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Siegener diskutieren Geopolitik im Kaukasus · PDF filel Angehende Wirtschaftsrechtler der Uni...

Date post: 06-Feb-2018
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l Angehende Wirtschaftsrechtler der Uni waren in Aserbaidschan unterwegs und sahen sich den ehemaligen Sowjetstaat an Siegener diskutieren Geopolitik im Kaukasus Florian Dürr Siegen/Baku. „Sicherheitsfra- gen im Südkaukasus und Zentralasien" lautete das The- ma der Sommerakademie vom 15. bis zum 29. August in der aserbaidschanischen Haupt- stadt Baku. Acht Siegener Stu- denten des deutschen und europäischen Wirtschafts- rechts waren bei der von der Universität Siegen in Zusam- menarbeit mit der Qafqaz Uni- versity in Baku organisierten internationalen Lehrveran- staltung dabei. GeopoNtische Schlüsselposition Die Republik Aserbaid- schan, ein ehemaliger Sowjet- staat, liegt im südlichen Kau- kasus, am Kaspischen Meer. „Das Land verfügt über eine geopolitische Schlüsselposi- tion als Produktions- und Transitland für Öl- und Gas zwischen dem östlichen Kas- pischen und dem westlich gelegenem Schwarzen Meer sowie durch seine Nähe zu vie- len strategischen Brennpunk- ten wie Afghanistan, Iran und Irak", erläutert Sommeraka- demie-Initiator Gerd Morgen- thaler, Professor für öffentli- ches Recht an der Universität Siegen. „Dadurch gelangt es auch zunehmend in das Blickfeld der deutschen und internatio- nalen Politik und Wirtschaft." So planen westliche Energie- konzerne eine Pipeline, um Öl und Gas vom Kaspischen Meer an Russland vorbei nach Christian Heuser (v.l.), Professor Roushan Ibrahimov, Anja Königsmann, Professor Gerd Morgenthaler und Patrick Stockebrandt organisierten die Sommerakademie. Foto: Jens Amdt Cfl Mitteleuropa zu transportie- ren. Dadurch birgt das Land und die Region eine ganze Rei- he explosiver Konfliktherde. Grund genug für die Siegener Studenten, sich in einem inter- nationalen und interdiszipli- nären Teilnehmerkreis mit den strategischen Problemen und Sicherheitsfragen der Region auseinanderzusetzen. Juristen, Soziologen, ein Philo- soph, Ökonomen, Wirt- schafts- und Politikwissen- schaftler sowie Historiker aus Deutschland, Aserbaidschan, Georgien und Kasachstan analysierten und diskutierten die regionalen Konfliktherde. Eine Frage betraf das Kaspi- sche Meer. „Bislang ist unge- klärt, ob dem asiatischen Bin- nengewässer der Status eines Meeres oder der eines Binnen- sees zugewiesen werden kann", sagt Gerd Morgentha- ler. Das Problem wirke sich auf die Nutzungsrechte der Ölvorkommen aus. Bestimmt man das Gewässer als Meer, gelten andere gesetzliche Bestimmungen als bei einem See. Die Studenten bildeten Teams, die jeweils eine Interes- sengruppe vertraten, und simulierten Verhandlungen. Die zweiwöchige Sommer- akademie bot den Teilneh- mern Vorlesungen und Dis- kussionsrunden. Sport, kultu- relle Veranstaltungen und Ausflüge in die Karawanen- stadt Sheki im hohen Kauka- sus oder in den Qobustan-Na- tionalpark, ein UNESCO- Weltkulturerbe, das für seine steinzeitlichen Felszeichnun- gen bekannt geworden ist, standen ebenso auf dem Pro- gramm. Doktorand Jens Arndt zeigt sich von den landschaftli- chen Kontrasten zwischen Steppen und Hochgebirge fas- ziniert. Aus der Sommeraka- demie konnte er sich viele Anregungen für seine anste- hende Dissertation mit nach Hause nehmen. „Für die Stu- dierenden ist es wichtig, dass sie mal ein anderes Land gese- hen haben", beschreibt Mor- genthaler den Lerneffekt der Sommerakademie. „Das wei- tet den Blick für internationale Sichtweisen." Wirtschaftsrecht-Studentin Britta Ramacher ist begeistert vom höflichen Charakter der Aserbaidschaner: „Frauen müssen dort keinen Koffer schleppen", lacht sie. „Die Stu- denten des europäischen Wirt- schaftsrechts lernten dort wirklich was Neues, nicht immer nur Europarecht", resü- miert Patrick Stockebrandt, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für öffentliches Recht. Die Verfassung im wissenschaflichen Blick Ganz neu ist der Kontakt nach Aserbaidschan für die Universität nicht. Bereits 2004 organisierte Gerd Morgentha- ler eine Gruppenreise mit Stu- denten. Zudem publizierte er mehrere Aufsätze in juristi- schen Fachzeitschriften, etwa über die Verfassung in Aser- baidschan, ihre Entwicklung und Perspektiven. Er ist an einer Verstetigung der Kontak- te interessiert - auch um wis- senschaftliche Themen mit Bezug zu der spannenden Region weiter vertiefen zu können. Der Kontakt soll langfristig auch den Weg ebnen für eine weltoffene Atmosphäre an der Siegener Universität. Aser- baidschanische Gastdozenten sollen im geplanten englisch- sprachigen Masterstudien- gang für internationales Wirt- schaftsrecht an der Uni Siegen lehren. Bei den Studierenden hat die Sommerakademie indes- sen schon Interesse geweckt. Britta Ramacher ist sich sicher: „Ich könnte mir gut vorstellen, ein paar Jahre in Aserbaidschan zu arbeiten."
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l Angehende Wirtschaftsrechtler der Uni waren in Aserbaidschan unterwegs und sahen sich den ehemaligen Sowjetstaat an

Siegener diskutieren Geopolitik im KaukasusFlorian Dürr

Siegen/Baku. „Sicherheitsfra-gen im Südkaukasus undZentralasien" lautete das The-ma der Sommerakademie vom15. bis zum 29. August in deraserbaidschanischen Haupt-stadt Baku. Acht Siegener Stu-denten des deutschen undeuropäischen Wirtschafts-rechts waren bei der von derUniversität Siegen in Zusam-menarbeit mit der Qafqaz Uni-versity in Baku organisierteninternationalen Lehrveran-staltung dabei.

