vorwort*

THOMAS LUCKMANN

Alfred Schütz starb im Frühjahr 1959 mit 61 Jahren. Der Todüberraschte ihn mitten in den Vorbereitungen zu einem Buch,das er lange geplant und für das er im Jahr vor seinem Tod inten-sive Vorarbeiten begonnen hatte. Die Absicht, die seine Arbeitfür dieses vorantrieb, lag in dem Wunsch, seine Untersuchungenzu den Strukturen der Lebenswelt zusammenzufassen und dieErgebnisse – bislang noch in unterschiedlichen Publikationenverstreut – als zusammenhängende Argumentation vorzulegen.

Dieses Buch also, die Strukturen der Lebenswelt, wurde unterungewöhnlichen Umständen geschrieben. Die Pläne, die Schützzum Zeitpunkt seines Todes entworfen hatte, waren bereits so-weit gereift, daß sie die Hauptlinie des Arguments zeigten undsowohl detaillierte Hinweise auf die Veröffentlichungen und de-ren Einbeziehung in das Buch einschlossen, als auch Entwürfeund aide-mémoires zu Analysen, die noch zu leisten blieben. Beiden Diskussionen, die seine Witwe und ich über dieses Materialführten, waren wir beide von dem Wert und der Nützlichkeitüberzeugt, die seine Publikation für die Schütz-Schüler bringenwürde, ebenso wie für alle jene, denen an einer exakten Rekon-struktion und angemessenen Interpretation des philosophischenund soziologischen Werkes von Schütz lag. Wir waren uns je-doch klar darüber, daß eine derartige posthume Veröffentlichungauch nicht annähernd die Absichten erreichen konnte, dieSchütz bei seiner eigenen Konzeption des Buches geleitet hatten.Als ein ehemaliger Schüler, dessen Denken entscheidend vonSchütz beeinflußt worden war, willigte ich ein, diese Aufgabedort weiterzuführen, wo er selbst hatte aufgeben müssen. Ich be-fürchtete, daß ich mich auf ein schwieriges Unterfangen eingelas-sen hatte – wie schwierig es tatsächlich war, sollte sich erst nocherweisen.

Die Strukturen der Lebenswelt zu Ende zu bringen, brachteeine doppelte Schwierigkeit mit sich: einerseits die posthume

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Herausgabe des Manuskripts eines großen Lehrers durch seinenSchüler, andererseits die problematische Zusammenarbeit zwi-schen zwei ungleichen Autoren. Einer war tot, der andere leben-dig; einer blickte auf die Ergebnisse jahrelanger, außerordentlichkonzentrierter Bemühungen zurück, die der Lösung derjenigenProbleme gewidmet waren, die in dem Buch zur abschließendenDarstellung gelangen sollten, der andere war der Nutznießer die-ser Bemühungen; einer war der Lehrer, bis zu seinem Tode stän-dig bereit, seine Analysen zu revidieren, der andere war der Schü-ler, der zwar nur zögernd manches in den Schriften des Lehrerseiner Revision unterziehen mochte, aber manchmal - durch einim Sinne seines Lehrers konsequentes Weiterdenken der Analy-sen -gezwungen war, einen Gedanken zu seinen Ursprüngen zu-rückzuverfolgen und gelegentlich neu anzusetzen.

Einerseits ist dieses Buch die Summe aus Schütz’ Leben unddamit sein Buch allein. Andererseits ist es der zusammenfassendeHöhepunkt der Arbeit vieler Autoren, unter denen Schütz derWichtigste ist und ich nur der Letzte. Die Analyse der Strukturendes Alltagslebens wird in diesem Buch selbstverständlich nicht zuEnde geführt. Sie bleibt die nie endende Aufgabe einer philoso-phia perennis und einer historischen Gesellschaftstheorie.

Seit sein erstes großes Werk, Der sinnhafte Aufbau der sozialenWelt vom Springer-Verlag 1932 in Österreich veröffentlicht wor-den war, hatte Schütz seine Studien an der Grenze zwischen Phi-losophie und Soziologie fortgeführt. In seinem GeburtslandÖsterreich, das auch das Land seiner Kindheit, seiner Jugend unddes Militärdienstes im I.Weltkrieg war, hatte er Recht, Ökono-mie und Philosophie studiert und die ersten Berufserfahrungenauf dem juristischen Sektor des Bankwesens gesammelt. Zwi-schen Schütz’ erstem Buch (dem einzigen, das zu seinen Lebzei-ten veröffentlicht wurde) und dem Entwurf für ein zweites liegtein Vierteljahrhundert. In dieser Zeit begegnete er EdmundHusserl, der sein Buch mit großem Wohlwollen gelesen hatteund ihm anbot, sein Assistent in Freiburg zu werden – ein Ange-bot, das Schütz ablehnen mußte. Es waren die Jahre, in denensich Faschismus und Nazismus langsam aber unaufhaltsam aus-

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breiteten. Vor Hitlers Einmarsch in Österreich ging Schütz nachParis. 1939 emigrierte er zusammen mit seiner Frau in die Verei-nigten Staaten, wo beide unter ihnen fremden Bedingungen eineneue Existenz aufbauten. Darin teilte er das Schicksal vieler an-derer europäischer Gelehrter. Ungewöhnlich war jedoch, daß erin seiner neuen Heimat neben einer wirtschaftsjuristischen Lauf-bahn seine Forschungen fortsetzte und an der »Graduate Facultyder New School for Social Research« in New York zu lehren be-gann – einer Institution, die unter der Schirmherrschaft Alvin W.Johnsons zur Zuflucht für manchen emigrierten Wissenschaftlergeworden war. Erst in den letzten Jahren seines Lebens schränkteSchütz seine vielen anderen Aktivitäten ein, zugunsten einer Pro-fessur, die er ab 1952 an dieser Institution einnahm.

