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Smart City - SUISSEDIGITAL · Smart City ist als Schlagwort längst etabliert, aber in der...

Date post: 20-Jun-2020
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EINE EINFÜHRUNG – PETER SENNHAUSER SMART CITY SUISSEDIGITAL in Zusammenarbeit mit der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich
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Page 1: Smart City - SUISSEDIGITAL · Smart City ist als Schlagwort längst etabliert, aber in der Realität noch nicht ganz angekommen. Was kommt auf uns zu? Was steht hinter dem Begriff?

– E I N E E I N F Ü H R U N G –

P E T E R S E N N H A U S E R

S M A RT C I T Y

SUISSEDIGITAL in Zusammenarbeit mit der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich

Page 2: Smart City - SUISSEDIGITAL · Smart City ist als Schlagwort längst etabliert, aber in der Realität noch nicht ganz angekommen. Was kommt auf uns zu? Was steht hinter dem Begriff?

Smart City ist als Schlagwort längst etabliert, aber in der Realität nochnicht ganz angekommen. Was kommt auf uns zu? Was steht hinterdem Begriff? Und welche Chancen und Risiken wird uns die Smart Citybieten?

Wir freuen uns, Ihnen mit diesem Buch Hintergrundwissen vermittelnzu können, und wünschen Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre.

In der gleichen Reihe ist ausserdem 2017 die Publikation «Das Internetder Dinge» auf Deutsch und Französisch erschienen. Es kann bezogenwerden unter der URL: https://www.suissedigital.ch/suissedigital/the-men-publikationen-schulungen/weitere-publikationen/.

SUISSEDIGITALVerband für Kommunikationsnetzewww.suissedigital.ch

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© 2018 – CC-BY-NC-ND (Werk), CC-BY-SA (Texte)

VVerlag & Produktion:erlag & Produktion: buch & netz, buchundnetz.com

HerHerausgeberausgeber:SUISSEDIGITAL und HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich

TTextext:Peter Sennhauser, Swissreporter GmbH, http://www.swissreporter.ch/

FFachliche Berachliche Beratung:atung:Ali Soy, Digital Republic, https://digitalrepublic.ch/

AbbildungenAbbildungen: hellermeier, http://hellermeier.ch/

Umschlaggestaltung:Umschlaggestaltung: gestalt kommunikation, http://www.gestalt.ch/

ISBN:ISBN: 978-3-03805-271-5 (PDF), 978-3-03805-272-2 (ePub),978-3-03805-273-9 (mobi), 978-3-03805-274-6 (Booklet)

VVersion:ersion: 1.04 – 20181204

Dieses Werk ist als buch & netz Online-Buch und als eBook in ver-schiedenen Formaten verfügbar. Weitere Informationen finden Sieunter der URL: http://buchundnetz.com/werke/smartcity. Zu denUrheberrechten und Nutzungsbedingungen beachten Sie bitte die ent-sprechenden Hinweise am Schluss des Buches.

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Inhalt

SUISSEDIGITAL und die Smart City

Zusammenfassung

1Was heisst eigentlich «smart»?

9Lebendige Gebilde

15Smarte Szenarien

1Lebensraum der Zukunft5Von heute auf morgen?6Konnektivität ist die Voraussetzung

9Utopia heisst «nirgendwo»11Geprägt von Menschen13Smart ist überall anders

15Big Data in der Stadt17Das ganze Leben19Smart heisst vernetzt

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23Der Daten-Marktplatz

29Die Schichten der Smartness

33Wem gehören die Daten?

39Die Gefahren

43Am Anfang steht der Plan

51Glossar

61Peter Sennhauser

63Institute for Digital Business

65buch & netz

67Urheberrechte und Nutzungsbedingungen

23Das Öl der digitalen Gesellschaft24Alle haben Daten25Austausch dient allen

29Eine Definitionsfrage30Infrastrukturbetrieb als Innovatoren31Die Stadt ist das Fundament

33Ohne Vertrauen keine Smartness34Viel Privatsphäre oder viel Nutzen35Vom Humanismus zum Dataismus

39Der fremdgesteuerte Mauszeiger40Eingebaute Sicherheit42Blockchain, zu Diensten!

43Algorithmen sind auch nur Werkzeuge44Smart City ist keine Grossstadt46Transformation in sechs Schritten

63Allgemein63Mission63Angebot

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SUISSEDIGITSUISSEDIGITAL unAL und died dieSmarSmart Citt CityySUISSEDIGITAL ist der Wirtschaftsverband der Schweizer Kommuni-kationsnetze. Ihm sind rund 200 privatwirtschaftlich wie auch öffent-lich-rechtlich organisierte Unternehmen angeschlossen, die etwa 2.4Millionen Haushalte mit Radio, TV, HDTV, Internet, Telefonie und wei-teren Angeboten versorgen.

Die im Verband vereinigten Unternehmen verfügen über eine hervor-ragende Kommunikationsinfrastruktur. Diese ermöglicht es ihnen, imhart umkämpften Telekommunikationsmarkt zu bestehen. Jedoch istin den angestammten Märkten Fernsehen, Internet und Telefonie nurnoch ein begrenztes Wachstum möglich, da diese weitgehend gesättigtsind. Es stellt sich deshalb die Frage, wie auf der Basis der bestehendenKommunikationsinfrastruktur neue Geschäftsfelder erschlossen wer-den konnen.

Vor diesem Hintergrund befasst sich SUISSEDIGITAL verstärkt mit ver-schiedenen Themen der Digitalisierung. Ein besonders interessantesund zukunftsträchtiges Thema ist die “Smart City”, welche das Lebenin den Städten und auch Dörfern grundlegend verändern wird. Dievorliegende Publikation entstand auf Initiative von SUISSEDIGITALund in Zusammenarbeit mit der HWZ Hochschule fur WirtschaftZürich. Sie soll das Thema auf verständliche Art und Weise ausleuch-ten.

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ZZusammusammenfenfassunassunggUnsere Vorstellung einer smarten Stadt gründet auf viel «Science», sieist aber dennoch grösstenteils «Fiction». Städte sind lebendige Orga-nismen, sie sind jedenfalls in Europa über Jahrtausende gewachsenund haben sich laufend den aktuellen Bedürfnissen angepasst. Dankder Digitalisierung verfügen wir heute über die Technologie, umunsere Lebensräume weitaus effizienter und lebensfreundlicher zugestalten, Probleme des Wachstums zu lösen und zugleich die Umweltzu entlasten. Der Grundstoff dafür sind Daten; die Methoden sind Ver-netzung und Erkenntnisgewinn, und das Fundament sind die Netzeder Stadt, die sozialen ebenso wie die Kommunikations-, Energie- undMobilitätsinfrastruktur. Darauf können Konzepte aufbauen, die ausder lebendigen Stadt eine intelligente machen. Dabei handelt es sichnicht um ein terminierbares Projekt, sondern um eine langfristige undidealerweise zyklische Entwicklung, die angestossen werden muss.Voraussetzung ist die Verfügbarkeit von Daten, die durch die Stadt, vonihren Bewohnern und den Anbietern von Dienstleistungen generiertwerden. Die logische Verknüpfung dieser Daten führt zu immer neuenund immer besseren Erkenntnissen, bis hin zu Prognosen. Im Zentrumdes neuen Daten-Ecosystems steht ein Orchestrator, der das Datenma-terial in einer Art Börse Interessierten und berechtigten Dienstleisternzugänglich macht. Deren Innovationen werden alle Lebensbereichevom Verkehr über die Gesundheit und Bildung bis zu Gewerbe undArbeit erfassen. Sie setzen deshalb die Zustimmung und die Mitge-staltung der Bewohner voraus. Der Stadt kommt im Zusammenspieldie Aufgabe zu, Leitplanken zu setzen, die zugrundeliegende Infra-struktur bereitzustellen und mit einer angemessenen Planung dafür

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zu sorgen, dass das Ziel immer den Menschen dient. Mit den richtigenPartnern können diese Schritte auch von kleineren Kommunen ange-gangen werden: Smartness hat nichts mit Grösse zu tun.

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WWas has heisst eigentliceisst eigentlichh«smar«smart»t»??

Lebensraum der Zukunft

Der Mann hat grosses Glück: Er bricht just auf dem Trottoir vor derBaustelle zusammen, wo eine kleine Gruppe von Ingenieuren soebendas grösste neu montierte Fassaden-Solarkraftwerk des Quartiersinspiziert. Geistesgegenwärtig löst eine der Technikerinnen mit einemDoppeltippen der Erstehilfe-App auf dem Smartphone des Patienteneinen Notruf aus. Dieser übermittelt die Vitaldaten des Besitzers derletzten Stunde, seine genauen GPS-Koordinaten, den Einmal-Schlüssel,mit dem der Notarzt auf das zentrale Gesundheitsdossier des Patientenzugreifen kann – und ordert eine Drohne mit Defibrillator aus demnächstgelegenen Depot zum Anflug.

Diese bahnt sich binnen 40 Sekunden ihren Weg durch den mit Paket-drohnen beschwärmten Himmel: Per Funksignal zwingt sie dasOnline-Shoppinggut, die Pizze und Döner-Boxen der Lieferdrohnenauf einen höheren oder tieferen Fluglevel.

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Abbildung 1: Die Smart City: Alles ist vernetzt und optimiert.

Unten auf der Strasse legt sich der autonom fahrende Krankenwagenim zentralem Verkehrsleitsystem eine freie Trasse – das heisst, er steu-ert die übrigen vernetzten Fahrzeuge mit kaum bemerkbaren Aus-weich-, Abbrems- oder Beschleunigungsinstruktionen aus seinemdirekten Weg. Eine Gefahrenquelle sind so nur noch Fussgänger unddie in der ganzen Stadt ausleihbaren E-Bikes. Erstere werden durchBlaulicht-Stroboskope gewarnt: So, wie sich die Gehsteigbeleuchtungnachts dank Sensoren an den Masten mit jeder Fussgängerin entlangderen Weg einschaltet, eilt das Blaulicht dem Krankenwagen auf sei-ner Strecke voraus. E-Bikes hingegen werden vom Leitsystem miteinem sanften Bremsmöver zu einem kurzen Stillstand gezwungen,sofern sie den Weg des Krankenwagens kreuzen.

E-Bikes und Scooter sind die letzte Form des Individualverkehrs in derSmarten Stadt. Fahrergesteuerte Autos sind vor Jahren aus der Kern-zone verbannt worden; Ampeln, Verkehrsinseln und andere Signalewurden entfernt und durch das zentrale Verkehrsleitsystem ersetzt,

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dem alle E-Fahrzeuge in der Stadt via 6G-Mobilfunknetz angeschlossensind. Die Fahrzeuge stehen so im ständigen Kontakt mit allen anderenund organisieren sich selber die ideale Route je nach Verkehrsaufkom-men, Passagierrufen (im Falle der Ruftaxis) oder virtuellen Fahrverbo-ten.

So lassen sich autofreie Zonen jederzeit und überall einrichten, zeitlichbeschränkt, wo sie sinnvoll sind. Staus und hohe Stickoxid-Werte sindein Ding der Vergangenheit. Ebenso Parkplatzprobleme: Egal ob dieAutos zu den öffentlichen Ruftaxis, einer der Genossenschaften odereiner Privatperson gehören, die sich mit AirBnB den Urlaub und mitCarsharing (direkt im Ruftaxi-Dienste des Verkehrsleitsystems derstädtischen Verkehrsbetriebe) den Unterhalt des autonom fahrendenWagens finanzieren: Ihre Betriebszeit ist von knapp 3 Prozent desTages in den 10er Jahren auf 65% Prozent und die Auslastung von 1.6Personen auf 2.8 angestiegen. Die Sharing-Economy hat sich gesell-schaftlich durchgesetzt.

Nachts fahren die ungenutzten Autos selbständig auf die freienPark&Ride-Plätze vor dem Stadtzentrum, die tagsüber Touristen undPendlern in selbstgesteuerten Fahrzeugen anfahren, und laden dortinduktiv ihre Akkus auf. Der elektrische Strom für ihre Leistung wirdtagsüber von den Millionen Quadratmetern Solarzellen auf Dach- undFassadenfläche gewonnen, welche die ganze Stadt überziehen. DasElektrizitätsnetz dient als virtueller Speicher und ist in beide Richtun-gen nutzbar: Einspeisung von Strom wird eins zu eins abgegolten mitdem Bezug. Werbung ist auf dem Strassenlevel inzwischen genausoindividuell angepasst wie im Internet – die interaktiven Plakatwändeerkennen die Passanten dank Smartphone-Verbindung und zeigeninteressenbasierte lokale Informationen, Sonderaktionen und Ange-bote an.

Die Gesellschaft ist längst zu einem 24-Stunden-Betrieb übergegangen,in dem Arbeits- und Unterrichtszeiten laufend den Bedürfnissen derArbeitskräfte, den gemessenen Verkehrsströmen und anderen Fakto-ren wie Wetter oder Licht angepasst werden. Schulen, Firmen undTagesheime im Quartier richten ihre Blockzeiten mit einer ständigen

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virtuellen Terminabstimmung aufeinander aus: Die Pendlerströmewerden auf eine gleichmässige und optimierte Nutzung der Verkehrs-mittel ausgerichtet. Wer zudem seinen persönlichen Kalender (selbst-redend pseudonymisiert und auf die Wegstrecken reduziert) mit demLeitsystem der Stadt teilt, wird mit Vergünstigungen belohnt: Er hilft,die Verkehrsflüsse zu optimieren.

