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[Springer-Lehrbuch] Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler || Komplexe Zahlen und...

Date post: 08-Dec-2016
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Kapitel 2 Komplexe Zahlen und Polynome 2.1 Mathematische Motivation und Definition Im vorangegangenen Kapitel haben wir mit großen Anstrengungen die reellen Zahlen R eingeführt. Ausgangspunkt dabei war die Gleichung x · x =2, welche in Q nicht lösbar war. Dies führte zur Erweiterung auf R. Erinnern wir uns zudem an Definition 1.45 (welche uns den Begriff der Wurzel näherbrachte), dann stellen wir fest: Folgerung 2.1 Es existiert keine reelle Zahl x R mit x · x = 1. Wir versuchen konsequenterweise wieder eine Erweiterung anzugeben, in der dies möglich ist. Dazu betrachten wir die geordneten Zahlenpaare R × R := {(a, b): a, b R} . Für diese Paare erklären wir folgende Operationen: +: (a 1 ,b 1 )+(a 2 ,b 2 )=(a 1 + a 2 ,b 1 + b 2 ), · : (a 1 ,b 1 ) · (a 2 ,b 2 )=(a 1 a 2 b 1 b 2 ,a 1 b 2 + a 2 b 1 ). (2.1) Damit gilt der 77 W. Merz, P. Knabner, Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler, Springer-Lehrbuch, DOI 10.1007/978-3-642-29980-3_2, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
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Page 1: [Springer-Lehrbuch] Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler || Komplexe Zahlen und Polynome

Kapitel 2

Komplexe Zahlen und Polynome

2.1 Mathematische Motivation und Definition

Im vorangegangenen Kapitel haben wir mit großen Anstrengungen die reellenZahlen R eingeführt. Ausgangspunkt dabei war die Gleichung x · x = 2,welche in Q nicht lösbar war. Dies führte zur Erweiterung auf R.

Erinnern wir uns zudem an Definition 1.45 (welche uns den Begriff der Wurzelnäherbrachte), dann stellen wir fest:

Folgerung 2.1 Es existiert keine reelle Zahl x ∈ R mit x · x = −1.

Wir versuchen konsequenterweise wieder eine Erweiterung anzugeben, in derdies möglich ist. Dazu betrachten wir die geordneten Zahlenpaare

R× R := {(a, b) : a, b ∈ R} .

Für diese Paare erklären wir folgende Operationen:

+ : (a1, b1) + (a2, b2) = (a1 + a2, b1 + b2),

· : (a1, b1) · (a2, b2) = (a1a2 − b1b2, a1b2 + a2b1).

(2.1)

Damit gilt der

77W. Merz, P. Knabner, Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler, Springer-Lehrbuch, DOI 10.1007/978-3-642-29980-3_2, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

Page 2: [Springer-Lehrbuch] Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler || Komplexe Zahlen und Polynome

78 2 Komplexe Zahlen und Polynome

Satz 2.2 Die Menge R×R mit den Operationen {+, ·} erfüllt die Kör-peraxiome A1-A4, M1-M4, D und V aus Definition 1.71 mit (0, 0) alsneutrales Element von „+“ und (1, 0) als neutrales Element von „·“.

Beweis. Wir zeigen die Eigenschaft M3. Zu (a, b) �= (0, 0) ist das Zahlenpaar(a

a2 + b2,−b

a2 + b2

)das inverse Element, denn

(a, b) ·(

a

a2 + b2,−b

a2 + b2

)= (1, 0) .

qed

Beispiel 2.3

a) (3, 2) + (4, 1) = (7, 3) .

b) (3, 2) · (4, 1) = (3 · 4− 2 · 1, 3 · 1 + 4 · 2) = (10, 11) .

c) Mit Hilfe des inversen Elements lässt sich die Division wie folgt formu-lieren:

(3, 2) : (4, 1) = (3, 2) · 1

(4, 1)= (3, 2) ·

(4

17,−117

)=

(14

17,5

17

).

Daher folgt

Definition 2.4 C = R×R mit oben erklärten Operationen {+, ·} heißtKörper der komplexen Zahlen.

Es gilt demnachC ist ein vollständiger Körper!

Bemerkung. Die Ordnungsrelationen O1-O4 (siehe Seite 34) gelten hier

i. Allg. nicht! Die Beziehungen (a1, b1)<=>

(a2, b2) für geordnete Paare gelten

nur dann, wenn die Ordnungsrelationen für beide Komponenten gleichzeitigerfüllt sind, d.h.

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2.1 Mathematische Motivation und Definition 79(a1

<=>

a2

)∧

(b1

<=>

b2

).

Für die komplexen Zahlen gelten alle Rechenregeln {±, ·, :} wie für reelleZahlen. So gilt z.B. für z, w ∈ C:

z · w = (0, 0) ⇐⇒ z = (0, 0) ∨ w = (0, 0) .

Betrachten wir nun die Teilmenge RC := {(a, 0)} ⊂ C . Hier gilt

(a1, 0) + (a2, 0) = (a1 + a2, 0) und (a1, 0) · (a2, 0) = (a1 · a2, 0) .

Daher ist es vernünftig, RC mit R zu identifizieren.

Bezeichnung 2.5a := (a, 0) ,

i := (0, 1) ,

wobei i als die imaginäre Einheit bezeichnet wird.

Der italienische Mathematiker Raffaele Bombelli (1526-1572) entwickelteeine umfassende Theorie der imaginären Zahlen, welche als Ursprung derkomplexen Zahlen gilt.

Die Einführung der imaginären Einheit i als „Zahl“ wird allerdings dem be-deutenden, in der Schweiz geborenen Mathematiker Leonard Euler (1707-1783) zugeschrieben.

Folgerung 2.6 Wir schreiben

1. (a, b) = a+ ib = a+ bi und damit C = {a+ ib : a, b ∈ R}.2. i2 = −1 , d.h. die Gleichung x2 = −1 hat in C mindestens die Lösung

x = i.

Beweis. Einfaches Nachrechnen liefert:

1. (a, b) = (a, 0) + (0, 1) · (b, 0) = a+ ib.

2. (0, 1) · (0, 1) = (−1, 0) = −1.

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80 2 Komplexe Zahlen und Polynome

Mit a+ ib wird wie mit reellen Zahlen unter Beachtung von

i2 = −1

gerechnet. Damit sind keine neuen Regeln (wie die Multiplikation in (2.1))nötig.

Bezeichnung 2.7 Sei z = a+ ib ∈ C, a,b ∈ R. Dann

a =: Re(z) heißt Realteil von z,

b =: Im(z) heißt Imaginärteil von z.

Es gilt z.B. Re(−i) = 0 und Im(−i) = −1.Die komplexen Zahlen C lassen sich in der Gaußschen Zahlenebene ver-anschaulichen.

x(1,0) = 1

(0,1) = i

i

i yz = (x,y)

Gausssche Zahlenebene

Robert Edler von Musil (1880-1942) studierte zunächst Maschinenbau,war dann aber als österreichischer Schriftsteller und Theaterkritiker tätig.Die imaginären Zahlen jedenfalls schienen ihm Kopfzerbrechen gemacht zuhaben, denn von ihm stammt der Satz:

„Wissen Sie, ich gebe ja gerne zu, dass z.B. diese imaginären, diese gar nichtwirklich existierenden Zahlenwerte, ha, ha, gar keine kleine Nuss für einenjungen Studenten sind “.

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2.2 Elementare Rechenoperationen in C 81

Aufgaben

Aufgabe 2.1. Führen Sie die Addition, die Multiplikation und die Divisionmit den Zahlenpaaren

a) (1, 2), (3, 4), b) (5, 6), (7, 8)

durch.

Aufgabe 2.2. Bestimmen Sie zu dem Zahlenpaar (2, 4) das neutrale und dasinverse Element bezüglich der Addition und der Multiplikation. BestätigenSie zudem das Kommutativgesetz bezüglich der Multiplikation.

2.2 Elementare Rechenoperationen in C

Die vier Grundrechenarten {±, ·, :} in C fassen wir wie folgt zusammen:

Rechenregeln 2.8

1. (a1 + ib1)± (a2 + ibi) = (a1 ± a2) + i(b1 ± b2).

2. (a1 + ib1) · (a2 + ib2) = (a1a2 − b1b2) + i(b1a2 + b2a1).

3.a1 + ib1a2 + ib2

=(a1 + ib1)(a2 − ib2)

(a2 + ib2)(a2 − ib2)=

1

a22 + b22

[(a1a2 + b1b2) + i(b1a2 −

a1b2)],

wobei a2 ∨ b2 �= 0.

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82 2 Komplexe Zahlen und Polynome

i-2 + 2i

3 + i

-1 -2i

Beispiele komplexer Zahlen

z1

z2

z1 + z2

Summe zweier Zahlen z1, z2 ∈ C

Eine weitere wichtige Rechenoperation in C ist das Potenzieren. Analog zuden reellen Zahlen gelten für Potenzen folgende

Rechenregeln 2.9 Für n ∈ N gelten

1. zn = (a+ ib)n =

n∑k=0

(n

k

)an−k(ib)k,

2. z0 = 1,

3. z−n =

(1

z

)n

für z �= 0.

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2.2 Elementare Rechenoperationen in C 83

Beispiel 2.10

a) (1−2i)3 = 13+3·12(−2i)+3·1(−2i)2+(−2i)3 = 1−6i−12+8i = −11+2i .

b) i17 = i , i90 = −1 .

Letzteres kann verallgemeinert werden. Es gilt die

Rechenregel 2.11 Für k ∈ N0 ergibt sich

in =

⎧⎪⎪⎪⎪⎪⎪⎨⎪⎪⎪⎪⎪⎪⎩

1 : n = 4k,

i : n = 4k + 1,

−1 : n = 4k + 2,

−i : n = 4k + 3.

Neben den Potenzen sind umgekehrt natürlich die Wurzeln einer komplexenZahl von Bedeutung. Wir beginnen mit Quadratwurzeln, berechnen solcheund werden später einfachere Verfahren liefern, um auch die n-ten Wurzelnfür n > 2 einer komplexen Zahl zu berechnen. Zunächst aber

Definition 2.12 Die Lösungen z ∈ C von z2 = c = (α+ iβ) ∈ C heißenQuadratwurzeln aus c.

Eine Lösung obiger Gleichungen erlangen wir durch Einsetzen des Ansatzesz = x+ iy in die Gleichung z2 = α+ iβ. Das nachfolgende Beispiel soll dieseVorgehensweise und den nicht unerheblichen Aufwand verdeutlichen.Beispiel 2.13 Gesucht wird die komplexe Zahl z = x+ iy mit

z2 = 5− 12i ⇐⇒ z2 = (x+ iy)2︸ ︷︷ ︸Ansatz

= (x2 − y2) + 2xyi!= 5− 12i .

Vergleichen wir Real- und Imaginärteil, dann ist dies gleichbedeutend mit

x2 − y2 = 5,

2xy = −12.

⎫⎪⎬⎪⎭ =⇒

⎧⎪⎨⎪⎩x4 + y4 − 2x2y2 = 25,

4x2y2 = 144.

Beachten Sie: a = b =⇒ a2 = b2, aber a2 = b2 �=⇒ a = b .

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84 2 Komplexe Zahlen und Polynome

Wenn Gleichungen so umgeformt werden, vergrößert man eventuell die Lö-sungsmenge. Man muss die gefundenen Lösungen in die Ausgangsgleichungeneinsetzen, um die richtigen wie folgt zu identifizieren:

Dazu addieren wir die letzten beiden Gleichungen und erhalten

x4 + y4 − 2x2y2 + 4x2y2 = (x2 + y2)2 = 169 =⇒ x2 + y2 = 13.

Wir addieren bzw. subtrahieren x2 − y2 = 5 und erhalten

2x2 = 18 =⇒ x = ±3 bzw. 2y2 = 8 =⇒ y = ±2.

In den Ausgangsgleichungen war aber 2xy = −12, weswegen nur die Lösungs-paare

z1 = 3− 2i und z2 = −z1 = −3 + 2i

in Frage kommen.

Allgemein gilt für Quadratwurzeln die leicht zu verifizierende Lösungsfor-mel

z2 = α+ iβ ⇐⇒ z = ±(√

1

2

(√α2 + β2 + α

)+ ε i

√1

2

(√α2 + β2 − α

)),

wobei ε =

⎧⎨⎩ 1 für β ≥ 0,

−1 für β < 0.

Anhand dieses Ansatzes kann man mit Hilfe der binomischen Formel auchz3 = α + iβ lösen. Das ist mühsam und sei daher den ergeizigen Lesernüberlassen. Ein einfacheres Verfahren für zn = α + iβ, n ∈ N, wird, wiebereits angekündigt, im nächsten Abschnitt zu finden sein.

Zunächst noch einige allgemeine Aussagen über komplexe Zahlen.

Definition 2.14 Sei z = α+ iβ ∈ C mit (α, β ∈ R) . Dann heißt

1. |z| :=√

α2 + β2 Absolutbetrag von z (dies entspricht der Längedes Pfeils in der Gauß-Ebene).

2. z = α− iβ die konjugiert komplexe Zahl oder die Konjugiertevon z.

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2.2 Elementare Rechenoperationen in C 85

x

y

y

z

z_

|z|

|z|

Betrag und konjugierte Zahl von z ∈ C

Damit ist z.B. für z = 7− 2i der Betrag |z| = √53 und z = 7 + 2i .

