Schwerpunkt BauphysikalischeEigenschaften von LeichtbauweisenEigenschaften und Potentiale des Leichtbaus
Stand 2007
Schwerpunkt BauphysikalischeEigenschaften von LeichtbauweisenEigenschaften und Potentiale des Leichtbaus
„Eigenschaften und Potentiale des Leichtbaus” ist eine wissenschaftliche Studie, die unter Leitung von
Prof. Dr. Ing. Karsten Tichelmann/Institut für Trocken- und Leichtbau Darmstadt unter Mitwirkung von
DI Dr. Adolf Merl/TU Wien, Prof. Jochen Pfau/Versuchsanstalt für Holz und Trockenbau Darmstadt,
DI Dr. Margit Pfeiffer-Rudy/TU Wien und Prof. DDI Wolfgang Winter/TU Wien im Auftrag von
BAU.GENIAL erstellt wurde. Die einzelnen Kapitel werden in gesonderten Heften publiziert.
Eine Kurzfassung der gesamten Studie ist nachzulesen auf www.baugenial.at.
Studie Teil 1 Stand 2007
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
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Inhalt
Grundlagen / Allgemeines 6
1 Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen 6
1.1 Wärmeschutz 10
1.1.1 Wärmedämmung 10
1.1.2 Luftdichtheit 16
1.1.3 Wärmebrücken 17
1.1.4 Wärmespeicherung und Klimastabilität 22
1.1.5 Richtlinie 2002/91/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden 32
1.2 Feuchteschutz 34
1.2.1 Grundlagen 34
1.2.2 Feuchtetechnische Eigenschaften von Leichtbaustoffen 35
1.2.3 Wasserdampfkondensation an Bauteiloberflächen 39
1.2.4 Wasserdampfdiffusion 40
1.2.5 Konvektion und Luftdichtheit 44
1.2.6 Witterungsschutz 50
1.2.7 Bäder und Feuchträume im Leichtbau 50
1.2.8 Baufeuchte 53
1.3 Schallschutz 55
1.3.1 Schallschutzanforderungen 55
1.3.2 Bauakustische Eigenschaften von Leichtbauweisen 58
1.3.3 Luftschallschutz von Leichtbauwänden und Vorsatzschalen 68
1.3.4 Schallschutz von leichten Deckensystemen 73
1.3.5 Optimierung der bauakustischen Leistungsfähigkeit im Leichtbau 76
1.3.6 Raumakustik 78
1.4 Brandschutz 81
1.4.1 Beurteilung von bauweisenspezifischen Brandrisiken 82
1.4.2 Einflüsse auf das Brandgeschehen und den Brandverlauf 86
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
6
Grundlagen / Allgemeines
Verschiedenste Entwicklungen im 21. Jahrhundert führen dazu, dass zukünfti-
ges Bauen zunehmend weniger unter dem Aspekt der „Schwere“ und somit der
Massivbauweise geplant wird, sondern vielmehr unter den Kriterien der
Leichtigkeit, der Ressourcen- und Energieeffizienz sowie der Veränderbarkeit.
Dadurch werden die technisch-bauphysikalischen Eigenschaften einer
Bauweise, die Energieeffizienz einer Bauweise und die Verringerung von
Baustoffmassen vernetzt. Unter diesem Aspekt nimmt der Leichtbau eine
bedeutende Rolle ein.
Ein Vergleich der „technologisch-ökonomischen Leistungsfähigkeit“ verschie-
dener Bauweisen setzt die Erfüllung der gleichen oder vergleichbaren
Funktionen durch die betrachteten Bauteile voraus. Bestimmte Anforderun-
gen werden für die Bauteile bauordnungsrechtlich festgelegt, z. B. Festlegung
eines Schalldämmmaßes oder des Wärmeschutzstandards. Der technische
Vergleich zielt auf die weiteren Eigenschaften der Bauteile einer Bauweise
ab, die zur Realisierung der Anforderungen erforderlich sind, z. B. Dicke,
Gewicht, Feuerwiderstandsdauer, Dauer der Montage und deren Auswirkung
auf die Bauzeit u.s.w. Man spricht auch von vergleichbaren „Dienstleistungen“
einer Bauart bzw. Bauweise. In der Regel findet der Primär-Vergleich auf
Bauteilebene statt, der Sekundär-Vergleich bei globaler Betrachtung der
ökonomischen Eigenschaften der Bauweise.
