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Stoffwechsel von Aminosäuren (AS) · Kapitel: Aminosäuren 1 Stoffwechsel von Aminosäuren (AS)...

Date post: 22-Aug-2019
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Kapitel: Aminosäuren 1 Stoffwechsel von Aminosäuren (AS) Repetition Die Aminosäuren besitzen im Stoffwechsel der Zellen vier Funktionen: Aminosäuren sind die 20 Bausteine für die Biosynthese der Proteine. Wie bei allen Körperbausteinen mit Ausnahme der Desoxyribonucleinsäuren besteht auch bei den Proteinen ein dynamisches Gleichgewicht zwischen Auf- und Abbau. Die Halbwertszeit der einzelnen Proteine schwankt zwischen Minuten und Stunden bei einigen Enzymen, Tagen bis Wochen bei Plasmaproteinen und Monaten bei Strukturproteinen wie dem Kollagen. Die Halbwertszeit wird auch durch das Organ in dem das betreffende Protein zu finden ist, bestimmt. Aus den Aminosäuren entstehen in einem Mehrschrittprozess die Proteine, die charakteristisch für eine Zelle sind und das Proteom darstellen. Der Abbau von Proteinen zu Aminosäuren erfolgt unter dem Einfluss von Proteinasen, die Aminosäureseitenketten erkennen, die sich in Nachbarschaft der gespaltenen Peptidbindung befinden. Im Cytosol sind diese Proteinasen oft Bestandteil von Proteasomen. Aminosäuren wirken als Stickstoff- bzw. Aminogruppendonatoren bei der Biosynthese anderer stickstoffhaltiger Verbindungen wie Purinen, Pyrimidinen, Kreatinphosphat oder Stickstoffmonoxid (NO). Aminosäuren spielen eine grosse Rolle bei der Glucosehomöostase, da neben Metaboliten der Glycolyse und dem aus der Lipolyse stammenden Glycerin nur die glucogenen Aminosäuren als Substrat für die Gluconeogenese zur Verfugung stehen. Aminosäuren wirken im Gehirn als exzitatorische und inhibitorische Neurotransmitter (Glutamat, GABA und Glycin). Abbau der Proteine und Aminosäuren Alle Aminosäuren, die in Proteinen vorkommen, befinden sich auch in freier Form im Blut, in der extrazellularen Flüssigkeit und in den Zellen. Dieser Pool von freien Aminosäuren hat seinen Zufluss aus Nahrungsproteinen, welche im Darm in Aminosäuren zerlegt werden, und aus dem intrazellularen Abbau von körpereigenen Proteinen. Die Aminosäuren des Pools werden einerseits verwendet für den Aufbau körpereigener Proteine und für die Synthese von anderen N-haltigen Verbindungen, andrerseits werden sie bei einem Überangebot zu CO 2 oxidiert und - bei Glucose-Mangel - teilweise zu Glucose verwandelt.
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Kapitel: Aminosäuren

1

Stoffwechsel von Aminosäuren (AS)

Repetition Die Aminosäuren besitzen im Stoffwechsel der Zellen vier Funktionen:

• Aminosäuren sind die 20 Bausteine für die Biosynthese der Proteine. Wie bei allen

Körperbausteinen mit Ausnahme der Desoxyribonucleinsäuren besteht auch bei den

Proteinen ein dynamisches Gleichgewicht zwischen Auf- und Abbau. Die

Halbwertszeit der einzelnen Proteine schwankt zwischen Minuten und Stunden bei

einigen Enzymen, Tagen bis Wochen bei Plasmaproteinen und Monaten bei

Strukturproteinen wie dem Kollagen. Die Halbwertszeit wird auch durch das Organ in

dem das betreffende Protein zu finden ist, bestimmt.

• Aus den Aminosäuren entstehen in einem Mehrschrittprozess die Proteine, die

charakteristisch für eine Zelle sind und das Proteom darstellen. Der Abbau von

Proteinen zu Aminosäuren erfolgt unter dem Einfluss von Proteinasen, die

Aminosäureseitenketten erkennen, die sich in Nachbarschaft der gespaltenen

Peptidbindung befinden. Im Cytosol sind diese Proteinasen oft Bestandteil von

Proteasomen.

• Aminosäuren wirken als Stickstoff- bzw. Aminogruppendonatoren bei der

Biosynthese anderer stickstoffhaltiger Verbindungen wie Purinen, Pyrimidinen,

Kreatinphosphat oder Stickstoffmonoxid (NO).

• Aminosäuren spielen eine grosse Rolle bei der Glucosehomöostase, da neben

Metaboliten der Glycolyse und dem aus der Lipolyse stammenden Glycerin nur die

glucogenen Aminosäuren als Substrat für die Gluconeogenese zur Verfugung stehen.

• Aminosäuren wirken im Gehirn als exzitatorische und inhibitorische Neurotransmitter

(Glutamat, GABA und Glycin).

Abbau der Proteine und Aminosäuren Alle Aminosäuren, die in Proteinen vorkommen, befinden sich auch in freier Form im Blut,

in der extrazellularen Flüssigkeit und in den Zellen. Dieser Pool von freien

Aminosäuren hat seinen Zufluss aus Nahrungsproteinen, welche im Darm in

Aminosäuren zerlegt werden, und aus dem intrazellularen Abbau von körpereigenen

Proteinen. Die Aminosäuren des Pools werden einerseits verwendet für den Aufbau

körpereigener Proteine und für die Synthese von anderen N-haltigen Verbindungen,

andrerseits werden sie bei einem Überangebot zu CO2 oxidiert und - bei Glucose-Mangel -

teilweise zu Glucose verwandelt.

Kapitel: Aminosäuren

2

Umwelt Organismus

Aminosäurenpool

Proteine

Aminosäurenderivate:•Nucleotide•Porphyrine•Kreatin•N-haltige Lipide

C-GerüstAcetoacetat

Acetyl-CoA Pyruvat undDicarbonsäurendes Citratzyklus

Proteine

O C

NH2

NH2

NH4+

CO2 + H2O

Schema des Aminosäurenstoffwechsels

Glucose

Unter AS-Pool (70g) versteht man die Gesamtheit aller im Organismus vorhandenen

Aminosäuren. Aus dem AS-Pool gelangen die AS in die Stoffwechselwege des Anabolismus

(Protein-Synthese, etc.) oder des Katabolismus. Täglich werden im Organismus eines

erwachsenen Mannes – bei einem Gesamtbestand von etwa 10 kg Protein - ca. 300 g

Protein synthetisiert.

Ein Minimum an Aminosäuren (~30g/Tag) (obligatorischer AS-Verlust) wird auch bei

ausreichender Zufuhr von Kohlehydraten und Fett abgebaut unter ATP-Gewinn.