Abweichungen des Bewegungsprofils vom Kalender lassen auch dieVerfolgung von Grippewellen, deren geografische Ausbreitung unddamit entsprechende Vorsorgemassnahmen zu. In den Ruftaxis wirddie Desinfektion der Türgriffe erhöht, an den Schulen werden Hand-sprays verteilt und die Textil-Handtücher vorübergehend durch eineAktivierung der Papierspender ersetzt. Ebenso kann die Grau- undAbwasseraufbereitung der Stadt (Stickstoffdünger für das Urban Far-ming, Brauchwasser für Spülung und Bewässerung) auf einen erhöh-ten Anfall von Medikamentenspuren und deren Filterung vorbereitetwerden.

Einbrüche und andere geplante Verbrechen gibt es kaum mehr.Alarmanlagen sind nicht nur mit den Einsatzkräften, sondern unter-einander vernetzt: Schlägt ein Sensor an einer Wohnungstür odereinem Balkonfenster Alarm, dann schalten sich alle Kameras, Mikro-fone und Infrarot-Scheinwerfer der näheren Umgebung für einenbestimmten Zeitraum ein. Bestätigt sich der Verdacht eines Eindrin-gens, dann schlägt das Gesamtsystem Alarm und benachrichtigt Woh-nungsinhaber und Polizei, andernfalls gehen alle Geräte zurück in denStandby-Modus und löschen das aufgezeichnete Material.

Strategisch über das Stadtgebiet verteilt montierte akustische Senso-ren schlagen Alarm, wenn sie ein in der Profildatenbank abgelegtesGeräusch wahrnehmen: Pistolenschüsse, Fahrzeugunfall, Hilferufeoder auch splitterndes Glas. Das System berechnet per Triangulationdie Position des Ereignisses und schickt eine Polizeistreife dorthin.

Nach einem Pilotversuch ist das akustische Netz auch für andereAnwendungen geöffnet worden – inzwischen erkennt es die Rufe von

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Wanderfalken und legt ein Echtzeit-Verzeichnis der Nistplätze derVögel an.

Derlei Zweit- und Drittnutzungen von Sensornetzen oder Telemetrie-Daten werden in der gesamten smarten Stadt gefördert: Damit könnendie Besitzer der Anlagen ihre ursprüngliche Investition durch die Ver-mietung an Dritte amortisieren. Umgekehrt steht innovativen Unter-nehmen der Pool an Wissen und Anlagen zur Verfügung, um weiteresmarte Dienstleistungen zu entwickeln und anzubieten. Das allesgeschieht im Rahmen der Data Governance der Stadt, welche die Auf-sicht über die Datennutzung und die Informationsbörse innehat.

Wird die Stadt der Zukunft so aussehen? Oder ist das nur das Bild, dassich uns in Jahrzehnten der Vorbereitung durch Science-Fiction ausHollywood, Youtube und IT-Werbung eingeprägt hat?

Von heute auf morgen?

Die Einführung der individuellen Heizkostenabrechnung in Mietshäu-sern ab 1991 bedingte in der Schweiz die Installation von Messgerätenan Millionen von Heizkörpern. Sie liefern ein einziges Datum – denkontinuierlich gemessenen Energiewert. Und sie dienen einem einzi-gen Zweck: Der Aufteilung der zuvor von der Hausgemeinschaft getra-genen Heizkosten auf die Verursacher. Das Ziel? Eine Einsparung von10 Prozent der vormals benutzten Heizenergie.

Vergleichen wir das mit den Versprechungen der Effizienzgewinnedurch Smart Cities, wie wir sie jetzt in den Medien antreffen – 70Prozent weniger Verkehr, 30 Prozent weniger Energieverbrauch, völ-lige CO2-Neutralität, Halbierung von Stromverbrauch, Abwasser- undAbfallmenge und Parkplatzfläche: Spätestens dann taucht die Frageauf, wie rasch das umsetzbar sein wird.

Tatsache ist, dass unsere Städte heute genauso wenig homogen«modern» sind, wie sich das unsere Grosseltern anhand der Bilder inden Illustrierten vorgestellt haben. Nicht nur der Zentralstaubsaugerin den Häusern hat sich nicht durchgesetzt; es verfügt noch nicht ein-

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mal jede Wohnung über einen Balkon, jedes Mietshaus über einen Liftoder jedes Quartier über versenkbare Recycling-Container.

Neu ist allerdings, dass die Voraussetzungen für eine sich ständiganpassende und effizientere Stadt in einem Gesamtkonzept und basie-rend auf der Digitaltechnologie geschaffen werden können. DiesesKonzept heisst «Smart City». Und es wird von der UNO, von Nationenund von eigens gegründeten Verbänden, Konsortien und Arbeitsge-meinschaften vorangetrieben. Was genau die Smart City ist, darüberherrscht zwar noch keine absolute Einigkeit. Woraus ihr Fundamentbesteht, das ist allerdings klar. Es ist ein Rohstoff, der heute leichterbeschafft, leichter transportiert und leichter nutzbar gemacht werdenkann als je zuvor: Daten.

Konnektivität ist die Voraussetzung

Der Wille zum Fortschritt, zu neuen Lösungen steigt mit dem Lei-densdruck, den die Probleme verursachen. Stau und Wartezeit in denStädten lässt die Schweizerinnen und Schweizer auf den öffentlichenVerkehr umsteigen; dessen Überlastung lässt die Zahl der E-Bike-Besit-zer und der Teilnehmer an den diversen wie Pilze aus dem Bodenschiessenden E-Bike- und Scooter-Sharing-Programme explodieren.

Die Stadt reagiert mit Echtzeit-Fahranzeigetafeln für Bus und Tramund einem Parkplatz-Leitsystem inklusive Smartphone-App. Kaum einstädtischer Verkehrsbetrieb, kaum ein Tiefbau-Departement, dasheute nicht irgendwelche solche Tools anbietet. Nur ist jedes vonihnen eine eigenständige, isolierte und anders zu bedienende Lösung.Das muss und wird sich ändern.

Wenn nämlich statt isolierter Parkplatz-Leitsysteme in den Städtenund Gemeinden die Kräfte gebündelt, die Daten konzentriert verwaltetund allen Interessierten zugänglich gemacht werden, entsteht weitmehr als eine einfachere, weil einheitliche Anwendung. Durch denZusammenschluss und die Analyse der Daten kann eine grössere Per-spektive gewonnen werden: Wie wenn man einen Schritt zurückmachen und die Stadt in ihrem grösseren Zusammenhang statt nur

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das Parkplatzwesen betrachten würde. Als Bedingung ist dabei dieVerbindung der Datensammler mit den Datenverarbeitern zu sehen.Sie muss technisch und organisatorisch hergestellt werden. Die Infra-struktur dafür ist in den hochwertigen Kommunikationsnetzen derSchweizer Gemeinden gegeben; Verbände wie SUISSEDIGITAL stellenauf der weiteren Ebene sicher, dass sich Partner finden können. Sei esfür die Initialisierung von Smart-City-Projekten oder für die konkreteZusammenarbeit in der Umsetzung.

Kooperation ist der Schlüssel zum Erfolg, in der Planung wie auf langeSicht im Betrieb. Generell gilt: Erst in der Verknüpfung verschiedens-ter Informationen lassen sich wirklich neue Einsichten gewinnen undProbleme aus der Welt schaffen, für die es bisher keine Lösung zugeben schien. Künstliche Intelligenz kann dabei helfen. Die wird leis-tungsfähiger, je mehr Datenmaterial für ihr Selbsttraining zur Verfü-gung steht: «Die Entwicklung künstlicher Intelligenz gleicht dem Baueiner Rakete: Man braucht einen riesigen Motor und gigantische Men-gen Treibstoff. Der Raketenmotor ist der selbstlerndende Algorithmus,aber der Treibstoff besteht aus den riesigen Datenmengen, mit denenwir die Algorithmen füttern müssen», sagt Technologiejournalist undVerleger Kevin Kelley. Erst diese Philosophie macht das Parkplatz-Leit-system, das smarte Haus der Müllers oder die CO2-Sensoren der Uni-versität zu Bausteinen der smarten Stadt: Wenn sie Daten oder garEinsichten als Rohstoff für ganz andere Dienste liefern und gleich-zeitig selber auch von den andernorts erhobenen Daten lernen kön-nen. Wenn die Ausfallstrassen nach einem Event bei plötzlicher Lee-rung der Parkhäuser längere Grünphasen schalten würden? Wennbei übermässiger Abgas-Belastung einzelne Quartierstrassen für denDurchgangsverkehr gesperrt und die Lüftung von Schul- und anderenInfrastrukturen vorübergehend ab- oder umgeschaltet würde? Daswäre smart.

Es setzt zwei Dinge voraus: Den Willen, die gesammelten Daten alsmultidimensionalen Rohstoff anzuerkennen und mit geeigneten Res-sourcen zu analysieren. Und die Infrastruktur, um sie in Echtzeit undzu realistischen Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Die Grundla-gen dafür sind in der bestens vernetzten Schweiz mit ihrer hochwer-

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tigen Infrastruktur vorhanden. Und die Zusammenarbeit der Infra-struktur-Inhaber ist, wie der Verband SUISSEDIGITAL zeigt, eine funk-tionierende Grundlage, um mit den richtigen Partnern den Schritt indie smarte Zukunft zu wagen.

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LLebenebendige Gebildedige Gebilde

Utopia heisst «nirgendwo»

«Am Hafen haben wir sogar ein Zentrum der bildenden Künste, soikonenhaft wie das Opernhaus in Sidney», preist Jonathan Thorpedie Errungenschaften der smarten Stadt Songdo in Südkorea: Der US-Amerikaner ist Vizepräsident der Immobilienentwicklungsfirma Gale,unter deren Ägide die Zukunftsstadt Songdo entsteht. «Eine Stadt wieein Computerchip», titelte die Sonntagszeitung; «eine Geisterstadt wieChernobyl», rapportiert die «Dailymail». Der Retorten-Vorort des hoff-nungslos überfüllten Seoul, vor fünfzehn Jahren in einer Aufschüttungals modernste Stadt der Welt mit einem Investitionsvolumen vonknapp 40 Milliarden Dollar lanciert, hat vieles zu bieten, was eineSmart City gemäss Klischee ausmacht: Eine Rohrpost für den Kehricht,ein automatisiertes Verkehrskonzept, Parks und eine künstlicheWaterfront. Die Bewohner der Kondos haben per Smartphone Kon-trolle über die Energieflüsse in ihren Wohnungen und können diemeisten Besorgungen zu Fuss erledigen. Ein Bürgerforum im Netznimmt jederzeit Anregungen und Reklamationen entgegen. «Im Inter-net, nicht von Angesicht zu Angesicht», erklärt eine Einwohnerin:«Anfangs fühlte sich das alles etwas kühl an.»

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In der Tat hat die als Gesamtkonzept erbaute Stadt bisher erst 100’000der einst geplanten 300’000 Einwohner anziehen können, obwohl esan nichts mangelt – selbst Wassertaxis gebe es auf dem «venedig-ähn-lichen Kanal» im Central Park, schwärmt der Amerikaner Thorpe. Wasdie Einwohner aber laut Medienberichten fast einhellig vermissen,ist das Leben und die Atmosphäre einer gewachsenen Stadt. Songdoscheint alles zu haben – ausser einer Seele.

Abbildung 2: Die meisten Städte haben eine lange und bewegteGeschichte.

Städte sind nicht einfach die Infrastruktur-Lieferanten, als die sie inder technokratischen Welt des Silicon Valley gesehen werden. Sie sindbisweilen Tausende von Jahren alt und nach Kriterien gewachsen, dieheute nur noch Archäologen mit grossem Aufwand entschlüsseln kön-nen: Die Aufteilung von Quartieren nach Berufsgruppen in mittelalter-lichen Städten etwa macht nach aktuellen Prinzipien der effizientenVersorgung einer Stadt mit den Produkten des betreffenden Gewerbeskaum Sinn. Damals standen andere Kriterien im Vordergrund. Bei der

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Gestaltung ihres Lebensraums ging es den Bewohnern aber zweifel-los immer um optimale Lebensbedingungen, beste Wirtschaftsvoraus-setzungen und grösste Sicherheit. Nur muss das nicht immer mit denInteressen der Stadt als Ganzem einhergehen.

Versuche, die ideale und optimierte Stadt zu entwerfen, hat es dabeischon immer gegeben. Thomas Morus begriffsstiftendes Buch «Uto-pia» war nicht der letzte und sicher nicht der erste Versuch, eine sol-che «ideale» Gesellschaft zu beschreiben. Und schon im 16. Jahrhun-dert hat Morus mit der Namenswahl «Nicht-Ort» signalisiert, dass eran die Umsetzung eigentlich nicht glaubt – und damit den Begriff der«Utopie» geprägt. Noch immer werden Versuche lanciert, die idealeStadt auf der grünen Wiese zu verwirklichen, namentlich im aufstre-benden Asien und in den technologiegläubigen USA. Frühere Experi-mente wie Brasiliens Retorten-Hauptstadt Brasilia haben sich oft als zustark vom politischen oder technischen Willen geprägt erwiesen undsich nie wirklich mit Leben gefüllt; andere, wie viele Städte des US-amerikanischen Westens, erfüllen ihren Zweck als Wohn- und Arbeits-ort, haben darüber hinaus aber keinerlei Ausstrahlung: Phoenix, Ari-zona, ist inzwischen eine der grössten Universitätsstädte der Vereinig-ten Staaten – aber im In- und Ausland allenfalls bekannt für seineGolfplätze.

