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Skript Netzwerkmoderation

Date post: 03-Feb-2017
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Regionen mit peb IN FORM KOMMUNALE/R GESUNDHEITS- MODERATOR/IN Weiterbildung zum Aufbau vernetzter Strukturen für die Gesundheit unserer Kinder www.in-form.de www.regionen-mit-peb.de www.vernetzt-vor-ort.info Netzwerkmoderation moderieren, motivieren, Konflikte meistern
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Page 1: Skript Netzwerkmoderation

Regionen mit peb IN FORM

KOMMUNALE/R GESUNDHEITS-MODERATOR/IN

Weiterbildung zum Aufbau vernetzter Strukturen für die Gesundheit unserer Kinder

www.in-form.dewww.regionen-mit-peb.dewww.vernetzt-vor-ort.info

Netzwerkmoderation moderieren, motivieren, Konflikte meistern

Page 2: Skript Netzwerkmoderation

INHALT1. NETZWERKMODERATION ALS HERAUSFORDERUNG ................................

2. ERFOLGREICH KOMMUNIZIEREN ..............................................................

2.1 Was ist Kommunikation? ..................................................................

2.2 Vier Seiten einer Nachricht ...............................................................

2.3 Feedback geben ................................................................................

2.4 Fragen ..............................................................................................

2.5 Aktives Zuhören und Ich-Sätze ..........................................................

3. PARTIZIPATIONSORIENTIERTE MODERATION ............................................

3.1 Was ist Moderation? ........................................................................

3.2 Basismoderationstechniken .............................................................

3.3 Kreative Moderationstechniken .......................................................

3.4 Bewertungstechniken .......................................................................

4. UMGANG MIT SCHWIERIGEN MODERATIONSSITUATIONEN

UND KONFLIKTEN ....................................................................................

4.1 Teamentwicklung ............................................................................

4.2 Konflikte erkennen ...........................................................................

4.2.1 Interessenkonflikte .................................................................

4.2.2 Vorgehenskonflikte .................................................................

4.2.3 Persönliche Konflikte ..............................................................

4.3 Konfliktgespräche führen .................................................................

4.3.1 Spontane Konfliktgespräche meistern

– mit DIEGO in der Hand ........................................................

4.3.2 Emotionen statt Handlungen ansprechen

– Das Teufelskreis-Modell .......................................................

4.3.3 Hart in der Sache, weich zu den Menschen

– Konfliktvermittlung nach dem Harvardprinzip ...................

5. WEITERFÜHRENDE HINWEISE

Literatur ...................................................................................................

6. ANHANG

A. MODERATIONSPLAN ............................................................................

B. CHECKLISTE MODERATION....................................................................

.

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AUTORINAlexandra KrammCoach, Trainerin, Kommunikationsexpertin

schulterblick

Studium der Germanistik, Politikwissenschaften und Komparatistik an der FU Berlin mit Abschluss Magi-stra Artium, Weiterbildung zur systemischen Beraterin (DGSF). Langjährige Erfahrung als Beraterin für Öffentlichkeits-arbeit und Politische Kom-munikation sowie mit ehren-amtlichem Engagement.

Alexandra Kramm ist seit 2007 unter dem Namen schulterblick selbstständigtätig. Ihr Schwerpunktbe-reich ist die Kommunikation und die damit zusammen-hängenden Herausforder-rungen: Führung, Konflikte, Motivation, Feedback, Zusammenarbeiten, Zeit-kompetenz… Sie arbeitet mit Einzelpersonen und Gruppen in Coachings und Trainings.„Drei wichtige Prinzipien gelten für meine Herange-hensweise: Ich arbeite lösungsorientiert mit den Ressourcen meiner Kunden. Beispiele und Schwierig-keiten aus dem Arbeitsalltag der Teilnehmerinnen und Teilnehmer stehen im Mittelpunkt. Ich setze auf das Prinzip „Lernen durch Erfahrung” mit praktischen Übungen, Rollenspielen und Gruppenarbeit.

www.schulter-blick.de

››› SKRIPT Netzwerkmoderation ››› SKRIPT Netzwerkmoderation

Page 3: Skript Netzwerkmoderation

MODUL 2 ______________________________________________ Bedarfsanalyse anhand von Gesundheitsdaten – sammeln, analysieren, argumentieren

Netzwerkmoderation ist eine komplexe

Aufgabe, die kommunikative, methodi-

sche und strukturierende Fähigkeiten

voraussetzt. Vieles davon bringen er-

fahrene Sitzungsleiter und Führungs-

kräfte schon mit. Gleichzeitig stellt die

Netzwerkmoderation all jene immer

wieder vor eine große Herausforderung,

die es gewohnt sind in Führung zu ge-

hen, zu lenken und Richtungen vorzu-

geben.

Allparteilichkeit, wertschätzende Offen-

heit und eine zielgerichtete Prozess-

orientierung kennzeichnen einen guten

Netzwerkmoderator. Die Balance zu

halten, zwischen Themen anstoßen und

dennoch nicht vorgeben, Vorschläge

machen ohne zu bevormunden, Aufga-

ben formulieren und die Verantwortung

teilen, ist eine komplexe Aufgabe.

Sich auf diese Art der Moderation einzu-

lassen und in die eigenen Fähigkeiten

und die der Gruppe vertrauen zu lernen,

braucht Zeit, Erprobung und Freude an

der Entdeckung dieser Rolle.

1. Netzwerkmoderation als Herausforderung

Dieses Skript ist eine Hilfestellung für

die Moderation von Netzwerken.

Das zweite Kapitel gibt einen Überblick

über kommunikative Grundhaltungen

und Techniken, die für die Moderation

eine stabile Basis sind. Im dritten Kapitel

werden Moderationsmethoden für

unterschiedliche Situationen vorgestellt

und erläutert. Das vierte Kapitel befasst

sich mit dem Umgang mit Schwierig-

keiten und Konflikten in Netzwerken

und versucht Hilfestellungen für den

Moderator zu geben. g

Zur besseren Lesbarkeit wurde auf die jeweils

weibliche Form verzichtet. Die Formulierungen

schließen die weibliche Form mit ein.

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Page 4: Skript Netzwerkmoderation

MODUL 2 ______________________________________________ Bedarfsanalyse anhand von Gesundheitsdaten – sammeln, analysieren, argumentieren

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2. Erfolgreich kommunizieren

2.1 Was ist Kommunikation?Zwischenmenschliche Kommuni-

kation funktioniert nach Paul

Watzlawick vom Prinzip her ganz

einfach:

Es gibt einen Sender, der etwas

mitteilen möchte. Er gibt sein An-

liegen verschlüsselt in erkennbaren

Zeichen wieder. Das, was er von

sich gibt, kann ganz allgemein als

seine Nachricht bezeichnet werden.

Die Aufgabe des Empfängers ist es

nun, dieses wahrnehmbare Gebilde

zu entschlüsseln. Meist stimmen

gesendete und empfangene Nach-

richt leidlich überein. Dann hat

eine Verständigung stattgefunden.

Nach diesem Prinzip ist es klar,

dass häufig Probleme in der Kom-

munikation auftreten müssen.

Watzlawick fasst es passend zu-

sammen: „Kommunikation ist

zugleich eine der komplexesten

und wichtigsten Fähigkeiten des

Menschen.“

Sie besteht eben nicht allein in der

Weitergabe von sachbezogenen

Informationen. Etwa zwei Drittel

des Austausches in einem Ge-

spräch werden über den visuellen

oder akustischen Kanal in Form

von Gesten, Körperhaltung, Mimik,

Betonung oder Sprachmelodie

transportiert.

Die ersten beiden Axiome der Watz-

lawickschen Kommunikations-

SENDER EMPFÄNGER

Nachricht Nachricht

theorie beschreiben die Grundlage

der Kommunikation:

„ Man kann nicht nicht kommu-

nizieren.“

Verhalten ist immer auch Kommu-

nikation. Zwei Personen kommu-

nizieren miteinander, sobald sie

sich gegenseitig wahrnehmen

können. Jede Verhaltensweise hat

kommunikativen Charakter. Es gibt

kein Gegenteil zum Verhalten, wir

können uns nicht nicht verhalten.

Daher ist es ebenso unmöglich,

nicht zu kommunizieren. Kommu-

nikation findet auch nonverbal

und unbewusst statt.

Beispiel:

Ein Mann sitzt im Wartezimmer

einer Ärztin und spricht nicht. Er

starrt auf den Boden.

› Es findet keine verbale Kommu-

nikation statt, dennoch kommu-

niziert der Mann mit den ande-

ren Personen im Wartezimmer:

dass er nicht mit ihnen kommu-

nizieren möchte, dass ihn die

Warterei nervt, dass er auf sich

konzentriert ist, dass….

› Die Wahrnehmung des Verhal-

tens des Mannes wird von unter-

schiedlichen Menschen unter-

schiedlich interpretiert.

„ Jede Kommunikation hat einen

Inhalts- und einen Beziehungs-

aspekt, wobei Letzterer den

Ersteren bestimmt.“

Kommunikation enthält immer

eine reine Sachinformation

(Inhaltsaspekt) und einen Hinweis,

wie der Sender seine Botschaft

verstanden haben will und wie er

seine Beziehung zum Empfänger

sieht (Beziehungsaspekt).

. Der Inhaltsaspekt stellt das

Was einer Mitteilung dar.

. Der Beziehungsaspekt sagt et-

was darüber aus, wie der Sender

diese Mitteilung vom Empfän-

ger verstanden haben möchte.

Es gibt keine rein informative Kom-

munikation. Jede Äußerung ent-

hält auch eine Beziehungsaussage.

Der Beziehungsaspekt bestimmt,

wie der Inhalt zu interpretieren ist.

Eine negative Beziehung wird die

Aufnahme der Sachinformation

beeinträchtigt. Es muss zunächst

auf der Beziehungsebene Gemein-

samkeit erreicht werden, bevor

auf der Sachebene Kommunikation

ankommen kann. Die Art der Be-

ziehung zwischen zwei Kommuni-

kationspartnern ist für das gegen-

seitige Verständnis von grundle-

gender Bedeutung.

Beispiel:

Eine Frau sagt zu der anderen:

„Du hast aber eine hübsche Kette.“

› Dieser Satz kann je nach Mimik,

Gestik, Sprachmelodie, Körper-

haltung und Betonung entspre-

chend der Beziehung der beiden

zueinander (beste Freundinnen,

rivalisierende Kolleginnen,

Mutter/Tochter etc.) als Bestäti-

gung/Kompliment oder als Ab-

wertung/Kritik/Ironie verstanden

werden. g

INHALTSASPEKT

EMPFÄNGER

MODUL 2 ______________________________________________ Bedarfsanalyse anhand von Gesundheitsdaten – sammeln, analysieren, argumentieren

Beispiel:

Ein Mann und eine Frau fahren im Auto. Sie fährt, er sagt zu ihr: „Die Ampel ist grün.“

Bei der Frau kann diese Nachricht sehr unterschiedlich ankommen, je nachdem mit

welchem Ohr sie die Nachricht aufnimmt. Davon hängt auch ihre Reaktion ab.