Der AS-Abbau wird gesteigert bei

- proteinreicher Kost und

- wenn Kohlehydrat- und Fettreserven aufgebraucht sind, d.h. im Endstadium des

Verhungerns.

Der gesunde Erwachsene befindet sich bei einer täglichen Zufuhr von 32 g hochwertigem

Protein im Stickstoffgleichgewicht, d. h. bei dieser Zufuhr halten sich Stickstoffaufnahme mit

der Nahrung und Stickstoffabgabe mit den Faeces, dem Urin und über die Haut (durch

Schweissabgabe, Epidermisabschilferung und Haarausfall) die Waage.

Kapitel: Aminosäuren

3

Grundsätzlich bestehen 2 Möglichkeiten des Abbaus von AS

1. Zur ATP-Gewinnung (Hauptweg)

a) Entfernung von N

b) Oxydation des C-Skeletts

2. Zur Synthese von biologisch aktiven Verbindungen

c) Decarboxylierung Biogene Amine

d) Oxydation der Amine durch Amin-Oxidasen

Der Abbau der AS läuft über mehrere Reaktionen:

1. Desaminierung/Transaminierung NH2-Gruppe NH3 oder Aspartat

2. Harnstoffbildung N-Atom aus NH3 und Aspartat Harnstoff

3. Abbau des Kohlenstoffgerüstes AS und der α-Ketocarbonsäure Zwischenprodukte

Der grösste Teil des Stickstoffs der Aminosäuren wird im Urin als Harnstoff ausgeschieden.

Das eine N-Atom des Harnstoffs stammt aus NH4+, das andere aus Aspartat. In der Leber

wird der Stickstoff der meisten Aminosäuren durch Transaminierung so verschoben, dass er

schliesslich im Glutamat vorliegt. Dieses kann entweder mit Oxalacetat transaminieren zu

Aspartat oder seinen Stickstoff als Ammonium-Ion abgeben. NH4+ und die Aminogruppe von

Aspartat werden anschliessend mit HCO3- im Harnstoffzyklus zu Harnstoff kondensiert. Die

Entfernung des Stickstoffs aus den Aminosäuren hinterlässt Kohlenstoff-Skelette, welche

nun - ebenfalls in der Leber - zu Glucose und Ketonkörpern umgebaut werden können.

AS-Stickstoff wird über 3 aufeinander folgende Vorgänge eliminiert (Desaminierung):

• Intermolekulare Verschiebung der Aminogruppe (Transanimierung)

• Abspaltung von NH3 vom C-Gerüst (oxidative Desanimierung)

• Erzeugung einer ungiftigen Transportform (Glutamin) bzw. eines ausscheidbaren N-

haltigen Derivates (Harnstoff)

Kapitel: Aminosäuren

4

Weg des Aminosäuren-N zum Harnstoff

COO-

CH

CH2

CH2

COO-

NH3+

COO-

C

CH2

CH2

COO-

O

COO-

CH

CH2

COO-

NH3+

N von anderen Aminosäuren

NH2

C

NH2

O

NH4+

HCO3-

Glutamat

Aspartat Harnstoff

a-Ketoglutarat

+

Transaminierung

oxidative Desaminierung

Harnstoff Bildung

Aminosäuren-Desaminierung

A. Transaminierung (Transaminasen)

B. Oxidative Desaminierung (Glutamat-Dehydrogenase, GLDH)

Die erste Reaktion beim Abbau einer Aminosäure ist fast immer die Entfernung ihrer α-

Aminogruppe mit dem Ziel, überschüssigen Stickstoff auszuscheiden und das zurückblei-

bende Kohlenstoffgerüst abzubauen.

Die Desaminierung der meisten Aminosäuren erfolgt durch Transaminierung, der

Übertragung ihrer Aminogruppe auf eine α-Ketocarbonsäure; dabei entsteht die

α-Ketocarbonsäure der ursprünglichen Aminosäure und eine neue Aminosäure. Diese

Reaktionen werden von Aminotransferasen (Transaminasen) katalysiert.

Die Transaminierung führt natürlich nicht zu einer Netto-Desaminierung. Die eigentliche

Desaminierung erfolgt vor allem über die oxidative Desaminierung von Glutamat durch

Glutamat-Dehydrogenase, wobei Ammoniak entsteht.

Kapitel: Aminosäuren

5

Transaminierung

Die α-NH2-Gruppe der AS wird auf eine α-Ketocarbonsäure übertragen, wobei als NH2-

Gruppe-Akzeptoren vor allem α-Ketoglutarat aber auch Oxalacetat zur Verfügung stehen.

α-Ketoglutarat Oxalacetat

NH2-Akzeptoren

C

COOH

O

CH2 CH2 COOH C

COOH

O

CH2 COOH

N

H2C

C

OH

CH3

H O

-2O3PO

N

H2C OH

CH3

-2O3PO

CH2

OH

Pyridoxal-5’-Phosphat (PLP) PLP ist ein Derivat von Pyridoxin (Vit. B6)

Der Aminogruppen-Akzeptor der Aminotransferasen ist das Coenzym Pyridoxal-5'

phosphat (PLP), ein Derivat von Pyridoxin (Vitamin B6). Durch Aminierung entsteht

daraus Pyridoxamin-5'-phosphat (PMP). PLP ist kovalent an das Enzym über eine Imin-Bin-

dung (Schiff-Base) verknüpft, die durch die Kondensation seiner Aldehydgruppe mit der

ε−Aminogruppe eines Lys-Restes des Enzyms entsteht.

Die Aminotransferase-Reaktion läuft über einen Ping-Pong-Mechanismus ab, dessen

zwei Stufen jeweils drei Einzelschritte umfassen:

Stufe 1: Umwandlung einer Aminosäure in eine Ketocarbonsäure

Schrittt 1: Transaminierung

Schritt 2 : Tautomerisierung

Schritt 3: Hydrolyse

Stufe 2: Umwandlung einer Ketocarbonsäure in eine Aminosäure

Schritte 1-3: umgekehrte Reihenfolge

Kapitel: Aminosäuren

6

N

CH

CH2O P

N

Lys

HO

H3C

N

CHNCH

COOH

CH3

N

CH2NC

COOH

CH3

N

CH2H2N

COOH

C

CH2

CH2

COOHN

CH2 N

COOH

CH

CH2

CH2

COOHN

CH N

COOH

CH

CH3

NH2

COOH

C

CH3

O

COOH

C

CH2

CH2

COOH

O

COOH

CH

CH2

CH2

COOH

NH2

Alanin

Pyruvat

Pyridoxal-phosphat(PLP)

Pyridoxamin-phosphat (PMP)

Glutamat

α-Ketoglutarat

H2O H2O

Transaminierung

-

Stufe 1 Stufe 2

Bilanz:

Aminosäure1 + α-Ketosäure2 -----> Aminosäure2 + α-Ketosäure1

Durch Aminotransferasen, die für die jeweiligen Aminosäuren spezifisch sind, werden die

Aminogruppen auf die α-Ketosäuren α-Ketoglutarat bzw. Pyruvat unter Bildung von Glutamat

bzw. Alanin übertragen. Durch zwei Aminotransferasen, die in hohen Konzentrationen in

Leber, Myocard und Gehirn vorkommen, kann die Aminogruppe von Alanin auf

α-Ketoglutarat unter Bildung von Glutamat und Pyruvat übertragen werden. Es handelt sich

um die Aspartat-Aminotransferase oder Glutamat-Oxalacetat Transaminase (ASAT

oder GOT) bzw. die Alanin-Aminotransferase oder Glutamat-Pyruvat-Transaminase

(ALAT oder GPT).