So turbulent diese 25 Jahre in Schütz’ Leben auch gewesensein mochten, sie waren dennoch ausgefüllt mit intensiver For-schung zur Begründung der Sozialwissenschaften. Zunehmendwar er davon überzeugt, daß eine adäquate Lösung für methodo-logische Grundprobleme der Humanwissenschaften nur in einerexakten Beschreibung der spezifisch menschlichen Konstitutiondes Gegenstandsbereichs dieser Wissenschaften zu suchen sei.Seine frühe Überzeugung, daß Husserls Phänomenologie einekonsequente Methode zur deskriptiven Analyse der Konstitutionvon Alltagswelt im menschlichen Erfahrungsbereich bereitstellte,bestätigte sich für Schütz in seinen späteren Arbeiten. Er sah, wieerfolgreich die phänomenologische Methode auf die sozialeWelt, dieses Ergebnis menschlicher, symbolischer Handlungenund materieller Arbeit, angewandt werden konnte. Schütz grün-dete seine Arbeit auf das Werk Husserls. In seinem Bemühen, dieBeziehungen zu erhellen, die zwischen sozialwissenschaftlichenMethoden und Theorien und ihrem empirischen Fundament,der Alltagswelt, herrschen, nahm er jedoch Gedanken des spätenHusserl vorweg und wandte sie auf die Sozialwissenschaften an –Gedanken, die erst nach der Veröffentlichung der wichtigsten»Krisis«-Manuskripte in Die Krisis der europäischen Wissenschaf-ten und die transzendentale Phänomenologie (1954) bekannt wer-den sollten.

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Schütz war jedoch nicht nur ein Philosoph phänomenologi-scher Provenienz. Er war ebenso ein Sozialwissenschaftler, dessenAusbildung Recht, Ökonomie und Soziologie umfaßte. Er teilteMax Webers methodologischen Individualismus und erkanntedie strategische Bedeutung einer adäquaten Handlungstheoriefür die sozialwissenschaftliche Methodologie. Unter diesemAspekt bildet Schütz’ Arbeit eine eindrucksvolle Fortsetzung undWeiterentwicklung eines Weberschen Anliegens. Es kann aller-dings kein Zweifel darüber bestehen, daß Schütz‘ eigenständigeGedanken und systematische Untersuchungen auf neues Gebietführten, wohin ihm wahrscheinlich weder Husserl noch Weberhätten folgen können oder wollen – der eine nicht, weil seine Be-schäftigung mit sozialwissenschaftlichen Problemen seinerKenntnis der Naturwissenschaften und seiner Beherrschung vonMathematik und Logik weit unterlegen war, der andere nicht,weil sein Denken sich nie ganz von konventionellen Prämissender neu-kantianischen Philosophie lösen konnte. Auf jenem neu-en Gebiet leistete Schütz Pionierarbeit, und eine Generation jün-gerer Wissenschaftler verfolgte Linien, die von ihm vorgezeich-net wurden.

Die mehr als dreißig Essays, die auf Der sinnhafte Aufbau dersozialen Welt folgten und noch zu seinen Lebzeiten erschienen,wurden, mit Ausnahme einiger weniger Aufsätze, die in deut-scher, französischer und spanischer Sprache veröffentlicht wur-den, auf englisch in verschiedenen philosophischen und soziolo-gischen Zeitschriften und Sammelbänden publiziert**. Sie be-handeln ein breites Spektrum von Problemen. Gewidmet sinddie Untersuchungen sowohl Fragen der Konstitution von Inter-subjektivität, von Zeichen und Symbolen, der Bedeutung derSprache und der Typisierungen im Aufbau gesellschaftlichenWissens, der Grundstruktur sozialen Handelns, den ,,vielfälti-gen“ Wirklichkeiten als Bestandteilen der Lebenswelt und derMethodologie der Sozialwissenschaften. Unter den Aufsätzenfinden sich zudem kritische Diskussionen der Position von Wil-liam James, Max Scheler, Jean-Paul Sartre und Husserl. Die An-lage und Auffächerung der Themen zeigen deutlich die Interes-

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sen eines ausgreifenden Geistes – obwohl die äußere Form derhier und dort verstreuten Publikationen zunächst den oberfläch-lichen Eindruck eines fragmentarisch gebliebenen Werkes zu ver-mitteln schien.

Dieser Eindruck ist irreführend. Die Grundkonzeption desSchützschen Denkens, wie sie sich in Der sinnhafte Aufbau der so-zialen Welt darbietet, war für neue intellektuelle Anregungenzwar offen, konnte durch Einflüsse, wie zum Beispiel die Begeg-nung mit dem amerikanischen Pragmatismus und besonders mitWilliam James und George Herbert Mead bereichert, jedochnicht in ihrem Kern verändert werden. Dem aufmerksamen Le-ser der Essays wird nicht entgehen, daß sich Schütz’ Werk in dieRichtung weiterentwickelt, für die sein erstes Buch durchaus alsWegzeichen gelten kann.