Zum Beispiel:

Sachohr: „Stimmt, die Ampel ist grün.“

Selbstoffenbarungsohr: „Hast Du heute noch etwas vor?“

Beziehungsohr: „Ich hab einen Führerschein und kann alleine fahren!“

Appellohr: „Ich geb’ ja schon Gas.“

Es ist unmöglich zu verhindern, dass eine Nachricht falsch verstanden wird.

Aber im Bewusstsein der vier Seiten einer Nachricht kann jeder Sender versuchen,

seine Nachricht auf allen vier Seiten so klar wie möglich zu formulieren.

Das Modell der vier Seiten einer Nachricht ermöglicht es ebenso, sich auf bestim-

mte Seiten zu konzentrieren und andere stärker zu ignorieren. Beispielsweise kann

ein Mensch mit starkem Beziehungsohr immer gezielt hinterfragen, was ausdrück-

lich (explizit) gesagt wurde und was er selbst (implizit) verstanden und damit

hineininterpretiert hat. g

SENDER EMPFÄNGER Selbst-

offenbarungAppell

Sachinhalt

Beziehung

Vier Seiten einer

Nachricht

Vier Seiten einer

Nachricht

Ich habe

es eilig

Gib Gas!

Ampel ist grün

Du brauchst meine Hilfe

Selbstoffen- barungsohrWas ist das für einer? Was ist

mit ihm?

BeziehungsohrWie redet der

eigentlich mit mir? Wen glaubt der

vor sich zu haben?

SachohrWie ist der Sachverhalt zu verstehen?

AppellohrWas soll ich tun, denken, fühlen auf Grund seiner Mitteilung?

2.2 Vier Seiten einer NachrichtFriedemann Schulz von Thun hat sich Anfang der achtziger Jahre mit der „Anatomie“

von Nachrichten beschäftigt. Zur Verbesserung der zwischenmenschlichen Kommu-

nikation hat er aus der Psychologie für den Alltag das Modell der „Vier Seiten einer

Nachricht“ und „Mit vier Ohren empfangen“ entworfen. Er geht davon aus, dass jede

Nachricht vier unterschiedliche Botschaften enthält:

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MODUL 2 ______________________________________________ Bedarfsanalyse anhand von Gesundheitsdaten – sammeln, analysieren, argumentieren

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2.3 Feedback gebenFeedback geben fällt vielen Men-

schen schwer. Denn Feedback wird

meistens als Bewertung und Beur-

teilung des anderen empfunden.

Sie wollen andere nicht verletzen

und gleichzeitig können sie ihre

meist negativen Gefühle nicht

verbergen.

Die Methode des „geWIEVten

Feedback“ ist eine gute Möglich-

keit, anderen ein ehrliches Feed-

back zu geben, ohne seine per-

sönliche Wahrnehmung und

Empfindung zu unterdrücken und

dennoch zu versuchen, Verlet-

zungen zu vermeiden. Das schritt-

weise Vorgehen ist dafür elemen-

tar:

1. Wahrnehmung

› Was nehme ich wahr, also was

sehe, höre, rieche ich

› Sehr konkret formuliert

› Bezogen auf Veränderungen

› Begriffe wie „immer“ und „nie“

vermeiden

. „Mir ist aufgefallen, dass …“

. „Ich habe gesehen, wie Du …“

2. Interpretation

› Wie fasse ich Wahrnehmung

auf, wie interpretiere ich sie

› Vorsichtig und als Möglichkeit

formuliert

. „Daraus schließe ich, dass…“

. „Bei mir kommt an, dass …“

3. Empfindung

› Wie fühle ich mich?

› „ich” sagen statt „man”

› Ehrliche, offene Subjektivität

› Du, Dir, Dein vermeiden

. „Ich fühle mich dabei ..“

4. Verhaltenswunsch

› Handlungserwartung nennen:

positiv, klar, konkret

. „Ich wünsche mir, dass Du

zukünftig …“

Beispiel:

Ich möchte jemandem mitteilen,

dass es mir nicht gefällt, wenn er

mir ins Wort fällt und mich unter-

bricht. In klassischer Form würde

ich vielleicht sagen: „Du unter-

brichst mich immer. Hör auf da-

mit!“ Diese Formulierung würde

mit ziemlicher Sicherheit einen

Widerspruch provozieren.

Nach der Methode des „gewievten

Feedbacks“ würde ich vielleicht

sagen: „Mir ist aufgefallen, dass ich

gestern dreimal meinen Satz nicht

zu Ende bringen konnte, weil

Du mich unterbrochen hast, als

wir uns unterhalten haben. Ich

habe den Eindruck, dass Du das

häufig machst und für Deine

Kommunikation „normal“ zu sein

scheint. Ich fühle mich dabei be-

lehrt und von oben herab behan-

delt. Ich wünsche mir, dass Du mich

in Zukunft ausreden lässt.“ Diese

Formulierung wird sicherlich keine

Begeisterung hervorrufen, doch

die Wahrscheinlichkeit, dass

über den Wunsch und die Verän-

derung statt über Vergangenheit

und Verletzungen diskutiert wird,

ist wesentlich größer. g

2.4 FragenFragen sind für die Kommunikation

eines der stärksten Mittel, denn

sie ermöglichen andere Menschen

einzubeziehen und richtigzustellen,

dass Kommunikation richtig ver-

standen wird. Fragen sind aber

auch ein Mittel der Steuerung bis

hin zur Manipulation.

Im Folgenden sind Fragentypen

und ihre Wirkung aufgelistet und

erläutert:

Partizipationsorientierte Fragen

› Offene Fragen

Alle Fragen die mit einem W-

Fragewort beginnen, also wer,

wie, was, wann, wo, welche etc.,

sind offene Fragen.

Der Gesprächspartner kann hier

in der Regel nicht mit einem „Ja“

oder „Nein“ antworten. Fragen,

die mit wieso, weshalb, warum

beginnen, drängen die andere

Person in die Rechtfertigung und

sollten daher vermieden werden.

Beispiel: . „Wie kann ich Ihnen helfen?“

› Informationsfragen

Das Ziel dieser Fragen ist es, das

Wissen und Verständnis über

eine Sache oder Person zu ver-

vollständigen. Die Fragen sollten

wertneutral formuliert und mög-

lichst kurz sein. Sie sind eine

Unterform der offenen Fragen.

Beispiel: . „Welche Anforderungen stellen

Sie persönlich an unser Produkt?“

› Motivierungsfrage

Diese Frage soll positive Stim-

mung verbreiten und kleine

Streicheleinheiten verteilen, die

in jedem Fall ernst gemeint sein

sollten.

Beispiel: . „Was sagen Sie als Experte

dazu?“

› Rück- oder Gegenfrage

Diese Frage soll Ihnen gleichzei-

tig mehr Informationen bringen

und Zeit zum Nachdenken schaf-

fen. Die Verantwortung wird in

der Regel auf beide Gesprächs-

partner verteilt.

Beispiel: . Kunde – „Welchen Nachlass

können Sie gewähren?“

Gegenfrage „Welche Menge

haben Sie sich vorgestellt?“

MODUL 2 ______________________________________________ Bedarfsanalyse anhand von Gesundheitsdaten – sammeln, analysieren, argumentieren

› 4› 4

› Spiegel-Frage

Beim Spiegeln fasst der Fragende

das, was der andere gesagt hat,

mit eigenen Worten zusammen,

um sich zu versichern, dass die

Botschaft richtig angekommen

ist.

Beispiele: . „Habe ich sie richtig

verstanden, dass… “

. „Bei mir ist angekommen,

dass…“

. „Verstehe ich das richtig, dass

Ihnen wichtig ist, dass…“

› Rückwärtsfragen

Diese Fragen begeben sich fiktiv

in das Morgen, um den Zustand

dort zu erkunden und damit eine

Beschreibung von Ergebnissen,

nicht nur sachlich sondern gera-

de auch emotional, zu erreichen.

Beispiele: . Was müsste das Ergebnis

dieses Gesprächs sein, damit

es sich für sie lohnt?

. Welche Kriterien müsste das

Angebot für Sie erfüllen, damit

es für Sie ein gutes Angebot

darstellt?

Ergebnisleitende Fragen

› Geschlossene Fragen

Fragen, bei denen die Antwort

„Ja“ oder „Nein“ lautet. Ein Ab-

weichen von diesen Antworten

bedeutet ein Abweichen von der

Frage. Ziel dieser Frage kann es

sein, eine Entscheidung herbei-

zuführen.

Beispiel: . „Gefällt Ihnen diese Farbe?“

› Übereinstimmungsfragen

Diese Art der geschlossenen

Fragen helfen festzustellen, ob

der Gesprächspartner den Aus-

führungen gefolgt ist und die

Meinung teilt. Allerdings ist es

für das Gegenüber nicht einfach,

an dieser Stelle mit „nein“ zu ant-

worten und zu widersprechen.

Das funktioniert nur, wenn vor-

her eine partnerschaftliche Kom-

munikationsatmosphäre ge-

herrscht hat.

Beispiel: . „Entspricht das Ihren Vor-

stellungen?“

› Alternativfragen

In der Frage wird die Auswahl

zwischen zwei positiven Alterna-

tiven gegeben. Der andere kann

in einem vorgegebenen Rahmen

mitbestimmen. Ein Abweichen

vom Rahmen ist bei dieser Art

der Frage meist nicht erwünscht.

Beispiel: . „Passt Ihnen Donnerstag oder

Freitag besser?“

› Rhetorische Frage

Diese Frage bedarf keiner Ant-

wort, weil die Antwort schon

klar ist. Damit kann beispiels-

weise von der Problembehand-

lung zum Lösungsvorschlag

übergeleitet werden.

Beispiel: . „Sie sehen also als Möglichkeit

zur Kostensenkung …?“

› Suggestivfrage

Diese geschlossene Frage sugge-

riert eine bestimmte Antwort,

sollte aber vorsichtig verwendet

werden, damit sich das Gegen-

über nicht manipuliert fühlt.