Geprägt von Menschen

Was aber macht denn eigentlich eine Stadt aus? Wenn Sie nach NewYork kommen, ist es die uralte U-Bahn? Die Golden Gate Brücke in SanFrancisco? Die Kanäle in Venedig, der TV-Turm in Berlin?

Oder die Energie der New Yorker? Die Begeisterungsfähigkeit derNerds in der Bay Area? Die Italienità am Markusplatz? Die liebenswür-dig-schroffe Berliner Schnauze?

Natürlich werden Städte von ihren Wahrzeichen, Sehenswürdigkeitenund kulturellen Angeboten geprägt, mit denen sie aufwarten. Letztlichaber sind sie die Heimat eines bestimmten Menschenschlags, der sich

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die Stadt, das Quartier oder auch den Ort ausgesucht hat, weil er sichdort wohl fühlt und mehr als nur ein Auskommen gefunden hat.

Das gilt auch in der Diversität der viersprachigen Schweiz, auch wennviele ihrer Gemeinden in Stadtgrösse sich in der touristischen Aus-sensicht vor allem durch landschaftliche Eigenheiten unterscheiden.Die zweisprachige Unistadt Fribourg zieht andere Menschen an alsdas vergleichbar urbane Chur mitten in den Bergen; Wädenswil amZürichsee ist zahlenmässig zu verwechseln mit Aarau und verkehrs-technisch gleich gut erschlossen – hat aber einen ganz anderen Cha-rakter und ein anderes Tempo als der Aargauer Kantonshauptort. DieGeschichte, die gewachsene Kultur und vor allem die Menschen, dieeine Gemeinde ausmachen, sind eine nicht zu übersehende Grösse.

Gemäss der «Initiative Smart City Winterthur» sieht eine Smarte Stadtso aus: «Sie ist durchzogen von kleinen und grossen begrünten Flä-chen, und die Quartiere sind lebendige Orte. Die Vernetzung unterden Menschen, die in unmittelbarer Nähe zueinander leben, funktio-niert gut und ist eine Bereicherung in vielen Lebensbereichen. DerVerkehr ist intelligent geregelt und die Warenströme sind effizientorganisiert. Energie und natürliche Ressourcen werden schonend undverantwortungsvoll genutzt. Informations- und Kommunikationstech-nologien sollen in verschiedenen Handlungsbereichen zur Erhöhungder Lebensqualität und zu einer effizienten Organisation beitragen.»

Das Konzept der Smart City, wie es inzwischen von vielen Konsortienund Verbänden entwickelt wird, ist den Bewohnern verpflichtet. DieUNO betont in ihrer «New Urban Agenda» (Habitat III, Quito 2016) dieGrundsätze der Beteiligung und der Gleichbehandlung aller Bewoh-ner der Städte an den Erneuerungsprozessen. Sie stellt den Nutzenfür die Einwohner für alle Entwicklungsschritte in den Vordergrund– nicht etwa Klimaziele oder Effizienzsteigerung. Und die DeutscheBundesregierung nennt gar in ihrer «Smart City Charta» für Kommu-nen an oberster Stelle, dass eine smart City «lebenswert und liebens-wert», «vielfältig und offen» und «partizipativ und inklusiv» sein soll.Erst dann werden Effizienz und Klimaneutralität, Aufgeschlossenheit,Innovation und Sicherheit gefordert.

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Damit ist gesagt: Es reicht nicht, soziale Aspekte in der Auslegungneuer smarter Technologien zu berücksichtigen. Die Partizipation, dieaktive Beteiligung und der Einbezug der Bewohner ist oberstes Gebot.Und das pro Stadt: Denn die Einwohner von Thun haben ganz andereBedürfnisse als die von Chur.

Smart ist überall anders

Wenn aber eine Stadt durch ihre Bewohner geprägt wird, was prägtdann eine smarte Stadt? Muss sie entlang einem Muster smart werden,das den Anliegen der Bewohner entspricht?

Am deutlichsten zeigt sich das wohl am Beispiel smarter Verkehrs-konzepte. Die Tourismusstadt Interlaken hat völlig andere Interessenund Bedürfnisse zur Steuerung der Touristenströme, der Fahrpläneihrer Schiffahrt, der Betriebszeiten von Bahnen und Zubringern alsdie Grenzgänger-Stadt Genf. Ebenso stellt die konzentrierte chemischeIndustrie der Stadt Basel das Ballungsgebiet mit dem Flughafen ennetder Grenze vor andere Herausforderungen als die ausgeprägte Ban-ken- und Finanzindustrie die Stadt Zürich.

Das heisst, dass es für die Schweizer Städte und Kommunen kein ein-heitliches Programm geben kann, wie sie smarter werden. Sie müssenihre Geschichte, ihre Eigenschaften, ihre demografischen Realitätenund ihre prospektive Entwicklung in den Prozess der Vernetzung ein-fliessen lassen. Das «Smart City Managing Modell» des HSG-ProfessorsOliver Gassmann liefert einen Leitfaden dazu (siehe Kapitel 7).

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SmarSmartte Sze Szenarenarienien

Big Data in der Stadt

Wer in den frühen neunziger Jahren Die litauische Hauptstadt Vilniusbesuchte, konnte als Westeuropäer sein kühles Wunder erleben: Jenach Quartier war nämlich in den Wohnhäusern – Hotels anfänglicheingeschlossen – jeweils eine Woche des Monats nur kaltes Wasserverfügbar. Nach der erlangten Unabhängigkeit von der zerfallendenSowjetunion verfügte das kleine Land plötzlich nicht mehr über aus-reichende Energieressourcen, um die Fernwärme immer und überallzu gewährleisten. Also löste man das Problem mit einem simplenWochenraster: Drei Wochen Warmwasser, eine Woche lang kaltduschen. Einen anderen Mechanismus, um die gerechte Verteilungder vorhandenen Ressourcen zu gewährleisten, gab es in dem Systemnicht. Es war auf eine bestimmte fixe Kapazität ausgelegt worden.

Ungefähr zur gleichen Zeit begann die Energiestadt Kopenhagen mitdem Ausbau ihres Fernwärmenetzes, an das inzwischen fast 97 Pro-zent der Haushalte und Bürogebäude in der Stadt angeschlossen sind.Der Effizienzgewinn ist enorm: Ein typischer Haushalt spart rund dieHälfte seiner früheren Heizkosten. Der CO2-Ausstoss wurde drastisch

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reduziert. Die Heizwerke werden in absehbarer Zeit zu hundert Pro-zent mit erneuerbaren Energien betrieben, und es muss kein Erdölmehr zu den Tanks der Häuser gekarrt werden. Gleichzeitig gewinnendie Einwohner ihre individuellen, vor allem aber die Stadt insgesamtenorm detaillierte Einblicke in den Energiekonsum, in Bedarfsspitzenund andere wertvolle Erkenntnisse.

Smart wird diese Anwendung nun, wenn diese Daten einerseits alljenen zur Verfügung gestellt werden, die damit sinnvolle Anwendun-gen anbieten könnten: Die Auswertung der Einsichten macht eineStadt smarter und ermöglicht Dienstleistungen, die es ohne das Daten-material nicht oder in sehr viel primitiverer Form gäbe. An den Heiz-energieverbauch von Wohnungen liessen sich eine ganze Reihe Fol-gedienstleistungen koppeln: Von individuellen Sicherheits- und War-tungsfunktionen für Gebäude bis zur bedarfsgerechten Steuerung desöffentlichen Verkehrs, denn die längerfristige An- und Abwesenheitder Menschen liesse sich quartierweise sehr genau berechnen.

Auf einem ganz anderen Level, nämlich mit einem Netzwerk an mul-tidimensionalen Sensoren an Lichtmasten, sammelt die Stadt Chicagomit ihrem «Array of Things» seit 2016 Daten und stellt sie in Echtzeitauf ihrem Portal allen Interessierten zur Verfügung: Lichtintensität,Luft- und Oberflächentemperatur, Vibration, Kohlenmonoxid, Stick-stoffdioxid und Schwefeldioxid, Ozon, Lärmpegel, barometrischerDruck, Fussgänger- und Autoverkehrsdichte und bald auch Nieder-schlag, stehendes Wasser und Wind. Die Idee dahinter ist, dass alle vonsolchen Erkenntnissen abhängigen Dienste und Privatanbieter davonprofitieren und einen Nutzen ziehen können. Wenn beispielsweiseder Lake Michigan vor Feierabend den Freeway in der Stadt über-schwemmt, könnten die öffentlichen Verkehrsdienste die Frequenzder Züge automatisch hochfahren.

Stellt man sich vor, dass solches Datenmaterial nicht nur aus der einenSensorreihe der Stadt verfügbar wäre, sondern aus dem gesamten,wachsenden Internet der Dinge, dann wird rasch klar, welches Poten-tial sich dahinter verbirgt.

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Das ganze Leben

Natürlich ist es nicht nur die Vorstellungskraft, welche die Ausgestal-tung einer auf dem Internet der Dinge aufbauenden smarten Stadtbeschränkt: Es sind auch Gesetze, Interessen von Individuum undGruppen und Dinge wie der Schutz der Privatsphäre. Davon abgese-hen, bieten sich aber auf den verschiedensten Themenfeldern enormeMöglichkeiten.

Nachhaltigkeit

Indem Energie im öffentlichen und privaten Raum sensorgesteuertnur dort eingesetzt wird, wo sie tatsächlich gerade gebraucht wird, las-sen sich enorme Sparpotenziale verwirklichen. Angefangen bei Stras-senbeleuchtungen, die nur funktionieren, wenn jemand anwesend ist,über sensorbasierte Bewässerung öffentlicher Anlagen bis zur Steue-rung von öffentlichen Diensten wie der Abfallentsorgung aufgrundvon Füllstandsanzeigen der smarten Container.

Sicherheit

Wer Gefahren früh erkennt, kann sich darauf vorbereiten: Bevorste-hende Unwetterereignisse liessen sich ebenso wie gehäufte Einbrüchein einem Wohnquartier oder sogar bedrohliche Situationen an Mas-senevents über die die Zusammenfassung und die Auswertung vonDaten früh erkennen und würden Vermeidung oder schnelle Reaktionmöglich machen. In vielen Städten der USA schickt das System «Shot-spotter» bei den ersten Anzeichen einer Schiesserei Streifenwagen anden Ort des Geschehens: Dank in der ganzen Stadt montierter Mikro-fone erkennt es Schusslärm – und errechnet binnen Sekundenbruch-teilen durch Triangulation die Position des oder der Schützen.Vorausschauender funktioniert das System «Precobs» der ZürcherStadtpolizei, das aus den festgestellten Einbrüchen auf Stadtgebiet dieWahrscheinlichkeit für weitere Taten berechnet. Die Polizei erkenntdadurch die Aktivitäten professioneller Banden schneller und reagiertin den Quartieren mit präventiver Präsenz.

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Mobilität

Die SBB machen’s vor: Das Bahn-Unternehmen wandelt sich zumAnbieter von Mobilität. Immer mehr werden verschiedene Mobili-tätsformen wie Carsharing-Fahrzeuge, Fernzüge, Stadt-ÖV und neuer-dings auch das geleaste Elektro-Privatfahrzeug in Kombi-Angebotenfinanztechnisch zusammengefasst. Weitet man das Konzept auf einvoll vernetztes System aus all diesen Verkehrsträgern inklusive auto-nom fahrende Ruftaxis aus, dann steht einem Fahrgast permanent dasin Echtzeit auf seine aktuellen Bedürfnisse ausgerichtete Verkehrsmit-tel zur Verfügung (und vielleicht sagt das System dann auch: GehenSie diese Strecke zu Fuss!). Zugleich werden die Ströme so auf die ver-schiedenen Verkehrsträger gelenkt, dass ein Maximum an Kapazitätund Effizienz möglich wird.

Wirtschaft und Bildung

Kombiniert man diese vernetzte Kompetenz weiter mit den anfallen-den Notwendigkeiten der Menschen, sich an andere Orte zu begeben– stichwort Pendlerverkehr – und den Institutionen, die diese Not-wendigkeit hervorrufen: Arbeitgeber, Bildungsinstitutionen etc, dannwürden flexible Arbeits- und Sitzungszeiten, kurzfristig anberaumteStundenpläne etc einen weiteren Komfort- und Effizienzgewinn brin-gen. Im Bildungswesen könnte verstärkt auf die Bedürfnisse der Stu-dierenden beispielsweise in der Kombination mit ihrer ErwerbsarbeitRücksicht genommen werden.