Aspartataminotransferase (AST) GOT

Asp + α-Ketoglutarat <-----> Glu + Oxalacetat

Alaninaminotransferase (ALT) GPT

Ala + α-Ketoglutarat <-----> Glu + Pyruvat

Kapitel: Aminosäuren

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Oxidative Desaminierung

Glutamat wird im Mitochondrium oxidativ durch Glutamat-Dehydrogenase desaminiert;

es ist das einzige Enzym, das - zumindest in einigen Organismen - sowohl NAD+ als auch

NADP+ als Redox-Coenzym akzeptiert.

GLDH-Reaktion wird durch Koppelung mit der Transaminasereaktion zum Hauptweg für

Bildung von Ammoniak.

α-AS

a-KS

α-Ketoglutarat

Glutamat

GLDHASAT/ALAT

NADH + H+

NH4+

H2O

NAD+

3 Produkte: α-Ketoglutarat Citratzyklus, Transaminasen (Rezykl.)NADHNH4+ Harnstoff

Citratzyklus

Gleichgewicht der GLDH-Reaktion liegt stark auf der Seite von Glutamat. Reaktion läuft nur

dann in nennenswertem Umfang nach rechts ab, wenn NH4+ sofort abgefangen wird (In der

Leber geschieht das durch Synthese von Glutamin und Harnstoff).

Oxidative Desaminierung

COO-

C

CH2

CH2

COO-

NH3+H

NAD+ H2O

COO-

C

CH2

CH2

COO-

ONH4

+NADH H++ + + + +

Glutamat α-Ketoglutarat

GLDH

Kapitel: Aminosäuren

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Speicherung und Transport von Ammoniak als Glutamin

Da Ammoniak schon in verhältnismässig niedrigen Konzentrationen als Zellgift

(Nervensystem!) wirkt, ist eine Umwandlung in andere Verbindungen nötig. Eine wichtige

Reaktion, die in vielen Organen ablaufen kann, ist die energetisch günstige Bildung von

Glutamin aus Glutaminsäure und Ammoniak. Sie wird durch das Enzym Glutamin-

Synthetase katalysiert und erfolgt nach der Gleichung:

Glutamin dient im Stoffwechsel als NH2-Donator für die meisten Aminogruppen,

ausgenommen die α-Aminogruppen der Aminosäuren; ausserdem für die Purin-Synthese

und für die Pyrimidin-Synthese; ferner ist es eine Transportform des Ammoniaks im

Organismus. Glutamin kann nämlich leicht hydrolytisch gespalten werden zu Glutamat

und Ammoniak; das entsprechende Enzym, die Glutaminase, findet sich vor allem in der

Niere, und das Ammoniak des Harns entsteht zum erheblichen Teil durch diese

Reaktion.

Transport von Aminogruppen durch den Aspartatzyklus

ATP ADP + Pi

Glutamat Glutamin

NH4+ H2O+ +

COO-

CH

CH2

CH2

COO-

NH3+

COO-

CH

CH2

CH2

CO

NH3+

NH2

Kapitel: Aminosäuren

9

Aspartatzyklusreaktionen. Auf eine Reihe von Ketoverbindungen kann eine Aminogruppe

dadurch übertragen werden, dass die Aminogruppe der Aminosäure Aspartat mit der

Ketoverbindung unter Energieverbrauch (ATP oder GTP) zu einem Kondensationsprodukt

zusammentritt und das Kondensationsprodukt durch eine Lyasereaktion in die aminierte

Verbindung und Fumarat gespalten wird. Aspartat wird aus Fumarat durch die Fumarase-,

Malatdehydrogenase- und Glutamat-Oxalacetat-Transaminase-Reaktion unter gleichzeitigem

Gewinn eines Reduktionsäquivalentes ( 1 mol NADH = 3 mol ATP) regeneriert und steht

für den erneuten Umlauf zur Verfügung. Alle genannten Reaktionen, auch die Teilreaktionen

des Citratzyklus (!), laufen im Cytosol ab.

Ausscheidung von Stickstoff bei Vertebraten

Lebende Organismen können überschüssigen Stickstoff, der aus dem Aminosäureabbau

stammt, auf drei Wegen ausscheiden. Viele im Wasser lebende Tiere geben einfach

Ammoniak an das umgebende Milieu ab. Wo Wasser nicht so reichlich vorhanden ist,

wurden Mechanismen entwickelt, die Ammoniak in weniger toxische Abfallprodukte

umwandeln, für deren Ausscheidung dann weniger Wasser erforderlich ist. Eines dieser

Produkte ist Harnstoff der von den meisten landlebenden Vertebraten ausgeschieden

wird; ein weiteres ist Harnsäure, die von Vögeln und landlebenden Reptilien abgesondert

wird.

AS-Stickstoff

Ammoniakausscheider ammnotelisch

Harnstoffausscheider ureotelisch

Harnsäureausscheider uricotelisch

Harnstoff-Synthese (Harnstoff-Zyklus)

Harnstoff wird in der Leber durch die Enzyme des Harnstoff-Zyklus synthetisiert. Er wird

dann in den Blutstrom abgegeben und von den Nieren mit dem Urin ausgeschieden. Die

Grundzüge des Harnstoff-Zyklus wurden 1932 von Hans Krebs und Kurt Henseleit

aufgeklärt (es war der erste bekannte Stoffwechsel-Zyklus überhaupt).

Eine 7o kg schwere Normalperson bildet in 24 h etwa 0,5 mol (30 g) Harnstoff. Bei

proteinreicher Ernährung kann die Harnstoffbildung bis auf das Dreifache ansteigen. Diese

Kapitel: Aminosäuren

10

Steigerung ist deshalb möglich, weil die Enzyme im Überschuss vorhanden sind und weil

sich außerdem die Enzymaktivitäten bei proteinreicher Nahrung um das Zwei- bis Dreifache

erhöhen können.

