+ All Categories
Home > Documents > Stefan Baumann, Die Beschreibung der Nilflut in der Nilkammer von Edfu

Stefan Baumann, Die Beschreibung der Nilflut in der Nilkammer von Edfu

Date post: 09-Oct-2015
Category:
Upload: sn00py14
View: 28 times
Download: 3 times
Share this document with a friend

of 18

Transcript
  • ZS 139 (2012) S. Baumann: Beschreibung der Nilflut in Edfu 1

    STEFAN BAUMANN

    Die Beschreibung der Nilflut in der Nilkammer von Edfu*

    Der Nil stellte bis zum Bau des groen As-suanstaudammes mit seiner jhrlichen ber-schwemmung das bestimmende Element fr den gyptischen Jahresrhythmus dar. Die Be-schftigung mit dem Nil war demnach fr die gypter von vitalem Interesse, doch auch auf die griechischen und rmischen Gelehrten, die gypten besuchten, bte der Fluss eine groe Faszination aus. Dabei beschftigte sie insbeson-dere die Lokalisierung der Nilquellen und das Rtsel um die Entstehung der Flut mitten im Sommer. In ihren Abhandlungen geben diese antiken gyptenreisenden eine detailreiche Be-schreibung der Nilflut als Naturphnomen1, wh-rend eine vergleichbare nchterne Naturbe-schreibung von Seiten der gypter nicht ber-liefert ist2. Dieser Umstand kann jedoch mit der gyptischen Eigenheit erklrt werden, Naturbe-obachtungen meist in mythologischer Form, d. h. als ein Ereignis in der Gtterwelt, zu um-schreiben3. Bezogen auf die Thematik des Nils sind in diesem Zusammenhang der Nilhymnus, die bekannteste und lngste hieroglyphische Abhandlung ber den Nil, und ein ramessidi-sches Ostrakon zu nennen4. Beide Texte geben

    * Es sei an dieser Stelle den Teilnehmern der 3. Pto-lemischen Sommerschule 2009 in Freudenstadt fr ihre Hinweise gedankt. Zustzliche Hinweise verdanke ich W. Guglielmi und J. Tattko. Ein weiterer Dank gilt S. Lange und V. Altmann frs Korrekturlesen.

    1 Zu den Erwhnungen des Nils in unterschiedlichen Literaturgattungen siehe B. Post l , Die Bedeutung des Nil in der rmischen Literatur. Mit besonderer Berck-sichtigung der wichtigsten griechischen Autoren, Wien 1970, 203ff.

    2 S. Pre l l , Der Nil, seine berschwemmung und sein Kult in gypten, in: SAK 28, 2008, 214.

    3 So z. B. im Tagewhlkalender (C. Le i tz , Tagewh-lerei. Das Buch H#t nHH pH.wy Dt und verwandte Texte, A 55, Wiesbaden 1994).

    4 Fr eine Textedition des Nilhymnus siehe D. van der Plas , Lhymne la crue du Nil, 2 Bde., EU 4, Leiden 1986. Der Meinung, dass in dieser Hymne der Verlauf der Flut beschrieben wird, ist auch D. Bon-

    in gewisser Weise den Verlauf der Nilflut wie-der5. Mit einer Szene aus der sogenannten Nil-kammer6 von Edfu soll ein weiterer Beleg vorge-stellt werden, der ebenfalls bei genauer Betrach-tung eine Beschreibung der Nilflut vermittelt.

    Whrend fr die meisten Tempelrume die exakte Funktion im Kultgeschehen noch immer im Dunkeln liegt, ist die Raumfunktion der Nil-kammer von Edfu weitgehend bekannt. Grund dafr sind eindeutige Aussagen in den Bauin-schriften7 und den Texten, die an der Auentr des Raumes angebracht sind8. Man erfhrt aus diesen Inschriften, dass die Priester dreimal tg-lich das Wasser fr den Kult durch den Seiten-eingang der Nilkammer ins Tempelinnere her-beitrugen. Die Reliefs der Nilkammer, und hierbei insbesondere die Szenen an den Seiten-wnden, sind eindeutig auf die Nilwasser-Thematik abgestimmt9.

    neau, La crue du Nil: divinit gyptienne travers mille ans dhistoire (332 av.641 ap. J.-C.) daprs les auteurs grecs et latins, et les documents des poques ptolma-que, romaine et byzantine, Paris 1964, 409. Fr das Ostrakon siehe H.-W. Fischer-Elfer t , Literarische Ostraka der Ramessidenzeit in bersetzung, KT 10, Wiesbaden 1986, 31f.

    5 Eine Kurzbeschreibung mit den drei Stationen Steigen, Hchststand und Absinken, findet sich im Soubassement des Pylons von Edfu: () der Nil (), der aus dem Bein hervorquillt und aus dem Gebiet von Heliopolis hervorkommt, der auf dein hochgelegenes Ackerland gestiegen ist, deine cker umfangen hat und fr dich zu seiner Zeit absinken wird. (E VIII, 70, 3 in bersetzung bei D. Kurth , Edfou VIII, Wiesba-den 1998, 129).

    6 Die gyptischen Bezeichnungen lauten Hrt-ib Mit-telraum (E VII, 17, 6) und sH Kapelle (E IV, 6, 5).

    7 E VII, 17, 7 in bersetzung bei D. Kurth , Edfou VII, Die Inschriften des Tempels von Edfu 1, berset-zungen 2, Wiesbaden 2004, 24 und E II, 239, 14ff.

    8 E II, 139, 79; 141, 1215 und 145, 8f. Fr Transkription und bersetzung siehe T. Grothoff , Die Tornamen der gyptischen Tempel, Aegyptiaca Monasteriensia 1, Aachen 1996, 359f.

    9 Mit der Bedeutung der Seitenwnde fr die Raum-thematik beschftigte sich umfassend D. Arnold ,

  • 2 S. Baumann: Beschreibung der Nilflut in Edfu ZS 139 (2011)

    Die unteren zwei Register der Westwand be-

    stehen aus je einer Szene, welche sich ber die gesamte Raumlnge erstreckt. Das erste Register wird von Horus und einem Gtterkollegium eingenommen, das sich aus sechs Urgttern zusammensetzt. Neben Schu, Thot und Ptah befinden sich darunter die drei Verkrperungen des Urwassers Nun, Niw10 und Heh11. Sie sind die Gtter, welche die Nilflut herbeifhren, und ergnzend dazu stehen die Gtter im zweiten Register, die fr den weiteren Verlauf der ber-schwemmung verantwortlich sind12. Im zweiten Register bringt der Knig, gefolgt von Hapi, eine Wasserspende (sSm Nwn) fr sieben sitzen-de Gottheiten dar. Horus sitzt dabei erneut als Hauptgottheit des Tempels an erster Position und wird von ci#-Ro Sia (Einsicht) des Re13, ci#-s#-Wsir Sia, der Sohn des Osiris14, K#-pt Der Stier des Himmels15, I#ty Der zur Sttte Gehrige 16, Pxr-Hr-wTs-st.f Der mit umge-

    Wandrelief und Raumfunktion in gyptischen Tempeln des Neuen Reiches, MS 2, Mnchen 1963.

    10 LGG III, 519 c. 11 D#D#t-tpyt-nwy Gtterkollegium, das ber der

    Flut ist d. h. das ber die Flut gebietet (E II, 255, 11 und 14 sowie 259, 14) bzw. D#D#t-imyt-nwn Gtter-kollegium, das im Urwasser ist (E II, 255, 15 und 259, 16f.).

    12 . Dr ioton, Les origines pharaoniques du nilo-mtre de Rodah, in: BIE 34, 1952, 298.

    13 LGG VI, 166 c. Im Berliner Wrterbuch (Wb IV, 14, 2) sind diese und die folgende Gottheit unter dem Lemma s# aufgefhrt. Die Belegstelle stammt von der Parallelszene aus Philae.

    14 LGG VI, 167 b. 15 LGG VII, 255 b. 16 LGG I, 95 c.

    wendetem Gesicht, dessen Thron hoch ist17 sowie Imy-Nwn Der im Nun ist18 gefolgt (Abb. 1).

    Frhere Bearbeitungen dieser Szene stammen von . Drioton und J.-F. Pcoil. Whrend Ers-terem die Abfolge der Gtter unklar blieb und er deswegen versuchte, ihre Reihenfolge neu zu ordnen19, hat Pcoil eine Gottheit (Pxr-Hr) he-rausgegriffen und anhand ihrer Beischrift ver-sucht, die gesamte Szene zu interpretieren20. Die hier vorliegende Ausarbeitung hingegen ver-sucht auf der Basis aller Gtterbeischriften eine eigene Interpretation vorzulegen. Es wird ge-zeigt werden, dass die Gottheiten jeweils einer zeitlich eingegrenzten Phase in der ber-schwemmungszeit zugeordnet sind. Die Reihen-folge der Gtter gibt dabei den chronologischen Verlauf der Nilflut wieder.

    Die zur Verfgung stehenden hydrologischen und agrikulturellen Daten ber die Nilflut rei-chen von der Antike bis zum Bau des groen Staudammes bei Assuan. Aus dem 19. Jh. sind viele sich mit dem Nil befassende Quellen vor-handen und auch aus dem Mittelalter sind einige Texte berliefert, die zeigen, welche Daten fr die Bevlkerung von Bedeutung waren. Dabei spielt auch der koptische Kalender mit seinen In-formationen ber die Nilflut eine wichtige Rolle. Aus den Jahrhunderten um die Zeitenwende sind

    17 LGG III, 110 b. 18 LGG I, 238 c. 19 On ne discerne pas le systme qui a determin cet

    ordre (. Dr ioton, in: BIE 34, 1952, 302). 20 J.-F. Pcoi l , Les sources mythiques du Nil, in:

    BSEG 17, 1993, 97110.

    Abb. 1. Das zweite Register auf der Westwand in der Nilkammer von Edfu. (Zeichnung des Verfassers anhand derFototafeln E XII, 413 und 414).

  • ZS 139 (2012) S. Baumann: Beschreibung der Nilflut in Edfu 3

    es die klassischen Autoren, die ber die Lebens-gewohnheiten und Bruche am Nil schreiben.

    Textstruktur

    Die Beischriften von Edfu lassen sich nach ihrer inneren Struktur in vier Teile (AD) un-tergliedern. Der Satzbau des ersten, mit A ge-kennzeichneten Teiles deckt sich bei allen sechs Gttern; lediglich das Verb der Bewegung sowie das Nomen fr Wasser und das fr Acker wur-den durch Synonyme ersetzt, sodass der Inhalt, d. h. die Satzaussage prinzipiell bereinstimmt. Eine vereinfachte bersetzung fr alle sechs Beischriften wrde lauten: Ich lasse fr dich das Wasser auf die cker gelangen. Die Voka-beln wurden dabei zum einen so gewhlt, dass Alliterationen entstehen, zum anderen sollte die Wortwahl einen Hinweis darauf geben, wie weit die berschwemmung bei dem jeweiligen Gott bereits vorangeschritten ist.

    Der zweite, mit B markierte Bestandteil der Beischrift nennt schlielich den Namen der jeweiligen Gottheit, auf dem die zuvor aufge-reihten Alliterationen basieren21. Die Gtter werden stets durch Dd mdw in eingeleitet; nach der Nennung des Namens folgen schlielich die jeweiligen Epitheta.