Am deutlichsten aber zeigt sich die Einheit seines Denkens imVergleich von Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt mit demEntwurf zu den Strukturen der Lebenswelt. Die Untersuchungen,die Schütz in den fünfundzwanzig Jahren zwischen seinem erstenBuch und dem Plan für sein zweites beschäftigten, können alsVariationen des ursprünglichen Leitmotivs betrachtet werden,vielleicht als Umsetzungen in eine andere Tonart, oder gelegent-lich auch Ausarbeitung und Akzentuierung von Themen, dieeinmal Nebenmotive waren. Blickt man auf diese Periode mitdem Konzept des späteren Plans vor Augen zurück, so könnenSchütz’ Forschungen jener Zeit auch als das erneute Hinwendeneines einzigartig konsistenten Geistes zu Problemen interpretiertwerden, die in seinem früheren Werk schon als Themen aufge-taucht oder berührt worden waren. Die endgültige Zusammen-fassung seiner Gedanken und seiner Arbeit, die als systematischeBeschreibung von Alltagswelt als sozialer Wirklichkeit entworfenwar, sollte ganz eindeutig auf der Lösung jener Probleme beru-hen. Die außerordentlich genauen Analysen der Objektivierun-gen menschlicher Bewußtseinstätigkeit und deren wichtigsterErgebnisse, nämlich der Bedeutung von Typisierungen und vonZeichen und Symbolen in intersubjektiver Kommunikation, wa-ren offensichtlich notwendige Voraussetzungen für diese Zusam-

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menfassung. Ausgehend von Husserls und seiner eigenen Analyseder menschlichen Orientierung in Zeit und Raum und von sei-nen Untersuchungen über die Erfahrung der Beteiligten an einer»face-to-face« Situation, deckte Schütz schrittweise jene elemen-taren Strukturen des Alltagslebens auf, die sozialer Erfahrung,Sprache, sozialem Handeln und der komplexen historischenWelt menschlichen Lebens überhaupt zugrundeliegen.

Es ist jedenfalls auch in wissenschaftlicher Hinsicht bedauer-lich, daß Schütz seine Pläne nicht zu Ende führen konnte. DerenAbschluß hätte als terminus ad quem seines Lebens als Philosophund Soziologe die Vollendung seines Lebenswerks gebildet.Wahrscheinlich ist es müßig, sich vorstellen zu wollen, wie letzt-lich der Aufbau und die endgültigen Formulierungen seines Bu-ches ausgesehen hätten, wäre ihm die Zeit gegeben worden, es zuvollenden. Eines mag sich von selbst verstehen, muß aber hierdennoch betont werden: Dieses Buch kann nicht so sein, wie esgewesen wäre, hätte es Schütz selbst vollendet. Ja, es ist nicht ein-mal so, wie ich denke, daß er es geschrieben hätte. Ein völligesAufgehen meiner eigenen Gedanken und Arbeiten in seinerKonzeption war weder möglich, noch hätte Schütz es unter dengegebenen Umständen wollen können, dessen bin ich mir sicher.Ich habe mich jedoch bemüht, der eigentlichen Intention seinesEntwurfs so getreu wie möglich zu folgen: der Analyse der Struk-turen der Lebenswelt. Die folgende Einteilung entspricht demursprünglichen Plan der Kapitel und Abschnitte:

KAPITEL I: Die Lebenswelt der natürlichen EinstellungA. Als unbefragter Grund der natürlichen Ein-

stellungB. Das fraglos Gegebene und das ProblematischeC. Als Struktur für das erlebende SubjektD. Entwürfe und Durchführbarkeiten

KAPITEL II: Aufschichtungen der LebensweltA. RäumlichB. Zeitlich

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C. SozialD. Wirklichkeitsbereiche mit geschlossener

SinnstrukturE. Zeichen- und SymbolsystemeF. Relevanz-Bereiche

KAPITEL III: Wissen von der Lebenswelt. Relevanz und TypikA. Zuhandener Wissensvorrat und seine StrukturB. Die SituationC. An Handlungsentwurf gebundenes InteresseD. RelevanzE. TypisierungF. Typik, Erfahrungsvorrat, ZukunftswissenG. Relevanz-bedingte TypikH. Typen in der sozialen WeltI. Sozialisation bei der Entwicklung von Typen

KAPITEL IV: Die Lebenswelt als der Bereich der PraxisA. Verhalten, Handeln, MotivB. Der HandlungsentwurfC. Die Wahl zwischen EntwürfenD. Wechselseitiges HandelnE. Interpretation von HandlungenF. Handlungen in der Umwelt und der Welt der

ZeitgenossenG. Rationales Handeln

KAPITEL V: Die transzendenten Elemente der Lebensweltund ihre Bewältigung durch Zeichen und Sym-boleA. Einleitung: Zeichen und Symbole als

Bestandteile der LebensweltB. Überblick über die Abhandlung des Problems

in der LiteraturC. Husserls Theorie der Appräsentation weiter-

entwickelt und angewandtD. Bergsons Theorie verschiedener Ordnungen

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E. Zeichen und die Erfahrung von Transzendenz(I): Das einsame Ich

