+ All Categories
Home > Documents > Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0...

Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0...

Date post: 28-Jul-2020
Category:
Upload: others
View: 0 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
76
Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche (k)eine Standleitung zum Kunden? Autoren: Christian Halemba, Bernhard Steimel, Christian Tönne, Karsten Uphoff Eine empirische Studie der Business Consultants in Zusammenarbeit mit Stand: Oktober 2009 I Vollstudie Version 1.0
Transcript
Page 1: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche

(k)eine Standleitung zum Kunden?

Autoren: Christian Halemba, Bernhard Steimel, Christian Tönne, Karsten Uphoff

Eine empirische Studie der BusinessConsultantsin Zusammenarbeit mit

Stand: Oktober 2009 I Vollstudie Version 1.0

Page 2: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 2 von 75 26.10.09

Impressum:

Autoren: Christian Halemba, Bernhard Steimel, Christian Tönne, Karsten Uphoff

Schlussredaktion: Astrid Schäckermann

Layout, Grafik & Druckvorbereitung: Laura Geissler

Kontakt:

MIND Business Consultants ecco ecology + communication

Unternehmensberatung GmbH

Hauptstr. 105 Auguststr. 88

40668 Meerbusch 26121 Oldenburg

Telefon: +49 (0) 2150 70554-0 +49 (0) 441 779050

Fax: +49 (0) 2150 70554-11 +49 (0) 441 77905 19

[email protected] [email protected]

www.mind-consult.net www.ecco.de

Copyright: MIND, Meerbusch ecco, Oldenburg 2009

Alle Rechte vorbehalten

Dieses Werk ist einschließlich seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die über die engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes hinausgeht, ist ohne schriftliche Zustimmung von MIND und ecco unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen sowie die Speicherung in elektronischen Systemen.

Page 3: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09

Über die Studie

Markforschung in der ITK-Branche am Scheideweg

Die Märkte für Telekommunikation, IT und Neue Medien wurden in den vergangenen 20 Jahren durch epochale Innovationen belebt. Das Internet, der Mobilfunk und Breitbandnetze gaben die Impulse für ein stetiges Wachstum. In immer mehr Marktbereichen scheinen die Wachstumsgrenzen jedoch erreicht.

Einige Experten raten den Anbietern der ITK-Branche, von der Konsumgüterindustrie zu lernen, wie sie in gesättigten Märkten profitabel bleiben und ihre Marktanteile nicht nur im Verdrängungswettbewerb über den Preis sichern. Market Insights und damit ein tieferes Verständnis für die Kunden sowie die gesamte Zielgruppe und ihre Motive oder Vorbehalte seien eine wichtige Voraussetzung.

Bislang können sieben Prozent der Marktforschungsausgaben in Deutschland der ITK-Branche zugerechnet werden. Es ist jedoch nicht bekannt, ob die relevanten Informationen über Marktentwicklungen, Wettbewerb und Kundenverhalten in ITK-Unternehmen verfügbar sind und bei Entscheidungsfindungen genutzt werden.

Damit stellt sich die Frage nach dem Stellenwert der Marktforschung in dieser Branche. Eine Bestandsaufnahme gegenwärtiger Aktivitäten und die Ableitung von Best Practice-Ansätzen sollen helfen, das Benchmarking einfacher und effektiver zu gestalten.

Die zentralen Fragen der empirischen Untersuchung

Die vorliegende Studie geht folgenden zentralen Fragestellungen für den deutschen Markt nach:

» Wer im Unternehmen beschäftigt sich mit Marktforschung, welche Bereiche erheben Daten?

» Welche Quellen werden genutzt, um sich über den Markt und die Kunden zu informieren?

» Welche Verfahren werden genutzt, um sich über Markt und Kunden zu informieren?

» Wie gut fühlen sich die Produkt- und Marketingverantwortlichen in den einzelnen Themenfeldern (Markttrends, Wettbewerb, Kundenverhalten etc.) informiert, wo sieht man Defizite und damit Handlungsbedarf?

» Welche Marktforschungen werden im Produktlebenszyklus durchgeführt?

» Wie werden Marktforschungsergebnisse im Unternehmen verteilt?

» Wie wird gewährleistet, dass die jeweils relevanten Marktforschungsergebnisse bei Entscheidungen berücksichtigt werden?

Die Methoden

Die Studienerkenntnisse sind das Ergebnis eines mehrstufigen Verfahrens:

» Erarbeitung des Studienkonzeptes inklusive Fragebogen und Leitfaden für Experteninterviews

» Analyse vorhandener Daten und Publikationen (Desk Research): Market Insights Management und Customer Experience Management

» Primärerhebung

» Quantitative Erhebung: Befragung von Marketing/Mafo-Verantwortlichen (n=100)

» Expertengespräche: Case-Analyse und Trends (n=10)

» Analyse und Auswertung: Entwicklung von Best Practice-Ansätzen

Page 4: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 4 von 75 26.10.09

Wer sollte diese Studie lesen?

» Geschäftsführer, Leiter Marketing, Vertrieb und Strategie

» Verantwortliche für Marktforschung, CRM und Kundenservice

» Und alle, die als Berater und Dienstleister für ITK-Unternehmen tätig sind.

Über die Herausgeber

Über Mind Business Consultants

MIND ist eine Unternehmensberatung für Strategie und Management mit Sitz in Meerbusch. Unsere ITK-Marktexperten verfügen über konzeptionelles Know-how und nachweislich erfolgreiche Executive-Erfahrung, um alle Fragen des Business Development zu lösen. Wir beraten Technologie-Unternehmen, Dienstleister, Investoren und öffentliche Auftraggeber in den wertschöpfungskritischen Bereichen Strategieanalyse und -planung, Dienstentwicklung und Vermarktung sowie Kundenprozessoptimierung.

MIND bündelt langjährige Managementerfahrung in Marketing, Vertrieb, CRM und IT.

Weitere Informationen unter www.mind-consult.net

Über die ecco-Unternehmensberatung

Als An-Institut der Universität Oldenburg bietet die ecco Unternehmensberatung GmbH innovative und individuell zugeschnittene Beratungsleistungen. ecco betreut namhafte Technologieunternehmen im TK-Umfeld, öffentliche Auftraggeber und KMU. Die Beratungsschwerpunkte liegen seit vielen Jahren im Aufbau integrierter Managementsysteme (Qualitäts-, Umwelt-, Risiko- und Arbeitsschutzmanagement), in der Marktforschung und Marketingberatung.

Weitere Informationen unter www.ecco.de

Über die Autoren

Bernhard Steimel Inhaber MIND Business Consultants

Bernhard Steimel ist Inhaber der MIND Business Consultants mit Sitz in Meerbusch bei Düsseldorf. Seit 2000 ist der Unternehmensberater in zahlreichen Projekten für Telefongesellschaften, Softwareunternehmen und Systemhäuser tätig geworden. Ein Beratungsschwerpunkt sind Business Development und Marktentwicklungs-Programme.

Bernhard Steimel ist u.a. Mitbegründer der VOICE Days, Herausgeber der VOICE Community und Autor des Praxisleitfadens Mobile Marketing sowie weiterer Studien über die Märkte für Telekommunikation, IT und Neue Medien.

Zuvor baute er als Mitglied der Geschäftsleitung bei Heitzig Consult den Bereich Management Consulting mit auf. Als Marketingleiter der Düsseldorfer DIALOG Software + Telekommunikations AG konzipierte er eine neue Beratungsproduktlinie und etablierte sie im Markt. Bei o.tel.o war Bernhard Steimel im Key Account Management Vertrieb Handel tätig, wohin er nach einer Tätigkeit als Berater der Eutelis Consult in Ratingen gekommen war.

Bernhard Steimel erwarb das Diplom der Wirtschaftswissenschaften an der Bergischen Universität GH Wuppertal und den Bachelor's Degree in Economic Sciences an der Université de Paris, Sorbonne.

Page 5: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 5 von 75 26.10.09

Christian Halemba Partner MIND Business Consultants

Christian Halemba ist freier Berater und Partner der MIND Business Consultants mit Sitz in Meerbusch bei Düsseldorf. Er verfügt über langjährige Expertise sowohl in Marktforschungsmethoden als auch in der Anwendung in den ITK-Märkten. So ist er z.B. Mitautor einer IPTV-Studie, die u.a. Vermarktungsszenarien und Kundenakzeptanz untersucht. Schwerpunkt seiner Beratungstätigkeit ist Market Insights Management.

Zuvor war Christian Halemba Director Market Research & Database Marketing bei Unitymedia in Köln, wo er u.a. die Rolloutplanung der Triple Play-Angebote durch Geomarketing-Analysen unterstützt hat. Bei o.tel.o hat er zuvor als Leiter Market Research die Markenpositionierung durch mehrstufige Marktforschungsprozesse begleitet und ein Consumer-Panel entwickelt. Darüber hinaus hat er als Research Manager bei T-Mobile die Marktforschung verantwortet, auf deren Basis die erste Prepaid Karte im deutschen Mobilfunkmarkt entstand. Zuvor war Christian Halemba Marktforscher bei Ipsos und Camel und führte dort Deutschlands größtes Konsumentenpanel.

Christian Halemba ist Diplom Volkswirt und hatte während seines Studiums die Schwerpunkte Marktforschung und Marketing.

Christian Tönne Geschäftsführer ecco

Christian Tönne ist geschäftsführender Gesellschafter der ecco Unternehmensberatung Oldenburg. Beratungsschwerpunkte sind neue mobile Geschäftsmodelle, Produktmarketing und Prozessmanagement. Christian Tönne ist außerdem Dozent an der Universität Oldenburg für den Masterstudiengang Managementconsulting.

Als Leiter der Mobilfunksparte des Oldenburger Regionalcarriers EWE TEL verantwortete er zuvor in Zusammenarbeit mit Vodafone Aufbau und Einführung des mobilen Geschäftsfeldes. Davor war er im Produktmanagement und als Leiter des Qualitätsmanagements bei EWE TEL tätig. Bei der PricewaterhouseCoopers Unternehmensberatung arbeitete Christian Tönne als Berater im Rahmen umfangreicher SAP-Projekte in der Bankenbranche.

Christian Tönne studierte Volkswirtschaft und Politikwissenschaft an der Technischen Universität Braunschweig sowie an der Universität Hamburg.

Karsten Uphoff Berater ecco

Karsten Uphoff ist seit Juni 2007 Berater bei der ecco Unternehmensberatung. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Marktforschung, Marketingstrategien und kulturalistische Forschungsansätze.

Nach seiner Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann studierte er Wirtschaftswissenschaften an der Universität Oldenburg und war dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Absatz und Marketing sowie am Lehrstuhl für Unternehmensführung und betriebliche Umweltpolitik tätig. Darüber hinaus war er an der Konzeptionierung mehrerer (Marketing-) Lehrveranstaltungen im berufsbegleitenden, internetgestützten Studiengang "Business Administration" für Nachwuchsführungskräfte in KMU beteiligt.

Weitere Mitwirkende

Kim Krücken, Nina Spieker und Michaela Grüßing führten Desk Research und Entscheider-Interviews durch. Astrid Schäckermann war verantwortlich für die Endredaktion.

Page 6: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 6 von 75 26.10.09

Inhaltsverzeichnis (der Vollstudie)

Über die Studie ........................................................................................................3

Markforschung in der ITK-Branche am Scheideweg.....................................................................................3

Die zentralen Fragen der empirischen Untersuchung...................................................................................3

Die Methoden ..........................................................................................................................................3

Wer sollte diese Studie lesen? ...................................................................................................................4

Über die Herausgeber...............................................................................................................................4

Über die Autoren......................................................................................................................................4

Weitere Mitwirkende.................................................................................................................................5

Kernaussagen ..........................................................................................................7

A ITK-Märkte zwischen Innovationsstau und Sättigung....................................11

A.1 Supernova und neue Galaxien an den Schnittstellen zwischen IT, Telekommunikation und neuen Medien ............................................................................................................................11

A.2 Aktuelle Herausforderungen in der ITK-Branche............................................................................14

A.3 Führt die Marktforschung ein Schattendasein in der ITK-Branche?..................................................18

B Bestandsaufnahme: Stellenwert der Markforschung......................................21

B.1 Über die Befragung.....................................................................................................................21

B.2 Quellen der Marktforschungen.....................................................................................................23

B.3 Marktforschungsmethoden in den wichtigsten Themenfeldern........................................................24

B.4 Verankerung der Marktforschungen bei Entscheidungen................................................................30

B.5 Segmentspezifische Auswertung ..................................................................................................34

C Best Practice-Ansätze für ein besseres Marktverständnis ..............................38

C.1 Die Rolle der Marktforschung im Marktlebenszyklus.......................................................................38

C.2 Best Practice für die B2B-Marktforschung .....................................................................................40

C.3 Best Practice für die B2C-Marktforschung .....................................................................................45

C.4 Wissensmanagement in Sachen Marktforschung ...........................................................................54

D Neue Wege zum Kunden: Bauen Sie eine Standleitung..................................59

D.1 Neue Methoden für echte Customer Insights ................................................................................59

D.2 Neue organisatorische Verankerung der Marktforschung................................................................67

D.3 Die wichtigsten Handlungsfelder für das Management ...................................................................71

Anhang ...............................................................................................................73

Literaturverzeichnis ................................................................................................................................73

Abbildungsverzeichnis.............................................................................................................................74

Fallstudien Verzeichnis............................................................................................................................75

Page 7: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 7 von 75 26.10.09

Kernaussagen

TEIL A: Veränderungsdruck erzeugt Informationsbedarf – Insights als Engpass

Die ITK-Märkte sind durch gravierende Veränderungen gekennzeichnet: Globalisierung und Deregulierung führen zu Preisdruck, sinkenden Margen und Marktkonsolidierung. Neue Player aus dem Internet verändern die Spielregeln. Der rasante Wandel der Nachfragestrukturen stellt die Anbieter vor neue Herausforderungen. In immer mehr Marktbereichen, etwa dem Mobilfunksektor, scheinen Wachstumsgrenzen erreicht. Neue Märkte entstehen, und nicht immer ist klar, ob der nächste Hype auch auf einen nachhaltigen Bedarf trifft. Die Eruptionslinien, die durch erfolgreiche Innovationen wie beispielsweise den Musikhandel im Internet aufgeworfen werden, führen dazu, dass vormals erfolgreiche Geschäftsmodelle in Frage gestellt werden.

Im Geschäftskundensegment sind mit der Innovationsrate auch die Anzahl der Flops gestiegen. Immer weniger Produktneuheiten schaffen den Sprung vom Early Adopter-Markt zum Mainstream, weil das Produktangebot primär auf die „eingeschworene Gemeinschaft“ von technologieaffinen Unternehmen und Visionären ausgerichtet ist. Erfolge werden zumeist dort verbucht, wo der Leidensdruck der „frühen Mehrheit“ hoch und die neue Lösung geeignet ist, einen konkreten Mangel zu überwinden. Anbieter müssen folglich ein tieferes Verständnis darüber erlangen, wie diese eher pragmatisch handelnden „Mainstream“-Kunden „ticken“.

Sättigungstendenzen im Privatkundengeschäft lassen erwarten, dass die Kundenbindung eine vergleichbare Bedeutung wie die Neukundengewinnung erhalten wird. Diese Erkenntnis hat zwar ein Umdenken bei vielen Anbietern bewirkt, es führte aber oftmals nicht zu einer Verhaltensänderung. Erschwerend kommt hinzu, dass eine Lücke zwischen der Anbieterwahrnehmung und der des Kunden klafft. Experten bemängeln, dass ITK-Anbieter ihren Fokus zu wenig auf die Kundenwahrnehmung von Marke, Produkt und Dienstleistung setzen. Defizite in der Kundenausrichtung sind oftmals nicht bekannt oder werden verdrängt. Key Performance Indikatoren im Kundenservice reflektieren zumeist die Unternehmenssicht, nicht aber die Einschätzung der Kunden.

Neben strategischen Fehlentscheidungen ist die mangelnde Einbeziehung von Market Insights einer der wichtigsten Gründe, dass Unternehmen ihr Produkt- und Diensteangebot nicht mit dem erhofften Erfolg am Markt platzieren können.

TEIL B: Marktforschung führt ein Schattendasein bei ITK-Unternehmen

MIND und ecco haben im Sommer 2009 telefonisch eine Umfrage unter 100 Marketing-Entscheidern in der ITK-Branche durchgeführt, um den Stellenwert der Marktforschung in diesen Unternehmen zu beleuchten:

Empirische Untersuchen spielen kaum eine Rolle

In vielen Unternehmen wird Marktforschung ohne die klassischen Instrumente der externen Kundenbefragungen oder anderer primärstatistischer Erhebungsverfahren betrieben. Im Fokus stehen stattdessen Marktforschungsquellen, die durch subjektive Erfahrungswerte geprägt sind. So bilden Gespräche und persönliche Erfahrungswerte oftmals die Grundlage für das „Wissen über den Markt“ und sind ausschlaggebende Basis zahlreicher unternehmerischer Entscheidungen. Die wichtigste Informationsquelle ist das Internet.

„Marktforschung ist zu teuer!“

Hinter dieser sehr häufig geäußerten Aussage steckt die Überzeugung, dass sich Ausgaben für Marktforschung nicht rechnen. Marktforschung findet in vielen Unternehmen der ITK-Branche nur statt, wenn sie ohne großen Aufwand – quasi nebenbei – abläuft.

Trotz vergleichsweise geringer Marktforschungsaktivitäten fühlen sich die befragten Unternehmen über alle Themenbereiche gut informiert. Nur jedes zehnte Unternehmen bewertet den Grad der Informiertheit als unbefriedigend.

Page 8: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 8 von 75 26.10.09

Marktforschung nur unzureichend verankert

Bei den befragten Unternehmen wird Marktforschung eher ad hoc betrieben. Das Wissen wird nicht zu einem adressatengerechten „Informationsprodukt“ gebündelt. Nur jedes zweite Unternehmen nutzt Meetings, um Marktforschungsergebnisse bekannt zu machen.

Die Ergebnisse von Markterhebungen werden in vielen Unternehmen nicht gemeinsam interpretiert, sodass sie für die eigene Unternehmenssituation auch nicht ausreichend berücksichtigt werden können. In vielen Unternehmen existieren keine definierten Verfahren („action standards“), wonach bei bestimmten Marktforschungsergebnissen Konsequenzen einzuleiten bzw. Entscheidungen zu treffen sind.

Der geringe Stellenwert der Marktforschung wird von vielen Unternehmen damit begründet, dass sie Ergebnisse produziere, die oftmals schon bekannt seien. Trotzdem hat die Mehrheit der Befragten ein Problembewusstsein: Zwei Drittel meinen, die „Verankerung“ von Marktforschung in Unternehmensprozesse in der ITK-Branche sei nicht ausreichend realisiert.

TEIL C: Machen Sie den Research Check!

Innenansichten sind bequem, gehören aber auf den Prüfstand

In vielen B2B-Firmen wird davon ausgegangen, dass durch regelmäßigen Kontakt mit den Kunden alle notwendigen Informationen über den Markt, die Produkte, das Image und die Kundenzufriedenheit vorliegen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die interne Sicht über Marktmechanismen und Kundenzufriedenheit durch externe Erkenntnisse ergänzt werden sollte. Eine solche Außensicht liefert oftmals wichtige Erkenntnisse abseits bequemer Wahrheiten.

Kundenbefragungen sollten daher durch Fachinstitute organisiert und umgesetzt werden. Wichtig ist, dass der Auftraggeber im Zuge der Befragungen nicht genannt wird, um sozial erwünschtes Antwortverhalten auszuschließen. Nur so lassen sich objektive Ergebnisse erzielen.

Ähnlich wie es ein Budget für Marketing-Kommunikation gibt, sollten Ausgaben für Marktforschung fest eingeplant werden. Als Faustformel gilt ein Volumen von zehn Prozent der Vermarktungsaufwendungen. Auch die personellen Ressourcen sind zu berücksichtigen. In der Regel müssen keine neuen Mitarbeiter eingestellt werden, es reicht aus, die bestehenden Mitarbeiter fortzubilden und so zu coachen, dass sie bei Bedarf externe Kompetenz dazukaufen.

Für das Management in vielen B2B-Unternehmen ist es noch immer gewöhnungsbedürftig, ein Marktforschungsprojekt wirklich anzustoßen. Zunächst empfiehlt sich daher ein „Research Check“ mithilfe eines externen Fachmannes, um den Status aufzuzeigen, Informationslücken zu identifizieren und Handlungsbedarfe zu priorisieren.

Vom CRM zum Customer Experience Management

Marktforschern ist klar, dass mit den Daten und Informationen der gängigen CRM-Systeme die Kundenbeziehungen nicht ausreichend und damit nicht zufriedenstellend gemanagt werden können. Die notwendige Voraussetzung dafür ist, dass der Datenbestand Informationen über Kundenbedürfnisse und -erwartungen sowie über die Kundenzufriedenheit an den Customer Touchpoints enthält. Dies ist jedoch meistens nicht der Fall.

Die gängigen CRM-Initiativen sind meist zu IT-lastig, und sie sind organisatorisch bei IT oder Kundenservice nicht optimal angesiedelt. Dass trotzdem auf CRM als Allzweckwaffe gesetzt wird, könnte daran liegen, dass Unternehmen bereits erhebliche finanzielle Mittel in die Anschaffung der Systeme investiert haben.

Vonnöten ist jedoch die Konzentration auf Informationen, die wirklich relevante Aussagen über die Kunden und ihre Meinungen enthalten. Dazu muss bereits bestehendes Wissen über Kundenerwartungen und -zufriedenheit, das aus Befragungen stammt, mit berücksichtigt werden. Zusätzlich muss die Erlebnisdimension stärker als bisher einbezogen werden. In vielen Fällen wird es notwendig sein, neue Daten zu erheben, oft auch mit qualitativen Methoden. Das wirft für viele Marktforscher methodische und konzeptionelle Fragen auf.

Page 9: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 9 von 75 26.10.09

Den Erkenntnissen über die emotionalen Bedürfnisse, die losgelöst sein sollten vom eigenen Produkt, folgt die Customer Experience als die Summe aller Erfahrungen/Signale, die der Kunde empfängt. Die dafür in Frage kommenden Touchpoints, an denen die Signale ausgesendet werden, gilt es zu identifizieren.

Den Schritt vom CRM zum Customer Experience Management zu gehen heißt, konsequent die Kundenperspektive einzunehmen und zu wissen, wie die Kunden über Produkte und Dienstleistungen denken und was sie empfinden. Unternehmen müssen genau dieses Kundenverständnis entwickeln, um angemessen auf Marktveränderungen reagieren zu können.

Market Insights Management: Wissensmanagement in Sachen Marktforschung

Bei der elementar wichtigen, systematischen Aufbereitung, Ablage und Verwendung relevanter Marktforschungsergebnisse geht es zum einen darum, im Unternehmen eine gemeinsam akzeptierte Sicht der „Welt da draußen“ zu etablieren. Zum anderen müssen für die jeweiligen unternehmerischen Entscheidungszusammenhänge Markt, Produkte, Kunden etc. Informationen aufbereitet und bereitgestellt werden. Diese sehr komplexe Aufgabe erfordert ein professionelles Wissensmanagement in Sachen Marktforschung. Fünf Schritte führen zum Market Insights Managementsystem:

Schritt 1: Vollständigkeit des Marktwissens prüfen

Schritt 2: Aus Daten Erkenntnisse gewinnen – Die richtige Aufbereitung zählt!

Schritt 3: Ergebnisse bereitstellen – Die richtige Systematik wählen

Schritt 4: „Let it flow“ – Wie Market Insights besser zirkulieren

Schritt 5: Umsetzung – Das Wissen organisatorisch optimal verankern

Wird das profunde Wissen zusammengefasst und den Akteuren im Unternehmen verfügbar gemacht, fallen in der Zukunft keine Entscheidungen „wider besseres Wissen“. Die Vermeidung von Fehlentscheidungen etwa hinsichtlich der Markteinführung von Produkten oder das Umsetzen von Ergebnissen aus Kundenzufriedenheitsmessungen sind nur zwei Beispiele, die letztlich zu einem größeren Markterfolg führen werden.

TEIL D: Etablieren Sie Ihre Standleitung zum Kunden!

In die Erlebniswelt des Kunden eintauchen

„Ethnographische Marktforschung“ bietet die Möglichkeit, sich dem Kunden in seiner Alltagswelt zu nähern. Die Vorteile gegenüber klassischen Interviews und Fokusgruppen sind ein tieferes Verständnis des Kundenverhaltens, der Einblick in Gewohnheiten und die Einsicht in Szenen und Zusammenhänge, die im Teststudio verborgen blieben.

Hinter die Motiv-Kulissen schauen

Gerade in Innovations- und Positionierungsprozessen ist es notwendig, unterschiedliche Wissensquellen anzuzapfen und mögliche „blind spots“ auszuschalten. Die Kombination aus Gruppendiskussion und tiefenpsychologischen Verfahren kann die wahren Gründe für Kaufentscheidungen und Needs herausfiltern, die bei herkömmlichen Methoden hinter den Motiv-Kulissen verborgen bleiben.

Internet, Blog und das Web 2.0

Aus Kostengründen haben sich seit einigen Jahren Online-Befragungen zu einer ernst zu nehmenden Methodenalternative entwickelt.

Neben den fast schon als klassisch zu bezeichnenden, internetbasierten Befragungen haben sich in jüngster Zeit solche Marktforschungsansätze entwickelt, die unterschiedliche Elemente des Web 2.0 nutzen. Mit Hilfe neuster Softwaresysteme wird die Marktbeobachtung im Internet revolutioniert. Die in den Beiträgen enthaltenen Gefühlsäußerungen werden erkannt und zu einem aggregierten Stimmungsbild verdichtet.

Page 10: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 10 von 75 26.10.09

Automatisch und in Echtzeit – immer auf Ballhöhe

Automatisierte Erhebungsverfahren halten Einzug in der Marktforschung: Kundenbefragungen per Sprachcomputer, Software zur Gesprächsauswertung oder auch mobile Marktforschung werden in der aktuellen Diskussion als vielversprechend angesehen.

Zukunftsforschung für den Hausgebrauch

Die Methoden der Zukunftsforschung eignen sich auch für den Hausgebrauch: Wer neue Möglichkeiten entdecken und eine gemeinsame Marktsicht auf Trends und Entwicklungsfaktoren etablieren will, kann die Delphi-Methode als wirksames Instrument nutzen.

Was man sonst noch vom Kunden lernen kann

Aktuell begrenzt die ausschließliche Charakterisierung des durchschnittlichen Kunden den Aussagegehalt vieler Marktforschungsansätze. So verlockend es beispielsweise ist, die Weiterempfehlungsbereitschaft als alleinigen Indikator für die Kundenzufriedenheit zu verwenden, so gefährlich kann es sein, Treiberanalysen zu unterlassen und deren Einfluss auf den Gesamtaspekt der Kundenloyalität nicht zu ermitteln. Vielversprechende Ansätze ergeben sich dort, wo Unternehmen und Marktforscher unzufriedene Kunden einbinden, um bessere Services zu entwickeln.

Fazit: Die wichtigsten Handlungsempfehlungen

1. Systematische Verankerung der Kundensicht

Market Insights Management muss, wie andere qualitätsrelevante Arbeitsabläufe auch, mittels definierter und nachvollziehbarer Geschäftsprozesse effizient gestaltet werden. Marktinformationen werden nicht nur auf Top-Management-Ebene benötigt, sondern auch im operativen Bereich.

Klar definierte Action Standards vermeiden, dass Produktprozesse nur pro forma Vertriebs-Freigaben durchlaufen. Für alle Customer Touchpoints sollten Qualitäts- und Serviceziele definiert werden. Die Zielerreichung ist mittels Kunden-Feedback zu bewerten und diese Erkenntnisse sind bei Entscheidungen zu berücksichtigen.

2. Die neue Rolle des Marktforschers: „vom Datendrescher zum Kundenversteher“

Marktforscher sind aufgefordert, einerseits das Feld der Methoden- und Technologieentwicklung kontinuierlich zu beobachten und dabei zu bewerten, wo für ihre Kunden überzeugende Angebote entstehen. Andererseits müssen sie die neuen Angebote sinnvoll in ein (Marktforschungs-) Gesamtportfolio integrieren.

Marktforscher müssen im Unternehmen stärker in Erscheinung treten, um als Anwälte der Kunden erfolgreich agieren zu können. Das Selbstverständnis des Marktforschers muss sich wandeln. Dazu muss er auch die Angebotsseite im Blick haben. Damit die Marktforscher ihrer neuen Rolle gerecht werden können, sollte Market Insights Management im Organisationsgefüge des Unternehmens zwingend verankert werden.

3. Ein Appell an das Top-Management

Die strategische Verankerung der Kundensicht in den Unternehmenszielen erfordert eine „Kulturrevolution“ in vielen Unternehmen. Der erste Schritt ist ein besseres Verständnis der fundamentalen Unterschiede zwischen Kunden- und Unternehmenssicht. Das einfachste Mittel: Weg vom Schreibtisch, rein in das Kundenleben!

