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SEITE 31 GZ Günzburg An der Donau kämpfenHelfer und...

Date post: 09-Sep-2019
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- - 27 Donnerstag, 25. August 2005 / GZ · Nummer 195 Burgau · Ichenhausen · Leipheim und die Region Z G Günzburg Günzburg An der Donau kämpfen Helfer und Anwohner gemeinsam gegen die Fluten SEITE 31 Hochwasser vereint: Anwohner und Ein- satzkräfte der Feuer- wehr verstärkten ges- tern Nachmittag ge- gen 15 Uhr einen Hochwasser-Not- damm aus Sandsä- cken nahe der Do- nau-Staustufe in Günzburg. Bild: K. Gaugenrieder Zum Hochwasser kommt auch noch Chemieunfall Den ganzen Tag Explosionsgefahr Vier Verletzte bei Unglück in Waldstetter Chemiefabrik dert an- und abfahren können. Im Einsatz sind auch drei Rettungshubschrauber und ein Großaufgebot der Günzburger Polizei. Auch Rettungssanitäter verletzt Zwei Rettungssanitäter wollen die Opfer erstversorgen. Dabei atmen die Helfer offen- sichtlich das Gasgemisch ein und erleiden da- bei leichte Ätzungen im Atemwegsbereich. Ihre Kollegen bringen sie vorsorglich zur Un- tersuchung ins Kreiskrankenhaus Günzburg. Die beiden Angestellten der Chemiefabrik schweben in Lebensgefahr. Die Besatzungen von zwei Rettungshubschraubern fliegen sie in Spezialkliniken nach Stuttgart und Mün- chen-Bogenhausen. Die Fabrik wird sofort geräumt, alle Arbei- ter müssen das Gelände verlassen. Die Firma wird großräumig abgesperrt. Zumindest an diesem Unglückstag ruht jeglicher Betrieb. Durch das Unglück tritt eine Gaswolke aus. Die Bewohner des nahe gelegenen Heubels- burg – der Ort liegt in östlicher Richtung – werden per Lautsprecher-Durchsagen ge- warnt und gebeten, Fenster und Türen zu schließen. Die Feuerwehr baut eine Wasser- versorgung auf, belüftet das Gebäude intensiv und schlägt mit dem Wasserschleier die Dampfwolke, die sich schnell verflüchtig hat, nieder. Die Floriansjünger messen mit Spezi- algeräten die Luft, stellen aber keine erhöhten Werte fest. „Eine Gefahr für die Bevölkerung lag nicht vor“, teilt Günter Gillich, Sprecher der Polizeidirektion Krumbach, am Nachmit- tag mit. Dennoch bleibt die Situation auf dem ab- seits gelegenen Betriebsgelände „sehr gefähr- lich“, wie Polizeichef Maier gegen 16 Uhr ein- räumt. Vor allem mit Wasser oder vergleich- baren Flüssigkeiten dürfen die Substanzen nicht in Berührung kommen, sonst könnte es eine weitere Explosion geben. Maier hat den Einsatz vor Ort zusammen mit Kreisbrandrat Robert Spiller und Kreisbrandmeister Albert Müller (Fachberater Chemie) geleitet. Ihnen geht es wie vielen anderen Hilfskräften: Die ganze Nacht schon kein Auge wegen des Hochwassers zugetan und dann am Morgen auch noch dieser Großeinsatz. Aber die erfah- renen Helfer halten durch. Die Ursache für das Unglück bleibt unklar. Um die Gefahrenlage zu beurteilen und zu entscheiden, was mit den Restmengen an Chemikalien im havarierten Behälter gesche- hen soll, lässt die Polizei gegen 16 Uhr zwei Sachverständige von der Abteilung Chemie und Physik des Bayerischen Landeskriminal- amtes in München einfliegen. Parallel dazu wird der Behälter mit Stickstoff behandelt. Als der Unfall passiert, landet Karl Bucher gerade in Frankfurt. Der Firmenchef war auf Dienstreise in China. Bis er gegen Mittag zu Hause ankommt, kümmert sich Bürgermeis- ter Emil Konrad um Iris Bucher, Buchers Frau. Konrad ist wie viele andere betroffen: „Mit dem Betrieb gab es noch nie Probleme. Er bedeutet sehr viel für unseren Ort.“ Plötzlich knallt es. Zuerst eine schwere Ver- puffung, dann ein so genannter „Abbrand“ (laut Duden ein Metallschwund beim Schmel- zen). Teile fliegen durch die Luft, aus dem 500 Liter fassenden Behälter tritt eine Gaswolke aus. Die beiden 38 und 43 Jahre alten Mitar- beiter, die im Landkreis Günzburg und in Ulm wohnen, erleiden lebensgefährliche Verbren- nungen und Verätzungen der Atemwege. 9.21 Uhr: Bei der Günzburger Polizei geht ein Notruf ein: Explosion in der Chemiefabrik Bucher in Waldstetten. Mehrere Personen sind verletzt. Die Beamten lösen Großalarm aus. Dabei halten sie sich an einen Alarmplan, der speziell für diese Firma ausgearbeitet wur- de. Die Werksfeuerwehr Bucher ist bereits im Einsatz, als kurz darauf die Freiwilligen Feu- erwehren Waldstetten, Ellzee, Rieden, Ichen- hausen, Günzburg, Ettenbeuren, Kötz und Krumbach mit insgesamt 50 bis 60 Mann nacheinander anrücken. Der Rettungs- und Sanitätsdienst kommt unter anderem mit fünf Rettungswagen und 25 Helfern. Außerdem ei- len sechs Notärzte nach Waldstetten. Die Ver- bindungsstraße zwischen Ichenhausen und dem Einsatzort wird kurzzeitig komplett ge- sperrt, damit die Einsatzfahrzeuge ungehin- Von unserem Redaktionsmitglied Georg Schalk Waldstetten Auf der Kreisstraße zwischen Ichenhausen und Waldstetten steht ein Einsatzfahrzeug hinter dem anderen. Ständig kreisen Hub- schrauber über dem Günztal, die Lage ist ge- fährlich. Nach einem schweren Betriebsun- fall in der Chemischen Fabrik Bucher in Waldstetten besteht am Mittwoch Nachmit- tag immer noch Explosionsgefahr. Und das seit Stunden. Der Betrieb ist inzwischen ge- räumt und vollständig abgesperrt. Im Ge- bäude halten sich mehrere Fachleute auf, die nach der Ursache für das Unglück for- schen: Was ist am frühen Vormittag genau passiert und warum? Es ist kurz nach 9 Uhr an diesem Mittwoch, als zwei Angestellte in dem Chemischen Be- trieb an einem Rührbehälter für Chlorsilane drei verschiedene Chemikalien zusammenmi- schen. Chlorsilane, so der Günzburger Poli- zeichef Peter Maier, ist eine farblose, sehr ät- zende Flüssigkeit, die zu ernsthaften Verlet- zungen von Haut und Augen führen kann. Neulich sagte einer zu seinem Kumpel: „Sag mal, was ist eigentlich das große Gelbe dort oben?“ – „Keine Ahnung, was denn?“ – „Na die Sonne!“. Ein kurzer Witz, der aber den Na- gel auf Kopf trifft. Denn Sonne haben wir ar- men, Hochwasser- und Regenwolken-geplag- ten Schwaben schon länger nicht mehr gese- hen – geschweige denn genossen. Dem Wit- zeerzähler könnte man hinterherrufen: Viel- leicht schraubt einer da oben bald eine Lam- pe rein, dann könnte es endlich mal wieder wärmer werden... Schorschi Was ist eigentlich das große Gelbe dort oben? Moment mal Polizei-Report Lkw-Fahrer stand unter Drogeneinfluss Günzburg (zg). Bei der Kontrolle eines Lkw- Kleintransporters am Dienstag gegen 14.25 Uhr, auf der A 8, Höhe Günzburg, stellten Be- amte der Autobahnpolizei Günzburg fest, dass der 20-jährige Fahrer unter dem Einfluss von Drogen stand. Ein Drogenschnelltest be- stätigte die Vermutung der Polizisten. Für den jungen Mann folgte das in diesen Fällen übli- che Prozedere: Er durfte erst einmal nicht wei- terfahren, wurde zur Blutentnahme geschickt und die zuständige Führerscheinstelle des Landratsamtes – Wohnort des 20-Jährigen ist laut Polizei Erfurt – wurde informiert. Ihn er- wartet eine Anzeige. Die wird auch der 19 Jah- re alte Mitfahrer des Mannes bekommen denn die Polizei kontrollierte auch ihn. Er- gebnis: Die Beamten fanden 6,4 Gramm Ma- rihuana bei ihm, eine selbstgebastelte „Bong“ – eine Wasserpfeife – wurde ebenfalls sicher- gestellt. Auch den 19-Jährigen (er stammt ebenfalls aus Ostdeutschland) erwartet nach Angaben der Polizei eine Anzeige. Wohin heute? Freizeittipps und Veranstaltungshinweise finden Sie heute auf Seite 28 Grau in Grau Es passt zum „Sommer“-Wetter dieser Tage das 20. Puzzleteil unseres GZ-Sommerrätsels. Trotzdem: Nur nicht den Mut verlieren – das Wetter wird auch mal besser und die restli- chen Teile kommen auch noch... GZ-sommerpuzzle GZ-Service im Internet Informationen und Bilder zum Hochwasser Im Internet ist seit Dienstag als Service für unsere Leserinnen und Leser ein Online-An- gebot zum Hochwasser in der Region einge- richtet. Unter guenzburger-zeitung.de/hochwasser finden Sie alle wichtigen Informationen zum Hochwasser und ständig aktualisierte Bilder aus der Region. Externe Links zum sel- ben Thema findet man dort ebenfalls. Landkreis: Neuer Rekord bei den Wohnungen S. 29 Sport: Für Weißhaupt geht's weiter steil bergauf S. 29 Hochwasser: Im Landkreis- Süden wird aufgeräumt S. 30 Kultur: Blues mit Zwiebelkuchenbeilage S. 34 Heute im Lokalteil Mit einem Großauf- gebot sind die Hilfs- kräfte gestern Vor- mittag in Waldstet- ten angerückt. Vielen Helfern von Feuer- wehr und Polizei steckte noch die an- strengende Nacht- schicht vom Hoch- wassereinsatz an der Donau in den Kno- chen. Die Chemiefa- brik Bucher ist mit ihren knapp 80 Be- schäftigten der größ- te Arbeitgeber in Waldstetten. Die Günzburger Feuerwehr setzte einen Wassernebel ein, um eine mögliche Giftgaswolke nie- derzuschlagen. Laut Polizei bestand keine Gefahr für die Bevölkerung. Bilder: Dieter März Pegel sinken: Katastrophen-Alarm aufgehoben Abgesehen von einigen voll gelaufenen Kellern bleibt der Landkreis von Hochwasser-Schäden weitgehend verschont Von unserem Redaktionsmitglied Heike Vanselow Landkreis Das große Zittern im nördlichen Landkreis Günzburg ist vorbei: Gestern Nachmittag er- reichte die Günz bei Günzburg zwar mit 3,94 Metern ihren Höchststand, bis zum Abend fiel der Pegel jedoch. Auch bei Leipheim und Offingen ging das Wasser zurück. Abgese- hen von einigen voll gelaufenen Kellern blie- ben die Bürger weitgehend von dem Hoch- wasser verschont. Gestern Abend um 21.15 Uhr hob Landrat Hubert Hafner schließlich den Katastrophen-Alarm auf. „So lange die Pegelstände an der Günz im kritischen Bereich sind und nicht eindeutig erkennbar ist, dass sie nach unten gehen, bleibt der Katastrophen-Alarm bestehen“, er- klärte Dieter Jehle, Sprecher des Landrats- amts, gestern Vormittag. Und die Pegel fielen zunächst nicht, sondern kletterten weiter nach oben: Um 15.45 Uhr war mit 3,94 Me- tern die Spitzenmarke in Günzburg erreicht – nur sechs Zentimeter unter den Werten vom Pfingsthochwasser 2002. Erst um 21.15 Uhr, als sich die Lage entspannte, entschieden der Krisenstab und Landrat Hubert Hafner, den Katastrophenfall aufzuheben. Am Dienstagabend hatte der Landrat den „K-Fall“ im Landkreis ausgerufen (wir berich- teten). Kein übertriebener Schritt, sondern durchaus gerechtfertigt, sagte Jehle: „Im Vordergrund steht der Schutz von Bürgern und Hab und Gut. Dadurch, dass die Polizei in den Krisenstab integriert ist, kön- nen wir alles besser koordinieren. Alle haben zum gleichen Zeit- punkt die gleichen Informatio- nen.“ Und noch einen entschei- denden Hintergrund hatte der Katastrophenalarm: Experten rechneten damit, dass in der Nacht zum Mittwoch gegen zwei Uhr gewal- tige Wassermassen Günzburg und wenige Zeit später Offingen passieren würden. „Wir hatten uns auf eine stürmische, ar- beitsreiche Nacht eingestellt“, erzählte Kreis- brandmeister Helmut Werdich. Zahlreiche Feuerwehren und alle verfügbaren Kräfte des Technischen Hilfswerks (THW) und des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) wurden mobilisiert, insgesamt waren am Dienstag- abend zunächst fast 300 Helfer an den Brenn- punkten verteilt. Im Lauf der Nacht reduzierte sich die Zahl auf 60, als sich herausstellte, dass die Flutwelle so schnell nicht kommen würde. Das BRK und die Bundeswehr blieben jedoch abrufbereit. Mitarbeiter des THW transportierten nicht mehr ge- brauchte Sandsäcke aus dem süd- lichen in den nördlichen Land- kreis und deponierten sie an der Kläranlage Günzburg. Fast 10 000 Sandsäcke lagen dort auf Reserve. „Wir wollten auf Num- mer sicher gehen und haben bei der Regierung von Schwaben weitere 10 000 Säcke angefor- dert“, so Werdich. Am Ende wa- ren es sogar 33000 leere Sandsä- cke, die die Freiwillige Feuerwehr Nürnberg aus Bayreuth holte und um Mitternacht in Günzburg ablieferte. Ein Teil wurde an die Anlieger des Volks- festplatzes verteilt. Ihre Barrieren hielten, doch der Volksfestplatz selbst wurde am Mitt- wochmorgen größtenteils überflutet. Viele Sandsäcke wanderten auch in einen Damm, der vor dem Donaukraftwerk aufgebaut wur- de. In der Nacht wurde er teilweise beschä- digt, aber sofort wieder geflickt. Auch an an- deren Fronten wurde in der Nacht zum Mitt- woch gegen das Wasser gekämpft: In Hammerstetten hatte sich unter einer Brücke der Kammel ein Baum verkeilt und das Was- ser aufgestaut, das auf Felder und einen nahe gelegenen Bauernhof strömte. Erst als die Feuerwehr den Baum herausgezogen hatte, ging die Überschwemmung zurück. In Lei- pheim verließen einige Anwohner der Ufer- straße freiwillig ihre Häuser. „Es war nicht be- drohlich, aber schwer abzuschätzen“, so Landratsamtssprecher Dieter Jehle. Während die Anlieger gingen, kamen die Schaulustigen. Zu Hunderten strömten sie laut Aussage eines Helfers an die Donau, um das Schauspiel zu beobachten. „Ein Phänomen, dieser Katastro- phentourismus, und nicht ganz ungefährlich“, so der Beteiligte. Mitarbeiter der Wasserwacht hätten eingreifen, einzelne Gebiete absperren und Menschen zurückdrängen müssen. Auch wenn die Nacht laut Helmut Werdich „überraschend ruhig“ verlief und er selbst „auf mehr Arbeit eingestellt“ war, taten er und die meisten anderen Helfer kein Auge zu. Jochen Ortner, Fachberater des THW für den Land- kreis, war seit Dienstagmorgen um sechs Uhr ununterbrochen auf den Beinen. Trotzdem meinte er gestern Mittag gelassen: „Ich habe schon Schlimmeres erlebt. Ich war auch schon mal 68 Stunden am Stück im Einsatz.“ Am Mittwochmorgen atmeten die Einsatz- kräfte erst einmal auf. „Konkrete Schadens- meldungen liegen uns nicht vor“, meldete Dieter Jehle und zählte nur einzelne überflu- tete Keller in der Region auf. Einige Betroffene hätten sich über das Bürgertelefon gemeldet. Doch die Mehrzahl der Anrufer seien Touris- ten gewesen, die wissen wollten, ob Günzburg noch von der Außenwelt zu erreichen sei. Ab- geschnitten war die Kreisstadt nicht, doch bis zum Nachmittag stieg das Wasser auf einen Höchststand. Wegen des hohen Wellen- schlags wurde der Damm beim Donaukraft- werk mit weiteren 3000 Sandsäcken verstärkt, um die angrenzenden Wohnhäuser zu schüt- zen. Das Günzburger Waldbad wurde bis zur Hälfte überschwemmt, Chlorwasser in den Freibecken vermischte sich laut Landratsamt aber nicht mit dem Hochwasser. In Leipheim trat die Donau über die Ufer, strömte aber nur in den Auwald. Weil die Pegel am späten Nachmittag wieder sanken, wurden hier wie auch in Offingen weitere Helfer abgezogen. „Wir hatten uns auf mehr Arbeit in der Nacht eingestellt.“ Kreisbrandmeister Helmut Werdich
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27Donnerstag, 25. August 2005 / GZ · Nummer 195Burgau · Ichenhausen · Leipheim und die Region