F. Zeichen und die Erfahrung von Transzendenz(II): intersubjektiv

G. Die fraglos gegebene Welt interpretativ ver-mittelt durch Zeichen: Verstehen, Vergegen-wärtigung, Verständigung

H. Transzendenz von Natur und GesellschaftDie vielfältigen Wirklichkeiten: Symbol

I. Symbol und Gesellschaft

KAPITEL VI: Die Wissenschaften von der LebensweltA. Lebenswelt als der unbefragte Boden der Wis-

senschaftB. Zu einer Phänomenologie der natürlichen

EinstellungC. Naturwissenschaft und SozialwissenschaftD. Die Frage nach dem Gegenstand der Sozial-

wissenschaftE. Der Soziologe und seine SituationF. Lebensweltliche und wissenschaftliche Inter-

pretation der sozialen WeltG. Postulate sozialwissenschaftlicher Konstruk-

tionenH. Die Einheit der Wissenschaft und das Pro-

blem der Kontinuität

Ich bin der Grundstruktur des Schützschen Entwurfes gefolgt,allerdings mit zwei wesentlichen Abweichungen. Das dritte Ka-pitel über den subjektiven Wissensvorrat hat einen etwas andereninneren Aufbau als das von Schütz entworfene; bedeutsamer ist,daß zwei relativ untergeordnete Abschnitte der ursprünglichenKonzeption dieses Kapitels – über die Typisierungen sozialerRealität und über die Sozialisation von Typen – ausführlicherdargestellt worden sind. Zusatzanalysen der Probleme, die in die-sen Abschnitten entworfen wurden, zeigten bald die Notwendig-

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keit einer systematischen Behandlungsweise. Das Ergebnis ist einvöllig neues Kapitel: das gegenwärtige Kapitel über Wissen undGesellschaft. Die andere wesentliche Veränderung ergab sich ausmeinem Entschluß, das von Schütz geplante Schlußkapitel überdie Methodologie der Sozialwissenschaften aufzugeben. Schütz’Entwürfe waren nicht wesentlich über das hinausgegangen, wasschon in dem Essay über »Common sense und die wissenschaftli-che Interpretation menschlichen Handelns« systematisch ent-wickelt wurde; noch liefern sie ausreichende Hinweise, wie erdarüber hinaus vorzugehen beabsichtigte. Deshalb hätte ich dieAnalyse dieses Problems wahrscheinlich nicht im Sinne vonSchütz erfolgreich entwickeln können. Meine eigenen Überle-gungen zu diesem Thema habe ich andernorts dargelegt.

Häufig habe ich jedoch auch die Details der SchützschenKonzeption der einzelnen Kapitel übernommen. Wo dies nichtgeschehen ist, lag es an analyse-immanenten Bedingtheiten undan der Systematisierung der Darstellung. Ich sollte hinzufügen,daß Schütz selbst sicherlich nicht gezögert hätte, Änderungendieser Art vorzunehmen. Als eine Art »Nachfolgeautor« mußteich natürlich alle Änderungen, für die er nur einen Gedanken be-nötigt hätte, zweimal überdenken. Diese Abweichungen könnenhier nicht einzeln aufgeführt werden. Ohnehin hätte ich es selbstals schwierig empfunden, den Grad der Buchstabentreue gegen-über den Details des ursprünglichen Planes in allen Fällen genauzu rekonstruieren.

Interessierte Leser und Forscher, die eine genauere Kenntnisder Entwicklung des Schützschen Werks erwerben wollen, undschließlich alle, die die Angemessenheit meines Versuchs der Ver-wirklichung seiner Absichten abschätzen und gegenüber Abwei-chungen der Ausführung abwägen wollen, seien auf die Original-Manuskripte verwiesen. In der ursprünglichen zweibändigenAusgabe der Strukturen der Lebenswelt im Suhrkamp Verlag wur-den die ursprünglichen Entwürfe von Schütz, seine Arbeitspapie-re und alle anderen relevanten Manuskripte dem zweiten Bandangefügt. Nachdem die UVK Verlagsgesellschaft die Neuausga-be der Strukturen der Lebenswelt übernommen hat, die als UTB-

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Taschenbuch erscheinen, habe ich mit dem Verlag und mit denHerausgebern der Alfred Schütz Werkausgabe im Einverständnismit Frau Evelyn Lang, der Enkelin von Alfred Schütz, vereinbart,daß das Buch in einem Band erscheinen wird und daß der An-hang mit den anderen Lebensweltmanuskripten von Schütz inder Alfred Schütz Werkausgabe gesondert veröffentlicht werdensoll. An dieser Stelle sei mit großem Dank Martin Endreß er-wähnt, der vor der Drucklegung dieser Ausgabe den Text noch-mals sorgfältig durchgesehen hat.

Für die allgemeine Orientierung des Lesers wird es jedochnützlich sein, an dieser Stelle eine Vorstellung der Art und Weisedes Schützschen Entwurfes zu vermitteln und die Arbeitspapiereund Manuskripte kurz zu charakterisieren. Der Entwurf bestehtaus Karteikarten verschiedener Farben. Die Farben wurden be-nutzt, um Unterschiede zwischen kapitelumfassenden Karten,abschnitts- und unterabschnittsbezogenen Karten sowie nume-rierten Verweiskarten, die sich auf verschiedene Schriften bezie-hen, anzuzeigen). Die Arbeitspapiere und Manuskripte bestehenaus Referenzen und Exzerpten von Husserls MSS in Louvain(Serie A: 6001-6073), Buffalo (B 15: 6100-6159 und B 16:6160-6186) und Exzerpten aus Husserls ›Krisis‹ (7001-7076).Es gibt auch einen Hinweis auf den »Brief Boehm«. Des weite-ren enthält eine Anzahl der in die allgemeine Konzeption einge-arbeiteten Karten Referenzen zum »Großen Relevanzmanu-skript« (das später von Richard Zaner herausgegeben und aufEnglisch unter dem Titel Reflections on the Problem of Relevance,New Haven: Yale University Press, 1970, und auf Deutsch alsDas Problem der Relevanz, Frankfurt: Suhrkamp 1971 posthumveröffentlicht wurde), wie auch Hinweise auf den Abschnitt Xdes Relevanz-Manuskripts und zum Manuskript über die »Leer-stelle«, das ihm angefügt ist. Die Manuskripte, die ausdrücklichals vorbereitende Schriften für die Strukturen konzipiert sind,bestehen aus sechs in deutscher Sprache abgefaßten Notizbü-chern. Schütz beabsichtigte, das Buch deutsch zu schreiben, unddies ist wahrscheinlich der Grund dafür, daß er auch die vorbe-reitenden Arbeiten in dieser Sprache abfaßte. Dies war auch für

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mich der Anlaß, mich beim Schreiben dieses Buches der deut-schen Sprache zu bedienen.

