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Sieben demotische Geschäftsbriefe aus der Thebais

Date post: 21-Dec-2016
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Altorientalische Forschungen 19 1992 2 219-226 STEFAN GRUNERT Sieben demotische Geschäftsbriefe aus der Thebais Unter den Ostraka der Sammlung ägyptischer Altertümer im Prager Náprstek-Museum befinden sich sieben demotisch beschriftete Kalksteinsplitter, die durch ihren gleich- artigen Textinhalt miteinander auf das engste verbunden sind. 1 Über die Entstehung der im ganzen sehr bedeutsamen Ostraka-Sammlung waren ursprünglich keine Informationen erhältlich, so daß in Vorbereitung der CAA-Publikation nur Ver- mutungen angestellt werden konnten. 2 Später wurden dann detailliertere Informationen publiziert, wonach die demotischen Stücke wohl aus der Handwerkersiedlung Deir el-Medineh stammen könnten. 3 Offen bleiben dort jedoch auch wieder jene Fragen, die hierzu bereits im Zusammen- hang mit der Veröffentlichung DO Prag Ρ 3904 angesprochen wurden, zumindest für alle demotischen Ostraka und damit auch für die hier vorzustellenden Dokumente. Vieles spricht — im Fall der sieben Briefe allein schon die eindeutige textliche Zusammengehörigkeit - für die Existenz eines Urkundenarchivs aus griechisch- römischer Zeit. Gegen eine Annahme, daß dieses in den 30er Jahren in Deir el-Medineh unter Mitarbeit von J. Cerny entdeckt wurde, könnte aber ein Umstand sprechen, über den in den Annalen des Náprstek-Museums nichts berichtet wird: Die Mehrzahl der demotischen sowie verschiedene hieratische Ostraka tragen alte Inventarisierungs- Marken, die aus einem D mit Zahl bzw. einem H mit Zahl zusammengesetzt sind (und wahrscheinlich tragen koptische Ostraka dann entsprechend den Buchstaben Κ mit einer Zahl). Inhaltliche Bezüge wurden bei dieser Inventarisierung nicht berücksichtigt (was bei einer Entdeckung bzw. schon einer etwas intensiveren Beschäftigung mit den Stücken durch J. Cerny allein wegen der inhaltlichen Verknüpfungen im höchsten Maße unwahrscheinlich wäre). Da außerdem in Einzelfallen sogar versehentlich hieratische bzw. koptische Ostraka als demotisch beschriftete angesehen wurden, war die Person, 1 Für die Publikationsgenehmigung danke ich der Direktion des Náprstek-Museums, Sektion des National- museums zu Prag. Von den hier vorgestellten Ostraka befindet sich die Veröffentlichung der Stücke DO Prag Ρ 3858, 3868, 3871 und 3874 seit 1987 im Druck: Corpus Antiquitatum Aegyptiacarum - Tschechoslowakei, 2. Lfg.: S. Grunert, Demotische Urkunden in den Museen und Sammlungen der Tschechoslowakei, 1. Teil. Die Stücke DO Prag Ρ 3878, 3883 und 3889 sind als Bestandteile des erst nach der Drucklegung des 1. Teiles geplanten 2. Teiles bislang unpubliziert. Grundsätzlich ist der philologische Kommentar zu den Stücken der CAA-Edition vorbehalten und daher nicht Gegenstand dieses Artikels. 2 Vgl. S. Grunert, Ein neuer demotischer Tempeleid (DO Prag Ρ 3904), in: ZÄS 109 [1982], 121 f. 3 Vgl. E. Strouhal, Three figured ostraka from the ancient Egyptian collection of the Náprstek Museum, in: Annals of the Náprstek Museum 15 [1988], 47-50. Absolute Klarheit in der Aussage wird aber auch hier vermieden. Die Ostraka wurden durch das Institut français d'archéologie orientale du Caire an Cerny gegeben "as a token of recognition of his collaboration in the French archaeological excavations of the village and tombs of the royal workmen at Deir el-Medina in 1929-1937" (S. 48). Brought to you by | St. Petersburg State University Authenticated | 93.180.53.211 Download Date | 1/14/14 8:01 AM
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Altorientalische Forschungen 19 1992 2 2 1 9 - 2 2 6