Es gelten einige wichtige und nützliche

Rechenregeln 2.15

1. (z1 ± z2) = z1 ± z2, (z1 · z2) = z1 · z2, (z1 : z2) = z1 : z2,

2. Re(z) = Re(z), Im(z) = −Im(z),

3. Re(z) = 12 (z + z) , Im(z) = 1

2i (z − z),

4. z · z = |z|2 ≥ 0,z1z2

=z1z2|z2|2 ,

5. |z1 · z2| = |z1| · |z2|, |z1 : z2| = |z1| : |z2|,6. |z| = 0 ⇐⇒ z = 0,

7. wie in R gilt auch hier die (umgekehrte) Dreiecksungleichung:

| |z1| − |z2| | ≤ |z1 + z2| ≤ |z1|+ |z2|.

Beweis. Regeln 1)...6) erhält man durch elementares Nachrechnen.

Regel 7) wird aus elementargeometrischer Sicht plausibel, denn Summebzw. Differenz der Länge zweier Seiten im Dreieck ist größer bzw. kleinerals die dritte. Dies wird im nachstehenden Dreieck mit den Ecken 0, z1, z1+z2klar!

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86 2 Komplexe Zahlen und Polynome

z1|z1|

|z2|z2

z1 + z2

|z 1+

z 2|

Dreiecksungleichung

z1

z2

-z2

z1 - z2

|z1 - z2|

Differenz zweier Zahlen z1, z2 ∈ C

qed

Die allgemeine Dreiecksungleichung für komplexe Zahlen lautet:

|∑nk=1 zk| ≤

∑nk=1 |zk| . (2.2)

Aufgaben

Aufgabe 2.3.

a) Berechnen Sie die komplexen Zahlen

z1 = (4 + i)(−1 + 6i) z2 =10(3 + 2i)

i− 1− 50 + 10i

3 + i

Page 11: [Springer-Lehrbuch] Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler || Komplexe Zahlen und Polynome

2.3 Polardarstellung komplexer Zahlen 87

und bestimmen Sie |z1z2|.Geben Sie die Ergebnisse in der Form x+ iy mit x, y ∈ R an.

b) Lösen Sie die Gleichung

4 + 20i+ (−2 + 2i)z

1 + i+ (2− i)z= 2 + 4i , z ∈ C.

Aufgabe 2.4. Bestimmen Sie Real- und Imaginärteil der folgenden komple-xen Zahlen z.

a) z = 3− 7i, b) z =

(a+ ib

c+ id

), c) z =

1

i, d) z2 = i.

Gibt es mehrere Möglichkeiten, so sind alle anzugeben.

Aufgabe 2.5. Sei v = − 12 + 1

2

√3 i und w = −5 + 12i. Berechnen Sie

a) u = vw ,

b) u = v4,

c) die Lösung der Gleichung z4 = v.

Aufgabe 2.6. Welche der folgenden Ungleichungen sind richtig?

a) − 2i2 < 5, b) (2 + i)2 > 1, c) i2 + 2 > 0, d)∣∣∣√21 i− 6

∣∣∣ < |7 + 3i|.

Aufgabe 2.7. Sei z ∈ C, z �= 0. Zeigen Sie, dass

a) Re(1

z) =

1

|z|2Re(z), b) Im(1

z) =

1

|z|2 Im(z).

Aufgabe 2.8. Für welche Punkte z = x+ iy in der Gaußschen Zahlenebenegilt

a) |z + 2− i| ≥ 2, b)z

z= 1, c) |z + 1| ≤ |z − 1|, d) |z|+ Re(z) = 1.

2.3 Polardarstellung komplexer Zahlen

Die bisherige Darstellung einer komplexen Zahl z = x + iy als Pfeil durchden Ursprung in der Gaußschen Zahlenebene mit den Koordinaten x =

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88 2 Komplexe Zahlen und Polynome

Re(z) und y = Im(z) ist eine Möglichkeit. Eine für manche Zwecke günstigereBeschreibung dieser „Pfeile“ ist gegeben durch dessen Länge und des mitder waagrechten Achse eingeschlossenen Winkels. Man nennt den Winkelauch Phase oder Argument von z und schreibt für z �= 0 auch arg(z). Wirwerden in Kürze sehen, dass gerade diese Art der Darstellung die Berechnungkomplexer Wurzeln erheblich vereinfacht.

Nun kann bekanntlich die Winkelmessung im Gradmaß oder im Bogenmaßvorgenommen und von der einen zur anderen Darstellung gemäß nachstehen-der Tabelle übergegangen werden:

Gradmaß ←→ Bogenmaß

α0 −→ ϕ = α180 π

α0 = 1800

π ϕ ←− ϕ

So entspricht z.B. 600= π3 , 1800=π und 3600=2π.

Das Bogenmaß eines Winkels ist gerade die entsprechende Bogenlänge amEinheitskreis. Wir messen den Winkel (i.Z. ∠) ) gegen den Uhrzeigersinn undnennen diese Umlaufrichtung „mathematisch positiv“, anderenfalls „mathe-matisch negativ“. Wir bezeichnen den durch die beiden Schenkel a und beingeschlossenen Winkel mit ∠) (a, b).

a a

b b

(a,b)

Orientierung beachten: <) (a,b) �=<) (b, a)

Wir stellen bedauerlicherweise fest, dass ∠) (a, b) nur bis auf additive Vielfachevon 2π festgelegt ist. So hat man z.B. bei ∠) (a, b) =

π

4+ 2kπ, k ∈ Z, für

k = −1, 0, 1 die Werte

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2.3 Polardarstellung komplexer Zahlen 89

∠) (a, b) =

⎧⎪⎪⎪⎪⎪⎪⎨⎪⎪⎪⎪⎪⎪⎩

−7

4π,

9

4π,

1

4π.

Soll Eindeutigkeit erreichen, wird der sog. Hauptwert ϕH eines Winkels ϕfestgelegt. Der Hauptwert von arg(z) ist definiert als der „sichtbare“ Win-kel dieser komplexen Zahl, und folgende zwei Darstellungsmöglichkeiten sindüblich:

Entweder 0 ≤ ϕH < 2π oder −π < ϕH ≤ π. (2.3)

Nachfolgende Skizzen veranschaulichen diesen Sachverhalt:

+ϕH

0 ≤ ϕH < 2π

+

-

ϕH

−π < ϕH ≤ π

Damit gilt z.B., dass

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90 2 Komplexe Zahlen und Polynome

entweder(17

)H

=5

3π oder

(17

)H

= −1

3π,

also stetsϕH − ϕ = 2kπ für ein k ∈ Z.

Bemerkung. Wenn wir sagen ∠) (a, b) = ϕ, so meinen wir auch stillschwei-gend die anderen Werte ϕ + 2kπ, k ∈ Z. Sie sind geometrisch unbedeutend,weil man sie in den Zeichnungen nicht sieht. Sie werden aber schon bald beiden komplexen Wurzeln relevant werden.

Um nun sinnvoll mit der neuen Darstellung rechnen zu können, besprechenwir die trigonometrischen Funktionen Sinus und Cosinus, auch Kreis- oderWinkelfunktionen genannt. Wir beschränken uns an dieser Stelle jedoch nurauf das Notwendigste und kommen an späterer Stelle ausführlicher auf dieseFunktionen zurück.

Wir betrachten dazu in der (x, y)-Ebene den Einheitskreis um den Ursprung.Jeder Punkt P (x, y) auf diesem Kreis kann als Pfeil durch den Ursprung re-präsentiert werden, welcher die Länge l = 1 hat und mit dem Pfeil E(0, 1)einen Winkel ϕ einschließt, welcher zunächst mathematisch positiv orien-tiert sein soll. Wir bezeichnen die x-Koordinate des winkelabängigen PunktesP (x, y) mit cosϕ, die y-Koordinate mit sinϕ, also

P (x, y) = (cosϕ, sinϕ),

was die nachstehende Skizze verdeutlicht. Dadurch haben wir für ϕ ∈ R+0 die

trigonometrischen Funktionen

ϕ �→ cosϕ, ϕ �→ sinϕ

erklärt. Lassen wir noch eine Bewegung des Punktes auf dem Einheitkreis imUhrzeigersinn zu, dann kann ϕ ∈ R gewählt werden.

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2.3 Polardarstellung komplexer Zahlen 91

P(x,y)

cos ϕ

sin ϕ

E(1,0) x

y +

Winkelfunktionen

Nachstehende Funktionswerte lassen sich leicht (im ersten Quadranten auchdurch Berechnungen am rechtwinkligen Dreieck) verifizieren:

ϕ 0 30o=π6 45o=π

4 60o=π3 90o=π

2

sinϕ 12

√0 = 0 1

2

√1 1

2

√2 1

2

√3 1

2

√4 = 1

cosϕ 12

√4 = 1 1

2

√3 1

2

√2 1

2

√1 1

2

√0 = 0

ϕ 120o=2π3 135o= 3π

4 150o= 5π6 180o=π

sinϕ 12

√3 1

2

√2 1

2

√1 1

2

√0 = 0

cosϕ − 12

√1 − 1

2

√2 − 1

2

√3 − 1

2

√4 = −1

Wir entnehmen aus der obigen Tabelle die folgende trigonometrischeEselsbrücke:

sin 0 =1

2

√0, sin

π

6=

1

2

√1, sin

π

4=

1

2

√2, sin

π

3=

1

2

√3, sin

π

2=

1

2

√4.

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92 2 Komplexe Zahlen und Polynome

-1

1sin ϕ

ϕπ−π 2ππ3

2_

π32_-

π_2

-1

π_210

Graph der Sinus–Funktion

-1

1cos ϕ

ϕπ−π

2ππ32_

π32_-

π_2

-1

π_21

0

Graph der Cosinus–Funktion

Sinus und Cosinus sind auf ganz R erklärte reelle Funktionen, für die fol-gende Rechenregeln Gültigkeit haben:

Rechenregeln 2.16 Seien ϕ, ψ ∈ R. Dann gelten

1. −1 ≤ sinϕ ≤ 1, −1 ≤ cosϕ ≤ 1,

2. cos2 ϕ+ sin2 ϕ = 1,

3. cos(−ϕ) = cosϕ, d.h., cos ist eine gerade Funktion,

4. sin(−ϕ) = − sinϕ, d.h., sin ist eine ungerade Funktion,

5. cos(ϕ+ 2kπ) = cosϕ, sin(ϕ+ 2kπ) = sinϕ, k ∈ Z,

d.h., beide Funktionen sind 2π-periodisch,

6. cos(ϕ± ψ) = cosϕ cosψ ∓ sinϕ sinψ (Additionstheorem),

7. sin(ϕ± ψ) = sinϕ cosψ ± sinψ cosϕ (Additionstheorem).

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2.3 Polardarstellung komplexer Zahlen 93

Aus den Rechenregeln ergibt sich unmittelbar die

Folgerung 2.17 Gelte für zwei Zahlen a, b ∈ R der Zusammenhang

a2 + b2 = 1,

dann existiert ein Winkel ϕ ∈ R mit

cosϕ = a und sinϕ = b.

Dabei ist ϕ bis auf ein additives Vielfaches von 2π eindeutig bestimmt.Der Hauptwert ϕH dagegen ist eindeutig.

Daraus ergibt sich die gewünschte Darstellung einer beliebigen komplexenZahl z = x+ iy, deren Länge durch

r = |z| =√x2 + y2

gegeben ist. Die Polardarstellung lautet

z = r(cosϕ+ i sinϕ). (2.4)

i

ϕ

|z| =: r

x = r cos ϕ

z = x + iy

y = r sin ϕ

Polardarstellung

Ist nun eine komplexe Zahl z = x+ iy gegeben, dann lassen sich deren Betragund Argument durch Trennung von Real- und Imaginärteil folgendermaßenberechnen:

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94 2 Komplexe Zahlen und Polynome

r cosϕ+ ir sinϕ!= x+ iy =⇒

⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩cosϕ =

x√x2 + y2

=x

r,

sinϕ =y√

x2 + y2=

y

r.

Damit lässt sich schließlich ϕ = arg(z) (z.B. aus Tabellen) ermitteln.

Beispiel 2.18

a) z = 2− 3i =⇒ r =√13

cosϕ =2√13

= 0.5547 · · ·

sinϕ =−3√13

= −0.8320 · · ·

⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭ =⇒ ϕ = arg(z) = −0.98 · · ·

Dies ergibt sich folgendermaßen:

cosϕ = 0.5547 · · · =⇒ ϕ = ±0, 98 · · ·

sinϕ = −0.8320 · · · =⇒ ϕ = −0, 98 · · ·

Somit erhalten wir die Polardarstellung

z =√13

(cos(−0, 98 · · · ) + i sin(−0, 98 · · · )).

b) Für r = |z| = 2 und arg(z) =π

3ergibt sich sofort

z = 2(cos

π

3+ i sin

π

3

)= 2

(1

2+ i

1

2

√3

)= 1 + i

√3 .

Wir formulieren nun eine von Euler eingeführte Abkürzung der Polardar-stellung und werden in wenigen Augenblicken feststellen, dass sich damit nichtnur der Schreibaufwand reduziert, sondern auch das Rechnen mit komplexenZahlen erheblich vereinfacht wird.

