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Selen und die Schilddrüsenhormonachse bei Schwerstkranken: Ein Überblick über kontroverse...

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Perspectives in Medicine (2014) 2, 68—71 Contents lists available at ScienceDirect Perspectives in Medicine j o u r n a l h o m e p a g e : w w w . e l s e v i e r . c o m / l o c a t e / p e r m e d EINGELADENER ÜBERSICHTSARTIKEL Selen und die Schilddrüsenhormonachse bei Schwerstkranken: Ein Überblick über kontroverse Standpunkte Roland Gärtner Medizinische Klinik Innenstadt der Universität München, Ziemssenstr. 1, D-80336 München, Germany Eingegangen am 6. Januar 2009; angenommen am 15. Januar 2009 SCHLÜSSELWÖRTER Schwerstkranke; Schilddrüsenhormon; Non-Thyroidal-Illness- Syndrom; Selenoenzyme; Deiodasen Zusammenfassung Bei allen schwer erkrankten Patienten ist der Plasmaselenspiegel ernied- rigt und negativ korreliert mit dem Schweregrad und der Prognose der Erkrankung. Der Plasmaselenspiegel ist ein Indikator für die Menge der im Blut zirkulierenden Selenoproteine und Selenoenzyme. Diese sind von Bedeutung für die Aufrechterhaltung des Redox-Systems, die Modulation des Immunsystems sowie für den Schilddrüsenhormonmetabolismus. Nicht nur alle drei Deiodasen (D1 - 3) sind Selenoenzyme, sondern in der Schilddrüse liegen auch verschiedene weitere Selenoenzyme vor, die für die Aufrechterhaltung einer normalen Schilddrüsenfunktion unerlässlich sind. Bei schweren Erkrankungen sind auch der Triiodthyronin-(T3-) sowie der TSH- und der Thyroxin-(T4-)Spiegel niedrig, wohingegen der Reverse-T3-Spiegel erhöht ist. Alle diese Werte korrelieren, wie der niedrige Plasmaselenspiegel, mit dem Schweregrad der Erkrankung. Folglich wurde eine Reihe von Interventionsstudien durchgeführt, um zu prüfen, ob sich durch eine adjuvante Supplementierung mit Selen der Krankheitsverlauf mildern und die Prognose ver- bessern lässt. Die Selensupplementierung verbesserte in prospektiven, randomisierten Studien die Prognose und verringerte bei manchen sogar die Mortalität. Einige prospektive, randomi- sierte Interventionsstudien wurden auch durchgeführt um die Hypothese zu überprüfen, dass der niedrige Selenspiegel die Ursache des Nieder-T3-Syndroms sein könnte. Dies führte jedoch zu widersprüchlichen Ergebnissen und es konnte insbesondere nicht eindeutig geklärt werden, ob Selenmangel die Ursache der niedrigen D1-Aktivität bei kritischen Erkrankungen ist. Da die D1 sowohl die Konversion von T4 zu T3 als auch die Clearance von Reverse-T3 (rT3) katalysiert, wäre eine niedrige D1-Aktivität eine hinreichende Erklärung für den niedrigen Plasma-T3- und den erhöhten rT3-Spiegel. Es wurde jedoch eindeutig belegt, dass vielmehr die Zytokine für die Inhibierung der D1-Aktivität verantwortlich sind, die Aktivitäten der D2 und der D3 jedoch während akuter Entzündungszustände bei kritisch kranken Patienten sogar erhöht sind. Einer der wichtigsten Effekte von Selen auf das Immunsystem scheint zu sein, dass es die Freisetzung von Zytokinen reduziert. Daher muss ein indirekter Zusammenhang zwischen DOI von Original Artikel: http://dx.doi.org/10.1016/j.jtemb.2009.01.001. Dieser Artikel wurde in Englisch als Invited Review im Journal of Trace Elements in Medicine and Biology 23 (2009) 71-74 publi- ziert. Aus dem Englischen von: Cornelia Schmutzler. E-Mail-Adresse: [email protected]. Deutsche Version online verfügbar seit: 12. November 2013. Korrespondierender Autor: Tel.: +4989 51602332; Fax: +4989 51602124. E-Mail-Adresse: [email protected] 2211-968X/$ see front matter © 2013 Published by Elsevier GmbH. http://dx.doi.org/10.1016/j.permed.2009.01.001
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Perspectives in Medicine