    In dem mit C und D gekennzeichneten Teil der Inschrift wird schlielich die Rolle des Got-tes im Verlauf der Nilflut thematisiert. Dabei werden oftmals spezifische Aufgaben erwhnt, die wie Teil A jeweils eine Zuordnung der Gott-heit zu einem bestimmten Stadium im Verlauf der Nilflut zulassen. Daneben kann an dieser Stelle im Text auch erwhnt werden, dass die jeweilige Gottheit grundstzlich fr die Entste-

    21 Bei den inhaltlich vergleichbaren Alliterationen im ersten Register wird der Name der Gottheit vorange-stellt (E II, 256, 49). hnliche Alliterationen finden sich bei den Nilgttern im Soubassement des Sanktuars (E I, 320, 14322 und 324, 2326), weniger konse-quent begegnen Alliterationen auch im Soubassement der Nilkammer (E II, 242, 11243, 16 und 250, 6254, 12). In der Nilgtterprozession am Pronaos wurde auf Alliterationen hingegen keinen Wert gelegt (E III, 2, 103, 4).

    hung der Flut verantwortlich ist, indem sie bei-spielsweise die Nilflut aus ihrem Quellloch holt.

    bersetzung und Kommentar22

    1. Gott: ci#-Ro

    E II, 259, 1314. 11 (?)

    12 13 14 (sic) A (11) sin.i n.k srm23

    Hr &Xt\ 24 spw (?)25 (11) Ich lasse fr dich das Wasser auf die Beete eilen.

    B (12) Dd mdw in ci#-Ro pr m snty

    (12) Zu rezitieren von ci#-Ro, der aus den beiden Schwestern hervorkam,

    C (13) in Hopy X# Ssp m Ssp

    (13) der die Flut herbeiholt, indem er Handbreit fr Handbreit misst,

    D sSm (14) Hr-nb mi qd.sn m-b#H D#D#t-tpyt-nwy

    (14) der alle Menschen insgesamt versorgt26 vor dem Gtterkollegium, das ber der Flut ist27.

    22 Die Abschrift der Hieroglyphen erfolgte unter Be-rcksichtigung der Vorlage der Druckhieroglyphen bei . Chass inat , S. Cauvi l le und D. Devauchel le (Hrsg.), Le temple dEdfou II, MIFAO 11, Le Caire 1987/1990 (1918). Aufgrund der Kollationierung an-hand der Fototafeln E XII, 413 und 414, wurden ge-ringfgige nderungen vorgenommen.

    23 Zu dieser Bezeichnung, die in Verbindung mit dem Osiriskult steht, siehe G. Zaki , Le Premier Nome de Haute-gypte du IIIe sicle avant J.-C. au VIIe sicle aprs J.-C., Turnhout 2009, 174f.

    24 . Chassinat liest hier ein Holzstck ( ), wobei das Zeichen nur schwer als solches zu erkennen ist. Um eine Alliteration zu erhalten, msste hier ein s stehen (vgl. Anm. 31).

    25 R. Hannig , gyptisches Wrterbuch II, 2, Mainz 2006, 2167{27407} (vgl. Anm. 31).

    26 sSm in der Bedeutung zum Essen geleiten, d. h. ihn mit Speisen versorgen (Wb IV, 286, 8).

    27 D. h. sie gebieten ber die Flut (Wb V, 277, 5). K. Sethe erklrt die Konstruktion mit der Prpositon tp ber dadurch, dass man zwar am Gewsser steht, sich jedoch gleichzeitig erhht am Ufer befindet (K. Sethe , bersetzung und Kommentar zu den Alt-gyptischen Pyramidentexten 5, Spruch 507582 ( 11201565), Hamburg 1962, 1141c).

  • 4 S. Baumann: Beschreibung der Nilflut in Edfu ZS 139 (2011)

    Die Ereigniskette beginnt mit ci#-Ro, der die Nilflut herbeiholt und sie in der Maeinheit Handbreit (Ssp) misst28. Das gemchliche Mes-sen Handbreit fr Handbreit bietet den ersten Ansatzpunkt fr eine chronologische Interpreta-tion der gesamten Szene, da klar wird, dass wir uns bei der ersten Gottheit, bezogen auf den Gesamtverlauf der berschwemmungszeit, in einem relativ frhen Stadium befinden. Der Nil ist in dem bei ci#-Ro behandelten Zeitraum gera-de im Begriff, langsam zu steigen, wie es ab der zweiten Junihlfte zu beobachten war29.

    Die Identifizierung der im Teil A angefhrten Ackerbezeichnung ist unsicher, da eine Hiero-glyphe teilweise zerstrt ist. Es mag sich bei dem beschdigten Wort um eine Bezeichnung fr die am niedrigsten liegende Landflche handeln, die als erstes von der ansteigenden Flut erreicht wurde30. Diese sind zum einen die unmittelbar ber dem Wasserspiegel liegenden Flchen am Flussbett, des Weiteren Marschen, aber auch die tiefer liegenden Senken in der Fruchtland-

    28 Es handelt sich um ein Lngenma, nicht um ein Hohlma, wie . Dr ioton, in: BIE 34, 1952, 305 an-nimmt. Siehe dazu T. Pommerening, Die altgyptischen Hohlmae, SAK Beihefte 10, Hamburg 2005, 246f.

    29 Auch im Tagewhlkalender wird Mitte Juni (IV. Smw 15) das Ansteigen thematisiert (C. Le i tz , Tage-whlerei, 405). Fr die hydrologischen Beobachtun-gen vgl. Anm. 40.

    30 Denkbar wre eine Lesung als zusammengesetzte Prposition Hr-Xt, aber angesichts der bei allen Gotthei-ten angewandten identischen Struktur des ersten Satzes beginnt das Wort fr Acker wohl mit dem Zeichen nach Hr. Um in die Reihe der Alliteration zu passen, msste das Wort mit s beginnen, was bei der Lesung als Holzstck nicht mglich ist. Neben spw Beete, knnte auch sXt Feld oder spt Ufer zu lesen sein. Will man jedoch von der Lesung als Holzstck nicht abweichen, erscheint es mglich, hier Xtyw-Hsp Terrassengarten zu lesen. Die Tatsache, dass diese Terrassen als Garten kultiviert wurden, zeigt, dass sie leicht zu bewssern waren (P. Wi lson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, OLA 78, Leuven 1997, 756). Dies deutet darauf hin, dass sie nicht erhht gelegen haben und wahrscheinlich frh von der Flut erreicht wurden; Xt Terrasse wird auch mit dem Holzstck geschrie-ben (Wb III, 348f.).

    ebene31. Diese Senken fllten sich zu Beginn der berschwemmung durch Infiltration von unten recht schnell mit Wasser32. Auf diese Weise knnte man das unter A genannte Eilen des Wassers auf die Felder verstehen, das somit nicht im Widerspruch zu dem gemchlichen Ansteigen unter C steht, da alle drei genannten Gebiete trotz des langsamen Anstiegs relativ schnell vom berschwemmungswasser bedeckt waren.

    Die unter C beschriebene Ttigkeit des Was-sermessens lsst sofort an ein Nilometer den-ken33. Fhrt man im Text weiter fort, erfhrt man auerdem unter D, dass alle Menschen vor dem Gtterkollegium ber der Flut mit Nah-rung versorgt werden. Im ersten Register der Nilkammer ist dieses Kollegium abgebildet und aus seiner Beischrift ist zu entnehmen, dass es sich in $r-oH#, also in Babylon befindet34.

    2. Gott: ci#-s#-Wsir

    E II, 259, 1517. 15 (sic) 16 17 18 19

    31 R. A. Caminos , Der Bauer, in: S. Donadoni (Hrsg.), Der Mensch des Alten gypten, Frankfurt a. M. 1992, 21.

    32 D. Bonneau, La crue du Nil, 63. 33 Zu der Skalierung der Nilometer und der Angabe

    der Pegelstnde siehe H. Jar i tz und M. Bietak , Zweierlei Pegeleichungen zum Messen der Nilfluth-hen im Alten gypten: Untersuchung zum neuentdeck-ten Nilometer des Chnum-Tempels von Elephantine (Strabon, XVII.I.48), in: MDAIK 33, 1977, 4762; zu den Pegelstnden im Alten Reich siehe H. Schfer , Ein Bruchstck altgyptischer Annalen, APAW 1902, Berlin 1902, 16ff. Fr einen Gesamtberblick siehe S. J. Se id lmayer , Historische und moderne Nilstnde. Un-tersuchungen zu den Pegelablesungen des Nils von der Frhzeit bis in die Gegenwart, Achet Schriften zur gyptologie A1, Berlin 2001.

    34 E II, 255, 15f. und Tf. 44b. In bersetzung bei D. van der P las , Lhymne la crue du Nil I, 113. Auch aus dem Totenbuchspruch 149 geht hervor, dass sich dieses Gtterkollegium in $r-oH# aufhlt (U. Verhoe-ven, Das saitische Totenbuch der Iahtesnacht. P. Co-lon. Aeg. 10207, Bonn 1993, Kol. 133, 8133, 11).

  • ZS 139 (2012) S. Baumann: Beschreibung der Nilflut in Edfu 5

    A (15) s#H.i n.k srf 35 Hr sdyw

    36 (15) Ich lasse fr dich das Flutwasser auf die cker kommen.

    B (16) Dd mdw in ci#-s#-Wsir imywty (17) snw.f

    (16) Zu rezitieren von ci#- s#-Wsir, der inmitten seines (17) Gefolges ist,37

    C in Hopy m Sspw der die Flut in Handbreiten herbeiholt,

    D (18) psS n r# nb n st wot m-b#H D#D#t-imyt-Nwn

    (18) der allen38 zusammen39 austeilt (19) vor dem Gtterkollegium, das im Nun ist.

    Wenn man den Text des zweiten Gottes ci#-

    s#-Wsir hinzuzieht, so fllt auf, dass sich die Beischriften weitgehend entsprechen. Ein klei-ner, aber m. E. wichtiger Unterschied besteht in der Formulierung der Art und Weise, wie die Fluthhe gemessen wird. Nun wird nicht mehr wie zuvor bei ci#-Ro gemchlich Handbreit fr Handbreit gemessen, sondern gleich in Hand-breiten, d. h., der Nil steigt nun schneller. Dies deckt sich mit der hydrologischen Realitt, da der Nil ab Mitte Juli pltzlich strker zu steigen beginnt40. Durch diese Information ist es mg-

    35 Wb IV, 197, 11; P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon, 885. Wahrscheinlich ist hier an eine Verwechslung zwi-schen der Schlaufe ( ) und dem Fleischstck ( ) zu denken. Zu dieser Bezeichnung siehe auch G. Zaki , Le Premier Nome de Haute-gypte du IIIe sicle avant J.-C. au VIIe sicle aprs J.-C., Turnhout 2009, 175.

    36 Vielleicht eine Schreibung fr Sdy (Wb IV, 567, 910); P. Wilson , A Ptolemaic Lexikon, 974 und 1041).

    37 In Philae steht anstelle des Gefolges (snw) die bei-den Schwestern (snty) (H. Junker , Der groe Pylon des Tempels der Isis in Philae, DAW, Wien 1958, 70).

    38 Die Bezeichnung r#-nb wrtl. jeder Mund ist hier passend gewhlt, da er Speisen austeilt.

    39 Wrtl. an einer Stelle, vgl. den Ausdruck bw-wo (Wb I, 452, 2), der in der Parallele von Philae gebraucht wird (H. Junker , Der groe Pylon des Tempels der Isis in Philae, 70).