Definition 2.19 Für alle ϕ ∈ R schreiben wir

eiϕ := cosϕ+ i sinϕ. (2.5)

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2.3 Polardarstellung komplexer Zahlen 95

Damit lautet die Polardarstellung einer komplexen Zahl z mit r = |z| undϕ = arg(z)

z = reiϕ = rei(ϕ+2kπ),

wobei wir die 2π−Periodizität der trigonometrischen Funktionen in weiserVoraussicht wieder berücksichtigt haben.

So ist z.B. 1 + i√3 = 2eπi/3 = 2e7πi/3 und eiπ + 1 = cosπ + i sinπ + 1 =

−1 + 0 + 1 = 0.

Dass sich hinter dieser abkürzenden Schreibweise die komplexe Exponenti-alfunktion verbirgt, ist im Moment unerheblich. Vielmehr kommt es uns aufdie daraus resulierenden Gesetzmäßigkeiten an, welche auf den Eigenschaftenund Rechenregeln 2.16 der trigonometrischen Funktionen beruhen.

Soviel sei allerdings an dieser Stelle bemerkt, e = 2.718 281 828 459 · · · ist dieEuler sche Zahl, eine bemerkenswerte Naturkonstante, die beispielweisebei der Beschreibung des natürlichen Wachstumsverhaltens eine Rolle spielt.

Rechenregeln 2.20 (Regeln von De Moivre) Für alle r, r1, r2,ϕ, ϕ1, ϕ2 ∈ R gilt

1. reiϕ = re−iϕ =r

eiϕ,

2. r1eiϕ1 · r2eiϕ2 = r1 · r2ei(ϕ1+ϕ2),

3.r1e

iϕ1

r2eiϕ2=

r1r2

ei(ϕ1−ϕ2),

4. (reiϕ)n = rneinϕ für alle n ∈ Z.

Insbesondere ergibt sich (cosϕ+ i sinϕ)n = cosnϕ+ i sinnϕ.

Abraham De Moivre, (1667-1754), war französischer Mathematiker undein enger Freund von Isaac Newton, (1642-1726).

Beweis. Wir benutzen die Rechenregeln 2.16.

1. Sei z = reiϕ = r(cosϕ+ i sinϕ),

=⇒ z = r( cosϕ+ i sinϕ ) = r(cosϕ− i sinϕ)

= r(cos(−ϕ) + i sin(−ϕ)) = re−iϕ,

=⇒ reiϕ = re−iϕ =r

eiϕ.

Page 20: [Springer-Lehrbuch] Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler || Komplexe Zahlen und Polynome

96 2 Komplexe Zahlen und Polynome

Das bedeutet arg(z) = − arg(z) .

2. Sei zk = rkeiϕk = rk(cosϕk + i sinϕk), k = 1, 2,

=⇒ z1 · z2 = r1 · r2[(cosϕ1 cosϕ2 − sinϕ1 sinϕ2) + i(cosϕ1 sinϕ2 +

cosϕ2 sinϕ1)]= r1 · r2(cos(ϕ1 + ϕ2) + i sin(ϕ1 + ϕ2))

= r1 · r2ei(ϕ1+ϕ2),

=⇒ r1eiϕ1 · r2eiϕ2 = r1 · r2ei(ϕ1+ϕ2).

Das bedeutet arg(z1 · z2) = arg(z1) + arg(z2) .

3. Es giltz1z2

=r1e

iϕ1

r2eiϕ2=

r1r2

eiϕ1 · e−iϕ2 =r1r2

ei(ϕ1−ϕ2).

Das bedeutet arg

(z1z2

)= arg(z1)− arg(z2) für r2 �= 0.

4. Sei z = reiϕ,

=⇒ z · z = reiϕ · reiϕ =(reiϕ

)2= r2ei2ϕ︸ ︷︷ ︸

nach 2)

.

Sukzessive Multiplikation mit z liefert die Behauptung für n ∈ N. Schrei-ben wir nun −ϕ anstatt ϕ,

nach3)=⇒ (reiϕ)n = rneinϕ für n ∈ Z.

Das bedeutet(arg(z)

)n= arg(nz) .

qed

Bemerkung. Wir sehen, dass die Bezeichnung eiϕ gut gewählt ist, weil damitfür die Argumente die Potenzregeln gelten!

Beispiel 2.21

a) z1 = −1− i, z2 = 3i =⇒ z1 =√2 e5πi/4, z2 = 3eπi/2.

Page 21: [Springer-Lehrbuch] Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler || Komplexe Zahlen und Polynome

2.3 Polardarstellung komplexer Zahlen 97

z1 · z2 = 3√2 e7πi/4 = 3

√2 e−πi/4 = 3

√2

(1

2

√2− 1

2

√2 i

)= 3− 3i,

z1 : z2 =

√2

3e3πi/4 =

√2

3

(−1

2

√2 +

1

2

√2 i

)= −1

3+

1

3i.

b) (1− i)10 =(√

2e−πi/4)10

= 25e−10πi/4 = 32 · e−5πi/2 = 32 · (−i) = −32i .

c) (cosϕ+ i sinϕ)2 = cos2 ϕ− sin2 ϕ+ 2i cosϕ sinϕ!= cos 2ϕ+ sin 2ϕ.

Vergleichen wir Real- und Imaginärteil, so erhalten wir

cos2 ϕ− sin2 ϕ = cos 2ϕ,

2 cosϕ sinϕ = sin 2ϕ.

Wir erkennen die beiden Additionstheoreme aus Rechenregeln 2.16 (mitψ = ϕ) wieder. Für n > 2 lassen sich auf diese Art und Weise weiteretrigonometrische Formeln bequem herleiten.

d) |eiϕ| = | cosϕ+ i sinϕ| =√cos2 ϕ+ sin2 ϕ = 1.

Das bedeutet, dass die Zahlen eiϕ ∈ C auf dem Einheitskreis liegen.

i i

iϕϕ

exp

Die Funktionswerte exp(iϕ) := eiϕ liegen aufder Einheitskreislinie

Merken Sie sich: |eiϕ| = 1 für alle ϕ ∈ R.

e) eiπ/2 = cosπ/2 + i sinπ/2 = i =⇒ einπ/2 = in für alle n ∈ N0.

Beachte dazu Rechenregel 2.11.

Page 22: [Springer-Lehrbuch] Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler || Komplexe Zahlen und Polynome

98 2 Komplexe Zahlen und Polynome

Bemerkung. Multiplikation und Division der Zahl z1 := r1 eiϕ1 mit z2 :=

r2 eiϕ2 bewirken Drehstreckungen, d.h. eine Drehung um den Winkel ϕ2

und eine Streckung (oder Stauchung) um den Faktor r2. Die nachfolgend ein-gezeichneten Dreiecke sind jeweils ähnlich; sie haben gleiche Winkel. Darausresultiert eine graphische Konstruktionsmöglichkeit von z1z2 und z1/z2.

i

1Z1

Z2

Z1 Z2

ϕ2

ϕ2ϕ1

Graphische Darstellungder Multiplikation

i

1

Z1

Z2

ϕ2

ϕ2

ϕ1

Z1

Z2

-

Graphische Darstellungder Division

Eine weitere wichtige Anwendung der Rechenregeln 2.20 von de Moivre istdie komfortable Berechnung komplexer Wurzeln.

Satz 2.22 Sei c = reiϕ �= 0, n ∈ N . Die Lösungen der Gleichungzn = c ∈ C sind gegeben durch

Page 23: [Springer-Lehrbuch] Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler || Komplexe Zahlen und Polynome

2.3 Polardarstellung komplexer Zahlen 99

zk = n√r eiϕk mit ϕk =

ϕ

n+

2kπ

n, k = 0, 1, 2, · · · , n− 1.

Die Lösungen von zn = c �= 0 heißen die n-ten komplexen Wurzelnvon c ∈ C, und man bezeichnet die Menge der zk mit

c1/n := n√c := {z0, z1, · · · , zn−1}.

Diese bilden ein regelmäßiges n-Eck auf dem Kreis mit dem Radius n√r.

Beweis. Die Lösungen sollen dem Ansatz z = R eiφ genügen. Damit erhältman

zn = Rn einφ!= r eiϕ ⇐⇒ R = n

√r und φ =

1

n(ϕ+ 2kπ), k ∈ Z.

Dabei ergeben sich für k = 0, 1, . . . , n − 1 verschiedene Lösungen, und fürk = n ergibt sich wieder ϕ0. qed

Bemerkung 2.23

1. Es gilt n√0 = 0.

2. Für c �= 0 ist n√c n−deutig. Dies gilt auch, wenn wir aus einer reellen

Zahl die komplexe Wurzel berechnen, wie nachfolgendes Beispiel zeigt.

3. Wegen der Mehrdeutigkeit haben viele Potenzgesetze aus R, wie z.B.( n√z)

m �= n√zm, keine Gültigkeit mehr.

Beispiel 2.24

a) Wir suchen z = 5√1, d.h. die Lösungen von zn = 1, n = 5. Die Polar-

darstellung lautet 1 = ei·0. Damit ergeben sich die fünf Werte

zk = e0/5+2kπi/5, k = 0, 1, 2, 3, 4.

Im Einzelnen (auf vier Stellen gerundet) lauten diese

z0 = ei·0 = 1,

z1 = e2πi/5 = cos 2π/5 + i sin 2π/5 = 0.3090 + 0.9511i,

z2 = e4πi/5 = cos 4π/5 + i sin 4π/5 = −0.8090+ 05878i,

z3 = e6πi/5 = cos 6π/5 + i sin 6π/5 = −0.8090− 05878i,

z4 = e8πi/5 = cos 8π/5 + i sin 8π/5 = 0.3090− 0.9511i.

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100 2 Komplexe Zahlen und Polynome

Sie bilden ein 5−Eck im Einheitskreis.

i

e0

e1

e2

e3

e4

25-π

1

5–te Einheitswurzeln

Wir nennen die ek := zk = n√1, k = 0, 1, . . . , n − 1, die n-ten Ein-

heitswurzeln, also

n√1 =

{ek : ek := e2πik/n, k = 0, 1, . . . , n− 1

}.

b) Wir suchen jetzt z3 = −8i, wobei −8i = 8e3πi/2. Man rechnet leichtnach, dass

z0 = 2e1/2 πi = 2i,

z1 = 2e1/2 πi+2π/3 i = 2e7/6 πi = 2

(−1

2

√3− 1

2i

)= −√3− i,

z2 = 2e1/2 π i+4/3 πi = 2e11/6 πi = 2

(1

2

√3− 1

2i

)=√3− i.

Wir überprüfen dies und sehen, dass alles stimmt:

(2i)3= 8i3 = −8i,(±√3 − i

)3= ±(√3 )3 − 3 · 3i±√3 (−i)2 + (−i)3= ±(√3 )3 − 9i∓√3 + i = −8i.

Man kann die Berechnung von Wurzeln stets auf die Berechnung der o.g.Einheitswurzeln zurückführen. Es gilt

Page 25: [Springer-Lehrbuch] Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler || Komplexe Zahlen und Polynome

2.3 Polardarstellung komplexer Zahlen 101

Satz 2.25

1. Ist z eine (bekannte) Lösung von zn = c �= 0, so erhält man alleLösungen gemäß

zk = z · ek, k = 0, . . . , n− 1,

wobei ek die n−ten Einheitswurzeln sind.

2. Die Lösungen von zn = c erfüllen

n−1∑k=0

zk = 0, n ≥ 2.

Beweis.

1) Da c �= 0, ist auch z �= 0. Damit sind für alle k = 0, . . . , n− 1 die Zahlenzk = z · ek verschieden. Da enk = 1, k = 0, . . . , n− 1, folgt daraus sofort

znk = zn · enk = zn = c.

2)n−1∑k=0

zk = z

n−1∑k=0

ek = z

n−1∑k=0

(e2πi/n

)k

= z1− e2πin/n

1− e2πi/n︸ ︷︷ ︸vgl. Beispiel 1.29

= z1− 1

1− e2πi/n= 0.

qed

2.3.1 Praktische Anwendung der komplexen Zahlen

Abschließend behandeln wir noch ein kleines Anwendungsbeispiel derkomplexen Zahlen aus der Elektrotechnik. Dazu betrachten wir gemäß nach-stehender Skizze einen Wechselstromkreis mit einem Ohmschen WiderstandR, einem Kondensator C, einer Spule L und einer Spannungsquelle Ui.

Page 26: [Springer-Lehrbuch] Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler || Komplexe Zahlen und Polynome

102 2 Komplexe Zahlen und Polynome

C

− +

R

LL

i

C

R

U

U

U

U

RLC-Kreis

Dabei bezeichne R den Widerstand mit der elektrischen Maßeinheit [R] =Ω (Ohm), C die Kapazität des Kondensators mit [C] = F (Farad), L dieInduktivität der Spule mit [L] = H (Henry) und Ui die Spannung mit [U ] =V (Volt).

Benannt wurden die Größen nach den Persönlichkeiten Georg Simon Ohm(1789-1836), Michael Farady (1791-1867), Josef Henry (1797-1878) undAlessandro Volta (1745-1827).

Bei angelegter Spannung Ui entsteht ein zeitabhängiger oszillierender StromI = I(t), [I] = A (André-Marie Ampère (1775-1836)) mit der Darstellung

I(t) = I0 cos(ωt) = Re(I0e

iωt)

(2.6)

gemäß Definition 2.19, wobei ω, [ω] = Hz (benannt nach Heinrich RudolfHertz (1857-1894)) die Frequenz bezeichne und I0 den Scheitelwert oder dieAmplitude der Stromstärke.