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INGELADENER ÜBERSICHTSARTIKEL

elen und die Schilddrüsenhormonachse beichwerstkranken: Ein Überblick überontroverse Standpunkte�

oland Gärtner ∗

edizinische Klinik Innenstadt der Universität München, Ziemssenstr. 1, D-80336 München, Germany

ingegangen am 6. Januar 2009; angenommen am 15. Januar 2009

SCHLÜSSELWÖRTERSchwerstkranke;Schilddrüsenhormon;Non-Thyroidal-Illness-Syndrom;Selenoenzyme;Deiodasen

Zusammenfassung Bei allen schwer erkrankten Patienten ist der Plasmaselenspiegel ernied-rigt und negativ korreliert mit dem Schweregrad und der Prognose der Erkrankung. DerPlasmaselenspiegel ist ein Indikator für die Menge der im Blut zirkulierenden Selenoproteineund Selenoenzyme. Diese sind von Bedeutung für die Aufrechterhaltung des Redox-Systems, dieModulation des Immunsystems sowie für den Schilddrüsenhormonmetabolismus. Nicht nur alledrei Deiodasen (D1 - 3) sind Selenoenzyme, sondern in der Schilddrüse liegen auch verschiedeneweitere Selenoenzyme vor, die für die Aufrechterhaltung einer normalen Schilddrüsenfunktionunerlässlich sind. Bei schweren Erkrankungen sind auch der Triiodthyronin-(T3-) sowie der TSH-und der Thyroxin-(T4-)Spiegel niedrig, wohingegen der Reverse-T3-Spiegel erhöht ist. Alle dieseWerte korrelieren, wie der niedrige Plasmaselenspiegel, mit dem Schweregrad der Erkrankung.Folglich wurde eine Reihe von Interventionsstudien durchgeführt, um zu prüfen, ob sich durcheine adjuvante Supplementierung mit Selen der Krankheitsverlauf mildern und die Prognose ver-bessern lässt. Die Selensupplementierung verbesserte in prospektiven, randomisierten Studiendie Prognose und verringerte bei manchen sogar die Mortalität. Einige prospektive, randomi-sierte Interventionsstudien wurden auch durchgeführt um die Hypothese zu überprüfen, dassder niedrige Selenspiegel die Ursache des Nieder-T3-Syndroms sein könnte. Dies führte jedochzu widersprüchlichen Ergebnissen und es konnte insbesondere nicht eindeutig geklärt werden,ob Selenmangel die Ursache der niedrigen D1-Aktivität bei kritischen Erkrankungen ist.

Da die D1 sowohl die Konversion von T4 zu T3 als auch die Clearance von Reverse-T3 (rT3)

katalysiert, wäre eine niedrige D1-Aktivität eine hinreichende Erklärung für den niedrigenPlasma-T3- und den erhöhten rT3-Spiegel. Es wurde jedoch eindeutig belegt, dass vielmehrdie Zytokine für die Inhibierung der D1-Aktivität verantwortlich sind, die Aktivitäten der D2und der D3 jedoch während akuter Entzündungszustände bei kritisch kranken Patienten sogarerhöht sind. Einer der wichtigsten Effekte von Selen auf das Immunsystem scheint zu sein, dasses die Freisetzung von Zytokinen reduziert. Daher muss ein indirekter Zusammenhang zwischen

DOI von Original Artikel: http://dx.doi.org/10.1016/j.jtemb.2009.01.001.� Dieser Artikel wurde in Englisch als Invited Review im Journal of Trace Elements in Medicine and Biology 23 (2009) 71-74 publi-iert. Aus dem Englischen von: Cornelia Schmutzler. E-Mail-Adresse: [email protected]. Deutsche Version online verfügbar seit:2. November 2013.∗ Korrespondierender Autor: Tel.: +4989 51602332; Fax: +4989 51602124.