Setzen Sie bewusst auf ein besseres Markt- und Kundenverständnis! Begeben Sie sich auch selbst anonym in die Kundensituation. Nutzen Sie Marktforschung als Standleitung zum Kunden, um schneller, effizienter und erfolgreicher latente Bedarfe zu erkennen. Richten Sie Ihr Produkt- und Dienstleistungsangebot genau darauf aus, denn begeisterte Kunden sind Multiplikatoren der Stärken Ihres Unternehmens.

Page 11: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 11 von 75 26.10.09

A ITK-Märkte zwischen Innovationsstau und Sättigung

A.1 Supernova und neue Galaxien an den Schnittstellen zwischen IT, Telekommunikation und neuen Medien

Was ist ITK?

Bereits seit Anfang der 90er Jahre wird die Konvergenz von Informations- (IT) und Kommunikationstechnologie (Telekommunikation) diskutiert, als Einheit werden die unterschiedlichen Marktbereiche jedoch erst in den letzten Jahren betrachtet.

Die sachliche Marktabgrenzung ist alles andere als eine triviale Angelegenheit. Für die Ziele dieser Studie ist es aber wichtig, den Radar möglichst weit zu spannen und das Internet als Marktplatz für ITK-Leistungen und „Neue Medien“ mit zu betrachten. Denn die Veränderungen in der ITK-Branche werden maßgeblich durch neue Geschäftsmodelle und neue Player aus diesem Bereich geprägt. Auch hilft dieser Ansatz, die jeweils sehr unterschiedliche Entwicklungsdynamik einzelner Branchensegmente in Beziehung zueinander zu setzen. Während zum Beispiel die klassischen TK-Systeme kurz davor sind, als „Supernova“ zu verglühen, entstehen – getrieben durch die rasante Internetverbreitung – neue „Galaxien“ wie das mobile Internet.

In Anlehnung an etablierte Segmentierungsansätze wird folgende Systematik verwandt:

Abb.: ITK-Branchensystematik

Die ITK-Branche setzt sich aus fünf Teilmärkten zusammen: ITK-Hardware (wozu auch Consumer Electronics gezählt werden), Software, ITK-Services, TK-Dienste und „neue Medien“ (als Sammelposition für Dienstleistungen, die über das Internet angeboten werden).

Page 12: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 12 von 75 26.10.09

ITK wichtigster Wirtschaftszweig vor Automobilindustrie und Maschinenbau

Die Umsätze der ITK-Branche lagen 2008 bei rund 145 Mrd. Euro. Der Branchenanteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) Deutschlands betrug sechs Prozent, das ist mehr, als die Automobilindustrie oder der Maschinenbau jeweils erwirtschaften konnten.1

Abb.: Marktstruktur

Die ITK-Branche ist eine Dienstleistungsbranche. Die Wertschöpfung stammt zu 75 Prozent aus Software- und Service-Umsätzen; nur 25 Prozent der ITK-Umsätze werden mit System-Plattformen und Endgeräten erzielt.

Wachstumsdynamik hat sich abgekühlt

Die ITK-Industrie galt lange als Wachstumsbranche und Innovationsmotor. So ist die Bruttowertschöpfung der Branche seit Mitte der neunziger Jahre um fast 50 Prozent gestiegen.2

In den letzten Jahren hat sich das Wachstum deutlich verlangsamt. Nach einem Umsatzrückgang um 2,5 Prozent in 2009 wird für 2010 vom Bundesverband BITKOM ein Wachstum von 0,3 Prozent erwartet.

Ist die prosperierende Phase der ITK-Branche also bereits beendet?

Tatsächlich vollzieht sich die Entwicklung nicht einheitlich. Während zum Beispiel der TK-Markt mit durchschnittlich 2 Prozent schrumpft, wächst der IT-Markt auf geringem Niveau. Im Jahr 2008 wurde erstmals mehr Umsatz mit IT als mit Telekommunikation generiert.

Wird allein der IT-Markt betrachtet, zeigt sich auch hier, dass Veränderungen derzeit in zwei verschiedene Richtungen weisen. Während Software-Produkte und IT-Services nach zuletzt schlechten Werten wieder höhere Absatzzahlen erwarten lassen, wird im IT-Hardware-Markt ein erneuter Umsatzrückgang erwartet. Hintergrund dieser unterschiedlichen Wachstumsraten ist offensichtlich das strategische Verhalten der Nachfrager. Angesichts der globalen Finanzkrise liegt der Fokus vieler Unternehmen auf Kostenreduzierung und der effizienten Nutzung der bestehenden Infrastruktur.

1 Vgl. Statistisches Bundesamt, 2009 2 Vgl. BITKOM und Berger, 2007

Page 13: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 13 von 75 26.10.09

Zur Realisierung wird in stärkerem Maße IT-Know-how und Software benötigt, weniger dagegen neue Hardware. Im Software-Segment ist einerseits zu beobachten, dass verstärkt auf Open Source Software umgestiegen wird, die keine Lizenzkosten verursacht. Andererseits wird mehr Standardsoftware anstelle von maßgeschneiderten Produkten genutzt. 3

Im Umbruch befindet sich auch der Markt für Telekommunikation. Mobile Datendienste gewinnen an Bedeutung, das Umsatzplus dieses Segmentes kann die insgesamt rückläufige Tendenz wegen sinkender Sprachumsätze allerdings nicht kompensieren. Während im Handy-Endgerätemarkt Sättigungserscheinungen zu erkennen sind, erfreuen sich Smartphones durch viele neue Entwicklungen großer Beliebtheit. Steigende Smartphone- und Netbook-Umsätze können den Umsatzrückgang im Endgerätemarkt aber nur abmildern (-5,4%).

Die Consumer Electronics konnten dank des Flachbildschirm-Booms der letzten beiden Jahre ein Umsatzplus von etwa 8 Prozent verzeichnen. Trotz steigender Absatzzahlen ist in diesem Jahr mit einer Umsatzverschlechterung zu rechnen. Die Durchschnittspreise der Produkte sind im Vergleich zum Vorjahr um bis zu 20 Prozent gesunken.4

Da „Neue Medien“ durch stetige Veränderungen und Entwicklungen gekennzeichnet sind, können die Umsatzzahlen nicht für das gesamte Segment beziffert werden. Die neuen Medien setzen sich aus bereits etablierten Produkten wie dem eCommerce und Tonbild-Datenträgern sowie aus relativ jungen Umsatzgruppen wie dem kostenpflichtigen Download zusammen. Die Umsätze und das Wachstumspotenzial variieren sehr stark. Die Online Werbung beispielsweise wies in den letzten Jahren Wachstumsraten bis zu 100 Prozent auf, und ihr Umsatz lag im Jahr 2008 bei 1,3 Mrd. Euro.5 Bildton-Datenträger kamen im gleichen Jahr auf eine ähnliche Summe, das Segment stagniert jedoch seit geraumer Zeit und fluktuiert zwischen geringen Zuwächsen und Abnahmen.6 Den größten Umsatz generiert in der Gruppe der neuen Medien das eCommerce mit zuletzt etwa 20 Mrd. Euro und einem Wachstum von rund 10 Prozent in den letzten beiden Jahren.7 Ein vergleichsweise kleines Feld ist mit 250 Mio. Euro Umsatz das Download Segment (Musik, Software, Film), Wachstumsraten von durchschnittlich 20 Prozent in den letzten drei Jahren lassen aber Potenzial erkennen.8

Die Wachstumsdynamik der ITK-Märkte hat sich insgesamt deutlich abgeschwächt. Marktsättigungstendenzen sind in den großen Volumenmärkten Mobilfunk und Festnetz sowie für Breitbandanschlüsse absehbar. Der in nahezu allen Marktsegmenten beobachtbare Preisverfall der vergangenen Jahre führt, trotz Volumenwachstums, insgesamt zu einer Stagnation der Umsätze.

Potenziale, die die Erlössituation wieder verbessern könnten, liegen in der Breitband-Nutzung – auch von unterwegs. Tendenziell ist zu beobachten, dass das Handy als drittes Medium neben TV und Computer tritt. Der Verkauf von digitalen Medien und Internet-Plattformen á la Apple Store sowie werbefinanzierte Geschäftsmodelle nähren den Optimismus der ITK-Entscheider. Allerdings sehen einige Experten „Umsetzungsdefizite von Innovationen in marktreife Produkte" als gegenwärtige Schwäche des ITK-Standortes Deutschland.

Unternehmensanzahl, Größe und Konzentrationstendenzen

Die große Mehrheit der Akteure der ITK-Branche auf Anbieterseite sind mittelständische Unternehmen.9 2008 bezifferte das statistische Bundesamt die Zahl der ITK-Unternehmen mit 67.148. Darunter befanden sich 4.146 Hardware produzierende Firmen und 63.002 Unternehmen, deren Leistungserstellung Software und/oder IT-Services beinhaltete.10 Die letztgenannten Geschäftsfelder repräsentierten 94 Prozent der ITK-Unternehmen.

3 Vgl. DETECON, 2009 4 Vgl. BITKOM, 2009 5 Vgl. BITKOM, 2008 6 Vgl. BVV, 2009 7 Vgl. HDE, 2007 8 Vgl. BITKOM/GFK, 2008 9 Maximal 249 Beschäftigte sowie 50 Millionen Euro Jahresumsatz, Bilanzsumme bis 43 Millionen Euro 10 Vgl. BMWi/TNS Infratest, 2009

Page 14: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 14 von 75 26.10.09

Trotz der verhältnismäßig geringen Zahl der Hardware produzierenden Unternehmen hat dieses Segment einen Anteil von ca. 30 Prozent am Marktvolumen der ITK-Branche in Deutschland.

Abb.: Top 10 der ITK-Unternehmen

Die sechs größten TK-Unternehmen erwirtschaften zusammen etwa 75 Prozent des gesamten Umsatzes dieser Sparte, während die vier größten IT-Unternehmen lediglich rund 35 Prozent der gesamten IT-Umsätze auf sich vereinen.

Der Jahresumsatz des größten TK-Unternehmens hierzulande, der Deutschen Telekom AG, beträgt rund 30 Mrd. Euro. Nochmal den gleichen Betrag bringen alle weiteren Anbieter des TK-Marktes auf.11 Im IT-Segment sieht es ähnlich aus: Wiederum gemessen am Umsatz, ist die Telekomtochter T-Systems das größte IT-Unternehmen Deutschlands. Sie erwirtschaftete im Jahr 2008 auf dem deutschen Markt anderthalb Mal so viel Umsatz wie Hewlett-Packard, das weltweit größte IT-Unternehmen.

Die Konzentrationsprozesse in der TK-Branche sind weiter fortgeschritten als im mittelständisch geprägten IT-Bereich. Der TK-Markt wird von einigen großen Anbietern bestimmt, die einen überdurchschnittlichen Umsatzanteil auf sich vereinen.

A.2 Aktuelle Herausforderungen in der ITK-Branche

Veränderungen erzeugen Leidensdruck?

Die ITK-Märkte sind durch gravierende Veränderungen gekennzeichnet:

» Globalisierung und Deregulierung der Telekommunikations- und Medienmärkte haben die Wettbewerbsintensität gesteigert. Preisdruck, sinkende Margen und Konsolidierung sind die Konsequenzen.

» Neue Player verändern die Spielregeln. Etwa dadurch, dass die Deutsche Telekom mit ihrer Sparte T-Home Entertain in Wettbewerb zu den Kabelnetzbetreibern und zum Pay-TV Anbieter Sky tritt oder dass Internet-Firmen wie Google eine neue Herausforderung nicht nur für Microsoft darstellen, sondern auch für Telekommunikationsanbieter.

11 Vgl. Computerwoche, 2008

Page 15: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 15 von 75 26.10.09

» Vielfach wird ein und derselbe Bedarf von unterschiedlichen Produktangeboten abgedeckt. Auch hier ein Beispiel: Konsumenten können auch mit einer WII Station Filme downloaden oder mit dem iPhone Fotos in akzeptabler Qualität aufnehmen. Neue Substitutionsbeziehungen und Migrationsbewegungen sind das Ergebnis.

» Auch der rasante Wandel der Nachfragestrukturen stellt die Anbieter vor neue Herausforderungen. Das Internet hat das Konsumentenverhalten nachhaltig verändert. Eine höhere Wechselbereitschaft in Verbindung mit einer abnehmenden Kundenloyalität sowie eine höhere Preissensitivität kennzeichnen den Kunden von heute.

» In immer mehr Marktbereichen, etwa dem Mobilfunksektor, scheinen Sättigungsgrenzen erreicht, andere sind gereift oder befinden sich im Produktlebenszyklus in der Phase des Niedergangs.

» Neue Märkte entstehen, und nicht immer ist klar, ob der nächste Hype auch auf einen nachhaltigen Bedarf trifft. Mit der Innovationsrate steigt die Anzahl der Flops!

» Die Eruptionslinien, die durch erfolgreiche Innovationen wie beispielsweise den Musikhandel im Internet aufgeworfen werden, führen dazu, dass vormals erfolgreiche Geschäftsmodelle in Frage gestellt werden. Auch Marktführer denken folglich über eine Verlagerung ihrer Wertschöpfung nach und betreiben eine strategische Neupositionierung.

Immer mehr Unternehmen erkennen inzwischen den großen Veränderungsdruck, der mit diesen Entwicklungen einhergeht. Im Folgenden werden die Herausforderungen sowohl im Geschäftskundensegment (B2B) als auch im Privatkundengeschäft (B2C) anhand ausgewählter Marktbereiche konkretisiert.

B2B – Der steinige Weg vom Early Market zum Mainstream

Von den rund 3,2 Millionen Unternehmen in Deutschland gehören 2,9 Millionen zu den Kleinstfirmen mit weniger als zehn Beschäftigten. In nur gut 10.000 Unternehmen arbeiten mehr als 250 Menschen. Auf diese Top 10.000 konzentrieren sich die meisten ITK-Anbieter, daher sind Preise und Margen in diesem Kundensegment massiv unter Druck geraten. Ob TK-Dienste, Software oder IT-Dienstleistungen – es herrscht Verdrängungswettbewerb in den Volumenmärkten.

Neue Wachstumsquellen sollen weiterhin primär durch technologische Innovation sprudeln. In der Vergangenheit kam dem Geschäftskundenmarkt oftmals die Vorreiterrolle auch für die Adoption neuer Technologien im Privatkundenmarkt zu (siehe E-Mail, DSL oder Mobilfunk). Mittlerweile liefert immer häufiger das Endkundengeschäft die Impulse. Aktuelle Beispiele sind die Nutzung von Skype, Facebook, Twitter und weiteren Web 2.0-Anwendungen.

Dramatisch erhöht hat sich in den letzten 20 Jahren die Innovationsfrequenz. Nie zuvor wurden Entscheider mit derart vielen Produkten zur Optimierung von Kommunikation, Geschäftsprozessen und Informationsmanagement konfrontiert. VoIP, EAI, ASP, SaaS, RFID, Cloud Computing und UC lauten einige der Akronyme, die für viele Verantwortliche mehr Fragen aufwerfen, als dass sie konkrete Nachfrage auslösen.

Was von Anbieterseite häufig als Investitionsstau bemängelt wird, kann auch als Innovationsstau bezeichnet werden, denn die mangelnde Bereitschaft der Entscheider auf Kundenseite, sich mit neuen Lösungen auseinanderzusetzen, kann daran liegen, dass diese Produkte ihren tatsächlichen Bedarf nur unzureichend befriedigen.

Immer weniger Innovationen schaffen folglich den Sprung vom Early Adopter-Markt zum Mainstream, obwohl eine „eingeschworene Gemeinschaft“ von technologieaffinen Unternehmen und Visionären sie bereits einsetzt.

Page 16: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 16 von 75 26.10.09

Die Gartner Hype-Kurve weist einige Beispiele auf, Paradebeispiel ist die Videotelefonie. Aber auch Wiki-Systeme für Unternehmen haben trotz positiver Prognose die breite Akzeptanz noch nicht erlangt. RFID-Systeme sollten laut Gartner Prognose von 2003 den Durchbruch zum Mainstream in zwei bis fünf Jahren schaffen, jedoch ist dieser Schritt bis heute nicht gelungen.12 Die Liste ließe sich beliebig verlängern.

Abb.: Gartner Hype-Kurve

Erfolge werden in der Regel dort verbucht, wo der Leidensdruck hoch und die neue Lösung geeignet ist, einen konkreten Mangel zu überwinden. Aktuelle Beispiele für erfolgreiche Markteinführungen der letzten Jahre sind Callcenter Software, CRM und ERP-Systeme, die mittlerweile auch im Mittelstand zum Einsatz kommen.

Worin liegen generell die Gründe dafür, dass sich viele gute Produktideen nicht auf Dauer durchsetzen?

Eine nähere Betrachtung der Ursachen dieser Kluft zum Mainstream zeigt häufig, dass:

» nur unzureichende Informationen über vorhandene Marktpotenziale vorliegen,

» kein klares Verständnis darüber herrscht, wie die „frühe Mehrheit“ der eher pragmatisch handelnden „Mainstream“-Kunden „tickt“, denn die Anbieter-Wahrnehmung ist meist von den Early Adopter-Kunden geprägt, die über besondere technologische Kompetenzen verfügen, und schließlich

» das Produkt zu komplex ist, um es erfolgreich zu vermarkten und zum Einsatz zu bringen; damit ist es aus Kundensicht unvollständig.13

Im Geschäftskundensegment sind mit der Innovationsrate auch die Anzahl der Flops gestiegen. Immer weniger Produktneuheiten schaffen den Sprung vom Early Adopter-Markt zum Mainstream, weil das Produktangebot primär auf die „eingeschworene Gemeinschaft“ von technologieaffinen Unternehmen und Visionären ausgerichtet ist. Erfolge werden zumeist dort verbucht, wo der Leidensdruck der „frühen Mehrheit“ hoch und die neue Lösung geeignet ist, einen konkreten Mangel zu überwinden. Anbieter müssen folglich ein tieferes Verständnis darüber erlangen, wie diese eher pragmatisch handelnden „Mainstream“-Kunden „ticken“.

12 Vgl. Gartner, 2009 13 Vgl. G. A. Moore, 2006

Page 17: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 17 von 75 26.10.09

Sättigungstendenzen im B2C – Vom Neukundenfang zur Kundenbindung

Besonders im Privatkundenbereich müssen sich die handelnden Akteure der ITK-Branche verändertem Kundenverhalten stellen. Einige Märkte nähern sich Sättigungsgrenzen oder haben diese bereits überschritten. Hinzu kommt ein weiterer Faktor: Durch die Konvergenz der Märkte erhalten die Konsumenten zunehmend mehr Auswahl. Zu beobachten sind deutliche Substitutionsbeziehungen zwischen Festnetz und Mobilfunk, aber auch zwischen Internet und TV-Nutzung.

Beispiel Mobilfunkmarkt: In Deutschland sind über 100 Millionen SIM-Karten registriert, diese Zahl übersteigt die Einwohnerzahl deutlich. Zudem sinken die Tarife beständig, was Discount-Anbieter noch einmal beschleunigt haben. Allein von 2005 bis 2008 verringerten sich die Mobilfunkpreise um 13 Indexpunkte.14 Der Preis eignet sich kaum noch als Differenzierungsmerkmal, falls er im Tarifdschungel überhaupt jemals eine gewichtige Rolle gespielt hat. Um sich weiterhin Marktanteile zu sichern, müssen die Anbieter Kundenbindung zu einem strategischen Thema befördern.

Ein Statement aus dem Management der Kunden-Services von O215 bringt es auf den Punkt:

„Den tatsächlichen Neukunden gibt es eigentlich gar nicht. Wir wissen, dass wir unsere Kunden nur von unseren Wettbewerbern gewinnen können, also gilt es alles zu tun, um für diese Kunden nachhaltig attraktiv zu sein.“

Auch im Breitbandmarkt (im wesentlichen DSL) könnte es bald zu Sättigungserscheinungen kommen. Gegenwärtig verfügen 56 Prozent der deutschen Haushalte über einen Breitbandanschluss. Das sind zwei Drittel aller Internetanschlüsse in Haushalten.16 Die Nachfragesättigung ist dennoch absehbar, weil sich die Zahl der DSL Neuanschlüsse von 4,3 Millionen im Jahr 2006 auf 2,4 Millionen im Jahr 2008 reduzierte.17

Etliche Anbieter im Breitbandmarkt versuchen seit geraumer Zeit, die Kundenbindung durch Kombiprodukte zu stärken. Triple-Play-Angebote mit Fernsehen, Internet und Telefon sind ein Ausdruck dieser Entwicklung. Wer seine Kunden jedoch überzeugen möchte, auch ein zweites und ein drittes Produkt von ihm zu kaufen, der muss zunächst sicherstellen, dass die Kunden mit den bisherigen Leistungen zufrieden sind.

Doch das Umdenken ist bei vielen Anbietern noch nicht in der Marktbearbeitungsstrategie angekommen. Auf der Mängelliste stehen:

» Es werden „unfertige“ Produkte gelauncht, die aus Kundensicht nicht funktionieren.

» Unübersichtliche Tarifstrukturen und Sterntexte lassen das Verbrauchervertrauen sinken.

» Serviceleistungen werden nicht als Produktbestandteil betrachtet, sondern als zusätzliche Kosten im Aftersales.

» Mitarbeiterverhalten und interne Prozesse sind in vielen Fällen noch weit von einer Fokussierung auf die Kunden entfernt.

Sättigungstendenzen im Privatkundengeschäft lassen erwarten, dass die Kundenbindung eine vergleichbare Bedeutung wie die Neukundengewinnung erhalten wird. Diese Erkenntnis hat zwar ein Umdenken bei vielen Anbietern bewirkt, führte zumeist aber nicht zu einer Verhaltensänderung.

Erschwerend kommt hinzu, dass eine Lücke zwischen der Anbieterwahrnehmung und der des Kunden klafft. Experten bemängeln, dass ITK-Anbieter ihren Fokus zu wenig auf die Kundenwahrnehmung von Marke, Produkt und Dienstleistung richten. Defizite in der Kundenausrichtung sind oftmals nicht bekannt oder werden verdrängt. Key Performance Indikatoren im Kundenservice reflektieren zumeist die Unternehmenssicht, nicht aber die Einschätzung der Kunden.

14 Vgl. Statistisches Bundesamt, 2007 15 Kai Czeschlik, O2, Vice President Customer Services, Vgl. Interview Czeschlik, 2009 16 Vgl. BMWi/TNS Infratest, 2009

17 Vgl. FAZ, 2009

Page 18: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 18 von 75 26.10.09

A.3 Führt die Marktforschung ein Schattendasein in der ITK-Branche?

Die beschriebenen Herausforderungen führen zu erhöhtem Informationsbedarf seitens der Unternehmen. Dieser wiederum erfordert regelmäßige Statusanalysen über Marktgrößen, Potenziale, Zielgruppen, Bedarfe und Kundenverhalten.

Aber werden die benötigten Informationen durch systematische Marktforschung tatsächlich bereitgestellt?

Die Aufgabe der Marktforschung

Durch das Erheben und Aufbereiten von Daten und quantitativem Wissen führt Marktforschung zu einem besseren Kundenverständnis und damit zu Wettbewerbsvorteilen. Managemententscheidungen können effizienter und risikoärmer gestaltet werden, die Flopraten sinken.

Systematische Marktforschung hilft konkret bei der Beantwortung folgender Fragen:

Abb.: Der Research Check

Die Marktforschung wirkt als eine Art „Central Intelligence Agency“ für das Unternehmen, indem mit ihrer Hilfe Informationen aus externen und internen Quellen sowie eigenen Erhebungen zusammengetragen werden. Auf dem „Radar“ stehen Markt & Trends, Produkt & Wettbewerb, Kunde, Marke und Vertriebskanäle. Aus Informationen „Handlungswissen“ zu machen und zu gewährleisten, dass Erkenntnisse nicht verloren gehen und bei wichtigen unternehmerischen Entscheidungen berücksichtigt werden, sollte die Maxime eines jeden Marktforschers sein.

ITK ein Entwicklungsland in Sachen Marktforschung?

Experten, die gängige Marktforschungspraktiken in der ITK-Branche betrachtet haben, bemängeln die insgesamt zu geringen Budgets für klassische Marktforschung. Nur 7 Prozent der Marktforschungsausgaben in Deutschland kommen nach Angaben des Arbeitskreises deutscher Marktforschungsinstitute aus der ITK-Branche; mit Abstand führend ist die Konsumgüterindustrie.

Page 19: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 19 von 75 26.10.09

Abb.: Marktforschungsausgaben in Deutschland

Ein signifikanter Anteil der Ausgaben für die Marktforschung in der ITK-Branche stammt von den Großunternehmen, die im B2C-Bereich stark sind. Bei den anderen wird oftmals der Mangel an wirklich relevanten Erkenntnissen dafür verantwortlich gemacht, dass die Marktforschung einen relativ geringen Stellenwert einnimmt.

Woran kann das liegen?

» Manager sehen sich als Experten und fühlen sich auch ohne Marktforschung gut informiert.

» Man hält Marktforschung für zu teuer im Vergleich zu dem, was sie an relevanten Entscheiderinformationen liefert.

» Externe Marktforscher werden als Sparringspartner nicht akzeptiert, da sie nicht über ausreichendes Branchen-/Produktwissen verfügen.

» Unternehmenskultur und eingespielte Prozesse lassen wenig Raum für eine neue Verankerung der Marktforschung.

» Insgesamt verspürt man bei diesem Thema keinen wirklichen Leidensdruck.

In diesen Unternehmen ist das Produktmanagement die treibende Kraft. Innovationen sind häufig technologiegetrieben. Analystenreports dienen zumeist der Rechtfertigung der eigenen Strategie. Customer Relationship Management wird primär unter Key Performance Kriterien aus Unternehmenssicht betrachtet, die eigentliche Erlebniswelt des Kunden bleibt außen vor.

Manager erwarten kaum relevante Erkenntnisse durch die Marktforschung und räumen ihr daher nur einen relativ geringen Stellenwert ein. Sie selbst sehen sich als Experten und fühlen sich trotz geringer Marktforschungsaktivitäten gut informiert. Der Leidensdruck ist entsprechend gering.

Von Daten bei Wissensträgern zu Market Insights für Entscheider

In Unternehmen, in denen regelmäßig umfangreiche Daten erhoben und analysiert werden, können auf Managementebene risikofreie oder zumindest risikoarme Entscheidungen getroffen werden. Soweit die Theorie. Dass sich die erhoffte Risikominimierung oft nicht einstellt, hat mehrere Ursachen:

Page 20: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 20 von 75 26.10.09

Abb.: Mangelnde Market Insights

» Die Erkenntnisse sind in wichtigen Fragen lückenhaft. Am häufigsten kommt es vor, dass Kundenbedürfnisse und deren Potenziale nicht richtig erkannt werden. Lückenhaft ist vor allem die Identifikation emotionaler Needs, da deren Einfluss oft unterschätzt wird und die psychologischen Erhebungsmethoden nicht ausreichend bekannt sind. Ein zweiter Punkt ist, dass Inhouse-Wissen, sei es protokolliert oder lediglich in den Köpfen einiger Fachleute vorhanden, nicht konsolidiert einbezogen und mit externen Erkenntnissen justiert wird.

» Die gewonnenen Erkenntnisse geraten über die Zeit in Vergessenheit. Mangelhaft stellt sich vor allem die Kategorisierung und Speicherung der erhobenen Daten dar. Nach Aufbereitung und Zirkulation der Ergebnisse findet sich das „Informationsprodukt“ häufig in verschiedenen Ordnern wieder, und nur die direkt Beteiligten wissen zu einem späteren Zeitpunkt noch, wo es steht und was genau es besagt.

» Wichtige Erkenntnisse sind nicht immer präsent, wenn Entscheidungen anstehen. Das hat vor allem organisatorische, manchmal auch politische Gründe. Der Stellenwert der betrieblichen Marktforscher ist vor allem in den Großunternehmen nicht optimal. Zu selten finden sie ausreichend Gehör in Entscheidungsgremien. Das liegt auch daran, dass ihr Profil tendenziell dem Methoden- und Datenfachmann entspricht und ihre Handlungs-empfehlungen die Mechanismen der Angebotsseite nur unzureichend erkennen lassen.

Neben strategischen Fehlentscheidungen ist die mangelnde Einbeziehung von Market Insights einer der wichtigsten Gründe, dass Unternehmen ihr Produkt- und Diensteangebot nicht mit dem erhofften Erfolg am Markt platzieren können. Weniger schwer wiegen, so die Erfahrungen von Unternehmensberatern, ein unzureichendes Projektmanagement, mangelnde Skills oder Budgetengpässe.