    40 Vgl. das auf Basis des P. Oxy. XVI 1830 gewon-nene Schema bei D. Bonneau, Le fisc et Nil. Inciden-ces des irrgularits de la crue du Nil sur la fiscalit foncire dans lgypte grecque et romaine, Paris 1971, Grafik 2. hnlich die Verhltnisse im frhen 20. Jh., siehe dazu die Tabelle bei H. G. Lyons , On the Nile Flood and Its Variation, in: The Geographical Journal 26/3, 1905, 253. Auch schon in den koptisch-arabi-schen Almanachen wurde diese Tatsache vermerkt (C. Pe l la t , Cinq calendriers gyptiens, Textes Arabes et tudes Islamiques 26, Le Caire 1986, 19 und 192; R. L.

    lich, die bei den beiden Gottheiten beschriebe-nen Ereignisse des Messens zeitlich zu trennen: ci#-Ro ist somit an den Anfang der ber-schwemmungszeit Mitte Juni zu setzen, als das erste gemchliche Steigen des Wasserstandes an den Nilometern beobachtet werden konnte. ci#-s#-Wsir vermerkt die erste bedeutsame Vernde-rung, welche sich durch das abrupte Einsetzen des schnelleren Ansteigens Mitte Juli uert. In dieser Zeit wird die sandige Uferzone ber-schwemmt, was wahrscheinlich auch mit der Erwhnung der sdy-cker ausgedrckt wird, da diese Felder oftmals sandige Gebiete einneh-men41. C. B. Klunzinger beschreibt diese als Sand- oder Thonbnke in und am Strom, die jetzt in dieser Zeit des Hochsommers immer mehr vom steigenden Hochwasser berdeckt werden, aber nach dem Ende der Flut sofort wieder mit Gurken und Melonen bepflanzt wer-den42.

    D. Bonneau fhrt in Bezug auf die Nilflut Be-lege fr logische Feste an, d. h. Feste, die sich durch ihren Zeitpunkt auf ein besonderes land-wirtschaftliches Ereignis bzw. eine Besonderheit im Naturjahr beziehen43. Der erste Zeitpunkt fr ein solches Fest fllt in die Phase des Sommer-solstitiums um den 22. Juni mit dem Einsetzen der Flut44. Aus fatimidischer Zeit ist berliefert, dass am 20. Juni das Niedrigwasser45 gemessen wurde und ab dem 2. Juli das tgliche Messen des Nilstandes einsetzte46. In diesem Zusam-menhang ist auch ein Vermerk in dem ale-xandrinischen Kalender aus dem 19. Jh. interes-sant, da dort ebenfalls am 2. Juli eine Ver-

    N. Michel l , Egyptian Calendar for the Year 1295 A. J. (1878 A. D.) Corresponding with the Years 15941595 of the Koptic Era, Alexandria 1877, 19).

    41 P. Wi lson, A Ptolemaic Lexikon, 974. 42 C. B. Klunz inger , Bilder aus Obergypten und

    dem Rothen Meere, Stuttgart 1878 (Nachdr. Wiesbaden 1981), 108f.

    43 Zu den Festen in Edfu und Dendera zu der Zeit der Nilflut siehe L. A. Chr is tophe, Les ftes agraires du calendrier dHathor Edfou, in: CHE 7, 1955, 36f.

    44 D. Bonneau, Les ftes de la crue du Nil. Probl-mes de lieux, de dates et dorganisation, in: RdE 23, 1971, 56f.

    45 H. Halm, Die Kalifen von Kairo. Die Fatimiden in gypten 9731074, Mnchen 2003, 67.

    46 Ebd. 60.

  • 6 S. Baumann: Beschreibung der Nilflut in Edfu ZS 139 (2011)

    sammlung am Nilometer erwhnt wird47. Eben-so gibt eine Passage im Nilhymnus an, dass zu Beginn der Flut eine Versammlung stattfand: Die Menschen versammeln sich, wenn er (= Nil) kommt48. Auch das aus ptolemischer Zeit berlieferte Wasser-Ellen-Tagebuch zeigt, dass Anfang Juli (hier der 11. Juli) die tglichen Mes-sungen einsetzten und zudem an diesem Tag fr Amun geopfert wurde49.

    Die zweite Periode fr ein logisches Fest mit klarem Bezug zum Nil fllt in die Zeit des helia-kischen Aufganges des Sirius um den 19. Juli50, was gleichzeitig als offizieller Beginn der Nilflut und Jahresbeginn gefeiert wurde. In diesen Zeit-raum Mitte Juli fllt auch die Tatsache, dass die Flut strker zu steigen beginnt51. Wahrscheinlich ist auch das seit dem Mittleren Reich in Festlisten belegte Fest Ssp-itrw Empfangen des Flusses in diesen Zusammenhang zu stellen52.

    Da die ersten beiden Gottheiten genau auf diese markanten hydrologischen Naturereignisse Bezug nehmen, an denen Nilfeste veranstaltet wurden, deren Charakter zudem besonders von festlichen Speisen geprgt war53, ist es gut vor-stellbar, dass auch die bei ci#-Ro und ci#-s#-Wsir erwhnte Versorgung der Menschen auf diese Festlichkeiten anspielt.

    47 R. L. N. Michel l , Egyptian Calendar for the Year 1295 A. J, 19; E. de Roug, Sur le nouveau systme propos par M. Brugsch pour linterprtation du calen-drier gyptien, in: ZS 4, 1866, 3.

    48 Strophe III, 4: [Sbb rm]T Xft Xsf.f (D. van der P las , La hymne la crue du Nil I, 26).

    49 U. Kaplony-Henkel , Das Wasser-Ellen-Tage-buch auf dem Ostrakon Strasbourg D 283, in: H. Knuf et al. (Hrsg.), Honi soit qui mal y pense, Studien zum pharaonischen, griechisch-rmischen und sptantiken gypten zu Ehren von Heinz-Josef Thissen, OLA 194, Leuven 2010, 257260.

    50 D. Bonneau, in: RdE 23, 1971, 57f. 51 Siehe Anm. 40. 52 Im Tagewhlkalender wird am I. #Xt 7 (ca. 13. Juli)

    darauf angespielt (C. Le i tz , Tagewhlerei, 19). 53 D. Bonneau, in: RdE 12, 1971, 59. Ramses II.

    veranlasste, dass in der zweiten Julihlfte ein jhrliches Opfer an den Nilgott gegeben wurde (L. Stern , Die Nilstele von Gebel Silsileh, in: ZS 11, 1873, 133).

    3. Gott: K#-pt

    E II, 260, 13. 20 (sic) (sic) 21 22 23 (sic) 24

    A (20) khb.i n.k k#54 Hr q#yt

    55 (20) Ich lasse fr dich den Stier auf das Hochfeld tosen.

    B (21) Dd mdw in K#-pt b# o# n

    56 (22) Gb mstyw n imyw nwn

    (21) Zu rezitieren von K#-pt, dem groen Ba des (22) Geb, dem Abkmmling derer, die in der Flut sind,

    C (23) Sd57 Hopy m TpHt.f

    (23) der die Flut aus seinem Quellloch herausfhrt,

    D oHo Hr wort58 (24) Sm

    59.n.f wDb

    m-X#X60

    welche (= die Flut) in dem Bezirk steht, (24) nachdem sie eilends das Uferland betreten hat.

    Nach den Festen, die sich auf das an den Ni-

    lometern zu beobachtende langsame Einsetzen der Flut ab Mitte Juni und den folgenden star-ken Anstieg im Juli bezogen, ereignete sich das nchste logische Fest im August61. In diesem Monat erreichte der Fluss gewhnlich die Was-serstandsmarke bei 16 Ellen, das sogenannte

    54 Hier handelt es sich wohl um eine Kurzform des Ausdrucks iTi-k# (Wb I, 150, 3) oder Xnp-k# (Wb III, 211, 4).

    55 Anstatt eines t ( ) muss sicherlich ein q ( ) gelesen werden. Der gleiche Fehler findet sich noch einmal bei E I, 321, 4.

    56 Ein im Ptolemischen gngiger Austausch von m anstatt n.

    57 Eine Verwechslung mit dem Zeichen des Wasser-schlauches ( ).

    58 Siehe dazu J.-P. Corteggiani , Une Stle hliopo-litaine dpoque sate, in: Hommages la mmoire de Serge Sauneron 19271976 I, BdE 81, Le Caire 1979, 144f.

    59 Mit direktem Objekt Wb IV, 464, 22. 60 Auch m-Xt danach mglich. 61 Etwa am 12. August (W. Wi l lcocks , Egyptian Ir-

    rigation, London 1899, 32 und 61). So auch D. Bon-neau, in: RdE 23, 1971, 58f. Anders hingegen die An-gaben bei H. Halm, nach denen vor den Fatimiden im frhen 10. Jh. das Fest am 28. September (17. Thot) gefeiert wurde (H. Halm, Die Kalifen von Kairo, 67).

  • ZS 139 (2012) S. Baumann: Beschreibung der Nilflut in Edfu 7

    Sultanswasser62 oder die Elle des Gen-gens63. Das Erreichen dieser Wasserstandsmar-ke war mindestens seit der fatimidischen Zeit eines der bedeutendsten Feste, bei dessen Ze-remonien auch der Kalif teilnahm. Darber hi-naus kam das Volk in einem Festzug zum Nilo-meter und feierte den Tag ber auf zahlreichen Booten. Eng verbunden mit dem Erreichen der 16 Ellen war das wenige Tage64 spter stattfin-dende Grte aller Feste mit dem Namen Ritt zur ffnung des Kanals. Dieser in fatimi-discher Zeit gebruchliche Name des Festes scheint daher zu rhren, dass der Kalif zum Kanal ritt, whrend die zahlreichen Pferde sei-nes Gefolges lediglich am Zaumzeug gefhrt werden durften65.

    Whrend der steigenden berschwemmung blieben zunchst die Kanle, welche vom Nil zu den Bewsserungsbassins fhrten, durch Dm-me geschlossen. Erst nach dem Erreichen der oben beschriebenen Wasserstandsmarke wurde der feierliche Dammdurchstich vorbereitet66.

    62 E. Rei temeyer , Beschreibung gyptens im Mit-telalter aus den geographischen Werken der Araber, Leipzig 1903, 34.

    63 H. Halm, Die Kalifen von Kairo, 62. Die ideale Fluthhe ndert sich im Laufe der Jahrhunderte und unterscheidet sich zudem regional (D. Bonneau, Le fisc et le Nil, 31; 38; D. Bonneau, La crue du Nil, 517; A. Hermann, Die Ankunft des Nils, in: ZS 85, 1960, 39ff.; B. Post l , Die Bedeutung des Nil in der rmi-schen Literatur, Wien 1970, 146f.; L. Kkosy , The Nile, Euthenia, and the Nymphs, in: JEA 68, 1982, 290298; S. J. Se id lmayer , Historische und moderne Nilstnde, 59ff.). Zu der Idealhhe bei Elephantine siehe H.-G. Mart in , Zwei Reliefs mit Flugttern auf Elephantine, in: MDAIK 43, 1986, 192.

    64 Der Abstand variiert im Laufe der Zeit. Vgl. W. Popper , The Cairo Nilometer. Studies in Ibn Taghr Birds Chronicles of Egypt I, University of California publications in Semitic philology 12, Berkeley 1951, 85f.

    65 H. Halm, Die Kalifen von Kairo, 6264. 66 Als symbolische Handlung fr den Durchstich

    schleuderte der Kalif einen Speer in den Damm (H. Halm, Die Kalifen von Kairo, 67). In diesem Zu-sammenhang ist R. Merkelbachs Theorie interessant, in der er das Speeren des Seth in Form eines Nilpferdes oder Krokodils im Horusmythos von Edfu mit den Dammdurchstichen gleichsetzt. Die Kmpfe ereignen sich wie auch die Dammdurchstiche im Verlauf von Sden nach Norden (R. Merkelbach, Isisfeste in grie-chisch-rmischer Zeit. Daten und Riten, Beitrge zur

    Das Besondere an dieser Hhe ist, dass erst von diesem Stand an das Ackerland ausreichend berflutet werden konnte und die Verwaltung damit berechtigt war, die Erntesteuer in vollem Umfang zu erheben67. Gleichzeitig bildete das Erreichen der 16 Ellen die kritische Grenze, nach deren berschreiten auch das hher gele-gene Weideland berflutet wurde68.