HCO3- NH4

++

NH2

C O

O P

2ATP

2ADP+Pi

CH2

CH2

CH2

CH

NH3+

COO-NH3

+

CH2

CH2

CH2

CH

NH

COO-NH3

+

NH2

C O

CH2

CH2

CH2

CH

NH

COO-NH3

+

NH2+

C NH

COO-

CH

CH2

COO-

CH2

CH2

CH2

CH

NH

COO-NH3

+

NH2+

C NH2

Pi

COO-

CH NH3+

CH2

COO-

+ATP

AMP + PPi + H2O

COO-

CH

CHCOO-

H2O

O CNH2

NH2

Harnstoffzyklus

Carbamoyl-P

Ornithin

Citrullin

Aspartat

Arginino-succinat

Fumarat

Arginin

Harnstoff

Mitochondrium Cytosol

ASS

ASLOTC

ARGCPS

Malat(Citrat-Zyklus)

Enzyme im Harnstoffzyklus: Carbamoylphosphat-Synthetase (CPS), Ornithin-Trans-

cabamoylase (OTC), Argininsuccinat-Synthase (ASS), Argininsuccinat-Lyase (Argininosuccinase)

(ASL), Arginase (ARG).

Die Bildung des Harnstoffs verläuft in 5 Schritte. Die ersten zwei Schritte finden im

Mitochondrium statt, die übrigen im Cytosol:

1. Schritt: Durch das Enzym Carbamylphosphat-Synthetase I (CPS) wird unter

Verbrauch von zwei Molekülen ATP aus Bicarbonat und Ammoniak das

Phosphorsäureanhydrid der Carbaminsäure, das Carbamoylphosphat, gebildet.

Carbamoylphosphat ist auch der Ausgangspunkt der Pyrimidinbiosynthese. Für diese

Reaktion wird es jedoch durch eine cytosolische CPS II gebildet, die Glutamin,

Bicarbonat und zwei Moleküle ATP benötigt.

Kapitel: Aminosäuren

11

2. Schritt: Zunächst wird der Carbamylrest von Carbamylphosphat auf die nicht

proteinogene Aminosäure Ornithin übertragen (Ornithin-Transcarbamylase). Dabei

entstehen Citrullin, eine ebenfalls nicht proteinogene Aminosäure, und anorganisches

Phosphat. Das Reaktionsgleichgewicht liegt stark auf der Seite der Citrullinbildung.

3. Schritt: Citrullin tritt durch die Mitochondrienmembran in das Cytosol über, wo alle

weiteren Reaktionen des Kreisprozesses ablaufen. Auf den an Ornithin gebundenen

Carbamylrest (Citrullin) soll im nächsten Schritt eine weitere Aminogruppe übertragen

werden. Dabei kondensiert die Carbonylgruppe von Citrullin mit der Aminogruppe von

Aspartat unter Bildung von Argininosuccinat (Argininosuccinat-Synthetase). Auch

diese Reaktion ist ATP-abhängig, das entstehende Pyrophosphat wird durch eine

Pyrophosphatase gespalten, wobei das Reaktionsgleichgewicht in Richtung Arginino-

succinatbildung verschoben wird.

4. Schritt: Die anschließende Spaltung der C-N-Bindung (Argininosuccinat-Lyase) in

die Produkte Fumarat und die proteinogene Aminosäure Arginin ist im Gegensatz

zu den vorhergehenden Reaktionen reversibel. Durch diese beiden Reaktionen ist

die Aminogruppe von Aspartat auf Citrullin übertragen worden.

5. Schritt: Der Kreisprozess der Harnstoffbiosynthese wird durch die hydrolytische

Abspaltung der Guanidinogruppe von Arginin geschlossen. Dabei entstehen

Harnstoff und Ornithin.

Bilanz

• Energieverbrauch: 3ATP 2ADP, 2Pi, AMP, PPi(2Pi)

• Bedarf für die Regeneration: 4 ATP

• Energiekompensierung (durch Fumarat): 1 NADH = 3 ATP

Bemerkenswert an den beschriebenen Reaktionen ist, dass durch den Kreisprozess das

Trägermolekül Ornithin ständig regeneriert wird und auch der Aminogruppendonator

Aspartat durch wenige enzymatische Schritte erneuert werden kann, wobei ein Reduk-

tionsäquivalent gewonnen wird. Somit werden dem Hepatocyten bei der Biosynthese von

Harnstoff lediglich zwei Ammoniakmoleküle, Bicarbonat und Energie entzogen.

Hyperammoniämien

Homozygote bzw. gemischt heterozygote Defekte der Harnstoffzyklus-Enzyme führen zu

einem Zusammenbruch des Harnstoffzyklus mit einem Anstieg der

Ammoniakkonzentration (Hyperammoniämien). Ohne entsprechende Therapie, d.h.

Hämodialyse in der Akutphase, treten Gehirnschaden (Hirnödem mit verkleinertem Ventri-

kelsystem, Abflachung der Gyri) und der Tod der Patienten ein. Ammoniak ist extrem

Kapitel: Aminosäuren

12

neurotoxisch in höheren Konzentrationen und eine Belastung für die GLDH (α-Ketoglutarat ↓),

Glu-Synthase (GABA ↓) und Neurotransmittersynthese (Dopamin ↓).

Die Harnstoffsynthese produziert ein Proton, welches zur Neutralisierung eines Teils des beim

AS-Abbau freigesetzten HCO3- dient. Blockierung der Harnstoffsynthese (Enzymdefekte) führt

zu Alkalose.

1. HCO3- + 2NH4

+ H‘Stoff + 2H2O + H+

2. H+ + HCO3- CO2 + H2O

Σ 2 HCO3- + 2NH4

+ H‘Stoff + 3 H2O + CO2

Enzymdefekte des Harnstoffzyklus 1. Cabamoylphosphat-Synthase (CPS)-Mangel

2. Ornithin-Transcabamoylase (OTC)-Mangel

3. Argininsuccinat-Synthase (ASS)-Mangel

4. Argininsuccinat-Lyase (Argininosuccinase) (ASL)-Mangel

5. Arginase (ARG)-Mangel

6. N-Acetyglutamat-Synthase (NAGS)-Mangel

Differentialdiagnose (Beispiel ASL-Magel)

PLASMA ASLGln ↑Ala ↑/nAsn ↑/nCit ↑↑

Arg-suc ↑↑↑Orn nLys nArg ↓/n

Kapitel: Aminosäuren

13

Abbau des Kohlenstoffgerüstes der Aminosäuren Die Abbauprodukte von Aminosäuren sind im allgemeinen Intermediate des

Citronensäurezyklus oder deren Vorstufen, so dass sie zu CO, und H2O verarbeitet oder

in der Gluconeogenese eingesetzt werden können. Tatsachlich liefert der oxidative

Aminosäureabbau typischerweise 10 bis 15% der im Stoffwechsel erzeugten Energie eines

Tieres.