An den einzelnen Bauteilen gelten nun folgender Spannungsabfälle:

a) Am Ohmschen Widerstand R gilt das bekannte Gesetz

UR(t) = RI(t) = RI0 cos(ωt) = Re(RI0 e

iωt). (2.7)

Damit lautet das Ohmsche Gesetz für die Amplitude einfach

U0 := RI0.

b) Der Kondensator speichert elektrische Ladung Q = Q(t), [Q] = C (be-nannt nach Charles Augustin Coulomb (1789-1854)), welche propor-tional zur angelegten Spannung ist, d.h.

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2.3 Polardarstellung komplexer Zahlen 103

Q(t) = CUC(t).

Nun nimmt aber an den Zeitpunkten tk, an denen die Ladung maximaloder minimal wird, der Strom notwendigerweise den Wert Null an. Esgilt also

Q(tk) = Qmax oder Q(tk) = Qmin =⇒ I(tk) = 0.

Dies geschieht für tk = (2k + 1)π/2ω , k ∈ Z. Nachstehende Phasenver-schiebung des Stromes liefert die gewünschte Darstellung von Q:

Q(t) = Q cos(ωt− π

2

)= Q sin(ωt),

mit der Zuweisung Q := I0/ω. Damit ergibt sich für die Spannung amKondensator

UC(t) =Q(t)

C=

I0Cω

sin(ωt) = Re(− i

ωCI0 e

iωt). (2.8)

Der Strom I eilt somit bei der Kapazität C gegenüber der Spannung UC

um den Phasenwinkel π/2 vor.

c) Eine Spule erzeugt ein Magnetfeld, dessen Stärke proportional zum Stromdurch diese Spule ist. Im Magnetfeld steckt Energie, welche beim Auf-bau des Magnetfeldes aus dem Netz entnommen wird. Damit ist alsodie Spannung proportional zur zeitlichen Änderung der Stromstärke. Dasbedeutet, dass an denselben Zeitpunkten tk, an denen die Stromstärkemaximal oder minimal wird, die Spannung notwendigerweise den WertNull hat, d.h.

I(tk) = ±I0 =⇒ UL(tk) = 0.

Dies geschieht für tk = kπ

2ω, k ∈ Z, und die Phasenverschiebung

UL(t) = U cos(ωt+

π

2

)= −U sin(ωt)

erfüllt diese Forderung, wobei U := LωI0 gesetzt wird. Damit lautet dieSpannung an der Spule

UL(t) = −LωI0 sin(ωt) = Re(iLωI0 e

iωt). (2.9)

Bei der Induktivität L eilt der Strom I gegenüber der Spannung um denPhasenwinkel π/2 nach.

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104 2 Komplexe Zahlen und Polynome

Wir erkennen mit (2.6) an den Darstellungen (2.7)-(2.9), dass die sog. kom-plexen Impedanzen R, − i

ωC , iLω die Rolle der reellen Widerständeübernehmen.

Georg Simon Ohm wurde in Erlangen geboren und studierte dort auchPhysik. Ohms völlige Abkehr von der damaligen naturphilosophischen Be-trachtung der Elektrizität wurde anfangs überhaupt nicht verstanden, ja manpolemisierte sogar gegen sein „zweckloses Spiel mit den mathematischen Sym-bolen“.

Aufgaben

Aufgabe 2.9. Welche Lösungsmenge hat die Gleichung cos2 ϕ + sin2 ϕ = 14

in M = [0, 2π)?

Aufgabe 2.10. Sei ϕ ∈ R. Bestätigen oder widerlegen Sie die folgende Glei-chung:

sin4 ϕ− cos4 ϕ = sin2 ϕ− cos2 ϕ.

Aufgabe 2.11. Seien z1 = −√3 + 3i und z2 = − 32 + i

√32 .

a) Bestimmen Sie die Polardarstellungen von z1 und z2.

b) Berechnen Sie unter Verwendung der Ergebnisse aus a) die Polardarstel-lungen von z3 = z1z2, z4 = z1

z2und z5 = z122 .

c) Geben Sie z3, z4 und z5 in der Form x+ iy mit x, y ∈ R an.

Aufgabe 2.12. Seien z1 = 2i und z2 = − 4√2+ i 4√

2.

a) Bestimmen Sie die Polardarstellungen von z1 und z2.

b) Bestimmen Sie unter Verwendung der Ergebnisse aus a) die Polardarstel-lungen von z3 = z1z2 und z4 = z1

z2.

Hinweis: Benutzen Sie die Schreibweise mit der Exponentialfunktion.

c) Geben Sie z3 und z4 in der Form x+ iy mit x, y ∈ R an.

d) Zeichnen Sie z1, z2, z3 und z4 in eine komplexe Ebene ein und interpre-tieren Sie die Multiplikation mit z2 und die Division mit z2 geometrisch.

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2.4 Polynome 105

Aufgabe 2.13. In C ist folgende Zahlenmenge gegeben:

M = M1 ∪M2 ∪M3 ∪M4 ,

mit

M1 = {z | z · z = 1} , M2 = {z | z · z = 4 und z − z > 0} ,M3 = {ix |x ≤ −2} und M4 = {z | z2 + 2iz = 2} .

Zeichnen Sie in der Gauss-Ebene die Menge der Zahlen W = { 1z | z ∈M}

Aufgabe 2.14. Bestimmen Sie alle komplexen Wurzeln folgender Zahlen:

a)√8− 15i, b)

3√i, c) 5

√5 + 8i, d) 3

√−2 + 2i.

Aufgabe 2.15. Es seien z1 = 3 − i, z2 = 1 + i und z3 = ei34π, z4 =

√2ei

54π

gegeben. Geben Sie Realteil, Imaginärteil, Argument und Polarkoordinaten-darstellung dieser komplexen Zahlen an. Tragen Sie sie zudem in die komplexeZahlenebene ein und berechnen Sie

a) z1 − 2z2, b) z3 (−z4) , c) z23 + 3z2

in der für Sie angenehmsten Form.

Aufgabe 2.16. Durch die Gleichung |z2 − 1| = 1 wird eine Punktmenge inder Gauss-Ebene bestimmt. Geben Sie diese in der Form z = r(ϕ)eiϕ an.

2.4 Polynome

In nahzu jedem Teilbereich der Mathematik sind Polynome zu finden. Indiesem Abschnitt wollen wir elementare Rechenoperationen für Polynomeund auch numerische Algorithmen für deren Realisierungen auf dem Rechnerformulieren.

Vereinbarung. Wir möchten nicht immer explizit zwischen dem Körper derreellen Zahlen R und dem Körper der komplexen Zahlen C unterscheidenund schreiben für beide Möglichkeiten z ∈ C oder z ∈ R einfach z ∈ K , wirmeinen also beide Körper gleichzeitig.

Definition 2.26 Eine Abbildung Pn : K→ K, n ∈ N0, der Form

Page 30: [Springer-Lehrbuch] Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler || Komplexe Zahlen und Polynome

106 2 Komplexe Zahlen und Polynome

Pn(z) = a0 + a1z + . . .+ anzn =

n∑k=0

akzk, z = x+ iy ∈ K,

ak ∈ K und an �= 0 heißt reelles oder komplexes Polynom n-ten Grades. (Bei reellen Polynomen verwenden wir i. Allg. x alsVariablenbezeichnung).

Mit GradPn := n bezeichnen wir in beiden Fällen den Grad (höchstePotenz), und wir nennen die gegebenen Zahlen ak, k = 0, · · · , n dieKoeffizienten des Polynoms.

Beispiel 2.27

a) P7(z) = iz7 + (2 − 3i)z2 + (3 − 5i) ist ein komplexes Polynom 7-tenGrades.

b) P7(x) = 8x7 + 9x6 + 2x2 + 4 ist ein reelles Polynom 7-ten Grades.

c) P0(z) ≡ 5 ist ein Polynom 0-ten Grades.

d) P (z) ≡ 0 heißt das Nullpolynom und hat keinen Grad.

e) Pn(z) = (1 + z)n =∑n

k=0

(nk

)zk = 1 + nz + 1

2 n(n− 1)z2 + · · ·+ zn istein (komplexes, falls z ∈ C bzw. reelles, falls z ∈ R) Polynom vom Graden (Binompotenz).

Für die Polynome vom Grade ≤ 3 verwendet man folgende Bezeichnungen:

1. P0(z) := a0 heißt konstantes Polynom oder Konstante,

2. P1(z) := a0 + a1z heißt lineares Polynom,

3. P2(z) := a0 + a1z + a2z2 heißt quadratisches Polynom,

4. P3(z) := a0 + a1z + a2z2 + a3z

3 heißt kubisches Polynom.

Wir bezeichnen die Menge der reellen oder komplexen Polynome beliebi-gen Grades mit Π(z) . Gelegentlich unterscheiden wir jedoch zwischen denbeiden Typen, dann schreiben wir bei reellen bzw. komplexen Koeffizientenkonsequenterweise R(z) bzw. C(z) .

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2.4 Polynome 107

Zwei Polynome Pn, Qn ∈ Π(z) desselben Grades heißen gleich, falls ihreKoeffizienten gleich sind, d.h.

Pn(z) :=n∑

k=0

akzk =

n∑k=0

bkzk =: Qn(z) ⇐⇒ ai = bi für i = 0, · · · , n.

Beim sog. Koeffizientenvergleich in späteren Anwendungen wird von derobigen Tatsache Gebrauch gemacht. So gilt z.B.

5z3 + 2z2 + 3z + 7 = (α + 2β)z3 + βz2 + γz + (γ + δ)

⇐⇒ α = 1, β = 2, γ = 3, δ = 4.

Auf Π(z) lassen sich Addition „+“ und Multiplikation „ ·“ ausführen. Dabeidürfen die zu addierenden bzw. zu multiplizierenden Polynome durchaus ver-schiedene Grade aufweisen, zu klären bleibt lediglich der Grad des jeweilsresultierenden Polynoms.

Wir betrachten nun zwei solche Polynome Pn, Qm ∈ Π(z), n �= m i. Allg.,dann definiert man für alle z ∈ K die beiden Operationen

+ : (Pn +Qm)(z) := Pn(z) +Qm(z),

· : (Pn ·Qm)(z) := Pn(z) ·Qm(z).

(2.10)

Dabei werden zwei (oder mehrere Polynome) addiert, indem Terme mit glei-chen Potenzen addiert werden, und multipliziert, indem jeder Term mit jedemmultipliziert wird. Formal lässt sich dies wie folgt ausdrücken:

Sei dazu ohne Beschränkung der Allgemeinheit m < n. Dann

Pn(z) +Qm(z) =∑n

k=0 akzk +

∑mk=0 bkz

k

=∑m

k=0(ak + bk)zk +

∑nk=m+1 akz

k.

Pn(z) ·Qm(z) =(∑n

k=0 akzk)·(∑m

r=0 brzr)

=∑n

k=0

∑mr=0 akz

kbrzr =

∑nk=0

∑mr=0 akbrz

k+r.

Vergleiche die Multiplikation mit (1.15).

Daran erkennt man die resultierenden Grade

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108 2 Komplexe Zahlen und Polynome

Grad (Pn +Qm) = max{GradPn,GradQm},

Grad (Pn ·Qm) = GradPn +GradQm, sofern Pn �= 0 �= Qm.

Beispiel 2.28

a) P3(z) = 2z3 + 2z2 + iz + 1 und Q2(z) = 2z2 + iz + i.

(P3 +Q2)(z) = 2z3 + 2z2 + 4z2 + 2iz + (1 + i)

=⇒ Grad(P3 +Q2) = 3.

(P3 ·Q2)(z) = = (2z3 + 2z2 + iz + 1) · (2z2 + iz + i)

= 4z5 + (4 + 2i)z4 + 6iz3 + (1 + 2i)z2 + (−1 + i)z + i

=⇒ Grad (P3 ·Q2) = GradP3 +GradQ2 = 3 + 2 = 5.

b) P4(x) = x4 + 3x2 + 2 und Q4(x) = −x4 + 2x3.

(P4 +Q4)(z) = 2x3 + 3x2 + 2

=⇒ Grad(P4 +Q4) = 3.

(P4 ·Q4)(x) = = (x4 + 3x2 + 2) · (−x4 + 2x3)

= −x8 + 2x7 − 3x6 + 6x5 − 2x4 + 4x3

=⇒ Grad (P4 ·Q4) = GradP4 +GradQ4 = 4 + 4 = 8.

Polynome genügen den gleichen Axiomen wie Z. So konnten wir auf Z ledig-lich eine Division mit Rest formulieren. Dies ist auch bei Polynomen derFall.

Satz 2.29 (Division mit Rest) Sei Pn ∈ Π(z) mit Pn �= 0. Dannexistieren zu jedem Qm ∈ Π(z) eindeutig bestimmte Polynome D,R ∈Π(z) mit R = 0 oder GradR < GradPn und

Qm(z) = Pn(z) ·D(z) +R(z) ∀ z ∈ K.

Beweisidee. Wir verifizieren, dass a) die Polynome D,R ∈ Π(z) überhauptexistieren und b) diese auch eindeutig bestimmt sind.

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2.4 Polynome 109

a) Existenz. Gilt Qm = 0 oder GradQm = m < n = GradPn, so liegt dertriviale Fall mit D(z) = 0 und R := Qm vor. Es sei also m ≥ n. Dannberechnet man D und R mit dem bekannten Euklidischen Teileralgo-rithmus, den wir hier exemplarisch an einem Beispiel vorführen.