Gestaffelte Zeitabläufe nicht nur bei Arbeitgebern, sondern gebiets-weise, würde dem Dienstleistungsgewerbe eine gleichmässigere Aus-lastung und damit mehr Umsatz ermöglichen; Umsatzverluste durchWartezeiten würden vermindert. Ganz zu schweigen von den Ser-vicefahrten, die mit dem konsequenten Einsatz von Telemetrie undFernwartungstechnologie via Internet der Dinge eingespart werdenkönnten.

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Gesundheit

Epidemische Krankheiten wie die Grippe liessen sich dank flächende-ckendem Monitoring leichter bekämpfen; gesundheitsrelevantes Ver-halten der Menschen könnte statistisch erfasst und der Forschungzugeführt werden. Notfalldienste könnten schneller und gezielter vorOrt und mit den nötigen Informationen ausgestattet werden. Der Ein-satz von Schad- und Umweltgiften könnte reduziert werden.

Soziales

Virtuelle Quartierversammlungen oder spontane Meinungsumfragenund Echtzeit-Abstimmungen liessen sich implementieren und ihreResultate sofort umsetzen. Dank Nutzungsdaten öffentlicher Einrich-tungen vom WC bis zur Bushaltestelle oder dem Kinderspielplatz wür-den diese optimiert. Von den Stadtbewohnern aktiv oder passivgesammelte Informationen würden eine schnellere, gezieltere undnutzergerechte Wartung öffentlicher Infrastruktur ermöglichen: InZürich ist als Pilot der Mängelmelder «Zueri wie neu» aufgeschaltetworden, mit dem Einwohner Defekte an Infrastrukturteilen schnellund einfach per Smartphone-App melden können. In Boston, USA,sammeln Auto-Pendler mit der Smartphone-App «Street Bump» Datenüber Strassenschäden – ohne selber aktiv werden zu müssen: Erschüt-terungen auf dem Arbeitsweg erkennt die App dank Beschleunigungs-sensor und GPS-Lokalisierung als Strassenschäden und meldet sie ansStrassenbauamt.

Smart heisst vernetzt

Erneut stellt sich hier die Frage, wo «smart» anfängt. Die Beispiele zei-gen aber eines deutlich: Wirklich spannend wird es, wenn die erho-benen Daten interdisziplinär und nicht nur für einen Zweck genutztwerden. Statistiken sind gut, um eine langfristige Planung auf der Ver-gangenheit aufzubauen: Aber Analysen, die sich aus grossen Daten-mengen in Echtzeit gewinnen und sofort umsetzen lassen, eröffnen

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Abbildung 3: Durch die Verknüpfung von Daten verschiedensterHerkunft entstehen neue Erkenntnisse und Dienste in der smartenStadt.

den Planern eine ganz neue Perspektive auf Zusammenhänge in einerDimension, die bisher gar nicht erkannt werden konnte.

Der Grad der Smartness einer Stadt könnte daran gemessen werden,wie viele bereichsübergreifende Lösungen sie aufbaut oder fördert.Das bringt uns zum nächsten Punkt: Die Stadt muss keineswegs dieHerrin oder gar die Beschafferin des ganzen Datenmaterials sein. IhreAufgabe besteht mehr darin, einerseits die beste Infrastruktur aufder Ebene der Kommunikation bereitzustellen, und als regulierendeInstanz dafür zu sorgen, dass optimale Bedingungen für Unternehmengeschaffen werden, die entweder Daten und Informationen beschaf-fen oder damit etwas für die Allgemeinheit Nützliches bewerkstelligenkönnen.

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Das haben die obersten Im Lande inzwischen verstanden. Bundesprä-sident Alain Berset bestätigt in einem Interview, dass als erste Mass-nahme auf dem Weg der Schweiz in die Digitalisierung bestehendeDatenbestände zugänglich gemacht werden müssen: «Open Data» istdas Stichwort. Berset sieht damit ein hohes Potential in der Mobilität,beim E-Government setzt die Landesregierung Hoffnungen auf eineelektronische Ausweis-Version. Und im Gesundheitswesen bestätigtdie ständige Diskussion der Konsequenzen, dass das umstrittene elek-tronische Patientendossier eigentlich unausweichlich ist.

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Der DatDer Daten-Maren-Marktplatzktplatz

Das Öl der digitalen Gesellschaft

1’400’000’000 – So viele Sensoren im Internet der Dinge erwartet Gart-ner für das Jahr 2020. Darin erfasst sind nur diejenigen Datenfühler,welche über das IP-Protokoll bereits im Internet erreichbar sind.

Daneben sind heute schon Abermillionen von Sensoren, Fühlern undMessgeräten fest verbaut in Maschinen, privaten Subnetzen oderöffentlicher Infrastruktur: Allein die schätzungsweise 2.5 MilliardenSmartphones weltweit liefern alle erdenklichen Informationen undDaten an ebenso viele App-Hersteller.

Vergleichen wir das mit der Heizkostenabrechnung und den dazu die-nenden Energiezählern: Stellen wir uns vor, diese Geräte würdennicht nur stur die abgegebene Wärme des Heizkörpers messen, son-dern dies in Relation zur Uhrzeit, und sie könnten online abgefragtwerden: Die Varianten an nützlichen Erkenntnissen aus diesen Infor-mationen – namentlich in Verbindung mit weiteren – können wir unsnoch gar nicht vorstellen.

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Das Internet der Dinge würde in der Wirkung mit Big-Data-Analysenund der Entwicklung von künstlicher Intelligenz Quantensprünge imErkenntnisgewinn und damit in der Lenkung und Planung des Lebensund der Gesellschaft ermöglichen.

Würde, denn von einem Zusammenspiel dieser neuen Technologiensind wir noch relativ weit entfernt. Der einzige nennenswerte Stan-dard ist das Internet-Protokoll TCP/IP. Aber selbst wenn alle Sensorenüber das Internet erreichbar wären, ergäbe sich daraus noch kein ech-tes Internet der Dinge. Denn die gewonnen Daten werden aus ver-schiedenen Gründen nur in den wenigsten Fällen geteilt. Abgesehenvon Besitzansprüchen und Bedenken, was die Privatsphäre angeht,stehen dem grenzenlosen Austausch aller Daten auf einer wesentlichtieferen Ebene Widerstände entgegen.

Alle haben Daten

Jeder Hersteller bereitet die Daten der Sensoren in seinen Gerätenanders auf – in der Regel optimiert auf den einen Fall, für den seinGerät sie erhebt. Und das ist ihm nicht zu verdenken: Typischerweiseist sein Gerät noch nicht vernetzt. Und selbst wenn, dann hätte erweder einen Nutzen noch einen Gewinn daraus, dass er die Informa-tionen auch anderen verfügbar machte. Ein Wäschetrockner misst denFeuchtigkeitsgrad der Wäsche, um daraus abzuleiten, wann er sich sel-ber ausschalten kann. In einer nächsten Stufe liefert das Gerät dieseDaten zusammen mit dem Gewicht der Wäsche und der Laufzeit viaInternet an den Hersteller – der kann daraus ablesen, ob das Gerätnoch effizient funktioniert oder gewartet werden muss.

Würden in einer dritten Stufe die Wäschetrockner in einem bestimm-ten Quartier miteinander ihre Daten austauschen, dann wäre esgrundsätzlich möglich, dass sie mit gegenseitigen «Absprachen» dieÜberlastung des lokalen Stromnetzes vermieden. Würde zu diesenAbsprachen die Echtzeit-Stromproduktion aus den lokalen Solarzellenauf den Dächern und die Abwesenheit der Wohnungsbewohner ausderen Smartphone-Standortdaten hinzugenommen, dann könnte ein

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Dienstleister eine Steuerung anbieten, die dafür sorgt, dass meineWäsche garantiert mit Solarstrom und genau auf meine Heimkehr insdie Wohnung hin getrocknet wird.

Unbesehen, ob Sie nun diese Anwendung sinnvoll finden oder nicht:Um solche Angebote und Dienste möglich zu machen, gibt es eine Vor-aussetzung: Die Daten müssen verfügbar sein. Und sie müssen übereine Plattform allen zugänglich gemacht werden können, die sie gegenein entsprechendes Entgelt sinnvoll einsetzen könnten. Das gleichePrinzip, das Google, Amazon und Apple mit ihren Geräten und Ange-boten in Form von nutzerbasierten Daten profitorientiert verfolgen,müssten smarte Städte auf verantwortungsvolle Weise den Einwoh-nern, aber auch potentiellen Anbietern neuer Dienste anbieten kön-nen: Nicht nur die interaktive Karte eines Bundesamtes für Statistik,auf der interessante Veränderungen der Kennzahlen im Laufe derJahre abgespielt werden können. Sondern Echtzeit-Datenreihen alljener Sensoren, die da draussen irgendwo Informationen sammeln,mit denen sinnvolle, den Geboten der Smart-City-Leitlinien entspre-chende Anwendungen und Kombinationen erstellt werden können.

Dazu gehört neben der Technologie, die Daten in jedes gewünschteFormat umwandeln und ihren Gebrauch verrechnen zu können, auchdie Verantwortung, den Zugang und die Verrechnung zu kontrollierensowie den Anbietern die erzielten Einkünfte zukommen zu lassen:Ein Marktplatz für Daten, der den Anforderungen des Datenschutzesin Anonymisierung oder Pseudonymisierung genügt und ausreichendAnreiz bietet, dass die Anbieter motiviert werden, ihr Rohmaterialanderen gegen Entgelt zur Verfügung zu stellen.

Austausch dient allen

Eine smarte Stadt hat ein Interesse daran, dass ihre Daten gehandeltwerden. Das klingt zunächst wie ein Paradox: Denn Handel mit Datengilt in Westeuropa schon fast grundsätzlich als etwas Unanständiges.Dabei geht es nur darum, dass den Technologiefirmen, aber auch denVerwaltungsabteilungen, die Sensornetze bauen (oder aufstellen dür-

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Abbildung 4: In der Smart City werden die Daten aller Dienstan-bieter gehandelt und ausgetauscht.

fen), aber auch die privaten Anwender und Besitzer von Smartphones,einen Anreiz erhalten, ihre Daten zur Verfügung zu stellen. Wie genaudas geschieht, bleibt offen: Eine Stadt könnte per Dekret verfügen, dassInhaber von Sensornetzen im öffentlichen Raum ihre Rohdaten ande-ren zur Verfügung stellen müssen.

Sie muss jedenfalls, so sie smart werden will, dafür sorgen, dass dieDaten der Dienstleister ausgetauscht, verwendet und Anwendungenzugeführt werden, die den Zielen der Smart-City-Strategie entspre-chen. Im Zentrum steht also nicht nur ein Marktplatz, auf dem knall-harter Handel abgewickelt wird, sondern die Kontrolle der Daten-schutz- und Sicherheitsregulierungen. Umso besser noch, wenn diesezentrale Instanz die Informationen für alle lesbar aufbereitet und ineiner akzeptablen Form der breiten Öffentlichkeit zugänglich machenkann.

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Dazu wird die Rolle eines Orchestrators nötig, der im Auftrag der Stadtdie Verwaltung, Aufbereitung, Zwischenspeicherung und das Angebotder Daten handhabt. Wenn diese Rolle zu einer ökonomisch interes-santen Zwischenposition wird, dürfte schnell ein Angebot an Dienst-leistern bereitstehen, mit denen auch mittlere und kleinere Städte undGemeinden zusammenarbeiten und sich mit den anderen und derWirtschaft vernetzen können.

Was in grossen Stadtstaaten wie Singapur mit individuellen Anfor-derungen als Eigenentwicklung Sinn macht, gibt es anderswo bereitsvon namhaften Herstellern als Dienstleistung von der Stange: Wie dasIntelligent Operations Center von IBM oder die Plattform von HitachiVantara, auf die beispielsweise Kopenhagen setzt, um den Bürgern,Unternehmen und Verwaltungen Zugriff auf die Daten zu ermögli-chen.

Mit der Regulierung der Datenerhebung und der zulässigen Weiter-gaben der Informationen auf ihrem Gebiet hat die Gemeinde ausrei-chend Möglichkeiten, auf die Flexibilität der smarten AnwendungenEinfluss zu nehmen. Wenn sie es geschickt anstellt, kann die Stadt abersmart werden, ohne selber in die Ausläufer der Sensornetze investie-ren zu müssen: Sie bleibt Anbieterin der Kommunikationsinfrastruk-tur – und Regulatorin der Datenverwendung, die mit dem Orchestratorzusammen für ein blühendes Angebot an neuen Anwendungen sorgt.

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Die ScDie Schichichthten deren derSmarSmartntnessess

Eine Definitionsfrage

Keine Angst, wenn Sie jetzt noch immer die Smart City nicht in einemSatz definieren können: Das ist zahllosen Initiativen, Verbänden undPlattformen in der Schweiz noch nicht gelungen. Unter dem Namen«Smart City Schweiz» buhlt allen voran ein Förderprogramm des Bun-des um die Hegemonie in der Begriffsverwirrung rund um die smarteStadt.

Wichtiger als die konkrete Vorstellung der smarten Stadt der Zukunftist die Antwort auf die Frage, wer sie vorantreiben soll. Gehört eszu den planerischen oder gouvernementalen Aufgaben einer Exeku-tive oder eher einer Behörde, die technologische Weiterentwicklungder Gemeinden voranzutreiben? Kann und soll man es der Privatwirt-schaft überlassen? Muss gar der Bund ran?

