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Stellt die vom Bunde deutscher Bodenreformer empfohlene Grundrentensteuer einen „Weg aus der...

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Stellt die vom Bunde deutscher Bodenreformer empfohlene Grundrentensteuer einen „Weg aus der Finanznot“ dar? Eine Erwiderung von Obersteuerrat Talmon-Gros, Mitglied des Landesfinanzamts Stuttgart Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 39. Jahrg., H. 1 (1922), pp. 198-201 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40906356 . Accessed: 10/06/2014 08:52 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 62.122.72.52 on Tue, 10 Jun 2014 08:52:05 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Stellt die vom Bunde deutscher Bodenreformer empfohlene Grundrentensteuer einen „Wegaus der Finanznot“ dar? Eine Erwiderung von Obersteuerrat Talmon-Gros, Mitglied desLandesfinanzamts StuttgartSource: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 39. Jahrg., H. 1 (1922), pp. 198-201Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40906356 .

Accessed: 10/06/2014 08:52

Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at .http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp

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Stellt die vom Bunde deutscher Bodenreformer empfohlene Grundrentensteuer einen „Weg aus der Finanznot44 dar?

Eine Erwiderung von Obersteuerrat Talmon-Gros, Mitglied des Landesfinanzamts Stuttgart.

Der unter dem vorstehenden Titel auf S. 545 ff. des Jahrgangs 1921 dieser Zeitschrift erschienene, mir erst vor kurzem zugegangene Aufsatz von Dr. R o t h- k e g e 1 in Berlin kann nicht unwidersprochen bleiben, damit er nicht mit seiner unrichtigen Fragestellung und dem dadurch verursachten unrichtigen Urteil bei solchen, die über die Bodenreformbewegung weniger Bescheid wissen, falsche Vorstellungen über die steuerlichen Ziele der Bodenreform erweckt. Als Boden- reformer von schon recht ansehnlichem „Dienstalter" und praktischer Steuer- beamter glaube ich zur Erwiderung genügend legitimiert zu sein; im übrigen tragen meine Ausführungen keinen bundesoffiziellen Charakter.

In der Sache besteht übrigens weitgehend Uebereinstimmung mit Dr. Roth- kegel.

Die Kritik von Dr. Rothkegei baut sich auf auf der Schrift Dr. D a- maschkes: „Ein Weg aus der Finanznot".

1. Ich bin mit der erwähnten Schrift Dr. Damaschkes, was Aufbau und Systematik anlangt, nicht restlos zufrieden; ich hätte gewünscht, dass er die Grund wert Steuer, Grund r e η t e η Steuer und Zuwachssteuer (letztere pflege ich selbst wieder zu zerlegen in Zuwachs r e η t e η Steuer und - in Kapitalform zu erhebende - Wert zuwachssteuer), in ihrer theoretischen Begründung und ihren volkswirtschaftlichen Wirkungen mehr auseinandergehalten hätte, um Miss- verständnisse zu vermeiden.

2. Dass die derzeitige Bodenwertsteigerung ganz oder zum grössten Teil nur eine papierene ist, darüber sind sich die Bodenreformer im allgemeinen und Dr. Damaschke im besonderen selbstverständlich klar.

3. Dass mit einer Grund rçnten Steuer und Zuwachssteuer zurzeit und auf lange hinaus finanziell stark ins Gewicht fallende Erträge für den Staat oder das Reich nicht erzielt werden können, sei Dr. Rothkegel ebenfalls ohne weiteres zugegeben.

4. Aus Ziffer 4 ergibt sich aber auch, dass kein ernsthafter Bodenreformer und namentlich nicht Dr. Damaschke auf den Gedanken kommen kann, in der Grund rentensteuer den Weg aus der Finanznot κατ' εξοχήν zu sehen.

Zu 1. Es ist vielleicht kein Fehler, dass Dr. Damaschke in der er- wähnten, für die breiten Massen bestimmten Schrift eine ausführliche Unter- suchung über Begriff und Wesen der Grundrente unterlassen hat; für praktische Bedürfnisse genügt es, die Grundrente aufzuzeigen, die man rechtlich und wirt- schaftlich fassen kann, und sich an diese zu halten; das ist im wesentlichen die

