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Seite 1Prof. Dr. med. F.W. Schwartz
Prof. Dr. med. Friedrich W. Schwartz
04.05.2005 Berlin
Deutscher Ärztetag
„Versorgungsforschung in ausgewählten Themenfeldern und ihre
gesundheitspolitische Bedeutung“
unter Mitarbeit von Prof. Dr. med. A. Encke, Dr. rer. pol. Katharina Janus, Prof. Dr. med. N. Roeder, Prof. Dr. hum. biol. H.K. Selbmann, Prof. Dr. med. Gabriele Stoppe
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Gesundheitspolitik und Versorgungsforschung
Ökonomisierung als Grundphänomen Konfliktlagen für Ärzte und ärztliche
Versorgung und ihre „Vergegenständlichung“ durch Versorgungsforschung
In angemessener Vertiefung und mit wirksamer Dissemination der Ergebnisse in den wissenschaftlichen, ökonomischen und gesundheitspolitischen Diskurs
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Ausgewählte Themenfelder Einfluss der Ökonomisierung der
stationären und ambulanten ärztlichen Leistung auf die Patientenversorgung und die Freiheit der ärztlichen Tätigkeit
Implementierung von Leitlinien in den ärztlichen Alltag und ihre Effekte
„Physician Factor“, Arztseitige Faktoren: Arbeitszufriedenheit, Arbeitsbelastung, Professionalität und Qualität
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Themenfeld 1:Einfluss der
Ökonomisierung der stationären und
ambulanten ärztlichen Leistung auf die
Patientenversorgung und die Freiheit der ärztlichen
Tätigkeit
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Themenfeld 1:
Kompletter Umbruch stationärer Leistungserbringung
Verkürzung der Verweildauer, interne und externe Verteilungseffekte
Anreize oder Zwänge zum Fallmanagement aus ärztlicher, ökonomischer und aus Patientensicht
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Themenfeld 1:
Veränderung stationärer Leistungsinhalte Weniger komplexe Fälle ambulant Fehlanreize zu „fraktionierter“ „Aufwärts“-
oder „Abwärts“-verlegung Inkomplette oder schiefe Abbildung
tatsächlich notwendiger Behandlungsinhalte (Behandlungsziele und Ergebnisqualitäten)
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Themenfeld 1:
Die Beobachtung und Evaluation der aus der Umstellung der Finanzierung von Gesundheitsleistungen resultierenden Veränderungen hinsichtlich der Versorgungsangebote, der Versorgungsinhalte und insbesondere der Versorgungsergebnisse ist daher eine zentrale Herausforderung für die Versorgungsforschung.
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Themenfeld 1: Mögliche Fragestellungen
Einfluss der Fallpauschalierung auf die Versorgung chronisch kranker Patienten unter besonderer Berücksichtigung der sektorübergreifenden Behandlung aber auch unter Berücksichtigung der neu zu definierenden Schnittstelle zwischen Akutbehandlung (Krankenhaus) und der Vor- und Nachbehandlung (z. B. Ambulante Behandlung, Rehabilitation).
Einfluss der veränderten Finanzierung auf die Implementierung des medizinischen Fortschritts (Innovation), z. B. Onkologie, Kardiologie, Psychiatrie.
Einfluss der geänderten Rahmenbedingungen auf das regionale Versorgungsangebot
Auswirkungen auf die Patientenzufriedenheit, die ärztlichen Arbeitsbedingungen und die ärztliche Weiterbildung.
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Themenfeld 1: Mehrwert für die Ärzteschaft
Eine angemessene Einflussnahme auf Anpassung und Fortschreibung der Vergütung setzt in einem datengestützten fallpauschalierenden System wie dem DRG-System voraus, dass auf der Basis eigener realitätsgerechter Daten argumentiert werden kann.
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Themenfeld 2:Implementierung von
Leitlinien in den ärztlichen Alltag und ihre Effekte
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Themenfeld 2: Behandlungsleitlinien sind systematisch
entwickelte Aussagen, die den gegenwärtigen Erkenntnisstand (Evid.b.Med.) wiedergeben und den behandelnden Ärzten und ihren Patienten die Entscheidungsfindung für eine angemessene Behandlung spezifischer Krankheitssituationen erleichtern sollen.
Sie stellen eine Quelle von aktuellem externem Wissen dar, aus der der Arzt bei der Behandlung eines Patienten schöpfen kann.
Dieses Wissen muss der Arzt in Gleichklang mit seinem eigenen Können und den Bedürfnissen des Patienten bringen und dann entsprechend handeln können.
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Themenfeld 2: In den letzten Jahren werden Leitlinien
aber immer stärker im Zuge sogenannter individualisierter Verträge, oder Disease-Management-Programme oder Managed Care-Versorgungsformen Grundlage vertraglicher Vereinbarungen.
Sie überschreiten damit die Grenze eines intraprofessionellen Standards zu einer extraprofessionellen und sogar ökonomischen Anforderung.
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Themenfeld 2: Während die Erstellung und die kritische Bewertung
einer Leitlinie in den Händen von Fachgesellschaften, Trägern der Selbstverwaltung oder anderen Organisationen liegen, liegt die Verantwortung für die Verwendung der Leitlinie letztendlich beim behandelnden Arzt und seinem Patienten. Bei der Implementierung von Leitlinien folgende Theorien und Barrieren zu beachten: Kognitive Theorie (mangelndes Wissen, keine
Selbsterfahrung) Verhaltenstheorie (falsche Anreize, Rückmeldungen und
externe Stimuli) Sozialtheorie (fehlender sozialer Druck durch Führung
oder Gruppe) Verkaufstheorie (unattraktive Vermarktung des Wissens
und Handelns) Organisationstheorie (Systemfehler).