ZG GünzburgGünzburgAn der Donau kämpfenHelfer und Anwohnergemeinsam gegen die Fluten

SEITE 31

Hochwasser vereint:Anwohner und Ein-satzkräfte der Feuer-wehr verstärkten ges-tern Nachmittag ge-gen 15 Uhr einenHochwasser-Not-damm aus Sandsä-cken nahe der Do-nau-Staustufe inGünzburg.

Bild:K. Gaugenrieder

Zum Hochwasser kommt auch noch Chemieunfall

Den ganzen TagExplosionsgefahrVier Verletzte bei Unglück in Waldstetter Chemiefabrik

dert an- und abfahren können. Im Einsatzsind auch drei Rettungshubschrauber und einGroßaufgebot der Günzburger Polizei.

Auch Rettungssanitäter verletzt

Zwei Rettungssanitäter wollen die Opfererstversorgen. Dabei atmen die Helfer offen-sichtlich das Gasgemisch ein und erleiden da-bei leichte Ätzungen im Atemwegsbereich.Ihre Kollegen bringen sie vorsorglich zur Un-tersuchung ins Kreiskrankenhaus Günzburg.Die beiden Angestellten der Chemiefabrikschweben in Lebensgefahr. Die Besatzungenvon zwei Rettungshubschraubern fliegen siein Spezialkliniken nach Stuttgart und Mün-chen-Bogenhausen.

Die Fabrik wird sofort geräumt, alle Arbei-ter müssen das Gelände verlassen. Die Firmawird großräumig abgesperrt. Zumindest andiesem Unglückstag ruht jeglicher Betrieb.Durch das Unglück tritt eine Gaswolke aus.Die Bewohner des nahe gelegenen Heubels-burg – der Ort liegt in östlicher Richtung –werden per Lautsprecher-Durchsagen ge-warnt und gebeten, Fenster und Türen zuschließen. Die Feuerwehr baut eine Wasser-versorgung auf, belüftet das Gebäude intensivund schlägt mit dem Wasserschleier dieDampfwolke, die sich schnell verflüchtig hat,nieder. Die Floriansjünger messen mit Spezi-algeräten die Luft, stellen aber keine erhöhtenWerte fest. „Eine Gefahr für die Bevölkerunglag nicht vor“, teilt Günter Gillich, Sprecher

der Polizeidirektion Krumbach, am Nachmit-tag mit.

Dennoch bleibt die Situation auf dem ab-seits gelegenen Betriebsgelände „sehr gefähr-lich“, wie Polizeichef Maier gegen 16 Uhr ein-räumt. Vor allem mit Wasser oder vergleich-baren Flüssigkeiten dürfen die Substanzennicht in Berührung kommen, sonst könnte eseine weitere Explosion geben. Maier hat denEinsatz vor Ort zusammen mit KreisbrandratRobert Spiller und Kreisbrandmeister AlbertMüller (Fachberater Chemie) geleitet. Ihnengeht es wie vielen anderen Hilfskräften: Dieganze Nacht schon kein Auge wegen desHochwassers zugetan und dann am Morgenauch noch dieser Großeinsatz. Aber die erfah-renen Helfer halten durch.

Die Ursache für das Unglück bleibt unklar.Um die Gefahrenlage zu beurteilen und zuentscheiden, was mit den Restmengen anChemikalien im havarierten Behälter gesche-hen soll, lässt die Polizei gegen 16 Uhr zweiSachverständige von der Abteilung Chemieund Physik des Bayerischen Landeskriminal-amtes in München einfliegen. Parallel dazuwird der Behälter mit Stickstoff behandelt.

Als der Unfall passiert, landet Karl Buchergerade in Frankfurt. Der Firmenchef war aufDienstreise in China. Bis er gegen Mittag zuHause ankommt, kümmert sich Bürgermeis-ter Emil Konrad um Iris Bucher, BuchersFrau. Konrad ist wie viele andere betroffen:„Mit dem Betrieb gab es noch nie Probleme.Er bedeutet sehr viel für unseren Ort.“

Plötzlich knallt es. Zuerst eine schwere Ver-puffung, dann ein so genannter „Abbrand“(laut Duden ein Metallschwund beim Schmel-zen). Teile fliegen durch die Luft, aus dem 500Liter fassenden Behälter tritt eine Gaswolkeaus. Die beiden 38 und 43 Jahre alten Mitar-beiter, die im Landkreis Günzburg und in Ulmwohnen, erleiden lebensgefährliche Verbren-nungen und Verätzungen der Atemwege.

9.21 Uhr: Bei der Günzburger Polizei gehtein Notruf ein: Explosion in der ChemiefabrikBucher in Waldstetten. Mehrere Personensind verletzt. Die Beamten lösen Großalarmaus. Dabei halten sie sich an einen Alarmplan,der speziell für diese Firma ausgearbeitet wur-de. Die Werksfeuerwehr Bucher ist bereits imEinsatz, als kurz darauf die Freiwilligen Feu-erwehren Waldstetten, Ellzee, Rieden, Ichen-hausen, Günzburg, Ettenbeuren, Kötz undKrumbach mit insgesamt 50 bis 60 Mannnacheinander anrücken. Der Rettungs- undSanitätsdienst kommt unter anderem mit fünfRettungswagen und 25 Helfern. Außerdem ei-len sechs Notärzte nach Waldstetten. Die Ver-bindungsstraße zwischen Ichenhausen unddem Einsatzort wird kurzzeitig komplett ge-sperrt, damit die Einsatzfahrzeuge ungehin-

Von unserem RedaktionsmitgliedGeorg Schalk

WaldstettenAuf der Kreisstraße zwischen Ichenhausenund Waldstetten steht ein Einsatzfahrzeughinter dem anderen. Ständig kreisen Hub-schrauber über dem Günztal, die Lage ist ge-fährlich. Nach einem schweren Betriebsun-fall in der Chemischen Fabrik Bucher inWaldstetten besteht am Mittwoch Nachmit-tag immer noch Explosionsgefahr. Und dasseit Stunden. Der Betrieb ist inzwischen ge-räumt und vollständig abgesperrt. Im Ge-bäude halten sich mehrere Fachleute auf,die nach der Ursache für das Unglück for-schen: Was ist am frühen Vormittag genaupassiert und warum?

Es ist kurz nach 9 Uhr an diesem Mittwoch,als zwei Angestellte in dem Chemischen Be-trieb an einem Rührbehälter für Chlorsilanedrei verschiedene Chemikalien zusammenmi-schen. Chlorsilane, so der Günzburger Poli-zeichef Peter Maier, ist eine farblose, sehr ät-zende Flüssigkeit, die zu ernsthaften Verlet-zungen von Haut und Augen führen kann.

Neulich sagte einer zu seinem Kumpel: „Sagmal, was ist eigentlich das große Gelbe dortoben?“ – „Keine Ahnung, was denn?“ – „Nadie Sonne!“. Ein kurzer Witz, der aber den Na-gel auf Kopf trifft. Denn Sonne haben wir ar-men, Hochwasser- und Regenwolken-geplag-ten Schwaben schon länger nicht mehr gese-hen – geschweige denn genossen. Dem Wit-zeerzähler könnte man hinterherrufen: Viel-leicht schraubt einer da oben bald eine Lam-pe rein, dann könnte es endlich mal wiederwärmer werden... Schorschi

Was ist eigentlich dasgroße Gelbe dort oben?

Moment mal

Polizei-Report

Lkw-Fahrer standunter DrogeneinflussGünzburg (zg). Bei der Kontrolle eines Lkw-Kleintransporters am Dienstag gegen 14.25Uhr, auf der A 8, Höhe Günzburg, stellten Be-amte der Autobahnpolizei Günzburg fest,dass der 20-jährige Fahrer unter dem Einflussvon Drogen stand. Ein Drogenschnelltest be-stätigte die Vermutung der Polizisten. Für denjungen Mann folgte das in diesen Fällen übli-che Prozedere: Er durfte erst einmal nicht wei-terfahren, wurde zur Blutentnahme geschicktund die zuständige Führerscheinstelle desLandratsamtes – Wohnort des 20-Jährigen istlaut Polizei Erfurt – wurde informiert. Ihn er-wartet eine Anzeige. Die wird auch der 19 Jah-re alte Mitfahrer des Mannes bekommen –denn die Polizei kontrollierte auch ihn. Er-gebnis: Die Beamten fanden 6,4 Gramm Ma-rihuana bei ihm, eine selbstgebastelte „Bong“– eine Wasserpfeife – wurde ebenfalls sicher-gestellt. Auch den 19-Jährigen (er stammtebenfalls aus Ostdeutschland) erwartet nachAngaben der Polizei eine Anzeige.

Wohin heute?

Freizeittipps und Veranstaltungshinweisefinden Sie heute auf Seite 28

Grau in Grau

Es passt zum „Sommer“-Wetter dieser Tage –das 20. Puzzleteil unseres GZ-Sommerrätsels.Trotzdem: Nur nicht den Mut verlieren – dasWetter wird auch mal besser und die restli-chen Teile kommen auch noch...

GZ-sommerpuzzle

GZ-Service im Internet

Informationen undBilder zum Hochwasser

Im Internet ist seit Dienstag als Service fürunsere Leserinnen und Leser ein Online-An-gebot zum Hochwasser in der Region einge-richtet. Unter

guenzburger-zeitung.de/hochwasserfinden Sie alle wichtigen Informationen

zum Hochwasser und ständig aktualisierteBilder aus der Region. Externe Links zum sel-ben Thema findet man dort ebenfalls.

Landkreis: Neuer Rekordbei den Wohnungen S. 29

Sport: Für Weißhaupt geht'sweiter steil bergauf S. 29

Hochwasser: Im Landkreis-Süden wird aufgeräumt S. 30

Kultur: Blues mitZwiebelkuchenbeilage S. 34

Heute im Lokalteil

Mit einem Großauf-gebot sind die Hilfs-kräfte gestern Vor-mittag in Waldstet-ten angerückt. VielenHelfern von Feuer-wehr und Polizeisteckte noch die an-strengende Nacht-schicht vom Hoch-wassereinsatz an derDonau in den Kno-chen. Die Chemiefa-brik Bucher ist mitihren knapp 80 Be-schäftigten der größ-te Arbeitgeber inWaldstetten.