Beispiel: . „Ihnen ist doch sicherlich be- kannt, dass …?“ „Wollen Sie Ihre Produktions-

kosten senken?“

› Ja-Fragen-Kette

Sie besteht aus mehreren ge-

schlossenen Fragen, die der Ge-

sprächspartner nur mit „Ja“

beantworten kann. Sie werden

schnell hintereinander gestellt,

damit auch auf die letzte ent-

scheidende Frage ein Ja kommt.

Diese Art der Fragen wirkt mani-

pulativ und sollte daher ver-

mieden werden.

Beispiel: . „Sie möchten Ihren Gewinn

steigern? Jedoch ohne Ihre

Produktionskapazitäten zu

erweitern? Und dabei noch das

Image Ihrer Firma verbessern?

Wenn ich Sie richtig verstehe,

dann denken Sie an eine neu-

artige Maschine? Dann wären

doch unsere XYZ genau die

richtigen für Sie? g

› 9› 8

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Page 6: Skript Netzwerkmoderation

MODUL 2 ______________________________________________ Bedarfsanalyse anhand von Gesundheitsdaten – sammeln, analysieren, argumentieren

› 4› 4

2.5 Aktives Zuhören und Ich-SätzeErfolgreiche Kommunikation ist

vor allem stimmig. Nach Schulz

von Thun besteht die Stimmigkeit

aus drei Komponenten:

› „wesensgemäß, d.h. in Überein-

stimmung mit mir selbst”,

› „system- und situationsgerecht,

d.h. in Übereinstimmung mit

dem jeweiligen Kontext”,

› „metakommunikativ, d.h. in

Auseinandersetzung mit den

Rollenpartnern über das »Wie«

der gemeinsamen Kommuni-

kation und Kooperation”.

Zwei Kompetenzen tragen ganz

wesentlich dazu bei, stimmig zu

kommunizieren:

1. Aktives Zuhören

› Aufmerksames Zuhören

› Einfühlen in die Gefühls- und

Gedankenwelt des Zuhörers

(Empathie):

Wie mag es dem Gegenüber

gerade gehen? Ist er/sie sauer,

enttäuscht oder frustriert,

ängstlich?

› Bemühen, den anderen in seiner

Andersartigkeit zu respektieren

(Akzeptanz): Akzeptieren, dass

der/die Andere die Situation so

empfindet, wie er/sie empfindet

› Verbalisieren von Gefühlen, die

sich hinter den Sachinhalten

verbergen:

Aussprechen, was man aus der

Einfühlung heraus glaubt wahr-

zunehmen (z.B. „Ich kann nach-

vollziehen, dass Sie sauer sind.“)

› Dem Gesprächspartner zuge-

wandte Körperhaltung, aufmerk-

same Mimik, wohlwollender

Blickkontakt

› Aufmerksame, verbale Beglei-

tung durch „ja”, „genau”, „aha”,

„mmh” etc.

› Paraphrasieren des Gehörten,

d.h. das, was verstanden wurde,

in eigenen Worten zusammen-

fassen (spiegeln)

2. Ich-Botschaften

› Mit Ich-Botschaften kann dem

Gegenüber mitgeteilt werden,

welche Gefühle, Empfindungen

und Gedanken sein Verhalten

beim Sender ausgelöst haben.

› Ich-Botschaften werden im

Gegensatz zu Du-Botschaften

leichter akzeptiert, weil es sich

klar um subjektive statt objek-

tive Äußerungen handelt.

› Du-Botschaften wirken oft als

Killerphrasen, weil der andere

sich angegriffen fühlt und sich

verteidigt statt die Äußerung

aufzunehmen.

› Mit Ich-Botschaften bleibt der

Fokus bei mir. g

MODUL 2 ______________________________________________ Bedarfsanalyse anhand von Gesundheitsdaten – sammeln, analysieren, argumentieren

› 5

3.1 Was ist Moderation?Der Begriff „Moderation“ ist schon seit

dem Altertum bekannt und heißt von

der ursprünglichen Wortbedeutung aus-

gehend so etwas wie „Mäßigung“ oder

„Maß halten“. Die heutigen Assoziatio-

nen sind oft stärker vom Bild des Fern-

seh- oder Rundfunkmoderators geprägt.

Der Moderator bei Sitzungen und Treffen

hat die Aufgabe, Gruppengespräche me-

thodisch zu leiten, ohne sich dabei in-

haltlich zu beteiligen und die Willens-

bildung der Gruppe zu beeinflussen.

Seine Funktion ist es, für eine effektive

Gestaltung von Gruppenkommunikation

zu sorgen und die Gruppe zu ihrer opti-

malen (geistigen) Leistung zu führen.

Insofern ist Moderation hier als Methode

zur Gruppenkommunikation zu ver-

stehen, die durch drei Komponenten

charakterisiert ist:

› Vereinbarung einer bestimmten

Grundhaltung („Philosophie“)

› Einsatz bestimmter methodischer

Schritte („Software“)

› Verwendung bestimmter Arbeits- und

Hilfsmittel („Hardware“)

Grundhaltung

Der Moderator ist ein methodischer

Helfer, ein Katalysator, eine „Hebamme“

für ein Problem. Sein Wissen, seine Er-

fahrung stehen den Teilnehmern zur

Verfügung. Der Moderator ist kein Leiter

oder Hierarch, der „weiß wo‘s lang geht“,

er ist kein Lehrer, der es besser weiß, er

ist kein Experte, der das „Eigentliche“

weiß.

3. Partizipationsorientierte Moderation

Bei der Moderation sollten folgende

Punkte beachtet werden:

› Visualisierung ist Trumpf

› Jeder kommt zu Wort

› Jede Meinung ist wichtig

› Fehler dürfen gemacht werden

› Fragen müssen gestellt werden

› Jeder ist verantwortlich

› Fasse dich kurz

› Keine Killerphrasen

› Es darf Spaß machen

Phasen der Moderation

1. Auftakt: Begrüßung, Kennenlernen,

Anwärmen

2. Einstieg ins Thema: Themenfindung,

Problemklärung, Agenda festlegen

3. Bearbeitung des Themas:

Gruppenarbeit, Diskussionen,

Ideenfindung, Ideenbewertung

4. Sicherung der Ergebnisse: Festhalten

von Aufgaben und Verantwortlich-

keiten, Reflektion des Prozesses,

nächste Schritte formulieren. g

› 11› 10

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Page 7: Skript Netzwerkmoderation

› 5

Ü Arbeitsformenwechsel

› Lockert Atmosphäre, Bewegung

bringt neue Ideen

› Andere Zusammensetzung bringt

andere Schwerpunkte

› Arbeitsformen: Plenum, Gruppen-

arbeit, Partnerarbeit, Einzelarbeit…

REGELN:

1. Keine Diskussion über Aufgaben- stellung

2. Moderator entschei- det (strategisch) über Gruppenzu- sammensetzung

3. Klare Zeitvorgabe

MATERIAL:

• Flipchart

• Stifte

• ggf. Karten oder ähnliches für Gruppeneinteilung

VORGEHEN:

› Visualisierung des Arbeitsauftrags

plus Darstellung der Ergebnisse

› Gruppeneinteilung (freie Wahl, nach

Themen, zufällig, spielerisch, ab-

zählen, losen)

› Zeit für Arbeitsaufgabe aufschreiben

3.2 BasismoderationstechnikenDiese Techniken finden in fast jeder

Moderation Verwendung. Sie sind meist

auch spontan und ohne große Vorbe-

reitung anwendbar. Dabei werden vor

allem klassische Moderationsmaterialien

wie Karten, Stifte, Klebepunkte, Pinn-

wand und Flipchart genutzt. g

MODUL 2 ______________________________________________ Bedarfsanalyse anhand von Gesundheitsdaten – sammeln, analysieren, argumentieren

› 5

Ü Einpunktabfrage

10

6

8

4

2

0

numerische Skala

verbale Skala

Für das Netzwerk bin ich bereit

regelmäßig teilzunehmen

-- - + ++

symbolische Skala

Koordinatenkreuz

Wie erleben Sie die

Arbeitsatmosphäre

im Netzwerk?

hoch

niedr.

wenig vielErfahrung

Sich

erh

eit

Ideen einzubringen

Aufgaben zu übernehmen

nach außen zu repräsentieren

für Vorstand zu kandidieren

Mein Gefühl als

Moderator/in

sehr

gar nicht

Wie zufrieden

sind Sie mit der

Arbeit des Netzwerks?

› Alle Teilnehmer beziehen

einen Standpunkt

› Unterschiede werden schnell

sichtbar; Diskussion möglich

› Vorteil: einfach, schnell, visuell

› Gut geeignet für Themeneinstieg,

Evaluation

Formen der Einpunktabfrage:

REGELN:

1. Alle bekommen Punkt in gleicher Farbe

2. Keine Diskussion vorher

3. Alle punkten mög- lichst gleichzeitig

MATERIAL:

• Flipchart oder Pinnwand

• Stifte

• farbige Klebepunkte

VORGEHEN:

› Fragestellung festlegen

› Punkten

› Auswertung in der Gruppe

› 13› 12

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Page 8: Skript Netzwerkmoderation

MODUL 2 ______________________________________________ Bedarfsanalyse anhand von Gesundheitsdaten – sammeln, analysieren, argumentieren

Ü Mehrpunktabfrage

Mehrpunktabfrage

THEMEN für Tagesordnung WERTUNG RANG ZEIT

Neue Par tner ansprechen 3 30 min

Evaluation Netzwerkarbeit 2 45 min

60 min

15 min

nächste Sitzung

180 min

Ideen für Maßnahmen 1

Berichte der Netzwerkpar tner 4

Bericht besprechen 5

3

4

6

2

1

› Übersicht aller Fragestellungen

› Klare Schwerpunktsetzung der

Gruppe erfolgt (Rangfolge)

› Optisches Gewicht von Clustern

wird neutralisiert

› Vorteil: demokratische

Beteiligungsform

› Gut geeignet für Tagesordnung

erstellen, Themenauswahl

generieren, Prioritäten ermitteln

Formen der Mehrpunktabfrage:

REGELN:

1. Keine Kommentare bei Erstellung der Liste

2. Erst überlegen, wo die Punkte hinsollen (ggf Nr. drauf schreiben), dann kleben

3. Rangfolge ist bindend

MATERIAL:

• Flipchart oder Pinnwand

• Stifte

• farbige Klebepunkte

VORGEHEN:

› Fragestellungen sammeln und

aufschreiben

› Anzahl der Punkte pro Person

festlegen und verteilen

(Punkte: ø Hälfte der Themen,

min. 2, max. 10)

› Zeit zum Entscheiden der

Punktverteilung

› Signal zum gleichzeitigen Punkten

(taktisches Punkten vermeiden)

› Punkte auszählen

MODUL 2 ______________________________________________ Bedarfsanalyse anhand von Gesundheitsdaten – sammeln, analysieren, argumentieren

Ü Strukturierte Fragen

Balancierter Blick

Was haben wir schon?