Die Standard-Aminosäuren können zu sieben verschiedenen Intermediaten des

Stoffwechsels abgebaut werden, nämlich Pyruvat, α-Ketoglutarat, Succinyl-CoA, Fumarat,

Oxalacetat, Acetyl-CoA oder Acetoacetat. Die Aminosäuren lassen sich je nach

katabolischem Weg in zwei Gruppen einteilen:

1. Glucogene (glucoplastische) AS Synthese v. Kohlehydraten

2. Ketogene (ketoplastische) AS Fettsäuren und Ketokörper

Oxalacetat

Fumarat

Citrat

a-Katoglutarat

Succinly-CoA

CO2

CO2

CO2

CO2

CO2

PyruvatPEP

IleMetThrVal

GluGlnHisProArg

TyrPheAsp

AspAsn

Ala, GlyCys, SerThr, TrpGlucose

LeuIleTrp, Thr

LeuLysPheTyr

Acetyl-CoA Acetoacetat

Lipide

Citronensäure-Zyklus

glucogene AS

ketogene AS

So ist z. B. Alanin glucogen, weil sein Transaminierungsprodukt Pyruvat über die

Gluconeogenese in Glucose umgewandelt werden kann. Leucin dagegen ist ketogen, da

sein Kohlenstoffgerüst zu Acetyl-CoA und Acetoacetat abgebaut wird.

Kapitel: Aminosäuren

14

Ala Ser Gly Thr Cys Trp Pyruvat

Das Abbauprodukt von fünf Aminosäuren (Alanin, Cystein, Glycin, Serin und Threonin) ist

Pyruvat. Tryptophan gehört eigentlich auch zu dieser Gruppe, da eines seiner

Abbauprodukte - Alanin - durch Transaminierung zu Pyruvat konvertiert wird.

Abbau des Glycins

Glycin wird durch Serin-Hydroxymethyltransferase - ein PLP-haltiges Enzym - in Serin

umgewandelt. Dieses Enzym verwendet N5,N10-Methylen-Tetrahydrofolat (5,10-MTHF) als

Coenzym, das die für diese Umwandlung benötigte C1-Einheit liefert. Die bei der

Umwandlung von Glycin in Serin eingesetzte Methylen-Gruppe aus N5,N10-Methylen-THF

stammt aus einem zweiten Abbauweg fur Glycin; dieser wird vom glycinabbauenden

Enzymkomplex (bei der Rückreaktion als Glycin-Spaltsystem bezeichnet) katalysiert. Es

handelt sich dabei um einen Multienzymkomplex. Die Synthese des Glycins erfolgt über

eine Serin-Aldolase.

CO2+

NH4+

Gly NAD+

NADH

1

THF

5,10-MTHF

2 Ser-Aldolase

H2C OH

C NH3+H

COO-

H2C NH3+

COO- Gly

Ser Pyruvat + NH4+

Ser-Dehydratase (PLP)

1. Gly Ser ( Pyruvat) ] Ser-Hydroxymethyltransferase (PLP-Enzym)2. Gly CO2 + NH4

+ ] Gly-Spaltsystem (THF-abhängig)

Abbau des Glycins

Die menschliche Erbkrankheit nichtketotische Hyperglycinamie (NKH), die sich durch geistige

Retardierung und Akkumulation grösser Mengen von Glycin in den Körperflüssigkeiten auszeichnet,

beruht auf einem Fehlen des glycinabbauenden Enzymkomplexes.

Kapitel: Aminosäuren

15

Ile Leu Acetoacetat Val Pyruvat

Beim Abbau von Isoleucin, Leucin und Valin, die verzweigte Ketten haben, sind die

Enzyme bei den ersten drei Reaktionen: (1) Transaminierung zur entsprechenden α-

Ketocarbonsdure, (2) oxidative Decarboxylierung zum entsprechenden Acyl-CoA und

(3) Dehydrierung durch FAD unter Bildung einer Doppelbindung. Danach verläuft der

Isoleucinabbau wie bei der Fettsäureoxidation: (4) Hydratisierung der

Doppelbindung, (5) Dehydrierung durch NAD+ und (6) thiolytische Spaltung zu Acetyl-

CoA und Propionyl-CoA, das anschliessend zu Succinyl-CoA ,verarbeitet" wird. Valin wird

analog abgebaut: Nach der Hydratisierung der Doppelbindung (7), wird (8) die CoA-

Thioester-Bindung hydrolysiert, dann erst folgt (9) die zweite Dehydrierungsreaktion. Die

Thioesterbindung wird in der letzten Reaktion (10) - einer oxidativen Decarboxylierung

anstelle einer thiolytischen Spaltung - als Propionyl-CoA regeneriert.

Abbau der Verzweigkettigten Aminosäuren und bekannte Enzymdefekte

Kapitel: Aminosäuren

16

1. Schritt: Transaminierung (PLP); Cytosol

CH3 CH2 CH CH

NH2

COOH

CH3

CH3 CH2 CH C

O

COOH

CH3

Isoleucin

α-Keto-β-Metyl-Valeriansäure

Transaminierung (PLP)α-KG

Glu

α

β

2. Schritt: oxidative Decarboxylierung (CoSH, NAD+, FAD); innere

Mitochondienmembran

CH3 CH2 CH C

O

COOH

CH3

CH3 CH2 CH C

O

CH3SCoA

α-Keto-β-Metyl-Valeriansäure

α-Methylbutyryl-CoA

Oxosäurendehydrogenase(Enzymkoplex)

CoSHNAD+

FAD

CO2

Kapitel: Aminosäuren

17

3. Schritt: Dehydrierung (FAD); Mitochondrien

CH3 CH C C

O

CH3SCoA

CH3 CH2 CH C

O

CH3SCoA

α-Methylbutyryl-CoA

Acyl-CoA-DehydrogenaseFAD

Tiglyl-CoA

Ahornsirup-Krankheit ist die Folge eines Defektes beim Abbau verzweigtkettiger Aminosäuren

α-Ketoisovalerat-Dehydrogenase, die beim Abbau von Aminosäuren mit verzweigten

Ketten Reaktion 2 katalysiert, ist ein Multienzymkomplex, der neben seinem terminal

oxidierenden Agens NAD+ die Coenzyme TPP, Lipoamid und FAD einsetzt. Ein genetischer

Defekt in diesem Enzymkomplex ist die Ursache der Ahornsirup-Krankheit (Meaplesyrup

urine disease, MSUD); die daraus folgende Akkumulation von α-Ketocarbonsäuren (α-

Keto-β-Methylvaleriansäure) mit verzweigten Ketten verleiht dem Urin den

charakteristischen Geruch von Ahornsirup (würzig-süsslich). Wird der Anteil

verzweigtkettiger Aminosäuren in der Nahrung nicht reduziert, führt die Krankheit schnell

zum Tod.