Die Günzburger Feuerwehr setzte einen Wassernebel ein, um eine mögliche Giftgaswolke nie-derzuschlagen. Laut Polizei bestand keine Gefahr für die Bevölkerung. Bilder: Dieter März

Pegel sinken: Katastrophen-Alarm aufgehobenAbgesehen von einigen voll gelaufenen Kellern bleibt der Landkreis von Hochwasser-Schäden weitgehend verschont

Von unserem RedaktionsmitgliedHeike Vanselow

LandkreisDas große Zittern im nördlichen LandkreisGünzburg ist vorbei: Gestern Nachmittag er-reichte die Günz bei Günzburg zwar mit 3,94Metern ihren Höchststand, bis zum Abendfiel der Pegel jedoch. Auch bei Leipheim undOffingen ging das Wasser zurück. Abgese-hen von einigen voll gelaufenen Kellern blie-ben die Bürger weitgehend von dem Hoch-wasser verschont. Gestern Abend um 21.15Uhr hob Landrat Hubert Hafner schließlichden Katastrophen-Alarm auf.

„So lange die Pegelstände an der Günz imkritischen Bereich sind und nicht eindeutigerkennbar ist, dass sie nach unten gehen,bleibt der Katastrophen-Alarm bestehen“, er-klärte Dieter Jehle, Sprecher des Landrats-amts, gestern Vormittag. Und die Pegel fielenzunächst nicht, sondern kletterten weiternach oben: Um 15.45 Uhr war mit 3,94 Me-tern die Spitzenmarke in Günzburg erreicht –nur sechs Zentimeter unter den Werten vomPfingsthochwasser 2002. Erst um 21.15 Uhr,als sich die Lage entspannte, entschieden der

Krisenstab und Landrat Hubert Hafner, denKatastrophenfall aufzuheben.

Am Dienstagabend hatte der Landrat den„K-Fall“ im Landkreis ausgerufen (wir berich-teten). Kein übertriebener Schritt, sonderndurchaus gerechtfertigt, sagteJehle: „Im Vordergrund steht derSchutz von Bürgern und Hab undGut. Dadurch, dass die Polizei inden Krisenstab integriert ist, kön-nen wir alles besser koordinieren.Alle haben zum gleichen Zeit-punkt die gleichen Informatio-nen.“ Und noch einen entschei-denden Hintergrund hatte derKatastrophenalarm: Expertenrechneten damit, dass in derNacht zum Mittwoch gegen zwei Uhr gewal-tige Wassermassen Günzburg und wenigeZeit später Offingen passieren würden.

„Wir hatten uns auf eine stürmische, ar-beitsreiche Nacht eingestellt“, erzählte Kreis-brandmeister Helmut Werdich. ZahlreicheFeuerwehren und alle verfügbaren Kräfte desTechnischen Hilfswerks (THW) und desBayerischen Roten Kreuzes (BRK) wurdenmobilisiert, insgesamt waren am Dienstag-abend zunächst fast 300 Helfer an den Brenn-

punkten verteilt. Im Lauf der Nacht reduziertesich die Zahl auf 60, als sich herausstellte,dass die Flutwelle so schnell nicht kommenwürde. Das BRK und die Bundeswehr bliebenjedoch abrufbereit. Mitarbeiter des THW

transportierten nicht mehr ge-brauchte Sandsäcke aus dem süd-lichen in den nördlichen Land-kreis und deponierten sie an derKläranlage Günzburg. Fast10000 Sandsäcke lagen dort aufReserve. „Wir wollten auf Num-mer sicher gehen und haben beider Regierung von Schwabenweitere 10000 Säcke angefor-dert“, so Werdich. Am Ende wa-ren es sogar 33000 leere Sandsä-

cke, die die Freiwillige Feuerwehr Nürnbergaus Bayreuth holte und um Mitternacht inGünzburg ablieferte.

Ein Teil wurde an die Anlieger des Volks-festplatzes verteilt. Ihre Barrieren hielten,doch der Volksfestplatz selbst wurde am Mitt-wochmorgen größtenteils überflutet. VieleSandsäcke wanderten auch in einen Damm,der vor dem Donaukraftwerk aufgebaut wur-de. In der Nacht wurde er teilweise beschä-digt, aber sofort wieder geflickt. Auch an an-

deren Fronten wurde in der Nacht zum Mitt-woch gegen das Wasser gekämpft: InHammerstetten hatte sich unter einer Brückeder Kammel ein Baum verkeilt und das Was-ser aufgestaut, das auf Felder und einen nahegelegenen Bauernhof strömte. Erst als dieFeuerwehr den Baum herausgezogen hatte,ging die Überschwemmung zurück. In Lei-pheim verließen einige Anwohner der Ufer-straße freiwillig ihre Häuser. „Es war nicht be-drohlich, aber schwer abzuschätzen“, soLandratsamtssprecher Dieter Jehle. Währenddie Anlieger gingen, kamen die Schaulustigen.Zu Hunderten strömten sie laut Aussage einesHelfers an die Donau, um das Schauspiel zubeobachten. „Ein Phänomen, dieser Katastro-phentourismus, und nicht ganz ungefährlich“,so der Beteiligte. Mitarbeiter der Wasserwachthätten eingreifen, einzelne Gebiete absperrenund Menschen zurückdrängen müssen.

Auch wenn die Nacht laut Helmut Werdich„überraschend ruhig“ verlief und er selbst „aufmehr Arbeit eingestellt“ war, taten er und diemeisten anderen Helfer kein Auge zu. JochenOrtner, Fachberater des THW für den Land-kreis, war seit Dienstagmorgen um sechs Uhrununterbrochen auf den Beinen. Trotzdemmeinte er gestern Mittag gelassen: „Ich habeschon Schlimmeres erlebt. Ich war auchschon mal 68 Stunden am Stück im Einsatz.“

Am Mittwochmorgen atmeten die Einsatz-kräfte erst einmal auf. „Konkrete Schadens-meldungen liegen uns nicht vor“, meldeteDieter Jehle und zählte nur einzelne überflu-tete Keller in der Region auf. Einige Betroffenehätten sich über das Bürgertelefon gemeldet.Doch die Mehrzahl der Anrufer seien Touris-ten gewesen, die wissen wollten, ob Günzburgnoch von der Außenwelt zu erreichen sei. Ab-geschnitten war die Kreisstadt nicht, doch biszum Nachmittag stieg das Wasser auf einenHöchststand. Wegen des hohen Wellen-schlags wurde der Damm beim Donaukraft-werk mit weiteren 3000 Sandsäcken verstärkt,um die angrenzenden Wohnhäuser zu schüt-zen. Das Günzburger Waldbad wurde bis zurHälfte überschwemmt, Chlorwasser in denFreibecken vermischte sich laut Landratsamtaber nicht mit dem Hochwasser. In Leipheimtrat die Donau über die Ufer, strömte aber nurin den Auwald. Weil die Pegel am spätenNachmittag wieder sanken, wurden hier wieauch in Offingen weitere Helfer abgezogen.

„Wir hatten unsauf mehr Arbeitin der Nachteingestellt.“KreisbrandmeisterHelmut Werdich

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Donnerstag, 25. August 2005GZ · Nummer 195GZ-Extra: Hochwasser im Landkreis GZ

Aufräumen in der Krumbacher Innenstadt: Gestern wurden die Sandsäcke weggeräumt. DieSchäden hielten sich insgesamt in Grenzen. Bilder: Peter Bauer

Die Sandabfüllanlage des THW Krumbach liefheiß in den beiden vergangenen Tagen – rund200 Tonnen wurden in Säcke verpackt.

Fünfmal soviel Sand wieim Jahr 2002THW befüllte über 10000Sandsäcke für Landkreis

Landkreis (liwe).Etwa 200 Tonnen Sand in zwei Tagen verar-beitete die Sandsackabfüllmaschine desTHW Krumbach. „Das ist etwa das Vier- bisFünffache der Masse, die wir 2002 ver-braucht haben“, erklärte der Ortsbeauftrag-te Norbert Weiß. Von Montagabend bisDienstagnacht waren die Männer des Tech-nischen Hilfswerk fast rund um die Uhr imEinsatz, um für den ganzen Landkreis mehrals 10000 Sandsäcke zu füllen und zu vertei-len.

„Dass wir so viel Sand verbraucht haben,liegt an unserer neuen Maschine“, erklärteWeiß, der sich als Bürgermeister von Deisen-hausen gleichzeitig auch noch um seine Ge-meinde kümmern musste, „sie zeigt im Gegen-satz zu Menschen eben keine Ermüdungser-scheinungen.“ Im Jahr 2002 hatte das THWnoch per Hand die Säcke befüllt. Die Maschi-ne, die als einzige im Landkreis in Nettershau-sen positioniert war, hat in den vergangeneTagen etwa 900 Säcke pro Stunde befüllt.

Die Helfer des THW, die laut Weiß allesamtohne Probleme von ihren Arbeitgebern freigestellt worden waren, wurden immer wiedervon Männern der Feuerwehren unterstützt,die gerade nicht im Einsatz waren. Außerdemstellten zwei Speditionen die erforderlichenBoxen für den Transport der Sandsäcke auchmitten in der Nacht noch zur Verfügung.„Und im Kieswerk konnten wir rund um dieUhr arbeiten“, erzählte Weiß.

Von Montagabend, 21 Uhr an, lief die Ma-schine bis vier Uhr morgens. Nach vier Stun-den Schlaf ging es für die Männer auch amDienstag bis um ein Uhr nachts weiter. Nach-dem zunächst vor allem der südliche Land-kreis versorgt worden war, forderten ab demspäten Dienstagnachmittag immer mehr Ge-meinden aus dem nördlichen Landkreis Sä-cke an. Und während Mittelschwaben amMittwoch aufatmete, war Weiß bereits aufdem Weg nach Neu-Ulm, wo etwa 20 Männerdes Krumbacher THWs ihre Kollegen imKampf gegen die Fluten von Iller und Donauunterstützten.

Die Spuren der Fluten: Dieses Feld wurde vom Haselbach in eine regelrechte Kiesgrube ver-wandelt. Bild: Karl Kleiber

Die Fluten drangen in Krumbach am Dienstagauch in die Anlagen der Firma Leidescher ein– doch das Wasser verschwand fast so schnell,wie es gekommen war. Bild: Peter Bauer

Rund 100 Anrufer pro StundeDas Wasserwirtschaftsamt liefert Prognosen – Wasser und Wetter nicht immer berechenbar

Von unserem RedaktionsmitgliedLisa Welzhofer

Krumbach„Der einzige, der sich bei uns nicht nach denHochwasserprognosen erkundigt, ist derLiebe Gott“, sagt Dr. Rüdiger Zischak vomWasserwirtschaftsamt Krumbach und lacht.Rund um die Uhr ist die vierköpfige Mann-schaft des Hochwassernachrichtendienstes(HND) derzeit im Einsatz, erstellt aus einerReihe von Faktoren wie Niederschlagsmen-gen, Pegelständen und Beschaffenheit derBöden, Prognosen, wann es wo zu welchenFluten kommen könnte.

Ihre Erkenntnisse geben sie dann an dieetwa 100 Anrufer pro Stunde von Gemeinden,

Bürgern und Rettungskräften weiter. Aber dasWetter und das Wasser laufen nicht immernach Plan. „Am vergangenen Montag war lan-ge nicht klar, dass es tatsächlich zu einemHochwasser kommen würde“, erinnert sichZischak. Erst als am Abend die langen undheftigen Regengüsse nieder gingen, zeichnetesich ab, dass die Gewässer im Landkreis überdie Ufer treten würden. „Die Böden konntendurch den Regen der vorherigen Tage nichtsmehr aufnehmen, es kam zu einem Oberflä-chenabfluss in die Flüsse“, erklärt der Geolo-ge.

Die vier bis sechs Mitarbeiter der Haupt-meldestelle beziehen ihre Wetterinformatio-nen teilweise „wie jeder andere Bürger beiDiensten im Internet“, so Roland Peter vomHND. Die Pegelstände werden meist elektro-

nisch gemessen, außerdem gleichen die Fluss-meister vor Ort die elektronischen Daten mitder Realität ab. „In diesen Tagen waren fünfTeams mit je zwei Leuten unterwegs“, infor-miert Zischak, „denn es kann immer mal pas-sieren, dass ein Messgerät ausfällt oder falschmisst.“ Laut Peter trennen oft nur wenige Nie-derschlagsmillimeter harmlose Regenschauervon einem Hochwasser. Dass die Flut an Zu-sam, Kammel, Mindel und Günz im südlichenLandkreis noch „moderat“ ausgefallen war,liegt laut Zischak an der Niederschlagsmengeim Einzugsgebiet dieser Flüsse, also im alpi-nen Bereich. Dort hatte es dieses Mal nichtganz soviel geregnet wie etwa im Jahr 2002.Pessimistischer beurteilt der HND die Ent-wicklung für Iller und Donau. Hier sollen dieAusmaße des Hochwassers ähnlich denen imJahr 1999 sein.