Das nächste Kapitel ist empirisch angelegt und untersucht, wie es mit den gängigen Marktforschungs-Praktiken der ITK-Unternehmen aussieht, welche Daten erhoben werden, was mit den Daten passiert und ob sie wirklich als hilfreich eingestuft werden. Außerdem wird gefragt, wie der Status quo in den Unternehmen empfunden wird.

Page 21: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 21 von 75 26.10.09

B Bestandsaufnahme: Stellenwert der Markforschung

B.1 Über die Befragung

Die Befragung von Marketingentscheidern in Unternehmen der ITK-Branche hat zum Ziel, den Umgang mit erfolgsrelevanten Markt- und Kundeninformationen zu erfassen und zu bewerten. Hierzu wurde für den deutschsprachigen Raum ermittelt, welchen Stellenwert die Marktforschung hat, welche Verfahren eingesetzt werden und welchen Einfluss Marktforschungsergebnisse auf unternehmerische Entscheidungen haben.

Darüber hinaus wurde untersucht, welche Quellen Marketingverantwortliche im Zuge der Entscheidungsfindung heranziehen und wie gut sie sich bei unterschiedlichen Themen informiert fühlen. Dabei wurde insbesondere erfragt, in welcher Form Marktforschungs-ergebnisse aufbereitet und im Unternehmen weitergegeben werden.

Abb.: Untersuchungsdesign

Umfang der Studie

Die Primärerhebung wurde im Sommer 2009 telefonisch durchgeführt. Von 2184 identifizierten ITK-Unternehmen wurden 674 kontaktiert. Aus 100 von ihnen stand ein Gesprächspartner für ein vollständiges Interview zur Verfügung.

Sehr viel Wert wurde auf die Auswahl der richtigen Ansprechpartner gelegt. Es wurden ausschließlich Marketing-Entscheider befragt. Alle Interviews wurden von Beratern von MIND und ecco durchgeführt.

Die vorliegende Befragung hat nicht den Anspruch, als repräsentativ zu gelten. Zielsetzung war es vielmehr, einerseits den Status bei den wichtigsten Market Playern aufzunehmen (Auswahl nach dem Konzentrationsprinzip), und andererseits ein Bild über den Stellenwert der Marktforschung in kleinen und mittleren Unternehmen zu gewinnen. Dabei sollte das Spektrum von geschäftskunden- und privatkundenorientierten Unternehmen sowie der verschiedenen Produktmärkte bestmöglich abgebildet werden.

Page 22: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 22 von 75 26.10.09

Befragte Unternehmen

Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen sind im B2B-Bereich tätig, jedes dritte zielt auf den Endkunden (B2C). Zu den Auskunft gebenden Firmen und Konzernen gehören nahezu alle großen Player.

Abb.: Struktur der Befragungsteilnehmer

Die Hälfte der Personen, die interviewt wurden, sind Führungskräfte im Marketing, denen die Marktforschungsteams unterstellt sind. Die andere Hälfte zählt zu Geschäftsführern, zum Vorstand kleinerer Unternehmen, zu den Leitern von Organisationsbereichen oder dem Vertrieb, zu den Verantwortlichen für Marktforschung und Kommunikation sowie den Managern aus dem strategischen Marketing.

Die Befragungsteilnehmer kommen aus Unternehmen aller Größen- und Umsatzklassen, vom Venture Capital finanzierten Kleinunternehmen bis zum Großkonzern. Dabei handelt es sich überwiegend um Anbieter von TK-Diensten (38%), ITK-Services (19%) und Software (18%). Produzenten von ITK-Hardware waren mit acht Prozent enthalten. Lediglich die Anbieter „neuer Medien“ sind in der Stichprobe kaum enthalten.

Trotz der relativ geringen Stichprobengröße zeigen die Ergebnisse sehr deutlich den Status der Aktivitäten an. Bereits nach einigen Dutzend Interviews stabilisierten sich die Antwortmuster.

Page 23: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 23 von 75 26.10.09

B.2 Quellen der Marktforschungen

Marktforschung ohne Marktforschung?

Empirische Erhebungen spielen in den Unternehmen der ITK-Branche kaum eine Rolle.

Diese These wird durch die Befragungsergebnisse bestätigt: Jedes zweite Unternehmen gibt an, dass keine eigenen Befragungen, etwa durch externe Institute, durchgeführt werden.

Abb.: Quellen der Marktforschung

Der direkte Austausch mit Geschäftspartnern, Lieferanten und Kunden oder auch das Internet zählen zu den die wichtigsten Quellen von Markt- und Kundeninformationen.

Insbesondere das Internet hat in den letzten Jahren als Quelle für Informationsbedarfe aller Art enorm an Bedeutung gewonnen. Und es hat, wie in anderen unternehmerischen Handlungskontexten auch, die Arbeitsweise und Recherchebasis stark verändert.

Der Besuch von Messen und Kongressen wird neben den vielleicht primären Zielen der Kontaktpflege und Geschäftsanbahnung von vielen regelmäßig auch als wichtige Informationsquelle für Marktforschung genutzt – mehr als der Hälfte der Befragten gab dies an.

Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen beobachtet kontinuierlich die Auslandsentwicklungen im eigenen Geschäftsfeld, um dort gewonnene Erkenntnisse möglicherweise auf den Inlandsmarkt zu übertragen.

Die „klassische“ Marktforschung wird nur von 24 Prozent regelmäßig durchgeführt. Marktreports werden im Zuge der Datengewinnung noch von ca. 16 Prozent der Befragten genutzt. Eine noch geringere Relevanz haben Daten, die im Rahmen von Beratungsprojekten aufbereitet worden sind.

Zwischen Unternehmen verschiedener Größenklassen konnten zudem zahlreiche signifikante Unterschiede in der Nutzungsintensität von Marktforschungsverfahren nachgewiesen werden (vgl. Kapitel B5: segmentspezifische Auswertungen).

Das Internet ist aktuell die wichtigste Informationsquelle. Gespräche und persönliche Erfahrungswerte bilden darüber hinaus oftmals die Grundlage für das „Wissen über den Markt“ und sind ausschlaggebende Basis zahlreicher unternehmerischer Entscheidungen.

Page 24: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 24 von 75 26.10.09

In vielen Unternehmen wird Marktforschung ohne die klassischen Instrumente der externen Kundenbefragungen oder anderer primärstatistischer Erhebungsverfahren betrieben. Im Fokus stehen stattdessen Marktforschungsquellen, die durch subjektive Erfahrungswerte geprägt sind.

Klassische Marktforschung zahlt sich nicht aus?

Eine knappe Mehrheit der befragten Unternehmen führt keine klassischen Marktforschungserhebungen durch. Vor allem im B2B-Bereich und im Mittelstand gibt es Vorbehalte. Häufig genannte Gegenargumente wurden im Zuge der Befragung auf ihre Relevanz hin überprüft.

Abb.: Gründe gegen Marktforschung

In vier von fünf Unternehmen wird Marktforschung als zu teuer angesehen – entweder absolut oder im Verhältnis zum Erkenntniszugewinn. Jedes zweite Unternehmen ist der Meinung, mögliche Ergebnisse bereits zu kennen, zum Beispiel jene über eigene Schwachpunkte im Produktangebot oder Service. Zusätzliche Erhebungen scheinen ihnen daher nicht nötig. Mehr als 40 Prozent sprechen den externen Marktforschern ausreichende Branchenkenntnisse ab. Jedes vierte Unternehmen meint, klassische Verfahren berücksichtigten die Besonderheiten ihres Marktes kaum oder gar nicht.

„Marktforschung ist zu teuer!“ Hinter dieser sehr häufig getroffenen Aussage steckt die Überzeugung, dass sich Ausgaben für Marktforschung nicht rechnen.

Marktforschung findet in vielen Unternehmen der ITK-Branche nur statt, wenn sie ohne großen Aufwand – quasi nebenbei – betrieben werden kann. Dort, wo sie Geld und Zeit kostet, sind die befragten Unternehmen sehr viel zurückhaltender in ihrem Engagement. Die Schlussfolgerung liegt nahe, dass der Marktforschung keine Schlüsselrolle für eine erfolgreiche Marktbearbeitung zuerkannt wird, sondern dass diese eher ad hoc passiert und wesentliche Erkenntnisse eher zufällig in unternehmerische Entscheidungen einfließen.

B.3 Marktforschungsmethoden in den wichtigsten Themenfeldern

Der folgende Abschnitt zeigt, wie entscheidungsrelevante Informationen in Unternehmen beschafft werden.

Page 25: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 25 von 75 26.10.09

Markt und Trends

Manager halten sich selbst für Experten in Sachen Markt und Trends. Den regelmäßig praktizierten Austausch unter gleichgesinnten Branchenvertretern bewerten sie als vielversprechende Basis der Datengewinnung.

Als Quelle für zusätzliches Wissen über den Markt, über Marktsegmente, deren Größe, Wachstum und Trends dient nach Aussage der Befragten das Internet. Mehr als die Hälfte der Unternehmen nutzt es für eine kostengünstige und schnelle Informationsrecherche. Dabei scheinen die Befragten recht sorglos mit der im Internet vorhandenen Datenqualität umzugehen. Die Mehrheit von ihnen hinterfragt die Datensicherheit dieser Informationsgrundlage kaum.

Fachzeitschriften und Fachmagazine sowie diverse Publikationen aus dem Unternehmensumfeld dienen als zweitwichtigste Quelle für neue Erkenntnisse über Markt & Trends. Von einigen Interviewpartnern wurden in diesem Zusammenhang auch Geschäftsberichte anderer Unternehmen genannt.

Abb.: Markt & Trends

Die genannten Quellen sind vor allem bei Unternehmen im B2B-Bereich weit verbreitet und entsprechen der dort gängigen Praxis.

In Großunternehmen werden Informationen über Markt und Trends aus deutlich mehr Quellen zusammengetragen. Genannt werden Verbandsstatistiken, hausinterne Auswertungen, Sekundärstatistiken, Marktreports oder Ideen/Analysen/Vorgaben der Mutterkonzerne, die mitunter ganze Mitarbeiterstäbe für das Thema Trends einsetzen. In manchen dieser Unternehmen wird gelegentlich auch Primärforschung betrieben, um Trends aufzuspüren oder Ideen auf ihr Marktpotenzial hin zu überprüfen.

Etwa 70 Prozent der Gesprächspartner fühlen sich im Bereich Markt und Trends gut bis sehr gut informiert, was angesichts der überwiegend doch recht konventionellen und ausschließlich sekundärstatistisch ausgerichteten (häufig veralteten) Informationsbasis überraschen muss.

Wichtigste Datenbasis für aktuelles Wissen über den Markt, über Marktsegmente, deren Größe, Wachstum und Trends ist das Internet. Planvolle Marktforschung, die sich aus unterschiedlichen Quellen speist und eine justierte Sicht der Dinge ermöglicht, kommt vielfach zu kurz und findet systematisch nur in größeren Unternehmen statt.

Page 26: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 26 von 75 26.10.09

Produkt und Wettbewerb

Überlegungen zu Produkten werden überwiegend von der bisherigen Marktentwicklung, erwarteten Marktlücken, vermuteten Kundenanforderungen und der technischen Machbarkeit geleitet. Auch Wettbewerbsbeobachtungen spielen in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle.

Gespräche mit Kunden und Lieferanten sind für die Hälfte der befragten Unternehmen die wichtigste Quelle, um Erkenntnisse über die eigenen Produkte inklusive Preise, Funktionalität und Benefits zu erhalten. 46 Prozent nutzen auch hier wiederum das Internet, 30 Prozent informieren sich auf Messen und Kongressen, und jedes vierte Unternehmen ergänzt dieses Wissen durch Primärforschung.

Abb.: Produkt & Wettbewerb

Die Beobachtung der Wettbewerber erfolgt primär über das Internet. Hier werden Informationen gesucht bzw. solche Informationen ergänzt, die aus Gesprächen mit Kunden oder Lieferanten erhoben wurden, die der Fachpresse entnommen oder auf Kongressen und Tagungen in Erfahrung gebracht wurden.

Die deutliche Mehrheit der Befragten fühlt sich über Produkte und Wettbewerb gut bis sehr gut informiert.

Nur jedes vierte Unternehmen führt Primärforschungen zu den eigenen Produkten durch. Die wichtigste Quelle für die Wettbewerbsbeobachtung ist das Internet.

Kunden

Betrifft der Informationsbedarf die Kundenprofile und -bedürfnisse sowie Motive, Kaufbarrieren, das Nutzungsverhalten, die Kundenzufriedenheit oder den Grad der Kundenbindung, sind direkte Gespräche mit den Abnehmern (nur) für 57 Prozent der Befragten die „Ultima Ratio“. Eigene Kundenbefragungen werden von etwa 40 Prozent der Unternehmen als wichtige Quelle genannt.

Für Unternehmen im B2B-Bereich ist das direkte Kundenfeedback die wichtigste Quelle, zwei Drittel geben dies an. Ein Drittel nennt darüber hinaus Kundenbefragungen, die in Eigenregie oder durch ein externes Institut durchgeführt werden.

Page 27: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 27 von 75 26.10.09

Im Bereich der Großunternehmen führen zwei Drittel standardisierte Kundenbefragungen durch, aus denen sich Antworten über die Kundenzufriedenheit und eventuelle Schwachstellen ihres Angebotes ableiten lassen. Von den Kleinbetrieben entscheidet sich hingegen nur jedes fünfte Unternehmen für derartige Befragungen, die große Mehrheit verlässt sich auf das bilaterale Kundenfeedback im Rahmen von Kundengesprächen und Verhandlungen.

Abb.: Kunde

Fast drei Viertel der Befragten fühlen sich über die Kunden gut informiert – nur 15 Prozent sehr gut. Das legt die Vermutung nahe, dass im Hinblick auf die eigenen Märkte und Kunden die eine oder andere unternehmerische Informationsbasis verbessert werden kann.

Kundenbefragungen bilden zwar die Hauptinformationsquelle, doch halten viele Unternehmen, insbesondere jene im B2B-Bereich, direkte Gespräche mit ihren Kunden für ausreichend. Auf die Qualität dieser Aussagen wird dabei aber nur selten geschaut, zumindest werden die üblichen Defizite entsprechender Befragungsformen kaum reflektiert. Gemeint ist beispielsweise das Problem des sozial erwünschten Antwortverhaltens.

Marke

Untersuchungen über den Stand einer Marke in der Gunst der Verbraucher sind die Ausnahme in den befragten Unternehmen. Häufig liegen mehr Mutmaßungen als „Hard Facts“ über das Markenbewusstsein der Kunden vor.

Wie ist die Bekanntheit meiner Marke und meines Produktangebotes einzustufen, welches Image hat mein Unternehmen in meiner Zielgruppe, wie gut ist meine Werberesonanz?

Um diese elementaren Fragen zu beantworten, nutzen lediglich 52 Prozent der Befragten Marktforschungsinstrumente. Etwa ein Drittel stützt sich auf Internetrecherchen und Informationen aus Kundengesprächen.

Page 28: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 28 von 75 26.10.09

Abb.: Marke

Erwartungsgemäß sind in den Massenmärkten (B2C) Kundenbefragungen weit mehr verbreitet als im B2B-Umfeld. Die Studie zeigt jedoch, dass auch im Geschäftskundenbereich intern oder extern organisierte Kundenbefragungen mit 41 Prozent die am häufigsten genutzte Quelle darstellen.

Beim Thema Marke und Image fühlt sich nur die Hälfte der befragten Firmen gut bis sehr gut informiert. Jedes sechste Unternehmen sieht seinen Informationsstand als unzureichend an. Die Einschätzung des Grades der eigenen Informiertheit ist im Handlungsfeld Marke und Image also vergleichsweise gering.

Viele Unternehmen halten die Evaluation und Bewertung des eigenen Marken- und Imageerfolges für wichtig. Dass man dabei auf systematische Kundenbefragungen zurückgreifen sollte, ist bekannt und wird auch von der Hälfte der Unternehmen realisiert. Allerdings beklagen viele der Befragten auch Informationsdefizite.

Distribution

Um Informationen über die aktuellen Vertriebskanäle im Unternehmen inklusive deren Kundenakzeptanz und mögliche alternative Vertriebswege wie Kooperationen, Key Account, Direktvertrieb, Shops und Online zu erhalten, haben sich keine eindeutigen Quellen herauskristallisiert. Ein Drittel der Befragten nutzt die Internetrecherche, ein Viertel nennt eigene Studien und Beobachtungen, Gespräche mit Kunden und Lieferanten, Fachzeitschriften sowie die eigenen Erfahrungen aus dem Vertrieb. Eine Reihe von Unternehmen verzichtet komplett auf Research, da die Ergebnisse der verschiedenen Distributionswege klar scheinen und andere Optionen im Markt nicht üblich sind.

Erhebliche Unterschiede zeigen sich in Bezug auf die Firmengröße: Während 60 Prozent der Großunternehmen eigene Marktforschungsstudien zum Thema Distribution aufsetzen, sind es bei mittleren Firmen nur 25 und bei Kleinbetrieben lediglich acht Prozent. Diese stützen sich im Wesentlichen auf Informationen aus dem Internet, aus Fachzeitschriften und aus direkten Gesprächen mit Geschäftspartnern.

Page 29: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 29 von 75 26.10.09

Für die Datenrecherche werden das Internet und eigene Vertriebserfahrungen sowohl im Business-to-Business- als auch im Business-to-Consumer-Bereich ähnlich oft genutzt. Die Kommunikation mit Geschäftspartnern spielt im B2B-Segment eine weitaus größere Rolle, während B2C-Unternehmen aufgrund des Massencharakters ihrer Märkte eher auf Marktforschungserhebungen setzen.

Eine Reihe von Unternehmen verzichtet in Sachen Distribution komplett auf Marktforschung, obwohl Absatzmittler und Partner oftmals eine wichtige Gatekeeper-Funktion haben. Zu bedenken ist auch, dass sich im Marktlebenszyklus der optimale Vertriebskanal-Mix ändert und dass das Internet neue direkte Vertriebswege eröffnet.

Im Blindflug durch den Nebel und trotzdem gut informiert?

Trotz vergleichsweise geringer Marktforschungs-Aktivitäten fühlen sich die befragten Unternehmen über alle Themenbereiche gut informiert. Lediglich im Bereich Marke bewertet nur jeder zweite Interviewpartner den Grad seiner Informiertheit als gut oder sehr gut.

Woran liegt das?

Eine genauere Analyse zeigt, dass sich insgesamt nur eine Minderheit der befragten Unternehmen ausgezeichnet informiert fühlt. Die überwiegende Mehrheit sprach von einem nur durchschnittlichen Wissens- und Erkenntnisstand, und lediglich jedes zehnte Unternehmen fühlt sich schlecht informiert. Dieses jeweils subjektiv geäußerte Gefühl ist jedoch unabhängig vom tatsächlichen Ausmaß der Informiertheit und damit einhergehenden Marktforschungsaktivitäten einzustufen. Denn offensichtlich hat das Urteil der Befragten mit den im Unternehmen und in der Branche insgesamt üblichen Standards zu tun und orientiert sich nicht an Best Practice-Beispielen – etwa aus der Konsumgüterindustrie.

Abb.: Informationsgrad

Trotz vergleichsweise geringer Marktforschungsaktivitäten fühlen sich die befragten Unternehmen über alle Themenbereiche gut informiert.

Nur jedes zehnte Unternehmen bewertet den Grad der Informiertheit als unzureichend. Diese subjektiv positive Einschätzung sollte allerdings nicht mit dem tatsächlichen Ausmaß der Marktforschungsaktivitäten gleichgesetzt werden. Insbesondere im Hinblick auf andere, reifere Branchen mit geringerem technischem Hintergrund sollten Unternehmen der ITK-Branche ihre Marktforschungsaktivitäten und den Grad ihrer Informiertheit kritisch hinterfragen.

Page 30: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 30 von 75 26.10.09

B.4 Verankerung der Marktforschungen bei Entscheidungen

Wie werden die Ergebnisse für Entscheidungen aufbereitet?

Marktforschungsaktivitäten müssen zeitnah und damit kontinuierlich Eingang in die Entscheidungsprozesse der Unternehmen finden. Auch die Art und Weise der Aufbereitung der Ergebnisse gibt Auskunft darüber, ob Marktforschung systematisch betrieben wird.

In den von uns befragten Unternehmen wird Marktforschung eher ad hoc für einzelne Themen durchgeführt. Eine Konsolidierung von Wissen, die zu einem adressatengerechten „Informationsprodukt“ führt, findet in den meisten Unternehmen nicht statt. Nur jedes vierte Unternehmen stellt Markt- und Kundeninformationen in speziellen Reports oder Berichten bereit. Lediglich jedes siebte Unternehmen verwaltet solche Erkenntnisse zentral, und hierbei handelt es sich zumeist um simple Ablageordner oder Gruppenlaufwerke. Die Aufbereitung in offen zugänglichen Wissensdatenbanken hat sich bislang nicht durchgesetzt.

Abb.: Informationsprodukte

In den befragten Unternehmen wird Marktforschung eher ad hoc und themenorientiert betrieben. Das Wissen wird nicht zu einem adressatengerechten „Informationsprodukt“ gebündelt.

In der Relevanz möglicher „Softwaretools“ zur Marktforschungs-Wissensverwaltung dominieren – anstelle kollektiv verfügbarer IT-Werkzeuge und Datenbanken – eindeutig die „allgemeinen Büroprogramme“. Damit besteht ein hohes Risiko, dass erstens wertvolles Wissen im Unternehmen nicht bei allen Entscheidungen „dabei ist“, zweitens dieses Wissen mit ausscheidenden Mitarbeitern unwiederbringlich verloren geht und drittens die Bedeutung der jeweiligen Information nicht richtig eingeschätzt werden kann.

Angesichts der oft kurzen Verweildauer von Mitarbeitern in Unternehmen muss angenommen werden, dass zahlreiche Entscheidungen in den befragten Unternehmen mit gut aufbereiteten Marktinformationen wesentlich fundierter getroffen werden könnten.

Page 31: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 31 von 75 26.10.09

Wie werden Marktforschungsergebnisse kommuniziert?

Wichtige Erkenntnisse sind nicht immer präsent, wenn Entscheidungen anstehen. Das hat vor allem organisatorische, manchmal auch politische Gründe.

In nur jedem zweiten Unternehmen werden Marktforschungsergebnisse in Meetings und bei Besprechungen vorgestellt. 40 Prozent der Befragten verteilen die Ergebnisse einfach per E-Mail. Nur 30 Prozent gaben an, die Informationen in Form von Wikis oder im Intranet bereitzustellen. Im Umkehrschluss stellt sich die Frage, ob Marktforschungsergebnisse exklusives Abteilungswissen bleiben sollen, oder ob die Bereitstellung organisatorisch besser geregelt werden kann.

Abb.: Zirkulation

Nur jedes zweite Unternehmen nutzt Meetings, um Marktforschungsergebnisse bekannt zu machen. Die Ergebnisse von Markterhebungen werden in vielen Unternehmen nicht gemeinsam interpretiert, sodass sie für die eigene Unternehmenssituation auch nicht ausreichend berücksichtigt werden können.

Liegt das Marktwissen bei Entscheidungen tatsächlich vor?

Derzeit werden in den befragten Unternehmen kaum organisatorische Vorkehrungen getroffen, damit gewährleistet ist, dass Market Insights ständig und auf allen Hierarchie-Ebenen präsent sind.

Auf die Frage, wie man im eigenen Unternehmen sicherstellt, dass entscheidungsrelevantes Wissen auch wirklich berücksichtigt wird, ist der Informationsaustausch in Meetings die häufigste Antwort. Als weitere Erfolg versprechende Methode wird die Führungsqualität der Unternehmensleitung genannt. Danach hat die Geschäftsführung für organisatorische Strukturen zu sorgen, die einen direkten Informationsfluss gewährleisten und die Wissensträger bei Entscheidungsfindungen einbinden.

Page 32: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 32 von 75 26.10.09

Abb.: Marktforschung bei Entscheidung „anwesend“?

In vielen Unternehmen existieren keine definierten Verfahren („action standards“), wonach bei bestimmten Marktforschungsergebnissen Konsequenzen einzuleiten bzw. Entscheidungen zu treffen sind. Insbesondere in Großunternehmen limitieren ungünstige Organisationsstrukturen, Abteilungsdenken und Entscheidungsrituale die optimale Nutzung des verfügbaren Wissens.

Warum werden Ergebnisse nicht berücksichtigt?

Von Kritikern recht häufig vorgebrachte Gründe, warum Marktforschungsergebnisse bei unternehmerischen Entscheidungen nicht hinreichend berücksichtigt werden, bestätigen sich in der Befragung teilweise.

Abb.: Warum Marktforschungsergebnisse nicht berücksichtigt werden

Page 33: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 33 von 75 26.10.09

Jeder zweite Befragte stimmt Statements zu wie „Ergebnisse wusste man schon vorher“, „Learnings geraten in Vergessenheit“ oder „Wissen wird im Unternehmen nicht ausgeschöpft“.

Der geringe Stellenwert der Marktforschung wird von vielen Unternehmen damit begründet, dass sie Ergebnisse produziert, die oftmals schon bekannt sind. Häufig wird bereits verfügbares internes Wissen nicht ausgeschöpft.

Wie gut ist die Marktforschung in ITK-Unternehmen insgesamt verankert?

Die Marktforschung ist in den Unternehmensprozessen innerhalb der ITK-Branche zumeist nicht in Form klarer Kriterien und Verfahren für die Entscheidungsfindung in der Produktentwicklung oder in der Positionierung und Vermarktung verankert.

Zwei Drittel der Befragten sind der Ansicht, dass die Weitergabe des Wissens und die Verankerung in Entscheidungsprozesse nur zum Teil oder gar nicht funktionieren.

Als Gründe werden genannt:

» Informationsbeschaffung: „Marktforschung ist zu teuer“, „Marktforscher brauchen mehr Branchen-Know-how“, „Die Angebote der Institute sollten besser auf die Bedürfnisse der Unternehmen zugeschnitten sein“ etc.

» Organisatorische Probleme: „nicht genügend Zeit“, „mangelnde organisatorische Verankerung“ etc.

» Markt noch unterentwickelt: „Es fehlen Zahlen, um Vergleiche durchzuführen oder Marktentwicklungen vorherzusagen“ etc.

Abb.: Verankerung

Aus der Sicht von zwei Dritteln der Befragten ist die „Verankerung“ von Marktforschung in Unternehmensprozesse, wie sie etwa durch die Formulierung klarer Kriterien und Verfahren für Entscheidungsprozesse in Produktentwicklung, Positionierung, Vermarktung etc. sichergestellt wäre, nicht ausreichend realisiert. Wesentliche Gründe sind: ungünstige Kosten/Nutzenrelation, mangelndes Branchenwissen der Marktforscher und organisatorische Hemmnisse.

Page 34: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 34 von 75 26.10.09

B.5 Segmentspezifische Auswertung

Unterschiede zwischen Groß- und Kleinunternehmen

In Großunternehmen wird generell mehr Geld für die Marktforschung ausgegeben. Umgekehrt erklären etliche Verantwortliche kleiner Unternehmen, dass sie sich Marktforschung nicht leisten können.

Der größte Unterschied zeigt sich bei der Bewertung der Rolle der externen (klassischen) Marktforschung: Nur drei Prozent der kleinen Firmen und nur jedes sechste mittlere Unternehmen gibt regelmäßig Befragungen bei Marktforschungsinstituten in Auftrag. Bei den Großen ist es die Mehrheit. Neben naheliegenden Ansätzen wie Kundenbefragungen oder Imageerhebungen wird die Primärforschung auch für die Wettbewerbsbeobachtung genutzt.

Marktreports etablierter Anbieter wie Forrester, Ovum, Frost&Sullivan oder IDC werden von einem Teil der Großunternehmen bezogen und analysiert. Kleine Firmen erhalten diese Reports bisweilen und mitunter nur in Ausschnitten von ihren Geschäftspartnern. Ursache dafür sind die vergleichsweise hohen Kosten, die mit umfangreichen Marktreports verbunden sind.

Mittlere und große Unternehmen beobachten regelmäßig Auslandsentwicklungen in ihrem Geschäftsfeld. Soweit es als lohnend eingestuft wird, werden die Ergebnisse dieser Beobachtungen auf den Heimatmarkt übertragen. Kleine Unternehmen agieren dagegen in der Regel ausschließlich national oder regional.

Abb.: Marktforschungsquellen - Unterschiede zwischen Groß- und Kleinunternehmen

Mit zunehmender Firmengröße werden Daten aus Internetrecherchen und Fachmagazinen durch solche aus anderen Quellen ergänzt und justiert.

Page 35: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 35 von 75 26.10.09

Abb.: Themenfelder – Unterschiede zwischen Groß- und Kleinunternehmen

Auffällig ist, dass sich kleinere Unternehmen etwa in den Themenbereichen Wettbewerb, Trends und Distribution besser informiert fühlen als die Größeren. Ihre Märkte, die oftmals als Nischen bezeichnet werden können, sind übersichtlicher, was dieses Phänomen erklären könnte.