STEFAN G R U N E R T

Sieben demotische Geschäftsbriefe aus der Thebais

Unter den Ostraka der Sammlung ägyptischer Altertümer im Prager Náprstek-Museum befinden sich sieben demotisch beschriftete Kalksteinsplitter, die durch ihren gleich-artigen Textinhalt miteinander auf das engste verbunden sind.1 Über die Entstehung der im ganzen sehr bedeutsamen Ostraka-Sammlung waren ursprünglich keine Informationen erhältlich, so daß in Vorbereitung der CAA-Publikation nur Ver-mutungen angestellt werden konnten.2 Später wurden dann detailliertere Informationen publiziert, wonach die demotischen Stücke wohl aus der Handwerkersiedlung Deir el-Medineh stammen könnten.3

Offen bleiben dort jedoch auch wieder jene Fragen, die hierzu bereits im Zusammen-hang mit der Veröffentlichung DO Prag Ρ 3904 angesprochen wurden, zumindest für alle demotischen Ostraka und damit auch für die hier vorzustellenden Dokumente. Vieles spricht — im Fall der sieben Briefe allein schon die eindeutige textliche Zusammengehörigkeit - für die Existenz eines Urkundenarchivs aus griechisch-römischer Zeit. Gegen eine Annahme, daß dieses in den 30er Jahren in Deir el-Medineh unter Mitarbeit von J . Cerny entdeckt wurde, könnte aber ein Umstand sprechen, über den in den Annalen des Náprstek-Museums nichts berichtet wird: Die Mehrzahl der demotischen sowie verschiedene hieratische Ostraka tragen alte Inventarisierungs-Marken, die aus einem D mit Zahl bzw. einem H mit Zahl zusammengesetzt sind (und wahrscheinlich tragen koptische Ostraka dann entsprechend den Buchstaben Κ mit einer Zahl). Inhaltliche Bezüge wurden bei dieser Inventarisierung nicht berücksichtigt (was bei einer Entdeckung bzw. schon einer etwas intensiveren Beschäftigung mit den Stücken durch J . Cerny allein wegen der inhaltlichen Verknüpfungen im höchsten Maße unwahrscheinlich wäre). Da außerdem in Einzelfallen sogar versehentlich hieratische bzw. koptische Ostraka als demotisch beschriftete angesehen wurden, war die Person,

1 Für die Publikationsgenehmigung danke ich der Direktion des Náprstek-Museums, Sektion des National-museums zu Prag. Von den hier vorgestellten Ostraka befindet sich die Veröffentlichung der Stücke DO Prag Ρ 3858, 3868, 3871 und 3874 seit 1987 im Druck: Corpus Antiquitatum Aegyptiacarum -Tschechoslowakei, 2. Lfg.: S. Grunert, Demotische Urkunden in den Museen und Sammlungen der Tschechoslowakei, 1. Teil. Die Stücke D O Prag Ρ 3878, 3883 und 3889 sind als Bestandteile des erst nach der Drucklegung des 1. Teiles geplanten 2. Teiles bislang unpubliziert. Grundsätzlich ist der philologische Kommentar zu den Stücken der CAA-Edition vorbehalten und daher nicht Gegenstand dieses Artikels.

2 Vgl. S. Grunert, Ein neuer demotischer Tempeleid (DO Prag Ρ 3904), in: Z Ä S 109 [1982], 121 f. 3 Vgl. E. Strouhal, Three figured ostraka from the ancient Egyptian collection of the Náprstek Museum, in:

Annals of the Náprstek Museum 15 [1988], 47-50. Absolute Klarheit in der Aussage wird aber auch hier vermieden. Die Ostraka wurden durch das Institut français d'archéologie orientale du Caire an Cerny gegeben "as a token of recognition of his collaboration in the French archaeological excavations of the village and tombs of the royal workmen at Deir el-Medina in 1929 - 1937" (S. 48).

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die diese erste Inventarisierung vornahm, nicht vollständig mit den markanten Unterschieden zwischen den Kursivschriften vertraut. Daher ist m. E. bei Angaben zur Herkunft der Prager Ostraka allgemein Vorsicht geboten, wenngleich nichts gegen eine Herkunft der sieben demotischen Briefe aus der Thebais spricht.