Dementsprechend muss eine Barrierenanalyse immer am Anfang jeder Leitlinienimplementierung stehen.
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Themenfeld 2: Eine systematische Untersuchung von Leitlinien
in Deutschland sollte bei der Präsentation der Leitlinie (Versionen für Ärzte, Patienten und Forscher; einzelne Leitlinie oder Leitlinienprogramme) beginnen und beim Nutzen für den Patienten und den Arzt (Verbesserung der Ergebnisqualität) enden.
Als Zwischenstufen können der Erkenntnisgewinn bei Ärzten und Patienten, die gewonnene Bereitschaft zur Umsetzung bei beiden und die tatsächliche Verbesserung der Prozessqualität dienen.
Dass dazu geeignete Studiendesigns notwendig sind, versteht sich von selbst.
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Themenfeld 3:„Physician Factor“
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Versorgungs-system
Input Throughput
-Versorgungsstrukturen-Versorgungsprozesse-Versorgungstechnologien
Output Outcome
z.B.: Ressourcen direkte Versor-gungsleistungen
Wirkung/ErgebnisPatientenseitige Fak-toren, Ökonomische Faktoren
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Themenfeld 3: Arztseitige Faktoren (job satisfaction;
nichtmonetäre neben monetären incentives) sind maßgebliche Einflussfaktoren in der Versorgung, die sich als ´physician factor` der patientenseitigen Einflussgröße (´patient factor`) gegenüberstellen lassen.
Der ´physician factor` hat in der bisherigen Versorgungsforschung zu wenig Aufmerksamkeit erfahren.
Jüngste Studien zu diesem Thema zeigen, dass ´job satisfaction` von Ärzten (analog anderer unmittelbar am Patienten arbeitender Gesundheitsberufe) nicht nur mit der Gesundheit und dem Wohlbefinden von Ärzten eng assoziiert ist, sondern auch mit der Patientenzufriedenheit und mit der gesamten Behandlungsqualität.
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Bedeutung von personellen
Ressourcen im Dienstleistungs-
sektor
Bedeutung von personellen
Ressourcen im Dienstleistungs-
sektor
Gesundheits-markt
Gesundheits-markt
Der „PhysicianFactor“
Der „PhysicianFactor“
Direkte Kostenärztlicher Leistungen = 25%
Indirekte Kosten initiiert durchärztliche Entscheidungen = 70%
, Dr. K. Janus
Seite 19Prof. Dr. med. F.W. Schwartz
Themenfeld 3:´Job satisfaction` ist durch mindestens fünf
Dimensionen charakterisiert: Patientenversorgung (z.B. Wahrnehmung der Qualität
der eigenen Versorgung, Kompetenzerleben, Autonomie, Beziehung zu den Patienten),
Arbeitsbelastung (z.B. das Stressniveau bei der Arbeit, das Ausmaß von Administration und verfügbare Zeit für Familie, Freunde oder Freizeit),
Einkommen und Prestige (z.B. Form und Höhe des derzeitigen Einkommens und damit verbundener sozialer Status),
persönliche Befriedigung (z.B. intellektuelle Stimulation durch die Arbeit) und
professionelle Beziehungen (z.B. professionelle Beziehungen zu Kollegen oder zu nicht-ärztlichen Teammitgliedern).
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Beispiel: Job Satisfaction Studie
an einem universitären
Klinikum
(Medizinische Hochschule Hannover, 2005)
Seite 21Prof. Dr. med. F.W. Schwartz
Hierarchie der Zufriedenheitsfaktoren
ImmaterielleAnreize
„Harte Faktoren“
Entscheidungsbeteiligung
Kommunikation und Atmosphäre
Ausbildung und internationale Erfahrung
Ausstattung des Arbeitsplatzes
Kooperation
, Dr. K. Janus
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Zufriedenheit versus Wichtigkeit(1 = sehr unzufrieden / unwichtig; 5 = sehr zufrieden /
wichtig)
Item Zufriedenheit
Wichtigkeit Differenz
Finanzielle Anreize 1,95 4,03 2,08
Einfluss auf zeitliche Arbeitsbelastung
2,32 4,36 2,04
Partizipation an organisa- torischen Entscheidungen
2,44 4,25 1,81
Kooperation mit Manage-ment und Verwaltung
2,40 3,99 1,59
Fortbildung 3,14 4,57 1,43
Karrieremöglichkeiten 2,76 4,17 1,41
Weiterbildung 3,15 4,54 1,39
Kooperation mit Pflegekräften
3,21 4,60 1,39
Arbeitsplatzsicherheit 3,05 4,38 1,33
Arbeitsklima 3,49 4,77 1,28, Dr. K. Janus
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Methodischer Rahmen
Seite 24Prof. Dr. med. F.W. Schwartz
Methodik
Die wissenschaftliche, ökonomische und poli-tische Akzeptanz und Durchsetzungskraft von Versorgungsforschung ist erheblich abhängig von der methodischen Studienqualität
Daher: AK 2 „Vf“ des Wissenschaftlichen Beirats: Aufstellung und Anwendung methodischer Richtlinien für „gute wissenschaftliche Praxis“ Enge Zusammenarbeit mit Fachgesellschaften Eigene Weiterentwicklung für „gemischte“
Methodenansätze (medizinisch, ökonomisch, biometrisch, soziologisch, psychologisch, ethisch)
Seite 25Prof. Dr med. F.W. Schwartz
Fazit:Die Ärzteschaft braucht und ihr nützt gute Versorgungsforschung.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.