Kleinunternehmen fühlen sich trotz geringer Marktforschungsaktivitäten gut informiert. Hier gilt es jedoch zwischen objektiver und subjektiver Informiertheit zu unterscheiden. Viele gescheiterte Unternehmen und Produktentwicklungen zeigen, dass die objektiv notwendigen Marktinformationen nicht immer ausreichend waren – auch wenn dies subjektiv anders wahrgenommen wurde.

Unterschiede zwischen B2B- und B2C-Firmen

Zwischen Unternehmen, die im Geschäftskundensegment (B2B) aktiv sind, und solchen, die Consumer-Märkte bearbeiten (B2C), bestehen grundsätzliche Unterschiede bei der Ermittlung von Marktdaten.

Markant abweichend sind Marktforschungs-Praktiken insbesondere vor dem Hintergrund, dass Messen und Kongressen eine sehr unterschiedliche Bedeutung als Informationsquellen zuerkannt wird. Drei Viertel der B2B-Firmen nutzen Fachmessen regelmäßig, um sich auf den neusten Stand zu bringen. Bei den B2C-Unternehmen ist es gut ein Drittel.

Unternehmen im Privatkundensegment greifen häufiger auf externe Befragungen zurück, um sich Einblicke in ihre zumeist anonyme Kundschaft zu verschaffen. Dagegen organisiert nur jede siebte B2B-Firma regelmäßige Interviews mit ihren Kunden.

Die Verantwortlichen in den Unternehmen fühlen sich recht gut zu fast allen Handlungsfeldern informiert. B2B-Unternehmen haben – anders als B2C-Firmen – bei den Themen „Trends“ und „Distribution“ einen etwas besseren Überblick, vermutlich weil der ständige Austausch mit Geschäftspartnern über Spezialmärkte dies fördert. In den Consumer Massenmärkten ist es dagegen eine größere Herausforderung, Markttransparenz herzustellen.

Page 36: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 36 von 75 26.10.09

Abb.: Marktforschungsquellen - Unterschiede zwischen B2B und B2C

Auch die Studienteilnehmer aus B2C-Unternehmen erklärten, dass sie in den Bereichen Markt und Produkte gut informiert seien. Hier macht sich offenbar bemerkbar, dass im B2C-Bereich Erkenntnisse aus verschiedenen Quellen wie eigenen Befragungen, den Nutzungsdaten aus dem Data Warehouse oder Analystenreports zusammengetragen werden, um eine möglichst breit fundierte Marktabschätzung vornehmen zu können.

Abb.: Themenfelder – Unterschiede zwischen B2B und B2C

Vorbehalte gegenüber Marktforschung sind im B2B-Bereich durchweg ausgeprägter als im Privatkundensegment. Offenbar führen unterschiedliche Erfahrungen, die in den Unternehmen mit Marktforschung in der Vergangenheit gemacht wurden, zu dieser Einschätzung.

Page 37: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 37 von 75 26.10.09

Abb.: Gründe gegen Mafo - Unterschiede zwischen B2B und B2C

Es wurde bereits erwähnt, dass Marktforschung von etlichen Befragten als zu teuer eingestuft wird. In der näheren Betrachtung zeigt sich, dass dies nicht nur B2B-Firmen so sehen, sondern dass auch im B2C-Segment 70 Prozent der Befragten dieser Aussage zustimmen. Erklärt werden kann dies dadurch, dass diese Unternehmen in den Massenmärkten größere Stichproben benötigen, um repräsentative Aussagen ableiten zu können, und diese hohen Fallzahlen lassen die Preise für Umfragen in die Höhe schnellen.

B2B- und B2C-Unternehmen agieren bei der Generierung erfolgsrelevanter Markt- und Kundeninformationen grundsätzlich ähnlich. Die qualitative Ermittlung dieser Daten hat für den B2B-Bereich – bedingt durch segmentspezifische Unterschiede – jedoch Vorrang. Hier bestehen auch vergleichsweise größere Vorbehalte gegenüber klassischer Marktforschung.

Fazit

Im Wesentlichen wird Marktforschung von den befragten Unternehmen als zu teuer eingeschätzt. Die Konsequenz, dass die kostengünstige Recherche per Internet als häufigste Informationsquelle genutzt wird, kann folglich nicht überraschen. Lediglich 25 Prozent der Unternehmen realisieren eigene oder externe Primärforschungsansätze. Dennoch fühlen sich die Unternehmen subjektiv gut informiert – was insbesondere bei den befragten KMU kritisch hinterfragt werden muss.

Eine geplante, aus unterschiedlichen Quellen gespeiste und damit objektivere „Sicht auf Märkte und Kunden“ kommt vielfach zu kurz. Ausnahme sind in der Regel größere Unternehmen, die hier systematisch vorgehen. Das Gros der befragten Unternehmen betreibt Marktforschung in erster Linie ad hoc. Die regelmäßige Konsolidierung, Aufbereitung und Kommunikation entscheidungsrelevanter Informationen findet in den meisten Unternehmen nicht statt.

Moderne IT-Tools zum Wissens-Management und definierte Verfahren kommen in der Marktforschung innerhalb der ITK-Branche kaum zum Einsatz. Die Ergebnisse von Markterhebungen werden in vielen Unternehmen nicht gemeinsam interpretiert und für die eigene Unternehmenssituation folglich nicht ausreichend berücksichtigt.

Page 38: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 38 von 75 26.10.09

C Best Practice-Ansätze für ein besseres Marktverständnis

Innovationen sind der Treibstoff der Wirtschaft – sie bringen Dynamik und Veränderungen, sorgen für die notwendige Abgrenzung von den Wettbewerbern und sichern das langfristige Überleben des Unternehmens.

Die Gründe für unternehmerischen Erfolg sind komplex, aber eines scheint sicher: Zufällig ist Erfolg nur in den seltensten Fällen – in diesem Punkt sind sich die meisten Praktiker und Wissenschaftler überraschend einig. Aber: Welche Maßnahmen und Werkzeuge sind in der Lage, dem glücklichen Zufall auf die Sprünge zu helfen? Bereits ein flüchtiger Blick in die Erfolgsfaktorenforschung liefert erste Hinweise auf ein wesentliches Handlungsfeld. Recht übereinstimmend belegen diese Studien, dass ein tiefes Verständnis der Bedürfnisse und Erwartungen des Kunden zu den entscheidenden unternehmerischen Erfolgsfaktoren gehört.

Was also können ITK-Unternehmen konkret tun, um sich wirkungsvoll mit Kunden und Märkten auseinanderzusetzen?

C.1 Die Rolle der Marktforschung im Marktlebenszyklus

Lebensweg eines Produktes

Wesentliche marktforscherische Ansätze und Lösungen lassen sich gut anhand von Lebenszyklusmodellen strukturieren. Der klassische Marktlebenszyklus beschreibt den idealtypischen „Lebensweg“ eines Produktes vom Markteintritt bis zu seinem Ausscheiden am Markt. Analog zum menschlichen Leben durchläuft das Produkt im Zeitablauf unterschiedliche Phasen:

Abb.: Marktlebenszyklus

Zu Beginn des Marktlebenszyklus beschäftigt sich nur eine kleine Zahl interessierter Technikfans mit der neuen Technologie. Diese „Innovators“ vermuten kreative Möglichkeiten, eigene Wettbewerbsvorteile auszubauen. Andere Kunden halten sich zurück und warten ab, ob sich die neue Technologie weiter durchsetzt.

Page 39: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 39 von 75 26.10.09

In der folgenden Phase steigen „Early Adopters“ als weitere Nutzer in die neue Technologie ein und sorgen für Wachstum. Dabei befindet sich die Innovation keinesfalls auf einer „Einbahnstraße zum Erfolg“, sie kann nach wie vor scheitern.

Von der „Early Majority“ wird das neue Produkt in Phase drei akzeptiert. Das anfangs sehr steile Wachstum flacht jedoch ab – der Markt erreicht seine Konsolidierungsphase.

In Phase vier verliert das Produkt zunehmend an Attraktivität und wird allmählich zur Massenware, was die „Late Majority“ zu Kaufentscheidungen motiviert. In dieser Phase sucht der Markt bereits nach Alternativen.

In Phase fünf wird die Kluft zwischen dem Produkt und aktuellen Kundenbedürfnissen immer größer. Unternehmen, die ausschließlich die alte Technologie anbieten, haben kaum noch Chancen auf Wachstum und verschwinden, soweit keine aktuelleren Produkte im Produktportfolio vorhanden sind, früher oder später vom Markt.

Die hier nur kurz skizzierten Phasen zeigen, dass es fundamentale Unterschiede zwischen den ersten visionären Kunden und der in der Regel größeren Gruppe der späteren Abnehmer gibt. Für jede Phase des Lebenszyklus scheint es mithin passende und weniger passende Ansätze zur Bewältigung jeweils vorhandener Marktherausforderungen zu geben.

Die ersten Kunden

Im ersten Lebensabschnitt des Produktes darf die eigene Begeisterung über die entwickelte Produktidee nicht zu der Ansicht verleiten, dass es überall und immer nachgefragt wird. „Qualität verkauft sich doch von selbst“ oder „Unsere Idee ist ein Selbstläufer“ sind in diesem Zusammenhang häufig geäußerte, aber nicht zutreffende Aussagen.

Tatsächlich erleben auch solche Unternehmen, die innovative Qualitätsprodukte auf vergleichsweise hohem Niveau anbieten, Fehlschläge bei der Markteinführung und erreichen die zuvor gesetzten Ziele nur teilweise oder gar nicht. In diesen Fällen scheint das aktuelle Markt- und Kundenwissen der Unternehmen nicht ausreichend gewesen zu sein, um die „Visionäre“ und „Early Adopters“ vom Kauf zu überzeugen.

Klar ist, dass Marktforschung in neuen Märkten explorativen Charakter hat und daher in der Regel eher qualitativ auswertbares Material denn quantifizierbare „harte“ Zahlen liefert. Daten über mögliche Marktvolumina, Marktsegment- oder Zielgruppengrößen sind nur unvollständig oder mit unrealistisch hohem Aufwand zu erheben. Klar ist aber auch, dass diese Märkte nicht im „luftleeren Raum“ entstehen und somit nicht völlig losgelöst von bisherigen Bedürfnisstrukturen, Kundenanforderungen und Verwendungszusammenhängen wachsen.

Qualität verkauft sich nicht von selbst. Markteintritte sind zuverlässig vorzubereiten, damit Visionäre und frühe Kunden richtig angesprochen werden. Auch bei raschen Erfolgen ist der Weg in den Massenmarkt kein Selbstläufer.

Prospektive Methoden der Marktforschung sind geeignet, die „Entdeckungsreise auf neuem Terrain“ in die richtige Richtung zu steuern.

Die Innovation erreicht den Massenmarkt

In der folgenden Lebensphase des Produktes wird es von der „Early Majority“ erworben. Die neue Technologie gilt als notwendig und nützlich – eine breite Mehrheit wendet sie an. Um vorhandene Marktpositionen zu verteidigen, werden im Zuge von Rationalisierungsansätzen verstärkt preisaggressive Marketingkampagnen gefahren und vor dem Hintergrund der Diversifikation Produktvarianten auf den Markt gebracht. Darüber hinaus verlangen zahlreiche Kunden in dieser Phase anwender- und bedienungsfreundlichere Produkte.

Page 40: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 40 von 75 26.10.09

Aus unternehmerischer Perspektive ist jetzt insbesondere zu beantworten, wie Produkte und Angebote weiterzuentwickeln sind und wie die optimale Preis-Leistungskombination aussieht, um im Spannungsfeld aus Kundennutzen und Ertrag weiterhin erfolgreich zu sein. So haben Kunden und Anbieter nicht selten radikal unterschiedliche Sichtweisen auf ein und dieselbe Leistung: Einem Zuviel an teurer Ausstattung stehen bisweilen Qualitätsdefizite bei anderen Produktmerkmalen gegenüber. Gravierende Fehlentscheidungen im Zuge der Produkt-entwicklung und im Marketing sind die Folge.

Ist der Anbieter von der eigenen unternehmerischen Innovation weiterhin überzeugt, sollten grundlegende Investitionsentscheidungen auch in dieser Phase des Lebenszyklus keinesfalls zufällig getroffen werden. Aus Sicht des Marktforschers ist dies der richtige Zeitpunkt, um mittelfristige Marktszenarien realistisch abzubilden, Conjoint-Analysen durchzuführen sowie Wettbewerber und deren Produkte umfassend zu bewerten.

Fehlentwicklungen lassen sich vermeiden, wenn Market Insights ausreichend zur Verfügung stehen und angewandt werden. Denn es sind unterschiedliche Kundengruppen, die den Produkterfolg in den einzelnen Phasen des Marktlebenszyklus lenken.

Das Lebensende?

Abnehmer der Produkte sind in den letzten beiden Phasen des Lebenszyklus die „Late Majority“ und „Laggards“. Die absolute Zahl der Verkäufe sinkt, die Umsätze gehen zurück und es erscheint absehbar, dass das betroffene Produkt in seiner aktuellen Ausprägung nicht mehr lange am Markt sein wird. Die jetzt entscheidende Frage lautet, ob am Ende dieser Phase die Abschaffung (Eliminierung) oder die Neueinführung (der Relaunch) des Produktes sinnvoll ist. In dieser Situation können diverse Ansätze der Markt- und Wettbewerbsforschung zu einer fundierten Bestimmung potenzieller Eliminations- oder Relaunchkandidaten beitragen. Insbesondere vorhandene Kauf- und Nutzungsverbunde im Sortiment oder Produktportfolio können evaluiert werden und bilden die erweiterte Basis für die von tragfähigen Informationen geleitete Entscheidung.

Unternehmen haben ihre Kernkompetenzen mit der Zeit an veränderte Marktbedingungen anzupassen, wollen sie am Markt langfristig erfolgreich agieren. Die zu Beginn des Lebenszyklus zweifellos notwendige Kompetenz zur Produktinnovation nützt dem Unternehmen in späteren Phasen kaum noch. Um die Kosten in den Griff zu bekommen und Märkte zu entwickeln, sind hier Prozessmanagement, detaillierte Kenntnisse des Marktes und eindeutiges Marketing Know-how gefragt.

C.2 Best Practice für die B2B-Marktforschung

B2B-Marktforschung unterscheidet sich deutlich von den Ansätzen für den Massenmarkt der Endverbraucher. Beide Bereiche werden daher in diesem und im nächsten Kapitel getrennt untersucht. Für das Geschäftskundensegment sind folgende Merkmale charakteristisch:

» Der Entscheidungsprozess beim Kunden ist im Vergleich zu Privathaushalten und Endverbrauchern vielschichtiger, denn es sind deutlich mehr Personen beteiligt (Buying Center).

» Die Produkte und Dienste sind komplexer, die Fragestellungen spezifischer.

» In der Regel treffen deutlich weniger Anbieter und Nachfrager aufeinander, der Bekanntheitsgrad ist hoch.

» Die persönliche Beziehung als Kommunikations- und Vertriebskanal spielt eine sehr wichtige Rolle, die Kundenbeziehungen sind somit vergleichsweise intensiv.

» Potenzielle Käufer wissen über Markt und Produkte häufig genauso gut Bescheid wie Verkäufer.

Machen sie den Research Check: Was sollten Sie über Ihren Markt wissen?

Page 41: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 41 von 75 26.10.09

Markt und Trends

Zunächst ist der relevante Markt zu definieren und die Marktstruktur zu untersuchen, um das Marktvolumen und die Marktanteile der relevanten Player abschätzen zu können.

Die Rahmendaten stammen aus dem Desk Research. Das erfordert das regelmäßige Aufspüren von bereits erhobenen und veröffentlichten Informationen in Studien und Statistiken, Fachartikeln und Geschäftsberichten sowie in Datenbanken. Die wesentlichen Daten und Ergebnisse werden anschließend einer individuellen Bewertung unterzogen.

Die Schätzung oder im Idealfall die Berechnung der Marktgröße spielt in allen Phasen des Produktlebenszyklus eine wichtige Rolle: Im Zuge des Markteintritts als Machbarkeitsstudie, in einer möglichen Wachstumsphase auf der Suche nach Potenzialen und in einer Reifephase als Vergleichsmaßstab.

Bestimmung der Marktgrößen

Das Wissen betriebsinterner Experten zur Bestimmung der Marktgröße sollte mit externen Informationen angereichert und verglichen werden. Im Rahmen solcher Expertengespräche geht es zunächst ergebnisoffen um eine erste Schätzung, bevor diese als realistisch oder unrealistisch bewertet wird.

Oft gelingt es, vorhandene Marktgrößen mithilfe mehrerer unabhängiger Quellen recht gut einzuschätzen. Bisweilen müssen Unternehmen und Marktforscher jedoch einen Konsens über die ungefähre Marktgröße verabreden.

Marktsegmentierung

Märkte sind in der Regel komplex und die Player unterschiedlich. Mithin sollten nicht alle potenziellen Kunden gleichermaßen bedient werden. Durch die Segmentierung des Marktes lassen sich oftmals neue Zielgruppen identifizieren, die zusätzliche Ertragschancen versprechen.

Interessant ist die Ermittlung der „Bedarfskonzentration“: Wieviel Prozent der Nachfrage in Bezug auf meine Unternehmensleistung konzentrieren sich bei wieviel Prozent der Anbieter im Markt? Was zeichnet diese Firmen aus, wie finde ich sie und wie spreche ich sie an? Die Antworten darauf sind gut geeignet, um eine Prioritätenliste für die Zielgruppenansprache anzulegen.

Die Marktsegmentierung im B2B-Bereich wird oft anhand der Kriterien Betriebsgröße und/oder Branche vorgenommen. Das hat sich als hilfreich und vor allem als praktikabel erwiesen, denn diese funktionalen Kriterien ermöglichen im Vergleich zu den Consumer-Märkten eine einfachere Zuordnung und Quantifizierung. Alternativ kann aber auch im B2B-Umfeld nach Bedarfskriterien segmentiert werden, etwa unter der Fragestellung, in welchem Ausmaß Preis, Qualität oder Service eine zentrale Rolle spielen.18

Hat man die potenziellen Zielsegmente (Firmen, unterschiedliche Organisationsbereichen etc.) identifiziert, geht es darum, ihre jeweiligen Bedarfe zu ermitteln: Welche Needs bzw. Pain Points sollen adressiert werden? Hier helfen Kundenbefragungen weiter.

Die nächsten Schritte sind zukunftsgerichtet: Wie wird sich der gegenwärtige Markt entwickeln? Welche Potenziale hat er? Ist der Eintritt in neue Märkte im Sinne einer regionalen Ausweitung oder eines Vorstoßes in weitere Teile der Wertschöpfung Erfolg versprechend? Welche Trends sind in meinem Kernmarkt hinsichtlich der Technik, der Regulierung sowie der Nachfrage zu beobachten? Welche Megatrends wie die Globalisierung oder gesellschaftliche Entwicklungen tangieren mein Kerngeschäft? Diese Informationsrecherche und ihre Ergebnisse stützen sich zunächst auf Expertengespräche.

18 Vgl. B2B International

Page 42: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 42 von 75 26.10.09

Tipp: Zumeist wird es notwendig sein, auf verschiedene interne wie externe Quellen zurückzugreifen, um Marktgröße und Dynamik zu bestimmen. Das Wissen interner Experten sollte dabei unbedingt herangezogen werden, um die Aussagekraft und den Wert externer Informationen zu bestimmen und einen Konsens über relevante Trends und Marktentwicklungen zu erzielen.

Produkt und Wettbewerb

Die Zusammenstellung der eigenen Produkte und Dienstleistungen und der Vergleich mit dem Angebot der Wettbewerber beruhen zunächst auf der klassischen Methode des Desk Research. Jedoch sind Experteninterviews notwendig, um zusätzliche harte Fakten wie Angebotsbreite und -tiefe, Konditionen, Kommunikation (Inhalte und Wege), Image, Prozesse, Distribution (Kanäle und Praktiken), Service und After Sales in ausreichendem Maße zu ermitteln.

Justiert werden sollte die Wettbewerbsanalyse mit Daten und Bewertungen der eigenen (Vertriebs-) Mitarbeiter. Dieses Inhouse-Wissen muss allerdings konsolidiert werden: Bestehendes Material im Hause zu prüfen, es zu strukturieren, die Lücken durch Interviews zu füllen, Widersprüche zu klären und Informationen zu Handlungswissen zu verdichten, gehören zu den wesentlichen Aufgaben des Market Intelligence Officer.

Ergänzend gilt es, Informationen über die Bewertung der unternehmerischen Leistungen durch die Nachfrager zu generieren: Welche Anforderungen haben die Kunden an Qualität, Preise, Lieferzeiten, Prozesse, Services und After Sales? Diese Erkenntnisse lassen sich im Rahmen von Befragungen aktueller und potenzieller Kunden (Customer Reviews) ermitteln. Mit solchen Informationen kann das Unternehmen die eigenen Stärken und Schwächen im Vergleich zur Konkurrenz aus Kundensicht verstehen und zielgerichtet handeln.

Tipp: Justiert werden sollte die Wettbewerbsanalyse mit Daten und Einschätzungen der eigenen (Vertriebs-) Mitarbeiter. Als finale, keinesfalls zu vernachlässigende Ergänzung gilt die Bewertung unternehmerischer Leistungen durch die eigenen Kunden. Dies kann im Rahmen von fragebogen- oder leitfadengestützten Kundenbefragungen passieren oder auch im Zuge von Fokusgruppenrunden.

Kunden

Das Informations- und Entscheidungsverhalten der (potenziellen) Abnehmer gilt es insbesondere in B2B-Bereich mittels Kundenbefragungen zu ermitteln: Wer initiiert wesentliche Entscheidungsprozesse und wie laufen sie ab? Welche Personen/Funktionen sind sonst noch beteiligt und welches Gewicht haben sie? Wer trifft letztlich die Entscheidung? Welche Kriterien gelten für die Auswahl von Lieferanten?

Entscheidungsprozesse im B2B-Umfeld werden üblicherweise nach innen und außen als rational nachvollziehbar dargestellt, obwohl in vielen Fällen „menschlich-emotionale“ Kriterien eine Rolle spielen. Um dies bei der Erhebung und Interpretation der Informationen zu berücksichtigen und die vorhandenen Motive richtig zu verstehen, lohnt sich auch im B2B-Segment der Einsatz qualitativer Marktforschungs-Verfahren.19

Eine empfehlenswerte Methode ist die kontinuierliche Durchführung von Customer Reviews. Inhaltlicher Schwerpunkt ist die Ermittlung wesentlicher Kundenerwartungen: Sie bewerten verschiedene Kriterien des Produktangebots, unternehmerische Services und Etliches mehr. Entscheidende Erfolgsvoraussetzung bei Befragungen im B2B-Bereich ist es, die richtigen Zielpersonen zu identifizieren und sie zu einem Interview zu bewegen. Customer Reviews sollten nicht von den Vertriebsmitarbeitern durchgeführt werden, sondern durch einen externen Dienstleister, um aussagekräftige und damit verwertbare Ergebnisse zu erzielen.

19 „Each person who is party to the Decision making unit will also bring their psychological and cultural baggage to the decision and this can create interesting variations to the selection of products and suppliers”. Vgl. B2B International, S.2

Page 43: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 43 von 75 26.10.09

Fallstudie: Business Process Outsourcing-Dienstleistung

Einer der Top-Kunden eines global agierenden Outsourcing-Dienstleisters – hier ProCall genannt - platzierte plötzlich die Hälfte des Auftragsvolumens bei einem Wettbewerber. Dabei hatte der ProCall- Vertrieb diesen Kunden bis dahin als “superior” qualifiziert.

Ein erster Blick auf mögliche Ursachen belegte recht rasch, dass das Unternehmen so gut wie nichts über seine Kunden wusste. Im Hause war lediglich bekannt, welche Kunden für die höchsten Umsätze sorgten und wie die Verkaufsmuster aussahen. Die einzigen weitergehenden (die Beziehung bewertenden) Daten stammten aus einer jährlichen Kundenbefragung, deren Fragebogen sich seit Jahren nicht verändert hatte.

ProCall engagierte Berater, um mehr über seine Kunden zu erfahren. Im Rahmen des Beratungsprozesses startete man – wohl wenig überraschend – mit der Untersuchung vorhandener „Beziehungen“ zu wesentlichen Kunden.

Die Führungskräfte benannten zunächst jene direkten Kundenkontaktpunkte, von denen man bereits wusste, dass man Kunden hier enttäuscht hatte. Dabei war man durchaus bereit, notwendige Budgets und Ressourcen zur Verfügung zu stellen und wesentliche Ziele der Neuausrichtung auf höchster Ebene im Unternehmen zu unterstützen.

Nun wurde damit begonnen, die ausgewählten Kunden mit einem Fragebogen zu kontaktieren, der bereits eine Pretest Phase durchlaufen hatte, sodass Inhalt und Ton der Fragen optimiert werden konnten. Eine der wichtigsten Fragen war: „Wie wichtig war die Marke und das von ihr vermittelte Produkt-/Serviceversprechen für Ihre Kaufentscheidung?“.

Bei der Analyse der Ergebnisse wurde klar, welche Unternehmensleistungen für die Kundenunzufriedenheit konkret verantwortlich waren. Aus den Ergebnissen der Befragung wurde ein Index Score gebildet und den tatsächlichen Umsätzen der Kunden gegenübergestellt. So konnte jeder Kunde einer der folgenden vier Kategorien zugewiesen werden:

• Vorzeigekunden: hohe Zufriedenheit, gute Umsätze

• Kunden mit Potenzial: hohe Zufriedenheit, verbesserungsfähige Umsätze

• Gefährdete Kunden: geringe Zufriedenheit, gute Umsätze

• Baumelnde Kunden: geringe Zufriedenheit, geringe Umsätze

Positiv war zunächst, dass sich in der Gruppe „Kunden mit Potenzial“ dreimal so viele Unternehmen befanden wie in den übrigen Segmenten. Sehr bedenklich war jedoch, dass der Kunde mit dem höchsten Umsatz als „gefährdeter Kunde“ eingestuft werden musste – ein weiterer recht klarer Hinweis auf die Notwendigkeit zum Handeln.

Im folgenden Quartal präsentierte das Unternehmen seinen Kunden die Ergebnisse der Befragung und zeigte auf, welche Verbesserungen geplant waren.

Ein Jahr später haben der neue Marktforschungsansatz bzw. die hier gewonnenen Kundendaten die bis dahin völlig unzureichende unternehmerische Datenbasis komplett ersetzt. In monatlichen Jour fix werden die Ergebnisse regelmäßiger Kundenbefragungen diskutiert und konkrete Maßnahmen beschlossen. Ausreichende Budgets stehen zu Verfügung. Im Quartalsmeeting werden Ergebnisse der Kundenzufriedenheitsmessungen vorgestellt. Der Kundenverlust ist in dem betrachteten Zeitraum deutlich zurückgegangen.

Insgesamt lief nicht immer alles wie geplant: Einige Mitarbeiter verhielten sich zunächst defensiv, als die Ergebnisse bekannt wurden, andere suchten nach Erklärungen; wieder andere begannen bereits Maßnahmen vorzuschlagen, bevor vollständig verstanden wurde, was die Kunden wirklich unzufrieden machte.

Es wurde ein Report aufgesetzt, der die aufkommenden und noch nicht gelösten Probleme mit den Kunden automatisch auch an Spezialisten weiterleitete. So gelang es, bei der Problembewältigung gute Fortschritte zu erzielen. Eine größere Manpower für das Projekt und ein vereinfachtes Reporting halfen der Geschäftsleitung, Chancen zu erkennen, ein Gebiet, das bis dahin vernachlässigt worden war.

Die Fallstudie zeigt, wie wichtig Informationen aus Customer Reviews sind, um Kunden mittels passender Kommunikations- und Vertriebsmaßnahmen anzusprechen.

Tipp: Customer Reviews sollten nicht von den Vertriebsmitarbeitern durchgeführt werden, sondern durch einen externen Dienstleister, um valide und damit verwertbare Ergebnisse zu erzielen.

Page 44: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 44 von 75 26.10.09

Bekanntheitsgrad und Image

Auch aktuelles Wissen über den Bekanntheitsgrad des Unternehmens bei den definierten Zielgruppen sollte im Rahmen von extern Kunden-/Potenzialbefragungen erlangt werden. Neben der reinen Firmenbekanntheit sollte auch erhoben werden, in welchem Ausmaß das eigene Produktangebot und die ausgelobten Produktattribute potenziellen Kunden bekannt sind.

Zusätzlich ist das Image wichtig: Wie wird das Unternehmen von Kunden und möglichen Nachfragern, auch im Wettbewerbsvergleich, wahrgenommen? Die Imagemessung erfolgt nach verschiedenen Kriterien: technische Kompetenz, Seriosität, Glaubwürdigkeit und andere.