Nur leichter Regen vorhergesagt

Was die Entwicklungen an Zusam, Mindel,Kammel und Günz in den kommenden Tagenbetrifft, so ist Peter, Experte in Gewässerkun-de, allerdings zuversichtlich: „Donnerstagund Freitag sollen niederschlagsfrei bleiben.Dann soll es zwei Tage leicht regnen.“ Allesandere wäre nach seiner Einschätzung auchfatal. Da die Flüsse, Bäche und Böden derzeitrandvoll sind, könnte es im Extremfall bei er-neut starken Regenfällen zu einem ähnlichenHochwasser wie 1999 kommen: „Damals wa-ren die Pegel der Flüsse noch durch das Va-tertagshochwasser sehr weit oben, als dasPfingsthochwasser hinzu kam“, erklärt Peter.

Für die nächsten Tage sei nach Informatio-nen des Wasserwirtschaftsamtes allerdingsnur eine Niederschlagsmenge zwischen zehnund 20 Millimetern pro Quadratmeter voraus-gesagt. „Kritisch könnte es ab einer Nieder-schlagsmenge von 60 bis 100 Millimeter wer-den.“

Wetter und Wasserverhalten sich nichtimmer nach Plan – soerklärt das Wasser-wirtschaftsamtKrumbach, warumman dort noch amMontag das drohen-de Hochwasser weitgeringer eingeschätzthatte, als es dann tat-sächlich kam. Im Bilddie Donau bei Günz-burg am Dienstag-abend.

Bild: Bigelmayr

Im Landkreis-Süden wird schon aufgeräumtSchäden halten sich in Grenzen – volle Keller und zerstörte Feldwege – Ärger über Strafzettel bei Aufräumarbeiten

Lankreis (liwe/pb).Die gestrige Sonne brachte es ans Tages-licht: Die durch das Hochwasser verursach-ten Schäden fallen im südlichen Landkreisdeutlich geringer aus als im Jahr 2002. Dasbestätigte auch das Landratsamt Günzburg,obwohl noch keine konkreten Summen vor-liegen. Im Zusamtal wurden vor allem meh-rere Wege beschädigt. In Krumbach spültees an einigen Stellen den Sand aus der Pflas-terung. Die Zahl der voll gelaufenen Kellerhielt sich in Grenzen, die Feuerwehren hat-ten die meisten Bürger rechtzeitig infor-miert. In Neuburg kam es dank neu ange-brachter Betondämme zu keinerlei Schä-den.

„Obwohl sie noch nicht ganz fertig sind, ha-ben unsere Dämme prima funktioniert“, freu-te sich gestern Neuburgs Bürgermeister GeorgSchwarz, „das beweist, dass die Maßnahmenrichtig waren“. Als die Flutwelle der Kammelnachmittags in der Gemeinde eintraf, waren14 Feuerwehrleute und die Bevölkerung be-reits vorbereitet, die Keller waren abgedichtet.Aber die bereitstehenden Sandsäcke musstengar nicht erst eingesetzt werden.

„Das Beispiel Neuburg beweist, dass dieHochwasserschutzmaßnahmen, die nach2002 gestartet wurden, wirklich Sinn ma-chen“, betonte Dieter Jehle, Pressesprecherdes Krisenstabs im Landratsamt Günzburg.Die Bewältigung des Hochwassers sei im ge-samten südlichen Landkreis hervorragend ge-laufen, das Ausmaß der Flut und der entstan-denen Schäden mit dem Jahr 2002 nicht ver-gleichbar. „Dazu hat auch die Einsatzleitungvor Ort in Krumbach unter Wolfgang Härtlbeigetragen, die die Hilfsmaßnahmen koordi-niert hat“, so Jehle (wir berichteten). So konn-ten beispielsweise freie Feuerwehren zumSandsackabfüllen geschickt werden.

den. Nach Information des DeisenhauserBürgermeisters Norbert Weiß standen einigelandwirtschaftliche Flächen unter Wasser.Man sei mit „Oberkante Unterlippe“ davongekommen.

Aufatmen auch in Thannhausen. „Wir hat-ten am Montagabend schon das Schlimmstebefürchtet“, sagte die 2. Bürgermeisterin, Grä-fin von Schönborn. Aber die 45 Mann starkeFeuerwehr rüstete sich rechtzeitig mit Sand-säcken und mobilen Dämmen. In der Grund-schule, deren Keller vor drei Jahren komplettvoll gelaufen war, gab es deshalb nur kleinereSchäden durch eingedrungenes Grundwas-ser. Ein mobiler Damm hatte das Gebäude vorden Fluten des Mühlbachs geschützt. Insge-samt seien nur fünf Keller in Mitleidenschaftgezogen, durch die neue Mindelbrücke ohneMittelpfeiler sei das Wasser außerdem weni-ger aufgestaut worden.

Dass auch in Krumbach maximal zehn Kel-ler unter Wasser standen, liegt für den 2. Bür-germeister Anton Maier vor allem an der früh-zeitigen Warnung der Bürger, von denen vieleihre Häuser mit beweglichen Aluvorrichtun-gen vor dem Kammelwasser schützten. „Anmanchen Stellen hat das Wasser den Sand ausder Pflasterung gespült, aber auch wenn manden Einsatz der Bauhofmitarbeiter rechnet, istdie Stadt Krumbach glimpflich davon gekom-men“, so Maier. Auch im Krumbacher Frei-bad, das 2002 durch Hochwasser und an-schließend durch Hagelschlag übel zugerich-tet worden war, ging diesmal alles glimpflichab. Doch es gab ein Problem: Die Kammel ist

so schmutzig, dass das Kammelwasser nichtfür die Wärmepumpe des Freibades benutztwerden konnte. In dieser Anlage wird demKammelwasser Wärme entzogen, um dasWasser im Bad zu beheizen. Wenn man dasjetzt machen würde, dann würde die Anlageverstopfen, meinte Schwimmmeister GeorgBrugner. Aus diesem Grund blieb das Wasserzuletzt unbeheizt – und entsprechend frisch.Im Schwimmerbecken hatte das Wasser lautBrugner zuletzt lediglich 18 Grad. „Aber dieHeizung wird bald wieder laufen“, verspracher.

Strafzettel zurückgenommen

Für Unmut bei einigen Bürgern sorgte eineAktion der Kommunalen Verkehrsüberwa-chung in der Krumbacher Schlachthausstra-ße. Während Bürger mit Aufräumarbeiten be-schäftigt waren, wurden dort an FalschparkerStrafzettel verteilt. „Man hat in einem solchenMoment doch andere Dinge im Kopf als dasThema Parken“, empörte sich ein Bürger. JörgDrechsler von der Krumbacher Stadtverwal-tung meinte dazu auf Anfrage unserer Zei-tung, dass der Kommunalen Verkehrsüberwa-chung möglicherweise die Lage in Krumbachnicht bewusst gewesen sei. Die KommunaleVerkehrsüberwachung in Burgkirchen beiAltötting kontrolliert für die Stadt Krumbachunter anderem die Einhaltung der Parkvor-schriften. Drechsler betonte aber auch, dass essich gestern um eine Ausnahmesituation ge-handelt habe. „Die Strafzettel in der Schlacht-hausstraße vergessen wir“, sagte er, sie seiengegenstandslos.

Die Bürgermeister im Zusamtal berichten,dass sich der Schaden auch dort in Grenzengehalten habe: In Ziemetshausen entstandder größte Schaden von etwa 50000 Euro ander Zusammühle, deren Erdgeschoss unterWasser stand. „Außerdem haben wir einigegravierende Wegeschäden“, erklärte AlfredJust, 2. Bürgermeister, nach einer ersten Be-standsaufnahme, „auf dem Verbindungswegnach Maria Vesperbild wurde beispielsweiseder Spritzteerbelag weggeschwemmt“.

Wege waren es auch in der Gemeinde Ai-chen, die durch das von den Hängen abflie-ßende Wasser zerstört wurden. In dem neuenBaugebiet in Memmenhausen trug das Wasserder Zusam den Sand mit sich fort. „Außerdemhatten wir zwei volle Keller und Maschinen-hallen“, resümierte Bürgermeister AloisKling. Das Wasser im Griff hatten auch dieBürger der Balzhauser Siedlung westlich derHasel, die fast alle eine eigene Pumpe besit-zen. „Nur in zwei Häusern stand das Wasserim Erdgeschoss“, wußte Bürgermeister Ger-hard Glogger, „ansonsten wurden einige Feld-wege ausgeschwemmt“. Obwohl zeitweisefast alle Zufahrtsstraßen zur Gemeinde unterWasser standen, blieben keine Schäden.

In den Günzgemeinden wie beispielsweiseDeisenhausen entstanden nur geringe Schä-

Die beidseitige Betonmauer im nördlichen Bereich von Neuburg ist zwar noch nicht fertig, hataber ihre erste Bewährungsprobe mit Bravour bestanden. Bild: Hans Bosch

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Donnerstag, 25. August 2005GZ · Nummer 195GZ-Extra: Hochwasser im Landkreis GZ

Die Wassermassen der Donau pressen sich durch das Offinger Kraftwerk

Rund 60 Mann hatte FeuerwehrkommandantSascha Holzheu in der Nacht zum Mittwoch inOffingen (hier eine Luftaufnahme von gesternNachmittag) im Einsatz – schon am Morgenkonnte er dann die meisten seiner Feuerwehr-leute nach Hause schicken, 20 arbeiteten wei-ter. „Der Pegel geht zwar mal rauf, mal runter,

aber immer im Zentimeterbereich“, so Holz-heu gestern gegen 17 Uhr. „Ich denke, dasSchlimmste haben wir überstanden.“ Etwazehn Keller seien in der Gemeinde voll gelau-fen, viele Bürger hätten selbst Pumpen aufge-stellt. Am Abend hatte die Feuerwehr nochvier ihrer Tauchpumpen und 150 Sandsäcke

im Einsatz. Ein eigenes Team kümmerte sichtagsüber nur darum, Sandsäcke zu befüllenund dorthin zu bringen, wo sie benötigt wur-den. Die Feuerwehrleute leisteten ganze Ar-beit: „Zwei von meinen Männern haben dieganze Nacht durchgeschafft, die brauchenjetzt dringend eine Ruhepause“, so Holzheu.

Vom Hochwasser im LandkreisGünzburg berichtenKatharina Gaugenrieder (Textund Bilder), Christina Hafner,Rebekka Jakob (Text) sowieDieter März, Ernst Mayer undMarkus Merk (Bilder).

Noch in der Nacht zum Mittwochwaren Einsatzkräfte der Freiwilli-gen Feuerwehr Deffingen in einerHalle der Kläranlage Günzburg imEinsatz, um Sandsäcke zu füllen(linkes Bild). Auch am nächstenTag ging es damit weiter: In derKlärschlamm-Trocknungshallewaren (von links) Thorsten Müllerund Manuel Füssel beschäftigt(Bild rechts).

GünzburgWieder schwappt das Wasser über denDamm, ein dicker Baumstamm prallt gegendie Sandsäcke, reißt eine Lücke. LudwigWasner steht fast bis zu den Knien im mat-schigen Nass, packt die Sandsäcke immerwieder aufeinander. Mit ihm zusammenkämpfen Feuerwehr, THW und Anwohnerunterhalb des Günzburger Wasserkraft-werks, einem der Brennpunkte im Land-kreis, gegen die Wellen, die immer heftigeran den Damm branden. „Wenn man die Au-gen zumachen würde, könnte man denken,man ist am Meer. Aber es ist leider nicht so“,sagt Wasner.

Schon am Dienstagabend haben die Helferdes technischen Hilfswerks, der Feuerwehrund die Anwohner die erste Reihe Sandsäcke

ans Donauufer unter-halb des Wasserkraft-werks gepackt. „Undheute Morgen umsechs Uhr ging esweiter“, erzählt Lud-wig Wasner. SeinSohn wohnt in einemder drei Wohnblöckedirekt an der Donau.Das ganze Jahr übereine attraktiveWohngegend, diejetzt eine Schatten-seite zeigt. Denn dieSpitze der Donau-

welle, die bereits für Dienstagnacht angekün-digt war, ist immer noch nicht durch. Der Pe-gel steigt unaufhörlich weiter.

Mit einem großen Bagger werden immerneue Sandsäcke zu den Helfern geschafft,noch eine Reihe drauf, dann nochmal eine.Die Gummistiefel der Helfer sind schon längstvoller Wasser. „Wir haben gestern Nacht 2500Sandsäcke gefüllt“, berichtet Werner Goll-mann, Brandmeister bei der Günzburger Feu-erwehr. In einer Halle auf dem Gelände derKläranlage Günzburg wanderte Schippe fürSchippe Sand in die Säcke. Insgesamt 33 000leere Säcke aus Bayreuth lagern in der Halle,in der sonst Klärschlamm getrocknet wird.„Jetzt haben wir noch 4000 vorrätig.“ Einigeder Floriansjünger sind bereits seit 30 Stun-den auf den Beinen. Unter ihnen auch Thors-

Augen auf und Löcher zuAn der Donau in Günzburg kämpfen Helfer und Anwohner gemeinsam gegen das Wasser

ten Müller und Manuel Füssel. Und trotzdem,erschöpft sei er noch nicht, so Müller. „Wannwir unser Bett wiedersehen, wissen wir nicht“,sagt Brandmeister Gollmann. „Die Lage kannschon noch schlimmer werden, das weiß kei-ner so genau.“ Dann geht es für die zwölf ver-bliebenen Feuerwehrmänner mit hundertenvon Sandsäcken wieder in Richtung Wasser-kraftwerk.

Das Wasser steht mittlerweile schon in denGärten der Häuser. Dennoch beschreibt An-wohner Walter Christ die Lage um 14 Uhrnoch als „ganz entspannt“. Auch er hat beimBau des Dammes mitangepackt, sitzt jetzt miteiner Nachbarin und einem Freund in der Kü-che beim Kaffeetrinken.„So schlimm wie1999 wird es in diesem Jahr nicht“, glaubtChrist. „Wir haben keine Angst, unsere Häu-ser sind von unten sehr gut abgedichtet.“ So-gar lachen können Walter Christ und seineNachbarin Brigitte Riedel noch. „Mannimmt's eben mit Humor. Was soll man sonstmachen“, findet Christ.