Was brauchen wir noch?

"aus der Sicht von"- Schema

Wie gesundheitsfördernd wird die Kommune empfunden von...?

Familien Verwaltungälteren

Menschen

Vorstellungsrunde

Ich komme jetzt aus...

Ich lasse dort zurück...

Ich möchte heute mitnehmen...

"Pro/Contra"- Schema

Pro

Was spricht dafür

Contra

Was spricht dagegen

› Als Kartenabfrage oder mündlich nach

vorgegebenen Fragen des Moderators

› Verschafft schnellen Überblick bei

gleichzeitiger Konzentration auf

ausgewählte Fragestellungen

› Vorteil: jeder macht mit!

› Gut geeignet für Vorstellungsrunde,

Einführung ins Thema, Feedback

Beispiele für strukturierte Fragen:

REGELN:

1. Keine Diskussion über die Fragen

2. Verschiedenfarbige Karten verwenden

3. Ein Begriff pro Karte

4. Zeit klar begrenzen

MATERIAL:

• Moderationswände

• Karten

• Stifte

VORGEHEN:

› Fragestellung auf verschieden farbigen

Karten festhalten und erläutern

› Teilnehmer notieren ihre Stich-

worte, die ihnen zu diesen Fragen

einfallen

› Teilnehmer hängen die Karten zu den

jeweiligen Fragen selbst auf

› Karten werden vom Moderator vorge-

lesen, ggf. ergänzt, geclustert

› Weiterarbeit erfolgt anhand der ge-

nannten Begriffe

› Bei mündlicher Abfrage maximal drei

kurze Fragen nach dem Blitzlicht-

prinzip (s. Seite 16) reihum

› 15› 14

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Page 9: Skript Netzwerkmoderation

MODUL 2 ______________________________________________ Bedarfsanalyse anhand von Gesundheitsdaten – sammeln, analysieren, argumentieren

› 5

Ü Blitzlicht

› Methode zur reflektierenden

Momentaufnahme

› Möglichkeit, die Gemeinsamkeiten

und Unterschiede mitzubekommen

› Vorteil: alle beteiligen sich

› Gut geeignet für Auftakt und Ende,

wenn sich nur wenige beteiligen

würden

REGELN:

1. Jeder kommt dran

2. Jeder spricht von sich („Ich…“)

3. Jeder hält sich kurz (max. zwei Sätze)

4. Keine Diskussion

MATERIAL:

• Flipchart

• Stifte

VORGEHEN:

› Moderator formuliert Aufgaben-

stellung

› Teilnehmer beginnt freiwillig

oder wird gefragt

› Fortsetzung der Reihe nach oder

nach Wunsch

› Moderator passt auf, dass alle

dran kommen

Ü Murmelgruppen

› Kurze Diskussionen in Zweier-Gruppen

› Jeder diskutiert eine vorgegebene

Fragestellung mit seinem Nachbarn

› Vorteil: Auch stille Menschen und

solche, die sich nicht so kompetent

fühlen, diskutieren das Thema und

trauen sich dann vielleicht in der

Debatte auch vor allen etwas zu sagen

und nicht nur die „Alpha-Tierchen“

› Murmelgruppen sind an vielen Stellen

in einer Tagesordnung möglich:

Als Einstimmung auf ein Thema vor

einem Referat, als Beginn der Dis-

kussion nach einem Input, zur Reflek-

tion der Ergebnisse und Vorbereitung

von Schlussfolgerungen am Ende einer

Diskussion

REGELN:

1. Die Fragestellung muss klar und möglichst schriftlich festgehalten sein

2. Es wird in Zweier- Gruppen mit dem Nachbarn diskutiert

3. Die Diskussion ist kurz und es gibt eine klare Zeitvorgabe

MATERIAL:

• Flipchart

• Stifte

VORGEHEN:

› Die Fragestellung wird angeschrieben

und dann diskutieren die Nachbarn in

der vorgegebenen Zeit am Platz

› Als Auswertung können alle reihum

befragt werden oder nur einzelne

äußern sich

› 5

Ü Brainstorming

› In kurzer Zeit möglichst viele Ideen

oder Vorschläge zu einem Thema

durch die Gruppe sammeln

› Alle Ideen in der Gruppe sammeln

und für alle sichtbar visualisieren

› Vorteil: Ideen in der Gruppe

befruchten sich gegenseitig

› Gut geeignet für eine erste Samm-

lung von Ideen

REGELN:

1. Nur sammeln, nicht diskutieren oder bewerten

2. Jede Meinung zählt und Phantasie ist Trumpf

3. Alles wird visuali- siert

MATERIAL:

• Wandzeitung, Flipchart oder Pinnwand mit Packpapier

• Stifte

VORGEHEN:

› Thema/Fragestellung festlegen

› Sammeln und Visualisieren durch

Moderator (15 min)

› Ausblick: Was passiert mit der

Sammlung

Ü Kartenabfrage

› Zu einer Frage werden durch alle

Teilnehmer Antworten, Ideen oder

Fragen notiert

› Karten werden allein (oder in Klein-

gruppen) geschrieben und dann

verdeckt eingesammelt und auf

Pinnwände gepinnt und dabei

geordnet („geclustert“)

› Vorteil: jeder macht mit, „Halb-

Anonymität“

› Gut geeignet, wenn jeder erstmal

selber nachdenken soll und um

Hierarchien zu überwinden

REGELN:

1. Die Gruppe entschei- det im Zweifelsfalle, nicht der Moderator

2. Strittige Karten werden als Zeichen für den Diskussions- bedarf mit einem Blitz gekennzeichnet

3. Leserlich auf jede Karte nur ein Ge- danke, ca. 7 Wörter in Druckschrift, Halbsätze sind besser als einzelne Wörter

4. Nicht mehr als 60 Karten insgesamt, keine Diskussion beim Clustern

MATERIAL:

• Moderationswände

• Karten

• Stifte

VORGEHEN:

› Festlegung der Fragestellung

› Teilnehmer notieren die 3

wichtigsten Ideen, die ihnen zu

dieser Frage einfallen

› Karten werden eingesammelt,

unkommentiert vorgelesen

und thematisch geordnet an

die Wand gepinnt

› Kartenordnung wird mit der

Gruppe überprüft und Über-

schriften für die Kategorien

vergeben

› 17› 16

››› SKRIPT Netzwerkmoderation ››› SKRIPT Netzwerkmoderation

Page 10: Skript Netzwerkmoderation

› 5

Ü Maßnahmenplan

› Transparente Methode zur

Ergebnissicherung

› Vorteil: Gruppenverantwortung

› Gut geeignet, wenn konkrete

Maßnahmen und Verantwortliche

benannt werden sollen

Beispiel für einen Maßnahmenplan:

REGELN:

1. Jede Schlussfolge- rung festhalten

2. Immer Zeitziel und Verantwortliche festlegen

3. Bei nächster Sitzung überprüfen (ggf. vorher)

MATERIAL:

• Flipchart

• Stifte

VORGEHEN:

› Raster erstellen

› Inhalte mit der Gruppe während der

Diskussion und am Schluss festlegen

› Kurzfristig an die Gruppe nach der

Sitzung schriftlich weiterleiten

Ü Themenspeicher

› Noch nicht bearbeitete Themen

müssen nicht im Kopf bleiben

› Abschweifungen werden vermieden

› Konfliktpunkte können zunächst

beiseite gelegt werden

› Vorteil: Entlastung für Moderator

› Gut geeignet für Gruppen, die sich

mehrfach treffen und Punkte in die

nächste Sitzung mitnehmen können

REGELN:

1. Themen werden unkommentiert (neutral) aufge- schrieben

2. Themenspeicher ist immer für alle sichtbar

3. Themenspeicher muss gepflegt werden, (ggf. ) Per- son benennen

MATERIAL:

• Flipchart

• Stifte

VORGEHEN:

› Themenspeicher wird zu Beginn

gut sichtbar eingerichtet

› Verantwortliche Person wird

ausgewählt

› Zum Ende des Tagesordnungspunktes

oder der Sitzung wird der Umgang

mit offenen Punkten geklärt

Maßnahmenplan

WAS? WER? BIS WANN?

Klar formulier t Datum mit Jahr

z.B. Entwurf Pressemitteilung per Email an alle

Herr Lehmann + Frau Meyer 14. Feb. 2014

ggf. mit wem

› 5

Ü Ideenkarussell

› Spielerische Abwandlung des

klassischen Brainstormings

› Teilnehmer bewegen sich von

Stellwand zu Stellwand und visu-

alisieren dort ihre Ideen zu unter-

schiedlichen Fragestellungen

› Vorteil: Teilnehmer kommen in

Bewegung, mehrere Fragen können

gleichzeitig behandelt werden

› Gut geeignet, um Wissen zu

sammeln z. B. zum Auftakt und um

in Bewegung zu kommen

REGELN:

1. Alle Meinungen sind erlaubt, aber auch Kommentare

2. Phantasie ist Trumpf, Masse ist Klasse

3. Alles wird visualisiert

MATERIAL:

• 4-6 Stellwände

• Packpapier

• Stifte

VORGEHEN:

› 4-6 mit Papier bespannte und mit

Fragen versehene Stellwände in

die Mitte eines Raumes in Form eines

Kreises stellen

› Jeder fängt an einer anderen Wand

an, Ideen, Gedanken, Fragen und

Kritikpunkte an die Stellwand zu

schreiben

› Nach einigen Minuten wechselt jeder

die Stellwand, das „Karussell“ dreht

sich

› Das Karussell dreht sich so oft, bis

jeder wieder seine Ausgangsstellwand

erreicht

› Danach kann mit den Ergebnissen

weitergearbeitet werden

3.3 Kreative ModerationstechnikenDiese Techniken sind etwas aufwändiger

und brauchen meist zusätzliche Hilfs-

mittel und etwas Übung in der Umset-

zung. Sie wecken durch ihre spielerische

Herangehensweise die Kreativität der

Menschen und bringen so auch über-

raschende und neuartige Ideen hervor.