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sog. Differentialrente. Hier hätte allerdings Dr. Damaschke etwas ausführ- licher sein können. Auch Dr. Rothkegel hat in seinem Aufsatz ein näheres Eingehen auf die theoretische Seite des Grundrentenproblems (mit Recht) unter- lassen. Ich selbst beschäftige mich seit langem mit dem Problem der Sozialisierung der Grundrente; ich bin in einem Stück zu demselben Ergebnis gelangt wie Dr. Rothkegel, dass man nämlich die bis jetzt entstandene Grundrente recht- lich und tatsächlich zum grössten Teil nicht mehr fassen kann, und wir sind, un- abhängig voneinander, fast wörtlich zu derselben Motivierung gelangt; man kann und darf sie in den meisten Fällen deshalb nicht mehr fassen, weil sie für den jetzigen Bodenbesitzer nicht mehr Grundrente, sondern Kapitalrente ist. In den Fällen allerdings, wo der Wert und Ertrag des Bodens gegenüber dem auf den Erwerb und die Verbesserung des Bodens aufgewendeten Kapital gestiegen ist, liegt Grundrente vor, die gefasst werden darf und kann. Hierfür würde ich die Grund r e η t e η Steuer vorschlagen. Die Grund wert Steuer hat an sich mit der Grundrentenerfassung recht wenig zu tun (nach meiner Ansicht noch etwas weniger als Dr. Damaschke meint) ; sie erf asst die bisher entstandene Grund- rente ganz ungleich; sie ist nicht als Grundrentensozialisierung aufzufassen; sie ist reine Steuer (als solche nach meiner Ansicht wohl berechtigt) und ausschliesslich nach steuerlichen Gesichtspunkten zu beurteilen und auszugestalten.

2. Ueber die Frage, ob die Wertzuwachssteuer angesichts der Geldentwertung der letzten Jahre überhaupt noch einen Sinn und eine innere Berechtigung habe, ist viel geredet und geschrieben worden. Auch wir Bodenreformer sind der Frage durchaus nicht ausgewichen; ich darf hier auf die verschiedenen, zum Teil von namhaften Autoritäten (Erma η-Münster, v. Blum e-Tübingen u. a.) stammen- den Aeusserungen in unserer Bundeszeitschrift, der „Bodenreform" und unserer Tageszeitung, der „Deutschen Warte" verweisen. Die überwiegende Ansicht geht wohl dahin, dass die Besteuerung des bei Grundstücksverkäufen in die Erschei- nung tretenden nominellen Wertzuwachses sich nur rechtfertigen lasse durch die Erwägung, dass der Besitzer von Grund und Boden an dem schrecklichen Nieder- gang unserer Volkswirtschaft nicht in so schmerzlicher Weise als Leidtragender beteiligt sei wie andere, und dass dem Boden deshalb eine höhere steuerliche Leistungsfähigkeit innewohne. Von demselben Grundgedanken gingen die württem- bergischen Bodenreformer ζ. Β. aus, wenn sie in ihrer Eingabe an den württem- bergischen Landtag und die württembergische Regierung betreffend Ausbau der württembergischen Bodenbesteuerung (in der sie die Einführung der Grundwert- steuer und den Ausbau der Zuwachsbesteuerung forderten) am 2. Dezember 1920 schrieben: „Die Geldentwertung dürfte aus denselben Gründen, aus denen sie in allen übrigen Steuergesetzen, insbesondere bei der Einkommensteuer und den Kriegsabgaben vom Vermögenszuwachs, unberücksichtigt bleibt, auch hier ausser Betracht gelassen werden".

Alle mir zu Gesicht gekommenen Erörterungen in der Tages- und Fachpresse haben einen Gesichtspunkt unerörtert gelassen, der mir der allerwichtigste zu sein scheint. Der Grundfehler unserer Zuwachsbesteuerung ist der, dass sie sich auf Grundstücksveräusserungen beschränkt, statt dass sie auf Grund regelmässig wiederkehrender Wertfestsetzungen für alle Grundstücke (ohne Bauwerke usw.) all- gemein veranlagt würde. Hätten wir eine solche alle 3 oder 5 Jahre neu eintretende Einschätzung sämtlicher Grundstücke, so könnten wir den Mehrwert (abgesehen

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natürlich von dem durch eigene Arbeit und Aufwendungen des Besitzers ge- schaffenen), auch wenn er nur ein papierener ist, ungeniert stark besteuern; denn dieser Mehrwert ist nur der Ausdruck der Tatsache, dass der Bodenbesitzer gegen- über den vom Boden Ausgeschlossenen sein Vermögen verhältnismässig hat vermehren können. Neben dieser allgemeinen Zuwachssteuer hätte die bis- herige Zuwachssteuer auf Eigentumsveränderungen an Grundstücken nur den Charakter einer weniger wichtigen Nebensteuer; ihre Aufhebung wäre allerdings deshalb noch nicht gerade notwendig. Es ist richtig, dass ähnliches wie beim Boden- besitz zurzeit auch bei anderen Sachwerten (gegenüber dem Kapitalbesitz) gilt; immerhin; der Boden ist unzerstörbar, während alle anderen Sachwerte der Gefahr der Zerstörung, Abnutzung usw. unterliegen; schon deshalb ist eine gewisse Vor- belastung des Bodens durch eine solche periodische Neuveranlagung und Zuwachs- besteuerung an sich begründet; die von mir vorzuschlagende allgemeine Wert- zuwachssteuer lässt sich aber auch ohne Zwang in ein allgemeines System der Er- fassung aller Sachwerte einfügen.