Als Schriftträger dienen unregelmäßig geformte, ungeglättete Splitter eines relativ weichen Kalksteins. Wie bei allen anderen demotischen Urkunden auf diesem Material, so sind auch hier die jeweiligen Oberflächen mehr oder minder stark abgerieben, dies insbesondere im Bereich der Grate. Doch ermöglichte die Gleichheit des Textformulares auch bei teils nur geringen Zeichenresten in diesen Bereichen jeweils relativ sichere Lesungen.

Ρ 3858 (6,5 χ 6,0 cm)

(1) i.ir-vhr Twtrs (2) sp n/k tb' 1 ¡2

(n) rhj(?) n-tr.t1 (3) ... Ns-'Imn hi.t-sp 4 îbt (sieypr.t sw-9

(4) sh Ns-Mn si Pi-sr-pì-wr

An Theodoras. Sie werden von Dir 1 ¡2 Obole erhalten

<für> Unkosten durch ... Ns-'Imn Regierungsjahr 4, Monat (sie) der Win-terjahreszeit, Tag 9. • Es hat geschrieben Ns-Mn, Sohn des Pì-sr-pì-wr.

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Sieben demotische Geschäftsbriefe

Ρ 3868 (7,0 χ 5,5 cm)

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(1) vi.ir-hr Twtrs iw^w sp n/k tb'(?p [...]

(2) η ti vhm.t [η] ' r t j [iw/iv] sp swn1 [...] (3) v...r.tbi[...]..? (4) v...[hi.t-sp] 6 tpj-sm sw-9 (5) rsh Pi-sr-pi-wr ji...1

An Theodoros. Sie werden von Dir [ . . . ] Obole erhalten

für den Transport [der] Binse. [Sie werden] Kenntnis erhalten wegen... ...[Regierungsjahr]6, 9. Pachons. Es hat geschrieben Pi-sr-pi-wr, der Sohn des ...

Ρ 3871 (8,5 χ 6,5 cm)

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222 Stefan Grunert

(1) l.lr-hr Twrtrs1

(2) Γΐιν/ιν sp n/k tb' 1

(n) hj(?) [n-tr.t] (3) rPi-s'r-nijti-...fsi...J

η hi.t-sp 2 îbt-4(?) sm(?)

(4) rsh [...sì...p

An Theodoros. Sie werden von Dir 1 Obole erhalten

{für) Unkosten (?) [durch/von] vPi-sr-ni\ti-... [Sohn des ...] für Regierungsjahr 2, (im) Monat Mesore.

Es hat geschrieben [..., Sohn des ...].

Ρ 3874 (7,5 χ 6,0 cm)

(1) ì.ìr-hr TTwtrsK

Iw^w (2) sp n/k tb' 9 (n) pi hw(?) rtnj.

mn (3) vmtw/n(?) st(?) ... sh(?) Pì-rt sì ...

n hi.t-sp 3 (4) r t p j - s m ( ? ) sw-25 (?p sh Pi-rmt-'Iwmv-[Mnt]

An Theodoros. Sie werden von Dir 9 Obolen erhalten

<(für) den Gewinnanteil (?). Nicht haben wir (?) es (?) ... Es hat geschrieben Pi-rt, der Sohn des...

für Regierungsjahr 3,25.(?) Pachons(?). Es hat geschrieben Pi-rmt- Iwnw-[Mnt].

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Sieben demotische Geschäftsbriefe

Ρ 3878 (7,5 χ 6,0 cm)

223

«Ufa ψ y*

(1) i.îr-hr Twtrs sp (2) ti/k tb' 1

(n) vhp(?) Hr si Pi-sr-pi-vwr1 (?)

(3) wbi rPì-sr(?pMu hì.t-sp 7 ibt-4 sm (4) sh P'i-rmt-'Iwniv

An Theodoras. Sie werden von Dir 1 Obole erhalten

<(für) Unkosten (?) des Hr, Sohn des Pì-sr-pì-wr(ì), wegen Pi-sr(?)-Mti.

Regierungsjahr 7, Monat Mesore. Es hat geschrieben Pi-rmt-'Iwnw.

Ρ 3883 (9,0 χ 6,0 cm)

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224 Stefan Grunert

(1) i.ir-hr Twtrs iw/w (2) rsp n/k tb' 1(?)