Bei diesen Techniken geht es zunächst

darum Ideen zu sammeln, auch solche

die auf Anhieb als völliger Blödsinn

erscheinen. Im zweiten Schritt werden

die Ideen dann gefiltert und bewertet. g

Ü Lexikon-Methode

› Methode gegen Schubladendenken,

da getrennte Erfahrungsbereiche

durch Reizwörter miteinander

verknüpft werden

› Vorteil: Ideen werden ausgefallener

› Gut geeignet, wenn erste Brain-

stormings noch keine guten Ideen

gebracht haben

REGELN:

1. Jedes Wort/Bild wird bearbeitet

2. Keine Kritik

3. Verrückte Ideen sind willkommen

4. Jeder sollte sich beteiligen

MATERIAL:

• Lexikon oder Duden (ggf. auch Memory-Spiel)

• Flipchart

• Stifte

VORGEHEN:

› Im Lexikon wird ein beliebiges

Hauptwort/Bild aufgeschlagen

› In der Gruppe wird gesammelt, wie

dieses Wort/Bild in den Zusammen-

hang mit der Fragestellung gebracht

werden kann

› Es können auch erst Assoziationen

zu dem Wort/Bild gesammelt werden,

bevor diese in den Zusammenhang

mit dem Problem gestellt werden

› 19› 18

››› SKRIPT Netzwerkmoderation ››› SKRIPT Netzwerkmoderation

Page 11: Skript Netzwerkmoderation

Ü Mindmapping

Mindmapping

Rahmen

Netzwerk- treffen

Verpflegung

Zeit

Ort

AblaufPausen

Technik

Flipchart

Beamer

Bestuhlung

Verteiler

Rück- meldungen

Einladung Agenda

ModerationPapiere

Referenten

Methoden

› Bildhafte Darstellung von Ideen,

sortiert nach Ideensträngen

› Vernetzung mit anderen „Ästen“

ermöglicht eine Vielzahl neuer Ver-

knüpfungen und ungewöhnlicher

Ideen

› Vorteil: Einfälle sind assoziativ

dargestellt und nicht linear

› Gut geeignet, wenn Ideen zu unter-

schiedlichen Aspekten gesammelt und

in einem Schritt sortiert werden sollen

Beispiel für ein Mindmapping:

REGELN:

1. Jede Hauptidee ist ein Ideenstrang

2. Zunächst einen Ideenstrang ver- folgen

3. Keine Bewertung beim Sammeln

4. Verknüpfungen sind erwünscht und willkommen

MATERIAL:

• Flipchart

• Stifte

VORGEHEN:

› Thema wird in der Mitte notiert

› Erste Idee ist Start von erstem

Hauptast, damit verwandte Ideen

werden als Unteräste visualisiert

› Neue Ideen werden auch neue

Hauptäste

› Zum Schluss Oberbegriffe der

Hauptäste überprüfen und ggf.

anpassen

› Nach Sammeln bewerten

Ü Kopfstand

› Methode geht von den negativen

Seiten aus und sucht so nach

Lösungen

› Günstig, wenn es bereits mehrere

Brainstormings gab

› Vorteil: Bedenkenträger werden

eingebunden

› Gut geeignet für negativ geprägte

Gruppen

REGELN:

1. Alle Bedenken sind wichtig, jeder Kritikpunkt wird bearbeitet

2. Negativ- und Posi- tiv-Phase immer ohne Unterbrechung aufeinanderfolgend

3. Beim Sammeln von Lösungsvorschlägen keine Bewertung

MATERIAL:

• Flipchart oder Stellwand

• Papier

• Stifte

VORGEHEN:

› Negativ-Phase: Alle Kritikpunkte,

Schwächen und Defizite, die eine

Lösung des Problems verhindern

könnten, werden aufgeschrieben

› Positiv-Phase: Im zweiten Schritt

werden Verbesserungsvorschläge für

jeden Kritikpunkt gesucht

› Im Anschluss Bewertung und

Weiterverarbeitung der Ideen

Ü 6-3-5

› 6 Personen sammeln 3 Ideen in 5

Minuten

› non-verbale Technik

› Vorteil: alle sind gleichberechtigt

beteiligt, dennoch befruchten sich

die Ideen gegenseitig

› Gut geeignet für die Ideensammlung

für Namen, Titel oder Slogans

REGELN:

1. Die Lösungsvor- schläge der anderen werden nicht kom- mentiert

2. Während des Sammelns wird nicht miteinander geredet (kichern erlaubt!)

3. Methode dient dem Sammeln, nicht der Bewertung, wie ge- eignet die Lösungs- vorschläge sind

MATERIAL:

• A 4-Blätter

• Stifte

VORGEHEN:

› Fragestellung festlegen

› Jeder sammelt dann 3 Lösungs-

vorschläge auf einem Arbeitsblatt

› Nach 5 Minuten werden die

Arbeitsblätter an den linken

Nachbarn weitergegeben, der

die Lösungsvorschläge liest

und 3 weitere hinzufügt

› Dies geht so lange, bis man den

ersten Arbeitsbogen wieder in

Händen hält

› 21› 20

››› SKRIPT Netzwerkmoderation ››› SKRIPT Netzwerkmoderation

Page 12: Skript Netzwerkmoderation

MODUL 2 ______________________________________________ Bedarfsanalyse anhand von Gesundheitsdaten – sammeln, analysieren, argumentieren

› 5

Ü Pyramidendiskussion

4 - 8 TN

4 - 8 TN

4 - 8 TN

4 - 8 TN

8 - 16 TN

8 - 16 TN

16- 32 TN

TN= Teilnehmer

› Methode zur schrittweisen Diskussion

von Thesen, Regeln, Ideen

› Alle diskutieren mit allen, wobei in

kleinen Gruppen begonnen wird und

diese dann miteinander die Ergebnisse

weiterdiskutieren

› Vorteil: große Akzeptanz der

Ergebnisse, alle sind beteiligt

› Gut geeignet für die Entwicklung

von Regelkatalogen oder Leitbildern,

in Gruppen ab 16 Personen

Beispiel für eine Pyramidendiskussion:

REGELN:

1. Die Gruppen werden zufällig gemischt

2. Alle Ideen sind gleich wichtig

3. Im zweiten und dritten Schritt keine neuen Themen dis- kutieren, sondern nur Themen, die schon diskutiert und priorisiert wurden

MATERIAL:

• 4 Flipcharts oder Stellwände

• Stifte

VORGEHEN:

› 1. Schritt: Es werden vier Gruppen

mit 4-8 Personen gebildet, die die

Fragestellung diskutieren und ihre

Ergebnisse jeweils schriftlich fest-

halten. Wenn es sehr viele Themen

sind, sollte mit der Ein- oder Mehr-

punktmethode eine Priorität festge-

legt werden.

› 2. Schritt: Danach tauschen sich

zwei Gruppen über ihre Ergebnisse

aus und einigen sich auf die wichtig-

sten Themen aus beiden Gruppen.

› 3. Schritt: Nun kommen die beiden

Gruppen zusammen. Sie sammeln

Gemeinsamkeiten und diskutieren

Unterschiede bis der Regelkatalog

oder das Leitbild steht.

MODUL 2 ______________________________________________ Bedarfsanalyse anhand von Gesundheitsdaten – sammeln, analysieren, argumentieren

3.4 BewertungstechnikenZunächst:

› Überprüfen, welche Ideen

doppelt oder sehr ähnlich sind,

dann eine der Ideen ein-

klammern

› Dann Bewertungsverfahren

auswählen

Punkten (Delphiverfahren)

(s. Einpunktabfrage S. 11)

› Bewertungskriterien festlegen

› Anzahl der zu vergebenen

Punkte und Anzahl der Ideen

zum Weiterarbeiten festlegen

› Jeder überlegt sich, was wie viel

Punkte bekommen soll

› Alle punkten gleichzeitig

› Jokerlösung für favorisierte

Idee, die nach dem Mehrheits-

verfahren nicht gewählt wurde

(60 Sekunden-Rede eines

„Liebhabers“ dieser Idee,

Gruppe entscheidet, ob diese

Idee zusätzlich in der Hitliste

aufgenommen werden soll)

Entscheidungsmatrix

› Auflistung aller Bewertungs-

kriterien

› Ggf. Vorauswahl der Ideen

(wenn es sehr viele sind)

› Matrix erstellen, in der Ideen

links, Kriterien oben sind

› Jetzt werden die Punkte in der

Gruppe jeweils pro Kriterium ver-

geben; die Idee, die es am besten

erfüllt, erhält die meisten Punkte

› Dann zusammenrechnen und

Gewinner feststellen

Individuelle Auswahl

› Jeder sucht sich seinen persön-

lichen Favoriten aus (ggf. bis zu

drei Stück)

› Dieser wird dem Team präsen-

tiert

› Dann wird abgestimmt, ob der

Favorit in die engere Wahl

kommen soll

Kriterium 1 Kriterium 2 Kriterium 3

Idee 1

Idee 2

Idee 3

Summe

Gewichtungsfragen

› Es werden zwei bis drei Ge-

wichtungsfragen festgelegt

› Jeder Frage wird eine Punkt-

Farbe zugeordnet, zum Beispiel:

„Welche Idee ist besonders

wirksam?“ (rot); „Welche Idee

ist besonders einfach zu reali-

sieren?“ (grün)

› Gepunktet wird gleichzeitig

nach vorheriger Festlegung g

› 23› 22

››› SKRIPT Netzwerkmoderation ››› SKRIPT Netzwerkmoderation

Page 13: Skript Netzwerkmoderation

› 4› 4

4. Umgang mit schwierigen Moderationssituationen und Konflikten

„Menschen, die miteinander zu

schaffen haben, machen einander

zu schaffen“, so sagt der Kommu-

nikationsforscher Schulz von Thun

(Miteinander reden, Band 3, 1998,

S. 117). Anders ausgedrückt heißt

das: Schwierigkeiten im Mitein-

ander und Konflikte sind fester

Bestandteil des sozialen Lebens

und nicht immer vermeidbar.

Das gilt für Netzwerke genauso

wie für jede andere Organisation.

Für den Umgang mit schwierigen

Moderationssituationen und Kon-

flikten gibt es keine Patentrezepte.

Es ist hilfreich, die in Kapitel zwei

genannten Kommunikationstech-

niken und -modelle in diesen Situ-

ationen verstärkt anzuwenden:

› Mit welchem Ohr höre ich?

Welches Ohr wäre hilfreicher?

Auf welchem Ohr könnten die

anderen hören?

› Mit welchem Ich (Eltern-

Erwachsenen-Kind-Ich) (s. Skript

Modul 3, Transaktionsanalyse)

möchte ich kommunizieren?

› Was nehme ich wahr? Was ist

meine Interpretation daraus?

Welche Emotion wird bei mir

geweckt?

› Mit welcher Frage könnte ich die

Situation verändern?

Einige Schwierigkeiten ergeben

sich aus den Phasen der Teament-

wicklung, die auch Netzwerke so-

wie alle Organisationen durch-

laufen und in denen die Aufgaben

des Moderators unterschiedlich

gelagert sind.