Für die Imagemessung haben sich ferner Expertengespräche bewährt. Sie sind ein geeignetes Instrument, um neutrale externe Erkenntnisse unter anderem über Produkte, Potenziale oder Trends zu gewinnen, wobei auf die Auswahl der Experten zu achten ist.

Tipp: Bei Imagemessungen sollte darauf geachtet werden, dass Experten aus verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette in die Befragung einbezogen werden: Wettbewerber, Lieferanten, Kunden, Partner, die Wissenschaft, Journalisten, Verbandsvertreter.

Distribution

Die im B2B-Bereich mitunter geäußerte Maxime „Man braucht ein gutes Produkt und einen guten Vertrieb“ betont die Wichtigkeit der Distribution. Wie können Stärken und Schwächen der eigenen Vertriebswege festgestellt werden, wie sind die Chancen neuer Distributionskanäle einzuschätzen?

Die sogenannte Win/Loss-Analyse im Rahmen der Befragung von Bestandskunden, neu gewonnenen Kunden sowie ehemaligen Kunden liefert wichtige Erkenntnisse auch zum Status der Vertriebsaktivitäten.

Aufgrund der intensiven Kundenbeziehungen und des bereits vorhandenen Wissens „läuft auf Kennzahlen ausgerichtete Standard-Marktforschung hier Gefahr, für den Auftraggeber und seinen Vertrieb bereits Altbekanntes lediglich neu zu verpacken statt wirkliche, zusätzliche Erkenntnisse zu gewinnen“.20

Expertengespräche, in denen der Auftraggeber anonym bleibt, sind daher sinnvoll, um heikle Themen wie Konditionen, Leistungsumfang, Sonderleistungen etc. der Anbieter zu diskutieren.

Im Rahmen von Kundenbefragungen (inklusive potenzieller Kunden) lässt sich die Einschätzung der Relevanz des eigenen Angebots (Stärken und Schwächen) ablesen. Zum Beispiel kann herausgefunden werden, ob die eigenen Stärken aus Kundensicht überhaupt wahrgenommen werden und wie die Vertriebe (der eigene und der des Wettbewerbs) agieren.

Distributionsforschung speist sich auch aus Wettbewerbsinformationen (Welche Personen und Organisationsbereiche entscheiden was?), damit der eigene Vertrieb die richtigen Personen mit zielführenden Argumenten ansprechen kann.

Tipp: In der Distributionsforschung sind Expertengespräche wichtig, in denen der Auftraggeber anonym bleibt, damit heikle Themen wie Konditionen, Leistungsumfang, Sonderleistungen etc. verlässlich erhoben werden können.

Fazit: Innenansichten sind bequem, gehören aber auf den Prüfstand

In vielen B2B-Firmen wird davon ausgegangen, dass durch regelmäßigen Kontakt mit den Kunden alle notwendigen Informationen über den Markt, die Produkte, das Image und die Kundenzufriedenheit vorliegen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die interne Sicht über Marktmechanismen und Kundenzufriedenheit durch externe Erkenntnisse ergänzt werden sollte. Eine solche Außensicht liefert oftmals wichtige Erkenntnisse abseits bequemer Wahrheiten.

20 Vgl. Vocatus, 2008

Page 45: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 45 von 75 26.10.09

Kundenbefragungen sollten daher durch Fachinstitute organisiert und umgesetzt werden. Wichtig ist, dass der Auftraggeber im Zuge der Befragungen nicht genannt wird, um sozial erwünschtes Antwortverhalten auszuschließen. Nur so lassen sich objektive Ergebnisse erzielen.

Ähnlich wie es ein Budget für Marketing-Kommunikation gibt, sollten Ausgaben für Marktforschung fest eingeplant werden. Als Faustformel gilt ein Volumen von zehn Prozent der Vermarktungsaufwendungen. Auch die personellen Ressourcen sind zu berücksichtigen. In der Regel müssen keine neuen Mitarbeiter eingestellt werden, es reicht aus, die bestehenden Mitarbeiter fortzubilden und zu coachen, dass sie bei Bedarf externe Kompetenz dazukaufen.

Für das Management in vielen B2B-Unternehmen ist es noch immer gewöhnungsbedürftig, ein Marktforschungsprojekt wirklich anzustoßen. Zunächst empfiehlt sich daher ein „Research Check“ mithilfe eines externen Fachmannes, um den Status aufzuzeigen, Informationslücken zu identifizieren und Handlungsbedarfe zu priorisieren.

Bei Empfehlungen und Kernaussagen, die sich aus Marktforschungsdaten ergeben, ist darauf zu achten, dass Produkt- und Branchen-Know-how sichtbar wird. Ansonsten besteht die Gefahr, dass wesentliche Ergebnisse auf Ablehnung stoßen.

C.3 Best Practice für die B2C-Marktforschung

In vielen Massenmärkten ist der Kunde anonym. Einige B2C-Unternehmen der ITK-Branche verfügen aber glücklicherweise über ein Data Warehouse21. Hier lassen sich eine Reihe von Informationen abrufen (Name, Vertragsart, Nutzungsdaten, Historie, Billing, Kundenkontakte etc.). Wesentliche weiche Faktoren wie Meinungen, Motive oder Vorbehalte sind jedoch nicht erfasst und lassen sich folglich auch nicht analysieren und für das Management nutzen.

Konsumgüterhersteller sind es seit Jahrzehnten gewöhnt, die meisten dieser notwenigen Informationen über verschiedene Marktforschungsverfahren zu erheben. Dabei hat man über die Möglichkeiten und Grenzen bestimmter Verfahren viel gelernt: Meinungen werden durch Befragungen ermittelt, Verhalten muss gemessen und Motive müssen psychologisch aufgedeckt werden.

Diese Fülle der möglichen Informationsbedarfe gilt es systematisch zu erfassen. Die bereits vorgestellten Themenblöcke erlangen in diesem Kontext noch größere Bedeutung.

Markt und Trends

Zu Beginn stehen auch hier die Definition des relevanten Marktes, die Schätzung des Marktvolumens, die Analyse der Marktstruktur, die Ermittlung der Marktanteile und die Einschätzung des Wachstums.

Empfehlenswert ist es, mindestens zwei, besser mehr unterschiedliche Analysten- oder Marktreports mit anderen Quellen gegenzurechnen. Zum Beispiel, indem solche Zahlen mit Daten aus Endkundenbefragungen inklusive Panels verglichen werden (Top-Down Bottom-Up Analyse). Aggregierte Marktübersichten sollten durch die Bildung von Endkundensegmenten ergänzt werden. Mittels multivariater Verfahren werden die Verbraucher in möglichst homogene Gruppen eingeteilt. Schon lange ist bekannt, dass sich soziodemografische Faktoren dazu weniger eignen als vielmehr Lifestyle-Segmentierungen, Milieu-Segmentierungen oder Segmentierungen nach Bedarfsgruppen (auf Basis von Verwendungsmustern werden „Needstates“ identifiziert). Im Einzelfall muss entschieden werden, wofür genau diese Segmentierungen genutzt werden sollen, denn diese Ansätze haben zum Teil Schwächen in der Zuordnung, der Quantifizierung oder der Auffindbarkeit der Zielgruppenmitglieder im realen Markt.

21 Vgl. www.wikipedia.de: Zentrale Datensammlung (meist eine Datenbank), deren Inhalt sich aus Daten unterschiedlicher Quellen zusammensetzt. Die Daten werden von den Datenquellen in das Data-Warehouse geladen und dort vor allem für die Datenanalyse und zur betriebswirtschaftlichen Entscheidungshilfe in Unternehmen langfristig gespeichert.

Page 46: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 46 von 75 26.10.09

Die Beobachtung von technischen und regulatorischen Trends im Kernmarkt ist für die Beurteilung von Marktchancen und -risiken ebenso unumgänglich wie die Beobachtung von gesellschaftlichen Megatrends und deren Auswirkungen auf das eigene Geschäft. Die Untersuchungsmethoden sind hauptsächlich Desk Research, ergänzt um Expertengespräche und Trend Scouts. Wichtig ist, dass diese Arbeiten an einen festen Zyklus gebunden sind und dass die Erkenntnisse in einem Workshop zu einem „abgeschliffenen“ Konsens gebündelt werden. Dort müsste auch die Frage diskutiert werden, ob Auslandsentwicklungen auf den Heimatmarkt übertragen werden können.

Beispiel: Der deutsche Pay TV-Markt

Auslandsvergleiche als Grundlage für die Prognose von Nachfrageentwicklungen im deutschen Pay TV-Markt haben sich bisher nicht bewährt, da es in Deutschland durch das sehr gute Free TV-Angebot keine substanzielle Nachfrage nach Pay TV gibt.

Tipp: Empfehlenswert ist es, unterschiedliche Analysten- oder Marktreports mit anderen Quellen gegenzurechnen. Zum Beispiel, indem die Zahlen mit Daten aus Endkundenbefragungen inklusive Panels verglichen werden. Die Entscheidung über das geeignete Segmentierungsverfahren sollte auch vor dem Hintergrund getroffen werden, ob es folgende Kriterien erfüllt: Im realen Markt ist die Zuordnung zu Kundensegmenten möglich, auch Marktpotenziale lassen sich quantifizieren und Zielgruppenmitglieder lokalisieren.

Produkt und Wettbewerb

Die Stärken und Schwächen des Unternehmens müssen im Vergleich zum Wettbewerb ausgearbeitet werden: Produktangebot, Preise, Prozesse, Inhalte der Kommunikation und ihre Werbeträger, Markenimage, Distribution, Billing, Service und After Sales.

Neben dem Desk Research sind Gespräche mit den eigenen Produktfachleuten die besten Quellen. Viele Informationen können mittels Primärerhebungen beschafft werden. Daten über die Werbeausgaben der Wettbewerber lassen sich zum Beispiel aus den Nielsen-Spendings entnehmen. Aufschluss über Bekanntheit und Image der Konkurrenten geben Werbetrackings.

Beispiel: „O2 Kosten-Airback - Von Kunden für Kunden“

In einem gesättigten Markt, in dem Neukunden zumeist nur von der Konkurrenz abgeworben werden können, entschied sich das Unternehmen O2 gegen den Preiswettbewerb und führte statt dessen eine neue Tarifstruktur ein. Vormals 32 Tarife wurden auf nur drei Preiskategorien reduziert. Kai Czeschlik, Vice President Customer Services, spricht von einer innovativen Lösungen „von Kunden für Kunden“. Monatelang seien die Kunden an allen Kontaktpunkten über ihre Erlebnisse mit O2 befragt worden.

Vier Jahre vor Einführung des Produktes begann im Unternehmen der Umdenkungsprozess hin zu einer konsequenten Orientierung an den Wünschen der Kunden. Fehler aus der Vergangenheit sollten vermieden werden, indem das Unternehmen seine Angebote von Beginn an transparent und nachvollziehbar gestaltete und den Kunden eine hohe Produkt- und Service-Erfahrung garantierte. Dass die Produktinnovation vergleichsweise langsam realisiert wurde, lag an den zunächst zufriedenstellenden Wachstumsraten des Unternehmens. Erst als die Preise durch einen Wettbewerber massiv gesenkt wurden, O2 die Schiene des Preisverfalls aber nicht fahren wollte, stellten sich die Verantwortlichen die Frage, was wirklich extrem mutig und sehr auf den Kunden zugeschnitten sein könnte. Es entstand die Idee, ein Produkt anzubieten, das zu 100 Prozent auf Customer Insights basierte.

Dieses Kundenwissen stammte aus mehrstufigen Marktforschungsprozessen. Auch in der Vergangenheit war mit großem Aufwand vorwiegend in den Bereichen Services und Tarife in Erfahrung gebracht worden, wie O2 als Mobilfunkanbieter von den Kunden wahrgenommen wurde. Im Zuge des Strategiewechsels nahm das Unternehmen die Focusgruppen und ihre eigentlichen Bedürfnisse unter die Lupe. Die Fragestellung war, ob das neue Produkt geeignet sei, weitere Kunden zu gewinnen. Neben den Features, die O2 in die neue Lösung einbaute, kamen Service-Themen zur Sprache. Die Kunden machten deutlich, dass sie bei der Nutzung der Mobilfunk-Dienste eigentlich nicht an den Anbieter denken wollten. Hätten sie jedoch ein Anliegen, sollte dieses einfach, schnell und transparent bearbeitet werden.

Page 47: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 47 von 75 26.10.09

Als die Zeit reif war, das vereinfachte und transparente Tarifgefüge in den Markt einzuführen, erlebten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens einen deutlichen Motivationsschub. Kai Czeschlik: „Alle merkten, dass dieses Produkt wirklich ohne Wenn und Aber auf den Kunden zugeschnitten ist.“ 22

Durch die frühzeitige, aktive Einbindung innovationsfreudiger Kunden in Überlegungen zur Produktentwicklung können Flopraten gerade bei technisch anspruchsvollen Lösungen reduziert werden. Dabei nutzt das Unternehmen das teilweise umfassende Produkt-Know-how der Verbraucher. Ein solches Vorgehen muss entsprechend geplant und begleitet werden.

Die Produktakzeptanz lässt sich in verschiedenen Phasen des Produktentwicklungsprozesses prüfen. Es ergeben sich Hinweise auf Optimierungen oder deutliche Veränderungen. Dabei reichen zunächst qualitative Methoden. Es gibt eine Reihe von Verfahren, etwa kreative Workshops, die den Produktentwicklungsprozess konstruktiv begleiten können.

Bei Akzeptanztests von Produkten ist darauf zu achten, dass viel Sorgfalt auf die Produktbeschreibung verwandt wird. Weil es immer wieder vorkommt, dass nur der funktionale Nutzen überprüft wird, nicht aber die Positionierung, sollten Produktakzeptanztests unbedingt die Nutzenargumentation in den Vordergrund stellen: Welche Produktvorteile motivieren zu Kaufentscheidungen, was ist der relevante „Pain Point“?

Beispiel: Was ist der wirkliche Nutzen einer Prepaid-Karte?

E-Plus hatte 1995 die erste Prepaid Karte auf den Markt gebracht – mit mäßigem Erfolg. (Claim: „Sie können jetzt sofort telefonieren“.) Der große Durchbruch gelang erst 1996, als D1 die Prepaid-Karte mit dem Benefit „Kostenkontrolle“ kommunizierte. Hier wurde der „Pain Point“ voll getroffen.

Später können durch quantitative Verfahren mögliche Potenziale eingeschätzt und die wichtigsten Produkteigenschaften zugunsten der Kaufentscheidungen ermittelt werden. Empfehlenswert für die ITK Branche ist in diesem Zusammenhang das Konzept sogenannter regionaler Testmärkte. Die Konsumgüterindustrie praktiziert dies seit Jahrzehnten und erhält „härtere Aussagen“, als Befragungen sie liefern können. Unter realen Bedingungen können Konzeptideen und/oder Produkte und Dienstleistungen auf Ihre Erfolgsaussichten am gesamten Markt getestet werden.

Wesentlicher Bestandteil der Produktmarktforschung sind Preiselastizitätsmessungen, aus denen vom Kunden akzeptierte Preisbereiche und Preisschwellen herausgelesen werden. Wichtig ist hierbei, dass das Produkt verständlich, aber nicht zu werblich und auf jeden Fall mit der geplanten Nutzenargumentation vorgestellt wird.

Beispiel: ISDN – tolle Funktionen oder: beim Surfen auch telefonisch erreichbar

Ein Fehler, der Anbietern häufig unterläuft, ist es, solche Produktnutzen auszuloben, die nicht auf eine aktive Nachfrage stoßen. Meist werden diese Produkte vom Markt nicht akzeptiert, manchmal haben sie trotzdem Erfolg, werden aber wegen anderer Benefits gekauft.

Jahrelang bewarb die Deutsche Telekom in den 90er Jahren ihr Produkt ISDN mit Features wie Call Waiting etc. Das Hauptmotiv der Kunden für die Entscheidung zugunsten ISDN bezog sich aber auf die zweite Telefonleitung: Die Internetverbindung blockierte nicht länger das Telefon.

Derartige Fehleinschätzungen können im Rahmen von Kundenbefragungen sehr leicht und vor allem nachhaltig korrigiert werden.

Tipp: Die Produktakzeptanz lässt sich in verschiedenen Phasen des Produktentwicklungs-prozesses prüfen. Hierbei ergeben sich Hinweise auf Optimierungen oder deutliche Veränderungen. Durch die frühzeitige Einbindung konstruktiv kritischer Kunden in die Produktentwicklung können Flopraten reduziert werden.

22 Vgl. Interview Czeschlik, 2009

Page 48: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 48 von 75 26.10.09

Kunden

Die im Rahmen der Marktuntersuchungen entwickelten Kundensegmente können dazu herangezogen werden, Größe und Profil der Zielgruppen und deren Bedarfe zu ermitteln. In Frage kommen nicht nur die schon gewonnenen, sondern auch die potenziellen Kunden.

Die notwendigen quantitativen Erhebungen liefern allerdings nur sehr allgemeine Erkenntnisse über Kundenerwartungen und -bedürfnisse. Wichtig für ein besseres Kundenverständnis ist das Herausarbeiten von Entscheidungsmustern, von Kaufmotiven, konkreten Bedürfnissen sowie individuellen Verhaltensgewohnheiten, Treibern und Barrieren.23

Es empfiehlt sich ein Methodenmix: Neben den quantitativen Ansätzen sollten unbedingt qualitative Verfahren wie Tiefenpsychologie und morphologische Verfahren einbezogen werden. Diese qualitativen Zusammenhänge erfordern eine kreative und nachvollziehbare Art der Aufbereitung und Darstellung: Werden die wesentlichen Erkenntnisse so zu Papier gebracht, dass sie für die weiteren Unternehmensprozesse hilfereich und zielführend sind?

Abb.: Kundenzufriedenheitsanalyse

Die kontinuierliche Messung der Kundenzufriedenheit an allen Customer Touchpoints und die Identifikation von Schwachstellen sind der zweite essenzielle Teil der Kundenforschung. Zur Messung der Kundenbindung gehören erstens die Ermittlung der Treiber der Kundenbindung, zweitens die Priorisierung von Kundenbindungselementen, um Investitionen besser steuern zu können (Produkte, Prozesse, Service, Brand, etc.) und drittens die Frage „Was zeichnet gefährdete Kundengruppen aus?“.

Die „Erlebnisdimension“ führt als innovative Forschungskategorie über den klassischen Kundenzufriedenheitsansatz hinaus und klärt die folgenden Fragen: Welche Gefühle weckt das Produkt oder die Dienstleistung beim Kunden, welche sensorischen Assoziationen schwingen mit, auf welche Weise hilft das Produkt oder die Dienstleistung dem Kunden, enger mit der Marke in Beziehung zu treten?24

23 Vgl. DMI, 2006 24 Notwendig wäre ein Ansatz, der die gesamte Experience des Kunden mit einfängt. „Er dürfte nicht nur fixiert sein

auf die Funktionalität des Produkts und funktionale Transaktionen, sondern auf alles, was während der Kaufentscheidung, des Kaufs selbst und des Gebrauchs des Produkts von Bedeutung ist.“ Vgl. B. H. Schmitt, 2004, S. 22

Page 49: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 49 von 75 26.10.09

Beispiel „Feedback-Management“: Customer Services als Anwalt des Kunden

Der Leiter des Bereichs „Customer Services“ im Unternehmen O2, Kai Czeschlik, sieht seine Rolle und die seiner Mitarbeiter darin, Anwalt des Kunden zu sein: „Wir tragen das Kundenfeedback aktiv zur Verbesserung von Produkten, Systemen und Prozessen ins Unternehmen.“

Mit dem Feedback-Management wurde ein Prozess aufgesetzt, mit dem die Rückmeldungen über verschiedenste Kanäle genutzt werden. Differenziert wird dabei nach einfachen Kundenkontakten, Beschwerden und Reklamationen. Innerhalb eines bestimmten Beobachtungszeitraums können die wichtigsten Beschwerde- und Gesprächstreiber festgestellt werden. Klar wird auch, warum ein Kunde dem Unternehmen im Zweifelsfall verloren geht. Im Sinne des Verursacherprinzips wird dies entweder den Entscheidungen auf Managementebene oder den Produkten und Tarifen zugeordnet.

Dem Top-Management liegen regelmäßig Berichte vor, aus denen hervorgeht, welcher Bereich welche Kosten und Unzufriedenheiten verursacht hat. Getroffene Entscheidungen werden so aus Kundensicht hinterfragt, was einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess in Gang setzt. Anfangs stellte die Implementierung des Systems für das Unternehmen eine Art Kulturschock dar. Überwunden wurde dieser durch kooperatives Arbeiten und weil abteilungsübergreifend festgestellt wurde, dass sich die Qualität generell verbesserte. Im Rahmen von Rankings zum Thema Service belegte O2 bereits mehrfach Platz 1.25

Als Kristallisationspunkte der Erlebniswelt des Kunden dienen „Moments of truth“. Vom Erstkontakt über den Kauf und Service bis hin zur Entsorgung sind es diese Momente der Wahrheit, die das Verhältnis des Kunden zum Unternehmen nachhaltig prägen. Folglich lohnt es sich, Kundenmeinungen entlang der erfolgskritischen Touchpoints systematisch aufzuspüren.26

Verschiedene Arten von Kundenbefragungen können dabei durchgeführt und miteinander verbunden werden. Für jedes Verhaltensmuster stehen spezielle Erhebungsmethoden zur Verfügung:

Muster und Zweck Frequenz der Erhebungen Methodik

Frühere Verhaltensmuster

Erfasst vergangene Erfahrungen der Kunden

» Verbesserung der operativen Maßnahmen

» Aufspüren von Zielen und Trends der Kundenerfahrungen

» Bewertet den Einfluss neuer Initiativen

» Identifiziert aufkommende Themen

Kontinuierlich:

» Elektronische Umfragen, die das Massengeschäft im Fokus haben, oder ein laufendes Feedbacksystem

» Automatisch generiert durch erfolgte Kundentransaktion

» Fokussierte und kurzfristige Datenerhebung

» Ergänzt um freiwilliges Feedback von Online Forum-Teilnehmern

» Webbasierte,

» persönliche oder

» telefonische Umfragen

» Auswertung von User-Foren und Blogs

Beispiele: Check von Installations- und Kundenservice oder Neuproduktbestellungen

Gegenwärtige Verhaltensmuster Tracking aktueller Kundenbeziehungen und deren Erfahrungen

» künftige Potenziale identifizieren

» Blickt kontinuierlich und etwas tiefer gehender auf die Kundenbeziehungen und andere Faktoren

» Schaut nach vorne und zurück

» Kann auch für besondere Themen und Zielgruppen angewandt werden

Periodisch:

» Quartalsberichte über Account Gruppen

» Studien über den Grad der Kundenbeziehungen

» User Experience-Studien

» User Group-Polling

» Web-basierte Umfragen, die auf die spezifische Fragestellung eingehen

» Direkte Erhebungen face to face oder telefonisch

» Moderierte User Foren

» Fokusgruppen o.ä.

Beispiele: Halbjährliche Kundengruppenreviews, "follow them home"-Userstudien

Potenzielle Verhaltensmuster

zukünftige Optionen aufzeigen, enthüllen und testen

» Ausgelöst durch bestimmte Kundengruppen oder einmalige Probleme

» Berücksichtigt vorhandenes Wissen über Kundenbeziehungen

Ad hoc / anlassgetrieben

» Ad hoc durchgeführt als Einmalerhebung

» Anlassgetriebene Trendanalyse

» Ethnografische Design-Studien

» Studien zu Spezialfragen

» Fokusgruppen

Tab.: Verschiedene Arten der Kundenbefragung27

25 Interview Czeschlik, 2009 26 Vgl. Gartner, 12/2004 27 Vgl. HBR, 2/2007

Page 50: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 50 von 75 26.10.09

Diese Analysen können segmentspezifisch ausgewertet werden. Im Ergebnis lassen sich Kundensegmente evaluieren und Cross Selling-Potenziale einschätzen, wobei interne Segmentierungen wie „Nutzer vs. Nichtnutzer“ oder „Heavy User vs. Light User“ eine wesentliche Grundlage der Analyse darstellen.

Gleichermaßen wichtig wie die saubere Erhebung der Daten sind die Ableitung von Handlungszielen, die Zuweisung von Verantwortlichkeiten, die Einleitung von Maßnahmen und schließlich das Monitoring derselben. Nach der Diagnose darf keinesfalls Schluss sein, denn sonst würde das teuer erkaufte Wissen um Handlungserfordernisse weder abgeleitet noch umgesetzt.

Abb.: Aus Kunden-Feedback lernen

Interne Statistiken spiegeln selten die wahren Beweggründe der Kunden wider, deshalb sollten Churn-Analysen nicht nur auf dem Reporting aus dem Customer Service oder ähnlichen Datenquellen beruhen. Die Schwächen interner Statistiken leiten sich wie folgt ab:

» Sie sind nicht repräsentativ (nur ein kleiner Teil der Anrufer gibt Gründe an).

» Die Churn-Gründe werden nicht vollständig erfasst (Precodes statt offene Frage).

» Verwechslung von Anlass (interne Reports) und Gründen (externe Befragung).

Die Erfahrung hat gezeigt, dass externe Befragungen Ergebnisse liefern, die deutlich näher an den Wahrheiten liegen.

Beispiel: Kündigungsgrund bei Kabelnetzbetreibern: Ich bin dann mal weg!

Interne Churn-Analysen der Kabelnetzbetreiber ergaben, dass die Mehrheit der Kunden wegen Umzugs gekündigt hatte. Externe Überprüfungen mittels Geodaten zeigten aber, dass kaum jemand seinen Wohnort tatsächlich gewechselt hatte, sondern die Fernsehprogramme über eine SAT Schüssel empfing.

Auch der Aspekt, dass die Kabelnetzbetreiber ihre Abgänge dadurch zu reduzieren versuchten, indem sie mehr (digitale) Programme anboten, zeigte ein mangelndes Kundenverständnis. Nicht die absolute Zahl der Programme, sondern der Preis, der für den Kabelanschluss laufend zu zahlen war, begründete die Kündigungen.

Das Zusammenführen der Erkenntnisse aus Befragungen gegenwärtiger Kunden, aus Churn-Analysen und Befragungsergebnissen ehemaliger Kunden liefert ein Gesamtbild der tatsächlichen „Stimmung“ in der Kundschaft und zeigt mögliche Handlungsfelder auf.

Page 51: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 51 von 75 26.10.09

Tipp: Vom Erstkontakt über den Kauf und den Service bis hin zur Entsorgung sind es diese Berührungspunkte und „Momente der Wahrheit“, die das Verhältnis des Unternehmens zum Kunden nachhaltig prägen. Folglich lohnt es sich, Kundenfeedback entlang dieser erfolgskritischen Customer Touchpoints systematisch zu sammeln. Allein auf automatisiert erhobene Daten zu vertrauen, empfiehlt sich jedoch nicht, da diese nicht immer die ganze Wahrheit widerspiegeln. Genauso wichtig wie die saubere Erhebung der Daten sind die Ableitung von Handlungszielen, die Zuweisung von Verantwortlichkeiten, die Einleitung von Maßnahmen und schließlich das Monitoring derselben.

Marke und Image

Die Markenpolitik ist ein zentrales Element des Marketing und jeder Verantwortliche weiß, welche Rolle die Marke spielt. Basisaufgabe der Marktforschung ist mithin die Messung der Bekanntheit und des Images von Marke und Produktangebot.

Die subjektive Wahrnehmung eines Anbieters oder der Marke dieses Anbieters durch den Kunden beeinflusst seine Kaufentscheidung und damit auch seine Neigung, den Anbieter zu wechseln. Während sich funktionale Produkteigenschaften mit Zeitverzug kopieren lassen, bleibt die Identität und Persönlichkeit einer Marke, sofern es sie wirklich gibt, über längere Zeiträume in einzigartiger Form erhalten.

Wesentliche Kennzahlen zur Marke sollten deshalb regelmäßig gemessen werden: Wahrnehmung der Marke, welche Assoziationen/Werte/Kernkompetenzen werden transportiert? Wo ist sie im Wettbewerbsumfeld positioniert? Welchen funktionalen/emotionalen Nutzen empfinden die Kunden? Welche Kontaktpunkte zwischen Mensch und Marke haben den größten Einfluss auf das Markenerlebnis?

Advertising Pre-Testing

Es ist dringend zu empfehlen, Werbekampagnen im Vorfeld zu testen, denn schließlich erfordern sie ein erhebliches Maß an Manpower im Zuge der Entwicklung. Auch verschlingen Kreation und Produktion hohe finanzielle Mittel, ganz abgesehen von den Schaltkosten in den verschiedenen Medien.

Steht genügend Zeit zur Verfügung, was vergleichsweise selten der Fall ist, kann die gesamte „Klaviatur“ des Pre-Testing gespielt werden. Aber auch reduzierte Verfahren zugunsten von Drafts oder Storyboards können wichtige Hilfestellungen leisten und Aufschluss darüber geben, ob der richtige Weg eingeschlagen wurde, um die Kommunikationsziele zu erreichen.