Die Notizbücher enthalten Materialien von unterschiedlicherWichtigkeit. Zum Teil bestehen sie aus deutschen Übersetzun-gen von Begriffen und ganzen Abschnitten aus Schütz’ engli-schen Artikeln, kurzen Exzerpten von – und »aide-mémoires« zu– Publikationen anderer Autoren, welche Probleme abgehandelthatten, mit denen Schütz sich beschäftigte, und aus einigen de-taillierten Entwürfen für die Umstrukturierung von Analysen ausseinem veröffentlichten Werk, die offensichtlich in der Absichtniedergeschrieben worden waren, diese besser in das Schema desgeplanten Buches einzufügen. Diese Entwürfe wurden zum Teilin der detaillierten Skizzierung der Kapitel und Abschnitte auf-gegriffen, die er später in den erwähnten Indexkarten festhielt.Von größerer Bedeutung ist, daß die Notizbücher einige Analy-seabschnitte seiner schon veröffentlichten Schriften revidieren;die Revisionen reichen manchmal über das rein Stilistische hin-aus. Am wichtigsten jedoch ist, daß sie auch Entwürfe neuerAnalysen enthalten und offene Probleme feststellen, deren Lö-sung später nachzuholen sei.

MS I (Bar Habor, Me., 1957) befaßt sich hauptsächlich mitder Relevanz-Theorie; MS II (Seelisberg, Schweiz, 12. bis 16.August 1958) diskutiert vorwiegend die Handlungstheorie undgeht auf »Common Sense and the Scientific Interpretation ofHuman Action«, »Choosing Among Projects of Action« und»Concept and Theory Formation in the Social Sciences« zurück;MS III (Seelisberg, 17. und 18. August 1958) greift dasselbe Pro-blem auf und bezieht sich gleichfalls in erster Linie auf die ge-nannten Artikel; MS IV (Seelisberg 19. bis 27. August 1958) be-schäftigt sich vor allem mit den Problemen der Kommunikati-onstheorie und basiert auf »Symbol, Reality and Society«; MS V(Minnewaska, N.Y., 26. Oktober bis 9. November 1958) grün-det wieder auf demselben Artikel und behandelt dasselbe Pro-blem, stößt aber auch zu Problemen vielfältiger Wirklichkeiten,dem »Transzendenzproblem« und erneut zur Relevanz-Theorievor; MS VI (New York, 9. bis 14. November 1958) ist eine Fort-

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setzung von V. Die Notizbücher wurden von Frau Schütz tran-skribiert.

Die Geschichte meiner eigenen Verflechtung mit den Struktu-ren der Lebenswelt durchzieht den größten Teil meiner späterenStudien- und frühen Forschungs- und Lehrjahre, ist aber schnellerzählt. Nach einigen Jahren des Studiums der Linguistik, Lite-ratur, Psychologie und Philosophie an verschiedenen Orten kamich Anfang der fünfziger Jahre nach New York, um erst Philoso-phie und später Soziologie an der »Graduate Faculty of the NewSchool for Social Research« zu studieren. Unter meinen Lehrernwaren Karl Löwith, Kurt Riezler, Kurt Goldstein, Dorion Cairnsund drei Wissenschaftler, die mein späteres Denken unmittelbarbeeinflußt haben. Einer war Carl Mayer, ein hervorragender MaxWeber-Fachmann und Religionssoziologe, dessen großer Einflußhauptsächlich über seine Lehrveranstaltungen zum Tragen kam.Der zweite war Albert Salomon, dessen große Leidenschaft derGeschichte der politischen und sozialen Ideen galt und dessentiefes Wissen Studenten verschiedenster intellektueller Herkunftbegeisterte. Der dritte war Alfred Schütz.

Ich habe viel von diesen Männern gelernt und sehe mich au-ßerstande, ihren Einfluß auf mein eigenes Denken säuberlichaufzuteilen. Eine Möglichkeit es dennoch zu tun, allerdings so-zusagen ex negativo, gibt es vielleicht. Seitdem ich mehrere Jahrean Schütz’ Seminaren teilnahm, mit ihm über Skizzen einigermeiner eigenen frühen Arbeiten korrespondierte, seine Schriftenimmer wieder las, für die englische Veröffentlichung ein Schlüs-selkapitel aus seinem Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt bear-beitete, Einführungen und Diskussionen zu seinen Werkenschrieb, die Ergebnisse seiner Analysen in meine eigenen Schrif-ten einflocht und schließlich jahrelang an den Strukturen der Le-benswelt arbeitete, gibt es ganze Bereiche in meinem Denken, be-sonders auf dem Gebiet der Handlungs- und Kommunikations-theorie, bei denen ich schwerlich mit Sicherheit sagen könnte,was nicht von Schütz stammt.