E-Mail-Adresse: [email protected]

211-968X/$ — see front matter © 2013 Published by Elsevier GmbH.ttp://dx.doi.org/10.1016/j.permed.2009.01.001

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einem niedrigen Selenspiegel und niedriger D1-Aktivität angenommen werden, nicht dagegeneine Erniedrigung der D1-Aktivität aufgrund einer verringerten Verfügbarkeit von Selen für dieExpression der D1.

© 2013 Published by Elsevier GmbH.

Inhalt

Einleitung ................................................................................................................. 69Die Rolle von Selenoenzymen bei schweren Erkrankungen ................................................................. 69Die Rolle von Deiodasen bei kritischen Erkrankungen ...................................................................... 69Offenlegung von Interessenkonflikten ..................................................................................... 70

Einleitung

Bei Patienten mit akuten oder chronisch schweren Erkran-kungen treten signifikante Änderungen sowohl hinsichtlichdes peripheren Schilddrüsenhormonmetabolismus als auchdes TSH-Spiegels auf. Dieses sogenannte Non-Thyroidal-Illness-Syndrom (NTIS), auch als Euthyroid-Sick-Syndromoder Nieder-T3-Syndrom bekannt, ist also durch einenveränderten Schilddrüsenhormonmetabolismus und eineerniedrigte TSH-Sekretion charakterisiert. Bereits wenigeStunden nach dem plötzlichen Einsetzen einer akutenErkrankung sinkt der T3-Spiegel. Abhängig vom Schwere-grad und der Dauer der Erkrankung [1] folgen ein Abfalldes T4- und des TSH-Spiegels. Da die Erniedrigung desPlasma-T3-Spiegels mit einer Erhöhung des rT3-Spiegels ein-hergeht, wurde dies mit einer reduzierten Aktivität der D1in der Leber erklärt. Die genaue Ätiologie und die thera-peutischen Konsequenzen dieser Veränderungen sind jedochimmer noch umstritten [2]. Nachdem auch der Plasmase-lenspiegel bei schwer kranken Patienten und bei Sepsis [3]niedrig ist, was zu einer erniedrigten Glutathionperoxidase-(GPx-)Aktivität führt, wurde angenommen, dass die Ursachefür den beeinträchtigten T4- und rT3-Metabolismus in derverringerten Expression und Aktivität der selenabhängigenD1 besteht. Die kontroversen Aspekte dieser Hypothese wer-den im Folgenden beleuchtet.

Die Rolle von Selenoenzymen bei schwerenErkrankungen

Selen ist essentiell für die Biosynthese und Funktion deretwa 25 bekannten selenocysteinhaltigen Selenoproteine[4]. Die Biosynthese der 21. Aminosäure, Selenocystein, undihr kotranslationaler Einbau in bestimmte Proteine werdenstreng reguliert [5]. Selenocystein befindet sich im kata-lytischen Zentrum der meisten Selenoenzyme. Eines deram besten bekannten und charakterisierten Redox-Systemeist das Glutathion-System, das aus den selenabhängigenPeroxidasen (GPx) [6,7] und den Thioredoxinreduktasenbesteht [8]. Diese reduzieren nicht nur Wasserstoffper-oxid, Lipid- und Phospholipidhydroperoxide und verringernso die Bildung von freien Radikalen und reaktiven Sauer-

Wasserstoffperoxid und die Produktion von Superoxid denoxidativen Stress. Durch die mit einem niedrigen Selen-spiegel assoziierte erniedrigte GPx-Aktivität bei kritischkranken Patienten [9] erhöht sich möglicherweise in eini-gen Kompartimenten der oxidative Stress, was letztlich zumMultiorganversagen mit beiträgt.

In Tierversuchen wurde darüber hinaus gezeigt, dasseine Selensupplementierung die intrazelluläre GPx- undThioredoxinreduktaseaktivität normalisiert und den oxida-tiven Stress, die intranukleäre Translokation von NF-�B,die Bildung von Zytokinen sowie die Schädigung vonGeweben verringert [10]. Einer der wichtigsten anti-inflammatorischen Effekte von Selen ist die Verringerungder Translokation von NF-�B in Makrophagen und die darausresultierende reduzierte Freisetzung von Zytokinen [11].