Was sie in seiner Situation machen würde,

„Wenn man dieAugen zuma-chen würde,könnte mandenken, man istam Meer.“LudwigWasner,ein Betroffener

das weiß die zehnjährige Daniela ganz genau.„Ich würde flüchten“, so der Kommentar derjungen Echlishauserin, die mit ihrer Mutterans Donauufer gekommen ist, um die „Sint-flut“ aus der Nähe zu sehen. Doch flüchtenkommt für die Anwohner gar nicht erst in Fra-ge. Die Lücken müssen geschlossen werden,damit das Wasser nicht weiter nach obendrückt, auch wenn die Arme schon schmer-zen. Denn 1999 beim Pfingsthochwasser sei-en sie mit dem Dammbau zu spät drangewe-sen. „Da ist das Wasser in die ganzen Gärtengelaufen. Gott sei Dank nicht weiter.“

Dann geht es weiter mit Sandsäcke stapeln.„Aber das bricht einfach immer wiederdurch“, stellt Ludwig Wasner ernüchtert fest.„Wir kämpfen schon ewig mit dem Wasser-wirtschaftsamt, damit sie den Flussdeich hö-her bauen, aber da geht einfach nichts voran.“Wäre der Deich höher, dann hätten die An-wohner das Problem jetzt nicht, da ist sichWasner sicher. So heißt es jetzt eben Sandsä-cke stapeln, damit der Wall der nächsten Wel-le hoffentlich standhält.

Land unter hieß es am Günzburger Volksfestplatz – das Areal hatte sich in eine Wasserfläche ver-wandelt. Mit dem sich spiegelnden Gerüst des Festzeltes fast schon ein idyllisches Bild...

hat er jetzt vorsorglich mit ein paar Sandsä-cken an den Türen abgedichtet. „Ob es washilft, wenn das Wasser kommt, weiß ichnicht“, sagt er. Der andere Grund, weswegenKurt Diebolder sein Haus nicht verlassen will,ist ein ganz pragmatischer. „Die Gefriertruhensind doch voll und die kann ich jetzt nicht aus-stecken.“

Papiere sind schon gepackt

In seinem Auto hat der Rentner aber schonalles verstaut, falls es dann doch schnell gehenmuss. „Meine Papiere und Kleidung, da ist al-les drin, was ich brauche. Wenn's brennt,dann hau ich ab.“ Während der Vater erzählt,blicken die Töchter immer wieder besorgt denUferweg hinauf. Etwa 30 Meter von Diebol-ders Haus entfernt ist der Weg schon über-schwemmt. „Da ist gestern noch ein Mann mitseinen beiden Kindern durchgelaufen. Das istdoch verantwortungslos“, entrüstet sich der69-Jährige.

„Die Gefriertruhensind doch voll“Kurt Diebolder will sein Haus an der Donau nicht verlassen

LeipheimKurt Diebolder hat die ganze Nacht keinAuge zugetan. „Alle 15 Minuten war ichdraußen und habe nach dem Wasserstandgeschaut“, so der 69-Jährige. Sein Haus stehtim Leipheimer Uferweg, nur einen Stein-wurf von der Donau entfernt. Hier erlebt erhautnah mit, wie der Pegel minütlich steigtund wieder sinkt.

„Da kommt jetzt noch ein richtiger Schubvon der Iller“, ist sich Diebolder gestern umdie Mittagszeit sicher. „Erst geht es ein biss-chen zurück und dann wird es wieder schlim-mer.“ Seit 42 Jahren wohnt der Rentner schonhier am Donauufer, kennt den Fluss wie kaumein anderer. Nach der durchwachten Nachtsind jetzt seine Töchter, Hermine Diebolderund Petra Renzhofer, zum Elternhaus gekom-men, um den Vater abzulösen. „Du gehst jetzterstmal ins Bett, wir passen weiter auf dasWasser auf“, drängt Petra Renzhofer.

Ihre Mutter konnten die beiden Schwesternüberreden, schon am Dienstagabend dasHaus zu verlassen und die Nacht bei einer vonihnen zu verbringen. „Aber der Vater gehtnicht. Der hat das Haus mit seinen eigenenHänden gebaut, das ist sein Heiligtum.“ Das

Die ganze Nacht über haben Polizei undFeuerwehr auf der Uferstraße patroulliert. So-gar rosa Handzettel haben sie an die Anwoh-ner verteilt. „Sichern Sie ihre Öltanks und dieKeller vor Rückstau aus dem Kanalsystem“,steht darauf. Und dass der Pegelhöchststandgegen 0 Uhr erreicht sein soll. „Aber das Was-ser steigt noch immer weiter“, so Diebolder.Alle paar Minuten kommt ein Feuerwehr-mann auf einem Quad angefahren und kon-trolliert den Pegel vor dem Haus des Rentners.„Die Feuerwehr ist wirklich laufend da“, lobtDiebolder.

Der Kommandant der Leipheimer Feuer-wehr, Thomas Stuhler, hat sogar extra seinenItalienurlaub abgebrochen. Er ist ohne die Fa-milie zurück gefahren, als er von der Lage inLeipheim erfahren hat. „Ich bin zurückge-kommen, um meine Kollegen hier zu unter-stützen. In Italien war sowieso schlechtesWetter.“ Seit Dienstagabend sind die Flori-ansjünger in Leipheim auf den Beinen.„Schlaf war nicht drin“, so Stuhler. Die Augender Feuerwehrleute sind mittlerweile rotum-randet, trotzdem sind alle hellwach. „BeimPfingsthochwasser sind das Schützenheim,das Sportheim und das Wasserwerk abgesof-fen“, erzählt Stuhler. Das soll diesesmal nichtwieder passieren.

Kurt Diebolder aus Leipheim hat die Tür zuseinem Haus mit Sandsäcken abgedichtet.

Martin Dunau verfolgte am Ufer der Donau in Leipheim hautnah mit, wie der Pegel stieg.

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Donnerstag, 25. August 2005GZ · Nummer 195GZ-Extra: Hochwasser in der Region GZ

In Günzburg bereite-te sich der Betreu-ungszug des Bayeri-schen Roten KreuzesKreisverband Günz-burg für die Nachtvor. Mehrmals wurdefür die Einsatzkräfteim Landkreis gekocht– am Abend etwa 500Portionen und zumFrühstück nochmal300 Portionen.

Bilder vom Hochwasser machten:Ernst Mayer, Dieter März, KatharinaGaugenrieder und Pia Henderkes-Loeckle

Ettenbeuren: Abwasser dringt in KellerBürgermeister Christian-Konrad Wiesner: Problem ist Mischwasserkanalisation

Kammeltal-Ettenbeuren (hva).Seit Montagabend herrscht bei Familie Erm-ler im Kleingartenweg in Ettenbeuren Aus-nahmezustand: Keiner darf sich mehr dieHände waschen, geschweige denn duschenoder die Toilette benutzen. Für den Notfallmuss ein Eimer herhalten. „Wenn wir dasWasser aufdrehen und ablaufen lassen,drückt es das Abwasser im Keller hoch“,schimpft Edith Ermler. Und das ist nicht daserste Mal der Fall. „Immer wenn es längerregnet, ist der Kanal voll und wir haben denDreck im Keller.“ Bürgermeister Christian-Konrad Wiesner nennt „hydraulische Pro-bleme“ als Ursache. Aber: „Wir haben dasbereits im Mai in Planungsauftrag gegebenund werden es im nächsten Jahr angehen.“

Familie Ermler hilft das Versprechen imMoment nicht viel. Seit Montagabend darfnicht mehr der Wasserhahn aufgedreht wer-den, ohne gleich das Abwasser im Keller ste-hen zu haben. „Der Abwasserkanal ist voll.Sobald ich das Wasser anmache, kommt un-ten der Dreck rein“, wandte sich Edith Ermlerempört an die Günzburger Zeitung.

„Es wird nichts getan“

Seit zehn Jahren wohne sie mit Mann undKindern in Ettenbeuren und „wir haben Jahr

für Jahr dasselbe Problem. Da stimmt was mitder Kanalisation nicht und es wird nichts ge-tan“. Schon mehrmals habe sie sich an die Ge-meinde gewandt, sei aber immer mit Verspre-chen abgefertigt worden. „Wenn wir keinenwasserfesten Keller hätten, würden wir schonlängst schwimmen“, erzählt sie. Und dass dieNachbarn mit ihren gemauerten Kellernlängst unter Wasser säßen. Sie selbst dürftenkeine Toilette, Spül- oder Waschmaschine be-nutzen, das Geschirr würden in einer extraWanne gewaschen, die Kinder bei einem drin-genden Bedürfnis auf einen Eimer gesetzt. „Sowas darf doch nicht vorkommen. Ich zahle fürdas Abwasser und es funktioniert nicht.“ Erstam späten Dienstagabend hat die FeuerwehrFamilie Ermler und ihre Nachbarn aus ihrermisslichen Lage befreit und das Abwasser ab-gepumpt.

Unbefriedigende Situation

„Das ist eine unbefriedigende Situation fürdiese Menschen“, gibt Bürgermeister Christi-an-Konrad Wiesner zu. Dass die Kanalisationbei starken Regenfällen überlaufe, liege am sogenannten Mischsystem. „Schmutzwasserund Oberflächenwasser laufen gemeinsam abund werden nach Offingen gepumpt. Im Ka-tastrophenfall ist der Kanal randvoll, wir kön-nen nicht mehr alles nach Offingen pumpen

und es staut sich zurück.“ Diese Problemewürden an mehreren Stellen auftreten undseien der Gemeinde bekannt. Sie versucheauch, sie in den Griff zu bekommen. „Aber wirkönnen nicht von heute auf morgen einTrennsystem einführen. Das kostet Millionen,jedes Haus müsste seine Anschlüsse ändern,das wäre ja Wahnsinn“, begründet Wiesner.Stattdessen will die Gemeinde die Einleitungvon zu viel Fremdwasser unterbinden und dieHydraulik im Regenrückhaltebecken über-prüfen.

Hauptproblem: Die tiefe Lage

Hauptproblem bei den Grundstücken imKirchweg sei die tiefe Lage. „Die Anlieger lie-gen am tiefsten Punkt des Kanals vor demPumpwerk. Wenn mehr Abwasser kommt, alsdas Pumpwerk schafft, staut es sich unddrückt in die Häuser.“ Für einen solchen Fallgebe es zwar einen Überlauf, der aber bei star-kem Hochwasser nicht mehr funktioniere.Die Gemeinde rät den Betroffenen jetzt, eineAbwasserhebeanlage einzubauen, die lautSatzung ohnehin Pflicht sei und die die An-wohner auch unterschrieben hätten. Nochgestern Abend wollte sich Rainer Herzog, 2.Bürgermeister und Tiefbauingenieur, mit denbetroffenen Grundstückseigentümern zusam-men setzen und mit ihnen beraten.

Der Morgen danach:Ein Greifbaggerräumt an der Donau-staustufe in Günz-burg Treibgut weg(links). Rechts derBlick aus einem Bü-rofenster in der Raiff-eisenstraße in Bur-gau. Die Wiese hatsich in einen See ver-wandelt.

Handarbeit: Einsatzkräfte der FreiwilligenFeuerwehr Deffingen füllten in der Nacht zumMittwoch in einer Halle der Kläranlage Günz-burg Sandsäcke.

Die Hochwasserlage immer im Blick hatte das Hochwasser-Lagezentrum im Landratsamt Günz-burg – hier liefen die Fäden zusammen.

Helfer sind Tag und Nacht im EinsatzBilder aus dem Landkreis von der Hochwasser-Nacht zum Mittwoch und dem Morgen danach

Neu-Ulm/Ulm/Senden (ml).Blechkarawanen wälzen sich gestern imSchnecken-Tempo in Richtung Neu-Ulm.Auf der Memminger Straße geht der Ver-kehr nur zäh voran. Ähnlich sieht es auf derEuropastraße aus. Dort stauen sich dieFahrzeuge über viele Kilometer fast bis zurAutobahnausfahrt. Dieses Bild herrschtegestern insbesondere im morgendlichen Be-rufsverkehr in Neu-Ulm vor. Für das Chaoswar das Hochwasser verantwortlich, das dieStadt seit vorgestern in Atem hält und anverschiedenen Stellen die Straßen unpas-sierbar gemacht hatte.

Gestern um 7.25 Uhr musste die B 28 zwi-schen Hittistetten und der B 30 voll gesperrtwerden. Illerkanal und Iller hatten die Fahr-bahnen geflutet. Der Verkehr auf der B 30 inFahrtrichtung Neu-Ulm wurde bereits an derAusfahrt Wiblingen ausgeleitet. Die Verkehrs-teilnehmer waren gehalten, auf Alternativrou-ten auszuweichen. Die Polizei empfahl, dasStadtgebiet Ulm/Neu-Ulm ganz zu meiden.Den Verkehr regelte das FeldjägerkommandoUlm in Absprache mit der Polizei.

Von Süden her gab es auf der Autobahn A 7zur B 28 kein Durchkommen. Der nächsteWeg nach Ulm/Neu-Ulm führte hier über dieA 7-Anschlussstelle Nersingen/B 10 oder Au-tobahn A 8 Ulm Ost. Verkehrsteilnehmer, dievon Norden her die Autobahn A 8 über dieAnschlussstelle Ulm West verlassen hatten,wurden bereits vor dem Bismarcktunnel inUlm in westliche Richtung zur B 30 umgelei-tet. Die Weiterfahrt war über Blaubeurer Stra-ße/Tangente oder östlich über die Ludwig-Er-hard-Brücke möglich.