    Der erste Hinweis darauf, dass bei dem drit-ten Gott diese eben beschriebene Phase thema-tisiert wird, in welcher der Fluss im Begriff ist, die Elle des Gengens und wenig spter auch seinen Hchststand zu erreichen, findet sich schon in der Namensschreibung fr K#-pt, den Stier des Himmels, da hier sein erster Na-mensbestandteil wie q# die Hhe geschrie-ben ist69. Auch alle drei in Satz A gewhlten Synonyme fr berfluten ( tosen), Was-ser ( Stier) und Feld ( Hochfeld)70 weisen darauf hin, dass der Wasserstand eine bestimmte Hhe erreicht haben muss.

    Um eine eindeutige Alliteration auf k zu er-halten, wren mehrere Bezeichnungen fr Flut oder Wasser denkbar gewesen71. Um jedoch die gewnschte Phase der Nilflut beschreiben zu

    klassischen Philologie 5, Meisenheim am Glan 1963, 21f.).

    67 Diese Angaben sind explizit fr das Mittelalter be-legt (H. Halm, Die Kalifen von Kairo, 62). Im 19. Jh. spricht E. W. Lane in diesem Zusammenhang von der Erhebung der Grundsteuer (land-tax) (E. W. Lane, An Account of the Manners and Customs of the Modern Egyptians, Nachdr. d. 5. Ausg. 1860, Cairo 2003, 492). Dass in der Antike zumindest die Nilhhe zur Festle-gung der Steuern bercksichtigt wurde, zeigen die Kommentare von Strabon und Diodor bei B. Post l , Die Bedeutung des Nil in der rmischen Literatur, 146. Kritisch zu diesem Thema uert sich W. Popper , The Cairo Nilometer, 7382.

    68 H. Halm, Die Kalifen von Kairo, 62. 69 Vgl. LGG VII, 255b. Im gyptischen Kalender

    von 1878 wird das ffnen des Kanals als Fest des Hohen Nils bezeichnet (R. L. N. Michel l , Egyptian Calendar, 20).

    70 Der Begriff bietet ber seine Etymologie von q# Hhe aber auch eine willkommene Parallele zu der auergewhnlichen Schreibung des Namens K#-pt. Zu dieser Etymologie siehe F. Gr ieshaber , Lexikogra-phie einer Landschaft, GOF IV/45, Wiesbaden 2004, 58f.

    71 Z. B. kkw (Wb V, 144, 15), qbHw (Wb V, 28, 2), qm#-nty (Wb V, 37, 12).

  • 8 S. Baumann: Beschreibung der Nilflut in Edfu ZS 139 (2011)

    knnen, musste ein bestimmtes Synonym fr Wasser gewhlt werden. Es ist denkbar, dass es sich bei k# ( ) um eine Kurzform der Ausdr-cke iTi-k# oder Xnp-k# handelt. Da derartige Be-zeichnungen, welche die berschwemmung als Stier beschreiben, stets eine starke Flut ausdr-cken72, wurde auch in unserem Text ein solcher Begriff gewhlt, um auf die Phase des hohen Wasserstandes zu verweisen. Am deutlichsten stellt dies eine Textstelle im Soubassement des Pylons von Edfu heraus: ntk Hopy X#j r .f m [Xnp-k#] Denn du bist der Nil, der gemessen wird, bis er [der Raubende Stier] 73.

    Das Verb khb, das ein kraftvolles Strmen ausdrckt74, erklrt sich mit den Gegebenheiten bei der Kanalffnung, nachdem begonnen wur-de, den Damm einzureien: Das aufgestaute Wasser gewinnt an Kraft, schiet pltzlich herab und strzt in den Kanal75. Das Ackerland, das nach dem Dammdurchstich ber den Bewsse-rungskanal bewssert wurde, ist mit dem q#yt-Feld gleichzusetzen. Nach W. Schenkel bezeich-nete der Begriff q#yt seit der Einfhrung der allgemeinen Bewsserung nmlich nicht mehr nur die hochgelegenen und nur knstlich ausrei-chend bewsserbaren Felder, sondern das nor-male Ackerland76. Es handelt sich bei dem Hochfeld (q#yt) somit um das sogenannte Nor-malfeld, das ber die bliche, hier angedeutete, Bassinbewsserung nutzbar gemacht wurde.

    Aus Berichten wie von E. W. Lane und W. Willcocks ist bekannt, dass auch noch im 19. Jh. unserer Zeit im August das Durchstoen der Dmme mit einer groen ffentlichen Zeremo-

    72 Ein Text in Kom Ombo (60, 6) kontrastiert die starke Flut (Xnp-k#) mit der kleinen Flut (Hopy nDs) (C. Le i tz , Der Lobpreis des Krokodils: Drei Sobek-hymnen aus Kom Ombo, in: H. Knuf et al. (Hrsg.), Honi soit qui mal y pense. Studien zum pharaonischen, griechisch-rmischen und sptantiken gypten zu Ehren von Heinz-Josef Thissen, OLA 194, Leuven 2010, 325). Zu iTi-k# als Ausdruck einer mchtigen Flut siehe auch P. Wi lson, A Ptolemaic Lexikon, 125.

    73 E VIII, 51, 1. Transkription und bersetzung sind bernommen von D. Kurth , Edfou VIII, 94.

    74 Wb V, 137, 11. 75 H. Halm, Die Kalifen von Kairo, 67. 76 W. Schenkel , Die Bewsserungsrevolution im

    Alten gypten, SDAIK 6, Mainz 1978, 65.

    nie und einem Volksfest gefeiert wurde77. Es scheint sich dabei um eine sehr gefestigte Tradi-tion zu handeln, da sich die Berichte mit den etwa tausend Jahre lteren Angaben aus fatimi-discher Zeit weitgehend decken. Es ist anzu-nehmen, dass die Bedeutung des Erreichens dieser Wasserstandsmarke schon ab der Einfh-rung der allgemeinen Bewsserungstechnik ge-wrdigt wurde78.

    Wenn man J.-P. Corteggiani folgen will, so wurde der Dammdurchstich auch in saitischer Zeit gefeiert und stand mit dem Fest des Gottes Sepa in Verbindung. Die Barke des Sepa durch-brach dabei den Damm, was als Dsr-w#t den Weg freimachen bezeichnet wurde79. Aus den Vermerken anderer Texte kann entnommen werden, dass die Barke des Sepa ber den Land-weg nach Cheraha kam und erst dort zu Wasser gelassen wurde80. Es ist darin in gewisser Weise eine Parallele zu den Gegebenheiten in fatimidi-scher Zeit zu sehen, wo alle Reiter bis auf den Kalif zu Fu zum Kanal gehen mussten und der Kalif, am Wasser angekommen, in sein Schiff umstieg.

    D. Bonneau sieht in dem rmischen Fest des Zeichens (Shmaswa) den Vorlufer der Feierlichkeiten, wie sie sich im Mittelalter bei den Fatimiden beim Erreichen der Wasser-

    77 E. W. Lane , Manners and Customs, 493498; W. Wi l lcocks , Egyptian Irrigation, 61f.; E. L i t tmann, Ein arabischer Text ber die Nilschwelle, in: Aus fnf Jahrtausenden morgenlndischer Kultur: Festschrift Max Freiherrn von Oppenheim zum 70. Geburtstage gewidmet von Freunden und Mitarbeitern, Archiv fr Orientforschung, Beiheft 1, Neudr. d. Ausg. 1933, Osnabrck 1967, 70.

    78 Knstliche Bewsserung wurde wohl sicher ab der Ersten Zwischenzeit angewandt. (W. Schenkel , Be-wsserungsrevolution, 29 bzw. W. Schenkel , Les systmes dirrigation dans lgypte ancienne et leur gense, in: Archo-Nil 4, 1994, 31f.).

    79 J.-P. Corteggiani , in: Hommages la mmoire de Serge Sauneron I, 138141. Zu altgyptischen Ele-menten in den Feierlichkeiten des Mittelalters und der Neuzeit siehe W. Popper , The Cairo Nilometer, 73 und 85.

    80 J.-P. Corteggiani , in: Hommages la mmoire de Serge Sauneron I, 140 mit einem Verweis auf H. Gauthier , Un groupe ptolmaque dHliopolis, in: RevEg N. S. 2, fasc. 34, 1920, 112.

  • ZS 139 (2012) S. Baumann: Beschreibung der Nilflut in Edfu 9

    standsmarkierung ereignet haben81. Sptantike Inschriften aus Akoris legen nahe, dass sich das Zeichen auf eine bestimmte mit markierte Wasserstandsmarke am Nilometer bezieht, die im August erreicht wurde82. Auch ein Gebet aus dem 6. Jh. n. Chr. nennt das Zeichen des Nils. Da anschlieend eine Beschreibung der Kanal-berflutung folgt, ist dieses Gebet ein weiterer Hinweis, dass zwischen dem Zeichen und dem Dammdurchstich ein Zusammenhang besteht83. Als Belege fr das Fest des Zeichens werden auch eine Festabrechnung und alexandrinische Mnzbilder aus dem 2. und 3. Jh. n. Chr. ange-fhrt84. Diese Mnzen zeigen ber der Beischrift Shmaswa eine Reiterin mit Elefantenexuvie, die eventuell einen Palmzweig emporhebt85. Indem H.-G. Martin der Deutung folgt, dass sich dieses Mnzbild auf das Fest Semasia bezieht, hlt er es fr mglich, dass die Anhufung der Mnzex-emplare im Jahr 165/166 unter Marc Aurel mit der Errichtung eines Nilheiligtums auf Elephan-tine in Verbindung zu bringen sei. Dabei nimmt er an, dass der Bau im Zuge eines Wiederaufle-bens des Festes der Semasia vollzogen worden sein knnte86.

    Andere wollen in Semasia die Verkndigung des Sieges sehen, was z. B. fr das eben genann-

    81 Fr einen mglichen Hinweis auf das Fest in ptole-mischer Zeit siehe D. Bonneau , in: RdE 23, 1971, 59.

    82 F. Pre is igke (Hrsg.), Sammelbuch griechischer Urkunden aus gypten I, Straburg 1915, Nr. 1538; E. Bernand, Inscriptions greques et latines dAkris, BdE 103, Le Caire 1988, 57f.; D. Bonneau, Le fisc et le Nil, 36. Schon Strabon nennt in seiner Beschreibung eines Nilometers die besondere Markierung, die anzeigt, dass eine ausreichende Bewsserung erzielt werden kann (Strabon XVII, I. 48). Kritisch dazu S. J. Se id l -mayer , Historische und moderne Nilstnde, 60.

    83 P. Lond. lit. 239 in bersetzung bei D. Bonneau, La Crue du Nil, 410f. und in Auszgen bei V. A. Hibbs , The Mendes Maze. A Libation Table for the Inundation of the Nile (IIIII A. D.), London 1985, 144.

    84 So bei D. Bonneau, in: RdE 23, 1971, 58f. Fr die Abrechnung siehe F. Pre is igke (Hrsg.), Sammel-buch griechischer Urkunden aus gypten VI, Wiesba-den 1963, Nr. 9245. bersetzt bei D. Bonneau, in: RdE 23, 1971, 61.

    85 J. Vogt , Die Alexandrinischen Mnzen. Grundle-gung einer alexandrinischen Kaisergeschichte II, Stutt-gart 1924, 98, 102 und 145.