η hj ni rmt.wΊ (η) Pa-ni(ì) (3) Ns-'Imn

hi.t-sp 7 ibt-2 sm (?) sh Sn.nn>-snb(?p

An Theodoros. Sie werden von Dir 1 Obole erhalten

<(für) Unkosten der Leute (des) Pa-ni (?), Sohn des Ns-Imn.

Regierungsjahr 7, Monat Payni. Es hat geschrieben Sn.nw-snb(i).

Ρ 3889 (6,5 χ 6,0 cm, verkleinert auf 89 %)

(1) i.ir-hr Twtrs iw/iv sp n/k rtb (n sw) 5 1¡2(?) [...](?)

(2) Nht.flmn irm(?) Thwtj-xXr-tj/s(?) r(rm [(Pi-srjtj)?]- Imn^-nb-nsw-tì.wj(Ì)

r rmt 3 (3) <~...(irm-?) Nht-s-Ίηρ • (?)[(si-?)]

Pì-tj-pì-^wr(ì) r rmt 4(?p (4) ...(hi.t-sp X) rtpj-pr~[

(5) vsh Ns-Mn ( s i ) Pi-sr-pi-wr •

(6) ...sh Pi-sr-pi-wr si Thwtj-i.îr-tj/s(?)

An Theodoros. Sie werden von Dir 5 l/2(?) Artaben (Weizen) erhalten [...](?)

Nht.t/Imn und (?) Thwtj-i.ir-tj/s(?) und [Pi-srjtj]-'Imn-nb-nsw-ti.wj(?)

macht 3 Personen -?-und Nht-s-'Inp • [(Sohn des?)] Pi-tj-pi.wr(i) macht 4 Personen -?-... (Regierungsjahr X) Typi Es hat geschrieben Ns-Mn, <(der Sohn des) Pi-sr-pi-wr • Es hat geschrieben Pi-sr-pi-wr, der Sohn des Thwtj-i.ir-tj/s(?).

Insgesamt folgen die sieben Geschäftsbriefe einem einheitlichen Schema: Nach der Nennung des Adressaten wird diesem mitgeteilt, daß eine nicht näher benannte Gruppe von Menschen von ihm eine Geld- bzw. Getreidesumme erhalten wird. Ergänzend hierzu folgen dann Angaben zum Zahlungsgrund. Am Ende jeder Urkunde steht wie gewohnt der Datierungsvermerk sowie der Name des Schreibers, dem teilweise die Filiationsangaben folgen.

Briefe auf Tonscherben, die mit der Formel i.ir-hr eingeleitet werden, sind unter den

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Sieben demotische Geschäftsbriefe 225

bisher publizierten demotischen Ostraka relativ selten.4 In ganz besonderem Maße galt dies von den ohnehin noch viel seltener vorhandenen bzw. erhaltenen demotisch beschrifteten Kalksteinsplittern. Es muß daher auffallen, daß sich unter der relativ kleinen Menge demotischer Urkunden in Prag diese an einen Theodoros gerichtete Gruppe von Briefen befindet. Daneben gibt es aber noch mindestens vier weitere Briefe, die ebenfalls mit der Formel i.lr-hr eingeleitet werden: D O Prag Ρ 3841 (Α), Ρ 3856, Ρ 3873 und Ρ 3882.

Ρ 3841 (Α) ist die Aufforderung an einen Schiffsschreiber, Priestern insgesamt 110 Einheiten Weizen herauszugeben, die als „fragliche Sachen" eines Pi-tj-Mrw, Sohn des Pi-tj-Wdr-Hp, bezeichnet werden. Ρ 3856 ist an einen „Beamten" Ptolemaios gerichtet, dem gegenüber der vollständige Erhalt einer Geldzahlung von Axjz Silberkite bestätigt wird. Ρ 3873 ist an einen Pa-wr über seinen Diener gerichtet und betrifft eine durch Unkosten (für ihn) verursachte Lieferung von 7 Einheiten Weizen, wobei die Absender bestätigen, wohl schon vorher 3 Einheiten Weizen erhalten zu haben. Ρ 3882 schließlich beinhaltet die Aufforderung, einem Bildhauer - wenn bzw. so lange er an Statuen arbeitet - l¡2 Silberkite auszuzahlen.