In Ulm waren die Hauptverbindungsstra-ßen zeitweise so stark verstopft, dass Autofah-rer vom Theater bis in die bayerische Schwes-terstadt eine halbe Stunde unterwegs waren.Der Ulmer Polizeichef Christian Nill sagte:„Die Sperrung der B 28 war der Infarkt. Des-halb ist der Verkehr in der ganzen Innenstadtund an allen Zufahrtsstraßen zum Erliegengekommen“. Nill schloss nicht aus, dass die B28 heute wieder befahrbar sein wird.

Die Stadt Senden war ausschließlich überUlm und Neu-Ulm erreichbar. Gleichzeitigmit der B 28 wurde der westliche Teil der Eu-ropastraße für den Verkehr gesperrt. Denn inder Unterführung im Abschnitt MemmingerStraße bis Wiblinger Kreisverkehr stand dasWasser. Dabei handelte es sich an dieser Stellenach Angaben des stellvertretenden Neu-Ul-mer Polizeiinspektionsleiters Günther Ho-

Verkehrschaos imRaum Ulm/Neu-UlmBesonders im Berufsverkehr ging gestern fast nichts mehr

Nicht nur das Wasser, auch die Fahrzeugestauten sich gestern im Raum Ulm/Neu-Ulm

henwarter um Grundwasser, das unter demDruck der Überflutungen ringsum aus demBoden strömte. Alle Fahrzeuge, die von derEuropastraße in Richtung B 28 wollten, wur-den an der Kreuzung Memminger Straße ent-weder nach Ludwigsfeld/Senden oder stadt-einwärts umgeleitet. Im Bereich AllgäuerRing/Ringstraße/Adenauerbrücke ging eslange Zeit nur noch im Schritt-Tempo voran.

In der Schützenstraße in Neu-Ulm wurdebereits in der Nacht in Höhe Café Glacis einemobile Hochwassersperre errichtet. Aufgrunddessen war eine Zufahrt in der Innenstadt vonder Ringstraße aus nicht möglich. Das Park-haus am Bahnhof in Neu-Ulm blieb, genausowie die Parkgarage am Petrusplatz schon amVortag, gestern ebenfalls geschlossen. Dennes war nicht sicher, dass das Parkhaus geflutetwerden musste, um Schäden durch dasGrundwasser zu verhindern.

Das Freizeitbad Atlantis im Wasser. Stundenlang drohte dort gestern ein Chemieunfall – dochTank und Rohre der Kühlanlage des angrenzenden Eislaufgeländes hielten dem Druck der Flu-ten stand. Bild: Roland Furthmair

Chemieunfall abgewendetAtlantis: Ammoniakanlage des Eislaufgeländes im Wasser

Neu-Ulm (tol).In den frühen Morgenstunden bricht derDamm zur Donau. Binnen kürzester Zeitüberschwemmen gewaltige Wassermassendas Gelände an der Wiblinger Straße. „DasAtlantis ist verloren, jetzt kämpfen wir umdie Kühlanlage des Eislaufgeländes“, sagtam Monika Ferchenbauer, Sprecherin desKrisenstabs, am Vormittag. Und die Situati-on ist in den folgenden Stunden, als die Pe-gel von Donau und Iller ihre Spitzenwerteerreichen, äußerst prekär: Das Betriebsge-bäude der Anlage, die mit dem Reizgas Am-moniak betrieben wird, wird vollständig ge-flutet. Die Folge: ein möglicher Chemieun-fall. So weit kommt es aber dann doch nicht.Tank und Rohre halten der Belastung durchden Wasserdruck stand.

Verbissen kämpfen die Einsatzkräfte dieganze Nacht hindurch, um den Damm zu hal-ten. Die Zahl der Helfer – unter ihnen auchSoldaten des Ulmer Bundeswehr-Standorts –,die Sandsäcke stapeln, wird nochmals aufge-stockt. Vergebens. Der Wall bricht unter demDruck des Donauwassers. Eine schmutzig-braune Flutwelle ergießt sich über das Atlan-tis-Gelände. „Das Donaubad ist bereits über-schwemmt. Derzeit steht das Wasser auf demParkplatz mehr als einen halben Meter hoch.

Und es schwappt bis an die Scheiben des At-lantis heran. Langsam dringt das Wasser vonoben über die Treppenhäuser ins Bad und dieEislaufanlage ein“, sagt Atlantis-BetreiberWolfgang Stichler am späten Vormittag.

Die Feuerwehren kämpfen mit acht Pum-pen gegen die Flut – ohne wirklich eine Chan-ce zu haben. Der vier mal drei Meter großeRaum, in der die Ammoniakanlage samt 7000Kubikmeter großem Tank untergebracht ist,läuft voll mit Wasser. Die bangen Fragen: Istder mit 5000 Kubikmetern, minus 33 Gradkaltem Flüssig-Ammoniak gefüllte Behälterhochwassersicher? Und was passiert, wennder Tank aufschwimmt?

Über die nächsten Stunden hinweg drohtweiter der Chemieunfall. Evakuierungsmaß-nahmen, wie sie angedacht wurden, wärenaber nicht notwendig geworden. Zum Hinter-grund: Das Reizgas Ammoniak verursacht aufder Haut in Gasform oder als Lösung Schmer-zen, entzündliche Rötung und Blasen. Vergif-tungsgefahr besteht in erster Linie dann, wennAmmoniakdämpfe aus undichten Anlagenunter hohem Druck auf Haut und Schleim-haut einwirken. Über die Höhe des Schadensan der Freizeitanlage will Wolfgang Stichlernoch nicht spekulieren – auch nicht über dieDauer, wie lange das Freizeitgelände ge-schlossen bleiben muss.

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20Freitag, 26. August 2005 / GZ · Nummer 196Burgau · Ichenhausen · Leipheim und die Region

ZG GünzburgGünzburgHeizölpreise: Expertenraten, jetztdie Tanks zu füllen

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Günzburg, Donaustaustufe am 25. August, gegen 17.15 Uhr: An das Hochwasser erinnern am rechten Flussufer nur noch gestrandetes Geäst unddas platt gewalzte Gras. Die Donau ist in ihr Flussbett zurück geflutet. Bild: Jürgen Bigelmayr

Eigentlich sollte man ja die kostbaren freienTage – wenn man sich schon nicht an einensonnigen Strand legen kann – nutzen, umsich zumindest daheim auf die faule Haut zulegen. Doch Rehlein hatte einfach zu vielHummeln im Hintern – und ist deswegengleich mit einem ganzen Stamm Wespen an-einander geraten. Weil sie nämlich beim Lie-gen auf dem heimischen Sofa (im Gartenwar's zu nass) feststellte, dass die Kissen da-rauf zwar weich, aber von einem vollkommenunmodischen Muster waren. Also sprang Reh-lein statt zu schlafen flink hoch, um im Dach-boden das familieneigene Stoff-Lager nach ei-nem neuen Dessin für die alten Kissen zudurchforsten. Was soll man sagen – die Wes-pen, die ihr Nest in einem der Kartons gebauthatten, fanden das keine so gute Idee. Siesorgten auch mit mehr als einem halben Dut-zend Sticheleien dafür, dass Rehlein gründ-lich die Lust verging, zur Nähnadel zu greifen.

In der Notaufnahme im Kreiskrankenhaus– von einer freundlichen, aber bestimmtenSchwester zum Stillsein auf der Liege verdon-nert – hatte dann das reichlich geschwolleneRehlein endlich die Muße dafür, das zu tun,was sie in vier Wochen Urlaub nicht geschaffthatte: Einfach mal ein Stündchen nichts tun...

Hummeln im Hinternund Wespen im Karton

Moment mal

Günzburg

Opa schickt Enkel zum,Müllentsorgen' an SeeGünzburg (rjk). Diese Art der „Müll-Entsor-gung“ ist nicht zur Nachahmung empfohlen:Wie die Günzburger Polizei berichtet, ertapp-te ein Naturschutzwächter am Mittwoch ge-gen 11.55 Uhr zwei Jugendliche, die am Erd-beersee nahe der B16 Plastikabfälle verbren-nen wollten. Der Großvater habe die beidenbeauftragt, eine ganze Anhängerladung vollmit Verpackungsfolien und Kunststoffsäckenanzuzünden. Die beiden hatten laut Polizeiden Hänger bereits abgeladen, als sie von demNaturschutzwächter angetroffen wurden. Ei-nen Benzinkanister zum Anzünden des Ab-falls hatten sie auch dabei.

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Landkreis: Von der großen Flutsind nur Pfützen übrig S. 21

GZ-Extra: Rundgang durchdas Steiff-Museum S. 25

Kultur: Birkenried-Gründerwäre 100 geworden S. 27

Sport: Aktuelles Fußballspielim Toto-Pokal S. 27

Heute im Lokalteil

Schreckschüsseaus AutoTäter war stark alkoholisiert

Krumbach (pb).Einen schlechten Scherz erlaubte sich amgestrigen Morgen ein 36-jähriger Beifahrer,der offenbar betrunken war. Mit seinerSchreckschusspistole feuerte er in der Augs-burger Straße in Krumbach aus dem Auto.Die Schüsse, die zunächst niemand so rechteinordnen konnte, sorgte für einige Aufre-gung. Der Polizei gelang es schließlich, denTäter zu stellen.

Am gestrigen Morgen gegen 10 Uhr, ging beider Polizeiinspektion Krumbach eine Mittei-lung ein, die zu Besorgnis Anlass gab. In derAugsburger Straße soll aus einem fahrendenPkw geschossen worden sein. Polizistenmachten sich, so teilte die Polizeidirektionspäter mit, sofort auf die Suche nach demFahrzeug. Kurze Zeit später konnten die Be-amten dann das gesuchte Fahrzeug an einerTankstelle in der Bahnhofstraße stellen. DieFahrzeuginsassen wurden überprüft. Dabeistellte sich, so die Polizei, schließlich heraus,dass der 36-jährige „stark alkoholisierte“ Bei-fahrer eine Schreckschusspistole bei sich hat-te. Er gab gegenüber den Beamten an, „ausSpaß“ aus dem Auto geschossen zu haben.Den Mann erwartet nun laut Polizei eine An-zeige nach dem Waffengesetz.

15 000 Euro Schadenbei Unfall auf B300Ziemetshausen (zg). Zu einem Unfall kam esauf der B 300 im Bereich von Ziemetshausen.Der Fahrer eines Kleintransporters wollte,von Ziemetshausen kommend nach links indie B 300 Richtung Augsburg abbiegen. Erübersah dabei laut Polizei ein in RichtungThannhausen fahrendes Auto. Trotz Voll-bremsung und Ausweichmanöver kam es zumZusammenstoß zwischen beiden Fahrzeugen.Die Beifahrerin wurde leicht verletzt. DerSachschaden wird auf 15 000 Euro geschätzt.

Die Explosionsgefahr ist gebanntArbeiter der Waldstetter Chemiefabrik weiter in Lebensgefahr – Proben werden untersucht

Waldstetten (alk).Seit gestern Nachmittag ist die Gefahr ge-bannt. Spezialisten des Landeskriminalam-tes (LKA) und eigenen Mitarbeitern derChemischen Fabrik Karl Bucher gelang es,den havarierten Kessel abzudichten und denchemischen Prozess zu stoppen. Damitherrschte nach Polizeiangaben keine Explo-sionsgefahr mehr. Keine Entwarnung gibt esfür die beiden verletzten Arbeiter: Sieschweben weiter in Lebensgefahr, so Poli-zeisprecher Günter Gillich.

Nach wie vor ist unklar, warum sich das Un-glück am Mittwoch kurz nach 9 Uhr ereignethat. Inzwischen scheint aber der Ablauf klarerzu sein. Danach mischten laut Polizei zweiAngestellte in der Chemiefabrik an einem

Rührbehälter drei Chemikalien. Durch denchemischen Prozess, der dadurch in Gang ge-setzt wurde, entstand ein Überdruck im Kes-sel. Plötzlich kam es zu einer Art Verpuffung:Das Luft-Gas-Gemisch trat aus, entzündetesich und explodierte. „Das Gemisch branntein der Luft schlagartig ab“, erläuterte Gillich.Dabei erlitten, wie berichtet, die beiden 38und 43 Jahre alten Männer, die im KreisGünzburg und in Ulm wohnen, lebensgefähr-liche Verbrennungen und Verätzungen derAtemwege. Mit Rettungshubschraubern wur-den sie in Spezialkliniken nach Stuttgart undMünchen-Bogenhausen geflogen. Dortkämpfen Ärzte und Pfleger nach wie vor umihr Leben.

Ohne Rücksicht auf ihre eigene Gesundheitwollten zwei Rettungsassistenten kurz nach

der Alarmierung gegen 9.21 Uhr einen derSchwerverletzten versorgen. Dabei atmetensie offensichtlich das ätzende Gasgemisch ein.Sie kamen ins Kreiskrankenhaus Günzburg.„Dort bleiben sie 24 Stunden zur Beobach-tung, bis sicher ist, dass keine Schäden an derLunge geblieben sind“, sagte Reinhold Atten-hauser vom Roten Kreuz Günzburg am gest-rigen Donnerstag. Man sei jedoch sehr zuver-sichtlich, so Attenhauser, dass die beidenBRK-Helfer im Lauf des Nachmittags aus derKlinik entlassen werden könnten.