Antworten sollen Absichtserklärungen wie die New Urban Agenda derUno, die Strategie «Digitale Schweiz» des Bundesrates oder Papiere

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wie die «Strategie Smart City Basel» auf kommunaler Ebene geben. AnProjekten mangelt es nicht in der Schweiz, angefangen beim EMPA-Forschungsprojekt NEST für ein smartes Haus über diverse regionaleProjektzonen für smarte Quartiere unter Einbezug privatwirtschaftli-cher und halbstaatlicher Körperschaften, allen voran die SBB, die nichtnur als Transportunternehmen mitten im Geschehen steht, sondernauch als Immobilienbesitzerin und Grundstücksentwicklerin an Pilot-projekten mitarbeitet.

Trotzdem befürchten einzelne Experten, dass die Schweiz denAnschluss verpassen könnte. Und das nicht obschon, sondern weil siein den internationalen Vergleichen als Land mit top Lebensqualitätund hoher Innovation gelobt wird. Hier, wo elektronische Tafeln anjeder Bushaltestelle im dichtesten ÖV-Netz der Welt die minutenpünkt-lichen Ankunft anzeigen, wo Elektromobile vom Status des Tesla S sichbesser verkaufen als jede deutsche Luxuskarosse und die Recyclingra-ten für Wertstoffe mit der Zahl der Grippe-Impfungen um die Wettesteigen.

Gerade auch hier, wo die Gemeinden typischerweise eine hervorra-gende Kommunikations-Infrastruktur aufweisen, die Bandbreite imÜberfluss bereit stellt.

Denn hier ist der Leidensdruck weit geringer als in Ländern und Städ-ten, wo die Menschen im Smog kaum mehr atmen können, obwohlIndividualverkehr oder Autobesitz nur den obersten 10 Prozent mög-lich und sauberes Trinkwasser auch in den besseren Quartieren in Fla-schen und nicht mehr durch die Leitung ins Haus gelangt. Dort ist derpolitische Druck weitaus grösser, an der Verbesserung der allgemeinInfrastruktur zu arbeiten – und eine der effizientesten Möglichkeitendazu ist die Smart City.

Infrastrukturbetrieb als Innovatoren

Deswegen werden Projekte, die im weitesten Sinne als Teil einerSmart-City-Strategie gesehen werden können, hierzulande vor allemvon den städtischen Infrastruktur-Betrieben lanciert und vorangetrie-

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ben. Zwar leisten sich grössere Städte gerne auch Spezialisten in denStadtplanungsabteilungen. Aber Experten wie der Vorsteher der Win-terthurer Informatikdienste verstehen in der Praxis derzeit am besten,welche Möglichkeiten sich bieten, und können die Smart City voran-treiben.

Es fragt sich, wie weit die Stadt dabei gehen und was sie privatenUnternehmen, den Bewohnern und deren Initiativen oder den Quar-tieren überlassen soll. Bei der Beantwortung dieser Fragen kann dasSchichtenmodell der smarten Stadt mithelfen.

Die Stadt ist das Fundament

Abbildung 5: Die logischen Schichten der smarten Stadt: Technolo-gie ist nur ein Layer. Data Governance und Dienste sind mindes-tens so wichtig.

In allen kursierenden Schichten-Modellen kommen der Stadt, obwohlsie das Objekt der «Smartisierung» ist, vor allem zwei Rollen zu. Mate-

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riell sollen die Städte zum smarten System mit einer modernen,gepflegten Infrastruktur beitragen: Neben den Grundausstattungenwie Strassennetz und Energieversorgung gesellt sich bezogen auf dieSmart City ein leistungsfähiges Kommunikationsnetz dazu.

Darauf kann die zweite Schicht aufbauen: Die Anbieter von netzfä-higer Hardware, vom Router für den Privathaushalt über das Automit vernetztem Bordcomputer bis zur intelligenten Strassenlampe mitmöglichen Zusatzfunktionen.

In der dritten Schicht liegt die Verwaltung und Data-Governance derDaten und Erkenntnisse. Unter Aufsicht der Stadt verwaltet hier derOrchestrator die Informationen aller Teilnehmer der Technologie-Schicht und stellt sie Gemäss den Regeln der Datenbörse Dritten zurVerfügung.

An dieser Stelle kommen die Dienstanbieter auf der vierten Ebene insSpiel, die anhand des verfügbaren Datenmaterials neue Dienstleistun-gen, Effizienzprogramme oder andere Innovative Konzepte umsetzenund anbieten.

Die Stadt wird also nicht smart, indem sie haufenweise clevere Sys-teme, bündelweise Glasfaser und eigene Rechenzentren einkauft,installiert und betreibt. Sie wird smart, indem sie sich zu einem Eco-system für die Anbieter innovativer Lösungen macht, welche dasWohlergehen der Bewohner steigern. Der Grundstein dazu liegt imKommunikationssystem, das die Gemeinde im Sinne eines ServicePublic gestaltet und sicherstellt, dass die Grundversorgung mit dieserwichtigsten aller digitalen Ressourcen diskriminierungsfrei allen imgleichen hohen Standard zur Verfügung steht. Das ist grösstenteilsgewährleistet: Bereits heute stehen auf 95 Prozent der besiedelten Flä-che der Schweiz Kommunikationsnetze auf Glasfaser-Basis zur Verfü-gung. Die Firmen und Gemeinden, die dieses Netz auf- und ausbauen,sind im Verband SUISSEDIGITAL zusammengeschlossen.

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WWem gehem gehörören die Daten die Datenen??

Ohne Vertrauen keine Smartness

Spätestens seit Facebook seinen Siegeszug um die Welt angetreten hatund wir alle unser Primarschul-Gschpänli wie von Geisterhand nebenunseren Profilbildern auf der Seite haben auftauchen sehen, ist unsbewusst, wie viele Rückschlüsse schon wenige Daten auf unser indivi-duelles Leben erlauben.

Trotzdem posten wir Selfies von jeder Feriendestination und von jederFachkonferenz, twittern unsere Meinung über Artikel, die wir gelesenhaben und lassen zu, dass andere uns auf Facebook per Gesichts-erkennung markieren. Seit Jahren warnen Datenschützer vor diesenAnwendungen und veröffentlichen Leitfäden, wie man sich im Inter-net unsichtbar macht und seine Daten schützt.

Tatsache ist: Wer diese Empfehlungen strikt befolgt, wird kaum mehrvon den Diensten der Anbieter im Netz profitieren können. Nicht nurdie «Bezahlung» für das, was wir an kostenlosen Leistungen im Netzerhalten, sondern vielfach die Leistungen selbst – ob Börsenkurse inEchtzeit, eine Anwendung, die aus Selfies coole Zerrbilder macht oder

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die vollautomatische Übersetzung einer französischen Email – beru-hen auf Informationen über uns selber. Die meisten Anwender sindsich dessen inzwischen sehr bewusst und messen demnach den ange-botenen Diensten einen Wert zu, der das aufwiegt, was sie von sichpreisgeben.

Ganz ähnlich verhält es sich mit der Smart City – in einem wesentlichgrösseren Stil. Nehmen wir allein das meistzitierte Beispiel der Ver-kehrsströme, die sich durch autonome Fahrzeuge und Many-to-Many-Kommunikation verflüssigen lassen: Dazu muss jedes Fahrzeug jeder-zeit allen anderen seinen Standpunkt, seine Ziel und seine gegenwär-tige Geschwindigkeit mitteilen. Oder die Strassenlampe, die sich beiAnnäherung einer Person ein- und beim Weggehen ausschaltet:Grundsätzlich hinterlässt damit jeder nächtliche Spaziergänger buch-stäblich eine leuchtende Datenspur. Natürlich lassen sich all diese Ver-folgbarkeiten und Logdateien anonymisieren, löschen oder vielleichtsogar durch technische Mittel ganz vermeiden. Dabei stellt sich sofortdie Frage zu welchem Preis – und zwar nicht nur aufgrund des zusätz-lichen technischen Aufwands, sondern auch durch entfallenden Nut-zen, den die Daten später durch Analysen noch stiften könnten. Und,nicht zu vergessen: Weil Daten und Informationen der Rohstoff sind,dank dem die Stadt smart wird, und gehandelt werden können: Wemgehören sie, und wer kann sie zu Geld machen?

Viel Privatsphäre oder viel Nutzen

Ob unser Datenschutz- und Privatsphäreverständnis damit den Seg-nungen einer vernetzten, smarten Stadt im Wege steht, wird politischnoch lange diskutiert werden. Fest steht: In Gegenden der Welt, indenen dem Individuum im öffentlichen Raum kein oder weniger Pri-vatsphäre zugestanden wird als bei uns, werden smarte Städte nichtnur bei der Fahndung nach Verbrechern sehr viel schneller Fort-schritte erzielen als unsere. Ob das chinesische Sozialkredit-Systemmit der Punktbewertung aller Bürger aufgrund von Schulnoten, Bus-senregister, Zahlungsmoral und Höflichkeit im Alltag letztlich einemlückenlos überwachenden politischen System dient oder dem Ver-

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trauen der Menschen in ihre Gesellschaft und deren Leistungskraft,darüber streiten sich westliche Journalisten. Dabei basiert das gesell-schaftliche Ansehen beispielsweise in den USA längst auf einem Sys-tem namens Credit-History, das wie das chinesische jeden US-Einwoh-ner einem Rating unterwirft, sich dabei aber ausschliesslich auf dieZahlungsdisziplin bei den Kreditkartenfirmen bezieht. Hierzulandekommt der Betreibung eine ähnliche, aber viel perfidere Rolle zu,indem der kreditschädigende Eintrag im Betreibungsregister nur aufAntrag des Betreibers gelöscht wird – egal, ob sich die Parteien geeinigthaben oder nicht.

Vom Humanismus zum Dataismus

Abbildung 6: Sind Menschen selbstbestimmte Individuen – oderwird unser Leben von den Umständen bestimmt?

Der israelische Historiker und Bestsellerautor Yuval Harari sieht dieMenschheit deshalb an der Schwelle vom liberalen Humanismus zudem, was er Dataismus nennt: Der Glaube an das selbstbestimmte

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Individuum weicht dem an die Vorbestimmtheit durch die Umständeund Gegebenheiten. Die Menschen erkennen, dass sie keineswegs freieHerren ihres Geschicks sind, wie das seit der Aufklärung behauptetwurde. Vielmehr sind wir vorbestimmt durch unsere Gene, den Ortunserer Aufwachsens, das Geschlecht und so weiter: Wer die Daten alldieser Dinge kennt, erfährt automatisch auch, was das Beste für ihn ist.Basierend auf dieser Annahme müssten wir schnellstmöglich sovieleDaten über uns sammeln und analysieren lassen wie möglich: «Daten-schutz», wie wir ihn heute verstehen, stünde dem vielfach entgegen.

Was für unsereins wie eine Ungeheuerlichkeit klingt, ist für Gesell-schaften, die stärker auf das Kollektiv der Familie, der Sippe oderder Gemeinschaft ausgerichtet sind, ohnehin ein selbstverständlichesArgument für die Realisierung der smarten Stadt. Ihnen dürfte esbereits heute wie ein grotesker Luxus vorkommen, wenn ein Park-platz-Leitsystem statt auf einer Videokamera und einer Software, dieLücken erkennt, aus datenschutzrechtlichen Überlegungen auf einerInstallation beruht, bei der jeder einzelne Parkplatz mit einem Sensorausgestattet wird. Wobei jeder soviel kostet wie die eine Kamera, diedas halbe Stockwerk im Parkhaus abdecken würde.

Zwar wird so die Privatsphäre der Automobilistinnen und Automobi-listen gewahrt – was sich ja vielleicht auch mit einem Kamerasystembewerkstelligen liesse – die Daten werden dadurch aber so teuer, dasssie andere Dienstanbieter sich nicht mehr leisten können oder wollen.

Und das mit einem Sensorsystem, das pro Parkplatz eine einzige Infor-mation liefern kann: Ob der Platz belegt ist oder nicht. Womit er«belegt» ist, erkennt das System nicht – und das ist kein Manko, son-dern sogar das Qualitätsmerkmal dieser im Vergleich zur Kamerawesentlich teureren technischen Lösung. «Die Konzepte des heutigenDatenschutzes», sagt der Zürcher ITK-Professor Florent Thouvenin,«stammen aus den siebziger Jahren.» Das Denkmodell vernichte sehrviel Potential der Digitalisierung. Und das ganz bewusst, denn esbasiere auf der Verhinderung von Möglichkeiten, indem es im Vorausdie Verarbeitung von Daten verbiete: «Das Recht greift normalerweiseerst ein, wenn Ihnen ein konkreter Nachteil entsteht. Anders das

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Datenschutzrecht: Es geht nicht vom konkreten Problem aus, sondernreguliert den Prozess im Glauben, damit das Risiko für einen Nachteiloder Schaden zu minimieren. Ohne überhaupt zu wissen, was genaudieser Nachteil sein könnte.»

Das Recht sollte nicht den Prozess der Datenverarbeitung minimieren– sondern den Missbrauch. «Es geht eben nicht darum, was auf irgend-einem Server liegt, sondern, was die Konsequenzen für mich sind.»Will heissen: Wenn jemand die Daten auf einem Server benutzt, ummich zu diskriminieren, dann muss das unterbunden werden – undnicht die Tatsache, dass die Daten dort liegen, sagt Thouvenin.