1 Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
Als Entscheidungsgrundlage zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit von
Leichtbauweisen gegenüber massiven Bauweisen können Kriterien heran-
gezogen werden:
❙ Bauphysikalische Kriterien
Schalldämmung, Brandschutz, Wärmeschutz, Feuchteschutz
❙ Technische und konstruktionsspezifische Kriterien
Bauteildicke, Gewicht, Tragfähigkeit, Beanspruchbarkeit, Flexibilität und
Anpassbarkeit, Installationsfreundlichkeit
❙ Baubetriebliche und ökonomische Kriterien
Vorfertigung und Vorfertigungsgrad, Bauzeit, bauartspezifische Trocknungs-
und Wartezeiten, Baukosten, Betriebs- und Instandhaltungskosten
❙ Ökologische Kriterien und Umweltverträglichkeit
Primärenergieverbrauch, CO2-Äquivalent, NO-Äquivalent
Die Qualität, in welcher Form die oben genannten Kriterien und Anforderungen
Kriterien zur Beurteilung der
Leistungsfähigkeit von Bauweisen
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
7
Grundsätzliche Unterscheidung
in tragende und nichttragende
Systeme
Ansprüche der Gebäudenutzer
Nicht alle Kriterien behördlich
geregelt
Kenntnis der Besonderheiten von
Bauweisen
(Dienstleistungen) erfüllt werden, kann als Bewertungskriterium für Bauweisen
herangezogen werden. Bauweisen, die in ihren Eigenschaften bezüglich der
oben aufgeführten Kriterien überlegen sind, werden positiv bewertet. Der
Einsatz dieser Bauweisen unter gezielter Nutzung ihrer Potentiale führt zu einer
Verbesserung der technischen Eigenschaften und Wirtschaftlichkeit.
Auf der Ebene der Bauteile ist zwischen tragenden und nichttragenden Sys-
temen zu unterscheiden. Nichttragende Systeme, z. B. nichttragende Innen-
wände, haben die primäre Funktion des Raumabschlusses, tragende Sys-
teme erfüllen zusätzlich eine statische Funktion. Mit dem Raumabschluss
können Anforderungen bauphysikalischer Art verbunden sein, subjektive
Erwartungen an sogenannte „weiche Eigenschaften“ (soft skills) sowie an die
Widerstandsfähigkeit gegen nutzungsinduzierte Belastungen (jegliche Form
der Beanspruchungen, die infolge der Nutzung und/oder durch den Nutzer
auf Bauteile und deren Oberflächen einwirken können). Dies beinhaltet bei-
spielsweise auch Beanspruchungen durch den Wechsel von Tapeten,
Befestigungen, Abrieb, Verschmutzungen und Verschleiß.
Davon unabhängig existieren Ansprüche der Gebäudenutzer – basierend auf
subjektiven Erfahrungen – die weitergehende Anforderungen an bauphysikali-
sche Eigenschaften, Belastbarkeit oder Flexibilität stellen. Ein leistungsfähiges
System erfüllt die gesetzlichen Mindestanforderungen und weist darüber hinaus
Eigenschaften auf, die die Qualität eines Gebäudes für den Nutzer erhöhen.