α-Ketosäuren-Dehydogenase Komplex

• 6 Genloci: 2 Proteine und 4 regulatorische Enzyme

• MSUD Häufigkeit: 1:200'000 Neugeborene (Mennoiten 1:176)

• Phenotyp: Apathie, Trinkschwäche, Krämpfe, Coma

Kapitel: Aminosäuren

18

Phe Tyr Fumarat

Acetoacetat

Die erste Reaktion des Abbaus von Phenylalanin ist die Hydroxylierung zu Tyrosin, so

dass der weitere Abbau der beiden Aminosäuren auf einem einzigen Weg erfolgt. Die

Endprodukte des sechsstufigen Abbaus sind Fumarat, Bestandteil des Citronensäure-

Zyklus, und Acetoacetat.

Abbau der aromatischen Aminosäuren Phenylalanin und Tyrosin

CH2

CHNH2

COOH

CH2

CHNH2

COOH

OH

CH2

C

COOH

OH

O

OH

OH

CH2 COOH

COOH

O O

COOH

HOOCCOOH

O O

Phenylalanin-hydroxylase Transaminase

Tetrahydro-biopterin

+O2-H2O

α-Ketoglutarat(PLP)

Dioxygenase

Ascorbat+O2-CO2

Dioxygenase+O2

IsomeraseFumarat

Acetoacetat +H2O

Phenylalanin Tyrosin p-Hydroxy-phenylpyruvat

Homogentisinsäure

Maleylacetoacetat(cis)

Fumarylacetoacetat(trans)

Phenylketonurie (PKU) und Hyperphenylalaninämien

PKU und Hyperphenylalaninämien sind eine Gruppe von angeborenen Stoffwechsel-

Erkrankungen, die auf eine ungenügende Oxidation des Phenylalanins zurückzuführen sind.

Die gemeinsame biochemische Abnormität ist eine Anhäufung von Phenylalanin im Gewebe

und Blut. Je nach Schweregrad der Hyperphenylalaninämie werden drei Formen

unterschieden (klassische PKU, milde PKU und benigne Hyperphenylalaninämie).

Asbjörn Fölling (Norwegen) fand 1934 im Urin eines Patienten grosse Mengen

Phenylbrenztraubensäure. Drei Jahre später wurde diese Krankheit als „Phenylketonurie“

beschrieben und erst 1947 konnte mittels eines Phenylalaninbelastungstestes der

metabolische Defekt bei diesen Patienten identifiziert werden. Es wurde festgestellt, dass es

sich dabei um einen Phenylalaninhydroxylase-Mangel handelt. Bickel und Mitarbeiter

(Heidelberg) führten eine wirksame Therapie mit einer phenylalaninarmen Diät ein und

Kapitel: Aminosäuren

19

Guthrie und Susi propagieren seit 1961 das Screening auf Hyperphenylalaninämie bei

Neugeborenen mit dem von ihnen entwickelten bakteriellen Hemmtest (Guthrietest).

CH2 CH COO-

NH3+

CH2 CH COO-

NH3+

HO

CH2 C COO-

O

Phenylketonurie (PKU): Entstehung von Metaboliten

CH2 CH COO-

OH

CH2 CO SCoACH2 COO-

Glutalat

a-Ketoglutarat

Transaminasen (PLP)

Phenylalanine Tyrosin

Phenylpyruvat

NAD+NADH +H+

CoA

CO2

NADH +H+

Dehydrogenase

PhenyllactatPhenylacetat Phenylacetyl-CoA

H2O

CoA

PAH

NAD+

Das überschüssige Phenylalanin wird auf einem sonst unbedeutenden Weg zu

Phenylpyruvat transaminiert.

Phenylalanin-Hydroxylase-Mangel erklärt auch ein anderes allgemeines PKU-Symptom:

Die Betroffenen haben hellere Haar- und Hautfarbe als ihre gesunden Geschwister. Die

Tyrosin-Hydroxylierung, die erste Reaktion bei der Bildung des schwarzen Hautpigments

Melanin, wird durch erhöhte Phenylalaninspiegel gehemmt. Phenylalanin hemmt zudem

zwei geschwindigkeitsbestimmende Enzyme in der Biosynthese von Dopamin und

Serotonin (Tyrosin- und Tryptophanhydroxylase).

Phenylketonurie

• Häufigkeit: 1:15’000 Neugeborene

• Erbgang: Autosomal-rezessiv

• Phenotyp (unbehandelt): Hypotonie der Rumpfmuskulatur, Hypertonie der

Extremitäten, Epilepsie, Ptose

• Therapie: Phenylalaninarme Diät (neu: BH4-Cofaktor Therapie)

Kapitel: Aminosäuren

20

Neugeborenen Screeing

Ein Enzymdefekt führt zu einem Block in einer Reaktionskette des Intermediärstoffwechsels.

Die dem Block folgenden Metaboliten werden nicht oder nur in erheblich verminderter Menge

gebildet und die Vorstufen akkumulieren (Phenylalanin). Jedem Neugeborenen werden in

der ersten Lebenswoche aus der Ferse einige Tropfen Blut für den so genannten „Guthrie-

Test“ entnommen. Die Neugeborenen werden, neben der PKU, auch auf einige andere

behandelbare Stoffwechselstörungen getestet.

Bei dem „Guthrie-Test“ auf PKU werden die Bakteriensporen (B. subtilis) zusammen mit dem

Inhibitor (β-Thienylalanin; Antimetabolit) in einem phenylalanin-freien Agar auf Platten

gegossen. Auf diese Agarplatte werden Trockenblutproben (Filterpapier) aufgelegt. Durch

die Gegenwart von Phenylalanin in diesen Proben wird die Wirkung des kompetitiven

Inhibitors (β-Thienylalanin) aufgehoben und die Bakterien bilden einen Wachstumshof. Die

Größe dieses Wachstumhofes ist dem Gehalt der Blutprobe an Phenylalanin proportional.