GeopoNtischeSchlüsselposition

Die Republik Aserbaid-schan, ein ehemaliger Sowjet-staat, liegt im südlichen Kau-kasus, am Kaspischen Meer.„Das Land verfügt über einegeopolitische Schlüsselposi-tion als Produktions- undTransitland für Öl- und Gaszwischen dem östlichen Kas-pischen und dem westlichgelegenem Schwarzen Meersowie durch seine Nähe zu vie-len strategischen Brennpunk-ten wie Afghanistan, Iran undIrak", erläutert Sommeraka-demie-Initiator Gerd Morgen-thaler, Professor für öffentli-ches Recht an der UniversitätSiegen.

„Dadurch gelangt es auchzunehmend in das Blickfeldder deutschen und internatio-nalen Politik und Wirtschaft."So planen westliche Energie-konzerne eine Pipeline, um Ölund Gas vom KaspischenMeer an Russland vorbei nach

Christian Heuser (v.l.), Professor Roushan Ibrahimov, Anja Königsmann, Professor Gerd Morgenthaler undPatrick Stockebrandt organisierten die Sommerakademie. Foto: Jens Amdt

Cfl

Mitteleuropa zu transportie-ren. Dadurch birgt das Landund die Region eine ganze Rei-he explosiver Konfliktherde.Grund genug für die SiegenerStudenten, sich in einem inter-nationalen und interdiszipli-nären Teilnehmerkreis mitden strategischen Problemenund Sicherheitsfragen derRegion auseinanderzusetzen.Juristen, Soziologen, ein Philo-soph, Ökonomen, Wirt-schafts- und Politikwissen-schaftler sowie Historiker ausDeutschland, Aserbaidschan,Georgien und Kasachstananalysierten und diskutiertendie regionalen Konfliktherde.

Eine Frage betraf das Kaspi-sche Meer. „Bislang ist unge-klärt, ob dem asiatischen Bin-nengewässer der Status eines

Meeres oder der eines Binnen-sees zugewiesen werdenkann", sagt Gerd Morgentha-ler. Das Problem wirke sich aufdie Nutzungsrechte derÖlvorkommen aus. Bestimmtman das Gewässer als Meer,gelten andere gesetzlicheBestimmungen als bei einemSee. Die Studenten bildetenTeams, die jeweils eine Interes-sengruppe vertraten, undsimulierten Verhandlungen.

Die zweiwöchige Sommer-akademie bot den Teilneh-mern Vorlesungen und Dis-kussionsrunden. Sport, kultu-relle Veranstaltungen undAusflüge in die Karawanen-stadt Sheki im hohen Kauka-sus oder in den Qobustan-Na-tionalpark, ein UNESCO-Weltkulturerbe, das für seine

steinzeitlichen Felszeichnun-gen bekannt geworden ist,standen ebenso auf dem Pro-gramm. Doktorand Jens Arndtzeigt sich von den landschaftli-chen Kontrasten zwischenSteppen und Hochgebirge fas-ziniert. Aus der Sommeraka-demie konnte er sich vieleAnregungen für seine anste-hende Dissertation mit nachHause nehmen. „Für die Stu-dierenden ist es wichtig, dasssie mal ein anderes Land gese-hen haben", beschreibt Mor-genthaler den Lerneffekt derSommerakademie. „Das wei-tet den Blick für internationaleSichtweisen."

Wirtschaftsrecht-StudentinBritta Ramacher ist begeistertvom höflichen Charakter derAserbaidschaner: „Frauen

müssen dort keinen Kofferschleppen", lacht sie. „Die Stu-denten des europäischen Wirt-schaftsrechts lernten dortwirklich was Neues, nichtimmer nur Europarecht", resü-miert Patrick Stockebrandt,wissenschaftlicher Mitarbeiteram Lehrstuhl für öffentlichesRecht.

Die Verfassung imwissenschaflichen Blick

Ganz neu ist der Kontaktnach Aserbaidschan für dieUniversität nicht. Bereits 2004organisierte Gerd Morgentha-ler eine Gruppenreise mit Stu-denten. Zudem publizierte ermehrere Aufsätze in juristi-schen Fachzeitschriften, etwaüber die Verfassung in Aser-baidschan, ihre Entwicklungund Perspektiven. Er ist aneiner Verstetigung der Kontak-te interessiert - auch um wis-senschaftliche Themen mitBezug zu der spannendenRegion weiter vertiefen zukönnen.

Der Kontakt soll langfristigauch den Weg ebnen für eineweltoffene Atmosphäre an derSiegener Universität. Aser-baidschanische Gastdozentensollen im geplanten englisch-sprachigen Masterstudien-gang für internationales Wirt-schaftsrecht an der Uni Siegenlehren.

Bei den Studierenden hatdie Sommerakademie indes-sen schon Interesse geweckt.Britta Ramacher ist sichsicher: „Ich könnte mir gutvorstellen, ein paar Jahre inAserbaidschan zu arbeiten."

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