In diesem Kontext existiert eine Fülle bewährter Verfahren, die Marktforscher über Jahre entwickelt haben. Die Wahl der jeweiligen Detailtiefe beeinflusst den Zeitbedarf und die Kosten.

Erfahrungen von Experten machen deutlich, dass nur jede dritte Kampagne wirklich zur Schaltung empfohlen werden kann. Diese Entscheidungssicherheit sollte sich jedes Unternehmen leisten.

Advertising Post-Testing

Wirklich aufschlussreiche Ergebnisse erhalten Unternehmen, die nach Schaltung von Kampagnen messen lassen, in welchem Ausmaß die Botschaft bei der Zielgruppe angekommen ist.

Die kontinuierliche Werbeerfolgskontrolle kann alle gewünschten Variablen quantitativ durch Befragung bei der Zielgruppe ermitteln: Bekanntheit, Image, Recall, Werbeinhalte, Prägnanz und Alleinstellungsmerkmal, medienspezifische Bewusstseinsgrade, Werbeeffizienz, Einfluss auf Markenpräferenz und etliche andere.

Auch hier stehen viele bewährte Verfahren bereit, die zum Teil auch zusätzliche Benchmarks anbieten, da eine Fülle von Daten zum Vergleich vorliegen, die zumeist nach der gleichen Methode erhoben worden sind.

Page 52: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 52 von 75 26.10.09

Tipp: Gemäß den Erfahrungen von Experten kann nur jede dritte Kampagne wirklich zur Schaltung empfohlen werden. Vor dem Hintergrund, dass ein hohes Maß an Manpower im Zuge der Entwicklung von Kampagnen eingesetzt wird, dass Kreation und Produktion viel Geld verschlingen und dass auch die Schaltkosten in den verschiedenen Medien sehr hoch sind, ist es dringend geboten, Kampagnen vorher zu testen.

Distribution und Vertrieb

Die Verfahren der Marktforscher können auch den Vertrieb sowohl bei der Distributionsstrategie als auch im Zuge operativer Maßnahmen unterstützen.

Oft gehen Markt- und Wettbewerbsübersichten nicht genügend auf vertriebliche Aspekte ein. Deshalb sollte eine Marktübersicht über genutzte Vertriebskanäle und Aktivitäten wesentlicher Player im Markt erstellt werden. Die Mittel sind Desk Research, Expertengespräche sowie der professionelle Dialog mit Händlern und Kunden.

Hilfreich sind Marktforschungsansätze wie Handelsbefragungen (Wie sehen Händler den Vertriebsstatus im Markt?), Handels-Panels (Abverkäufe im Handel), ein Preisbarometer (aktuelle Preise im Handel) und Mailing-Beobachtung (In welchem Ausmaß sind die Player im Direktmarketing aktiv?).

Sofern der Einzelhandel ein wichtiger Vertriebskanal ist, hat sich Mystery Shopping als informative Methode bewährt: Hier kann unter anderem die Empfehlungspräferenz bei beratungsintensiven Produkten oder Dienstleistungen gemessen werden, und es kann überprüft werden, ob vereinbarte Vermarktungsstrategien von dem Vertriebspartner eingehalten werden.

Zur Unterstützung des Database-Marketings und der Direktvertriebe eignen sich mikrogeographische Potenzialanalysen (Geomarketing), die eine flächendeckende Zielgruppenlokalisierung ermöglichen. Eine regionale Marktplanung und die Spiegelung gebietsbezogener Vertriebserfolge an den Potenzialen der entsprechenden Vertriebsgebiete erleichtern die Beurteilung von Potenziallücken.

Tipp: Geomarketing ist ein effizientes Verfahren der Distributionsplanung und des Vertriebsmanagements. Mithilfe regionaler Marktplanung und der Spiegelung gebietsbezogener Vertriebserfolge an den Potenzialen der entsprechenden Vertriebsgebiete kann beurteilt werden, ob die Verkaufszahlen hier verbessert werden können.

Exkurs: Prozess-Check

Seit Jahren bewähren sich Marktforschungsmethoden auch in der Hinsicht, dass Fragen „im Umfeld“ des Serviceangebotes und der unternehmerischen Prozesse beantwortet werden.

» Mystery Calls beim Call Center: Ergänzend zu hausinternen Analysen bieten extern durchgeführte, wirklich unabhängige Mystery Calls wertvolle Einsichten in die Qualität der Hotline. Wird das angesprochene Problem gelöst? Wie ist das Kundenerlebnis insgesamt zu bewerten?

» Website Assessment / Usability: Beurteilung der Website inklusive Check auf CI-Kompatibilität, Testen der Funktionalität der Prozesse in Hintergrund, Navigation mit Blickaufzeichnung.

» Überprüfung von E-Mail-Anfragen: Messung der Reaktionszeiten und des Inhalts der Antworten. Erhalten Kunden auf Anfragen keine, verspätete oder unbefriedigende Antworten, kann sich das sehr negativ auf die Kundenbindung und das Image auswirken.

» Response-Analysen für Mailings: Herausarbeiten der Gründe bei Nichtreagieren auf Mailings. Ist das Produkt nicht attraktiv, wurde der Text nicht verstanden? Lag es an der Kreation? Sind es die Kunden der Wettbewerber, die nicht reagiert haben? Oder stimmt der Adressatenkreis nicht mit der eigentlichen Zielgruppe überein?

Page 53: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 53 von 75 26.10.09

Fazit: Vom CRM zum Customer Experience Management

Marktforschern ist klar, dass mit den Daten und Informationen der gängigen CRM-Systeme die Kundenbeziehungen nicht ausreichend und damit nicht zufriedenstellend gemanagt werden können. Die notwenige Voraussetzung dafür wäre, dass der Datenbestand Informationen über Kundenbedürfnisse und -erwartungen sowie über die Kundenzufriedenheit an den Customer Touchpoints enthält. Das ist jedoch meistens nicht der Fall.

Bernd Schmitt stellt hier kritisch fest:

„CRM konzentriert sich auf unternehmenszentrierte Transaktionen, nicht auf Beziehungen. Die Firmen fischen aus der Datenflut nur das heraus, was sich leicht messen und aufzeichnen lässt. Weniger gut quantifizierbare, aber entscheidende Informationen, die ein genaueres Bild vom Kunden zeichnen könnten, werden nicht erhoben.“28

Customer Relationship

Management (CRM)

Customer Experience

Management (CEM)

Was Erfasst und verarbeitet, was eine Firma über ihre Kunden misst

Erfasst und verarbeitet, was ein Kunde über eine Firma denkt

Wann Nachdem eine Kundeninteraktion vorliegt An Punkten der Kundeninteraktion: "Touchpoints"

Wie erhoben Point of Sale-Daten, Marktforschung, Website Klickrate, automatisiertes Tracking der Verkaufszahlen

Umfragen, gezielte Studien, Beobachtungsstudien, "Voice of customer"-Forschung

Wer nutzt die Informationen

Gruppen mit Kundenkontakt wie Vertrieb, Marketing, Außendienst und Kundenservice, um deren Arbeit effizienter und effektiver zu gestalten

GF und andere Führungskräfte, um erfüllbare Erwartungen und bessere Erfahrungen mit Produkten und Service zu entwerfen

Relevanz für künftigen Geschäftserfolg

Verzögert "lagging": Intensiviert Cross-selling durch das "bundling" von Produkten mit hoher Nachfrage mit Produkten mit niedriger Nachfrage

Führend "leading": Identifiziert Stellen, an denen neue Angebote hinzugefügt werden können, um die Lücke zwischen Erwartungen und Erfahrungen beim Kunden zu schließen

Tab.: CRM versus CEM

Die gängigen CRM-Initiativen sind zu IT-lastig, und sie sind organisatorisch bei IT oder Kundenservice nicht optimal angesiedelt. Dass trotzdem auf CRM als Allzweckwaffe gesetzt wird, könnte daran liegen, dass Unternehmen bereits erhebliche finanzielle Mittel in die Anschaffung der Systeme investiert haben.29

Vonnöten ist jedoch die Konzentration auf Informationen, die wirklich relevante Aussagen über die Kunden und ihre Meinungen enthalten. Dazu muss bereits bestehendes Wissen über Kundenerwartungen und Kundenzufriedenheit, das aus anonymisierten Befragungen stammt, mit berücksichtigt werden.

Zusätzlich muss die Erlebnisdimension stärker als bisher einbezogen werden. In vielen Fällen wird es notwendig sein, neue Daten zu erheben, oft auch mit qualitativen Methoden. Dies wirft für viele Marktforscher methodische und konzeptionelle Fragen auf.30

28 Vgl. B. H. Schmitt, 2004, S.21 29 „Having spent millions of dollars on customer relationship management software, many CEOs consider their

problem to be not a lack of customer information but a superfluity of it.“ Vgl. HRB 2/2007, S. 121 30 „Consequently, it becomes necessary to consider aspects that refer to the emotional and irrational side of customer

behaviour … The importance of various hitherto neglected variables was re-considered: the role of emotions in behavior; the fact that consumers are feelers as well as thinkers and doers; ... the roles of consumers, beyond the act of purchase, in product usage as well as brand choice’’ Vgl. European Management Journal, 2007, S. 396

Page 54: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 54 von 75 26.10.09

In vielen Märkten ist es noch nicht gelungen, die Bedürfnisse vollständig zu erfassen. Zu wenig Augenmerk hatte man bisher auf emotionale Aspekte gelenkt, auch weil es (quantitativ) viel einfacher war, die funktionalen Bedarfe zu erfassen. Unstrittig ist inzwischen, dass hier Nachholbedarf existiert.31

Den Erkenntnissen über die emotionalen Bedürfnisse, die losgelöst sein sollten vom eigenen Produkt, folgt die Customer Experience. Sie summiert sämtliche Erfahrungen und Signale, die der Kunde im Zusammenhang mit dem Produkt empfängt. Die dafür in Frage kommenden Touchpoints, an denen die Signale ausgesendet werden, gilt es zu identifizieren. Neben naheliegenden direkten Kundenkontaktpunkten (Shop, Produkt, Billing, Hotline, etc.) müssen auch indirekte Touchpoints einbezogen werden.32

Tatsächlich hinterlässt jede Marke täglich 30-100 Brand-Touchpoints, die auf die ein oder andere Art einen Eindruck in Kopf oder Herz hinterlassen.33 An den identifizierten Kontaktstellen muss nun die praktische Erfahrung kontinuierlich gemessen werden. 34

Den Schritt vom CRM zum Customer Experience Management zu gehen heißt, konsequent die Kundenperspektive einzunehmen und in Erfahrung zu bringen, wie die Kunden über Produkte und Dienstleistungen denken und was sie empfinden. Unternehmen müssen genau dieses Kundenverständnis entwickeln, um angemessen auf Marktveränderungen reagieren zu können.

C.4 Wissensmanagement in Sachen Marktforschung

Nachdem in den vorhergehenden Abschnitten dargestellt wurde, wie Market Insights systematisch generiert werden, ist der Aufbau eines Market Insights Managementsystems Thema der Betrachtungen dieses abschließenden Kapitels.

Bei der elementar wichtigen, systematischen Aufbereitung, Ablage und Verwendung relevanter Marktforschungsergebnisse geht es zum einen darum, im Unternehmen eine gemeinsam akzeptierte Sicht der „Welt da draußen“ zu etablieren. Zum anderen müssen die für Entscheidungen jeweils benötigten Marktinformationen themenbezogen bereitgestellt werden. Diese sehr komplexe Aufgabe benötigt ein professionelles Wissensmanagement in Sachen Marktforschung.

Während die Anforderungen an ein entsprechendes Management der Market Insights zum Teil von der Größe und Komplexität der Organisation abhängen, sollten bei der Implementierung eines solchen Systems grundsätzlich dieselben Schritte verfolgt werden. Idealerweise wird das Thema ganzheitlich unter Einbindung der Beteiligten im Rahmen eines Initial-Projekts bearbeitet.

Die wesentlichen Schritte und ihre Ergebnisse sind die folgenden:

Schritt 1: Vollständigkeit des Marktwissens prüfen

Zunächst muss geklärt werden, welcher Informationsbedarf besteht und ob die erforderlichen Marktinformationen vollständig vorliegen: Wo werden Marktinformationen mit welchem Aggregationsniveau benötigt? Welche Informationen brauchen die Verantwortlichen für eine grundlegende Marktbeschreibung (Marktunterbau), welche für die unterschiedlichen Stufen des Produktentwicklungsprozesses? Wie sollen Marketingkampagnen vorab getestet oder auf Wirksamkeit bewertet werden?

31 Vgl. DMI, 2006 32 „Indirect contact most often involves unplanned encounters with representations of a company’s products, services

or brands and takes the form of word-of-mouth recommendations or criticisms, advertising, news reports, reviews, and so forth.“Vgl. HBR 2/2007, S. 118

33 Vgl. Marketing & Kommunikation 6-7/2008 34 Vgl. Gartner, 12/2004 S. 14

Page 55: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 55 von 75 26.10.09

Auch müssen die Informationsquellen geklärt werden: Wo stehen die benötigten Informationen bereits hausintern zur Verfügung? Welche externen Quellen werden genutzt? Welche Sachverhalte gilt es angesichts von Widersprüchen zu klären? Was sollte zusätzlich recherchiert werden?

Schritt 2: Aus Daten Erkenntnisse gewinnen – Die richtige Aufbereitung zählt!

Die Aufbereitung der Marktinformationen und die Form der Präsentation sind entscheidend für den Nutzen und die Akzeptanz von Marktforschung. Hier sind auch die Marktforscher in der Pflicht, Detailtiefe und Wortwahl an die jeweilige Empfängergruppe anzupassen.

Generell gilt:

» Integration und Harmonisierung früherer Befunde und/oder anderer Quellen in Schlussfolgerungen und Empfehlungen

» Mehr Handlungsempfehlungen und deren Implikationen als verbalisierte Tabellen

Schritt 3: Ergebnisse bereitstellen – Die richtige Systematik wählen

Die Herausforderung liegt darin, das vorhandene Wissen im Unternehmen in eine praxisrelevante Systematik zu transformieren, die einen Leitfaden für künftiges Handeln darstellt.

Je nach Komplexität und Umfang der Aufgabe wird ein entsprechendes System, etwa eine Wissensdatenbank, zur Ablage und Kommunikation der Marktforschungsdaten benötigt. Dabei sollte das System natürlich funktional und nutzerfreundlich gestaltet sein. Ebenso wichtig wie die hierzu notwendige Perfektion ist jedoch die Integration des Systems in das vorhandene organisatorische und unternehmenskulturelle Gefüge. Dieser „Fit“ ist wesentliche Akzeptanzgrundlage der handelnden Mitarbeiter und macht das System erst praktikabel.

Die Informationen sollten nicht nach Quellen strukturiert werden, sondern – wie in den vorhergehenden Abschnitten beschrieben – nach inhaltlichen Zusammenhängen (Markt, Wettbewerb, Produkte, Kunde, etc.). Ziel ist es, allen Entscheidern ein definiertes Set an Informationen über das Marktumfeld bereitzustellen.

Schritt 4: „Let it flow“ – Wie Market Insights besser zirkulieren

Je nach Charakter der Information, der Entscheidungssituation oder der entsprechenden Adressaten muss geklärt werden, in welcher Form die Marktinformationen zur Verfügung gestellt werden sollen. Grundsätzliche Marktbeschreibungen etwa können in Form eines breit kommunizierten Marketingplans allen relevanten Entscheidungsträgern zur Verfügung gestellt werden, während produktrelevante Analysen in Entscheidungsvorlagen verarbeitet oder die Basisdaten in einer Datenbank gespeichert werden.

Gerade die Unternehmen der ITK-Branche sollten sich professionell mit dem Management des Produktionsfaktors „Information“ befassen. Dazu gehört eben auch eine systematische und bedarfsgerechte Bereitstellung von Marktforschungsergebnissen.

Schritt 5: Umsetzung – Das Wissen organisatorisch optimal verankern

Wie kann nun dieses vielfältige Wissen über den Markt, die Bedürfnisse und Emotionen der Zielkunden ein Maßstab der Marktbearbeitung des Unternehmens werden?

Der letzte Schritt eines konsequenten Market Insight Managements ist es, den Prozess transparent zu implementieren und Verantwortlichkeiten für einzelne Aufgaben zu benennen. Erst dadurch gelingt die organisatorische Verankerung. Sie wiederum ist zwingend notwendig, um die systematische Zirkulation und Verwendung des Wissens im gesamten Unternehmen jederzeit sicherzustellen.

Page 56: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 56 von 75 26.10.09

Abb.: Market Insights Management, Projektaufbau

Die Skizzierung des folgenden Praxisbeispiels zeigt, wie das Unternehmen Procter&Gamble Marketingwissen organisiert und systematisch nutzt:

Beispiel: Procter&Gamble

„Macht der Konzern in einem Absatzmarkt gute Erfahrungen, sei es mit dem Produkt oder mit dem Vertriebskanal, werde dieses Wissen aufbereitet, sodass Kollegen weltweit über das Intranet darauf zugreifen können.“35

Wie lässt sich verhindern, dass Erkenntnisse von politischen Widerständen torpediert werden?

Die Erfahrung zeigt, dass die Marktforscher eine gewisse Unabhängigkeit benötigen, die nicht von Weisungsbefugnissen seitens der jeweils betroffenen Fachabteilungen eingeschränkt werden darf. So ist es beispielsweise keine gute Idee, die Durchführung der Akzeptanzmessung im Produktmanagement oder die Ermittlung der Kundenzufriedenheit beim Kundenservice zu verankern. Gleiches gilt für die Messung der Werberesonanz. Die Marktforscher sollten nicht an die Person berichten, der die Verantwortung für die Kommunikation obliegt.

Um ein „Go“ oder „No Go“ etwa bei Produkteinführungen oder Kampagnen rational zu begründen, ist das Festsetzen sogenannter „Action Standards“ ratsam. Diese sollten sich an Erfahrungswerten orientieren. In der Konsequenz heißt das: Bestimmte Werte bei Erhebungen lösen bestimmte Aktionen aus.

35 Vgl. Absatzwirtschaft 8/2009

Page 57: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 57 von 75 26.10.09

Was bringt konsequentes Market Insights Management für die Praxis?

Abb.: Ein besseres Marktverständnis dank Market Insights Management

Insights sind vollständig

Durch die Zusammenführung von Daten und Wissen aus verschiedenen Quellen, die Einbeziehung auch des Know-hows interner Fachleute sowie die Ergänzung der üblichen Marktforschungs-Methoden durch neue qualitative Ansätze sollte das Set an notwendigem Wissen bereitstehen.

Insights sind transparent

Durch eine festgelegte Zirkulation der Daten und eine “Ablage“ in einem Market Insights Managementsystem werden Erkenntnisse transparent gemacht. Das Wissen ist „auffindbar“ und damit nutzbar.

Insights sind am richtigen Ort

Die richtige organisatorische Verankerung unter Benennung von Verantwortlichkeiten stellt die „Anwesenheit“ von Market Insights bei Entscheidungsfindungen sicher.

Der Stellenwert der Marktforschung muss dazu erhöht werden. Notwendig ist auch die Installierung eines Market Insights Managers, der die erforderlichen Maßnahmen vorantreibt.

Diese Prozesse implizieren in vielen Unternehmen Veränderungen in der Unternehmenskultur. Es lohnt sich jedoch, generelle Sichtweisen in Bezug auf Markt und Kunden zu erneuern, denn erreicht wird nicht weniger als ein konsolidiertes Verständnis über den Markt und die Kunden, das transparent und präsent ist.

Mit Insights erfolgreicher am Markt

Wird das profunde Wissen für die einzelnen inhaltlichen Blöcke (Markt, Produkte, Kunden etc.) zusammengefasst und den Akteuren im Unternehmen verfügbar gemacht, fallen in der Zukunft keine Entscheidungen „wider besseres Wissen“.

Page 58: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 58 von 75 26.10.09

Die Vermeidung von Fehlentscheidungen etwa hinsichtlich der Markteinführung von Produkten oder das Umsetzen von Ergebnissen aus Kundenzufriedenheitsmessungen sind nur zwei Beispiele, die letztlich zu einem größeren Markterfolg führen werden.

Durch konsequentes Market Insights Management können Wettbewerbsvorteile auch im strategischen Bereich erlangt werden. Beispiele aus dem Konsumgüterbereich zeigen, dass das Kundenverhalten durch neue Messmethoden (Panel) beobachtet werden kann oder dass durch psychologische Verfahren emotionale Markencodes aufgedeckt werden; beides können Insights sein, die so im Markt noch nicht bekannt sind. Unternehmen, die sich konsequent an Markt und Kunden ausrichten, agieren am Markt deutlich erfolgreicher als andere.

Abb.: Mehr Markterfolg dank echter Insights

Marktforschung braucht ein Budget!

Bei den Überlegungen hinsichtlich des Finanzbedarfs sind Unternehmen anderer Branchen ein hilfreicher Maßstab, die gut fünf Prozent Ihres Marketingbudgets für Marktforschung ausgeben. Schließlich kämpft man mit kommunikativen Mitteln um die Aufmerksamkeit der Konsumenten gegen alle anderen Produktbereiche, die auch werben. Gleiches gilt für das Haushaltsbudget, welches nur einmal ausgegeben werden kann. Nur durch ein attraktives Produktangebot, eine überzeugende Kommunikation und die tatsächliche Erfüllung der Leistungsversprechen können die Menschen erreicht und als Kunden für das eigene Unternehmen gewonnen werden.

Page 59: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 59 von 75 26.10.09

D Neue Wege zum Kunden: Bauen Sie eine Standleitung!

Die fortlaufende Entwicklung innovativer Managementmethoden und Marktforschungs-verfahren gehört zu den zentralen Anliegen vieler, zum Teil weltweit operierender Marktforschungsinstitute, Unternehmensberatungen und Universitäten. Entsprechend vielfältig und häufig auch chancenreich ist die Entwicklung neuer Informationsservices und Managementansätze.

Im Folgenden sollen einige der jüngsten Trends und Entwicklungen diese „Szene“ vorgestellt werden. Die hier erörterte Auswahl erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit – gleichwohl sind die Autoren überzeugt, die erfolgversprechendsten Verfahren, Methoden und Handlungsfelder der jüngsten Marktforschungsgeneration zusammengestellt zu haben.

D.1 Neue Methoden für echte Customer Insights

Standardisierte Marktforschungsverfahren und eindimensionale Untersuchungsdesigns nach dem Motto „Da machen wir mal schnell eine Kundenbefragung“ schaffen es in der Regel nicht, wesentliche Beiträge zur Steuerung unternehmerischer Entscheidungen zu leisten. Wissenschaftliche Ansätze zur fundierten Entwicklung von Einkauf, Forschung, Marketing oder Vertrieb verlangen mehr: Vielfältige Verhaltens- und Bedürfniskategorien dünner Zielgruppen gilt es zu verstehen, noch nicht vorhandene Märkte sind zu identifizieren, und schließlich sollen begeisternde Produkte nah am Kunden entwickelt werden.

Klassische Marktforschungsansätze stoßen in diesen Untersuchungszusammenhängen häufig dort an ihre Grenzen, wo es um die Bewertung komplexer Kundendispositionen geht. Eine „unwillkürliche Geste“, ein „rascher Blick“, die „Art, eine Verpackung zu öffnen“ oder auch das „subjektiv zugeschriebene Potenzial eines IT-Produktes, Individualität auszudrücken“ (wie es iPod & Co. sicher können), lassen sich kaum im Zuge „normierter“ Fragebogendesigns evaluieren.

Abb.: Konsolidierung von Daten und Wissen führt zu Market Insights

Die aktuellen Trends in den Messverfahren werden nachfolgend erläutert und daraufhin überprüft, inwieweit sie einen Erkenntniszugewinn gestatten.

Page 60: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 60 von 75 26.10.09

In die Erlebniswelt des Kunden eintauchen

Eine aktuelle Antwort auf gestiegene Ansprüche und komplexere Untersuchungs-zusammenhänge ist die stärkere Einbindung des Kunden in den Prozess der Datengewinnung. Eine derzeit häufig eingesetzte Methode besteht darin, sich potenziellen Kunden in ihrem alltäglichen Lebenskontext zu nähern und so die Distanz zwischen Reden und Handeln zu verkleinern. Diese Ansätze werden auch unter Begriffen wie „Ethnographische- oder Kulturalistische Marktforschung“ diskutiert. Zielsetzung dieser Form der empirischen Arbeit ist es, möglichst authentische Einsichten zu gewinnen. Der Marktforscher begibt sich in die Lebens- und Arbeitswelt des Kunden und begleitet ihn im (Verwendungs-) Alltag des Produktes.

Sogenannte Video Diaries oder Kundentagebücher liefern beispielsweise Nutzungsdaten im Haushalt, die man durch Befragungen nicht ermitteln kann.

Beispiel: Deutsche Bank Q 110

Eine gelebte Form ethnographischer Marktforschung stellt die Deutsche Bank Filiale „Q 110“ in Berlin dar. Unter dem Motto „erlebbar anders“ wird den Besuchern die Möglichkeit gegeben, die Bank der Zukunft zu besuchen und konkretes Feedback zu den neusten Unternehmensleistungen zu geben. Nach Aussagen der Bank hat sich Q110 dabei zu einem bundesweit wichtigen Wachstums- und Impulsgeber für die Weiterentwicklung des Privatkundengeschäftes des Unternehmens entwickelt.

Die Vorteile gegenüber klassischen Interviews und Fokusgruppen sind ein tieferes Verständnis des Kundenverhaltens, die unmittelbaren Einblicke in ganz alltägliche Gewohnheiten und der unverstellte Blick auf Szenen und Zusammenhänge, die im Teststudio verborgen blieben. Im Ergebnis zeigen die Daten in sehr anschaulicher Art und Weise, wer was wie und vor allem warum verwendet. Ergänzend zur Beobachtung werden daher auch Tiefeninterviews durchgeführt.

Beispiel: Kundenverhalten zeigt mehr als Kundenbefragung: Sitzgelegenheiten im Park

Bestimmte Einsichten und Ansichten der Kunden können durch traditionelle Methoden wie Befragungen nicht generiert werden. Der Grund: Den Kunden ist oft gar nicht bewusst, warum sie bestimmte Dinge tun oder nicht. Warum ein neues Verständnis für den Kunden demzufolge nur mit qualitativen ethnografischen Methoden geschaffen werden kann, verdeutlicht die folgende Beobachtung des Wissenschaftlers Bernhard Schindlholzer:

„In Berlin gibt es in einem Park Sitzgelegenheiten, bei denen einzelne Sitze auf Betonsockel montiert sind. Die Besucher des Parks haben sich nicht auf diese Sitze gesetzt, sondern auf die Betonsockel. Unser Design-Team hat die Besucher gefragt, warum sie dies tun. Eine Antwort war: ‚Die Sitze sind beschmiert und haben Aufkleber drauf, da setze ich mich lieber auf den Betonsockel. Der ist sauberer.’ Ist der Sockel tatsächlich sauberer? Das wage ich zu bezweifeln. Und viele Antworten lauteten: ‚Das weiß ich gar nicht; es war mir nicht bewusst, dass ich mich auf den Sockel und nicht auf den Sitz gesetzt habe.’ Durch Befragung allein kommt man also nicht weiter.“36

„Ethnographische Marktforschung“ ist eine Möglichkeit, sich den Kunden im Kontext ihres alltäglichen Lebens zu nähern. Die Vorteile gegenüber klassischen Interviews und Fokusgruppen sind ein tieferes Verständnis des Kundenverhaltens, der Einblick in ganz alltägliche Gewohnheiten und der Blick auf Szenen und Zusammenhänge, die im Teststudio verborgen blieben.

Hinter die Motiv-Kulissen schauen

Neben dieser intensiven Einbeziehung des Kunden werden verstärkt Bemühungen unternommen, im qualitativen Bereich methodisch besser zu werden. Gerade in Innovations- und Positionierungsprozessen ist es notwendig, unterschiedliche Wissensquellen anzuzapfen und mögliche „blind spots“ auszuschalten. Dies gelingt jedoch kaum im Rahmen standardisierter und geschlossener Frageformen. In den letzten Jahren hat sich in verschiedenen Märkten gezeigt, dass ein wirklicher Erkenntniszugewinn nur durch neuartige, qualitativ überzeugende Forschung möglich war.

36 B. Schindlholzer, 2009

Page 61: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 61 von 75 26.10.09

Gruppendiskussionen sind ein in diesem Zusammenhang von zahlreichen Instituten gerade wiederentdeckter „Klassiker“. Dabei hat man sowohl auf der „Hardware-Seite“ investiert – Räume mit Lounge-Charakter, multimedialer Ausstattung, Kinobestuhlung und wandgroße Einwegspiegel gehören mittlerweile zum Standard. Aber auch die zugrundeliegende Methodik ist in ihrer Qualität sprunghaft gestiegen. Im Sinne des Customer Experience werden dabei verstärkt Ansätze gefahren, die auf Lebendigkeit zielen, die unmittelbare Artikulation durch Bilder oder Symbole befördern, Spontanität erzeugen und Authentizität versprechen.