Beim Erzählen der Geschichte jener Jahre möchte ich die Ge-legenheit nicht ungenutzt lassen, Aron Gurwitsch zu danken, der

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zwar – formal gesehen – nie mein Lehrer war, aber von dem ichtrotzdem viel gelernt habe, besonders während wir in der erstenHälfte der sechziger Jahre Kollegen an der »Graduate Faculty ofthe New School for Social Research« waren (ich erinnere michgerne an ein gemeinsames Seminar über Schütz). Danken möch-te ich ihm für die aufmerksame Lektüre früher Skizzen zu einemGroßteil dieses Buches. Auf sein Anraten habe ich einen ganzenAbschnitt über die Grenzen der sozialen Welt aus dem Manu-skript herausgenommen. Ich war zu Schlußfolgerungen gekom-men, mit denen, wie Gurwitsch feststellte, Schütz vermutlichnicht übereingestimmt hätte. Es wurde veröffentlicht in Pheno-menology and Social Reality: Essays in Memory of Alfred Schütz,1970 bei Nijhoff in Den Haag von Maurice Natanson herausge-geben.

Ein anderer Abschnitt des ersten Bandes wurde zwar nichtherausgenommen, aber umgestellt. Er handelt von Sprache imAlltagsleben und sollte eine Schlüsselstellung in der Analyse überdie Verbindung verschiedener geschlossener Sinnprovinzen amEnde des zweiten Kapitels einnehmen. Während des Schreibensuferte der Abschnitt aus und entwickelte sich zu einer Analyseder Sprachkonstitution im Alltagsleben. Er wurde in das sechsteKapitel aufgenommen, wohin er in der jetzigen Form logischer-weise gehört.

In einen etwas anderen Kontext gestellt, bildet er den Kernmeines Beitrags zu Life-World and Consciousness: Essays for AronGurwitsch, 1972 in Evanston, Ill. herausgegeben von Lester E.Embree bei Northwestern University Press. Allerdings bleibt da-durch die Analyse der Verbindung der geschlossenen Sinnprovin-zen und mithin auch der Schlußteil des zweiten Kapitels unvoll-ständig. Der Leser wird auf das sechste Kapitel verwiesen.

Ich werde diese Gelegenheit nicht nützen, Frau Schütz zudanken, denn das wäre unangebracht. Sie ist zu sehr ein Teil desLebens von Alfred Schütz, auch seines wissenschaftlichen Le-bens, und viel zu eng mit den Bemühungen verbunden, sein Ver-mächtnis Früchte tragen zu lassen, als daß es sich irgend jemand– auch nicht jemand, der eng an diesen Bemühungen teil hatte –

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erlauben dürfte, ihr für etwas zu danken, was jetzt Teil ihres Le-bens ist.

1960, ein Jahr nach dem Tode von Alfred Schütz, kam ich zumeiner alma mater zurück. Ich lehrte dort in dem Department,das Schütz’ Fachbereich gewesen war, bis 1965 und kam 1966noch einmal für ein Semester. Der ursprüngliche Entwurf für dieersten vier Kapitel der Strukturen der Lebenswelt wurde in dieserZeitspanne abgefaßt, das meiste der ersten drei Kapitel währendeines Frei-Semesters 1963/64, das ich im Schwarzwald verbrach-te, zu einer Zeit als meine Frau an einer Doktorarbeit schrieb unddann in Freiburg promovierte. Anschließend lehrte ich bis 1970in Frankfurt. Während dieser Zeit überarbeitete ich die Original-fassung. Die endgültige Fassung wurde dann zu Richard Zanerund H. Tristram Engelhardt Jr. geschickt, die ich als Übersetzerins Englische beanspruchen konnte.

* Die Übersetzung des ursprünglichen, jetzt von mir überarbeiteten Vor-worts stammt von Monika Reif-Hülser.

** Die meisten dieser Veröffentlichungen wurden nach seinem Tod vonNijhoff, Den Haag, zwischen 1962 und 1966 in den drei Bänden seinerCollected Papers versammelt. Als Herausgeber zeichneten nacheinander seinSchüler Maurice Natanson, sein Kollege Arvid Brodersen und seineWitwe, Ilse Schütz.

Kapitel 1Die Lebenswelt des Alltags und die natürliche Einstellung

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A. Die Lebenswelt als unbefragter Boden der natürlichen Weltanschauung

Die Wissenschaften, die menschliches Handeln und Denkendeuten und erklären wollen, müssen mit einer Beschreibung derGrundstrukturen der vorwissenschaftlichen, für den – in der na-türlichen Einstellung verharrenden – Menschen selbstverständli-chen Wirklichkeit beginnen. Diese Wirklichkeit ist die alltägli-che Lebenswelt. Sie ist der Wirklichkeitsbereich, an der derMensch in unausweichlicher, regelmäßiger Wiederkehr teil-nimmt. Die alltägliche Lebenswelt ist die Wirklichkeitsregion, indie der Mensch eingreifen und die er verändern kann, indem erin ihr durch die Vermittlung seines Leibes wirkt. Zugleich be-schränken die in diesem Bereich vorfindlichen Gegenständlich-keiten und Ereignisse, einschließlich des Handelns und derHandlungsergebnisse anderer Menschen, seine freien Hand-lungsmöglichkeiten. Sie setzen ihm zu überwindende Wider-stände wie auch unüberwindliche Schranken entgegen. Fernerkann sich der Mensch nur innerhalb dieses Bereichs mit seinenMitmenschen verständigen, und nur in ihm kann er mit ihnenzusammenwirken. Nur in der alltäglichen Lebenswelt kann sicheine gemeinsame kommunikative Umwelt1 konstituieren. DieLebenswelt des Alltags ist folglich die vornehmliche und ausge-zeichnete Wirklichkeit des Menschen.