FORMINGOrientierung

STORMING Frust

NORMING Organisation

PERFORMING Integration

ENERGIE

OUTPUT

4.1. TeamentwicklungDie Arbeit in Teams ist von vier

Phasen geprägt, die jede Gruppe

in ihrem Entwicklungsprozess

durchläuft.

Orientierungsphase (Forming):

› Gruppe lernt sich fachlich und

menschlich kennen.

› Gruppe versucht Sicherheit da-

rüber zu gewinnen, was wie zu

tun ist.

› Gruppe hat noch kein gemein-

sames Ziel und keine überein-

stimmenden Arbeitsmethoden.

› Kompetenzen und Führungsstil

der einzelnen bzw. des Modera-

tors werden beobachtet.

› Die einzelnen Teammitglieder

suchen ihre Rolle.

› Der Moderator muss Raum zum

Kennenlernen geben, den An-

fang konstruktiv gestalten.

Dabei sollten die Gruppenmit-

glieder aktiv werden und in die

Verantwortung genommen

werden. Hier ist Raum Regeln

für den Umgang miteinander fest-

zulegen. Unzufriedenheit mit der

„Führung“ sollte der Moderator

standhalten.

Frustphase (Storming):

› Unterschiede in Auffassung,

Standpunkten und Sichtweisen

werden deutlich.

› Macht- und Entscheidungsstruk-

turen sind oft noch unklar und

werden nicht getragen.

› Es geht meist weniger um die

Sache selbst, als um das Durch-

setzen der eigenen Meinung.

› Der Moderator steht in dieser

Phase besonders unter Druck,

denn es liegt in der Natur des

Menschen, dass er in Krisen-

situationen erwartet, dass der

„Häuptling“ gefälligst für Ord-

nung sorgt.

› Diese Phase ist meist sachlich,

oft noch nicht so ergiebig, legt

jedoch den Grundstein für den

Erfolg der weiteren Arbeit.

› 4› 4

› Die Zusammenarbeit in dieser

Phase ist von einer klaren

Ordnung und Regeln getragen,

die das tatsächliche Verhalten

der Teammitglieder prägen.

› Der Moderator sollte Konflikte

nicht unterdrücken, sondern

Raum zur Diskussion und Aus-

einandersetzung geben und

dabei die Verantwortung immer

wieder an die Gruppe geben.

Die Verantwortung des Modera-

tors ist es, Themen und Prozesse

zu strukturieren und Ergebnisse

festzuhalten.

› Die Regeln aus Phase 1 (Orien-

tierungsphase) helfen, diese

Phase „verletzungsfrei“ zu ge-

stalten.

Organisationsphase (Norming):

› Das Team kommt zu klaren

Strukturen und Verabredungen.

› Die Wogen glätten sich wieder.

Jeder weiß nun, wie der andere

reagiert, welche Meinungen er

vertritt, wer mit wem gut kann

und wer nicht.

› Man möchte jetzt endlich mit

dem Arbeiten vorankommen.

› Das Team hat sich zusammen-

gerauft, es entsteht ein Wir-

Gefühl.

› Der Moderator sorgt dafür, dass

die Ziele verfolgt und Verabre-

dungen eingehalten werden.

Die Gruppe kann nun viele Auf-

gaben aus sich heraus erledigen.

Der Moderator achtet auf unter-

schwellige Konflikte und spricht

sie an.

Integrationsphase (Performing):

› Die Gruppe tritt in das Stadium

der Konsolidierung und Selbst-

organisation.

› Die Zusammenarbeit wird als

wohltuend erlebt und erlaubt

dem Team, mit neuen Anfor-

derungen kreativ und flexibel

umzugehen.

› Der Moderator gibt Verantwor-

tung ab und fördert die Selbst-

steuerung. Er ist Unterstützer,

um neue Impulse und Kreativi-

tät zu fördern.

› Diese Phase sollte die längste

sein.

Die Phasen verlaufen nicht linear

wie im Schema, sondern können

sich überlappen und wiederholen.

Mit jedem neuen Teammitglied

oder einem ausscheidenden Team-

mitglied beginnt der gruppendy-

namische Prozess von vorne, wo-

bei nicht alle Phasen in der Inten-

sität gleich sein müssen. Häufige

Wechsel im Team lassen oft ein

Gefühl von Unruhe entstehen, als

würde die letzte Phase nie erreicht

werden. Die Aufgabe des Modera-

tors muss es dann sein, bestehende

Ergebnisse zu sichern:

Was haben wir erreicht?

Was möchten wir noch erreichen?

Was sind die nächsten Schritte? g

› Diese Phase ist meist emotio-

nal und von Konflikten geprägt,

in denen die Teammitglieder in

ihre Rollen für die nächste

Phase finden. › Man spricht von der Routine-,

Produktions- und Arbeitsphase.

4.2 Konflikte erkennen In Organisationen und Netzwerken

müssen einerseits die für sie not-

wendigen Aufgaben und Ziele er-

füllt werden. Andererseits wollen

wir persönliche Ziele (indirekt)

erreichen. Auf der Sachebene wird

daher eine möglichst starke Über-

einstimmung der Ziele angestrebt.

Wenn Aufgaben und Ziele nicht

miteinander kompatibel sind,

kommt es zu Konflikten. Bei Netz-

werken gilt es sogar, gleich drei

Ziele in Balance zu halten: die

persönlichen Ziele, die Ziele der

eigenen Organisation und die

Netzwerkziele.

Auf der Beziehungsebene entste-

hen die meisten Konflikte durch

unterschiedliche Erwartungen

und daraus resultierender Ent-

täuschung, Verunsicherung, Ver-

ärgerung oder anderer negativer

Gefühle, die sich im Miteinander

dann verhärten. Klarer Vorteil bei

Netzwerken ist es, dass alle Be-

teiligten freiwillig dabei sind und

ohne große Sanktionen wieder

ausscheiden können. Die Bezie-

hungen sind häufig natürlich ge-

wachsen und so entsteht persön-

liche Verbundenheit, die die An-

sprüche an den Umgang miteinan-

der erhöhen und das Ansprechen

von Konflikten erleichtern. Die

Freiwilligkeit der Mitgliedschaft

schließt allerdings auch weitest-

gehend aus, dass eine autoritäre

Vorgehensweise zur Lösung von

Konflikten genutzt werden kann,

bei der eine höherstehende Person

entscheidet und ein „klarer Schnitt“

gemacht werden kann.

Wichtig ist es daher, dass Konflikte

frühzeitig und in ihrer Entstehung

angesprochen werden. Nicht jede

Situationen, in der zwei Menschen

unterschiedliche Erwartungen ha-

ben, ist gleich ein Konflikt.

Unterschiede bei der Wahrneh-

› 25› 24

››› SKRIPT Netzwerkmoderation ››› SKRIPT Netzwerkmoderation

Page 14: Skript Netzwerkmoderation

MODUL 2 ______________________________________________ Bedarfsanalyse anhand von Gesundheitsdaten – sammeln, analysieren, argumentieren

› 4› 4

mung von Ereignissen, Problemen,

Schwierigkeiten, Interessen und

im Fühlen sind noch keine Konflik-

te. Es kann hier von Irritationen

gesprochen werden, die meist mit

emotionalen Veränderungen ein-

hergehen, z.B. Überraschung oder

Ärger. Erst wenn eine Unvereinbar-

keit empfunden und in Handeln

umgesetzt wird, kann von einem

Konflikt gesprochen werden.

Ein Konflikt ist qua Definition nach

F. Glasl wenn:

› eine Interaktion

› zwischen mindestens zwei

Akteuren (Individuen, Gruppen,

Organisationen etc.)

› wobei mindestens ein Akteur

› Unvereinbarkeiten

› im Denken/Vorstellen/Wahr-

nehmen

› und/oder im Fühlen und/oder im

Wollen

› mit dem anderen Akteur in der

Art erlebt,

› dass im Realisieren eine Beein-

trächtigung

› durch einen anderen Akteur

erfolgt.

Es besteht auch dann ein Konflikt,

wenn nur eine Seite die Unverein-

barkeit empfindet und dement-

sprechend handelt.

Die folgenden Ausführungen

sollen Moderatoren von Netz-

werken im Sinne des Konflikt-

managements helfen, Konflikte

zu erkennen, zu verstehen und

Handlungsmöglichkeiten zum

Umgang mit ihnen zu kennen.

Konflikte können sich in Netzwer-

ken in unterschiedlichen Formen

zeigen. Meist verändert sich das

Verhalten der Menschen unterein-

ander. Symptome sind beispiels-

weise:

› Es bilden sich Gruppen, die

gegeneinander arbeiten

› Netzwerkpartner sprechen nicht

mehr miteinander

› Ein Mitglied wird gezielt aus-

gegrenzt

› Scheinbar unwichtige Punkte

erzeugen riesige Auseinander-

setzungen

Konflikte sind aber auch in der

Arbeit des Netzwerks als solches

bemerkbar:

› Diskussionen drehen sich im

Kreis

› Es werden keine Entscheidungen

mehr gefällt, sondern vertagt

› Grundsätzliche Themen und

Entscheidungen werden aus

Angst vor Auseinandersetzung

vermieden

› Neue Impulse und Ideen gibt es

kaum noch

Im Ergebnis nimmt die Motivation

für die Netzwerkarbeit ab, die Teil-

nahme sinkt, der Zusammenhalt

geht verloren. Ein Gefühl der zähen

Lähmung und Schwere geht damit

einher.

Anhand der Symptome und aus

dem eigenen Bauchgefühl heraus

lassen sich Konflikte gut erkennen.

In einem ersten Schritt hilft es,

die eigenen Wahrnehmungen zu

sammeln und über einen Zeitraum

schriftlich festzuhalten. Erhärtet

sich der Verdacht, sind Gespräche

unter vier Augen mit den beteilig-

ten Konfliktpartnern nach dem

Prinzip des „gewievten Feedbacks“

hilfreich, um die eigenen Wahrneh-

mungen zu schildern und die Sicht-

weise des anderen zu erfahren.

Die folgenden drei Konfliktarten

treten in Netzwerken häufig auf

4.2.1 Interessenkonflikte

Interessenkonflikte treten in Netz-

werken sehr häufig auf, denn sie

liegen in der Natur der Sache.

Das gemeinsame Ziel des Netz-

werks und die individuellen Ziele

der Netzwerkpartner können auch

in Konkurrenz zueinander stehen,

vor allem wenn es um die Frage

geht, in welcher Form die Partner

vom Netzwerk profitieren.

Netzwerkarbeit ist ein beständiger

Interessenausgleich, der auf dem

Gefühl beruht, dass alle einiger-

maßen gleichmäßig vom Erreichen

des angestrebten gemeinsamen

Ziels profitieren. Diese Konflikte

sollten nicht unter den Tisch ge-

kehrt, sondern offen angesprochen

und geklärt werden, denn erst die

Offenlegung der jeweiligen Inte-

ressen ermöglicht eine für alle zu-

friedenstellende Lösung.