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Die GefDie Gefahrahrenen

Der fremdgesteuerte Mauszeiger

«Was tut er jetzt? Worauf wartet er?» fragt einer der Ingenieure, dieam 23. Dezember 2016 in einem Kraftwerk in der Ukraine verblüfftzuschauen (und filmen), wie ein Hacker den Mauszeiger auf ihremKontrollrechner übernimmt und versucht, den Strom abzuschalten.

Das Video ist inzwischen ein Klassiker, und es stammt nicht aus einemHollywood-Blockbuster. Tatsächlich gelang es den Angreifern an meh-reren Stationen die Stromversorgung zu insgesamt 200’000 Haushal-ten zu kappen. Gleichzeitig wurden die Kontrollstationen der Kraft-werke mit Roboter-Telefonanrufen bombardiert, um ihre Kommuni-kation lahmzulegen.

Es handelt sich um einen der wenigen gut dokumentierten und sogarvon der NATO zu Informationszwecken verwandten systematischenAngriffe auf eine lebenswichtige nationale Einrichtung. Fachleutenzufolge kommen solche Attacken immer häufiger vor – die Öffentlich-keit wird darüber in den wenigsten Fällen ins Bild gesetzt.

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Trotzdem ist der breiten Allgemeinheit spätestens seit der Krypto-Trojaner-Attacke mit «Wannacry» im Frühjahr 2017 bewusst, dassAngriffe auf Computer ernste Folgen haben können. Dass dazu auchganze Heerscharen gehackter und fremdgesteuerter Geräte miss-braucht werden, vom einfachen Router bis zum Wohnzimmer-Medi-enserver aus dem Elektronik-Discounter, wissen aber noch nichtgenug. Und so machen sie es den Kriminellen und ihren Nachahmerneinfach, mit simplen Trial-And-Error Angriffen mit den Standard-Pass-wörtern der Hersteller Geräte unbemerkt aus dem Netz unter ihreKontrolle zu bringen. Dabei adressiert ein Angreifer beliebige IP-Adressen und versucht auf dem jeweils antwortenden Gerät diebekannten, von den Herstellern standardmässig eingerichteten Pass-wörter aus. Spricht das Gegenüber auf eine der Anfragen an, erkenntder Angreifer, was für ein Gerät es ist – und kann es mit dem passen-den Code unter seine Kontrolle bringen. Dabei geht es meistens nichtdarum, Schaden an diesem Gerät anzurichten. Vielmehr wird es fürspäter lancierte Attacken als Relais-Station, als «Bot» genutzt.

Das bedeutet, dass das Internet der Dinge mit seinen bald schon rund1.5 Milliarden vernetzter Geräte zu einem Internet der «Bots» werdenkönnte, aus dem kritische Informatik-Einrichtungen mit hunderttau-senden Zombie-Geräten gleichzeitig attackiert werden könnten. Unddies ist nur die «einfachste» Form eines Angriffs.

Eingebaute Sicherheit

Möglich ist das vor allem deshalb, weil Sicherheit bei den Herstellernvon preiswerten Geräten für den Alltag keinerlei Priorität hat. Oderbisher schlicht nicht nötig war, weil die Geräte gar nicht vernetztwaren.

Jetzt sind Passwortschutz und Verschlüsselung zwar in den gängigstenStandards implementiert. Aber weil die Anwender damit häufig nichtklar kommen und die Hersteller sich teure Service-Hotlines sparenwollen, sind die Sicherheitsfeatures nicht oder mit dem Standard-Pass-wort aktiviert. Wer ein solches Gerät gekauft hat, kennt die Benutzer

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Abbildung 7: Sicherheit ist keine Käseglocke, die man über dieStadt stülpen kann – sie beruht auf vielen einzelnen Massnahmen.

ID («admin») und das Vorgegebene Passwort («123456»), wie sie imHandbuch stehen. Das sind Einfallstore für Angriffsversuche selbstvon blutigen Anfängern und Schuljungen, die sich schnell auf Youtubeeine Anleitung zum «Hacken» angesehen haben.

Abhilfe dagegen schafft nur eine Methode: Der implementierte Zwang,dass der Benutzer die Sicherheitsfeatures einschalten und sein indivi-duelles Passwort setzen muss – und zwar ein wirksames. Das Prinzipheisst «Security by Design» und meint nichts anderes, als dass die Her-steller bei der Ausgestaltung der Einrichtung und der Benutzung derGeräte dafür sorgen, dass Sicherheitsmechanismen benutzt werdenund auch aufdatiert werden müssen. Weil dies ein Kostenfaktor ist,wird wohl nur Zwang alle Hersteller dazu bringen, die wesentlichstenGrundsätze einzuhalten.

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Kalifornien macht’s vor: Dort ist der Verkauf von Geräten im Spätsom-mer 2018 verboten worden, welche nicht die minimalsten Sicherheits-einrichtungen voraussetzen.

Blockchain, zu Diensten!

Natürlich ist damit die Sicherheit im Internet der Dinge und in derSmartcity noch lange nicht garantiert. Hundertprozentige Sicherheitist denn auch nicht wirklich möglich, namentlich nicht, wenn im Inter-net der Dinge alles mit allem sprechen kann.

Aber es gibt neue und vielversprechende Ansätze, um das Internetder Dinge sicherer zu machen. Standards für die Kommunikation zumBeispiel könnten darin bestehen, dass nur Geräte miteinander spre-chen, die im Blockchain-Verfahren dazu autorisiert worden sind. Diein der Blockchain verbundenen Geräte autorisieren den Zugriff z.Büber Smart-Contracts gemeinsam, und jeder Hash-Wert einer Transak-tion (oder eine Sammlung von Transaktionen oder Analyseergebnis-sen) wird in der Blockchain nachvollziehbar protokolliert.

Grundsätzlich ist aber vor allem zu unterscheiden zwischen kritischerInfrastruktur, die Steuerungsanlagen umfasst, und den reinen Sen-sornetzwerken, welche Informationen liefern. Es ist klar, dass keineInfrastruktur von lebenswichtiger Bedeutung unmittelbar ins Internetgehängt wird. Schon heute ist für eine Kontrollübernahme einer alskritisch eingestuften IT-Anlage in aller Regel ein physischer Zugriff aufdas lokale Netzwerk nötig. Schon deshalb lässt die Digitalisierung nochkeinen Abbruch der Reisetätigkeit der Agenten einschlägiger Geheim-dienste zu, wie Medienberichten der jüngsten Zeit zu entnehmen ist.Bevor sie irgendwo die geheimen Daten aus einem isolierten Systemabgreifen oder eben die Stromversorgung für eine ganze Regionabschalten können, müssen sie sich irgendwie direkten Zugriff auf dasisolierte Netz verschaffen.

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Am AnfAm Anfanang stg steht der Planeht der Plan

Algorithmen sind auch nur Werkzeuge

«Die Verwaltung bietet wo moglich Unterstutzung, die Bevolkerung zubefähigen, mit den neuen Technologien umzugehen» und «die Vernet-zung innerhalb der Verwaltung wird gelebt – sowohl analog als auchmit digitalen Mitteln»: Das sind die ersten Leistungsziele der StadtBasel im Bereich Smart Governance. Sie machen sofort deutlich, dassdie «Strategie Smart City Basel» kein Bauplan für eine mit Sensorenüberzogene und von Algorithmen gesteuerte Siedlungszone ist, son-dern ein ganzheitliches Konzept, das die Technologie als einen Faktorder smarten Stadt einbezieht.

Eine ähnliche Stossrichtung ist in den meisten Konzepten, Strategienoder Lenkungsplänen für smarte Städte zu finden, die es in derSchweiz bisher gibt. Sie entsprechen den Vorgaben aus der New UrbanAgenda der UNO und stellen den Menschen ins Zentrum. Es soll nichtdarum gehen, die Verwaltung der Stadt den Maschinen zu überlassen,sondern vielmehr, dank dem Informationsgewinn aus der neuen Tech-nologie und mit deren Hilfe besser vernetzt zu planen, zu handeln undzu leben.

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Dabei ist es zentral, die Bevölkerung einzubeziehen und immer hinterden angestrebten Zielen zu versammeln. Nur wenn die Bewohner derStadt die Veränderungen und Verbesserungen auch wollen, werden siezu ihrem Gelingen beitragen. Das bedingt grösste Sorgfalt in der Defi-nition, der Kommunikation und der Verfolgung der Ziele einer Smart-City-Initiative. Grössere Städte wie Zürich, Basel, Genf, aber auch Win-terthur und St. Gallen machen es vor: Ihre Leitbilder und Strategiensind verfügbar. Und auch wenn sie sich in der Stossrichtung gleichen:Sie müssen auf den Charakter der Stadt, auf ihre Merkmale und dieErwartungen der lokalen Bevölkerung Rücksicht nehmen und sie soweit einbeziehen, wie es nur irgendwie möglich ist.

Smart City ist keine Grossstadt

Von sogenannten Townhall-Meetings im Silicon Valley bei San Fran-cisco wird erzählt, dass sich die Einwohnerschaft gerne in ausführ-lichste Diskussionen über die besten Algorithmen für die Verkehrsam-peln auslassen könne. Dass dabei die seit Jahren boomende Regionim eigenen Erfolg zu ersticken droht, Wasserknappheit und Mobi-litätschaos nicht gemeinschaftlich angegangen werden und sich dieansässigen Grosskonzerne des Pendlerproblems mit privaten Trans-portdiensten entledigen, die wiederum den öffentlichen Verkehrbehindern, spricht Bände: Technologie allein ist kein Konzept.

Smartness beruht auf Vernetzung, und das gilt über die Grenzen derStadt hinaus. Die Schweiz ist bisher in der Entwicklung smarter Städtenicht an vorderster Front dabei. Das dürfte einerseits mit der durch-aus hohen Lebensqualität, der Effizienz und dem verhältnismässiggeringen Leidensdruck zusammenhängen. Zwar hat der Bundesrateine Absichtserklärung entworfen, die meisten grösseren Städte habeneine Smart City Strategie verabschiedet und Experten in der Stadtpla-nungsabteilung benannt, welche das Konzept koordinieren und vor-antreiben sollen. Ausserdem werden in regionalen Projekten wie demBasler Güterbahnhofareal Wolf erste Pilot- und Labor-Projekte vor-angetrieben, in denen Erkenntnisse und Erfahrungen gewonnen wer-den sollen, die auf die Schweiz zugeschnitten sind. Die ganz grossen

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Leuchtturm-Projekte für smarte Städte finden bis jetzt aber nochanderswo statt: Es sind Toronto, Kopenhagen, Singapur oder Münchenund Wien, die sich mit grosser Überzeugung auf den Weg machen.

Dabei ist die smarte Stadt keine Frage der Grösse, wie zwei Forscherdes Polytechnic Institute of Bragança am Beispiel von Portugals rund300 Städten mit 10’000 oder mehr Einwohnern nachgewiesen haben:Das Potential zur Smartness ist demnach bei den kleineren Städten imInland nicht geringer als bei den 14 von den 20 Grossstädten, die sichPortugals Netz der Smarten Städte angeschlossen haben. Mehr noch:Zwar haben «nur» 13 Prozent der mittelgrossen Städte (10’000-50’000Einwohner) Smart-City-Initativen angestossen. In absoluten Zahlenaber lassen diese 19 die 14 smarten Grossstädte hinter sich.

Und natürlich gibt es inzwischen Checklisten mit der todsicherenAnleitung für Gemeinden, zur smarten Stadt zu werden. Dabei istnicht nur zu bedenken, dass das Gemeinwesen in verschiedenen Tei-len der Welt von erheblichen kulturellen Unterschieden geprägt istund deswegen ein Universalrezept, wie der Prozess angestossen wer-den kann, wenig sinnvoll ist.

Ein anderer Stolperstein auf dem Weg ist gemäss Tom Saunders,Senior Researcher bei der internationalen Innovationsstiftung Nesta,dass sich Städte zu wenig nach der unmittelbaren Lösung für die aktu-ellsten Probleme umsehen und die grosse Vision der smarten Stadt alsAllheilmittel anschauen. So seien Metropolen wie Jakarta und Pekingdaran, Daten-Börsen einzurichten und mit Big Data ihr Verkehrschaoszu bekämpfen. Dabei wäre der wirksamste Ansatz, die öffentlichenTransportmittel schnell effizienter zu machen.

Wichtig kann auch sein, den Vorgang von der Blaupause einer techno-logisch modernisierten Stadt zu lösen und eine Vision zu entwickeln,hinter die sich alle stellen könnten. Man muss nicht gleich Gastgeberder nächsten Olympischen Spiele werden wollen, wie das Priya Pra-kash, Gründerin von Design for Social Change, als Beispiel anführt.Aber ein gemeinsames Ziel, eine Vision mit sozialen, ökonomischen

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und kulturellen Chancen für alle erhöhe die Teilnahmebereitschaftaller Involvierten enorm.