Weitere bedeutende Kriterien zur Bewertung einer Bauweise sind zum
Beispiel die Bauteildicke, das Gewicht, die Bauzeiten und die nachträgliche
Adaption veränderter Anforderungen. Diese Eigenschaften unterliegen kei-
nen direkten gesetzlichen Anforderungen. Trotzdem kommt ihnen große
Bedeutung bei der Auswahl einer Bauweise zu, da sie in direktem Zusam-
menhang zu den Baukosten, der Effizienz und der Wirtschaftlichkeit eines
Gebäudes stehen.
Technische und bauphysikalische Kriterien
Konstruktiv unterscheiden sich Bauteile in Leichtbauweise grundlegend von
Massivbauteilen, was entsprechend andere bauphysikalische Eigenschaften
und ein differentes bauphysikalisches Verhalten bedingt. Die leichtbauspe-
zifischen Eigenschaften müssen verstanden werden, wenn die hohe
Leistungsfähigkeit der Bauweise ausgeschöpft werden soll. Das Ergebnis ist
ein sehr wirtschaftliches, qualitativ hochwertiges Gebäude mit überlegenen
technischen und bauphysikalischen Eigenschaften.
Grundlegende Unterschiede zwischen Leicht- und Massivbauteilen
Leichtbauweisen sind in besonderem Maße geeignet, kombinierte bauphysi-
kalische Anforderungen wie Schall- und Brandschutz, Feuchte- und Wärme-
schutz zu erfüllen. Je nach Wahl des Systems, der Unterkonstruktion, der
Dämmstoffe und der Plattenwerkstoffe, können die geforderten bauphysikali-
schen Eigenschaften durch eine Vielzahl von Konstruktionen erreicht werden.
Durch den zusammengesetzten Aufbau kann durch Ändern oder Hinzufügen
eines Elementes, zum Beispiel einer weiteren Plattenbekleidung oder eines
anderen Plattenwerkstoffes, eine verbesserte bauphysikalische Eigenschaft
erreicht werden.
Leichtbausysteme können additiv zu bestehenden Konstruktionen eingesetzt
werden, um deren Eigenschaften gezielt zu verbessern. Dies ist von beson-
derer Bedeutung bei Bauaufgaben der Nachverdichtung (Aufstockungen,
Erweiterungen, Anbauten) und Veränderung bestehender Gebäude. Durch
das geringe Gewicht können lastabtragende Bauteile, im Vergleich zu einem
Ausbau mit massiven Systemen, wirtschaftlicher bemessen werden. Eine
deutliche Massenreduzierung bei gleichzeitig besseren Schall- und
Wärmeschutzeigenschaften lässt sich vor allem im Bereich Wandsysteme
(Trennwände, Außenwände und Fassade) erzielen.
Behaglichkeitskriterien, Behaglichkeit im Leichtbau
Unter Behaglichkeit versteht man den Zustand des Wohlbefindens, der
sich in Bezug auf das Klima eines Raumes bei einer den Raum nutzenden
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
8
Bauteil in Leichtbauweise Bauteil in Massivbauweise
Inhomogenes, zusammengesetztes, mehr-
schaliges Bauteil geringer Masse.
Bauteil ist als System zu betrachten, das
aus unterschiedlichen Baustoffen trocken
montiert wird.
Die bauphysikalischen und statischen
Eigenschaften sind Systemeigenschaften,
sie werden vom Aufbau des Bauteils, der
Anschlussausbildung und den eingesetzten
Baustoffen bestimmt.
Homogenes, monolithisches
Bauteil mittlerer bis hoher Masse.
Singuläres Bauteil vereinigt alle
Funktionen.
Masse, bauphysikalische und
statische Eigenschaften des
Bauteils werden von den einge-
setzten Baustoffen (Rohdichte)
und deren Dicke bestimmt.
Bauphysikalische Verbesserun-
gen der Eigenschaften erfolgen
additiv.