Unter alltäglicher Lebenswelt soll jener Wirklichkeitsbereichverstanden werden, den der wache und normale Erwachsene inder Einstellung des gesunden Menschenverstandes als schlichtgegeben vorfindet. Mit ›schlicht gegeben‹ bezeichnen wir alles,was wir als fraglos erleben, jeden Sachverhalt, der uns bis auf wei-teres unproblematisch ist. Daß freilich jederzeit das bishin Frag-lose in Frage gestellt werden kann, ist ein Punkt, mit dem wir unsnoch zu beschäftigen haben werden.

1 Im Sinne Husserls; vgl. seine Ideen II, Den Haag, Nijhoff, 1952, §§ 50,51, bes. S. 185 und 193.

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In der natürlichen Einstellung finde ich mich immer in einerWelt, die für mich fraglos und selbstverständlich »wirklich« ist.Ich wurde in sie hineingeboren und ich nehme es als gegeben an,daß sie vor mir bestand. Sie ist der unbefragte Boden aller Gege-benheiten sowie der fraglose Rahmen, in dem sich mir die Pro-bleme stellen, die ich bewältigen muß. Sie erscheint mir in zu-sammenhängenden Gliederungen wohlumschriebener Objektemit bestimmten Eigenschaften. Die Welt ist für den Menschenin der natürlichen Einstellung niemals eine bloße Ansammlungvon Farbflecken, unzusammenhängenden Geräuschen oder Zen-tren von Kalt und Warm. Die Möglichkeit einer Reduktion derErfahrung auf solches – und die sich daraus ergebende Frage, wiesich solches wieder zu Erfahrungsgegenständen rekonstruiert –begegnet mir nicht in der natürlichen Einstellung, sondern stelltein Problem des spezifisch philosophischen und wissenschaftli-chen Denkens dar.

Ferner nehme ich als schlicht gegeben hin, daß in dieser mei-ner Welt auch andere Menschen existieren, und zwar nicht nurleiblich wie andere Gegenstände und unter anderen Gegenstän-den, sondern als mit einem Bewußtsein begabt, das im wesentli-chen dem meinen gleich ist. So ist meine Lebenswelt von Anfangan nicht meine Privatwelt, sondern intersubjektiv; die Grund-struktur ihrer Wirklichkeit ist uns gemeinsam. Es ist mir selbst-verständlich, daß ich bis zu einem gewissen Maß von den Erleb-nissen meiner Mitmenschen Kenntnis erlangen kann, so z. B.von den Motiven ihres Handelns, wie ich auch annehme, daß dasgleiche umgekehrt für sie mit Bezug auf mich gilt. Wie sich dieseGemeinsamkeit der Lebenswelt konstituiert, welche Struktur siehat und welche Bedeutung sie für soziales Handeln hat, wird ge-nau zu untersuchen sein. Vorerst genügt es, festzustellen, daß iches in der natürlichen Einstellung hinnehme, daß die Gegenstän-de der äußeren Umwelt für meinen Mitmenschen prinzipiell diegleichen sind wie für mich. So ist auch die »Natur«, der Bereichder Außenweltdinge rein als solcher, intersubjektiv. Ferner neh-me ich es als selbstverständlich hin, daß die Bedeutung dieser»Naturwelt« – die schon von unseren Vorfahren erfahren, bewäl-

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tigt, benannt wurde – für meinen Mitmenschen grundsätzlichdie gleiche ist wie für mich, da sie eben auf einen gemeinsamenInterpretationsrahmen bezogen ist. In diesem Sinn ist auch derBereich der Außenweltdinge für mich sozial.

Allerdings besteht meine Lebenswelt nicht nur aus diesem –wiewohl schon auf den Mitmenschen bezogenen – aber als »Na-tur« erlebten Bereich. Denn ich finde nicht nur »Natur«, sondernauch Mitmenschen als Elemente meiner umweltlichen Situationvor. In der natürlichen Einstellung ist es mir selbstverständlich,daß ich auf meine Mitmenschen wirken kann, wie auch, daß sieauf mich wirken können. Ich weiß, daß ich mit ihnen in mannig-fache Sozialbeziehungen treten kann. Dieses Wissen impliziertauch die Annahme, daß sie, meine Mitmenschen, ihre mich ein-schließenden wechselseitigen Beziehungen in einer Weise erfah-ren, die der, in welcher ich sie erfahre, für alle praktischen Zwek-ke hinreichend ähnlich ist.

Da wir auf das phänomenologische Problem der Konstitutionder Intersubjektivität hier nicht eingehen können, müssen wiruns mit der Feststellung begnügen, daß ich in der natürlichenEinstellung des Alltags folgendes als fraglos gegeben hinnehme:a) die körperliche Existenz von anderen Menschen; b) daß dieseKörper mit einem Bewußtsein ausgestattet sind, das dem meinenprinzipiell ähnlich ist; c) daß die Außenweltdinge in meiner Um-welt und der meiner Mitmenschen für uns die gleichen sind undgrundsätzlich die gleiche Bedeutung haben; d) daß ich mit mei-nen Mitmenschen in Wechselbeziehung und Wechselwirkungtreten kann; e) daß ich mich – dies folgt aus den vorangegange-nen Annahmen – mit ihnen verständigen kann; f ) daß eine ge-gliederte Sozial- und Kulturwelt als Bezugsrahmen für mich undmeinen Mitmenschen historisch vorgegeben ist, und zwar in ei-ner ebenso fraglosen Weise wie die »Naturwelt«; g) daß also dieSituation, in der ich mich jeweils befinde, nur zu einem geringenTeil eine rein von mir geschaffene ist. Die alltägliche Wirklich-keit der Lebenswelt schließt also nicht nur die von mir erfahrene»Natur«, sondern auch die Sozial- bzw. Kulturwelt, in der ichmich befinde, ein. Die Lebenswelt besteht nicht erschöpfend aus