All diesen elf Briefen ist gemeinsam, daß nach der einleitenden Adressierung im reinen Geschäftsstil ohne den sonst auch hier üblichen Gruß sofort zum eigentlichen Thema übergegangen wird: In den sieben Briefen an Theodoros ist dies jeweils eine von ihm zu leistende Geld- bzw. Getreidelieferung. Fünfmal werden Unkosten bzw. Transport-kosten als leistungsverursachend angegeben. Bei allen sieben Belegen sind aber die Beschädigungen in diesen Bereichen so stark, daß in keinem Fall eindeutig zwischen Transport- bzw. allgemeinen Unkosten (oder anderem wie Gewinnanteil bzw. eventuell auch hw „Nutzen des Ackerbauers" in Ρ 3874) geschieden werden kann, da sich die demotischen Schreibungen der ägyptischen Entsprechungen sehr stark ähneln.

Einen gewissen Schlüssel zur Interpretation liefern Ρ 3868 und Ρ 3874. Hier ist die Bezeichnung für die/den leistungsverursachende(n) Handlung/Gegenstand - und dies im Gegensatz zu den restlichen Belegen - jeweils mit Artikel versehen. Durch Verwendung des femininen Artikels ist bei Ρ 3868 sehr wahrscheinlich ti hm.t (Erichsen, Glossar 275: „der Transport") zu lesen; als transportierter Gegenstand, und aufgrund der prägnanten Schreibung mit sehr großer Sicherheit, wird „Binse" (rt.t; Erichsen, Glossar 67) benannt. Im Falle von Ρ 3874 steht der masculine Artikel, was zur Lesung pi hw („Zuwachs, Vermehrung, Nutzen, Zins"; Erichsen, Glossar 294) führte. In beiden Fällen werden außer dem Adressaten Theodoros und den Schreibern auch keine weiteren Personen benannt, wie es bei den anderen Stücken üblich ist. Im Zusammen-hang mit den Überlegungen zur Interpretation der Leistungsursache muß erwähnt werden, daß mit Ausnahme von D O Prag Ρ 3858 alle Ostraka unterhalb des eigentlichen Schriftfeldes einen mit anderer Tusche geschriebenen, für mich nicht les- und übersetzbaren Vermerk tragen. Bei Ρ 3868 (Binsen-Transport) hat er die Form eines nach rechts geöffneten Bogens (ähnlich dem demotischen Schriftzeichen für h) bzw. bei Ρ 3874 (Gewinn-Anteil) die eines nach rechts hängenden Hakens. Im Falle der Stücke Ρ 3871, Ρ 3878 und Ρ 3883 (jeweils Unkosten) hat er die Form eines waagerechten Striches, ähnlich dem demotischen Schriftzeichen für n. Das Ostrakon Ρ 3889, bei dem zwischen zwei Personen(gruppen) unterschieden wird, die Leistungsursache aber völlig

4 Vgl . M. A. Nur el-Din, The Demot ic Ostraca in the National Museum o f Antiquities at Leiden, Leiden 1974, 268 f.

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unklar ist, weist zwei derartige waagerechte Striche übereinander auf. Auch ein paar andere Prager Ostraka haben ähnlich unklare Vermerke. Unter den zitierten Briefen trägt Ρ 3856 auf der Rückseite die Beschriftung ΔΔα, bei Ρ 3882 steht ein Zeichen in Form eines femininen Artikels, allerdings im Verhältnis zur sonstigen Schrift stark vergrößert.

Zur Frage der Datierung der Stücke, die m. E. in die Zeit zum bzw. nach dem Ende der Ptolemäerherrschaft geschrieben wurden, ist trotz der angegebenen Regierungs-jahre keine Klärung möglich. Die Jahreszahlen, die von 2 bis 7 schwanken, lassen unterschiedlichste Interpretationen zu. Obwohl bei den sieben Briefen die Häufung des Namens Pi-sr-pi-wr auffallt (vgl. Demot. Nb. I 234), hilft auch das Namenmaterial insgesamt hierbei nicht weiter; die erwähnten Personen sind mir aus anderen publizierten Urkunden nicht bekannt.

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