Seien dazu P3(z) := −8z3 + 15z2 − 5 und Q4(z) := 2z4 − 5z3 + 5z − 2,dann lautet die Polynomdivision

(2z4 −5z3 +5z −2) :=P3(z)︷ ︸︸ ︷

(−8z3 + 15z2 − 5) =

=:D(z)︷ ︸︸ ︷− 1

4z +532

2z4 − 154 z

3 + 54z

− 54z

3 + 154 z −2

− 54z

3 + 7532z

2 − 2532

− 7532z

2 + 154 z − 39

32 =: R(z)

Es gilt in der Tat

P3(z) ·D(z) +R(z) = (−8z3 + 15z2 − 5)(− 1

4z +

5

32

)+(− 75

32z2 +

15

4z − 39

32

)= Q4(z) = 2z4 − 5z3 + 5z − 2.

Mit diesem konstruktiven Verfahren können auf ganz analoge Weise diePolynome D(z) und R(z) über einem beliebigen Körper K berechnet wer-den.

b) Eindeutigkeit. Sind D und R ebenfalls Polynome, die das Verlangte leis-ten, so folgt

Pn(z) ·(D(z)− D(z)

)= R(z)− R(z) ∀ z ∈ K

mit Grad (R− R) < GradPn. Wäre D− D �= 0, so wäre im Widerspruchdazu Grad (R − R) = GradPn + Grad (D − D) ≥ GradPn. Also folgtD = D und somit auch R = R.

qed

Für numerische Zwecke kann der Euklidische Teileralgorithmus leicht mitdem folgenden Programm realisiert werden, welches zu den vorgegebenenPolynomen

Page 34: [Springer-Lehrbuch] Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler || Komplexe Zahlen und Polynome

110 2 Komplexe Zahlen und Polynome

Pn(z) :=n∑

k=0

akzk, Qm(z) :=

m∑k=0

bkzk, an, bn �= 0

die beiden Polynome

D(z) :=

m−n∑k=0

dkzk, R(z) :=

∑k

rkzk, GradR < GradPn,

so berechnet, dass folgende Darstellung gilt:

Qm(z) = Pn(z) ·D(z) +R(z).

Wir formulieren nun den versprochenen Algorithmus zur Polynomdivision.

1: Einlesen von n := GradPn; m := Grad Qm; ak mit an �= 0; bk;

2: a := an; k := 1;

3: für j := 0, 1, . . . ,max{n,m} :4: dj := 0; (Ende j)

5: falls (bm = 0) dann

6: wiederhole

7: m := m− 1;

8: bis ((bm �= 0) oder (m = 0)); (Ende falls)

9: falls (bm �= 0 und m ≥ n) dann

10: e := m− n+ 1;

11: wiederhole

12: c := bm−k+1/a; de−k := c;

13: für j := 0, 1, . . . , n :

14: bj+e−k := bj+e−k − c ∗ aj; (Ende j)

15: k := k + 1;

16: bis (k > e). (Ende dann)

Euklidischer Divisionsalgorithmus zur Berechnung von D(z) und R(z)

Nach Ablauf des Programms hat der Algorithmus die gesuchten Koeffizientendk und rk := bk berechnet.

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2.4 Polynome 111

Grundlage für die nun folgenden Überlegungen ist die Division (mit Rest)eines Polynoms Pn ∈ Π(z) durch ein lineares Polynom in der speziellen FormP1(z) := z − z0. Man nennt dieses spezielle P1(z) mit festem z0 ∈ K einenLinearfaktor. Die gestellte Aufgabe wird am effizientesten gelöst durch dassog. Horner-Schema1.

Zunächst einmal liefert das Horner-Schema einen numerisch stabilen Al-gorithmus zur Berechnung des Funktionswertes Pn(z0) für ein gegebenesPolynom Pn ∈ Π(z) in einem festen Punkt z0 ∈ K. Auf Computern ist es we-gen der ungünstigen Fehlerfortpflanzung unvorteilhaft, die Berechnung durchsequentielles Abarbeiten der Darstellung

Pn(z0) = a0 + a1z0 + a2z20 + · · ·+ anz

n0 (2.11)

vorzunehmen. Besser ist es (nach einer Idee von P. Ruffini (1765–1822)aus dem Jahre 1808, die dann 1819 von Horner nochmals unabhängig ent-deckt wurde), die Berechnung durch sequentielles Abarbeiten der folgendenDarstellung (ohne explizite Potenzen) vorzunehmen:

Pn(z0) = [· · · [[(anz0+an−1)z0+an−2]z0+an−3]z0+ · · ·+a1]z0+a0. (2.12)

Die Gleichheit der beiden Darstellungen (2.11) und (2.12) erkennt man so-fort durch Ausmultiplizieren. Man startet mit der Berechnung der innerstenKlammer und schreitet danach sukzessive bis zur Berechnung der äußers-ten Klammer voran. Die Rechenvorschrift (2.12) ist gegenüber (2.11) weitausunempfindlicher hinsichtlich der Fortpflanzung von Rundungsfehlernbei numerischer Rechnung. Betrachten wir z.B.

P100(z) = 30z100 − 8z99 + · · ·+ 1

und beabsichtigen, dieses Polynom an einer Stelle |z0| � 1, z0 ∈ R (d.h. z0 istsehr klein verglichen mit der Zahl 1) auszuwerten, dann sind die führendenTerme des Polynoms sicherlich nahezu identisch (30z1000 ≈ 8z990 ) und eineSubtraktion (vgl. Beispiel 1.91) führt zu erheblichen Stellenauslöschungen.

Ein computergerechter Algorithmus des Horner-Schemas hat folgende Form:

1: Einlesen von ak, z0;

2: p := an;

3: für k := n− 1, n− 2, . . . , 0 :

4: p := ak + z0 ∗ p. (Ende k)

(2.13)

Algorithmus zur Auswertung von Pn(z0)

1 Benannt nach William George Horner, (1786–1837).

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112 2 Komplexe Zahlen und Polynome

Nach Ablauf des Algorithmus hat die Variable p die Wertzuweisung Pn(z0)erhalten.

Wollen wir genau dieselbe Rechnung von Hand auf dem Papier durchführen,so ist es vorteilhaft, die folgende Anordnung zu verwenden. Diese gilt fürbeliebige Polynome Pn ∈ Π(z):

an an−1 an−2 · · · a1 a0

+ + + · · · + +

0 z0bn−1 z0bn−2 · · · z0b1 z0b0

z0 bn−1 ↗ bn−2 ↗ bn−3 · · · ↗ b0 ↗ Pn(z0)

Beachten Sie: Auch verschwindende Koeffizienten ak = 0 müssen in diesemSchema mitgeführt werden!

Beispiel 2.30

a) Es sei das reelle Polynom P4(x) = 4x4 − 3x3 + x − 10 gegeben. Wirberechnen den Funktionswert P4(−3). Hier ist also zu beachten, dass a2 =0 gilt. Wir werten das Polynom an der Stelle x0 = −3 aus.

4 −3 0 1 −100 −12 45 −135 402

x0 = −3 4 −15 45 −134 392 = P4(−3)

b) Wir werten jetzt das komplexe Polynom P4(z) = z4+ iz3+(3+ 2i)z+3ian der Stelle z0 = i aus. Auch hier ist a2 = 0 zu beachten.

1 i 0 3 + 2i 3i

0 i −2 −2i 3i

z0 = i 1 2i −2 3 6i = P4(i)

Wir erkennen an der oben angegebenen Berechnungsvorschrift sehr leicht,dass die Koeffizienten bk gemäß folgender Vorschrift rekursiv definiert sind:

bn−1 := an, bk := ak+1 + z0bk+1, k = n− 2, n− 3, . . . , 0. (2.14)

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2.4 Polynome 113

Die so definierten Koeffizienten bk sind mit der Lösung der folgenden Aufgabeverknüpft: Zu gegebenem Pn ∈ Π(z) ist dasjenige Polynom

Pn−1(z) :=

n−1∑k=0

βkzk

gesucht, für welches die Beziehung

Pn(z) = (z − z0)Pn−1(z) + Pn(z0)

= (z − z0)[βn−1z

n−1 + βn−2zn−2 + · · ·+ β0

]+ Pn(z0)

(2.15)

identisch in z ∈ K erfüllt ist. Ordnen nach gleichen Potenzen in z ergibt dieäquivalente Gleichung

[an − βn−1]zn + [an−1 − (βn−2 − z0βn−1)]z

n−1+

· · ·+ [a1 − (β0 − z0β1)]z + [a0 − (Pn(z0)− z0β0)] = 0.

Diese Gleichung ist genau dann für alle z ∈ K erfüllt, wenn die in eckigenKlammern stehenden Koeffizientenausdrücke vor den z–Potenzen verschwin-den (Methode des Koeffizientenvergleichs mit dem Nullpolynom). Diesführt ganz offenbar auf die Bedingungen

βn−1 := an, βk := ak+1 + z0βk+1, k = n− 2, n− 3, . . . , 0, (2.16)

und schließlich Pn(z0)− z0β0 = a0. Durch Vergleich der beiden Rekursionen(2.14) und (2.16) ergibt sich offenkundig βk = bk ∀ k = 0, 1, . . . , n− 1.

Zusammenfassend haben wir den

Satz 2.31 (Abspaltung eines Linearfaktors) Es sei ein Polynom

Pn(z) :=n∑

k=0

akzk ∈ Π(z) vom Grade n ≥ 1 gegeben, ferner ein fes-

tes Element z0 ∈ K. Es seien bk, k = 0, 1, . . . , n − 1, die gemäß (2.14)mit dem Horner–Schema berechneten Koeffizienten. Dann gilt

Pn(z) = (z − z0)

n−1∑k=0

bkzk + Pn(z0) ∀ z0 ∈ K. (2.17)

Das lineare Polynom z − z0 heiße Linearfaktor.

In Beispiel (2.30) hat also (2.17) jeweils die Darstellung

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114 2 Komplexe Zahlen und Polynome

P4(x) = 4x4 − 3x3 + x− 10 =(x− (−3))(4x3 − 15x2 + 45x− 134) + 392,

P4(z) = z4 + iz3 + (3 + 2i)z + 3i = (z − i)(z3 + 2iz2 − 2z + 3) + 6i.

Aufgaben

Aufgabe 2.17. Berechnen Sie

(x12 + x6 + x+ 1) : (2x4 + 3).

Aufgabe 2.18. Gegeben sei

F (x) =x4 − 2x3 − 2x2 − 2x− 3

x4 − 3x3 − 7x2 + 15x+ 18.

Bestimmen Sie den gemeinsamen Teiler von Zähler und Nenner.

Aufgabe 2.19. Gegeben sei das Polynom P (x) = 6x5 − 2x3 + 3x − 4 undα = 2.

a) Bestimmen Sie P (α).

b) Bestimmen Sie ein Polynom Q1 und eine Zahl c0 mit

P (x) = (x− α)Q1 + c0 .

c) Bestimmen Sie die Entwicklung von P um α = 2.

2.5 Nullstellen und Zerlegung von Polynomen

Wir beginnen mit

Definition 2.32 Ein Element z0 ∈ K heißt Nullstelle des PolynomsPn ∈ Π(z), wenn gilt

Pn(z0) = 0.

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2.5 Nullstellen und Zerlegung von Polynomen 115

Beispiel 2.33

a) P (x) ≡ 0 für jedes z ∈ K.

b) P0 = a �= 0 hat keine Nullstelle.

c) P1(x) = ax+ b = 0 ⇐⇒ x = − b

a.

d) P2(x) = ax2 + bx+ c = 0 ⇐⇒ x1,2 =−b±√b2 − 4ac

2a.

Für a, b, c ∈ R nennen wir Δ := b2 − 4ac die Diskriminante der qua-dratischen Gleichung P2(x) = 0. Damit gilt

Δ = 0 =⇒ P2 hat eine Nullstelle,

Δ > 0 =⇒ P2 hat zwei reelle Nullstellen,

Δ < 0 =⇒ P2 hat zwei komplexe Nullstellen.

Allgemein gilt für a, b, c ∈ R, dass höchstens zwei Nullstellen in K exis-tieren und diese nach der obigen Formel berechnet werden.

e) Für Pn ∈ Π(z), n = 3, 4, gibt es Formeln zur Bestimmung der Null-stellen. Speziell für kubische Polynome sind dies die Cardanischen For-meln (nach Gerolamo Cardano, 1501-1576), welche äußerst unhand-lich und in jeder gängigen Formelsammlung zu finden sind.

f) Die Nullstellen von Polynomen vom Grade n ≥ 5 lassen sich formelmäßignicht mehr erfassen.

Das Existenzproblem von Nullstellen für Polynome vom Grade n ≥ 5 wurde1797 von Carl Friedrich Gauss (1777–1855) in seiner Dissertation gelöst.Daraus resultierte folgende berühmte Aussage:

Satz 2.34 (Fundamentalsatz der Algebra) Jedes Polynom Pn ∈Π(z) vom Grade n ≥ 1 besitzt in C mindestens eine Nullstelle.

Bemerkung. Wir hatten C eingeführt, um darin eine Nullstelle des Poly-noms P2(x) = x2 + 1 zu finden. Nun stellt sich sogar heraus, dass wir durchdiese Erweiterung die Nullstellen aller anderen Polynome gleichermaßen be-kommen. Um Nullstellen von Polynomen zu erhalten, muss der Zahlenbereichüber C hinaus nicht zu erweitert werden.