Neue Entwicklungen der neuropsychologischen Forschung und deren Erhebungsmethoden versuchen darüber hinaus, unbewusste Entscheidungen zu erklären. Auch die Laddering-Technik37 kann die wahren, sich hinter den „Motivkulissen“ verbergenden Gründe für Kaufentscheidungen und Needs herausfiltern. Dabei werden Motive von Konsumenten als hierarchisch aufgebaute Verbindungen (Ketten) interpretiert, die sich erstens aus Produkteigenschaften, zweitens aus Konsequenzen und drittens aus fundamentalen Werten zusammensetzen.

Beispiel: „Laddering-Kette“ für einen MP3-Player

Zu den wesentlichen Qualitätsmerkmalen eines MP3-Players gehört seine “Klang- und Tonqualität” (Produkteigenschaft). Stimmt die Qualität, verbinden die Nutzer diese Eigenschaft in der Regel mit “Musikgenuss und Entspannung” (Konsequenzen). Ergebnis kann der wünschenswerte Zustand „Wohlfühlen” (Wert) sein.

Grundlegendes Qualitätskriterium dieser Marktforschung ist die Konzeption des Ansatzes. Als Auftraggeber sollten Sie „Ihr“ Institut danach fragen, welches psychologische Konzept der Moderator im Kopf hat, welche Bewertungskategorien er im Zuge der Interpretation der Daten zugrunde legt oder wie er „das Spontane“ der Probanden entwickeln möchte.

Gerade in Innovations- und Positionierungsprozessen ist es notwendig, unterschiedliche Wissensquellen anzuzapfen und mögliche „blind spots“ auszuschalten. Die Kombination aus Gruppendiskussion und tiefenpsychologischen Verfahren kann die wahren Gründe für Kaufentscheidungen und Needs herausfiltern, die bei herkömmlichen Methoden hinter den Motivkulissen verborgen bleiben.

Internet, Blogs & Co.

Aus Kostengründen haben sich seit einigen Jahren Online-Befragungen zu einer ernst zu nehmenden Methodenalternative entwickelt. Der vergleichsweise geringe finanzielle Aufwand im Zuge der Datengewinnung und Auswertung spricht jedoch nicht als einziges Argument für internetbasierte Befragungsansätze. Weitere Pluspunkte sind die Schnelligkeit und Flexibilität. Bei Online-Befragungen können die Ergebnisse auch bei sehr großen Fallzahlen rasch verfügbar gemacht werden, ferner können Multimedia-Anwendungen in die Befragung integriert sowie Plausibilitätskontrollen berücksichtigt werden.

Die für die Offline-Welt geltenden Qualitätskriterien und Ansprüche an eine gehaltvolle Marktforschung sind jedoch auch auf das Internet zu übertragen. Die E-Mail Adressen der Kunden liegen vielen Anbietern vor, diese Kunden als Probanden korrekt zu befragen, gelingt nach wie vor nur mit methodischem Know-how. „Vor allem Mittelständler gehen gern etwas hemdsärmelig an das Thema heran. (…) Wer hier mit schlechten Fragebögen, falschen Stichproben und selbst gefrickelten Excel-Auswertungen hantiert und darauf seine Entscheidungen baut, bringt sein Unternehmen in Gefahr.“38

„Word of Mouth-Agenten“ im Internet

Neben den fast schon als klassisch zu bezeichnenden, internetbasierten Befragungen haben sich in jüngster Zeit solche Marktforschungsansätze entwickelt, die unterschiedliche Elemente des Web 2.0 nutzen, dazu gehören vor allem Blogs, Foren und Chat-Rooms.

37 Vgl. R. Buber und H. Holzmüller, 2009 38 acquisa, 4/2009, S. 54

Page 62: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 62 von 75 26.10.09

Aus Sicht der Marktforschung sind Gemeinschaften wie „Online- oder Marken-Communitys“ insbesondere für Marken führende Unternehmen in B2C-Handlungsfeldern interessant. Sie repräsentieren besonders loyale Kunden, die Informationen zur Geschichte oder den Nutzen der Marke, des Produktes oder auch des Unternehmens sowohl im Internet als auch offline verbreiten. Diese Kunden sind regelmäßig im Web 2.0 ansprechbar und eignen sich aufgrund ihrer offenen, zum Teil auch kritischen Haltung sehr gut für Marktforschungsprozesse, mit deren Hilfe Produkte oder Dienstleistungen weiterentwickelt werden sollen.

Beispiel: Procter&Gamble – Die Buzzer, Mund Propaganda im Web 2.0

Procter and Gamble betreibt in den USA beispielsweise sogenannte Customer influence panels. Hier wirken Verbraucher aktiv an der Verbesserung von Produkten mit und können eigene Ideen in deren Entwicklung einbringen (vgl. acquisa, 4/2009). Die Procter and Gamble-Tochter Tremor hat hierzu in den USA ca. 250.000 sogenannte Buzzer (Word of Mouth-Agenten) gewonnen, die ohne Zwang neue Produkte in ihren Netzwerken ins Gespräch bringen.

Gefühlswelten und Stimmungsbilder im Internet aufspüren

Kunden und Nicht-Kunden nutzen die zahlreichen Interaktionspunkte im World Wide Web, um Unternehmensleistungen direkt zu bewerten, zu kommentieren oder auch darüber zu diskutieren. Diese Meinungsäußerungen lassen sich mithilfe neuester Softwaresysteme kostengünstig messen und konsolidieren. Auf Basis zuvor trainierter Modelle werden die in den Beiträgen enthaltenen Gefühlsäußerungen erkannt und zu einem aggregierten Stimmungsbild verdichtet. Unternehmen eröffnet sich somit die Chance zu erfahren, was ihre Kunden über sie, ihre Produkte oder auch Marketingaktivitäten denken – und das zeitnah und ohne aufwendige und komplizierte Marktforschungsverfahren.39

Gerade den Unternehmen, die aufgrund logistischer Erfordernisse und ausgedehnter Distributionsnetzwerke keine Kontakte zu den Endnutzern pflegen, eröffnet sich durch diese Marktforschung die Chance, die Bedürfnisse und Ansichten der Anwender ihrer Produkte unmittelbar zu erkennen und ein besseres Kundenverständnis zu entwickeln. Darüber hinaus kann die direkte Analyse artikulierter Problembereiche oder auch geäußerter Lösungsvorschläge die eigene Produktentwicklung erheblich fundieren.

Beispiel: Waschpulver

Im Rahmen einer der oben erläuterten Analysen erfuhr ein deutscher Waschmittelhersteller schnell und direkt, dass sein Produkt „stinke“ (so drastisch äußerten sich etliche Verbraucher). Eine Veränderung der Produktzusammensetzung konnte diesen Makel beheben.

Der automatisierten (Key Word) Analyse von Blogs, Foren, Bewertungsportalen und anderen virtuellen Treffpunkten wird daher von zahlreichen Experten große Bedeutung für zukünftige Marktforschungsansätze beigemessen.

Aus Kostengründen haben sich seit einigen Jahren Online-Befragungen zu einer ernst zu nehmenden Methodenalternative entwickelt. Neben den fast schon als klassisch zu bezeichnenden, internetbasierten Befragungen haben sich in jüngster Zeit solche Marktforschungsansätze entwickelt, die unterschiedliche Elemente des Web 2.0 nutzen. Mit Hilfe neuster Softwaresysteme wird die Marktbeobachtung im Internet revolutioniert. Die in Beiträgen enthaltenen Gefühlsäußerungen werden erkannt und zu einem aggregierten Stimmungsbild verdichtet.

Automatisch und in Echtzeit

Immer auf „Ballhöhe“ mittels automatisierter Kundenbefragungen

Einige der Unternehmen, die dank Data Warehouse über eigene Kundendaten verfügen, organisieren automatisierte Kundenbefragungen.

39 Vgl. TNS Infratest, 2009

Page 63: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 63 von 75 26.10.09

Die Zustimmung wird bereits mit dem Auftragsformular eingeholt. Erfahrungsgemäß sind etwa 20 Prozent einer Kundenbasis einverstanden, dass sie in unregelmäßigen Abständen angerufen werden.

Der Fragebogen muss allerdings mit höchstens sechs einfach formulierten Themen sehr kurz sein. Andernfalls sind die Ergebnisse wegen einer hohen Abbrecherquote nicht verwertbar. Der Interview-Vorgang selbst läuft automatisiert ab.

Die Frequenz und der Umfang der Stichproben sind frei wählbar. Denkbar ist auch eine Totalerhebung, die – über einen bestimmten Zeitraum gestreckt – die Personen der gesamten Kundenbasis kontaktiert, die den Anrufen zugestimmt haben.

Die Ergebnisse geben als Frühindikator unmittelbar erste Hinweise auf kundenseitige Problemfelder. Welche Teile eines Kundenbestandes tatsächlich betroffen sind, lässt sich mit dieser nicht-repräsentativen Vorgehensweise allerdings nicht ermitteln.

Nebeneffekt telefonischer Kundengespräche: Emotionen aufspüren

Zu den neusten Marktforschungsmethoden gehören sogenannte Voice Recording- und Speech Analytic-Tools. Diese gewährleisten schon heute die automatisierte Evaluation und Kategorisierung einer großen Zahl von Kundengesprächen (beispielsweise in Call Centern).

Weitreichende Analyse- und Auswertungsfunktionen erkennen dabei Sinn und Inhalt des Gesprächs selbständig und ermöglichen es den Unternehmen, unmittelbar darauf zu reagieren. Auswahlkriterien können das Auftreten bestimmter Formulierungen, Schlüsselwörter oder weitere charakteristische Sprachmerkmale sein. „Emotion Detection“, „Keyword- und Phrase Spotting“ gehören zu diesen erprobten Analysewerkzeugen.

Vor allem für die Gestaltung eines zielgruppenspezifischen Sprachdialogs bringen diese Anwendungen große Vorteile. Hat das Sprachportal den Anrufer erst einmal erkannt, kann es sich besser auf ihn einstellen. Das gilt für die Auswahl des passenden Sprechers (jung oder alt) oder auch für die richtige Ansprache des Anrufers (Wortwahl).

Wesentliche Ergebnisse der „Speech Analytics“ lassen sich darüber hinaus sehr gut für Marktforschungszwecke nutzen. Für verschiedene Unternehmensbereiche wie Qualitäts- und Prozessmanagement, Marketing oder Vertrieb tragen diese Daten unmittelbar dazu bei, Customer Insights zu erfassen und Verbesserungspotenziale auszuschöpfen.

Beispiel: Michelin

Der Reifenhersteller implementierte mit dem „Quality-Monitoring-System“ ein solches Voice Recording- und Speech Analytic-Tool, um Gespräche zwischen Kunden und Call Center-Agenten systematisch zu untersuchen und zu bewerten. Nach Aussagen des Unternehmens konnte die Qualität elementarer Call Center-Standards um etwa 15 Prozent gesteigert werden – Kundenservice und interne Prozesse wurden wesentlich verbessert.40

Mobile Marktforschung im Trend?

Marktforschung über Mobiltelefone wird in der aktuellen Diskussion innovativer Marktforschungsverfahren als vielversprechend angesehen. Als wesentliche Vorteile werden die unmittelbare Resonanz auf Testereignisse genannt, eine noch bessere Erreichbarkeit der Testpersonen und deutlich verkürzte Feldzeiten. Vor allem für junge Zielgruppen, die über computergestützte Telefoninterviews (CATI) immer schwerer erreichbar sind, ist der Kontakt per Handy eine gute und günstige Alternative.

Wie bei nahezu allen Verfahren und Methoden gibt es natürlich auch hier gewisse Vorbehalte. Es bleibt zu diskutieren, ob sich die Mehrheit der unterwegs kontaktierten und zur Teilnahme aufgeforderten Probanden gerade zu dem konkreten Zeitpunkt befragen lassen möchte – was die Repräsentativität der Daten natürlich einschränkt.

40 Vgl. Teletalk, 6/2009

Page 64: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 64 von 75 26.10.09

Zudem machen es die aktuell ca. 5.000 unterschiedlichen Handymodelle – viele davon sind nicht internetfähig – den Marktforschern nicht einfach, einheitliche Fragebögen zu verschicken oder Testvorgänge einzuleiten.

„Die Verbreitung von mobiler Marktforschung hängt [also] sehr an der technischen Entwicklung. Unterschiedliche Handytypen und hohe Kosten verhindern bisher den Durchbruch.“41 Allerdings werden diese technischen Herausforderungen von einigen Dienstleistern mittlerweile gut beherrscht.42

Automatisierte Erhebungsverfahren halten Einzug in der Marktforschung: Kundenbefragungen per Sprachcomputer, Software zur Gesprächsauswertung und die mobile Marktforschung gelten in der aktuellen Diskussion als vielversprechend.

Praktikabler Ansatz einer Zukunftsforschung

„Es ist unmöglich, die Zukunft vorherzusagen, aber es ist gefährlich, es nicht wenigstens zu versuchen“, betont ein ehemaliger Shell-Manager. Dieser zunächst recht bescheiden daherkommenden Aufforderung haben sich in den vergangenen Jahren zahlreiche Zukunftsforscher angenommen und sich mit der Identifikation möglicher und wahrscheinlicher Szenarien auseinandergesetzt.

Anstatt punktgenau die Zukunft vorherzusagen, spannen die Forscher sogenannte „Möglichkeitsräume“ auf (Szenariotechnik). Linear denkende Fachleute neigen in diesen Zusammenhängen jedoch dazu, einen gegenwärtigen Trend in die Zukunft fortzuschreiben. Andere überschätzen die Möglichkeit des Wandels und unterschätzen das menschliche Beharrungsvermögen.

Um den Einfluss einzelner Expertenmeinungen zu begrenzen, hat sich die Delphi-Methode als wirksames Tool etabliert. In diesen Verfahren werden die Experten nicht nur nach ihren jeweils eigenen Ansichten gefragt, sondern in einer zweiten Runde mit den Einschätzungen ihrer Kollegen konfrontiert. Sie werden gebeten, zu reflektieren, ob sie bei ihrer ursprünglichen Meinung bleiben möchten oder nicht. Auf diese Weise wird ein bestmöglicher Konsens ermittelt.

Beispiel: BASF, das Orakel von Delphi

Eine Delphi Studie von 1998 beispielsweise hat dazu geführt, dass ein Bundesministerium einen Forschungsbereich für Nanotechnologie schuf, und dass BASF angesichts der vorhergesagten Digitalisierung die Produktion von Magnetbändern aufgab.43

Die Methoden der Zukunftsforschung eignen sich auch für den Hausgebrauch: Wer neue Möglichkeiten entdecken und eine gemeinsame Marktsicht auf Trends und Entwicklungsfaktoren etablieren will, kann die Delphi-Methode als wirksames Instrument nutzen.

Was kann ich vom Kunden sonst noch lernen?

Auf den richtigen Mix kommt es an – vom Durchschnittsnutzer zum Lead User

Aktuell begrenzt die (nach wie vor sehr verbreitete,) ausschließliche Charakterisierung des durchschnittlichen Kunden den Aussagegehalt vieler Marktforschungsansätze. Da sich dieser Kunde häufig an Gewohntem und Gegenwärtigem orientiert, vermag er es in der Regel nicht, zukunftsweisende Bedürfnisse und Anforderungen zu artikulieren oder einen wesentlichen Beitrag im Zuge der Entwicklung produktspezifischer „Begeisterungsattribute“ zu leisten.

Beispiel: Was kann man von einem Spiritual Guide, einer Limo-Fahrerin und einem Farbberater lernen?

Tim Brown von der US-amerikanischen Design Consulting Firma IDEO berichtet, wie wichtig die Zusammensetzung der Fokusgruppe ist:

41 Vgl. Absatzwirtschaft, 7/2009, S. 27 42 Vgl. mind/STRATECO, 2008 43 Vgl. Technology Review, 1/2008

Page 65: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 65 von 75 26.10.09

„We were looking at a new concept for women’s shoes – we invited in a color consultant, spiritual guide who led barefoot initiatives across hot coals, a young mother who was curiously passionate about her thigh-high leather boats, and a female limo driver whose full livery was accented by a pair of outrageously sexy stiletto heels. Needless to say, this group proved to be extremely articulated about the emotional connections among shoes, feet, and the human condition.“ 44

Marktforschung im Sinne einer Volksabstimmung umzusetzen, in der der beste Mittelwert immer auch das beste Produkt ergibt, ist folglich der falsche Weg.

Net Promoter Score: Sag es mit einer Zahl – zu schön um wahr zu sein?

Beim Net Promoter Score handelt es sich um einen Index zur Messung von Kundenloyalität und -zufriedenheit. Basis der Berechnung ist die Frage nach der Weiterempfehlungsbereitschaft. Auf einer 10er Skala wird zunächst der Anteil der „Promotoren“ (Skalenpunkte 9 und 10) ermittelt. Von diesem Prozentwert wird der Anteil der „Kritiker“ (Skalenpunkte 0 bis 6) subtrahiert: Ergebnis ist der Net Promoter Score (NPS).

Die besonderen Vorteile des Scores liegen in der „Aggregation von Kundenloyalität“ zu einer einzigen Kennzahl und den möglicherweise vorhandenen Korrelationen zu Finanzkennzahlen des Unternehmens, etwa dem Unternehmenswachstum. Dieser Zusammenhang wurde zumindest im angelsächsischen Raum nachgewiesen. Das macht ihn zu einem interessanten Managementtool.

Die Überlegung, ob die recht simple Frage nach der Weiterempfehlungsbereitschaft tatsächlich umfassendere Marktforschungsansätze ersetzen kann, bleibt jedoch kritisch zu hinterfragen.

Darüber hinaus sagt der NPS nichts darüber aus, welche Konsequenzen aus einem negativen Wert zu ziehen sind. Antworten darauf können nur ausführlichere Studien geben. Hier werden dann vor allem die Kundenbindungslevel an den einzelnen Touchpoints sowie deren Einfluss auf den Gesamtaspekt der Kundenloyalität ermittelt. Nur so ergeben sich konkrete Hinweise für das operative Geschäft und Ansätze zur Optimierung.

Auf jeden Fall sollte der NPS vor der Anwendung im eigenen Unternehmen justiert werden. Nur wenn Korrelationen zwischen NPS und wesentlichen (Finanz-) Kennzahlen für die eigene Branche tatsächlich nachweisbar sind, kann der Score-Wert zur Fundierung unternehmerischer Entscheidungen herangezogen werden.

Momente der Wahrheit messen - Kritische Ereignisse erkennen

Der Level der Kundenzufriedenheit spiegelt das Maß wider, in dem die Erwartungen erfüllt wurden. Diese werden quantitativ nicht immer im Vorfeld gemessen, sie sind außerdem interpersonell verschieden.

Wichtig ist, dass Erwartungen auch latent im Sinne von unbewusst vorhanden sind und dass die Zufriedenheit mit einer Dienstleistung oder einem Produkt auch starke emotionale Komponenten aufweist.

Konkrete negative Kundenerfahrungen können sich als „kritische Ereignisse“ in ihrem Bewusstsein verankern. Neben funktionalem Versagen eines Produktes kann dies auch durch einen rüden Umgangston des Personals oder ein ungeschickt formuliertes Schreiben hervorgerufen werden. Die vielen positiven Nutzenaspekte des Produktes oder der Dienstleistung treten in den Hintergrund.

Im Rahmen von Kundenzufriedenheitsmessungen sind diese „kritischen Ereignisse“ unbedingt zu erfassen (offene Nachfrage) und im Nachgang zu klären.

Ein schnelles Kundenfeedback mit Hinweisen auf mögliche kritische Ereignisse liefert das Call Center. Voraussetzung ist, dass entsprechende Textfelder eingerichtet wurden und dass diese nach Schlüsselwörtern durchsucht werden.

44 Vgl. Brown, 2009

Page 66: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 66 von 75 26.10.09

Abb.: Kritische Ereignisse

Fehler als Chance - Service Recovery Paradoxon

Service Recovery bezeichnet die Strategie und die Aktivitäten zur Wiederherstellung von Kundenzufriedenheit nach problematischen Erlebnissen der Kunden im Zusammenhang mit einem Produkt oder einer Dienstleistung. Das „Paradoxe“ daran ist, dass sich Kunden im Anschluss an eine zufriedenstellende Lösung ihres Problems loyaler gegenüber dem Anbieter verhalten als jene Kunden, bei denen keine Schwierigkeiten auftraten. Wichtig für das Unternehmen ist, dass es den verärgerten oder verunsicherten Kunden durch kulantes Entgegenkommen vollständig zufriedenstellt.

Beispiel: Service Prototyping: Unzufriedene Kunden helfen, bessere Services zu entwickeln

Für den bedeutsamen Themenbereich „Servicedesign“ nennt Bernhard Schindlholzer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen, einige Beispiele: „Eine praktikable Methode ist das Prototyping von Services. Auch Service Blueprints sind eine gute Möglichkeit, um das abstrakte Artefakt eines Services greifbar zu machen. Und durch Customer Journeys lassen sich die Interaktionen des Kunden gut visualisieren.“

Fehle es an konkretem Methodenwissen, so der Customer Management-Experte, drifte man in bekannte Themenfelder wie die Technologie ab. Zu oft werde vergessen, dass beim Service der Kunde und die Interaktion zwischen Kunde und dem Unternehmen im Mittelpunkt stehe.

Die Frage, wie neue Services gestaltet werden können, beantwortet Bernhard Schindlholzer am Beispiel der Automobilindustrie. Um einen Prototypen für ein Anliegen- und Beschwerdemanagement zu entwickeln, sei es ratsam, fünf bis zehn jener Kunden zu identifizieren, die immer wieder nützliche Inputs in Form neuer Ideen lieferten. Diese kritischen bis skeptischen Kunden, die dennoch in den Dialog mit dem Unternehmen träten, gelte es einzubinden, um von ihnen Vorschläge für neue Produkte und Dienstleistungen zu erhalten. Gemeinsam mit ihnen könnten Prototypen entwickelt werden. „Das ist der Ansatz, den wir aktuell bei einem Automobilhersteller in Südafrika anwenden. Wir setzen uns mit Kunden zusammen, die sich beschwert haben und mit der Wiedergutmachung unzufrieden waren, an den Tisch und entwickeln einen neuen Serviceprozess für das Beschwerdemanagement.“45

Nutzt das Unternehmen diese Chance nicht im positiven Sinne, ist die Konsequenz als mehrfach negativ anzusehen. Die Abwanderung eines Kunden wird durch Mund zu Mund-Propaganda wahrscheinlich multipliziert.

45 Vgl. Interview B. Schindlholzer, 2009

Page 67: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 67 von 75 26.10.09

Der Fehler, einen enttäuschten Kunden nicht komplett zufriedenzustellen, ist auch als „kritisches Ereignis“ zu werten, das sich in der subjektiven Wahrnehmung selektiv verankert. Deshalb entsteht dieser langfristig deutlich positive oder negative Effekt.

Reklamationen sind somit Chancen, die Anbieter auch deshalb nutzen sollten, um sich von ihren Wettbewerbern positiv abzuheben. Denn als Standard ist ein aktives Beschwerdemanagement (proaktive Nachbearbeitung) noch nicht etabliert.

Aktuell begrenzt die ausschließliche Charakterisierung des durchschnittlichen Kunden den Aussagegehalt vieler Marktforschungsansätze.

So verlockend es ist, beispielsweise die Weiterempfehlungsbereitschaft als alleinigen Indikator für die Kundenzufriedenheit zu verwenden, so gefährlich kann es sein, Treiberanalysen zu unterlassen und deren Einfluss auf den Gesamtaspekt der Kundenloyalität zu ermitteln.

Vielversprechende Ansätze ergeben sich dort, wo unzufriedene Kunden in die Entwicklung besserer Services eingebunden werden.

Marktforscher sind aufgefordert, einerseits das Feld der Methoden- und Technologieentwicklung kontinuierlich zu beobachten und dabei zu bewerten, wo für ihre Kunden überzeugende Angebote entstehen. Andererseits müssen sie die neuen Angebote sinnvoll in ein (Marktforschungs-) Gesamtportfolio integrieren.

D.2 Neue organisatorische Verankerung der Marktforschung

An Informationen zu gelangen, ist die eine Seite der Medaille, das Wissen konsequent anzuwenden, die andere. Die ITK-Branche hat sich in Teilbereichen zu einem reifen Markt entwickelt, sie ist gleichsam ausdifferenziert und gekennzeichnet durch intensiven Wettbewerb sowie Margenerosion. In anderen reifen Branchen, die bereits einen längeren Weg hinter sich haben, besitzen Informationen über die jeweils relevanten Kundengruppen strategische Bedeutung. In der betrieblichen Praxis vieler ITK-Unternehmen spiegelt sich diese Bedeutung der „Market Insights“, wie in Kapitel B aufgezeigt, noch nicht wider.

Damit stellt sich die Frage, wie ITK-Unternehmen in Zukunft sicherstellen, dass existenzielle Entscheidungen auf einer fundierten Wissensbasis getroffen werden. Wie erhöht man den Stellenwert von „Market Insights“ und Marktforschung im Unternehmen?

Gefordert ist ein Kunden- und Markt-Wissensmanagement mit fünf wesentlichen Aspekten:

» Die systematische Verwendung von Marktinformationen bei allen relevanten Unternehmensentscheidungen (Prozessdimension)

» Die Person des Marktforschers

» Die Stellung der Marktforschung im Unternehmen (Organisation)

» Management und Anreizsysteme

» Unternehmenskultur

Die systematische Verwendung von Marktinformationen

Qualitätsrelevante Arbeitsabläufe, die sich wiederholen, lassen sich auf Dauer nur mittels definierter und nachvollziehbarer Geschäftsprozesse effizient gestalten. Dies gilt auch für alle Abläufe des Marktinformationsmanagements.

Inhaltlich geht es um die kontinuierliche Konsolidierung aller notwendigen Informationen aus diversen Quellen. Konkret muss etwa das Kundenwissen, über das die Vertriebsmitarbeiter verfügen, ebenso ausgewertet werden wie die Ergebnisse des sogenannten Data-Minings (Analyse der Kundendaten im Data Warehouse) oder die Wettbewerberinformationen aus Handel und Produktmanagement. Und diese Erkenntnisse gilt es mit Informationen aus extern beauftragten Marktstudien zu verknüpfen.

Page 68: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 68 von 75 26.10.09

Im nächsten Schritt müssen die Daten situations- und zielgruppengerecht für die Entscheiderebene aufbereitet und präsentiert werden. Dabei werden Marktinformationen nicht nur auf Top-Management-Ebene benötigt, sondern sie müssen auch auf operativer Ebene sicher zur Verfügung stehen, zum Beispiel in der technischen Produktentwicklung.

Viele große Unternehmen der ITK-Branche haben bereits klar definierte Produktentwicklungsprozesse etabliert, die genau vorschreiben, welche Informationen zu welchem Zeitpunkt der Produktentwicklung zur Verfügung stehen müssen. Reichen die präsentierten Informationen nicht aus, wird der Produktentwicklungsprozess durch das Entscheidungsgremium unterbrochen oder ganz gestoppt. Mit diesem Vorgehen wird sichergestellt, dass Produktentscheidungen nicht ohne die vorher als notwendig erkannten Marktinformationen getroffen werden. Ein so definierter Prozess kann auf seine Effizienz hin überprüft und nachjustiert werden. So kann ein Unternehmen lernen und die Nutzung von Marktinformationen im Produktentwicklungsprozess kontinuierlich verbessern. Noch wichtiger ist in diesem Kontext die Sicherstellung einer hohen Verbindlichkeit des definierten Prozesses durch das Management.

Market Insights Management muss wie andere qualitätsrelevante Arbeitsabläufe mittels definierter und nachvollziehbarer Geschäftsprozesse effizient gestaltet werden. Damit wird sichergestellt, dass Produktentscheidungen nicht ohne die vorher als notwendig erkannten Marktinformationen getroffen werden. Marktinformationen werden dabei nicht nur auf Top-Management-Ebene benötigt, sondern auch im operativen Bereich.

Die Person des Marktforschers

Marktforschung braucht Personen, die in der Lage sind, den Umgang mit den benötigten Markt- und Kundeninformationen effizient zu managen.

Der Marktforscher wird in Zukunft nicht nur fähig sein müssen, die komplexen und oft auch widersprüchlichen Signale zu interpretieren, die Unternehmen und Institute von den Konsumenten erhalten. Er muss auch ein Gefühl dafür mitbringen, wie er sich in Prozesse der Entscheidungsfindung einfädelt.

Das Selbstverständnis des Marktforschers muss sich wandeln „vom Datendrescher zum Kundenversteher“. Ist er nicht länger nur der (selbst als solcher definierte) „Zahlenlieferant“, verbessert er den Stellenwert von Marktforschung im Unternehmen ganz entscheidend.