Außerdem ist der Spiegel von Selenoprotein P (SePP),dem wichtigsten zirkulierenden Selenoprotein, das allein70 % des Plasmaselens enthält, bei Sepsis-Patienten signifi-kant erniedrigt [12]. SePP ist nicht nur ein Transportproteinzur Verteilung von Selenocystein an verschiedene Organe,es bindet auch an aktivierte Endothelzellen und kann dieoxidative Schädigung dieser Zellen verhindern [13]. Daherist ein niedriger Plasmaselenspiegel nicht notwendigerweisedie Folge eines niedrigen Selengehalts im Körper insge-samt, sondern gibt nur die Kompartimentierung von SePPaus dem Plasma wieder, das an die Endothelzellen gebun-den wurde. Diese Annahme wird gestützt durch den Befund,dass sich der Plasmaselenspiegel auch ohne Selensupple-mentierung normalisiert, wenn sich Patienten von ihrerKrankheit erholen [14]. Jedoch könnte auch der Bedarf anSelenoenzymen und damit an Selen als dem Hauptsubstratbei allen kritischen Krankheitszuständen erhöht sein. Belegehierfür lieferten Interventionsstudien, bei denen gezeigtwerden konnte, dass eine Supplementierung mit hochdo-siertem Natriumselenit die Prognose verbessert und, wiebei einem Teil der Studien beobachtet, sogar die Mortalitätverringert, insbesondere bei den am schwersten erkranktenPatienten [15—17].

Die Rolle von Deiodasen bei kritischenErkrankungen

stoffspezies, sondern auch die Hydroperoxid-Intermediateim Cyclooxygenase- und Lipoxygenase-Signalweg und die Bil-dung von inflammatorischen Prostaglandinen und Leukotrie-nen [7]. Außerdem modulieren sie durch die Reduktion von

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elenoenzyme spielen eine wichtige Rolle beim Schilddrü-enhormonmetabolismus. Alle drei bekannten Deiodasen, D1

D3, sind Selenoenzyme [18]. Die Schilddrüse ist wegener verschiedenen Selenoenzyme, die für den normalen

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childdrüsenhormonmetabolismus von Bedeutung sind, dasrgan mit dem höchsten Selengehalt. Die Aktivität diesernzyme in der Schilddrüse wird, im Vergleich zu andereneweben wie Leber, Niere oder der Haut, selbst unter Selen-angel äußerst effizient aufrechterhalten [19].Das NTIS tritt in den meisten, nicht schilddrüsenassoziier-

en chronischen und akuten Krankheiten auf und ist durchinen raschen Abfall des freien und gesamten T3 charakteri-iert, begleitet von einem Anstieg des metabolisch inaktivenT3 [20]. Abhängig vom Schweregrad der Erkrankung sindußerdem TSH und T4 reduziert und diese Veränderungenorrelieren mit der Prognose und der Mortalität.

Die D1 ist verantwortlich für die Konversion von T4 zu3, wohingegen die D3 die Umwandlung von T4 zu rT3 kata-ysiert. Die D1 katalysiert außerdem die Konversion undlearance von rT3. Im Gegensatz zur D2, die ebenfallsie Aktivierung von T4 zu T3 katalysiert und die im endo-lasmatischen Retikulum lokalisiert ist, ist die D1 in derlasmamembran lokalisiert und wesentlich für die Bildunges zirkulierenden T3 verantwortlich [18]. Daher würdeine geringe D1-Aktivität allein einen niedrigen T3- undinen erhöhten rT3-Spiegel bei kritisch Kranken erklären21]. Da die D1-Aktivität gegenüber der Verfügbarkeit vonelen empfindlicher ist und die D2 von ihren Substrateneguliert wird, wurde die Hypothese aufgestellt, dass deriedrige Selenspiegel bei kritisch kranken Patienten für dieiedrige D1-Aktivität verantwortlich und damit die Ursa-he des niedrigen T3-Spiegels bei schweren akuten undhronischen Erkrankungen sein könnte [22]. Jedoch wirdngenommen, dass der niedrige Selenspiegel bei akutenchweren Erkrankungen kein langfristiger Effekt, sondernin schnelles Ereignis ist, einhergehend mit der Schwere derrkrankung.