Page 40: [Springer-Lehrbuch] Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler || Komplexe Zahlen und Polynome

116 2 Komplexe Zahlen und Polynome

Definition 2.35 Ein Element z1 ∈ K heißt Nullstelle der Ordnungoder Vielfachheit k ∈ N von Pn ∈ Π(z), wenn ein Polynom Qn−k ∈Π(z) existiert mit

Pn(z) = (z − z1)k Qn−k(z) ∀ z ∈ K und Qn−k(z1) �= 0.

Mit diesen Begriffsbildungen ergibt sich der

Satz 2.36 (Linearfaktorzerlegung) Sei z ∈ K und sei Pn(z) =n∑

k=0

akzk mit an �= 0, n ≥ 1, ein Polynom aus Π(z). Dann gelten folgende

Aussagen:

1. Sind z1, z2, . . . , zm paarweise verschiedene Nullstellen von Pn(z) mitVielfachheiten k1, k2, . . . , km, so ist Pn(z) teilbar durch

(z − z1)k1(z − z2)

k2 · · · (z − zm)km .

2. Pn ∈ Π(z) hat in K höchstens n Nullstellen, wobei jede Nullstelle sooft gezählt wird, wie ihre Vielfachheit angibt.

3. Pn ∈ Π(z) hat in C genau n Nullstellen.

4. Pn ∈ Π(z) gestattet in C die Linearfaktorzerlegung

Pn(z) = an(z − z1)k1(z − z2)

k2 · · · (z − zm)km ∀ z ∈ C, (2.18)

wobei z1, z2, . . . , zm, m ≤ n, die paarweise verschiedenen Nullstellenmit Vielfachheiten k1, k2, . . . , km sind. Es gilt nach 3., dass n =k1 + k2 + · · ·+ km.

Beweis.

1. Diese Behauptung folgt nach derselben Argumentation wie im Vorspann,indem wir nun mehrere Nullstellen berücksichtigen.

2. Gemäß 1. gilt

Pn(z) = (z − z1)k1(z − z2)

k2 · · · (z − zm)kmQ(z) ∀ z ∈ K, (2.19)

mit 0 �= Q ∈ Π(z) und Q(zj) �= 0 für j = 1, 2, . . . ,m. Somit haben wir

n = GradPn = k1+ k2+ · · ·+ km+GradQ ≥ k1 + k2+ · · ·+ km. (2.20)

Page 41: [Springer-Lehrbuch] Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler || Komplexe Zahlen und Polynome

2.5 Nullstellen und Zerlegung von Polynomen 117

3. Gemäß Satz 2.34 hat Pn ∈ Π(z) mindestens eine Nullstelle z1 ∈ C.Es seien nun z1, z2, . . . , zm bereits alle Nullstellen von Pn(z) mit Viel-fachheiten k1, k2, . . . , km. Dann gilt (2.19). Wäre k1 + . . . + km < n, sowäre nach (2.20) GradQ ≥ 1. Gemäß Satz 2.34 hätte Q eine Nullstellezm+1 �= zj , j = 1, 2, . . . ,m, und wir hätten somit widersprüchlich eineweitere Nullstelle von Pn konstruiert. Also gilt k1 + . . .+ km = n.

4. Aus der Beweisführung von 3. folgt diese Aussage unmittelbar.

qed

Beispiel 2.37 Das Polynom

P6(z) = 3z6 − (15− 6i)z5 + (15− 30i)z4 + (27 + 36i)z3

−(42− 24i)z2 − (12 + 48i)z + 24

hat die Linearfaktorzerlegung P6(z) = 3(z − 2)3(z + 1)(z + i)2, und damit

z1 = 2 ist Nullstelle der Vielfachheit k1 = 3,

z2 = −1 ist Nullstelle der Vielfachheit k2 = 1,

z3 = −i ist Nullstelle der Vielfachheit k3 = 2,

⎫⎪⎪⎪⎬⎪⎪⎪⎭ =⇒3∑

i=1

ki = 6.

Wir formulieren jetzt die Viètaschen Wurzelsätze für die Polynome Pn ∈Π(z) (François Viète (Vièta), 1540–1603).

Ist an ≡ 1 und sind z1, z2, . . . , zn ∈ C die nicht notwendig voneinanderverschiedenen Nullstellen des Polynoms

Pn(z) = 1 · zn +

n−1∑k=0

akzk ∈ Π(z),

so erhält man gemäß (2.18) die Darstellung

Pn(z) = (z − z1)(z − z2) · · · (z − zn)Ausmultipl.

=

n−1∑k=0

Vk(z1, z2, . . . , zn)zk + zn.

Ein Koeffizientenvergleich liefert ak = Vk(z1, z2, . . . , zn), d.h., wir bekom-men formelmäßige Beziehungen zwischen den Koeffizienten ak und denWurzeln z1, z2, . . . , zn des Polynoms Pn(z). Diese Beziehungen heißen dieViètaschen Wurzelsätze.

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118 2 Komplexe Zahlen und Polynome

Beispiel 2.38

a) Für quadratische Polynome gilt z2 + a1z + a0 = (z − z1)(z − z2) = z2 −(z1 + z2)z + z1z2, und somit

a1 = −(z1 + z2), a0 = z1z2.

b) Für kubische Polynome gilt z3+a2z2+a1z+a0 = (z−z1)(z−z2)(z−z3) =

z3 − (z1 + z2 + z3)z2 + (z1z2 + z1z3 + z2z3)z − z1z2z3, und somit

a2 = −(z1 + z2 + z3), a1 = z1z2 + z1z3 + z2z3, a0 = −z1z2z3.

Im allgemeinen Fall n ≥ 2 erhalten wir die folgenden

Viètaschen Wurzelsätze für Pn ∈ Π(z):

an−1 = −n∑

k=1

zk,

an−2 = +

n∑j,k=1j<k

zjzk,

an−3 = −n∑

j,k,l=1j<k<l

zjzkzl,

...

a0 = (−1)nz1z2 · · · zn.

Das Erraten von Nullstellen kann durch die nachstehende Aussage unter Um-ständen vereinfacht werden:

Satz 2.39 Gegeben sei das Polynom n-ten Grades Pn(z) =n∑

k=0

akzk ∈

Π(z), mit an �= 0, n ≥ 1. Dann gilt für jede Nullstelle z1, z2, . . . , zn ∈ Cvon Pn, dass

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2.5 Nullstellen und Zerlegung von Polynomen 119

|zk| ≤ max{∣∣∣ a0

an

∣∣∣, 1 + ∣∣∣ a1an

∣∣∣, . . . , 1 + ∣∣∣an−1

an

∣∣∣}. (2.21)

Beweis. Wir setzen

M := max{∣∣∣ a0

an

∣∣∣, 1 + ∣∣∣ a1an

∣∣∣, . . . , 1 + ∣∣∣an−1

an

∣∣∣}.Dann folgt für |z| > M :

|Pn(z)| ≥ |an|{|z|n −

n−1∑k=1

|akan||z|k − | a0

an|}

≥ |an|{|z|n − (M − 1)

n−1∑k=1

|z|k − M}

≥ |an|{|z|n − (M − 1)

|z|n − 1

|z| − 1− 1

}> |an|

{|z|n − (M − 1)

|z|n − 1

M − 1− 1

}= 0.

Also kann für |z| > M keine Nullstelle von Pn(z) existieren. qed

Beispiel 2.40 Die Abschätzung (2.21) kann sehr grob sein, wie bei

P3(z) = z3 − 6z2 + 11z − 6 = (z − 1)(z − 2)(z − 3)

erkennbar wird. Wir haben hier für die drei komplexen Nullstellen z1 =1, z2 = 2 und z3 = 3 insgesamt die Abschätzung |zk| ≤ 3, während aus(2.21) die Abschätzung |zk| ≤ 12 folgt.

Bisher haben wir uns mit Polynomen aus Π(z) beschäftigt, womit vor-nehmlich die komplexen Polynome gemeint waren und die reellen Polyno-me als Spezialfall von diesen angesehen werden konnten. Insbesondere gel-ten natürlich alle bisher gemachten Aussagen auch speziell für alle PolynomePn ∈ R(x), also für Polynome mit reellen Koeffizienten. Diese nehmen einegewisse Sonderstellung ein, wenn man auch Nullstellen im Erweiterungskör-per C zulässt. Damit wollen wir uns im restlichen Abschnitt beschäftigen.

Satz 2.41 Sei Pn(x) =n∑

k=0

akxk ∈ R(x) ein Polynom n-ten Grades mit

reellen Koeffizienten ak ∈ R, k = 0, 1, . . . , n, an �= 0. Ist z0 ∈ C eine

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120 2 Komplexe Zahlen und Polynome

Nullstelle von Pn(x), so ist auch die konjugiert komplexe Zahl z0 eineNullstelle.

Beweis. Da für ak ∈ R trivialerweise ak = ak gilt, folgern wir aus Pn(z0) = 0,dass

Pn(z0) =

n∑k=0

akzk0 =

n∑k=0

akzk0 = Pn(z0) = 0 = 0.

qed

Folgerung 2.42 bei reellen Koeffizienten.

1. Nichtreelle Nullstellen von Pn ∈ R(x) treten stets paarweise auf: z0, z0 ∈C sind entweder beide Nullstellen oder beide keine Nullstellen.

2. Ist GradPn = 2m+1 eine ungerade Zahl, so hat Pn ∈ R(x) mindestenseine reelle Nullstelle.

3. Ist z0 = x0 + iy0 eine nichtreelle Nullstelle von Pn ∈ R(x), so gilt gemäß(2.18) für alle x ∈ R die Beziehung

Pn(x) = (x− z0)(x− z0)Pn−2(x) = [x2 − 2x0x+ (x20 + y20)]︸ ︷︷ ︸

hat keine reellen Nullstellen

Pn−2(x).

Das heißt, ein Polynom Pn ∈ R(x) lässt sich stets in reelle Linearfakto-ren und reelle quadratische Polynome zerlegen. Letztere sind in R selbstnicht mehr in reelle Linearfaktoren zerlegbar, also

Pn(x) = an(x− x1)(x− x2) · · · (x2 − α1x+ β1) · · · (x2 − αmx+ βm)

für alle x ∈ R mit xj , αj , βj ∈ R und α2j−4βj < 0, d.h. die Diskriminante

ist strikt negativ.

Neben den reellen Nullstellen xj existieren demnach die komplexen Null-stellenpaare z±j := 1

2 (αj ± i√4βj − α2

j ).

Beispiel 2.43 Das reelle Polynom

P6(x) = x6− 3x5 +5x4− 9x3 +8x2− 6x+4 = (x− 1)(x− 2)(x2 +1)(x2 +2)

hat die sechs Nullstellen

x1 = 1, x2 = 2, z±1 = ±i, z±2 := ±i√2.

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2.5 Nullstellen und Zerlegung von Polynomen 121

Eine weitere Hilfestellung für das Erraten von Nullstellen leistet der

Satz 2.44 Hat das Polynom Pn(x) =∑n

k=0 akxk ∈ R(x) mit ganzzah-

ligen Koeffizienten ak ∈ Z ganzzahlige Nullstellen xk ∈ Z, so sind die-se Teiler des Koeffizienten a0, wobei auch die trivialen Teiler ±1, ±a0zugelassen sind.

Beispiel 2.45 Die ganzzahligen Nullstellen des Polynoms

P4(x) = 2x4 − 6x3 − 4x2 + 24x− 16

brauchen nur unter den Teilern von a0 = −16 gesucht zu werden. Als mögli-che Kandidaten müssen die Zahlen

±1,±2,±4,±8,±16

betrachtet werden. Wir nehmen den betragskleinsten Teiler und sehen, dassx1 = 1 als Nullstelle erkannt wird.

Das Abspalten des Linearfaktors x−x1 mit dem Horner–Schema liefertein Restpolynom P3(x) = 2x3 − 4x2 − 8x+ 16.

Ganzzahlige Nullstellen von P3(x) teilen wie vorher den Koeffizienten 16.Die Probe mit den obigen Teilern führt auf die Nullstelle x2 = 2, und nachAbspalten des Linearfaktors x − x2 mit dem Horner–Schema verbleibt dasquadratische Restpolynom P2(x) = 2x2 − 8 = 2(x− 2)(x+ 2).

2 −6 −4 24 −161 0 2 −4 −8 16

2 −4 −8 16 0 = P4(1)

2 0 4 0 −162 0 −8 0

An der Linearfaktorzerlegung des Polynoms

P4(x) = 2(x− 1)(x− 2)2(x + 2)

sind jetzt alle Nullstellen mit ihren Vielfachheiten ablesbar.

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122 2 Komplexe Zahlen und Polynome

Zusammenfassung einiger Tricks.

1. Pn(z) =∑n

k=0 akzk ∈ C(z):

a. a0 = 0 =⇒ z0 = 0 ist eine Nullstelle.

b.∑n

k=0 ak = 0 =⇒ z0 = 1 ist eine Nullstelle.

c. |zk| ≤ max{∣∣∣ a0

an

∣∣∣, 1 + ∣∣∣ a1an

∣∣∣, . . . , 1 + ∣∣∣an−1

an

∣∣∣} für alle Nullstellen

zk ∈ C.