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den bloß materiellen Gegenständen und Ereignissen, denen ichin meiner Umgebung begegne. Freilich sind diese ein Bestandteilmeiner Umwelt, jedoch gehören zu ihr auch alle Sinnschichten,welche Naturdinge in Kulturobjekte, menschliche Körper inMitmenschen und der Mitmenschen Bewegungen in Handlun-gen, Gesten und Mitteilungen verwandeln. Nun nennt zwarWilliam James das Subuniversum der sinnlich wahrnehmbarenphysischen Welt die »ausgezeichnete Wirklichkeit« (paramountreality).2 Aus den vorangegangenen Bemerkungen geht aber her-vor, daß es zwingende Gründe gibt, die gesamte Wirklichkeit desAlltagslebens als unsere vornehmliche Realität anzusetzen.

Was uns in der natürlichen Einstellung schlicht gegeben ist,schließt keineswegs nur die Gegenstände der äußeren Wahrneh-mung – rein als solche verstanden – ein, sondern auch die Sinn-schichten niederer Ordnung, dank welcher Naturdinge als Kul-turobjekte erlebt werden. Da allerdings diese Sinnschichten nurdurch Objekte, Tatbestände und Ereignisse der äußeren Welt fürmich Wirklichkeit erlangen, glauben wir, daß unsere Definitionmit der von James nicht unverträglich ist. Wir stimmen mit San-tayana überein, »daß der Geist ohne materielle Mittel und ohneeinen materiellen Anlaß Ideen niemals haben, geschweige dennmitteilen kann. Die Zunge muß sich bewegen; das hörbare kon-ventionelle Wort muß über die Lippen kommen und ein willigesOhr erreichen; die Hände, Werkzeuge oder Pläne haltend, müs-sen intervenieren, um das Projekt auszuführen.«3

Die Lebenswelt, in ihrer Totalität als Natur- und Sozialweltverstanden, ist sowohl der Schauplatz als auch das Zielgebietmeines und unseres wechselseitigen Handelns. Um unsere Zielezu verwirklichen, müssen wir ihre Gegebenheiten bewältigenund sie verändern. Wir handeln und wirken folglich nicht nurinnerhalb der Lebenswelt, sondern auch auf sie zu. Unsere leibli-chen Bewegungen greifen in die Lebenswelt ein und verändernihre Gegenstände und deren wechselseitige Beziehungen. Zu-

2 Principles of Psychology, Band II, New York, Holt, 1890, Kap. XXI.3 Dominations and Powers, New York, Serigner, 1951, S. 146.

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gleich leisten diese Gegenstände unseren Handlungen Wider-stand, den wir entweder überwinden oder dem wir weichen müs-sen. Die Lebenswelt ist also eine Wirklichkeit, die wir durch un-sere Handlungen modifizieren und die andererseits unsereHandlungen modifiziert. Wir können sagen, daß unsere natürli-che Einstellung der Welt des täglichen Lebens gegenüber durch-gehend vom pragmatischen Motiv bestimmt ist.

Jedoch schon in der natürlichen Einstellung ist mir die Weltzur Auslegung aufgegeben. Ich muß meine Lebenswelt zu jenemGrad verstehen, der nötig ist, um in ihr handeln und auf sie wir-ken zu können. Auch das Denken in der lebensweltlichen Ein-stellung ist pragmatisch motiviert. Wir haben schon die haupt-sächlichen Selbstverständlichkeiten, die der natürlichen Einstel-lung zugrunde liegen, angeführt. Wir wenden uns nun noch ei-ner knappen Beschreibung der Struktur des Denkens in der na-türlichen Einstellung zu.

Jeder Schritt meiner Auslegung der Welt beruht jeweils auf ei-nem Vorrat früherer Erfahrung: sowohl meiner eigenen unmit-telbaren Erfahrungen als auch solcher Erfahrungen, die mir vonmeinen Mitmenschen, vor allem meinen Eltern, Lehrern usw.übermittelt wurden. All diese mitgeteilten und unmittelbarenErfahrungen schließen sich zu einer gewissen Einheit in derForm eines Wissensvorrats zusammen, der mir als Bezugsschemafür den jeweiligen Schritt meiner Weltauslegung dient. Alle mei-ne Erfahrungen in der Lebenswelt sind auf dieses Schema bezo-gen, so daß mir die Gegenstände und Ereignisse in der Lebens-welt von vornherein in ihrer Typenhaftigkeit entgegentreten, all-gemein als Berge und Steine, Bäume und Tiere, spezifischer alsGrat, als Eiche, als Vögel, Fische usw.

Wie sich Typisierungen im Wissensvorrat konstituieren, istein Problem, das noch genau zu untersuchen sein wird. In der na-türlichen Einstellung jedenfalls ist es mir selbstverständlich, daßdiese Bäume »wirklich« Bäume sind, für dich und für mich, dieseVögel »wirklich« Vögel usw. Jedes lebensweltliche Auslegen istein Auslegen innerhalb eines Rahmens von bereits Ausgelegtem,innerhalb einer grundsätzlich und dem Typus nach vertrauten


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