In einer prospektiven, randomisierten, placebokontrol-ierten Studie wurde gezeigt, dass eine Supplementierungit hochdosiertem Natriumselenit bei operierten Patienten

u einem Anstieg des zirkulierenden Selens führt und dassies mit einer rascheren Normalisierung des T4- und des rT3-lasmaspiegels assoziiert ist. Antioxidanzien und Zink hattenagegen keinen Effekt auf den Schilddrüsenhormonmetabo-ismus [22].

Kürzlich haben wir eine randomisierte, placebokontrol-ierte Studie an Patienten mit schwerer Entzündung undepsis durchgeführt, bei der wir zeigen konnten, dass unterdjunktiver Supplementierung mit Natriumselenit sich dierognose der Patienten verbesserte. Zwar bestand unterelensupplementierung keine Korrelation der Selenplasma-piegel oder SePP mit dem T4-/T3-Verhältnis, wohl aberit dem Clinical Activity Score [23]. Daraus folgerten wir,ass die Wiederherstellung normaler Schilddrüsenhormon-piegel mit der Verbesserung der klinischen Symptome inusammenhang steht, nicht jedoch direkt mit der höherenerfügbarkeit von Selen.

In HepG2-Zellen wurde kürzlich gezeigt, dass die Aktivie-ung von NF-�B durch TNF� die T3-stimulierte D1-Aktivitätermindert. Dieser Effekt wird durch dominant-negativenF-�B und durch eine pharmakologische Inhibition derF-�B-Aktivierung aufgehoben [24]. IL-1 und IL-6 inhibieren

benfalls die D1-Aktivität in der Leber, sowohl in vivo alsuch in vitro [25]. Da auch die D2 zum zirkulierenden3 beiträgt, wurde angenommen, dass auch eine redu-ierte Aktivität der selenabhängigen D2 für den niedrigen

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3-Spiegel bei kritisch kranken Patienten verantwortlichein könnte. Andererseits ist die Aktivität der D2 in Mus-elbiopsien kritisch Kranker sogar erhöht [26,27]. Daherrägt die D2 vermutlich nicht zum Nieder-T3-Syndrom beiritischen Krankheitszuständen bei.

Weiterhin könnte eine erhöhte D3-Aktivität die T3-learance steigern und so niedrigere Plasma-T3-Spiegelerursachen. Es konnte aber gezeigt werden, dass die D3-ktivität in der Leber und im Skelettmuskel tatsächlichrhöht ist und positiv mit dem rT3-Spiegel im Serum kor-eliert [28]. So ist nicht nur die D2-, sondern auch die3-Akvität bei kritischen Krankheitszuständen erhöht [29],bwohl alle Deiodasen Selenoenzyme sind und der Selen-piegel vermindert ist.

In kritischen Krankheitszuständen ist auch der TSH-piegel erniedrigt, was auf einen direkten Effekt vonytokinen auf die Hypothalamus-Hypophysen-Achse zurück-uführen sein könnte. Es wird jedoch auch eine erhöhteokale Produktion von T3 durch die D2 diskutiert, da LPS die2-Expression im medio-basalen Hypothalamus stimulieren30,31].

Wir schließen daher, dass das NTIS nicht durch dieeringere Verfügbarkeit von Selen in kritischen Krankheits-uständen verursacht wird, sondern, wie in Tierversuchenezeigt, durch die Inhibition der D1-Aktivität durch Zytokineermittelt wird [32]. Die adjunktive Supplementierung mitelen bei kritisch kranken Patienten verbessert die Prognosend senkt sogar die Mortalität, was darauf hinweist, dass derelenbedarf erhöht sein könnte. Da Selen die Translokationon NF-�B und infolge dessen die Freisetzung von Zytokineneduziert, ist der Effekt von Selen auf den Schilddrüsen-ormonmetabolismus möglicherweise auf diese verminderteytokinwirkung zurückzuführen und nicht auf eine direkterniedrigung der D1-Aktivität durch mangelnde Verfügbar-eit von Selen für die D1-Synthese.

ffenlegung von Interessenkonflikten

eim Autor besteht kein Interessenkonflikt.

iteratur

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