2. Pn(x) =∑n

k=0 akxk ∈ R(z):

a. Ist z0 ∈ C Nullstelle, dann auch z0 ∈ C.

b. GradPn = 2m+1 (ungerade), dann ist mindestens eine Nullstellereell.

c. Sind alle ak ∈ Z, dann sind ganzzahlige Nullstellen Teiler von a0.

3. Führen o.g. Methoden auf eine Nullstelle z0 ∈ K, so wird diese her-ausdividiert, und wir bekommen die Zerlegung Pn(z) = (z−z0)Qn−1.Die Methoden werden jetzt auf das Polynom niedrigeren GradesQn−1 angewendet, solange, bis sich schließlich ein Polynom vom Gra-de Null ergibt.

Einige Anekdoten über Gerolamo Cardano (1501–1576) wollen wir nichtvorenthalten. Er war nicht nur Mathematiker, sondern auch der berühmtesteArzt seiner Zeit. Zu seinen Patienten gehörten Adelige und Könige.

Im Jahre 1545 veröffentlichte er sein Buch Ars magna de Regulis Algebraicus,welches Lösungsmethoden zur Nullstellenbestimmung von Polynomen drit-ten und vierten Grades enthielt. Dadurch entstand ein erbitterter Streit inmehrerer Hinsicht. Einerseits behauptete sein Schüler Ludovico Ferrari(1522–1565), er habe als erster Lösungsmethoden zu kubischen Gleichun-gen gefunden, andererseits behauptete sein Widersacher Niccolo FontanaTartaglia (1499–1557), die Publikation des Buches beruhe nicht nur aufDiebstahl, sondern auch auf einem Meineid. Denn Tartaglia behielt sein Wis-sen über kubische Polynome für sich, um damit mit verschiedenen Berechnun-gen Geld zu verdienen, und so behauptete er, Cardano habe ihm geschworen,die Geheimnisse der Polynome ebenfalls nicht zu verraten. Es gelang Tartag-lia tatsächlich Cardano 1570 in den „Keller der Inquisition“ zu bringen. Der

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2.5 Nullstellen und Zerlegung von Polynomen 123

Erzbischof von Schottland, der Patient von Cardano war, brachte es fertig,diesen zu rehabilitieren.

Damit nicht genug. Cardano gelangte auch durch das Erstellen von Horosko-pen zu großem Ansehen. So behauptete er, die Stunde seines eigenen Todesgenau zu kennen und gab diese auch bekannt. Als er sich jedoch zur vorher-gesagten Stunde am 21. September 1576 bester Gesundheit erfreute, nahmer sich, so wird jedenfalls berichtet, selbst das Leben.

Aufgaben

Aufgabe 2.20. Von

P (x) = x4 +Ax3 +Bx2 + Cx+D ,

mit A,B,C,D ∈ R sei bekannt, dass x1 = 1 + i ∈ C eine doppelte Nullstelleist. Berechnen Sie mit Hilfe dieser Information P (3).

Aufgabe 2.21. Gegeben sei das Polynom

P (x) = x7 + 9x6 + 31x5 + 55x4 + 63x3 + 55x2 + 33x+ 9 .

a) Zerlegen Sie P in (komplexe) Linearfaktoren.

b) Zerlegen Sie P in reelle Linearfaktoren und irreduzible quadratische Po-lynome.

Aufgabe 2.22.

a) Sei P (x) = 3x4 + ax3 + bx2 + cx+ d, a, b, c, d ∈ R.

Bestimmen Sie a, b, c, d ∈ R so, dass P (i) = P (2i) = 0 gilt.

b) Sei a ∈ C eine Lösung von z4 + 4z3 + 6z2 + 4z + 1 = 16.

Bestimmen Sie alle Lösungen von z4 = 15− 4a3 − 6a2 − 4a.

Aufgabe 2.23. Gegeben seien die Polynome

P (x) = x5 − 2x4 − 4x3 + 4x2 − 5x+ 6 und Q(x) = x4 − 3x3 + 3x2 − 2.

a) Bestimmen Sie die reellen und komplexen Nullstellen von P mit Hilfe desHornerschemas.

Page 48: [Springer-Lehrbuch] Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler || Komplexe Zahlen und Polynome

124 2 Komplexe Zahlen und Polynome

b) Bestimmen Sie die reellen und komplexen Nullstellen von Q mit einemVerfahren Ihrer Wahl. Es sei bekannt, dass Q(1 + i) = 0 gilt.

c) Geben Sie jeweils sowohl die reelle als auch die komplexe Faktorisierungan.

Aufgabe 2.24. Bestimmen Sie alle Nullstellen des Polynoms

P (x) = x4 − 2x3 − 2x− 1.

Es sei bekannt, dass P (i) = 0 gilt.

Aufgabe 2.25.

a) Untersuchen Sie die Funktion

f(x) = x5 − 12x4 + 40x3 − 18x2 − 41x+ 30

mit dem Hornerschema auf Nullstellen und geben Sie die Faktorisierungder Form

f(x) = (x− x1)(x − x2)(x − x3)(x − x4)(x− x5)

an. Geben Sie die Vielfachheit der Nullstellen an.Hinweis: Hat eine quadratische Funktion g(x) = x2+bx+c die Nullstellenx1, x2 ∈ ZZ, so gilt immer c = (−x1) · (−x2) und b = −x1 − x2.

b) Bestimmen Sie die Nullstellen von

g(x) = x5 − 2x4 + 2x3 − 4x2 − 3x+ 6

und geben Sie die komplette reelle und komplexe Faktorisierung an.

2.6 Polynominterpolation

Wir wenden uns nun folgender Aufgabenstellung zu: Von einer Funktionf : [a, b] → R, [a, b] ⊂ R, sind lediglich die Funktionswerte an einigenStellen aus dem Intervall [a, b] bekannt. So nimmt z.B. f an den Stellenx0, x1, . . . , xn ∈ [a, b] die Werte y0 = f(x0), y1 = f(x1), . . . , yn = f(xn) an.Die Funktionswerte dazwischen sind nicht bekannt. Gibt es nun eine „einfa-che“ Ersatzfunktion ϕ, die die unbekannte Funktion f in geschlossener Formannähert? Diese Frage führt zu dem

Page 49: [Springer-Lehrbuch] Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler || Komplexe Zahlen und Polynome

2.6 Polynominterpolation 125

Interpolationsproblem. Gegeben seien n + 1 paarweise verschiedeneStützstellen x0, x1, . . . , xn ∈ R und dazu n+1 (nicht notwendig verschie-dene) Stützwerte y0 := f(x0), y1 := f(x1), . . . , yn := f(xn).

Bestimme ein geeignetes Interpolationspolynom ϕ ∈ R(x), das die fol-genden Interpolationsbedingungen

yj = ϕ(xj) ∀ j = 0, 1, . . . , n

erfüllt.

Eine einfache Lösung bietet sich im Falle n = 1:

f(x)

x

y

x0

y0

y1

x1

ϕ(x)

Interpolation durch eine Gerade

Die Funktion f wird im Intervall [x0, x1] durch die Sehne ersetzt; diese istein Polynom vom Grade 1:

ϕ(x) := y0 +y1 − y0x1 − x0

· (x − x0), x0 ≤ x ≤ x1.

Polynome bieten sich wegen ihrer einfachen Möglichkeit der Funktionsaus-wertung durch das Horner-Schema besonders zur Lösung des Interpolati-onsproblems an. Es gilt

Satz 2.46 Zu beliebig vorgegebenen n + 1 Stützpunkten (xj , yj), j =0, 1, . . . , n, mit xj �= xk für j �= k, gibt es genau ein Polynom Pn ∈ R(x),welches die Interpolationsbedingungen erfüllt, nämlich

Pn(xj) = yj ∀j = 0, 1, . . . , n. (2.22)

Dies ist das Lagrange-Interpolationspolynom

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126 2 Komplexe Zahlen und Polynome

Pn(x) :=n∑

j=0

yjLj(x), (2.23)

worin Lj das j–te Lagrangesche Polynom vom Grade n bezeichnetmit der Darstellung

Lj(x) :=

n∏k=0k �=j

(x− xk)

(xj − xk)

=(x− x0) · · · (x − xj−1)(x− xj+1) · · · (x− xn)

(xj − x0) · · · (xj − xj−1)(xj − xj+1) · · · (xj − xn).

(2.24)

Beweisidee.

a) Das Polynom ist eindeutig bestimmt, denn wären Pn, Qn ∈ R(x) zweiPolynome mit der Interpolationseigenschaft (2.22), so hätte das Diffe-renzpolynom P (x) := Pn(x) − Qn(x) mit GradP ≤ n mindestens dien + 1 verschiedenen Nullstellen x0, x1, . . . , xn. Sofern nicht P ≡ 0 ist,widerspricht dies dem Fundamentalsatz der Algebra.

b) Die Polynome Lj aus (2.24) mit GradLj = n haben offenbar die Eigen-schaft

Lj(xk) = δjk :=

⎧⎪⎨⎪⎩1 für j = k,

0 für j �= k.(2.25)

Somit löst das Polynom Pn ∈ R(x) aus obiger Darstellung offenkundigdas Interpolationsproblem.

qed

Beispiel 2.47 Wir bestimmen für n = 2 das Interpolationspolynom P2 ∈R(x) bei Vorgabe der Stützpunkte

xj 0 1 3

yj −1 1 4

Wir berechnen P2 gemäß (2.24) und erhalten

Page 51: [Springer-Lehrbuch] Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler || Komplexe Zahlen und Polynome

2.6 Polynominterpolation 127

L0(x) =(x− 1)(x− 3)

(0− 1)(0− 3)=

1

3(x− 1)(x− 3),

L1(x) =(x− 0)(x− 3)

(1− 0)(1− 3)= −1

2x(x − 3),

L2(x) =(x− 0)(x− 1)

(3− 0)(3− 1)=

1

6x(x− 1).

Setzen wir dies in (2.23) ein, so erhalten wir das gesuchte Interpolationspo-lynom

P2(x) = −1

3(x − 1)(x− 3)− 1

2x(x − 3) +

2

3x(x − 1).

Die entsprechende Summendarstellung lautet

P2(x) =

2∑k=0

ak xk = −1

6x2 +

13

6x− 1. (2.26)

Bemerkung 2.48 Das Lagrange-Interpolationspolynom (2.23) gestattetdie Darstellung

Pn(x) =n∑

j=0

yj(x − xj)

·{ n∏

k=0k �=j

1

(xj − xk)

}︸ ︷︷ ︸

=:λj

·n∏

i=0

(x− xi). (2.27)

Im Falle äquidistanter Stützstellen, d.h., wenn xj := x0 + jh für festesh > 0 und j = 0, 1, . . . , n gilt, dann liest sich (2.27) wie folgt:

λj = 1/ n∏

k=0k �=j

(xj − xk) =(−1)n−j

hnn!·(n

j

). (2.28)

Im Rahmen der numerischen Differentiation (Abschnitt 6.12) werden wir bei-de Darstellungen verwenden.

Das Lagrangesche Interpolationspolynom (2.23) hat den großen Nachteil,dass die Berechnung aller Lj(x) vollkommen neu durchgeführt werden muss,wenn Stützstellen hinzugenommen werden. Dieser Nachteil wird beseitigt,wenn das (eindeutig bestimmte) Interpolationspolynom in der NewtonschenForm wie folgt angesetzt wird:

Pn(x) = c0 +

n∑k=1

ck

k−1∏i=0

(x − xi). (2.29)

Page 52: [Springer-Lehrbuch] Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler || Komplexe Zahlen und Polynome

128 2 Komplexe Zahlen und Polynome

Ausgeschrieben liest es sich als

Pn(x) = c0 + c1(x − x0) + · · ·+ cn(x − x0)(x − x1) · · · (x − xn−1).

Die unbekannten Koeffizienten c0, c1, . . . , cn ∈ R lassen sich prinzipiell ausden Interpolationsbedingungen yj = Pn(xj) ∀ j = 0, 1, . . . , n berechnen. Wirsetzen in das Polynom (2.29) der Reihe nach die Stützstellen x0, x1, . . . , xn

ein und erhalten damit folgendes System von Gleichungen:

Pn(x0) = c0!= y0,

Pn(x1) = c0 + c1(x1 − x0)!= y1,

Pn(x2) = c0 + c1(x2 − x0) + c2(x2 − x0)(x2 − x1)!= y2,

......

...

Pn(xn) = c0 + c1(xn − x0) + · · ·+ cn(xn − x0) · · · (xn − xn−1)!= yn.

Aus der speziellen Gestalt dieses Systems resultieren sofort folgende Vorteileder Newton-Interpolation:

1. Beginnend mit c0 = y0 ergeben sich

c1 =y1 − y0x1 − x0

,

c2 =

y2 − y0x2 − x0

− y1 − y0x1 − x0

x2 − x1,

c3 = . . .

Auf diese Weise können die ck, k = 0, 1, . . . , n, sukzessive berechnet wer-den. Es entstehen weiterhin umfangreiche Brüche mit Differenzen vonbereits berechneten Brüchen.

2. Bei Hinzunahme einer (oder mehrerer) Stützpunkte (xn+1, yn+1) istlediglich ein neuer Koeffizient cn+1 zu berechnen (bzw. eine entsprechendeAnzahl neuer Koeffizienten), während die alten Koeffizienten c0, c1, . . . , cnunverändert bleiben.