    86 H.-G. Mart in , in: MDAIK 43, 1986, 194.

    te Mnzbild des Marc Aurel aus dem Jahr 165/166 nach dem Krieg gegen die Parther mglich wre87. Problematisch bei dieser letzt-genannten Deutung ist, dass es sich bei der Rei-terin der Semasia-Mnze um kein gngiges Sie-gesmotiv handelt. Hierfr tritt in der rmischen Ikonografie gewhnlich Victoria ein, die jedoch nicht reitet, sondern fliegt. Es ist daher wahr-scheinlicher, dass die Reiterin Alexandria dar-stellt, wie sie als Meldereiterin in die Provinz-hauptstadt abseits des Nils am Mittelmeer reitet, um das Erreichen des Zeichens, d. h. der Was-serstandsmarke, zu verknden. bertrgt man die spteren Verhltnisse auf die Antike, so wusste die Verwaltung in Alexandria dadurch, dass die Erntesteuer im vollen Umfang erhoben und wahrscheinlich eine gute Ernte erreicht wer-den konnte, was fr das vom gyptischen Ge-treide abhngige Rom durchaus von Bedeutung war88. Ein solcher Melder ist auch aus dem 12. Jh. n. Chr. bekannt, als die Verwaltung in Kairo angesiedelt war. Dieser eilte von Ober-gypten, wo das Zeichen etwa zehn Tage frher erreicht wurde, nach Kairo, um die Botschaft zu verknden89.

    Whrend unter C lediglich die allgemeine Verantwortung eines Nilgottes fr das Entste-hen der Flut bernommen wird, gibt Satz D weitere Hinweise auf den zeitlichen Rahmen, in dem K#-pt angesiedelt ist. Hier wird beschrieben, dass die Flut stillsteht, nachdem sich die Was-sermassen ber das Uferland ausgebreitet haben. Mit diesem Stillstand ist daher am wahrschein-lichsten der etwa 40 Tage andauernde Verbleib des Wassers in den Bassins gemeint, whrend-dessen sich der fruchtbare Schlamm auf den Feldern ablagern sollte90. In diesen zeitlichen

    87 J. Vogt , Die Alexandrinischen Mnzen I, 141. Vgl. auch M.-O. Jente l , in: LIMC VII (1994), 718 s. v. Semasia. S. Bakhoum, in: BIFAO 86, 1986, 3336, sieht keine Verbindung zwischen Semasia und Nil.

    88 Das Erreichen der 16 Ellen war so bedeutend, dass es in bestimmten Jahren durch die Aufschrift 16 auf Mnzen mit dem Abbild des Nilgottes vermerkt wurde (J. Vogt , Die alexandrinischen Mnzen I, 68f.).

    89 W. Popper , The Cairo Nilometer, 70f. 90 P. Mich. Inv. 5795 aus dem 2. Jh. n. Chr. listet ei-

    nen Stillstand von etwa einer Woche auf. Dann beginnt das Abflieen Ende Oktober (O. M. Pear l , The Inun-dation of the Nile in the Second Century A. D., in:

  • 10 S. Baumann: Beschreibung der Nilflut in Edfu ZS 139 (2011)

    Rahmen fllt auch der ber etwa zehn Tage gleich bleibende Wasserstand, der sich nach dem Erreichen des Maximums einstellt, bevor das Wasser wieder absinkt91.

    Der eben erwhnte Stillstand der Flut wird auch bei dem nchsten Gott wieder aufgenom-men und weitergefhrt. Dadurch zeigt sich aufs Deutlichste, dass diese beiden Gtter eine enge zeitliche Abfolge beschreiben.

    4. Gott: I#ty

    E II, 260, 45. 25 26 27 28

    A (25) ihm.i n.k #gb92 Hr iww

    93 (25) Ich lasse fr dich langsam die Wasserflle ber die Insel-Felder kommen.

    Transactions and Proceedings of the American Philol-ogical Association, 87, 1956, 53). Zur Diskussion steht des Weiteren das in manchen Jahren zu beobachtende Stehen bzw. der Rckgang des Wassers zwischen ers-tem und zweitem Flutmaximum, das sich ergibt, wenn die beiden Maxima zeitlich zu weit auseinander liegen (vgl. C. Le i tz , Tagewhlerei, 79). Dass der im Text genannte Stillstand jedoch darauf anspielt, ist unwahr-scheinlich, da die Szene eher die charakteristischen Regelhaftigkeiten whrend der Nilflut festhlt und nicht die Ausnahmen. Ursprnglich mag sich der im Toten-buch erwhnte Stillstand auch auf das Aufstauen vor dem ersten Dammdurchstich bezogen haben.

    91 Bei einer gewhnlichen Flut wurde etwa am 22. September der Zulaufkanal geschlossen und das Wasser blieb ca. 40 Tage in den Bassins (W. Wi l l -cocks , Egyptian Irrigation, 61f.). Anspielungen hierauf finden sich im Tagewhlkalender am II. #Xt 17 (C. Le i tz , Tagewhlerei, 85f.).

    92 Vgl. die Schreibungen bei Wb I, 22, 10 und P. Wi lson, A Ptolemaic Lexikon, 24. w und b sind austauschbar (D. Kurth , Einfhrung ins Ptolemische. Eine Grammatik mit Zeichenliste und bungsstcken I, Htzel 2007, 505). Der sitzende Mann knnte von der Schreibung von #gb trauern bernommen wor-den sein. Dass es sich um eine Fehlschreibung fr #gb handelt, hlt auch P. Wilson (ebd. 117) fr mglich.

    93 Vgl. auch rww (Wb II, 408). Zu dieser Schreibung siehe J. Vercoutter , Lgypte et le monde gen prhellnique. tude critique des sources gyptiennes, BdE 22, Le Caire 1956, 150f.

    B (26) Dd mdw in I#ty s#w n Ro nb (27) pw n oH Iwnw

    (26) Zu rezitieren von I#ty, dem Balken des Re, (27) er ist der Herr des Palastes von Heliopolis,

    C gmH Ro Xsr (28) .n.f Sno

    der Re erblickt, nachdem er (28) das Unwetter beseitigt hat,

    D H# Hopy m-Xt oHo der die Flut wieder flieen lsst nach dem Stillstand.

    Wurde bei K#-pt das Wasser in die Bewsse-

    rungsbassins geleitet, so wird nun bei I#ty die Phase nach dem Erreichen des Flutmaximums beschrieben94, in der das ganze Land von Wasser bedeckt ist. Schon das erste Wort, das Verb ihm langsam gehen bzw. langsam sein95, gibt den ersten Anhaltspunkt auf den beschriebenen Zeitpunkt, da es auf das majesttische Dahin-flieen des Nils anspielt, wie es zu beobachten war, nachdem das Wasser das weite Land in Besitz genommen und der Strom dadurch an Kraft verloren hatte96. Die groen Wassermas-sen werden dabei mit dem Wort #gb Wasser-flle umschrieben. In dieser Phase sind die Bassins mit Wasser gefllt und es ragen nur noch die erhhten Siedlungshgel (i#t)97 sowie die sogenannten Insel-cker (iw)98 aus dem Was-ser heraus. Dieser so bezeichnete Ackertypus befindet sich erhht direkt am Nilufer auf natr-lich entstandenen Uferdmmen99. Sie liegen h-

    94 Bezogen auf die Daten des Nilometers von Rda aus dem 7.15. Jahrhundert erreichte die Flut in ca. 87 % der Flle ihren Hchststand Anfang Oktober (R. Sa id , The River Nile. Geology, Hydrology and Utilization, Oxford 1993, 96f.). Vgl. auch W. Wi l l -cocks , Egyptian Irrigation, Tf. 7 und 8 und H. G. Lyons , On the Nile Flood and Its Variation, in: The Geographical Journal 26, No. 3, 1905, 251.

    95 Wb I, 118, 19. 96 So beschrieben bei Seneca (Sen. nat. IV A 2, 8).

    Dazu auch D. Bonneau, La crue du Nil, 70. 97 Interessant ist, dass in der Sptzeit das Zeichen

    von i#t (Hgel) anstelle des Zeichens der Insel steht (D. Meeks , Grand texte des donations au temple dEdfou, BdE 59, Le Caire 1972, 102).

    98 W. Schenkel , Die Bewsserungsrevolution im Alten gypten, 62ff.

    99 Hierzu ausfhrlich F. Gr ieshaber , Lexikogra-phie einer Landschaft, 4759. Fr einen Querschnitt durch das Niltal siehe die Skizze bei M. Gabolde , Linondation sous les pieds dAmon, in: BIFAO 95,

  • ZS 139 (2012) S. Baumann: Beschreibung der Nilflut in Edfu 11

    her als die in der vorherigen Stufe behandelten q#yt-Felder und konnten bei einer normalen Flut nur knstlich bewssert werden100. Als Charakte-ristikum dieses Stadiums der berschwemmung fallen auf historischen Fotografien die inmitten der Flut liegenden Siedlungen auf. Dieses Bild war so eindrcklich, dass es von vielen gypten-reisenden seit Herodot beschrieben und mit Inseln assoziiert wurde101. Die beiden Elemente Insel und Siedlung werden auch in den Bei-schriften dieses Gottes erwhnt, zum einen durch die Insel-cker in Satz A und zum ande-ren durch den Namen des Gottes I#ty Der zum (Siedlungs)Hgel Gehrige102.

    Das Ende des etwa 40 Tage dauernden Still-standes des berschwemmungswassers, wh-renddessen sich der fruchtbare Schlamm in den Becken ablagern sollte, wird durch den letzten Satz D deutlich gemacht. Hier steht, dass man die Flut wieder weiterflieen lie, womit sicher-lich das ffnen der Bassins gemeint ist103. Diese Aktion wurde vollfhrt, als die berschwem-mung schon am Abklingen war, um das Wasser aus den Becken wieder in das Flussbett zurckzu-fhren104. Die Bedeutung dieses Ereignisses schon

    1995, 246 oder W. Wi l lcocks , Egyptian Irrigation, Tf. 9.

    100 W. Schenkel , Die Bewsserungsrevolution im Alten gypten, 6264; W. Schenkel , in: Archo-Nil 4, 1994, 32f.

    101 Herodot II, 97, so auch Diodor (I, 36, 8), Seneca (Sen. nat. IV A 2, 11) und Strabon (XVII, 1,4). Gleiches gilt fr W. Willcocks (W. Wi l lcocks , Egyptian Irriga-tion, 60) und C. B. Klunzinger im 19. Jh. (C. B. Klun-z inger , Bilder aus Obergypten, 122).

    102 Auch im Nilhymnus wird etwa in der Mitte des Textes das berfluten der Hgel (i#t) behandelt (D. van der P las , Lhymne la crue du Nil, VI, 1). Angesichts der Tatsache, dass in dem Gesamttext einige Textelemente aus Tb 149 bernommen wurden, ist auch in Betracht zu ziehen, dass I#ty eine Anspielung auf einen der dort erwhnten Hgel (i#t) darstellen soll.

    103 Anspielungen hierauf finden sich im Tagewhlka-lender am III. #Xt 23 (C. Le i tz , Tagewhlerei, 138f.).

    104 Das ffnen der Bassindmme, um das Wasser ab-flieen zu lassen, ereignete sich etwa am 1. Oktober. Vier Tage spter war das erste sdliche Bassin trocken und konnte best werden. Das letzte Bassin im Norden war erst Ende November entleert und abgetrocknet (W. Wi l l -cocks , Egyptian Irrigation, 62 und 70); D. Bonneau , La crue du Nil, 114f. Nach dem alexandrinischen und koptischen Kalender im 19. Jh. fand das ffnen Ende

    zu pharaonischer Zeit wird durch das Fest des ffnens der Bassins (Hb wb# S) verdeutlicht, bei dem auch der Knig auf seinem Schiff zugegen war105. Auf den Gedchtnisskaraben Amenophis III. wird mit dem III. #Xt 16 auch das genaue Datum fr dieses Fest genannt, das auf den heu-tigen Kalender umgerechnet in die erste Okto-berhlfte datiert werden kann106. Ein weiterer Hinweis darauf, dass schon im Neuen Reich an diesem Datum ein Nilfest gefeiert wurde, gibt ein Vermerk im Tagewhlkalender am IV. #Xt 5 (9. Oktober): Die Neunheit, die Gtter von Ba-bylon und die Majestt des Hapi, des Vaters, der Gtter, feiern ein groes Fest an diesem Tag107.