Die Darlegungen, mit denen Dr. Rothkegel dartut, dass die Boden- werte, auf Goldmark umgerechnet, gesunken seien, sind höchst interessant, im einzelnen haben sie mich nicht durchweg überzeugt. Ich habe in meinem Beruf sehr viel mit Wertfeststellungen zu Steuerzwecken zu tun; es ist mir aber kein einziger Fall bekannt, wo etwa bei einer Erbschaftssteuerveranlagung der Steuer- pflichtige, also eine an der Herabdrückung des Wertes interessierte Persönlichkeit, auch nur den Versuch gemacht hätte, zu behaupten, dass ein städtisches Grund- stück ein Angebot erzielt hätte, das sich unter dem Friedensnennwert bewegt hätte; das gilt nicht nur für die Jetztzeit (Juni 1922), sondern auch für die Zeit, aus der der Aufsatz von Dr. Rothkegel stammt (April 1921). Bezüglich des für die landwirtschaftlichen Preisverhältnisse als Muster angeführten Landguts, das schon wegen seiner Grosse (250 ha) als Normaltyp nicht zu brauchen ist, möchte ich mir einen Vorschlag erlauben. Man biete das Gut einem Land- lieferungsverband an; er wird es um den von Dr. Rothkegel genannten Preis sicher sehr gern nehmen, wird es zu angemessenen Preisen an Innensiedler aus- geben, die ihrerseits auch bei den von ihnen anzulegenden Preisen ihr Fort- kommen finden werden, und noch eine anständige Summe zur Förderung der Binnensiedlung übrig behalten.

Zu 3. und 4. Es ist durchaus unrichtig, dass die Grund renten Steuer das Rückgrat der von Dr. Damaschke empfohlenen Bodenbesteuerung bilde. Dies zeigt deutlich der in der Damaschke sehen Schrift niedergelegte Gesetz- entwurf. Er gliedert sich in eine Grund wert Steuer (A) und eine Zuwachssteuer (B). Wir sind auch durchaus nicht der Meinung, dass diese Steuern die einzigen Steuern sein sollen (single taxe). Der Schwerpunkt der von uns vorgeschlagenen Bodensteuern liegt in der Grund wert Steuer (die, wie bereits erwähnt, überhaupt keine Grund renten Steuer ist). Dass sie mehr Erträge erbringen wird als die veraltete Ertragssteuer und dass sie namentlich die Steuerlasten viel gerechter verteilt als die letztere, bedarf keiner Ausführung. Die Erträge der Grundwertsteuer sind selbstverständlich steigerungsfähig. Es ist ein Trugschluss, wenn Dr. Roth- kegel schreibt: „Und die Tatsache, dass die gegenwärtigen Preise - gemessen an dem Massstab der Goldwährung - seit der Vorkriegszeit einen gewaltigen Rückgang erfahren haben, lässt ferner keinen Zweifel auch darüber, dass die von

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den Bodenreformern mit Recht stark befürwortete Einführung einer allgemeinen Grundwertsteuer keine überwältigenden Erträge liefern kann". Dieser vorletzte Satz des ganzen Aufsatzes ist die einzige Stelle, wo Dr. Rothkegel überhaupt von der Grund wert Steuer, dem Hauptstück des ganzen bodenreformerischen Steuerprogramms, spricht. Recht könnte Dr Rothkegel vielleicht, aber nur vielleicht haben, wenn er die in § 5 des Damaschke sehen Gesetz- entwurfs aufgeführten Steuersätze als unabänderlich feststehenden Programm- punkt annimmt. So sind sie selbstverständlich nicht gemeint. Die Steuersätze wird der Gesetzgeber natürlich erst festsetzen, wenn er weiss, mit welchen Boden- werten er etwa rechnen kann und welche Erträge die Steuer bringen soll. Die Höhe der Steuersätze ist selbstverständlich begrenzt durch die Tragkraft des Steuer- zahlers. Aber trotzdem kann kein Zweifel bestehen, dass die Grundwertsteuer recht hohe Erträge bringen kann und dass Dr. Damaschke mit ihr einen Weg gezeigt hat, der, nicht für sich allein natürlich, sondern im Rahmen eines gut aus- gearbeiteten Steuersystems und zusammen mit einer vorsichtigen Finanzwirtschaft unsere Finanznot insoweit lindern kann, als dies überhaupt durch Massnahmen innerpolitischer Art möglich ist.

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