Es kommt jetzt also darauf an, ein einfaches und effizientes Verfahrenzur Berechnung der Koeffizienten cj , j = 0, 1, . . . , n, zu konstruieren. DieserAufgabenstellung wenden wir uns jetzt zu mit folgender

Bezeichnung 2.49 Die eindeutig durch n + 1 Stützpunkte (xk, yk), k =0, 1, . . . , n, festgelegten Koeffizienten ck bezeichnen wir mit

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2.6 Polynominterpolation 129

[xk, xk−1, . . . , x0] := ck, k = 0, 1, . . . , n. (2.30)

Mit dieser Notation lässt sich die Berechnung dieser Koeffizienten wie folgtformulieren:

Folgerung 2.50 Die Koeffizienten [xk, xk−1, . . . , x0], k = 0, 1, . . . , nlassen sich mit Hilfe nachstehender Rekursionsformeln (wie oben be-reits angedeutet) berechnen:

[xk] := yk,

[xk, xk−1, . . . , x0] :=[xk, xk−2, . . . , x0]− [xk−1, xk−2, . . . , x0]

xk − xk−1.

(2.31)

Die Summendarstellung von (2.29) liest sich Pn(x) =n∑

k=0

ak xk, mit gewissen

Koeffizienten ak ∈ R. Damit gilt ganz offensichtlich

an = cn = [xn, xn−1, . . . , x0]. (2.32)

Das bedeutet, dass an unabhängig von der Indizierung der Stützstellen xk,und somit [xn, xn−1, . . . , x0] unabhängig von der Reihenfolge besagter Stütz-stellen ist. Folglich gilt beispielsweise der Zusammenhang

[xn, xn−1, . . . , x0] = [xn, x0, xn−1, . . . , x1]

=[xn, xn−1, . . . , x1]− [x0, xn−1, . . . , x1]

xn − x0.

Dies motiviert zur Modifikation der Rekursionsformeln (2.31) in die günsti-gere und endgültige Form, den sog. dividierten Differenzen gemäß

Definition 2.51 Die Koeffizienten ck = [xk, xk−1, . . . , x0], k =0, 1, . . . , n, heißen die den Stützstellen x0, x1, . . . , xk zugeordneten k-tedividierten Differenzen

[xk, xk−1, . . . , x0] :=[xk, xk−1, . . . , x1]− [xk−1, xk−2, . . . , x0]

xk − x0. (2.33)

Page 54: [Springer-Lehrbuch] Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler || Komplexe Zahlen und Polynome

130 2 Komplexe Zahlen und Polynome

Deren Auswertung erfolgt unter Verwendung der Startwerte

[xk] := yk, (2.34)

k = 0, 1, . . . , n, nach folgendem Schema der dividierten Differenzen:

k = 0 k = 1 k = 2 k = 3 k = 4 · · ·

x0 y0 = [x0]

[x1, x0]

x1 y1 = [x1] [x2, x1, x0]

[x2, x1] [x3, x2, x1, x0]

x2 y2 = [x2] [x3, x2, x1] [x4, x3, x2, x1, x0]

[x3, x2] [x4, x3, x2, x1]

x3 y3 = [x3] [x4, x3, x2]

[x4, x3]

x4 y4 = [x4]

...

Die Bearbeitung des Schemas der dividierten Differenzen erfolgt spaltenwei-se von links nach rechts. Die gesuchten Koeffizienten ck, k = 0, 1, . . . , n,des Newton-Polynoms (2.29) stehen in der obersten Schrägzeile als einge-rahmte Größen.

Es gelten beispielsweise folgende Formeln:

[x1, x0] =[x1]−[x0]x1−x0

= y1−y0

x1−x0,

[x2, x1] =[x2]−[x1]x2−x1

= y2−y1

x2−x1,

[x2, x1, x0] =[x2,x1]−[x1,x0]

x2−x0=

y2−y1x2−x1

− y1−y0x1−x0

x2−x0,

[x3, x2, x1] =[x3,x2]−[x2,x1]

x3−x1=

y3−y2x3−x2

− y2−y1x2−x1

x3−x1,

[x3, x2, x1, x0] =[x3,x2,x1]−[x2,x1,x0]

x3−x0=

y3−y2x3−x2

− y2−y1x2−x1

x3−x1−

y2−y1x2−x1

− y1−y0x1−x0

x2−x0

x3−x0,

[x4, x3, x2, x1, x0] = · · ·

Page 55: [Springer-Lehrbuch] Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler || Komplexe Zahlen und Polynome

2.6 Polynominterpolation 131

Bei rechnermäßiger Auswertung dieses Schemas können die sukzessive berech-neten Spalten auf n + 1 Plätzen gespeichert werden. Da nur die Werte derobersten Schrägzeile von Interesse sind, berechnet man die Spalten von untennach oben, so dass am Schluss lediglich die Koeffizienten ck, k = 0, 1, . . . , n,des Newton-Polynoms gespeichert vorliegen.

Algorithmus zur Berechnung der ck:

1: Einlesen von (xk, yk), k := 0, 1, . . . , n;

2: für k := 0, 1, . . . , n :

3: ck := yk; (Ende k)

4: für j := 1, 2, . . . , n :

5: für k := n, n− 1, . . . , j :

6: ck := (ck − ck−1)/(xk − xk−j). (Ende k, j)

(2.35)

Beispiel 2.52 Wir greifen obiges Beispiel 2.47 nochmals auf. Das Newton-Interpolationspolynom erhält die Form

P2(x) = −1 + 2x− 1

6x(x − 1),

welche unmittelbar dem folgenden Schema zu entnehmen ist:

k = 0 k = 1 k = 2

x0 = 0 y0 = −12

x1 = 1 y1 = 1 −1

63

2

x2 = 3 y2 = 4

Die Summendarstellung

P2(x) = −1

6x2 +

13

6x− 1

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132 2 Komplexe Zahlen und Polynome

stimmt wegen der Eindeutigkeit des Interpolationspolynoms natürlich mit obi-ger Lagrange-Darstellung (2.26) überein!

Beispiel 2.53 Wir betrachten die Messwerte

xk 1 2 3 4 6

yk 30 27 25 24 16

Es ergibt sich folgendes Schema:

k = 0 k = 1 k = 2 k = 3 k = 4

x0 = 1 y0 = 30

−3

x1 = 2 y1 = 271

2

−2 0

x2 = 3 y2 = 251

2− 3

40

−1 −3

8

x3 = 4 y3 = 24 −1−4

x4 = 6 y4 = 16

und damit

P4(x) = 30− 3(x− 1) +1

2(x− 1)(x− 2)− 3

40(x− 1)(x− 2)(x− 3)(x− 4).

Beispiel 2.54 Wir nehmen jetzt einen weiteren Stützpunkt

(x5, y5) = (5, 10)

hinzu und erweitern obiges Schema, indem der neue Stützpunkt einfach in dasbereits vorhandene Differenzenschema unten eingefügt wird. Das Newton-Interpolationsverfahren erlaubt diese schnelle Erweiterung um eine oder meh-rere Stützstellen, da keine spezielle Anordnung der xk (z.B. nach numeri-schem Wert) vorgeschrieben ist. Wir haben also

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2.6 Polynominterpolation 133

k = 0 k = 1 k = 2 k = 3 k = 4 k = 5

x0 = 1 y0 = 30

−3

x1 = 2 y1 = 271

2

−2 0

x2 = 3 y2 = 251

2− 3

40

−1 −3

8− 61

120

x3 = 4 y3 = 24 −1 47

24

−4 11

2

x4 = 6 y4 = 16 10

6

x5 = 5 y5 = 10

Das Newton-Interpolationspolynom erhält jetzt die Form

P5(x) = 30− 3(x− 1) +1

2(x− 1)(x− 2)− 3

40(x− 1)(x− 2)(x− 3)(x− 4)

− 61

120(x − 1)(x− 2)(x− 3)(x− 4)(x− 6).

Es wurde lediglich der unterstrichene Anteil an das bereits vorhandene Poly-nom angehängt.

Das Newton-Interpolationspolynom (2.29) gestattet die Darstellung

Pn(x) = [ · · · [[cn(x − xn−1) + cn−1](x− xn−2) + cn−2](x− xn−3) + · · ·· · · +c1](x− x0) + c0.

Somit kann die Berechnung eines interpolierten Wertes Pn(x) für eine belie-bige Stelle x ∈ R (Neustelle) nach einem Horner-artigen Schema erfolgen:

Page 58: [Springer-Lehrbuch] Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler || Komplexe Zahlen und Polynome

134 2 Komplexe Zahlen und Polynome

cn cn−1 cn−2 · · · c1 c0

+ + + · · · + +

0 (x− xn−1)dn−1 (x− xn−2)dn−2 · · · (x− x1)d1 (x − x0)d0

x dn−1↗ dn−2 ↗ dn−3 · · · ↗ d0 ↗ Pn(x)

Damit haben wir folgenden einfachen Algorithmus zur Auswertung des Po-lynoms an einer Neustelle x:

1: p := cn;

2: für j := n− 1, n− 2, . . . , 0 :

3: p := cj + (x− xj) ∗ p. (Ende j)

(2.36)

Von Interesse bei der Lösung des Interpolationsproblems ist auch die Beant-wortung der Frage nach der Größe des Interpolationsfehlers

Fn(x) := |f(x)− Pn(x)| .

Wir können eine leicht nachprüfbare Bedingung für f formulieren, mit derenHilfe der Fehler Fn(x) bequem abgeschätzt werden kann. Dazu folgende

Definition 2.55 Eine Funktion f genügt auf dem Intervall [a, b] ⊂ R

einer Lipschitz-Bedingung, wenn eine Lipschitz–Konstante L > 0existiert, derart dass

|f(x)− f(y)| ≤ L |x− y| ∀ x, y ∈ [a, b]. (2.37)

Polynome genügen auf einem abgeschlossenen Intervall [a, b] ⊂ R stets ei-ner Lipschitz-Bedingung2. Hat das Newton-Interpolationspolynom Pn auf[a, b] die Lipschitz-Konstante M > 0, so gilt für jede Stützstelle xk ∈ [a, b]die Abschätzung

2 Benannt nach dem deutschen Mathematiker Rudolf Otto Sigismund Lipschitz,(1832–1903).

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2.6 Polynominterpolation 135

Fn(x) ≤ |f(x)− f(xk)|+ |f(xk)− Pn(xk)|︸ ︷︷ ︸=0

+|Pn(xk)− Pn(x)|

≤ (L+M) |x− xk| ∀ x ∈ [a, b].

Bei äquidistanten Stützstellen xk mit der Schrittweite h > 0 hat man somitdie Fehlerabschätzung

|f(x)− Pn(x)| ≤ h

2(L+M) ∀ x ∈ [a, b].

Dazu ein abschließendes

Beispiel 2.56 Wir interpolieren die Funktion f(x) = x2 in den Stützpunkten

xk 0 1 2

yk 0 1 4

Es ist keineswegs überraschend, dass auch das Newton-Interpolationspoly-nom die Form P2(x) = x2 hat, also für den Fehler F2(x) ≡ 0 gilt.

Die Lipschitz-Konstanten sind in diesem speziellen Beispiel auf jedem In-tervall [a, b] ⊂ R für f und P2 identisch. So ergibt sich z.B. auf [a, b] = [0, 2]der Wert L = M = 4, da

|x2 − y2| = |(x+ y)(x− y)| ≤ (2 + 2)|x− y|.

Mit h = 1 resultiert daraus die äußerst „grobe“ Fehlerabschätzung Fn(x) ≤ 2.

Deutlich bessere Fehlerschätzer können mit Hilfsmitteln der Differenzialrech-nung formuliert werden. An entsprechender Stelle kommen wir darauf zurück.

Aufgaben

Aufgabe 2.26. Bestimmen Sie für k = 0, . . . , 4 das Lagrange-Interpolations-polynom P5 ∈ R(x) unter Vorgabe der Stützpunkte

xk −2 −1 0 1 2

yk −31 0 1 2 33

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136 2 Komplexe Zahlen und Polynome

Aufgabe 2.27. Berechnen Sie das Newton-Interpolationspolynom mit denStützwerten aus der vorherigen Aufgabe. Nehmen Sie den zusätzlichen Stütz-wert (x5, y5) = (1/2, 33/32) hinzu und berechnen Sie erneut das Interpolati-onspolynom.

Aufgabe 2.28. Bestimmen Sie nach Lagrange und nach Newton die In-terpolationspolynome an den Stützstellen x0 = −1, x1 = 0 x2 = 1 und bei

Hinzunahme der Stützstelle x3 = 1/2 für die Funktionen f(x) =2

1 + x2und

f(x) = cos(πx).

Aufgabe 2.29. Gegeben sei die Funktion f(x) =1

1 + x2.

a) Bestimmen Sie das Newton-Interpolationspolynom P3 mit Hilfe desSchemas für dividierte Differenzen, das in den Punkten x0 = −5,x1 = −1, x2 = 1 und x3 = 5 mit f übereinstimmt.

b) Berechnen Sie den Interpolationsfehler im Punkt x = 0.

c) Erweitern Sie das Schema um die Punkte x4 = −3 und x5 = 3 undbestimmen Sie das entsprechende Interpolationspolynom.

Aufgabe 2.30. Bestimmen Sie für das reelle Polynom P (x) = x4 + x2 aufdem Intervall [a, b] ⊂ R eine passende Lipschitz-Konstante L > 0.


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