    Die Bedeutung fr das landwirtschaftliche Jahr war deshalb enorm, da das Entleeren der Becken das Ende der berschwemmungszeit und gleichzeitig den Beginn der Feldbestellung einleitete108. Aus diesem Grund wurden in grie-chisch-rmischer Zeit Ende September in Edfu und Esna Feste fr Feldgtter begangen109.

    Das unter C genannte Vertreiben der Winde fr Re ist ein Motiv, das uns schon in mehre- ren Totenbuchsprchen110 begegnet und darber hinaus auch Eingang in andere religise Texte

    September, einen Tag nach dem beginnenden Absinkens der Flut statt (E. de Roug, in: ZS 4, 1866, 3).

    105 Das Fest ist seit der 18. Dyn. bis in ptolemische Zeit belegt. ltester Beleg: Urk. IV, 1737, 15. Weitere Belege finden sich in Dendera (D I, 136, 8f.) und Edfu (E VI, 226, 8). Vgl. A. M. Blackman und H. W. Fa i r -man, The Significance of the Ceremony "Wv B"cW in the Temple of Horus at Edfu, in: JEA 36, 1950, 68f.

    106 J. Yoyotte , Le bassin de Djroukha, in: Kmi 15, 1959, 3033. Fr die Skaraben siehe auch C. Blan-kenberg-Van Delden, The Large Commemorative Scarabs of Amenhotep III, Documenta et monumenta Orientis antiqui 15, Leiden 1969, 142f. und Tf. 31 und L. M. Berman, in: A. P. Kozloff et al. (Hrsg.), Ame-nophis III, le Pharaon-Soleil, Paris 1993, 56f.

    107 bersetzung von C. Le i tz , Tagewhlerei, 153. 108 W. Schenkel , Die Bewsserungsrevolution im

    Alten gypten, 62. Dazu auch S. Sauneron, Lin-scription: Ptosiris, 48, in: Kmi 15, 1959, 34f.

    109 Am III. #Xt 23: in Edfu das Fest der Sechet (M. Al l iot , Le culte dHorus Edfou, BdE 20, Le Caire 1949, 216 (III, 8) mit bersetzung auf S. 225) und in Esna ein Auszug des Chnum und der Nbt-ww (Esna II, 55, 4 bzw. Esna V, 14). Dazu auch C. Le i tz , Tage-whlerei, 139.

    110 Z. B. Tb 130 (U. Verhoeven, Das saitische To-tenbuch der Iahtesnacht, Kol. 61,13 und 62,7).

  • 12 S. Baumann: Beschreibung der Nilflut in Edfu ZS 139 (2011)

    fand111. In Tb 100 ist sogar die ffnung des We-ges fr den Sonnengott mit der Nilflut paralleli-siert112. Dieses Motiv des Wolken-/Unwetter-Vertreibens ist als Versatzstck zu sehen, das im Rahmen der Neuredaktion fr die Szene der Nilkammer in einen neuen Kontext gesetzt wurde. Es ist durch die umliegenden Textbau-steine klar, dass der neue Kontext die Zeit der absinkenden Flut behandelt. In diesem inhalt-lichen Zusammenhang ergeben sich mehrere Mglichkeiten, die Unwetter zu verstehen:

    Zunchst ist festzuhalten, dass sich interes-santerweise in dem von C. B. Klunzinger wie-dergegebenen gyptischen Kalender aus dem Ende des 19. Jhs. am 1. Oktober folgender Ver-merk findet: Gut ist der Blick nach den Wolken (?)113. Das Fragezeichen zeigt, dass auch er den Eintrag nicht deuten konnte. Im Zusammen-hang von Unwettern berichtet W. Willcocks, dass aufgrund der Tatsache, dass in der ber-schwemmungszeit das Land wie ein groer See inmitten der heien Wste liegt, oftmals pltz-lich Sturmben aufkamen, die hohe Wellen ver-ursachten und die Dmme gefhrdeten114. Es ist dennoch wahrscheinlicher, dass eine andere bedeutendere Idee, die mit Unwetter in Verbin-dung steht, in den Text bernommen wurde.

    So fllt in die Zeit des abfallenden Nils um das Herbstquinoktium auch die Tatsache, dass die Sdwinde gegenber den Nordwinden ber-handnehmen. In diesem Zusammenhang ist die auf Thales von Milet zurckgehende Theorie ber die Entstehung der Flut interessant. Sie besagt, dass die Nordwinde (Etesien) den Fluss am Abflieen ins Mittelmeer hindern und somit aufstauen. Erst das Nachlassen der Nordwinde sowie das gleichzeitige Erstarken der Sdwinde

    111 Zum Vertreiben der Wolken siehe J. Assmann, Liturgische Lieder an den Sonnengott. Untersuchungen zur altgyptischen Hymnik I, MS 19, Berlin 1969, 131 und 235f. Fr das Motiv in magischen Sprchen siehe z. B. H.-W. Fischer-Elfer t , Altgyptische Zauber-sprche, Stuttgart 2005, 61.

    112 U. Verhoeven, Das saitische Totenbuch der Iahtesnacht, Kol. 45, 2.

    113 C. B. Klunz inger , Bilder aus Obergypten, 127. 114 W. Wi l lcocks , Egyptian Irrigation, 60.

    sorgen dafr, dass die berschwemmung abflie-en kann115.

    Noch treffender scheint der Bericht von Plu-tarch, der ebenfalls aussagt, dass der Rckgang der berschwemmung mit dem Versiegen der Nordwinde und der Rckkehr der Sdwinde einhergeht. Fr uns ist bei seiner weiteren Aus-fhrung besonders aufschlussreich, dass nach seiner Theorie die Wolken, die zunchst die Feuchtigkeit fr die Nilflut bringen, schlielich durch die Sdwinde vertrieben werden116. Es ist daher mglich, dass das Vertreiben der Wolken in unserem Text auf das gleichfalls bei Plutarch beschriebene Vertreiben der Wolken anspielt, was das Absinken der Flut ermglicht.

    Dass die grundlegende Vorstellung, Regenfl-le knnten fr die Flut verantwortlich sein, bis in pharaonische Zeit zurckreicht, wird kritisch ge-sehen117. Jedoch knnte ein Vermerk im Tage-whlkalender am III. #Xt 19, also Mitte Septem-ber, darauf hinweisen, dass die Winde schon im Neuen Reich registriert wurden. An diesem Tag wird das Entstehen von groen Winden er-whnt118. So wie dort von Strmen (Dow) die Rede ist, werden auch in unserem Text Unwet-ter (Sno) genannt, und es ist anzunehmen, dass der Kontext gleich ist, nmlich der jhrliche Wetterumschwung, der zeitlich mit dem Absin-ken der Flut einhergeht.

    5. Gott : Pxr-Hr-wTs-st.f

    E II, 260, 67. 29 (sic) 30 (sic) 31 32

    115 H. Die ls und W. Kranz (Hrsg.), Fragmentaus-gabe, 11A 1, 37 und A16. Diese Theorie wird unter anderem bei Herodot II, 20 aufgegriffen.

    116 Plutarch, De Iside et Osiride, 39. In bersetzung bei J. G. Gr i f f i ths (Hrsg.), Plutarchs De Iside et Osiride, Cardiff 1970, 179.

    117 Dazu S. Pre l l , in: SAK 38, 218. 118 C. Le i tz , Tagewhlerei, 131.

  • ZS 139 (2012) S. Baumann: Beschreibung der Nilflut in Edfu 13

    A (29) pxr.i n.k119 pkw

    120 Hr pg#w (29) Ich lasse fr dich das Wasser ber die Ebenen (ab)flieen.

    B (30) Dd mdw in Pxr-Hr-wTs-st.f nTr o# m sp tpy

    121

    (30) Zu rezitieren von Pxr-Hr-wTs-st.f,122 dem groen Gott in der Urzeit (wrtl. des Ersten Males),

    C (31) Xnt m Iwnw r v#-sty ii m Xd (32) Hopy m-Xt.f

    (31) der aus Heliopolis sdwrts zum Gau von Elephantine fhrt, der nach Norden zurckkommt mit der (32) Flut in seinem Gefolge

    D xr w#Dw#D123 n124 t# und der beladen ist mit den Pflanzen der Erde.

    Das im ersten Satz (A) bliche Schema, dass

    die drei austauschbaren Synonyme auf die Art und Weise des berflutens eines bestimmten Ackergebietes hinweisen, kann in gewisser Wei-se auch bei Pxr-Hr angewandt werden. bersetzt man das Verb pxr in seiner Grundbedeutung umdrehen, so kann man den ersten Satz so verstehen, dass das Wasser in umgekehrter Rich-tung luft, d. h., es luft von den Feldern ab. Das unter C angefhrte Herbeibringen der Flut durch Pxr-Hr ist analog zu der Anmerkung bei K#-pt zu verstehen, womit eine Beziehung zum Nil bzw. eine allgemeine Verantwortung fr das Entstehen der berschwemmung ausge-drckt wird. Dieser Zusatz ist von Bedeutung, weil die Gottheit erst dadurch den Charakter einer Nilgottheit erhlt und somit berechtigt ist, in der Reihe der Nilgtter zu stehen.

    119 Eine Verwechslung von nb ( ) und k ( ). 120 Eventuell eine Schreibung fr pqy Name des

    bewsserten Gebietes in einem Deltagau (Wb I, 561, 5). kann fr stehen (D. Kurth , Einfhrung ins Ptolemische I, 495). Doch auch fr pqy existiert nur ein Beleg: W. M. F. Petr ie , Two Hieroglyphic Papyri from Tanis II, The Geographical Papyrus, EEF 9, Lon-don 1889, Tf. 11, Fragment 29.

    121 Die Percke ( ) steht flschlicherweise fr den ganzen Kopf ( ).

    122 wTs st.f dessen Thron hoch ist bezieht sich wahrscheinlich auf sein Podest (L. Kkosy , The Astral Snakes of the Nile, in: MDAIK 37, 1981, 255, Anm. 4).

    123 Vgl. H.-W. Fischer-Elfer t , Literarische Ostra-ka der Ramessidenzeit in bersetzung, 52.

    124 m anstatt n.

    Der Grund fr die Platzierung von Pxr-Hr an die Stelle nach dem Absinken der Flut lsst sich durch eine Analyse von Satz D und zwei weite-ren Belegstellen im Edfu-Tempel erklren. Zum einen befindet sich Pxr-Hr in der Szene ber der Tr, die vom Opfertischsaal (R) in den Seiten-raum (S) und zur westlichen Treppe fhrt125, zum anderen ist dieser Gott auch in eben ge-nanntem Seitenraum (S) abgebildet126.