Umfangreiches Methodenwissen und eine gute Übersicht über Anbieter von Daten und Erhebungen werden in Zukunft folglich nicht ausreichen. Produkt- und Branchenwissen, Managementqualitäten und die Fähigkeit, zielgruppengerecht mit den Bereichsleitern auf Augenhöhe zu kommunizieren, werden zu den Kernkompetenzen der Marktforscher gehören. Nur so werden sie vom Management des Unternehmens als Berater wahrgenommen.

In der Konsequenz ist zu überlegen, die Bezeichnung Marktforscher in „Market Insights Manager“ umzuwandeln. In einigen Unternehmen ist die Marktforschung bereits als „Standleitung“ zum Kunden und zum Markt etabliert worden. Market Insights Manager verstehen, um es erneut zu betonen, sowohl die Angebotsseite (Strategie, Produkte, Wertschöpfung, Finance, Marketing, Sales) als auch die Kunden und deren Verhalten. Sie führen diese beiden Blickwinkel sinnvoll zusammen, um die Entscheidungsfindung des Managements zu unterstützen.

Der Werdegang dieser Persönlichkeiten kann entweder in der Klassischen Marktforschung begonnen haben oder in der Strategieberatung bzw. dem Produktmanagement. In beiden Fällen müssten sich geeignete Kandidaten die noch fehlenden Kompetenzen des jeweils anderen Arbeitsbereiches aneignen. Den kommunikativen Fähigkeiten des Marktforschers insgesamt wird künftig eine größere Bedeutung zukommen, denn als Anwalt des Kunden muss er offensiv und verkaufsorientiert agieren, um seiner Rolle im Unternehmen gerecht zu werden.

Das Selbstverständnis des Marktforschers muss sich wandeln „vom Datendrescher zum Kundenversteher“. Um Entscheidungsfindungen zu unterstützen, muss er auch die Angebotsseite im Blick haben.

Page 69: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 69 von 75 26.10.09

Die Stellung des Marktforschers im Unternehmen

Wie erläutert, nimmt die Bedeutung von Marktinformationen in den ITK-Unternehmen künftig stark zu. Auch in kleinen und mittleren Unternehmen ist es möglich, entsprechende „Market Insights-Gruppen“ als Organisationseinheiten zu schaffen und diese zum Beispiel als Stabsstellen bei der Unternehmensleitung oder einem Chief Marketing Officer anzusiedeln.

Ziel muss es sein, die Market Insights Manager in die relevanten Entscheidungsprozesse einzubinden, damit sie diese entsprechend inhaltlich und strukturell mitgestalten können.“

Damit die Marktforscher ihrer neuen Rolle gerecht werden können, muss Market Insights Management im Organisationsgefüge des Unternehmens angemessen verankert werden: als Stabsstellen bei der Unternehmensleitung oder als Abteilung beim Chief Marketing Officer.

Qualitätsmanagement fördert die Kundenorientierung

In der Fachliteratur zum Thema Qualitätsmanagement werden die Ziele dieses Unternehmensbereichs beispielsweise wie folgt formuliert: „Ziel des Qualitätsmanagements ist die 100%ige Erfüllung der Kundenanforderungen“. Für das Marketingmanagement gilt: „Ziel des Marketings ist die Befriedigung der Kundenbedürfnisse“.46

Leider spiegeln sich diese Übereinstimmungen in den Unternehmen oftmals nicht wider. Die Verantwortung sowie das Wissen über Philosophie und Methoden des Qualitäts- und Marketingmanagements sind in unterschiedlichen Organisationseinheiten angesiedelt, die Kulturen unterscheiden sich teilweise erheblich.

Unter Berücksichtigung der gemeinsamen Ziele könnte das Qualitätsmanagement aber durchaus als spezielles Instrument des Marketings betrachtet werden: Per Definition und zumeist auch in der Praxis stellen Qualitätsmanagementsysteme sicher, dass die Kundenbedürfnisse in allen qualitätsrelevanten Unternehmensprozessen systematisch im Mittelpunkt stehen.

Abb.: Faktengeleitete Entscheidungen

46 Vgl. H. Meffert, 2000, S. 8

Page 70: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 70 von 75 26.10.09

Als bürokratische Vorgänge oft unterschätzt, entfalten Managementsysteme in Unternehmen eine hohe Wirkung bei der Umsetzung definierter Ziele und Verfahren. Genau hier liegt die große Chance für Marktforscher: Gelänge es den Verantwortlichen, die entsprechenden Qualitätsnorm-Anforderungen konsequent gemeinsam umzusetzen, könnte die Bedeutung der Marktforschung bei wichtigen Entscheidungsprozessen nachhaltig gestärkt werden.

Kulturrevolution – Strategische Verankerung der Kundensicht

Nur wer den Kunden als Chef akzeptiert, wird eine organisatorische Veränderung mittragen oder gar befördern. Um eine solche mentale Veränderung zu unterstützen, ist es notwendig, dass alle involvierten Personen vom Top Management bis zum Junior Produktmanager die Kunden sehen, ihre Meinungen hören, ihr Verhalten beobachten und ihre Motive verstehen.

Weg vom Schreibtisch, rein in das Kundenleben!

Die Kunden „live“ zu erleben (etwa hinter der Einwegscheibe bei Fokusgruppen) und ihn im O-Ton zu hören, vermittelt einen wesentlich nachhaltigeren Eindruck als das Lesen von word- oder ppt-Dateien.

Beispiel GM Management: im Reich der Ahnungslosen

Unternehmen sehen ihr Produkt, ihre Dienstleistung oder ihre Marke oft völlig anders, als es die Kunden tun. Der Customer Management-Experte Bernhard Schindlholzer von der Universität St. Gallen fragt in diesem Zusammenhang: „Wie oft passiert es denn, dass man sich als Mitarbeiter oder auch als CEO oder Bereichsleiter eines Unternehmens anonym in die Rolle des Kunden versetzt und wirklich erlebt, was er macht?“ Und speziell auf die Top Management-Ebene bezogen: „Lässt man sich von den Mitarbeitern etwas präsentieren, oder ist man bereit, in die Filialen zu gehen oder einmal in der Warteschleife der eigenen Hotline zu verweilen?“

Beispielhaft verweist der Wissenschaftler auf den Automobilkonzern General Motors, über den er im September 2009 auf seinem Blog einen Artikel veröffentlichte. Dem Top-Management seien immer nur die besten Fahrzeuge auf einer Teststrecke präsentiert worden. Und weil es nur die besten Produkte sah, habe es nicht verstanden, warum sich die Fahrzeuge nicht verkaufen ließen.

Erleben sollte das Management auch den Umgang des Kunden mit den Produkten. In Home Use Tests als Videoaufzeichnung oder die live durch Beobachtung in einem Feldstudio.

Beispiel: O2 Customer Experience Trail - auf den Spuren des Kunden

Eine der besonderen Methoden, die nötig sind, um den Wandel in der Unternehmenskultur in Richtung kompromisslose Kundenorientierung voranzubringen, ist das Eintauchen in die Erlebniswelt des Kunden. Der von der Kundenservice-Abteilung des Unternehmens O2 konzipierte „Customer Experience Trail“ machte dies möglich. Acht aufwendig eingerichtete Stationen beanspruchten eine halbe Etage der Firmenzentrale. In einem abgedunkelten Raum beispielsweise wurde permanent Werbung eingespielt.

Präsentiert wurden im Customer Trail aber nicht nur die Informationen, Services und massiven Reizüberflutungen, die den Kunden zugemutet werden. Deutlich gemacht wurde auch, an welchen Stellen der Anwender mit einem Problem allein gelassen wird.

In sieben Monaten begaben sich rund 1.000 Verantwortungsträger – Manager und sämtliche Führungskräfte bis hin zum Teammanagement-Level – im Rahmen von Tagestrainings auf die Fährte des Kunden und damit in die Informationsflut. Beeindruckt und zum Teil sogar erschöpft, betonten sie im nachfolgenden Auswertungsgespräch mit den Projektverantwortlichen aus dem Bereich „Customer Services“, dass sich dringend etwas ändern müsse.

Da es die Organisation der Arbeitsabläufe im Unternehmen nicht zuließ, alle weiteren 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch den Trail zu schicken, wurde er mittels 3D-Technik nachgebaut. Diese Online-Training war für alle O2-Beschäftigten verbindlich. 47

Derartige „Inszenierungen“ spiegeln die wirklichen Erfahrungen und Empfindungen der Kunden wider und sind näher an der Realität als Vorführungen, die von Firmenmitarbeitern vorbereitet wurden.

47 Vgl. Interview Czeschlik, 2009

Page 71: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 71 von 75 26.10.09

Die strategische Verankerung der Kundensicht in den Unternehmenszielen erfordert eine „Kulturrevolution“ in vielen Unternehmen. Der erste Schritt ist ein besseres Verständnis der fundamentalen Unterschiede zwischen Kunden- und Unternehmenssicht. Das einfachste Mittel: Weg vom Schreibtisch, rein in das Kundenleben!

D.3 Die wichtigsten Handlungsfelder für das Management

B2B Marketingentscheider

Viele Verantwortungsträger im B2B-Segment meinen ihre Kunden zu kennen, weil sie täglich auf unterschiedlichsten Ebenen mit ihnen Kontakte pflegen. Die unternehmerische Realität hält dennoch Überraschungen bereit. Die Durchführung externer „Client-Reviews“ kann helfen, Kundensignale, die vom Vertrieb nicht wahrgenommen oder weitergeleitet werden, frühzeitig zu erkennen. Deren Ergebnisse sollten auch in variable Gehaltsbestandteile eingehen.

In Märkten der frühen Phasen des Produktlebenszyklus kann es passieren, dass Anbieter von ihren ersten Kunden auf die falsche Fährte gelockt werden. Als Early Adopter haben sie andere Beschaffungspräferenzen und weisen eine andere Bedarfsstruktur auf als „Pragmatiker“, die erst in einer späteren Marktphase einsteigen. Soll ein „Brückenkopf“ in dieser neuen Kundengruppe aufgebaut werden, sind Budgets für deren „Aufklärung“ bereitzustellen. Ohne Marktforschung erkennen Anbieter weder den Bedarf, noch wissen sie, welches Problem für diese Zielgruppe gelöst werden muss und welche weiteren Elemente ein aus Kundensicht „vollständiges“ Produkt erzeugen.

Die vorliegende Studie belegt, dass im Geschäftskundensegment generell kaum eigene Markterhebungen durchgeführt werden. Zumeist wird das knappe Mafo-Budget für Abonnements bei Gartner, Ovum und anderen Datenlieferanten verwendet. Einen höheren Nutzen verspricht die Durchführung eigener Primärerhebungen. Analyst-Reports können fallweise hinzugekauft werden.

Ein wichtiger Aspekt ist gerade bei B2B-Anbietern außerdem das Thema „internes Kundenwissensmanagement“. Oftmals verbleiben entscheidende Informationen zu wichtigen Kunden im proprietären Besitz des Key-Accounters. Es ist entscheidend, die Verarbeitung von Informationen aus internen sowie externen Quellen umfassend und konsequent sicherzustellen, sodass die gewonnenen Erkenntnisse bei wichtigen Entscheidungen vorliegen. Das Informationsmanagement sollte in Prozessform etabliert und die benötigten Inhalte und Formate sollten klar definiert werden.

Empfehlenswert ist es auch, einen grundsätzlichen Marktunterbau zu erarbeiten, der den langfristig gültigen Wissensstand des Unternehmens in Bezug auf sein Marktumfeld darstellt.

Neben den Endkunden sollten auch die potenziellen Absatzmittler im Auge behalten werden. Zum einen kann es gerade in Wachstumsphasen interessant sein, mehr über die Beschaffungspräferenzen der Kunden zu wissen. Aber auch die Bedürfnisse der Absatzmittler spielen eine wichtige Rolle, da bei der Gewinnung erfolgreicher Vertriebspartner maßgeschneiderte Konditionen und Rahmenbedingungen immer wichtiger werden.

Die Durchführung externer „Client-Reviews“ kann helfen, Kundensignale frühzeitig zu erkennen, die vom Vertrieb nicht wahrgenommen oder nur nicht weitergeleitet worden sind. Diese Kundenzufriedenheits-Messungen sollten auch in variable Gehaltsbestandteile eingehen.

B2C Marketingentscheider

Idealerweise liegt der Fokus der ITK-Anbieter auf der Kundenwahrnehmung von Marke, Produkt und Dienstleistung. Im Nutzungskontext gilt es dann auch, „benachbarte“ Märkte zu beobachten, die das gleiche Bedürfnis befriedigen. Mindestens fünf Prozent des Marketingbudgets müssen für Marktforschung reserviert sein, so die Faustformel.

Page 72: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 72 von 75 26.10.09

Eine wichtige Empfehlung für das B2C-Segment liegt darin, noch mehr Aufgeschlossenheit gegenüber qualitativen Verfahren zu zeigen. Optimierte Kundenbeobachtungen liefern sehr wertvolle Impulse für Verbesserungspotenziale.

Bei der Produktentwicklung darf die Nutzung von Markt- und Kundeninformationen nicht dem Zufall überlassen werden. Eine gewisse Formalisierung in Formaten und Prozessen ist notwendig. Entscheider sollten hierbei für eine hohe Verbindlichkeit sorgen.

Klar definierte Action Standards helfen vermeiden, dass Produktprozesse nur pro forma Vertriebs-Freigaben durchlaufen. Für alle Customer Touchpoints sollten Qualitäts- und Serviceziele definiert werden, und die Zielerreichung gilt es mittels Kunden-Feedback zu analysieren und diese Erkenntnisse in Entscheidungen zu berücksichtigen.

Inhouse-Marktforscher

Als Anwalt des Kunden haben Inhouse-Marktforscher ihre Dienstleistung darin zu sehen, die „Kundensicht“ im Unternehmen bestmöglich zu vertreten.

Für viele mag es zunächst sinnvoll sein, mehr Werbung in eigener Sache zu machen. Hilfreich ist es, wenn die Marketingleitung dem Market Insights Management im Rahmen von Management-Meetings einen festen Zeitblock für das „Kundenbarometer“ reserviert.

Um die Kundenmeinungen effektiv als Entscheidungsparameter zu betonen, müssen die Marktforschungsergebnisse nicht nur richtig aufbereitet und komprimiert werden, sie sollten auch in der Sprache des Managements präsentiert werden. Statt ausschließlich auf Daten zu setzen, kann das Kundenverhalten beispielsweise durch Video-Mitschnitte aus Focusgruppen oder Ethnographics veranschaulicht werden.

Marktforscher müssen im Unternehmen deutlicher in Erscheinung treten, um als Anwalt des Kunden erfolgreich agieren zu können. Das gelingt jedoch nur mit Unterstützung des Top-Managements. Beispielsweise kann im Rahmen von Management-Meetings ein fester Zeitblock für das „Kundenbarometer“ reserviert werden.

Consultants und Institute

Auch für Berater und Marktforschungs-Dienstleister leiten sich aus den Befragungen zu dieser Studie Handlungsempfehlungen ab. Institute sollten nicht nur unreflektiert die bewährten Verfahren für ihre Top-Kunden durchführen, sondern Wissenstransfer in Sachen „Customer Insights“ leisten. Innovative Verfahren, die ein besseres Kundenverständnis vermitteln, können als Best Practice der Kommunikation zum Erfolg verhelfen.

Strategie-Beratern ist Hartnäckigkeit zu wünschen, sodass sie bei wichtigen Fragen auf Primärerhebungen drängen. Informationen aus zweiter Hand sind wichtig, aber nicht ausreichend.

Last but not least: Ein Appell an das Top-Management

Die strategische Verankerung der Marktforschung im Unternehmen ist Realität, wenn erstens Kundenzufriedenheit zu den Unternehmenszielen gehört, wenn zweitens die Kundenmeinung der Orientierungsmaßstab ist und wenn drittens die Meetings der Geschäftsführung mit einem „Wetterbericht“ aus dem Bestandskundengeschäft beginnen.

Setzen Sie bewusst auf ein besseres Markt- und Kundenverständnis! Begeben Sie sich auch selbst anonym in die Kundensituation. Nutzen Sie Marktforschung als Standleitung zum Kunden, um schneller, effizienter und erfolgreicher latente Bedarfe zu erkennen. Richten Sie Ihr Produkt- und Dienstleistungsangebot genau darauf aus, denn zufriedene Kunden sind Multiplikatoren der Stärken Ihres Unternehmens.

Page 73: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 73 von 75 26.10.09

Anhang

Literaturverzeichnis

» Absatzwirtschaft, 7/2009: Wie weit ist die mobile Marktforschung?, Christian Thunig, Deutscher Marketingverband e.V., Düsseldorf

» Absatzwirtschaft, 8/2009: Das Procter Potenzial, Deutscher Marketingverband e.V., Düsseldorf

» aquisa, 4/2009, Schnell, kostengünstig, unkompliziert, Karsten Zunke, Haufe Fachmedia, Würzburg

» B. H. Schmitt, 2004: Kundenerlebnis als Wettbewerbsvorteil, Bernd H. Schmitt, Marc Mangold, Gabler

» B. Schindlholzer, 2009, Wie oft passiert es denn, dass sich der CEO eines Unternehmens in die Rolle des Kunden versetzt?, Bernhard Steimel, Absatzwirtschaft, http://www.absatzwirtschaft.de/Content/_pv/_p/1003201/_t/fthighlight/highlightkey/Brand/_b/68846/default.aspx/wie-oft-passiert-es-denn,-dass-sich-der-ceo-eines-unternehmens-in-die-rolle-des-kunden-versetz.html

» B2B International: Why is business-to-business marketing special?, Matthew Harrison, Paul Hague, Nick Hague, B2B International, Manchester

» BITKOM und Berger, 2007: Zukunft digitale Wirtschaft, Bitkom/Roland Berger, Berlin

» BITKOM, 2008: Online-Werbung wächst trotz Wirtschaftskrise weiter, Bitkom, http://www.bitkom.org/de/presse/56204_56179.aspx

» BITKOM, 2009: Bitkom Presseinformation - Deutscher Hightech-Markt soll 2010 wieder wachsen, Bitkom, Berlin

» BITKOM/GFK, 2008: Download Umsätze, Bitkom/GFK, http://www.bitkom.org/files/images/Downloads_09_downloads.jpg

» BMWi/TNS Infratest, 2009: 12. Faktenbericht 2009, Dr. Sabine Graumann, Anselm Speich, BMWi/Infratest, München

» Brown, 2009: Change by Design, Tim Brown, HarperCollins, New York

» BVV, 2009: The Video Market BVV Business Report, BVV Bundesverband Audiovisuelle Medien e.V., http://www.bvv-medien.de/index.php?content_id=19

» Computerwoche, 2008: Die Top 100 der ITK-Branche, Jan-Bernd Meyer, Computerwoche, http://www.computerwoche.de/top100/2008/1873450/

» DETECON, 2009: Trotz Rezession: Deutsche ITK-Branche wächst um 0,6 Prozent, DETECON, http://www.detecon.com/de/presse_veranstaltungen/pressemitteilungen/press_detail.html?unique_id=35776

» DMI, 2006: Customer loyalty and the Elements of User Experience, Jesse J. Garret, Design management review

» European Management Journal, 2007: How to sustain the customer experience: An overview of experience components that co-create value with the customer, Chiara Gentile, Nicola Spiller, Giuliano Noci, European management journal

» FAZ, 2009: Ende der Party auf dem DSL-Markt, Johannes Winkelhage, FAZ, http://faz-community.faz.net/blogs/netzkonom/archive/2009/04/06/dsl.aspx

» G. A. Moore, 2006: Crossing the Chasm, Geoffrey A. Moore, Collins Business Essentials

» Gartner, 12/2004: How to Approach Customer Experience Management, Ed Thompson, Esteban Kolsky, Gartner

» Gartner, 2009: Hype Cycle 2009, Gartner, http://givinginadigitalworld.files.wordpress.com/2009/08/hype-cycle-2009.jpg

» H. Meffert, 2000: Marketing: Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, Heribert Meffert, Gabler, Wiesbaden

» HBR, 2/2007: Understanding customer experience, Christoph Meyer, Andre Schwager, Harvard Business Review

» HDE, 2007: B2C Ecommerce 2008, HDE, http://www.einzelhandel.de/servlet/PB/menu/1077365_l1/index.html?QUERYSTRING=online%25u0020handel

» Marketing & Kommunikation 6-7/2008: Customer experience- Marke ganzheitlich erleben, Roland Bernhard, Andrea Hilber, Marketing & Kommunikation

» mind/STRATECO, 2008: Mobile Marketing, Bernhard Steimel, Sebastian Paulke, Jens Klemann, mind/STRATECO, Meerbusch

» Interview Czeschlik, 2009: Kai Czeschlik über den Airbag für Kunden und die Balance zwischen Mensch und Maschine, Bernhard Steimel, Nürnberg Messe, http://www.voicedays.com/de/press/ars12/ars25/arspageid=25.pm.5548

» R. Buber und H. Holzmüller, 2009: Qualitative Marktforschung: Konzepte – Methoden – Analysen, Renate Buber, Hartmut H. Holzmüller, Gabler, Wiesbaden

Page 74: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 74 von 75 26.10.09

» Statistisches Bundesamt, 2007: Statistisches Bundesamt Deutschland - Entwicklung der Informationsgesellschaft in Deutschland 2007, Oliver Bauer, Beate Tenz, Das statistische Bundesamt, Reutlingen

» Statistisches Bundesamt, 2009: Bruttowertschöpfung nach Wirtschaftsbereichen, Statistisches Bundesamt, http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/VolkswirtschaftlicheGesamtrechnungen/Inlandsprodukt/Tabellen/Content75/BWSnachBereichen,templateId=renderPrint.psml

» Technology Review, 1/2008: Wilde Landkarten, Gregor Honsel, Heise, Hannover

» Teletalk, 6/2009: Michelin zeigt auch beim Kundenservice ein starkes Profil, Teletalk

» TNS Infratest, 2009: Marktforschung im Wandel, Dirk Steffen, TNS Infratest, http://www.ftd.de/karriere-management/management/:marktforschung-im-wandel-der-neue-nutzen-und-die-neue-rolle-der-marktforscher/50012896.html?mode=print#z

» Vocatus, 2008: Lösungsorienierte B2B Marktforschung, Vocatus, http://www.vocatus.de/pdf/Feedback-032008-Loesungsorientierte_B2B_Marktforschung.pdf

Abbildungsverzeichnis

Abb.: ITK-Branchensystematik .......................................................................................................................11

Abb.: Marktstruktur ......................................................................................................................................12

Abb.: Top 10 der ITK-Unternehmen ...............................................................................................................14

Abb.: Gartner Hype-Kurve .............................................................................................................................16

Abb.: Der Research Check .............................................................................................................................18

Abb.: Marktforschungsausgaben in Deutschland..............................................................................................19

Abb.: Mangelnde Market Insights ...................................................................................................................20

Abb.: Untersuchungsdesign ...........................................................................................................................21

Abb.: Struktur der Befragungsteilnehmer ........................................................................................................22

Abb.: Quellen der Marktforschung ..................................................................................................................23

Abb.: Gründe gegen Marktforschung ..............................................................................................................24

Abb.: Markt & Trends ....................................................................................................................................25

Abb.: Produkt & Wettbewerb .........................................................................................................................26

Abb.: Kunde ......................................................................................................................................27

Abb.: Marke ......................................................................................................................................28

Abb.: Informationsgrad .................................................................................................................................29

Abb.: Informationsprodukte ...........................................................................................................................30

Abb.: Zirkulation ......................................................................................................................................31

Abb.: Marktforschung bei Entscheidung „anwesend“? ......................................................................................32

Abb.: Warum Marktforschungsergebnisse nicht berücksichtigt werden ..............................................................32

Abb.: Verankerung ......................................................................................................................................33

Abb.: Marktforschungsquellen - Unterschiede zwischen Groß- und Kleinunternehmen ........................................34

Abb.: Themenfelder – Unterschiede zwischen Groß- und Kleinunternehmen ......................................................35

Abb.: Marktforschungsquellen - Unterschiede zwischen B2B und B2C................................................................36

Abb.: Themenfelder – Unterschiede zwischen B2B und B2C .............................................................................36

Abb.: Gründe gegen Mafo - Unterschiede zwischen B2B und B2C .....................................................................37

Abb.: Marktlebenszyklus ................................................................................................................................38

Abb.: Kundenzufriedenheitsanalyse ................................................................................................................48

Tab.: Verschiedene Arten der Kundenbefragung..............................................................................................49

Abb.: Aus Kunden-Feedback lernen ................................................................................................................50

Tab.: CRM versus CEM ..................................................................................................................................53

Abb.: Market Insights Management, Projektaufbau..........................................................................................56

Abb.: Ein besseres Marktverständnis dank Market Insights Management ..........................................................57

Abb.: Mehr Markterfolg dank echter Insights..................................................................................................58

Page 75: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO

Vollstudie Seite 75 von 75 26.10.09

Abb.: Konsolidierung von Daten und Wissen führt zu Market Insights ...............................................................59

Abb.: Kritische Ereignisse...............................................................................................................................66

Abb.: Faktengeleitete Entscheidungen ............................................................................................................69

Fallstudien Verzeichnis

Beispiel: Business Process Outsourcing-Dienstleistung .....................................................................................43

Beispiel: Der deutsche Pay TV-Markt ..............................................................................................................46

Beispiel: „O2 Kosten-Airback“ - Von Kunden für Kunden“ ................................................................................46

Beispiel: Was ist der wirkliche Nutzen einer Prepaid-Karte? ..............................................................................47

Beispiel: ISDN – tolle Funktionen oder: beim Surfen auch telefonisch erreichbar................................................47

Beispiel „Feedback-Management“: Customer Services als Anwalt des Kunden....................................................48

Beispiel: Kündigungsgrund bei Kabelnetzbetreibern: Ich bin dann mal weg! ......................................................50

Beispiel: Procter&Gamble...............................................................................................................................56

Beispiel: Deutsche Bank Q 110.......................................................................................................................60

Beispiel: Kundenverhalten zeigt mehr als Kundenbefragung: Sitzgelegenheiten im Park .....................................60

Beispiel: „Laddering-Kette“ für einen MP3-Player .............................................................................................61

Beispiel: Procter&Gamble – Die Buzzer, Mund Propaganda im Web 2.0 .............................................................62

Beispiel: Waschpulver....................................................................................................................................62

Beispiel: Michelin ......................................................................................................................................63

Beispiel: BASF, das Orakel von Delphi.............................................................................................................64

Beispiel: Service Prototyping: Unzufriedene Kunden helfen, bessere Services zu entwickeln................................66

Beispiel: GM Management - im Reich der Ahnungslosen...................................................................................70

Beispiel: O2 Customer Experience Trail - auf den Spuren des Kunden ..............................................................70

Page 76: Stellenwert der Marktforschung in der ITK-Branche …...(K)EINE STANDLEITUNG ZUM KUNDEN VERSION 1.0 MIND | ECCO Vollstudie Seite 3 von 75 26.10.09 Über die Studie Markforschung in

„(k)eine Standleitung zum Kunden?“ Eine empirische Studie von Mind Business Consultants und ecco, An-Institut der Universität Oldenburg

Die Studie „(k)eine Standleitung zum Kunden?“ untersucht den Stellenwert der Marktforschung in Unternehmen der ITK-Branche. Die Autoren beleuchten zunächst die aktuellen Herausforderungen in den ITK-Märkten, bevor sie die Ergebnisse einer Befragung von 100 Marketing-Entscheidern in dieser Branche vorstellen. Anschließend werden Best Practice-Ansätze für das professionelle Market Insights Management aus der Beratungspraxis von Mind und ecco präsentiert. Differenziert herausgearbeitet sind die spezifischen Anforderungen sowohl für B2B- als auch für B2C-Marktforschung. Die Autoren geben Einblicke in innovative Marktforschungsverfahren und veranschaulichen diese mit einer Vielzahl aktueller Fallbeispiele. Abschließend zeigen sie die organisatorischen Veränderungen auf, die notwendig sind, damit in ITK-Unternehmen die Kundensicht systematisch verankert wird.

Der rund 80 Seiten starke Praxisleitfaden richtet sich an Marketing-Entscheider und alle, die daran interessiert sind, unternehmerische Entscheidungen am Markt und an den Kunden auszurichten.

Der Management Summary kann kostenfrei mit Bezugsnachweis auf www.mind-consult.net und www.ecco.de heruntergeladen werden. Die Vollversion kann für 99,- EUR zzgl. MWST. bei den Studienautoren bestellt werden.

www.mind-consult.net|www.ecco.de

Copyright: MIND, Meerbusch | ecco, Oldenburg 2009

Alle Rechte vorbehalten

Dieses Werk ist einschließlich seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die über die engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes hinausgeht, ist ohne schriftliche Zustimmung von MIND und ecco unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen sowie die Speicherung in elektronischen Systemen.


Recommended