Soziologische Erklärungsansätze zuEntstehung und Funktion
des Wohlfahrtsstaates
Seminar: „Soziologie des Wohlfahrtsstaates“bei Prof. Dr. Andreß
Referentin: Vanita Matta
am 22. April 2008
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Gliederung
1. Einleitung2. Erklärungsansätze:
- Funktionalistische Ansätze- Interessen- bzw. konflikttheoretische Ansätze- Institutionalistische Ansätze
3. Funktionen und nicht-intendierten Wirkungen4. Wissensfragen5. Diskussion
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Gliederung
1. Einleitung2. Erklärungsansätze:
- Funktionalistische Ansätze- Interessen- bzw. konflikttheoretische Ansätze- Institutionalistische Ansätze
3. Funktionen und nicht-intendierte Wirkungen4. Wissensfragen5. Diskussion
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Es gibt sehr, sehr viele Faktoren…
DER WOHLFAHRTSSTAAT
ModernisierungKapitalismus
Freier HandelIndustrialisierungBeamtentum
Arbeiterklasse
ReformerKorporatismus
Katholizismus
..deshalb kann man die Ansätze bereits gruppieren (S. 42):
InstitutionalisierungStaatInstitutionalistische Ansätze
KlassenmobilisierungDemokratieInteressen- bzw. konflikttheoretische Ansätze
IndustrialisierungKapitalismusFunktionalistische Ansätze
ProzessStruktur
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Gliederung
1. Einleitung2. Erklärungsansätze:
- Funktionalistische Ansätze- Interessen- bzw. konflikttheoretische Ansätze- Institutionalistische Ansätze
3. Funktionen und nicht-intendierte Wirkungen4. Wissensfragen5. Diskussion
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1. Industrialisierung= Zerstörung traditionaler Lebenszusammenhänge= Wachstum der Bevölkerung= Konzentration der Bevölkerung in Städten u.v.m.
neuartige soziale ProblemeWohlfahrtsstaat wird an Stelle der vorherigen sozialen Sicherungsinstanzen (z.B. Familie, Dorf) gesetzt
Es entstand gleichzeitig ein Bedarf sowie durch das ständige Wirtschaftswachstum die materiellen Ressourcen um den Wohlfahrtsstaat zu etablieren.
Funktionalistisch: Kapitalismus – Industrialisierung
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2. allgemeiner: Modernisierung:Zusätzlich zur Industrialisierung sollen auch kulturelle und politische Faktoren zum Wohlfahrtsstaat geführt haben, besonders:
- Säkularisierung- Demokratisierung
Beide Faktoren hatten historisch sowohl positiven als auch negativen Einfluss auf die Entstehung des Wohlfahrtstaates (aber tendenziell mehr positiven).
Funktionalistisch: Kapitalismus – Industrialisierung
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3. Kapitalismus an sich:- Wohlfahrtsstaat als „Mittel zum Zweck“- der „Zweck“: Aufrechterhaltung der kapitalistischen
Wirtschaftsordnung- das Problem: durch Armut entstehen Unruhen- die Lösung: Wohlfahrtspolitik zur Systemstabilisierung;
d.h. man wählt das „kleinere Übel“(kleinere Akkumulationsbehinderung vs. Systemsturz)
Grundproblem:- Es werden immer wieder neue „Akkumulations-
behinderungen“ notwendig,- die schließlich funktionierenden Kapitalismus verhindern
- „neomarxistische Selbstüberforderungssemantik“
Funktionalistisch: Kapitalismus – Industrialisierung
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Fazit:
Ausdehnung des Wohlfahrtsstaates als ein eigendynamischer, irreversibler Prozess.
„Konvergenzthese“
Funktionalistisch: Kapitalismus – Industrialisierung
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Gliederung
1. Einleitung2. Erklärungsansätze:
- Funktionalistische Ansätze- Interessen- bzw. konflikttheoretische Ansätze- Institutionalistische Ansätze
3. Funktionen und nicht-intendierte Wirkungen4. Wissensfragen5. Diskussion
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Interessen- / konflikttheoretisch: Demokratie – Klassenmobilisierung
1. Demokratisierung / Massendemokratie:Einführung von Wahlen führt per se über den Wettbewerb um die Wählerstimmen zum Wohlfahrtsstaat.