Das Smart City Management Modell (SCMM) des Teams rund um denSt. Galler HSG-Professor Dr. Oliver Gassmann beschreibt den Bezugs-rahmen für ein Transformationsprojekt in den drei Bestandteilen Leis-tungsbereiche, Transformationsprozess und Basiselemente. Die Leis-tungsbereiche sind die Themengruppen, in denen die Stadt smarterwerden will (Soziales, Wirtschaft, Mobilität etc); der Transformations-prozess ist ein Zyklus von Aktionen, die seriell durchlaufen werden, inwelchem Leistungsbereich auch immer die Transformation angestos-sen werden soll, und die Basiselemente sind die Voraussetzungen inSachen Organisation und Technologie, wie der Ausbau der Kommuni-kationsnetze, der Aufbau einer Datenbörse, Geschäftsmodellen, Bür-gereinbezug etc.

Transformation in sechs Schritten

Der Transformationsprozess beschreibt demnach die nötigen und auf-einander folgenden Schritte in der Wandlung einer Stadt zur SmartCity, die in allen Leistungsbereichen und parallel zur Einrichtung allerBasiselemente abgewickelt werden. Sie sehen wie folgt aus:

Transformation einleiten

Wie bereits mehrfach gesagt: Smart ist eine Stadt nicht als Zustand,sondern als permanenter Prozess zu verstehen. Der muss mit Themenangestossen werden, die ihn weiter in Bewegung halten: Die Fragenam Anfang sind die nach den nötigen Schritten, den wichtigsten The-men, um dem Prozess eine spürbare Richtung zu geben und den Insti-tutionen und Menschen, die sofort beigezogen werden sollen. Unteranderem müssen von Anfang an auch kritische Stimmen ins Projekt-team geholt werden, um keine Schlagseite zu erhalten; und es musseine verständliche Vision entwickelt werden: «Eine breit getrageneVision hilft in späteren Phasen bei der Beilegung von Konflikten undgibt erste Anhaltspunkte für die Auswahl der Projekte.»

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Standort bestimmen

Städte sind nicht smart oder dumm – der Zustand jeder Gemeindeist ein anderer, und das bezieht sich nicht nur auf die Infrastruktur.Im zweiten Schritt muss deshalb eruiert werden, als was sich dieGemeinde derzeit empfindet und wo sie hin will, welche Möglichkei-ten sie hat und welche Chancen. Die Erfinder des SCMM bieten dazueinen speziellen Fragebogen zum «Smart-City-Reifegrad», der immerwieder aufs neue benutzt werden kann. Ferner empfiehlt sich hiernicht nur die interne Nabelschau, sondern eine intensive Auseinan-dersetzung mit der Perspektive auf die Stadt von aussen.

Konzept entwickeln und Partner synchronisieren

Im dritten Schritt werden die ersten Umsetzungsideen skizziert, einMasterplan entworfen und die richtigen Partner für das weitere Vor-gehen identifiziert. Sie an Bord zu holen, ist ein wesentlicher Punkt.Hier geht es darum, Partner- und Bürgerbeteiligung sicherzustellen.das bedingt Transparenz: «Smart-City-Visionäre machen manchmalden Fehler, ausschließlich die Verbesserungen der Smart City zu kom-munizieren, ohne offen und ehrlich über die gesamten Auswirkungenzu sprechen. Stuttgart 21 wäre nicht zu einem solchen Desaster gewor-den, hätte man die Bürger frühzeitig aktiver hinzugezogen», schreibtGassmann. In diese Phase fallen auch wesentliche Schritte wie die Ent-wicklung einer Data Governance und schliesslich die Auswahl und dieRoadmap der Projekte.

Ressourcen mobilisieren

Jetzt geht’s ans Eingemachte. Es stellt sich wie bei jedem grösserenVorhaben die Frage nach den Ressourcen, und zwar innerhalb undausserhalb der Stadt. Und damit ist keineswegs nur die Finanzierunggemeint: Smart-City-Projekte sind in vielen Fällen Kooperationen vonKonsortien mit 30 und mehr Partnern. Sie zu finden ist je nach Pro-blemstellung und Teilprojekt ein schwieriger Prozess, wobei inzwi-schen Projektpartner-Plattformen und Datenbanken helfen: Oder

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eben die naheliegendsten Technologiepartner, -Verbände und Spezia-listen.

Ebenso gilt es in diesem Schritt die Bürgerinnen und Bürger, die künf-tigen Nutzer der smarten Stadt einzubinden. Dazu gibt es eine Vielzahlan Methoden und Varianten, die je nach Vorhaben von verschiedenerTragfähigkeit sind.

Schliesslich müssen in diesem Schritt Projektkoalitionen gebaut wer-den: Die Tipps dazu lesen sich wie die Anleitung zur Mobilisierungeiner politischen Grassroots-Bewegung, und etwas ähnliches ist dieKoalition auch: «Netzwerken Sie. Seien Sie kreativ bei der Durchfüh-rung von Meetings. Fördern Sie Diversität bei den Mitgliedern, ihrenIdeen und Ansichten. Kommunizieren, kommunizieren, kommunizie-ren!» rät Gassmann im Buch.

Projekte umsetzen

Nun, da die Koalitionen stehen, die Partner am gleichen Strang ziehenund die Finanzierung gesichert ist, muss nur noch umgesetzt werden.Doch dies ist in einer Transformation wie der einer Stadt zur smartenCity nicht mit herkömmlichen Grossprojekten vergleichbar. Erstenshandle es sich in der Regel um sehr grosse, umfangreiche, langfristigeund komplexe Projekte. «Es ist typischerweise ein Programm, dasmehrere Projekte umfasst», und entsprechend schwieriger Überschau-und abschliessbar. «Zahlreiche Smart-City-Projekte sind formal erfolg-reich – Fertigstellung innerhalb Zeit und Budget – und scheitern trotz-dem. Der Grund liegt meistens an der mangelnden sozialen Akzep-tanz.» dagegen kann das Studium von Fallbeispielen helfen, indemProbleme früher erkannt werden als in den untersuchten Modellfäl-len. Ausserdem gibt es mehr und mehr technische Hilfsmittel: Immermehr Städte setzen auf Werkzeuge wie virtuelle Realität zum Testenvon Anpassungen, Verbesserungen und Projekten im öffentlichenRaum.

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Betrieb und Verankerung

Der letzte Schritt in der Transformationssequenz ist die Inbetrieb-nahme der neuen Projekte. Nicht alles kann und soll schliesslichimmer auf der Stufe eines Experiments bleiben: Und das bedingt, dassein Plan für die Skalierung erarbeitet wird. Dabei ist ein ganz speziel-ler Stolperstein zu beachten: Die smarten Projekte zeichnen sich durchihre Fortschrittlichkeit aus, sie sind in vielen Fällen von innovativemCharakter. Aber von da in die Alltagsanwendung, die noch dazu aufdie ganze Stadt ausgedehnt werden soll, ist es ein grosser Sprung, war-nen die Autoren: Der «Replikationsmodus» unterscheidet sich starkvom vorgängigen «Innovationsmodus». Die Fehlertoleranz sinkt, dieStandardisierung steigt und die Neugier weicht einer Erwartungshal-tung.

Angesichts der verschiedenen Verbände und Initiativen wie Smart CitySchweiz, CityZen oder Smartcityhub wird jedenfalls deutlich, dass sichdie Gemeinden frühzeitig mit den passenden Experten zusammentunsollten.

Diese können helfen, die Bedürfnisse der Bevölkerung und das Poten-tial zu evaluieren, die passenden Ziele einer Strategie möglichst kon-kret zu formulieren und die richtigen Partner zu finden, mit denen dieersten Pilotversuche, Prototypen oder Konzepte angegangen werdenkönnen.

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GlossarGlossar

Algorithmus

Ein Schema zur Lösung eines Problems oder einer Aufgabe, das auseindeutigen, in einer bestimmten Reihenfolge abzuarbeitenden Schrit-ten besteht. Algorithmen sind die Baupläne für Computerprogramme,wobei eine bestimmte Ein- immer zur gleichen Ausgabe führen wird.

Anonymisierung/Pseudonymisierung

Die Anonymisierung verändert Daten so, dass ihr Ursprung nicht mehrermittelt werden kann; bei der Pseudonymisierung wird der Name desDatenursprungs durch ein Pseudonym ersetzt, so dass der einzelneDatensatz als solcher besteht, aber keinem Ursprung direkt zugeord-net werden kann.

API

Der Englische Begriff «Application Programming Interface» wird über-setzt mit «Programmierschnittstelle» und bezeichnet einen Satz von

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Befehlen, mittels derer die Software von anderen Programmen direktoder über eine Netzwerkverbindung gesteuert werden kann.

Array Of Things

Ein «Subnetz der Dinge», das in der Stadt Chicago aufgebaut wird:Im Endausbau sollen 500 Umwelt-Sensoren an Beleuchtungsmasten inder Stadt zahlreiche Daten über das Wetter und das Leben in der Stadtliefern, die Unternehmen, Universitäten, aber auch privaten Anwen-dern für die Entwicklung nützlicher Dienstleistungen zur Verfügunggestellt werden.

Big Data

Sammelbegriff für verschiedene Disziplinen zur Erfassung, Auswer-tung und Analyse gewaltiger Mengen gleichförmiger Daten. Impliziertwird, dass durch die Masse Muster und Zusammenhänge erkennbarwerden, die anhand kleinerer Beobachtungsmengen nicht feststellbarsind.

Blockchain

Eine beliebig erweiterbare Kette (Chain) von Datensätzen (Blöcken),die mit einem kryptografischen Verfahren verflochten und nach demAnhängen an die Kette nicht mehr veränderbar sind. Mit der Block-chain dokumentierte Vorgänge wie Transaktionen sind dadurch glaub-würdig nachverfolgbar. das Verfahren wird unter anderem für Kryp-towährungen wie Bitcoin eingesetzt.

Datensee

Das Konzept des “Data Lake” entspringt aus der Erkenntnis, dass esnicht zwingend zum Ziel führt, Datenbestände aus einer vielzahl vonQuellen aufzubereiten und in strukturierten Datenbanken als “DataWarehouse” abzulegen. Das gilt zumal dort, wo noch nicht klar ist, obund welchen Zwecken die daten dienen können. Im Datensee werden

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die Informationen deswegen zunächst als “Rohdaten” abgelegt underst bei Bedarf analysiert und “raffiniert”, sprich für die Endbenutzeraufbereitet.

Data Governance

Konzept zum Management von Daten mit dem Ziel Zugriff, Nutzbar-keit und Sicherheit mit geeigneten Prozessen zu garantieren.

Digitalisierung

Die Übersetzung von Informationen in einen binären Code, dessen Zei-chen aus einer Signalfolge aus zwei Zuständen (ähnlich wie das Morse-System) bestehen. Dies erlaubt die Übermittlung der Daten über jedesSystem, das Energieimpulse übermitteln kann, von Elektromagneti-schen über Schall- bis zu Lichtwellen.

Erweiterte Realität /Augmented Reality

Die Anreicherung der Umwelt durch direkt abrufbare Informationenauf geeigneten Medien. Audioguides in Museen, die durch Eingabeeines Zahlencodes dem Besucher Informationen zu Exponaten abspie-len, sind eine einfache Form der Augmented Reality. Eine komplexereVersion ist die Datenbrille, durch die hindurch ein Servicetechnikerdie zu wartende Maschine mit beschrifteten Teilen sieht.

Geolokalisierung

Mittels verschiedener Techniken und Signale kann die Position vonGeräte- oder Dienstnutzern in einer vernetzten Welt bestimmt wer-den. Am genauesten ist dabei das Auslesen der GPS-Position des Mobil-telefons eines Nutzers. Zur Geolokalisierung können aber auch zahl-reiche andere Signale wie die Namen von Wlan-Netzwerken herange-zogen werden.

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Glasfaserkabel

Kabel, die aus Lichtwellenleitern bestehen und Informationen so alsLichtimpulse übermitteln, was hohe Bandbreiten und einen höherenDatendurchsatz ermöglicht als elektrische Impulse auf Kupferkabel.

GPS

Das amerikanische System aus geostationären Satelliten (NAVSTARGPS), anhand derer Funksignale ein Empfänger auf der Erde seineexakte Position inklusive der Höhe über Meer bestimmen kann,stammt aus den siebziger Jahren uns ist seit der Jahrtausendwendevoll funktionstüchtig. Inzwischen haben Russland, China, die EU undIndien eigene Systeme lanciert.

Industrie 4.0

Bezeichnet die Verknüpfung der Informations- mit Produktionstech-nologien als vierte Industrielle Revolution nach der Mechanisierung,der Massenproduktion und der Digitalisierung.

Internet

Einem Auftrag des US-Verteidigungsministeriums aus den sechzigerJahren entstammend, ist das “Internet” ein praktisch unzerstörbarerVerbund von Computern. Das Prinzip besteht in der Stückelung der zuverschickenden Information in Datenpäckchen, die einzeln und überbeliebige Wege vom Absender über die zwischengeschalteten Compu-ter zum Zielort geschickt und dort wieder zusammengesetzt werden.Fällt eine Teilstrecke aus, so werden die Datenpakete über andere Rou-ten geschickt. Faktisch sind damit alle Rechner im Netz von allen ande-ren erreichbar.