    In der Szene auf dem Trsturz sind in einer Reihe sieben Gtter abgebildet, die durch unter-schiedliche berschriften in drei Gruppen auf-geteilt werden127. Die erste Gruppe besteht aus den drei Gttern onX-m-#Xw.f, "D-wr und cpd-wr. Sie sind die Gtter, die das Jahr ffnen und Hapi aus seinem Quellloch holen (nTrw wpw rnpt Sdw Hopy m TpHt.f)128. Die zweite Gruppe bil-den drei anthropomorphe, liegende oder schwimmende Gtter, die von K#-pt angefhrt werden, der mit einem Messer bewaffnet ist. Auf ihn folgen !nn-iT.f und der schon bekannte I#ty, der hier mit anthropomorphem Krper und wahrscheinlich einer i#t-Hieroglyphe anstelle eines Kopfes dargestellt ist129. Die Beischrift beschreibt diese Gruppe als K#-pt und die, die in seinem Gefolge sind, die Hapi aufziehen, damit er mit Wasser kommt. Er ist es, der den groen Hapi holt, den Herrn von allen guten Dingen (K#-pt wn imyw mw.f rr Hopy iw.f Hno mw ntf in Hopy o# nb Xt nbw nfr(w))130. Die dritte Gruppe besteht alleine aus Pxr-Hr. Er ist Der Gott, der Hapi herbeiholt und der Pflanzen entstehen lsst (nTr in Hopy sXpr w#Dw#D)131.

    Die drei Gttergruppen spiegeln interessan-terweise, wie die Gtter in der Nilkammer, eine chronologische Abfolge wider. Die erste Grup-pe steht am Jahresanfang mit dem Beginn der Flut, die zweite Gruppe versorgt den Nil, damit er gro wird, und die dritte Gruppe, d. h. Pxr-Hr,

    125 E I, 509, 1 und E IX, Tf. 35b. 126 E I, 533, 4 und Tf. 36b. 127 Zu diesen Gttern siehe auch C. Le i tz , Die Gt-

    ter, die ihre Majestt begleiten, in: D. Kess ler et al. (Hrsg.), Texte Theben Tonfragmente, Festschrift fr Gnter Burkard, AT 76, Wiesbaden 2009, 306f.

    128 E I, 508, 12. 129 LGG I, 95c. 130 E I, 508, 16. 131 E I, 509, 1.

  • 14 S. Baumann: Beschreibung der Nilflut in Edfu ZS 139 (2011)

    Tabelle 1: Unterteilung der Nilgtter in Gruppen

    Szene Gruppe 1: Anfang der Flut

    Gruppe 2: Mitte der Flut

    Gruppe 3: Ende der Flut

    Trsturz (E I, 508, 12509, 2) onX-m-#Xw.f, "D-wr, cpd-wr K#-pt, !nn-iT.f, I#ty Pxr-Hr

    Nilkammer (E II, 259, 13260, 10) ci#-Ro, ci#-s#-Wsir K#-pt, I#ty Pxr-Hr, Imy-nwn

    Seitenkammer S (E I, 533, 48) onX-m-#Xw.f, "D-wr, cpd-wr Pxr-Hr

    lsst am Ende die Pflanzen entstehen. Die Rei-henfolge und die Zuordnung der Gtter zu be-stimmten Phasen innerhalb der berschwem-mungszeit decken sich mit der Nilkammer: K#-pt steht vor I#ty und beide gehren in den Zeit-raum der hohen Flut. Es folgt schlielich Pxr-Hr, der an das Ende der Flut zu setzen ist.

    Auch in der zweiten Vergleichsszene, d. h. in der Seitenkammer, wird erneut Pxr-Hr von der Gruppe der Gtter, die das Jahr ffnen und Hapi aus seinem Quellloch holen, abgesetzt. Dabei deckt sich die Beischrift mit dem Text in der Szene des Trsturzes (nTr in Hopy sXpr w#Dw#D)132. Die spezifische Aufgabe des Pxr-Hr besteht demnach in dem Entstehenlassen der Pflanzen, was eindeutig in die letzte Phase der Flut gehrt, wenn sich die Wassermassen wieder von den Feldern zurckgezogen haben und nach der Aussaat das erste Grn spriet.

    Ausgehend von der Szene am Trsturz, wo die einzelnen Gruppen deutlich durch ber-schriften gekennzeichnet sind, kann man diese Gliederung auch auf die Nilkammerszene und die Szene in der Seitenkammer bertragen (s. Tabelle 1).

    6. Gott: Imy-Nwn

    E II, 260, 810. 33 (sic) 34 35 36 37

    132 E I, 533, 4.

    A (33) #f#f 133.i n.k iwny

    134 Hr135 ifd136 (33) Ich flle fr dich die Bewsserung auf die (rechteckigen) cker.

    B (34) Dd mdw in Imy-Nwn b# onX (35) m v#-wr dw# sw nTr (36) mi Ro

    (34) Zu rezitieren von Imy-nwn, dem lebenden Ba (35) in(dem Gau von) Abydos. Der Gott dankt ihm (36) wie Re.

    C in Hopy sSm mw (37) nsw t#wy

    Der die Flut herbeiholte und das Wasser herbei- fhrte (37) den Knig der beiden Lnder,

    D sXpr137 Sni-t# n onXw

    der Pflanzen fr die Lebenden entstehen lsst.

    Wahrscheinlich werden hier in dem ersten Satz

    (A) die cker angesprochen, wie sie sich nach dem Abflieen des Wassers zeigten, als die Land-flche in viereckige Parzellen unterteilt wurde138.

    Die Erwhnung des Knigs im Kontext der nun neu entstehenden Pflanzen, die das Fortbe-

    133 Vollstopfen, sich den Bauch fllen (R. Han-nig , gyptisches Wrterbuch II, 1, Mainz 2006, 18 {246}). Eine Lesung als f#i tragen schliet sich aus, da sich sonst keine Alliteration auf i ergibt. Zur phone-tischen Verwandtschaft von # und i siehe D. Kurth , Einfhrung ins Ptolemische I, 456.

    134 Ohne das Kanal-Determinativ wre hier iwtn Erdboden zu lesen. In diesem Fall aber vgl. iwi Feld bewssern (Wb I, 49, 1) oder iwny Name eines Gewssers (Wb I, 53, 2).

    135 Aufgrund der stets gleichen Struktur des ersten Satzes ist davon auszugehen, dass hier das Gesicht ( ) nicht ordentlich ausgearbeitet wurde.

    136 Insgesamt vier Striche und das Bein, das flsch-licherweise von anderen Schreibungen z. B. von ifd eilen (Wb I, 72) bernommen wurde.

    137 Entweder eine Schreibung fr sXpr entstehen lassen (Wb IV, 240) oder fr sXp herbeifhren, bringen (Wb IV, 239).

    138 Es ist anzunehmen, dass die Felder vor dem Sen vermessen wurden. Siehe hierzu auch W. Helck , in: L II, 150 s. v. Feldereinteilung und -vermessung mit dem Verweis auf A. H. Gardiner , The Wilbour Papy-rus II, Commentary, London 1948, 10.

  • ZS 139 (2012) S. Baumann: Beschreibung der Nilflut in Edfu 15

    stehen der Menschen ermglichen, erklrt sich durch seine Bedeutung als Ernhrer des Lan-des139. Nicht zuletzt durch das im Kanopus-dekret geplante Zusammenlegen des Festes fr den Herrscher und des Aufgangs des Sirius, welcher fr den Beginn der Nilflut steht140, wird der Zusammenhang von Knigtum und ber-schwemmung ausgedrckt141.

    Wie bei seinem Vorgnger ist ebenfalls fr Imy-Nwn die letzte der erwhnten Ttigkeiten (D) von besonderer Relevanz, um ihn zeitlich in den Ablauf der berschwemmungsphase ein-zugliedern. Hier wird beschrieben, dass auch er die Pflanzen entstehen lsst. Ebenso wird in dem Nilhymnus in der letzten Strophe das Grn thematisiert, das dank der berschwemmung entstehen kann142. Mit der Fruchtbarkeit des Flusses wird ein weiterer wichtiger Aspekt ge-nannt, der auch bei den Griechen und Rmern groe Beachtung fand143.

    Dass bei dem letzten Gott das endgltige Ende der Flut thematisiert wird, bekrftigt vor allem die Bedeutung seines Namens: Imy-Nwn Der im Nun ist. Bezogen auf die ber-

    139 S. Pfe i f fer , Das Dekret von Kanopus (238 v. Chr.). Kommentar und historische Auswertung eines dreisprachigen Synodaldekretes der gyptischen Priester zu Ehren Ptolemaios III. und seiner Familie, AFP Beih. 18, Mnchen/Leipzig 2004, 206, Anm. 34.

    140 S. Pfe i f fer , Das Dekret von Kanopus, 241ff. 141 G. Posener , De la divinit du pharaon, Cahiers

    de la Soc. As. 15, Paris 1960, 4761; Vgl. auch H. Frankfort , Kingship and the Gods. A Study of Ancient Near Eastern Religion as the Integration of Society and Nature, Chicago 1955, 58; D. Bonneau, La crue du Nil, 305309.

    142 Strophe XIV, 56 und 910 (D. van der Plas , La hymne la crue du Nil I, 55f.). Van der Plas ber-setzt den Ausdruck w#D k# iw.k mit Du mgest grn sein, wenn du kommst und bezieht dies auf die grne Farbe des ersten berschwemmungswassers (ebd. 157). Viel eher wird hier jedoch auf die zentrale Aufgabe des Entstehenlassens der Pflanzen hingewiesen. Wie Van der Plas selbst auffhrt (ebd. 158), erfllt Hapi auch in den Sargtexten (CT IV, 118e119a) diese Aufgabe, indem er sagt: Ich bin gekommen, um die beiden Lnder ergrnen zu lassen. An anderer Stelle in den Sargtexten heit es: Ich bin Hapi, Herr des Wassers, der die Vegetation herbeibringt (CT IV, 115de). Zur Lesung dieser Stelle im Nilhymnus vgl. A. Hermann, in: ZS 85, 1960, 36.

    143 B. Post l , Die Bedeutung des Nil in der rmi-schen Literatur, 208215.

    schwemmung heit das, dass sie nun ins Urwas-ser zurckgekehrt ist, von wo sie stets am An-fang der berschwemmungszeit heraustritt144. Der Zyklus der Nilflut ist somit auf den An-fangspunkt zurckgesetzt.

    Texttradierung

    Fr die Konzeption der ptolemischen Tem-pel mit ihrem betrchtlichen Textkorpus ist es interessant zu bemerken, dass in der hier behan-delten Szene aus Edfu die Beischriften der ein-zelnen Gtter auf eine Passage des Toten-buchspruches 149 zurckgehen. Der Abschnitt, auf den Bezug genommen wird, behandelt den letzten der 14 Hgel dieses Spruches, den Hgel von Babylon (i#t nt $r-oH#), dem heutigen Alt-Kairo, und seinen Einfluss auf die Nilflut145. Da-bei bernehmen der Hgel, der wahrscheinlich als Damm zu sehen ist146, und ein Gtterkollegi-um147 bestimmte Aufgaben, die den Verlauf der berschwemmung lenken und die damit verbun-dene Versorgung des Landes gewhrleisten. Die-se im Totenbuch behandelten Aufgaben wurden bei der Szene in Edfu auf die sechs Gottheiten hinter Horus bertragen. Dabei stimmt die im Totenbuch vorgegebene inhaltliche Abfolge auch mit den Gtterbeischriften berein und einzelne Elemente wurden sogar wortwrtlich aus dem Totenbuch bernommen. Im Einzelnen whlte man genau die Passagen aus, die eine Aussage ber das Stadium innerhalb der berschwem-mungszeit zulassen. E. Otto hat sich mit diesem Phnomen beschftigt und herausgearbeitet, dass ltere Texte mittels Archivberlieferung frei gehandhabt und nach Bedarf fr neue Kompo-

    144 Im Nilhymnus (Strophe IX, 1) heit es: [der ein-tritt] in die Unterwelt, der [oben] (wieder) erscheint.. (D. van der P las , La hymne la crue du Nil I, 40).