Die drei LKA-Sachverständigen warenauch gestern Vormittag noch vor Ort. Ihnengelang es gemeinsam mit Mitarbeitern desWaldstetter Betriebs, den betroffenen „Reak-tor“ abzudichten und den chemischen Pro-zess zu stoppen. Der Behälter wurde perma-nent mit Stickstoff gekühlt und dann gründ-lich gespült. Dabei zogen die Fachleute eineexterne chemische Firma hinzu. Die restlicheSubstanz, die sich noch im Behälter befand,soll nun fachgerecht entsorgt werden. Paralleldazu wurden Proben genommen, die beimLKA in München untersucht werden sollen,informierte Polizeisprecher Gillich. Währendder Arbeiten standen Feuerwehr und Notarztvor den Werkstoren in Bereitschaft, um imNotfall sofort eingreifen zu können.

Gewerbeaufsichtsamt kommt

In Kürze wird in der Chemiefabrik auch dasGewerbeaufsichtsamt erwartet. „Der Betriebläuft wieder. Nur in dem Bereich, wo die An-lage steht, kann noch nicht gearbeitet wer-den“, so Gillich gestern Nachmittag. Die Kri-po ermittelt weiter, auch das Landratsamt isteingeschaltet. Unter anderem geht es nun da-rum, ob das Unglück strafrechtliche Folgenhat oder ob die Ermittler etwas beschlagnah-men müssen. Außerdem geht die Polizei Hin-weisen nach, wonach es in der Vergangenheitbereits mehrere Unfälle in dieser ChemischenFabrik gegeben haben soll. Der GünzburgerPolizeichef Peter Maier weiß nur von einemVorfall vor etwa zwei Jahren mit einem Che-miker. Firmenchef Bucher war gestern telefo-nisch nicht zu erreichen.

Mit einem Wasser-schleier versuchte dieFeuerwehr, einemögliche Gaswolke,die ausgetreten war,niederzuschlagen.Das Rote Kreuz ver-sorgte nach der Ex-plosion am Mittwochin der Chemiefabrikin Waldstetten nichtnur die beiden le-bensgefährlich ver-letzten Arbeiter, son-dern auch 30 Werks-angehörige, so Rein-hold Attenhauser.Die Mitarbeiter wur-den in den sechs Ret-tungswagen unter-sucht und vereinzeltmit Sauerstoff ambu-lant versorgt. Der Ein-satz des Rettungs-dienstes, der gegen9.30 Uhr begann, en-dete erst in denAbendstunden.

Bild: März

Hochwasserschutz hat sich ausgezahltÜberschwemmungen im Landkreis gehen zurück, Schäden bleiben jedoch kaum, weil viele Gemeinden vorgesorgt haben

Von unserem RedaktionsmitgliedHeike Vanselow

Landkreis„Wir dürfen dem Herrgott danken, dass eruns mit der ganz großen Katastrophe ver-schont hat“, atmete LandratsamtssprecherDieter Jehle gestern Vormittag auf. Nichtnur in der Behörde, im gesamten Landkreismachte sich Erleichterung breit. Das Hoch-wasser ist vorbei, die Pegelstände an denFlüssen im Landkreis fallen, der Katastro-phen-Alarm wurde am Mittwochabend auf-gehoben (wir berichteten), größere Schädensind ausgeblieben. „Unsere Nachhaltigkeitbeim Hochwasserschutz hat sich ausge-zahlt“, freute sich Landrat Hubert Hafner(siehe Nachgefragt S. 21). Viele Bürgermeis-ter bestätigten, dass sich Flutmulden, Rena-turierungen und Dämme bewährt hätten.

Am Tag nach dem Hochwasser: Die Donauschwimmt wieder ruhig in ihrem Bett, dieGünz ist im Vergleich zum Vortag, als sie mit3,94 Metern ihren Höchststand erreicht hat,um zwei Meter gefallen. „So schlimm wie2002 war es zum Glück nicht, wir sind mit ei-nem hellblauen Auge davongekommen“, re-sümierte Dieter Jehle. Mit dazu beigetragenhabe auch die Tatsache, dass der Landrat amDienstagabend Katastrophen-Alarm ausge-löst hätte. „Alle beteiligten Organisationenwaren der Ansicht, dass es genau der richtigeZeitpunkt war. Die Lage war bedrohlich, wirmussten vorbeugen. Wenn das Wasser über-geschwappt wäre, wäre es zu spät gewesen.“

Infos liefen über einen Kanal

Bewährt haben sich laut Jehle auch die Ein-satzleitung und die einzelnen Abschnittsleiterin Günzburg, Leipheim und Offingen. „Da lie-fen die Infos streng über einen Kanal, es konn-te sich keine Eigendynamik entwickeln“, be-tonte der Sprecher und lobte den Einsatz der750 Helfer. „Es hat sich eine tolle, große Hel-ferfamilie entwickelt, ein Team aus Feuer-wehr, Technischem Hilfswerk (THW) undBayerischem Roten Kreuz (BRK). Es gab nir-gends Reibungspunkte.“

Auf die Probe gestellt wurden bei demHochwasser nicht nur die Helfer, sondernauch die vielen Dämme, Hochwasserrückhal-tebecken und Flutmulden, die viele Gemein-den nach den verheerenden Fluten in den Jah-ren 1999 und 2002 zum Schutz angelegt ha-ben. Und sämtliche Bauten gegen die Flutenhaben sich offensichtlich ausgezahlt. „Die Ar-beit der vergangenen Jahre hat sich im Kam-meltal positiv ausgewirkt“, freute sich Bürger-meister Christian-Konrad Wiesner und mein-

te damit die Renaturierung des kleinen Flüss-chens. „Dadurch, dass die Kammel jetzt mehrSchleifen machen kann und rechts und linksmehr natürlichen Stauraum hat, sind wir imUnterlauf vom Wasser verschont geblieben.Von Schäden weiß ich noch nichts“, so Wies-ner. Auch das Gewerbegebiet, das beim ver-gangenen Hochwasser total überflutet gewe-sen sei, sei diesmal verschont geblieben, daman in diesem Bereich das Gewässerbett derKammel ausgeweitet habe. Zudem hat die Ge-meinde seit 2002 Flächen als Retentionsraumfreigehalten und den Bebauungsplan für dasGewerbegebiet geändert. „Nur der südlicheTeil wurde verwirklicht, der nördliche ist zuoft von Hochwasser betroffen. Warum solltenwir eine Fläche erschließen, die wir am Endenicht nutzen können“, begründete Wiesner.

In Jettingen sind die halb fertigen Hochwas-serrückhaltebecken gar nicht zum Tragen ge-kommen. „Das anfallende Wasser war Gott-

seidank nicht so schlimm. Aber wir sind froh,wenn die Becken fertig sind und wir noch bes-ser geschützt sind“, sagte Jettingens zweiterBürgermeister Hermann Högel.

Auch die Offinger sind diesmal glimpflichdavongekommen. „Die Mindel hat uns keinso großes Kopfzerbrechen bereitet wie 1999.Sie war hoch, aber 20 Zentimeter unter demPegel von damals, das hat uns gerettet“, teiltedritter Bürgermeister Renato Sperandio mit.„Wir wundern uns selbst, dass wir verschontgeblieben sind.“ Eine Flutmulde, die die Ge-meinde für viel Geld südlich der Firma BWFanlegen ließ, sei nicht einmal überflutet wor-den. Ausgezahlt hätte sich dagegen die Erhö-hung der Mindelbrücke um 60 Zentimeter.„Bei starken Wassermengen hat das Wasserimmer an der Brücke angeschlagen, sich ge-staut und alles überflutet. Das war diesmalnicht der Fall“, sagte Sperandio stolz. EinDamm bei der Schreinerei Roth habe ebenso

gute Dienste geleistet wie der rechtzeitige Ein-bau von Klappen und Luftkissen in einem Ka-nal im „Pfaffenbogen“, einem Wohngebiet, indem oft Keller unter Wasser stehen. Auchdiesmal konnten die Anwohner nicht verhin-dern, dass der Überlauf der Donau Wasser indie Häuser drückt, doch laut Sperandio hat-ten sie vorgesorgt und sich Pumpen zugelegt.„Unsere neue Pumpe, die den Abwasserkanalleer pumpen kann, hat sich auch bewährt.Hochwasser kommt immer wieder, aber wirsind ganz gut gewappnet.“

Kritische Worte zum Hochwasserschutzfand Kurt Schweizer, Kreissprecher der Grü-nen: „Außer Plänen ist nicht viel verwirklichtworden. Die Regierung hat viel versprochen,aber ein Großteil der Gelder ist gar nicht ge-flossen.“ Die Grünen würden sich weiter da-für einsetzen, natürliche Ausweichflächen zuschaffen und weniger auf technischen Schutzwie Dämme zu vertrauen. siehe S. 21/22

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Freitag, 26. August 2005GZ · Nummer 196GZ-Extra: Hochwasser in der Region GZ

Nachgefragt

bei LandratHubert Hafner

Hochwasserschutz:„Weiter Nachhaltigkeitbeweisen“

Landkreis (hva).Der Landkreis kann aufatmen: Das Hoch-wasser hat ein Ende, die Pegelstände anGünz, Mindel und Kammel sinken kontinu-ierlich. Abgesehen von einigen voll gelaufe-nen Kellern blieben die Bürger weitgehendvon dem Hochwasser verschont, größereÜberschwemmungen blieben aus. Ob es anden Hochwasserschutzmaßnahmen liegt, ander Vorarbeit der Gemeinden oder dem Ein-satz der Helfer wollten wir von Landrat Hu-bert Hafner wissen.

Frage: Was für ein Fazit ziehen Sie nachdem Hochwasser?

Hafner: Wir sind mit einem blauen Augedavongekommen. Es ist dank großem Einsatzder Helfer – einige Mitarbeiter im Landrats-amt haben wir sogar extra aus dem Urlaub ge-holt – glimpflich ausgegangen. In Anbetrachtdes vielen Wassers haben wir relativ wenigSchäden. Für die Betroffenen, die es dennocherwischt hat, ist das nur ein kleiner Trost.

Frage: Haben Sie sich während des Hoch-wassers ein Bild von der Lage vor Ort ge-macht?

Hafner: Ich war einige Male vor Ort. Bevorich den Katastrophen-Alarm ausgelöst habe,habe ich ein paar Brennpunkte abgefahren,ob es notwendig ist. Aus meiner Sicht war esein Grenzfall, ich war skeptisch. Aber alleFachleute haben im Nachhinein gesagt, dass

es richtig war, den K-Fall auszurufen. Da-durch haben wir eventuell Schäden verhin-dert. Wir verdanken es aber auch der Hilfevon 750 Helfern. Ich möchte es nicht versäu-men, ihnen ganz herzlich für ihr Engagementzu danken, dass sie sich die Nächte um dieOhren geschlagen haben. Wir hatten außer-dem Glück, dass die Vorlaufzeit so lange warund die Gemeinden reagieren und sich vorbe-reiten konnten. Alle hatten noch das Hoch-wasser von 2002 in Erinnerung und habenschnell gehandelt. Diese Faktoren zusammenhaben dazu beigetragen, dass sich die Schä-den in Grenzen halten.

Frage: Hat alles so funktioniert, wie Siesich das vorgestellt haben?

Hafner: Die Zusammenarbeit zwischenden einzelnen Organisationen hat gut funk-tioniert. Natürlich gibt es immer etwas zu ver-bessern, aber das sind Kleinigkeiten.

Frage: Was hat sich in Sachen Hochwas-serschutz seit 2002 verbessert?

Hafner: Wir haben nicht nur neue Pumpenund eine Sandsackabfüllanlage, mit der allesviel schneller geht, sondern auch Dämme undRetentionsbecken. Beispielsweise ist seit demvergangenen Hochwasser bei Neuburg an derKammel ein Biotop angelegt worden, wo sichjetzt das Wasser ausbreiten konnte. Rechtsund links von der Kammel entstehen außer-dem Dämme. Die sind zwar noch nicht fertig,aber sie haben die Bewährung bestanden.Neuburg wurde geschützt, das hat sich alsopositiv ausgezahlt. In Krumbach sind Pegelgesetzt worden, damit man früher über dieWasserstände Bescheid weiß und die Leutewarnen kann. Das hat wohl auch sehr gut ge-klappt. In Jettingen ist mit dem Bau der Re-genrückhaltebecken begonnen worden. Dashat auch etwas gebracht, die Dämme sindnicht gebrochen. Solche Dinge brauchen wirnoch mehr.

Frage: Wie viele Gelder sind eigentlich inden Hochwasserschutz geflossen?

Hafner: Eine Gesamtzahl habe ich nicht.Die Erstellung des Mindeltalkonzepts wurdebeispielsweise mit 50000 Euro bezuschusst.Die Hochwasserrückhaltebecken in Jettingenkosten 2,7 Millionen, 1,2 Millionen schießtinsgesamt die EU zu, noch einmal 300000Euro der Freistaat Bayern.

In Krumbach und Neuburg ist sehr vielGeld geflossen, in Ursberg im Dominikus-Ringeisen-Werk ist auch einiges umgebautworden.

Frage: Welche weiteren Möglichkeiten se-hen Sie im Hochwasserschutz?

Hafner: Ein Schritt in die richtige Richtungist das Mindeltalkonzept. Im Bereich der Min-del versuchen wir Dämme anzulegen, damitdie umliegenden Orte nicht so viel Wasser ab-bekommen. Ein Ort kann das nicht alleine be-wältigen, da müssen alle zusammenarbeitenund miteinander finanzieren. Da muss dem-nächst eine Entscheidung fallen. Vielleichtträgt ja das Hochwasser dazu bei, dass wir ei-nen Schritt weiterkommen. Absoluten Schutzwerden wir allerdings nie kriegen. Den Regenkönnen wir auch nicht stoppen. Aber wirmüssen einfach weitermachen und Nachhal-tigkeit beweisen.

Frage: Wie geht es jetzt unmittelbar nachdem Hochwasser weiter?