Phenylalanin im Blut (normal) < 0.12 mmol/l

Tetrahydrobiopterin (BH4): Cofaktor der Hydroxylierung von aromatischen Aminosäuren Die Hydroxylierung von Phenylalanin durch das Fe(III)-haltige Enzym Phenylalanin-

Hydroxylase benötigt einen Cofaktor: Tetrahydrobiopterin, ein Pterin-Derivat. Pterine enthalten

ein Pteridinring, welcher auch in der Folsäure enthalten ist (siehe Kapitel: C1-

Stoffwechsel). Pterine sind wie Flavine an biologischen Oxidationen beteiligt. Die aktive

Form von Biopterin ist die vollreduzierte Form 5,6,7,8-Tetrahydrobiopterin. Sie wird

durch drei Enzyme (GTP-Cyclohydrolase, PTP-Synthase und Sepiapterin-Reduktase)

aus GTP gebildet. In der Phenylalanin-Hydroxylase-Reaktion wird 5,6,7,8-

Tetrahydrobiopterin über eine Zwischenstufe (Carbinolamin) zur chinoiden Form von 7,8-

Dihydrobiopterin oxidiert. Dieses Chinoid wird anschliessend durch das NADH-abhängige

Enzym Dihydropteridin-Reduktase reduziert und der aktive Cofaktor regeneriert.

Kapitel: Aminosäuren

21

HN

H2N

O

NH

N

HN

OH

OH

HN

H2N

O

NH

N

N

OH

OH

O

OH

HN

H2N

O

NH

N

N

OH

OH

OHN

H2N

O

NH

N

N

OH

OH

PAH

PAH

PCD

DHPR

5,6,7,8-Tetrahydrobiopterin

Tetrahydrobiopterin-4a-carbinolamine

q-Dihydrobiopterin

+O2

-H2O

+NADH- NAD+

GTPCH2

CHNH2

COOH

CH2

CHNH2

COOH

OH

Phe

Tyr

Funktion des Tetrahydrobiopterins als Redox-Cofaktor

PCD = Pterin-4a-CarbinolamindehydrataseDHPR = Dihydropteridin-Reduktase

Enzyme, die auf diese Weise zwei miteinander gekoppelte Oxidationen katalysieren

(Oxidation von Phenylalanin zu Tyrosin und 5,6,7,8-Tetrahydrobiopterin zu q-7,8-Dihydro-

biopterin), werden als gemischt funktionelle Oxidasen (Hydroxylasen, Monooxygenasen)

bezeichnet.

Allgemeine Reaktion:

XH + CoeH2 + O2 X-OH + H2O + Coe

Tetrahydrobiopterin-Mangel

Seit 1974 wurde über einige Patienten mit atypischer Hyperphenylalaninämie berichtet, die

trotz Früherkennung und Behandlung mit phenylalaninarmer Diät progressive neurologische

Störungen und einen zunehmenden Entwicklungsrückstand zeigten und zum Teil daran

starben. Man fand bei diesen Patienten ein Defekt in der Biosynthese des BH4, das im

Gegensatz zur Folsäure, kein Vitamin darstellt, sondern im gesunden Menschen nach Bedarf

in katalytisch kleinen Mengen synthetisiert wird.

Die Bedeutung dieser Stoffwechselkrankheiten, die alle als BH4-Mangel bezeichnet werden

können, ist trotz ihrer Seltenheit (2-3 : 1’000’000) gross. Das Risiko eines Hirnschadens bei

konventioneller Behandlung eines neuentdeckten Patienten mit Hyperphenylalaninämie

muss vermieden werden.

Kapitel: Aminosäuren

22

BH4-Mangel (Info: www.bh4.org)

• Häufigkeit: 1:1’000’000 Neugeborene

• Erbgang: Autosomal-rezessiv

• Phenotyp (unbehandelt): Hypotonie der Rumpfmuskulatur, Hypertonie der

Extremitäten, Epilepsie, Ptose,

• Therapie: BH4-Cofaktor Therapie, Neurotransmitter-Vorstufen

(L-Dopa/Carbidopa/5-hydroxytryptophan)

Abbau des Tyrosins (Abb. S. 18) Tyrosin verliert seine Aminogruppe über die Transaminierung auf a-Ketoglutarat oder

Pyruvat. Das verantwortliche Enzym, die Tyrosinaminotransferase, ist sowohl im Cytosol

als auch in den Mitochondrien nachweisbar. Das entstandene p-Hydroxyphenylpyruvat wird

durch die cytosolische p-Hydroxyphenylpyruvat-Dioxygenase, eine kupferhaltige

mischfunktionelle Oxygenase in Leber und Nieren, in Homogentisat umgewandelt. Bei

dieser Reaktion, die die Anwesenheit von Ascorbinsäure (Vitamin C) oder einem anderen

Reduktionsmittel erfordert, erfolgt gleichzeitig die Hydroxylierung des Benzolrings in

Parastellung sowie eine Wanderung der Pyruvatseitenkette, aus der durch Dehydrierung

und Decarboylierung eine Acetatseitenkette entsteht. Im nächsten Schritt wird der

Benzolring durch die Einführung von molekularem Sauerstoff gespalten. Katalysator ist die

Homogentisatdioxygenase, ein eisenabhängiges Protein. Das Reaktionsprodukt Maleyl-

acetoacetat wird durch eine Glutathion-abhängige cistrans-Isomerisierung in

Fumarylacetoacetat umgewandelt und anschliessend hydrolytisch in Fumarat und

Acetacetat gespalten. Fumarat ist ein direkter Bestandteil des Citratcyclus, Acetoacetat,

ein Ketonkörper, wird nach Aktivierung zu Acetoacetyl-CoA in 2 Moleküle Acetyl-CoA

gespalten.

Tyrosinämien Drei angeborene Stoffwechseldefekte im Tyrosinabbau sind bekannt:

• Tyrosinämie Typ 1 (Fumaryl-Acetoacetase-Mangel)

• Tyrosinämie Typ 2 (Tyrosinaminotransferase-Mangel)

• Alkaptonurie (Homogentisinsäure-Dioxigenase-Mangel) Bei der Tyrosinämie Typ 1 (Inzidenz 1:100’00) handelt sich um eine autosomal-rezessiv

vererbte Abbaustörung von Tyrosin, die zur Bildung des toxischen Metabolites

Succinylaceton (aus Fumarylacetoacetat und Maleylacetoazetat) führt. Die toxischen

Kapitel: Aminosäuren

23

Metabolite greifen in die Hämsynthese ein und verursachen eine progrediente Hepatopathie

mit schlechter Prognose, die entweder im ersten Lebensjahr zum Leberversagen und Tode

oder - bei langsamerem, chronischen Verlauf - zur Leberzirrhose, häufig hepatozellulärem

Karzinom und Tod in der späten Kindheit führt. Während früher allein die

Lebertransplantation die einzige Möglichkeit war, das Leben zu retten, steht heute mit dem

NTBC [2-(2-Nitro-4-trifluoromethylbenzoyl)-1,3-zyklohexandion] ein potenter Inhibitor des

Abbaus des Tyrosins auf einer Stufe vor der Furmaylacetoacetase

(p-Hydroxyphenylpyruvat-Dioxygenase) zur Verfügung, der verhindert, dass die toxischen

Metaboliten anfallen.