2. Klassenpolitik / Sozialdemokratie- das „sozialdemokratische Modell“- der klassische Konflikt: Lohnarbeit vs. Kapital- Neuauflage durch Demokratie!- 3 wesentliche Faktoren führen zum Wohlfahrtsstaat:
1) Arbeiter sind nun auch Wähler (s.o.)2) politische Organisation der Arbeiterklasse3) der Nachfrageseite, also dem Lohninteresse der Arbeiter
wird Gemeinwohlcharakter zugesprochenArbeit und Kapital kämpfen auf Augenhöhe
- Allerdings: die Anfänge von Sozialversicherungen sind zeitlich vor der Machtentfaltung der Sozialdemokratie gewesen
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3. Risikogruppen / -koalitionen- Kritik an der Überbetonung von Gleichheit im
sozialdemokratischen Modell; nicht überall ist Gleichheit Ziel und Zweck gewesen
- Alternative Sicht: Klassengrenzen überschreitende Risikogruppen und (wechselnde) Risikokoalitionen erkämpfen und errichten Systeme für den Ausgleich ihres jeweiligen RisikosMittelschicht rückt ins Zentrum des Interesses
4. Parteiendemokratie- Kritik am sozialdemokratischen Modell: nicht in allen Ländern
waren es die „Linken“, die den Wohlfahrtstaat vorangetrieben haben
- Alternative Sicht: Nicht die „Arbeiterpartei“ ist wichtig, sondern grundsätzlich, dass es ein Parteiensystem gibt, in dem um die Gunst der Wähler gekämpft wird.
Interessen- / konflikttheoretisch: Demokratie – Klassenmobilisierung
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Fazit:
Ausdehnung des Wohlfahrtsstaates durchinteressenpolitisch motivierte Handlungenvon unterschiedlichen politischen Akteuren
Interessen- / konflikttheoretisch: Demokratie – Klassenmobilisierung
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Gliederung
1. Einleitung2. Erklärungsansätze:
- Funktionalistische Ansätze- Interessen- bzw. konflikttheoretische Ansätze- Institutionalistische Ansätze
3. Funktionen und nicht-intendierte Wirkungen4. Wissensfragen5. Diskussion
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EXOGENFaktoren zwischen verschiedener Staaten
vs.
ENDOGENFaktoren innerhalb eines Staates
Institutionalistisch: Staat – Institutionalisierung
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1. exogen: Staatenwettbewerbz.B. Weltmarktverflechtung Wohlfahrtsstaat wahrscheinlicherz.B. Kriegez.B. zwischenstaatlicher Erfahrungsaustausch oder aber
zwischenstaatliche Konkurrenz
2. endogen: (National-) StaatsbildungAnsätze, die die Handlungsstrategien der staatlichen Eliten fallweise, d.h. länderweise analysieren
z.B. „Zuckerbrot und Peitsche“-Theorie, nach der die frühe Sozialpolitik in Deutschland den Zulauf zu den Sozialdemokraten gerade eindämmen sollte und somit „nicht durch die Arbeiterbewegung, sondern gegen sie realisiert“ wurde (S. 50)
Institutionalistisch: Staat – Institutionalisierung
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3. endogen: StaatsstrukturenZentralisierung, Professionalisierung und Bürokratisierung der Staatsadministration machten den Wohlfahrtsstaat erst möglich.- Rationalisierung der Verwaltung
Organisation von Wohlfahrtsprogrammen wird möglich- Neuordnung der Staatsfinanzen (Steuerstaat)
das Geld ist da und man weiß, wo es herkommt- amtliche Statistik
Wissen, wo Handlungsbedarf besteht und was möglich ist
4. endogen: Rückkopplungseffekte- von vergangenen Richtungsentscheidungen: Pfadabhängigkeit- von den Rahmenbedingungen, die die vorherigen „Politikrunde“hinterlässt, auf die jeweils aktuelle: policy feedback
ABER: erklärt weniger Entstehung als Ausweitung
Institutionalistisch: Staat – Institutionalisierung
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Fazit:
Die Ausdehnung des Wohlfahrtsstaates liegteinerseits am selbstbestimmten Handeln von Staat und
staatlichen Akteuren, aberandererseits auch an der Eigendynamik politischer
Prozesse.