    145 U. Verhoeven, Das saitische Totenbuch der Iahtesnacht, Kol. 133, 1ff. Eine Transkription dieses Spruches findet sich bei C. Carr ier , Le Livre des Morts de lgypte ancienne, Paris 2009, 631.

    146 C. Le i tz , Tagewhlerei, 139. E. Dr ioton (in: BIE 34, 1952, 294) mchte in diesem Hgel die Nekro-pole von Babylon sehen.

    147 D#D#t-tpyt-nwy Gtterkollegium, das ber der Flut ist (U. Verhoeven, Das saitische Totenbuch der Iahtesnacht, Kol. 133, 9).

  • 16 S. Baumann: Beschreibung der Nilflut in Edfu ZS 139 (2011)

    148149150151

    148 Die bersetzung orientiert sich an U. Verhoe-ven, Das saitische Totenbuch der Iahtesnacht, Kol. 133, 116.

    149 Philae hat auch ipt und ist hier somit nher am Urtext (H. Junker , Der groe Pylon des Tempels der Isis in Philae, 69, 13). ipt ist ein Behlter zum Messen von Getreide und Frchten (T. Pommerening , Die altgyptischen Hohlmae, 52ff.).

    150 Eine Verbindung von dem Text im Totenbuch und dem in Edfu erwhnten Sehen des Re, das durch das Vertreiben der Wolken mglich wird, besteht darin,

    dass die Beseitigung von kosmischen Strungen beson-ders am Abend von Bedeutung ist. Vgl. J. Assmann, Liturgische Lieder an den Sonnengott I, 235f. Ein vergleichbarer Satz zu dieser Passage in Edfu findet sich auf dem schon erwhnten Ostrakon bei H.-W. F i -scher-Elfer t , Literarische Ostraka der Ramessiden-zeit in bersetzung, 31, Zeile 14 mit Anm. n.

    151 Zu diesem Begriff siehe A. H. Gardiner , The Name of the Lake Moeris, in: JEA 29, 1943, 37ff. und J. Yoyotte , Notes de Toponymie gyptienne, in: Festschrift zum 80. Geburtstag von Professor Dr. Herrmann Junker, MDAIK 16, 1958, 428f.

    Totenbuchspruch 149, 14. Hgel Nilkammer von Edfu bersetzung148 Transkription Transkription bersetzung (133,2) Oh jener Hgel von Cheraha, (133,3) der die berschwemmung von Busiris fernhlt, aber

    (Ohne Entsprechung in Edfu)

    die berschwemmung kommen lsst, (133,4) in Scheffeln149gemessen,

    di iw Hopy X# m ipt (13) in Hopy X# Ssp m Ssp

    (13) der die Flut herbeiholt, indem er Handbreit fr Handbreit misst,

    (17) (...) in Hopy m Sspw (17) () der die Flut in Handbreiten herbeiholt,

    um sie in den Mund des Essen-den (133,5) () zu fhren,

    sSm sw n r# wnmw sSm (14) Hr-nb mi qd.sn (14) der alle Menschen insgesamt versorgt,

    (18) psS n r# nb n st wot m-b#H D#D#t-imyt-Nwn

    (18) der allen zusammen austeilt vor dem Gtterkollegium, das im Nun ist.

    der die Opfergaben den Gtternund die Totenopfer den (133,6) Achs gibt. Die zu ihm geh-rende Schlange, die in ihm ist, stammt aus den Quelllchern (133,7) von Elephantine an der ffnung der Hhle des Hapi. Wenn sie mit (133,8) seinem Wasser gekommen ist,

    (Ohne Entsprechung in Edfu)

    hlt sie an bei jenem Bezirk von Cheraha (133,9)

    oHo.f r wort nt $r-oH# oHo Hr wort (24) (die Flut,) die in dem Bezirk steht, (24)

    () beim Gtterkollegium, das ber der Flut ist,

    r D#D#t-tpyt-nwy (14) m-b#H D#D#t-tpyt-nwy

    (14) vor dem Gtterkollegium, das ber der Flut ist.

    bis sie gesehen wird in ihren (133,10) Stunden des Schweigens in der Nacht.

    r m##.f m wnwwt.f nt sgr m rwh#

    gmH Ro Xsr.n. (28) f Sno der Re erblickt, nachdem er (28) das Unwetter beseitigt hat.150

    Ihr Gtter in (133,11) Cheraha, das Gtterkollegium an der Spitze der Flut, (133, 12) ffnet mir eure Kanle,

    nTrw imyw $r-oH# D#D#t-tpyt-nwy wn n.i mrwt.Tn

    (Deckt sich inhaltlich mit dem Text des dritten Gottes; Stichwort: Kanle)

    ffnet mir eure Bassins, sn n.i Hnt151.Tn (Deckt sich inhaltlich mit dem Text des vierten Gottes; Stichwort: Bassins)

    (133,13) dass ich Korn, Opfer und Speisen essen kann. ()

    wnm.i npi Htpw Df#w (Deckt sich inhaltlich mit den Texten der letzten beiden Gtter; Stichwort: Pflanzen)

  • ZS 139 (2012) S. Baumann: Beschreibung der Nilflut in Edfu 17

    sitionen angepasst werden konnten152. In dem hier vorliegenden Fall lassen sich die Spuren des Ursprungstextes nur bis ins Neue Reich zurck-verfolgen, da anders als in anderen Passagen aus demselben Totenbuchspruch keine bernahme aus den Sarg- oder Pyramidentexten nachweisbar ist153. Eine sptere Parallele zu der Szene in Edfu aus der Zeit Ptolemaios IV. befindet sich in Phi-lae am groen Pylon des Isistempels (Ptolemaios XII.), weist jedoch geringfgige Abweichungen im Bezug auf das Vokabular und den Umfang auf154. So fehlen dort zum einen der erste, als Teil A bezeichnete Satz mit den Alliterationen und zum anderen wurden in den nachfolgenden St-zen einzelne Passagen gekrzt. Dass diese Szene nicht in einem der Nilkammer von Edfu ver-gleichbaren Raum angebracht wurde, sondern am groen Pylon des Isistempels, knnte durch die Lage des Heiligtums im Gebiet des ersten Kata-raktes mit der mythischen obergyptischen Nil-quelle erklrt werden155.

    152 E. Otto , Zur berlieferung eines Pyramiden-spruches, in: Studi in memoria di Ippolito Rosellini nel primo centenario della morte II, Pisa 1955, 236. Mit der Frage nach eventuellen Vorlufertexten von In-schriften aus Ritualszenen haben sich zuletzt E. Graefe und J. F. Quack beschftigt: E. Graefe , ber die Ver-arbeitung von Pyramidentexten in den spten Tempeln (Nochmals zu Spruch 600 ( 1652a1656d: Um-hngen des Halskragens)), in: U. Verhoeven und E. Graefe (Hrsg.), Religion und Philosophie im Alten gypten. Festgabe fr Philippe Derchain zu seinem 65. Geburtstag am 24. Juli 1991, OLA 39, Leuven 1991, 129148; J. F. Quack, Ein Standardhymnus zum Sistrumspiel auf einem demotischen Ostrakon (Ostra-kon Corteggiani D1), in: Enchoria 27, 2001, 101119.

    153 Vgl. T. G. Al len , The Book of the Dead or Go-ing Forth by Day. Ideas of the Ancient Egyptians Con-cerning the Hereafter as Expressed in Their Own Terms, Chicago 1974, 236 und detailierter P. Robin-son, Book of the Dead Chapters 149 & 150 and Their Coffin Text Origins, in: K. Gr i f f in (Hrsg.), Current Research in Egyptology 2007. Proceedings of the Eighth Annual Symposium Which Took Place at Swan-sea University April 2007, Oxford 2008, 124.

    154 Fr einen Vergleich zwischen den beiden Texten von Edfu und Philae siehe die Kommentare bei H. Junker , Der groe Pylon des Tempels der Isis in Philae, 6971 und Abb. 36.

    155 Zur Quelle siehe S. Pre l l , in: SAK 38, 2009, 217. Fr einen weiteren Beleg, dass die Anbringung einer Ritualszene an der Tempelauenwand auf topografische Beziehungen beispielsweise zu anderen Bauwerken zu-rckzufhren ist, siehe W. Helck , Die Ritualszenen auf

    Rsum

    Zusammenfassend ist festzuhalten, dass un-abhngig davon, ob man nun Anspielungen auf spezielle Ereignisse wie Festlichkeiten in den Beischriften der Gtter sehen mchte oder nicht, die Flut bei den ersten beiden steigt, sie bei K#-pt ihr Maximum erreicht und bei I#ty das Absinken der Flut einsetzt. Bei Pxr-Hr und Imy-Nwn muss die berschwemmung wieder von den Feldern abgelaufen sein, sodass Pflanzen gedeihen knnen. Interessanterweise konnte eine entsprechende Anordnung von Gttern, welche die Abfolge der Nilflut beschreibt, auch in zwei weiteren Szenen des Edfu-Tempels fest-gestellt werden, wobei diese beiden Szenen mit ihrem geringen Textmaterial den Verlauf nur in einer groben Gliederung wiedergeben.

    Es ist ein gngiges Gestaltungsmuster zu-mindest in den Sptzeittempeln , dass inner-halb eines Registers von Szene zu Szene eine inhaltliche Entwicklung oder Abfolge wieder-gegeben wird156. Diese Abfolgen knnen z. B. eine zeitliche Entwicklung eines Zustandes von der ersten bis zur letzten Szene eines Registers ausdrcken157. In gewissem Sinne wurde dieses System auch in dem zweiten Register aus der Nilkammer von Edfu mit der Szene der Nilflut angewandt. Die Besonderheit liegt darin, dass die zeitliche Abfolge innerhalb einer einzigen Szene behandelt wurde.

    Wie auch im Tagewhlkalender wurden die einzelnen Hinweise auf Naturereignisse, Fest-lichkeiten und dergleichen in mythologische Erzhlungen eingebettet bzw. durch sie ver-schlsselt. Ein gewisses Hintergrundwissen er-ffnet aber damals wie heute die Sichtweise auf eine detailreiche Beschreibung der ber-schwemmungszeit. Diese gyptische Abhand-

    der Umfassungsmauer Ramses II. in Karnak, A 18, Wiesbaden 1968, 123.

    156 A. Gutbub, Remarques sur quelques rgles ob-serves dans larchitecture, la dcoration et les inscrip-tions des temples de Basse poque, in: Mlanges offert J. Vercoutter, Paris 1985, 125f. Generell sind auch Verbindungen in der vertikalen Richtung mglich.

    157 C. Le i tz , Die Auenwand des Sanktuars von Dendera. Untersuchungen zur Dekorationssystematik, MS 50, Mainz 2001, 230ff.

  • 18 S. Baumann: Beschreibung der Nilflut in Edfu ZS 139 (2011)

    lung ber die Nilberschwemmung ist durch ihre Fixierung in der Nilkammer in einen religi-sen Kontext eingebunden und unterscheidet sich schon alleine aus diesem Grund von den geografischen Beobachtungen auslndischer Reisender. Beide Autorengruppen vermitteln aber auf ihre Art und Weise das gleiche facetten-reiche Bild.

    Summary

    Inside the so-called Nile Chamber of the Horus Temple in Edfu a relief is engraved, displaying six gods that are related to the inundation of the Nile.

    On closer examination, the accompanying inscrip-tions reveal a description of the time of the year in which the flood emerges and persists; starting from the rise of the water until its descent, including the subsequent growing of plants. In a certain chrono-logical order every god appears to be responsible for one phase which is important for the agricultural calendar. Remarkably, parts of the text have been adopted from the Book of the Dead, spell 149.

    Keywords

    agriculture Book of the Dead Edfu inundation nilometer


Recommended