Ein möglicher Ansatz zur Lösung

solcher Konflikte sind Verhand-

lungen nach dem Harvardprinzip

(s. S. 27).

4.2.2 Vorgehenskonflikte

Themen, Techniken, Prioritäten

– auf dem Weg zu dem gemein-

samen Ziel liegen viele Stolper-

steine, über die das Netzwerk

springen muss. Vorgehenskonflikte

treten immer dann auf, wenn es

über das weitere Vorgehen Diffe-

renzen gibt. Beispielsweise:

› Mitgliederzahl erweitern oder

auf bewährte Kernmitglieder

MODUL 2 ______________________________________________ Bedarfsanalyse anhand von Gesundheitsdaten – sammeln, analysieren, argumentieren

› 4› 4

setzen, um schlagkräftiger zu

werden?

› Schneller Start mit konkretem

Projekt oder Zeit nehmen für

Gründungsphase?

› Pressearbeit zum Prozess oder

zu den Ergebnissen machen?

Diese Konflikte entstehen, weil

unterschiedliche Bilder in den

Köpfen der Beteiligten nicht klar

sind oder deutlich genug kommu-

niziert wurden. Deshalb ist der

erste Schritt zur Klärung der be-

wusste Austausch der unterschied-

lichen Positionen. Dabei treten

jedoch nicht selten grundsätzliche

Überzeugungen zutage, die aus

den individuellen Erfahrungen des

einzelnen die „richtige“ Richtung

weisen. Zum Beispiel: „Vertiefen ist

wichtiger als verbreitern“ (Darüber

streitet die EU seit Jahr-

zehnten!). Ein Kompromiss ist bei

solchen grundsätzlichen Überzeu-

gungen schwer zu finden.

Innerhalb des Netzwerks muss

dann klar sein, wie Entscheidun-

gen über das weitere Vorgehen ge-

fällt werden. Braucht es immer

das Konsensprinzip? Oder kann es

Entscheidungen in Abstimmungen

mit einer einfachen Mehrheit oder

einer qualifizierten Mehrheit (2/3 oder 3/4) geben?

Wenn die Sachfrage entschieden

ist, gehört es auch zur Aufgabe

des Moderators beide Seiten wie-

der an einen Tisch zu holen und

dafür zu sorgen, dass auf der Be-

ziehungsebene möglichst keine

Verletzungen zurückbleiben.

4.2.3 Persönliche Konflikte

Persönliche Konflikte entzünden

sich meist an unterschiedlichen Er-

wartungen und dem Gefühl feh-

lender Wertschätzung durch den

anderen. Die Interpretation von

Absichten der anderen Person und

die Projektion von Ängsten spielen

hierbei eine große Rolle. Es ist da-

her wichtig, persönliche Konflikte

möglichst schon im Stadium der

Irritation zu besprechen, bevor

sich diese vertiefen und verhärten

können. Der Moderator kann in

Einzelgesprächen oder gemeinsa-

men Gesprächen über die Methode

des „gewievten Feedbacks“ und

einer gezielten Kommunikation

auf Augenebene dafür sorgen,

dass die beiden nicht übereinan-

der, sondern miteinander kommu-

nizieren. Dabei soll der Teufelskreis

der Kommunikation (s. S. 26) ver-

hindert werden.

Wenn sich solche Konflikte ver-

schärfen, werden sie für das ganze

Netzwerk belastend und sind be-

sonders gefährlicher Sprengstoff.

Sie können ungeahnte Aggressio-

nen auslösen und ein Miteinander

der Konfliktparteien im Netzwerk

unmöglich machen. Die Vermitt-

lung in diesem Stadium kann ein

Netzwerkmoderator in der Regel

ohne entsprechende Ausbildung

nicht leisten. Es bleibt meist nur

der Ausschluss einer oder beider

Parteien.

4.3 Konfliktgespräche führenKaum jemand führt gerne Konflikt-

gespräche. Sie sind fast immer un-

angenehm, egal ob ich als Beteilig-

ter oder Vermittelnder im Konflikt

involviert bin. Denn Konfliktge-

spräche sind mit intensiven, meist

negativ empfundenen Emotionen

auf allen Seiten verbunden.

Die folgenden Techniken sollen

neben den bereits im Kommunika-

tionsteil dargestellten Ansätzen

helfen, Emotionen zu dämpfen

und über diese kommunizieren zu

können, ohne andere Personen zu

verletzen.

4.3.1 Spontane Konfliktgespräche

meistern – mit DIEGO in der

Hand

Ausgangspunkt dieses Ansatzes ist

eine intensive Diskussion, in deren

Verlauf sich die Fronten verhärten.

Es entsteht eine Konfrontation, die

von beiden Seiten nicht beabsich-

tigt wurde, aber dennoch entstan-

den ist und zu eskalieren droht.

Wie lassen sich solche konfronta-

tiven und emotional aufgeladenen

Gespräche konstruktiv zu Ende

bringen?

Ziele:

› Unterschiede stehen lassen

können und Gemeinsamkeiten

im Auge behalten

› Aktives Zuhören

› Emotionalität zulassen ohne zu

verletzen

› Verantwortung für Gestaltung

des Gesprächs auf Augenebene

übernehmen

› Gesprächspartner fühlt sich fair

behandelt

› 27› 26

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Page 15: Skript Netzwerkmoderation

› 4› 4

Das DIEGO-Prinzip

D = Danke

› Wertschätzung geben =

Respekt und Anerkennung für

Geleistetes

› Nicht in Watte packen oder

einschleimen

I = ICH-BOTSCHAFT

› Bewusste Subjektivierung in

emotionaler Situation

› Kein Vorwurf, kein „Du“ oder

„man“

E = Einfach und Ernsthaft

› Sachargumente klar verständ-

lich formulieren

› Gegenüber ernst nehmen

› Keine Bewertung

G = GEMEINSAMKEIT

› Blickwinkel verändern, den

Blick von den Unterschieden

auf Gemeinsamkeiten lenken

› Dadurch Beziehung verändern

› Nicht als Ablenkung gemeint!

O = OPTION für AKTIVITÄT

› Handlungsoption aufzeigen

› Nächste Schritte ermöglichen

D

I EG

O

4.3.2 Emotionen statt Handlungen

ansprechen - Das Teufels-

kreis-Modell

Das Schema des Teufelskreises wur-

de 1988 von Christoph Thomann

und Friedemann Schulz von Thun

entwickelt. Es erläutert die Bezieh-

ungsdynamik eines Konflikts und

hilft damit, Hintergründe zu ver-

stehen sowie Fallstricke zu erfas-

sen und Möglichkeiten zur Behe-

bung zu finden.

Ausgangspunkt ist die Kommuni-

kation von zwei Menschen: Sobald

sie in Kontakt treten, reagieren sie

aufeinander. Es kommt zu einem

Hin und Her von Äußerung und

Antwort, von Aktion und Reaktion

– es entsteht eine Beziehungs-

dynamik.

Dabei gibt es zum einen die äußer-

lich sichtbaren und wirksamen

Verhaltensweisen („Äußerungen“),

die als eckige Kästen dargestellt

werden. Zum anderen gibt es die

inneren Reaktionen beider Partner

(„Innerungen“) darauf, die als Ova-

le eingezeichnet werden. Da es

sich um einen Kreislauf handelt,

gibt es typischerweise keinen An-

fang und kein Ende, und beide Per-

sonen erleben sich selbst jeweils

„nur“ als Reagierenden auf das

Verhalten des anderen.

Gefühle Empfindungen

Gefühle Empfindungen

Handlung

Handlung

A B

Ein Beispiel aus dem Büroalltag

Zwei Kollegen arbeiten hierarchisch

gleichgestellt in einer Gruppe.

Herr Meyer (A) schiebt öfter mal

Aufgaben auf die lange Bank statt

sie zu erledigen. Frau Lehmann (B)

wird nervös, weil sie weiß wie

wichtig die Angelegenheit ist und

sonst die ganze Gruppe Ärger be-

kommt. Sie ärgert sich über ihren

Kollegen. Da sie die Auseinander-

setzung mit ihrem Kollegen ver-

meiden will, erledigt sie die Aufga-

ben. Herr Lehmann bekommt das

› 4› 4

nervös, ärgerlich

übergangen, trotzig

schiebt Aufgaben auf die lange Bank

erledigt die Aufgaben selbst

Herr Meyer

Frau Lehmann

mit und fühlt sich in der Annahme

bestätigt, dass Frau Lehmann ihre

Nase in alles stecken muss und

sich als Vorgesetzte aufspielt. Er

fühlt sich übergangen und ärgert

sich. Auch er scheut die Auseinan-

dersetzung und spricht nicht mit

Frau Lehmann, sondern lässt wei-

tere Aufgaben trotzig-resignierend

liegen, weil er sich überflüssig

fühlt. Das wird die Nervosität und

den Ärger von Frau Lehman weiter

steigern.

Durch die Dynamik schaukelt sich

ein Teufelskreis immer mehr auf,

so dass in einem fortgeschrittenen

Zustand, bereits Kleinigkeiten aus-

reichen, um den Konflikt eskalieren

zu lassen. Dann werfen sich die

beiden Konfliktparteien ihre Taten

vor: „Sie tun nichts. Ich muss alles

alleine machen.“ – „Sie mischen

sich in alles ein und spielen meine

Vorgesetzte. Ich werde hier ja gar

nicht mehr gebraucht.“

„Solche Teufelskreise schleichen

sich in Beziehungen ein, wie Viren

in ein Computerprogramm. Sie

führen darin ein Eigenleben und

bemächtigen sich schließlich des

ganzen Programms. Das Wissen

um die Dynamik und Funktion von

Teufelskreisen, sowie um die Aus-

stiegsmöglichkeiten ermöglicht es,

solche „Viren“ zu erkennen und

dann zu bekämpfen.“

(http://www.schulz-von-thun.de/

mod-teufmod.html)

Das Teufelskreis-Schema lässt sich

zur Analyse privater und beruf-

licher Konflikte anwenden und

verdeutlicht, kein Mensch ist nur

Opfer – jeder ist an Konflikten be-

teiligt und kann den Teufelskreis

durchbrechen, indem er sein eige-

nes Verhalten verändert.

Bei der Bearbeitung des Konflikts

kommt es darauf an, keine An-

fangs- oder Schuldsuche zu be-

treiben, sondern die gegenseitigen

Aufschaukelungen zu betrachten.