Hafner: Die Aufräumarbeiten laufen. Kellermüssen, sofern sie voll gelaufen sind, ausge-pumpt werden. Es wird geschaut, was wegge-schmissen werden muss, es ist zum Teil Sperr-müll angefallen. Für die einzelnen Betroffe-nen gibt es sicher viel Arbeit.

Für uns gilt es, Manöverkritik zu betreiben.Was hat geklappt, was hat weniger gut funk-tioniert, was können wir verbessern, damitwir das nächste Mal noch besser gewappnetsind.

BisherigeMaßnahmenzeigten WirkungIm Landkreis-Südengab es kaum Probleme

Landkreis (liwe).Hochwasserschutz steht seit der Flut im Jahr2002 auf der Tagesordnung sämtlicher be-troffener Gemeinden auch im südlichenLandkreis. Das Hochwasser der vergange-nen Tage hat nun gezeigt: Wo – wie in Neu-burg oder am Krumbächle – Maßnahmenbereits durchgeführt wurden, zog die Flut-welle fast spurlos vorbei.

„Das Land Bayern sollte noch einmal über-denken, ob der Rückzug aus der Hochwasser-schutzförderung für Gewässer dritter Ord-nung wirklich sinnvoll ist“, meint der 2.Krumbacher Bürgermeister Anton Maier. An-fang Juli war diese Vorhaben des Umweltmi-nisteriums bekannt geworden (wir berichte-ten). Beim jetzigen Hochwasser bewies je-doch das Krumbächle, ein Gewässer 3. Ord-nung, dass die durchgeführten MaßnahmenSinn machen: Es blieb brav in seinem Bett.

An der Kammel (Gewässer 2. Ordnung) be-findet sich die Stadt Krumbach hingegen nochmitten in den Baumaßnahmen, weshalb derHochwasserschutz dort noch nicht richtiggreifen konnten. Insgesamt 3,87 MillionenEuro kosten die Arbeiten, mit denen im Maibegonnen wurde. Die Kammelstadt hatte ih-ren Antrag noch rechtzeitig gestellt, die Finan-zierung wurde folgendermaßen gesichert: Be-zirk und Stadt übernehmen je 25 Prozent, derFreistaat 50 Prozent, von denen er die Hälftevon der EU erstattet bekommt.

Gemeinsam mit Krumbach hatte auch Neu-burg seine Hochwasserschutzmaßnahmenmit einem Gesamtvolumen von 1,65 Millio-nen Euro begonnen. Obwohl die Dämme imSüden der Gemeinde noch nicht fertig gestelltsind, hatten sie jetzt laut Bürgermeister GeorgSchwarz „prima funktioniert“: Das Wasserzog vorbei, ohne Schaden anzurichten. InNeuburg trägt der Freistaat 50 Prozent derKosten, Bezirk und Markt teilen sich denRest. „Aber ohne die EU, von der sich Bayernwieder die Hälfte zurück holt, hätte es keinenSpatenstich gegeben“, betont Schwarz, dersich darüber ärgert, dass der Freistaat seinHochwasserschutzbudget von 130 auf 90 Mil-lionen zurück gefahren hat.

Auch in Ursberg ist Bürgermeister EwaldSchmid froh, dass man die beiden Hochwas-serschutzmaßnahmen in Höhe von 1,15 Mil-lionen Euro an Gewässern dritter Ordnungbereits abgeschlossen hat und vom Freistaatnoch knapp 50 Prozent Zuschüsse erhielt.Vor allem mit einem „ökologischen Graben-ausbau“ bei Premach hat man laut Schmidgute Erfahrungen gemacht. Da das Graben-bett nun verbreitert ist und wieder Kurvenmacht, würde dem Wasser viel Schnelligkeitund Wucht genommen.

Relativ am Anfang des Hochwasserschut-zes stehen die 16 Gemeinden von Aletshausenbis Offingen, die sich zum „Mindeltalkon-zept“ zusammengeschlossen haben. Etwa 23Millionen sollen die Maßnahmen kosten, indenen die Interessen aller Mitgliedsgemein-den abgestimmt werden. „Maßnahmenträgerist der Freistaat“, erklärt Gerhard Glogger,Bürgermeister von Balzhausen, „an überörtli-chen Projekten müssen sich die Gemeindenmit 30, an örtlichen mit 50 Prozent beteili-gen“.

Das Land muss die Finanzierung auf dieBeine stellen, die Planung soll 2006 beginnen.Glogger hofft nun, dass die jüngsten Ereignis-se die Entscheidungen beschleunigen.

Der Regen verhageltden Bauern die ErnteWeizen ist nur noch als Futtermittel zu verwenden

Landkreis (gau).Der Dauerregen hat in den vergangenen Ta-gen nicht nur den Hochwasserhilfskräftenim Landkreis zugesetzt. Auch die Landwirt-schaft ist von dem regnerischen Wetter kalterwischt worden. Etwa zwanzig bis dreißigProzent des Weizens sind nur noch als Fut-terweizen zu gebrauchen, schätzt WalterThiergärtner von der Günzburger Ge-schäftsstelle des Bayerischen Bauernver-bandes.

Mindestens ein Fünftel des angebautenWeizens steht laut Thiergärtner jetzt noch aufden Feldern im Landkreis Günzburg. „DasGetreide ist mittlerweile ausgewachsen, hatschon Keimlinge gebildet. Deshalb hat es kei-ne Mahlqualität mehr und ist nur noch alsFutterweizen zu gebrauchen.“ Für die Land-wirte ergäben sich daraus massive finanzielleEinbußen. „Wir hoffen jetzt darauf, dass dieLandwirte wenigstens beim schon geerntetenWeizen einen höheren Preis erzielen können.Immerhin ist das Angebot jetzt um einigeskleiner.“ Auch der Mais macht ThiergärtnerSorgen. Allerdings ginge es hier nicht in ersterLinie um den Silo-, sondern um den Körner-mais. „Der braucht jetzt Wärme, um zu reifen.Wir können nur auf einen warmen Septemberhoffen.“ Am Rande ist nach Angaben vonThiergärtner auch die Kartoffelernte von derRegenperiode betroffen. „Kartoffeln, dieschon krank sind, können jetzt nicht behan-delt werden, da die Landwirte mit ihren Trak-toren gar nicht ins Feld fahren können.“ Die

Kalt erwischt worden vom regnerischen Wet-ter ist die heimische Landwirtschaft.

Archiv-Bild: Böttcher

Rekordernte vom vergangenen Jahr wird sichlaut Thiergärtner in diesem Jahr sicher nichtwiederholen. Geringere Schäden hätten dage-gen die Überschwemmungen angerichtet.„Das war nicht so tragisch. Zum Großteil han-delt es sich hier ja um Wiesen. Die Landwirtemüssen jetzt aber den angeschwemmten Un-rat von den Feldern fahren.“

Leipheim

Notversorgungmit TrinkwasserLeipheim (hva/pm). Wie das LandratsamtGünzburg erst gestern am späten Nachmittagmitteilte, musste die Stadt Leipheim am Mitt-woch mit Trinkwasser notversorgt werden.Da wegen des Hochwassers an der Donau dieGefahr bestand, dass Keime ins Trinkwassergelangen würden, wurden alle Brunnen derStadt abgestellt. Die Notversorgung über-nahm am Mittwoch um 11.45 Uhr der Flieger-horst Leipheim. „Es hat sich erst am Donners-tag herauskristallisiert. Wir im Landratsamtwussten nichts davon“, entschuldigte sichSprecher Dieter Jehle. Gestern um 11.30 Uhrsei bekannt geworden, dass die Versorgungdurch den Brunnen des Fliegerhorstes nichtmehr ausreiche. In Absprache mit dem Ge-sundheitsamt und der Stadt Leipheim wurdenzwei Brunnen der Stadt wieder angestellt.Vorsorglich wurde das Trinkwasser laut Jehlegechlort. Außerdem veranlasste das Gesund-heitsamt Günzburg eine mikrobiologischeTrinkwasserprobe, die ins Landesuntersu-chungsamt nach Oberschleißheim geschicktwurde. Erste Ergebnisse sind frühestens amheutigen Freitag zu erwarten, teilte Jehle mit.„Die Leute brauchen keine Angst zu haben.Das Wasser ist trotzdem trinkbar, es bestehtkeine Gefahr“, versicherte der Sprecher.Rückfragen sind möglich beim Gesundheits-amt Günzburg unter Telefon (08221)95749.

Blitzeblank putzt der Günzburger Feuerwehrmann Christian Seebald das verdreckte Feuer-wehrauto nach dem Hochwassereinsatz.

Großes Ramadama für die Floriansjünger. Der Damm aus Sandsäcken, den sie zusammen mit Anwohnern und THW am Donauufer unterhalb desDonaukraftwerks aufgebaut hatten, ist nun überflüssig geworden. Bilder: Katharina Gaugenrieder

Von der großen Flut sind nur Pfützen übrigBei den Hilfskräften im Landkreis war nach den Einsätzen der vergangenen Tage Großreinemachen angesagt

Landkreis (gau/cha).Am Morgen danach schlängelt sich die Do-nau an der Staustufe in Günzburg wiederträge in ihrem Flußbett. Hier und da spült sienoch Baumstämme mit, eine blaue Regen-tonne tanzt auf der braunen Brühe. Am Ufererinnert nur noch das matschige Treibgut andie Fluten, die sich dort noch am Abend vor-her stromabwärts wälzten.

Ruhe ist am gestrigen Donnerstag auch imGerätehaus der Freiwilligen FeuerwehrGünzburg eingekehrt. Die Einsatzfahrzeugewerden mit Hochdruckreinigern vom Matschbefreit und wieder auf Hochglanz gebracht,die Stiefel und Wathosen sind bereits saubergeputzt und getrocknet, stehen wieder ordent-lich in den Spinden. Nur noch wenig zeugtvon dem Mammuteinsatz, den die Florians-

Verdienst von vielen Übungen am Schreib-tisch. Die Organisation war wirklich gut.“ Dassahen wohl auch die Kollegen von der Berufs-feuerwehr Stuttgart so. „Die haben uns heuteMorgen einen Besuch abgestattet und sichüber unsere Erfahrungen informiert. Denn siehaben noch nie einen solchen Einsatz ge-habt.“

Verlassen liegt auch das Betriebsgeländedes Technischen Hilfswerks in der Muna-Siedlung in Kötz da. Ein paar einsame Kistenmit Sandsäcken stehen noch in der Ecke, die

Einsatzfahrzeugeglänzen schon wie-der. „Wir haben dasmeiste schon amMittwochabend auf-geräumt“, erklärt dererste VorsitzendeHarry Bendl. „Jetzt

ist wieder alles soweit hergerichtet.“Fast fertig mit den Aufräumarbeiten ist man

auch im Günzburger Donaukraftwerk.Mehrals 90 Container mit je 14 Kubikmetern Treib-gut sind dort am Mittwoch abtransportiertworden, so Maschinist Rainer Hänle. Schonin den frühen Morgenstunden des gestrigenDonnerstages hätten die Mitarbeiter damit be-gonnen, die überfluteten Wege von Matschund Treibgut freizuräumen. Und auch Stromwird im Donaukraftwerk wieder gewonnen.„Als der Pegelstand so hoch war, sind die Tur-binen zwar gelaufen, Strom wurde aber keinererzeugt“, erklärt Werksleiter Ulrich Strack.„Jetzt läuft das Ganze wieder langsam an.“

Langsam, das ist nun auch die Donau wie-der. Von dem tosenden Gewässer ist nichtsmehr zu sehen. Nur, bis sie wieder die „schöneblaue Donau“ ist, dauert es wohl noch einWeilchen.

jünger hinter sich haben. In der Ecke stehennoch die leeren Tee- und Kaffeebehälter, diedas Rote Kreuz zur Verpflegung während desEinsatzes vorbeigebracht hat. Daneben einpaar Marmeladengläser. „Jetzt muss noch derSand, den wir zum Befüllen der Säcke in einerHalle der Kläranlage Günzburg gelagert ha-ben, weggefahren werden“, so KommandantChristian Eisele. „Die Gitterboxen, in denenwir die Sandsäcke transportiert haben, müs-sen zurückgebracht, die Sandsackdämme ab-gebaut werden.“ Dabei helfe der städtischeBauhof tatkräftig mit. „Dann machen wirnoch die Verteilerkästen, etwa am Volksfest-platz, sauber, damit der Dreck sie nicht voninnen verklebt.“ Dasselbe gelte für Wasser-sauger, Tauchpumpen und Schaufeln, die seitDienstag im Einsatz waren.

Für Eiseles Resttruppe geht es dann an eineStelle, die ihnen während des Katastrophen-alarms nur zu vertraut geworden ist. Unter-halb des Wasserkraftwerks in Günzburg hat-ten sie noch vor wenigen Stunden gegen dieWassermassen gekämpft und zusammen mitden Anwohnern einen Sandsackdamm er-richtet. Dort, wo das Wasser am Mittwochnoch kniehoch stand, zeugen jetzt nur nochein paar Pfützen von dem rekordverdächtigenPegel. Eigentlich hat Klaus Demharter ja Ur-laub. Aber in den vergangenen Tagen hat erSandsack um Sandsack gestapelt, kaum einAuge zugetan. „Was tut man nicht alles“, sagtDemharter lachend. „Das ist halt ein Abenteu-erurlaub.“

„Wir sind noch einmal mit einem blauenAuge davon gekommen“, resümiert ChristianEisele. Der Katastrophenalarm sei aber abso-lut gerechtfertigt gewesen. Eisele stuft die Zu-sammenarbeit zwischen den einzelnen Hel-fergruppen als vorbildlich ein. „Das ist der

„Das ist halt einAbenteuer-

Urlaub“


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