Alkaptonurie ist die erste, zu Beginn dieses Jahrhunderts von Archibald Garrod

erkannte, angeborene Stoffwechselkrankheit, die zur Ausscheidung grosser Mengen

von Homogentisinsäure führte. Die Symptome der Alkaptonurie sind relativ milde und

treten erst im Erwachsenenalter auf. Typischerweise entwickeln Alkaptonuriker im Laufe

des Lebens eine Arthritis; ihr Urin färbt sich infolge Luftoxidation des ausgeschiedenen

Homogentisats dunkel.

Aminosäuren als Vorstufer wichtiger Biomoleküle Bestimmte Aminosäuren sind Vorstufen wichtiger Biomoleküle, einschliesslich der

Nucleotide und Nucleotid-Coenzyme, Häm, verschiedener Hormone, Neurotransmitter

und Glutathion.

Tyr Katecholamine

Melanin Thyroxin

Biosynthese der Katecholamine aus Tyrosin

Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin werden zusammen als Katecholamine bezeichnet,

da sie die Amin-Derivate von Katechol sind. Die Umwandlung von Tyrosin in die

verschiedenen Katecholamine läuft über eine Tyrosin-Hydroxylase (BH4-Abhängig), AA-

Decarboxylase (B6-Abhängig), Dopamin-β-Hydroxylase (Vit.C-Abhängig; Cu-Enzym) und

Phenylethanolamin-N-Methyltransferease (SAM-Abhängig; siehe Kapitel „C1-Stoffwechsel).

Kapitel: Aminosäuren

24

Biosynthese der Katecholamine

Biosynthese von Melanin aus Tyrosin

Melanin ist einer der wichtigsten Pigmenstoffe der Natur (Schutz vor ionisierter UV-

Strahlung). Es wird aus Tyrosin in mehreren Stufen gebildet und hat quantitativ für den Tyr-

Abbau keine Bedeutung. Die ganze Reaktionsfolge wird von einem einzigen Enzym, der

Monophenol-Monooxygenase (früher Tyrosinase genannt), katalysiert.

Der Bildungsort sind die Melanozyten in Basalschicht von Haut und Auge.

Kapitel: Aminosäuren

25

CH2

CHNH2

COOH

OH

CH2

CHNH2

COOH

OH

HO O

O NH

H HCOOH

H

O

O NH

OO

HN

NH

OO

Melaninbiosynthese

Tyrosin L-Dopa Dopachrom

Indol-5,6-chinon

Melanin

Ringschluss Decarboxylase

Polymerisation

-CO2

Polymertypen:Eumelanine (schwarz-braun)Phäomelanine (gelb-rotbraun)Triochrome (rot); Cys

Polymertypen:Eumelanine (schwarz-braun)Phäomelanine (gelb-rotbraun)Triochrome (rot); Cys

Monophenol-Monooxygenase

Melaninmangel

• Monophenol-Monooxygenase-Mangel (Albinismus)

o Rote Augenfarbe o Weisse Haut o Flaches blondes Haar o Sehr Lichtempfindlich o Gefahr von Melanomen

• Vitiligio o weisse Flecken o Ursache unklar

• PKU (reduzierte Zufuhr von Tyrosin) • Kupfermangel (Monooxygenase = Cu-Enzym)

Kapitel: Aminosäuren

26

Biosynthese von Aminosäuren Viele Aminosäuren können nur von Pflanzen und Mikroorganismen synthetisiert werden. Da

Säuger diese Aminosäuren mit der Nahrung aufnehmen müssen, bezeichnet man sie als

essentielle Aminosäuren. Aminosäuren, die von Säugern selbst gebildet werden können,

nennt man nichtessentiell. Die für Menschen essentiellen und nichtessentiellen

Aminosäuren sind unten aufgeführt. Arginin wird zwar im Harnstoff-Cyclus synthetisiert, da

aber Kinder (nicht Erwachsene) während ihrer normalen Entwicklung mehr davon

benötigen, als dieser Stoffwechselweg liefern kann, rechnet man es zu den halbessentiellen

Aminosäuren.

Essentielle Nichtessentielle

Arginin*

Histidin

Isoleucin

Leucin

Lysin

Methionin

Phenylalanin

Threonin

Tryptophan

Valin

Alanin

Asparagin

Aspartat

Cystein

Glutamat

Glutamin

Glycin

Prolin

Serin

Tyrosin

Biosynthese nichtessentieller Aminosäuren

Alle nichtessentiellen Aminosäuren, ausser Tyrosin, werden auf einfachen Wegen synthetisiert,

die von vier Grundbausteinen des Stoffwechsels ausgehen: Pyruvat, Oxalacetat,

α-Ketoglutarat und 3-Phosphoglycerat. Tyrosin entsteht in einem Schritt durch

Hydroxylierung der essentiellen Aminosäuren Phenylalanin, ist also strenggenommen

ebenfalls als essentiell anzusehen.

Biosynthese aus Pyruvat, Oxalacetat und α-Ketoglutarat durch Transaminierung

Ala: Pyruvat Ala

Asp, Asn: Ocalacetat Asp (Asn)

Glu, Gln: α-Ketoglutarat Glu (Gln)

Kapitel: Aminosäuren

27

Biosynthese von Alanin, Aspartat, Glutamat, Asparagin und Glutamin

Pyruvat

Alanin

AS

α-KS

Oxalacetat

Aspartat

Asparagin

AS

α-KS

ATP

AMP+PPi

α-Ketoglutarat

Glutamat

Glutamin

AS

α-KS

ATP

ADP+Pi

NH3

Transaminasen Transaminasen Transaminasen

Asn-Synthase Gln-Synthase

Synthese von Prolin, Ornithin und Arginin aus Glutamat

Bei der Umwandlung von Glutamat in Prolin sind 4 Enzyme beteiligt.

Glu Glu-5-P Glu-5-semialdehyd Prolin

Bei der Umwandlung von Glutamat in Ornithin sind 5 Enzyme beteiligt.

Glu N-Acetyl-Glu N-Acetyl-Glu-P N-Acetyl-Glu-semialdehyd N-Acetyl-Orn Orn

Arginin wird im Harnstoffzyklus aus Ornithin synthetisiert.

Synthese von Serin, Cystein und Glycin aus 3-Phosphoglycerat

3-Phosphoglycerat 3-Phosphohydroxypyruvat 3-Phosphoserin Serin Serin + Homocystein Cystathionin Cystein (siehe Seite 31) Serin Glycin (siehe Seite 14)


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