„Die von ihm selbst geschaffenen Institutionen und Strukturen werden [.] zu determinierenden Momenten seiner weiteren Entwicklung“ (S. 54)
Institutionalistisch: Staat – Institutionalisierung
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Gliederung
1. Einleitung2. Erklärungsansätze:
- Funktionalistische Ansätze- Interessen- bzw. konflikttheoretische Ansätze- Institutionalistische Ansätze
3. Funktionen und nicht-intendierte Wirkungen4. Wissensfragen5. Diskussion
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Funktion: WohlfahrtsproduktionSicherung sozialer und materieller Teilhabechancen
Inklusion Gleichheit / Angleichung
Exklusion Neue Ungleichheiten
intendiert:
mitgekauft:
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Funktion: Legitimation
was wird legitimiert: die Autonomie des Staatesgegenüber wem: seinen Bürgern
intendiert: Loyalität der Bürger und Berechtigung der Bürger
Neo-Marxismus: erkaufte „Massenloyalität“„Legitimation durch Verführung“
Neo-Konservatismus: individuelle und kollektiveSelbsthilfepotentiale werdensystematisch ausgetrocknet;Staat sei bevormundendund entmündigend
mitgekauft: Entmündigung d. Bürger und Entpflichtung d. Bürger
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Funktion: Marktregulierung
intendiert:
mitgekauft:
Effizienz
IneffizienzenWettbewerbs-hemmnisse
Wettbewerbs-fähigkeit
nicht-kontraktuellen Voraussetzungen des Kontrakts (Durkheim)
Stichwort „De-Kommodifizierung“
Wohlfahrtsstaat als notwendige Vorbedingung funktionierender Märkte
ABER:- Widerspruch von Gleichheit und Effizienz- Fehlallokationen und Ineffizienzen- Fehlanreize
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In wie weit stimmen Sie der folgenden Aussage zu:„Ich kann die Frage beantworten.“
stimme gar nicht zu ….......stimme eher nicht zu ….....weder noch ……......…......stimme eher zu …....…......stimme voll und ganz zu …
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Wissensfrage 1:
Welche drei Gruppen von Erklärungsansätze zur Entstehung des Wohlfahrtsstaats werden im Text genannt?
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Wissensfrage 2:
Wie wird mit dem funktionalistischen Ansatz versucht, die Entstehung eines Wohlfahrtsstaates zu erklären? (S. 43f.)
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Wissensfrage 3:
Was versteht man unter dem "sozialdemokratischen Modell" des Wohlfahrtsstaates? Welche Kritikpunkte werden im Text an diesem angebracht?Und was ergab sich aus der Kritik?
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Wissensfrage 6:
Lessenich sieht den Wohlfahrtsstaat als Reaktion auf geschwächte vorindustrielle Sicherungsinstanzen. Wie sehen diese konkret aus?
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Wissensfrage 7:
Wieso ist der Begriff "Wohlfahrtsstaat" nach Lessenich besser geeignet als der Begriff "Sozialstaat"?
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„Der Wohlfahrtsstaat [...] trockne[t] systematisch die individuellen und kollektiven Selbsthilfepotentiale aus“(S. 63f.)
Ja, stimmt.
Wir sollten die Menschen in Deutschland stärker fordern. Dann werden sie auch in der Lage sein sich selbst zu helfen. Viele erhalten nämlich Transferleistungen obwohl sie diese gar nicht brauchen.
Nein, stimmt nicht.
Die Menschen die Leistungen erhalten, bekommen diese Hilfen, weil sie diese brauchen. Ohne sie würde es noch ungerechter zugehen in unserem Land.
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Welche Erklärung zum Ursprungs des Wohlfahrtsstaates findest du überzeugender und warum?
Funktionalismus
d.h. Wohlfahrtsstaat als systemstabilisierende Politik zur Erhaltung der Marktwirtschaft
Sozialdemokratisches Modell
d.h. Wohlfahrtsstaat als teilweise-Einlösung des Gleichheitsversprechens durch die mobilisierten Arbeiter
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Inklusion geht nicht ohne gleichzeitige Exklusion.Wo sollten die Grenzen gezogen werden? Wer wird momentan ausgeschlossen, der eigentlich integriert werden sollte?
Anfang der Diskussion:Sollten wir das Geburtslandprinzip für die deutsche Staatsbürgerschaft einführen so wie es in Frankreich praktiziert wird?