Für die Lösung des Konfliktes ist

es wichtig, statt über die Handlun-

gen über die inneren Reaktionen

zu sprechen. Das muss ohne Vor-

würfe geschehen, indem sich jeder

für seine Gefühle selbst zuständig

erklärt. Denn die Gefühle werden

zwar von der anderen Person aus-

gelöst, müssen dennoch als eigene

Gefühle betrachtet werden, die

durch den eigenen Lebens- und

Erfahrungshintergrund als schwie-

rig empfunden werden.

4.3.3 Hart in der Sache, weich zu

den Menschen – Konfliktver-

mittlung nach dem Harvard-

prinzip

Für die Bearbeitung von Konflikten

in einer moderierenden Rolle be-

darf es einiger grundsätzlicher

Ausgangsannahmen:

› Konflikte als zum Leben gehö-

rend ansehen, wahrnehmen,

thematisieren

› Konfliktparteien als gleichbe-

rechtigt ansehen, mit gegen-

seitigem Respekt behandeln und

sich der Fehlbarkeit aller Seiten

bewusst sein

› Eine tragfähige Lösung für beide

Seiten zum Ziel machen

› Den Willen zur gemeinsamen

Lösungsfindung artikulieren

Wenn diese für alle Seiten klar

sind, werden beim Versuch Konflik-

te zu lösen, immer Menschen und

Probleme getrennt voneinander

behandelt. Dabei lautet das Grund-

prinzip:

› Hart in der Sache, weich gegen-

über den Menschen.

Probleme:

› Auf Interessen (= Wünsche, Mo-

tive, Bedürfnisse etc.) konzen-

trieren, nicht auf Positionen

(bewusste Entscheidungen

aufgrund von Interessen)

› Fragen Sie sich: Warum sollte

dies oder das so sein oder

warum nicht?

› Interessen aller Beteiligten auf-

schreiben, um sich einen Über-

blick zu verschaffen

› Eigene Interessen klar und

deutlich artikulieren

› 29› 28

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Page 16: Skript Netzwerkmoderation

Menschen:

› Sich in die Lage des Gegenübers

versetzen

› Absichten des anderen niemals

aus den eigenen Befürchtungen

ableiten

› Schuldzuweisungen vermeiden

› Über die Vorstellungen beider

Seiten sprechen und die Vor-

stellungen der Gegenseite in

unerwarteter Weise nutzen

› Gegenseite am Ergebnis betei-

ligen und dafür sorgen, dass sie

sich am Verhandlungsprozess

beteiligt

› Lösungsvorschläge mit dem

Wertesystem der anderen ab-

gleichen und ihr „Gesicht

wahren“

› Emotionen erkennen und ver-

stehen, um sie anerkennen und

artikulieren zu können

› In Ich-Sätzen sprechen

Mehrere Entscheidungsmöglich-

keiten zum beiderseitigen Vorteil

entwickeln, um den vier Haupt-

hindernissen bei der Lösungssuche

aus dem Weg zu gehen:

1. Vorschnelles Urteil (schränkt

Lösungsmöglichkeiten ein)

2. Suche nach der „richtigen“

Lösung (engt ein)

3. Annahme, „Kuchen“ ist

begrenzt

4. Vorstellung, die anderen sollen

ihre Probleme selbst lösen

Beispiel:

Herr Weiß und Frau Schwarz neh-

men an einem Treffen mit weiteren

Mitgliedern des Netzwerks teil, bei

dem die Konsequenzen und näch-

sten Schritte aus einem Papier dis-

kutiert und beschlossen werden

sollen. Frau Schwarz hat es zeitlich

nicht geschafft, das Papier zu lesen.

Sie möchte das Papier mit den an-

deren kurz durchgehen und dann

die Schlussfolgerungen diskutieren.

Positionen/Interessen Menschen

Position: Gemeinsam durch-

gehen, dann Schlussfolgerungen

Interesse: dabei sein, mitmachen

können

Gefühl: überfordert, unter

Druck, rücksichtslos behandelt,

Bedürfnis nach Anerkennung der

schwierigen zeitlichen Situation

(Wertschätzung)

Frau Schwarz

Position: Schlussfolgerungen

direkt diskutieren

Interesse: schnelle Ergebnisse

Gefühl: genervt, unter Druck,

ungerecht behandelt, Bedürfnis

nach Gleichbehandlung

(Wertschätzung)

Herr Weiß

Möglichkeit 1

Zwei Arbeitsgruppen bilden, die

Schlussfolgerungen erarbeiten –

eine mit, eine ohne durchgehen,

danach zusammenfügen

Möglichkeit 2

Vorziehen des nächsten Tages-

ordnungspunktes, Frau Schwarz

liest Papier in dieser Zeit quer,

danach Diskussion wie geplant

Anerkennung der Gefühle

beider Seiten und Äußerung von

Wertschätzung beiden gegenüberModerator

Wechselwirkung

Beide Möglichkeiten werden den

Interessen der beiden gerecht,

bedeuten aber ein Abweichen

von der ursprünglichen Position.

Beide müssen also „nachgeben“

und damit aufeinander eingehen.

Die Gefühle werden von beiden

Seiten gleichermaßen wahr- und

ernst genommen. Das Aussprechen

ermöglicht eine Verständigung

auf der Beziehungsebene und ein

Hineinversetzen in das Gefühl

des anderen. Das erleichtert das

Annehmen einer Lösung auf der

Sachebene.

Wechselwirkung

Herr Weiß ist dagegen, denn es

war klar, dass alle das Papier ge-

lesen haben sollen und er möchte

die wenige Zeit für die Diskussion

der nächsten Schritte nutzen.

Der Moderator steht vor der Frage,

wie er zwischen den beiden ver-

mitteln kann.

Nach dem Harvardprinzip sieht die

Situation wie folgt aus:

Literatur

Karl Benien: Schwierige Gespräche

führen. Modell für Beratungs-, Kritik-

und Konfliktgespräche. Reinbek bei

Hamburg 2003.

............................................................................

Dr. med. Eric Berne: Spiele der Erwach-

senen. Psychologie menschlicher

Beziehungen. Reinbek bei Hamburg

1980.

........................................................................

Marion Bönsch, Kathrin Zach:

Seminarkrisen meistern. Erste Hilfe

für Trainer, Lehrer, Vortragende.

Reinbek bei Hamburg 2006.

............................................................................

Oliver König, Karl Schattenhofer:

Einführung in die Gruppendynamik.

Heidelberg 2011.

............................................................................

Christian Malorny, Marc A. Langner:

Moderationstechniken. Werkzeuge für

die Teamarbeit. München 2007.

............................................................................

Friedemann Schulz von Thun:

Miteinander reden: 1. Störungen und

Klärungen. Allgemeine Psychologie

der Kommunikation. Reinbek bei

Hamburg 2006.

Thomas Steiger, Eric Lippmann:

Handbuch Angewandte Psychologie

für Führungskräfte. Band II.

Heidelberg 2008.

............................................................................

Matthias Teller, Jörg Longmuß:

Netzwerkmoderation – Netzwerke zum

Erfolg führen. Augsburg 2007.

............................................................................

Von der Heyde, Von der Linde:

Gesprächstechniken für Führungskräfte.

Planegg 2009.

............................................................................

Bernd Weidenmann: Handbuch Active

Training. Die besten Methoden für

lebendige Seminare. Weinheim und

Basel 2008.

5. Weiterführende Hinweise

› 31› 30

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Page 17: Skript Netzwerkmoderation

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6. ANHANGHilfsmittel zur Vorbereitung einer Moderation

A. MODERATIONSPLAN .................................................................................

B. CHECKLISTE MODERATION .......................................................................

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› 35

› 33› 32

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Notizen

Page 18: Skript Netzwerkmoderation

1. ZIELGRUPPE

› Wer ist unsere Zielgruppe?

› Woher kommt sie?

› Was tut sie?

› Wie ist unsere Zielgruppe zu-

sammengesetzt? (hierarchisch,

funktional, nach Arten der Tätig-

keiten, nach Interessenlage?)

2. DER/DIE EINZELNE

› Was wollen die einzelnen

Teilnehmer?

› Ziele, Absichten, Erwartungen?

› Was wissen die Teilnehmer?

› Vorwissen über das Problem?

› Kenntnis der Hintergründe?

› Fachwissen?

3. MÖGLICHE KONFLIKTE

› Welche Konflikte können

auftreten?

› Persönlich?

› Sachlich?

› Intensität?

4. ZIEL DER MODERATION

› Was kann/soll nach der

Moderation passieren?

› Welche Energie bringt die

Gruppe für die Durch-

führung von Lösungen mit?

› Verfügt die Gruppe über die

notwendige Entscheidungs-

kompetenz?

› Wer hat die Moderatoren

beauftragt?

› Welche Interessen verfolgt der

Auftraggeber?

5. RAHMENBEDINGUNGEN

› Welche Rahmenbedingungen

stehen schon fest?

› Veranstaltungsort und

-zeitpunkt

› Entscheidungsspielraum der

Gruppe

› Entscheidungsspielraum der

Moderatoren

6. ERFAHRUNG MIT MODERATION

› Welche Erfahrungen haben die

Teilnehmer mit der Modera-

tions-Methode?

› Sind sie Neulinge?

› Haben sie gute Erfahrungen

gemacht?

› Haben sie vorher andere

Moderatoren erlebt?

› Kennen Sie diese Moderatoren

und kennen Sie ihre Art zu

moderieren?

› Sind sie schon übersättigt von

Moderation? g

B. Checkliste Moderation

› 5

A. M

oder

atio

nsp

lan

Sch

ritt

Ziel

Met

hod

ikH

ilfsm

itte

lZe

itV

eran

tw.

› 35› 34

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Page 19: Skript Netzwerkmoderation

Impressum

Herausgeber: Plattform Ernährung und Bewegung e.V. Wallstr. 65, 10179 Berlin Tel. 030 27 87 97-67 Fax 030 27 87 97-69 [email protected]

erschienen 2014 .......................................................................................

Text: Alexandra Kramm .......................................................................................Redaktion: Susanne Brand, Petra Hottenroth .......................................................................................Gestaltung: Alexandra Hansmeier www.kommdesign-hansmeier.de .......................................................................................Bildnachweise: Matthias Martin www.matthiasmartin.de .......................................................................................Illustration: Andreas Gärtner www.gaertner-illustrator.de

Über IN FORM: IN FORM ist Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung. Sie wurde 2008 vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) initiiert und ist seitdem bundesweit mit Projektpartnern in allen Lebensbereichen aktiv. Ziel ist, das Ernährungs- und Bewegungsverhalten der Menschen dauerhaft zu verbessern. Weitere Informationen unter: www.in-form.de


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