Internet der Dinge

Der Begriff ist weit über zehn Jahre alt und bezeichnet eine Entwick-

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lung, in der sich die Lücke zwischen der virtuellen Welt der Daten-verarbeitung und der realen Welt der Maschinen (und Menschen)schliesst. Er steht für die Integration der Maschinen und Geräte indas Internet und den direkten Austausch von Informationen durchMaschine-zu-Maschine-Kommunikation.

Internet von allem

Der von Dave Evans vom Netzwerkhersteller Cisco geprägte Begriffbeschreibt die Weiterentwicklung des Internet der Dinge, in demneben den Geräten auch Prozesse, Menschen und einfache Objekte imInternet verknüpft sind.

Künstliche Intelligenz / Artificial Intelligence

Ein Fachgebiet der Informatik, das auf die Reproduktion menschlicherLern-, Verständnis- und Kombinationsfähigkeiten in Computernabzielt. Eine “intelligente” Maschine kann auch aus ihr unbekanntenSachverhalten und Daten Schlussfolgerungen ziehen und zu sinnvol-len Entscheidungen kommen.

LAN

Ein “Local Area Network” ist ein in sich geschlossenes Netzwerk vonGeräten – zum Beispiel in einem Privathaushalt. Die Verbindungszen-trale in einem solchen Netz, der Router, ist in der Regel auch der Tür-steher zum Internet. Geräte aus dem LAN können damit ins Internet,aber Geräte aus dem Internet nicht ohne weiteres ins LAN gelangen.

MAN/WAN

Im Gegensatz zum lokalen Netz, dem LAN, sind ein MAN ein “Metro-politan Network” mindestens auf Stadtebene und ein WAN als “WideArea Network” zum Beispiel ein weltweites Netz.

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Many-To-Many-Kommunikation

Im Internet der Dinge (IoT) sollen neben einzeln ansprechbaren Gerä-ten (one-to-one) immer mehr auch die Geräte untereinander, undzwar jedes an alle anderen, kommunizieren. So entsteht ein Netz anInformation, in dem immer alle den gleichen Wissensstand haben undentsprechend das Gesamtsystem optimieren, indem sie ihre eigeneRolle auf alle anderen ausrichten.

Open Data

Forderung nach der freien Verfügbarkeit von Daten, namentlich sol-chen aus öffentlichen Einrichtungen. Dabei geht es im Wesentlichendarum, dass aus diesen Daten neuer Erkenntnisse gewonnen werdenkönnen und neuer Nutzen geschöpft werden kann.

Router/Gateway

Ein Computer, welche zwei Netze verbindet – typischerweise ein pri-vates LAN und das Internet. Er leitet Anfragen der privaten Rechneran die öffentlichen weiter und übergibt im Gegenzug die Antwortenintern an den Ursprungscomputer der Anfrage. Die Rechner im priva-ten Netz sind von aussen nicht über eine IP erreichbar.

Security by Design

So heisst das Vorgehen, bei dem Sicherheitsanforderungen an Soft-und Hardware während der Entwicklungsphase eines Produktesberücksichtigt werden, um spätere Sicherheitslücken zu verhindern.Dabei werden Sicherheitsmechanismen von anfang an «scharf»gestellt oder zwingen den Anwender dazu, dies mit einem individuel-len Vorgehen zu tun (keine default-Passwörter etc).

Shotspotter

System zur Entdeckung und Lokalisierung von Gewehr- und Pistolen-

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schüssen im Stadtgebiet, das auf einem Netz von Mikrofonen basiert.Diese sind an exponierten Stellen in der Stadt fest installiert und miteiner Software vernetzt, welche den Stadtlärm in Echtzeit auf die typi-schen Wellenformen von Schüssen absucht. Trifft ein Ereignis ein,dann berechnet der Computer aufgrund der Latenzzeit zwischen denAufnahmen an verschiedenen Mikrofonen per Triangulation diegenaue Position des Schützen und schlägt in der Polizeistation entspre-chend Alarm.

Smart-City-Management-Modell (SCMM)

Wissenschaftlich fundiertes, zugleich nachvollziehbares Vorgehens-modell für Transformationsprojekte des St.Galler HSG-Professors Oli-ver Gassmann. Das SCMM wird im Buch «Smart City – Innovationenfür die vernetzte Stadt – Geschäftsmodelle und Management» (HanserVerlag 2180, ISBN 978-3-446-45572-6) beschrieben.

Autonomes Auto

Fahrzeuge, die dank umfangreicher Sensorik, Satellitennavigation undEchtzeit-Computerberechnung ohne Zutun eines Fahrers von A nach Bfahren können. Funktionen wie die automatische Spur- und Abstands-warnung, Einpark- oder Notbrems-Systeme sind seit einigen Jahrenserienmässig in Personenwagen zu finden; die Elektrofahrzeuge vonTesla sind theoretisch bereits heute vollständig autonom fahrbar.

TCP/IP

“Transmission Control Protocol/Internet Protocol“ sind die Grundlagedes Internets. Das Internet-Protokoll regelt das System der IP-Adres-sen, dank derer jedes Gerät im Netz eindeutig angesprochen werdenkann. Das TC-Protokoll standardisiert die Art und Weise, wie die Datenim Netz weitergegeben werden. Die beiden Standards sind aufgrundihrer Einfachheit und Robustheit zur Basis der Mehrheit aller Compu-ternetze geworden.

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Telemetrie

Die “Fernmessung” ist die Übermittlung von Zustandsdaten, die eineroder mehrere Sensoren erfasst haben, an eine räumlich entfernteStelle. Im Rennsport werden permanent die verschiedensten Mess-werte aus den Fahrzeugen an die Renn-Regie übermittelt, die so jeder-zeit über den aktuellen Zustand des Motors bescheid weiss. Im Flug-verkehr werden inzwischen Triebwerke aufgrund der Schubleistung,welche telemetrisch ermittelt wird, “vermietet”.

Vernetzte Gegenstände

Im Gegensatz zu vernetzten Geräten, die aus dem Netz angesprochenund ferngesteuert werden können, sind vernetzte Gegenstände imNetz lediglich passiv auffindbar und verfügen über keine abrufbarenAktionen.

Vernetzte Geräte

Als vernetzt gelten Geräte gemeinhin, wenn sie an ein grösseres Com-puternetzwerk angeschlossen und dadurch auch aus dem Internetangesprochen werden können.

Verschlüsselung / Kryptografie

Mathematische Verfahren, mit denen Datenströme so manipuliertwerden, dass sie nur von Inhabern eines geheimen Schlüssels wiederlesbar gemacht werden können. Die Kryptografie spielt eine wach-sende Rolle in allen Bereichen der Vernetzung, denn das Internet setztsich aus heterogenen und in vielen bereichen leicht einseh- und abhör-baren Teilbereichen zusammen.

Verteiltes System

Ein Zusammenschluss von Computern, der vom Benutzer als homo-genes System gesehen wird. Es wird durch Redundanz gleicher Funk-

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tionen extrem ausfallsicher und ermöglicht durch echtes zeitgleichesAbarbeiten von Teilaufgaben Geschwindigkeitsgewinne.

Virtualisierung

Die Virtualisierung bezeichnet die Simulation von Hard- oder Softwarein typähnlichen Ressourcen. So können Geräte oder ganze Netzwerkenachgebildet werden, die sich für den Anwender nicht vom Originalunterscheiden, die aber nicht physisch existieren. Typisch sind vir-tuelle Server, die an Kunden von Rechenzentren vermietet werden,Cloud-Speichersysteme, die mit den Bedürfnissen des Kunden nahtlosemitwachsen, oder Virtuelle private Netzwerke (VPN), die im Internetein privates, das heisst durch Verschlüsselung abhörsicheres Netznachbilden.

World Wide Web

Oft fälschlicherweise mit dem Internet gleichgesetzt, handelt es sichbeim WWW um eine Anwendung des Internets – das Hyper-Text-Transfer-Protocol HTTP. Es schafft eine Verbindung von Hypertext-Dokumenten, genannt Websites, die in Webbrowsern wie Safari oderChrome angezeigt werden und bei einem Mausklick auf einen soge-nannten Hyperlink die in diesem Link adressierte Website aufrufen.

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PPeteter Sennhauserer Sennhauser

Seit dreissig Jahren beobachtet der Journa-list Peter Sennhauser (*1966) die Digitali-sierung. Als Inlandredaktor des “Bund”hat er ausgangs des Jahrhunderts das Par-lament auf seine Internettauglichkeitabgeklopft und nach dem ersten Internet-Börsencrash für die Wochenzeitung“Cash” die hiesige “New Economy” beimWiederaufbau begleitet. Ab 2004 erlebteer “vor Ort” im Silicon Valley die Ankunftdes Smartphones, den Aufstieg der sozia-len Netzwerke und den Wandel der Medienwelt.

Letzteren prägte er selber fünf Jahre lang als Teilhaber des ZürcherStartups “Blogwerk” – und nach seiner Rückkehr aus San Francisco imJahr 2011 als digital-Entwickler in der Basler “TagesWoche” und späterals Online-Spezialist in der Leitung des Newsrooms der “Neuen Zür-cher Zeitung”. Inzwischen ist er Inhaber einer eigenen Agentur undberät Unternehmen beim Aufbau einer Content-Marketing-Strategie,in der Gestaltung der redaktionellen Prozesse oder hilft ihnen bei derUmsetzung publizistischer Projekte. www.swissreporter.ch

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InstitutInstitute fe for Digital Businor Digital Businessess

Allgemein

Im September 2014 gründete die HWZ Hochschule für WirtschaftZürich unter der Leitung von Manuel P. Nappo das schweizweit ersteKompetenzzentrum im Bereich Digital Business. Das Institute for Digi-tal Business ist eine Anlaufstelle für anwendungsorientiertes digitalesWissen. Es ermöglicht einen optimalen Wissenstransfer in Unterneh-men, Verbände und öffentliche Verwaltungen. Angeboten werdenLehre, Beratung sowie kostenloses Wissen.

Mission

«Wir unterstützen Schweizer KMUs sowie Entscheidungsträger inWirtschaft und Gesellschaft, den Herausforderungen des digitalenZeitalters gerecht zu werden. Wir liefern umsetzbare, anwendungs-orientierte Inputs in Form von Weiterbildungen, Schulungen, Beratun-gen, Know-how, Konzepten, Support und Lösungsvorschlägen.»

Angebot

Der Master of Advanced Studies (MAS) in Digital Business sowie diesechs Zertifikatslehrgänge (CAS) werden vom Center for Digital Busi-ness, zum Teil in Zusammenarbeit mit externen Partnern, entwickeltund durchgeführt. Das Institute for Digital Business realisiert zudemmassgeschneiderte Kurse und Workshops mit Unternehmen, Verbän-den und Verwaltungen. Die Schulungen werden grundsätzlich nachden individuellen Bedürfnissen der Unternehmen aufgebaut undumgesetzt. So unterstützt das Center seine Kunden beispielsweise beieiner Potenzialanalyse, bei der Entwicklung einer digitalen Visionoder der Implementierung einer Digitalisierungsstrategie. Das Insti-tute stellt zudem kostenlos Wissen in Form von White Papers, Check-

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listen, Anleitungen usw. zur Verfügung. Im Bereich der angewandtenForschung arbeitet das Center an Projekten für Auftraggeber aus derWirtschaft, öffentlichen Verwaltung oder für NGO.

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bucbuch & nh & netzetz

buch & netz ist ein Verlag und Dienstleister für die Publikation vonBüchern, E-Books und Online-Angeboten.

Durch den Einsatz von modernster Internet-Technologien und derkonsequenten Umsetzung einer Digital-First-Strategie können Publika-tionsprojekte in konkurrenzlos kurzer Zeit, in hoher Qualität und zuattraktiven Kosten umgesetzt werden. Die durch buch & netz produ-zierten Werke können durch den eigenen Verlag oder durch Partner-verlage dem internationalen Buchhandel verfügbar gemacht werden.Die optionalen Online-Bücher erhöhen die Sichtbarkeit der Werke imInternet. Der Einsatz von Creative-Commons-Lizenzen ermöglicht daseinfache Teilen der Inhalte und die Nutzung der buch & netz Down-load-Gutscheine vereinfachen das Verschenken von E-Books. WeitereInfos finden Sie auf unserer Website http://buchundnetz.com

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Das Buch «Smart City – Eine Einführung» im Verlag buch & netz istunter einer Creative Commons Lizenz vom Typ Namensnennung –Nicht Kommerziell – Keine Bearbeitung – 4.0 (CC-BY-NC-ND 4.0) publi-ziert.

Die Texte in diesem Werk sind, wenn nicht anders angegeben, unter ei-ner Creative Commons Lizenz vom Typ Namensnennung – Weitergabeunter gleichen Bedingungen – 4.0 (CC-BY-SA 4.0) publiziert.

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Bitte referenzieren Sie die Texte, die Sie gemäss der CC-BY-SA Lizenznutzen, auf folgende Weise:

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• Quelle: «Smart City – Eine Einführung»

• Autor: Peter Sennhauser

• Verlag: buch & netz – http://buchundnetz.com

• ISBN: 978-3-03805-271-5 (PDF), 978-3-03805-272-2 (ePub),

978-3-03805-273-9 (mobi), 978-3-03805-274-6 (Booklet)

• Link: http://buchundnetz.com/werke/smartcity

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