Leichtbauweisen erfüllen
kombinierte Anforderungen
Leichtbausysteme können additiv
eingesetzt werden
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
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Kriterien der Behaglichkeit
Person einstellt. Die auf die Behaglichkeit einwirkenden Faktoren sind
einerseits physikalisch erfassbar und messbar (Lufttemperatur, Tempe-
raturen der Bauteiloberflächen, Feuchtigkeit, Bewegungsgeschwindigkeit
der Luft u.s.w.), andererseits aber auch von der Tätigkeit der Person
abhängig. Behaglichkeit in einem Aufenthaltsraum bedeutet maßgeblich
ausgeglichene Temperaturen sowohl im Winter als auch im Sommer, eine
relative Luftfeuchte im mittleren Bereich, keine oder nur geringe Luftbe-
wegungen ohne Zugerscheinungen sowie eine hygienisch gute Luftqua-
lität. Die Behaglichkeitsanforderungen decken sich damit im Wesentlichen
mit den hygienischen Anforderungen. Einflussgrößen auf die Einstellung
eines behaglichen Raumklimas sind weiterhin das verwendete Heizungs-
system (z. B. Flächenheizungssysteme), der Dämmstandard, das Lüftungs-
system und die Lüftungsgewohnheiten. Unterstützt wird ein gutes Raum-
klima durch die Verwendung von ausreichend „klimatisierenden“, d. h.
wärmespeichernden und feuchtepuffernden (sorptiven) Oberflächenmate-
rialien, wie Gipsplatten und Holzwerkstoffe. Im Nachfolgenden werden die
Kriterien der Behaglichkeit von Gebäuden im Bezug auf den Leichtbau am
Stand von Wissenschaft und Technik aufgezeigt.
1.1 Wärmeschutz
1.1.1 Wärmedämmung Die Bedeutung des Wärmeschutzes hat im Laufe der letzten Jahrzehnte
erheblich zugenommen. Die gesetzlichen Anforderungen sind seit den
1970er Jahren mehrmals angehoben worden. Ziel des Wärmeschutzes ist
es, ein behagliches Raumklima sicherzustellen, die Baukonstruktion vor
Bauschäden zu bewahren, den Verbrauch von Energie zur Beheizung zu
reduzieren und nichtregenerierbare Ressourcen zu schonen.
In Österreich macht der Heizwärmebedarf ca. ein Drittel des gesamten
Nutzenergiebedarfs aus. Hier liegt ein großes Potential zum Steigern der
Energieeffizienz, zum Senken des CO2-Ausstoßes und der Heizkosten.
Durch die Reduktion der Transmissionsverluste über die Gebäudeaußen-
hülle lässt sich der durchschnittliche Heizwärmebedarf im Neubau zumin-
dest um 90 %, im gesamten Gebäudebestand Österreichs langfristig um
bis zu zwei Drittel senken. Damit wäre der heutige Standard für Neubauten
um rund die Hälfte unterschritten.
Der Wärmeschutz eines Gebäudes ist primär abhängig vom mittleren
Wärmedurchlasswiderstand der Gebäudehülle (Transmissionsverluste),
der Luftdichtheit (Konvektionsverluste) und der Anordnung und Eigen-
schaften der transparenten Gebäudehüllflächen (Wärmestrahlungs-
verluste). Der Wärmedurchlasswiderstand von Bauteilen kann durch die
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
10
Ziele des Wärmeschutzes
Reduktion der
Transmissionsverluste
im Neubau um 90 %
Ziele des baulichen Wärme- und
FeuchteschutzesSchutz der Baukonstruktion
Verminderung von Schadstoffemissionen
Schonung der Ressourcen
Senkung der Betriebskosten
Gewährleistung hygienischer und behaglicher
Wohnverhältnisse
Abbildung 1.1.1: Ziele des baulichen Wärmeschutzes
´
Wärmeleitfähigkeit von Baustoffen
als wesentliche Ausgangsgröße
´
Wärmedämmung bei
Leichtbauweisen integrativ
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
11
Dämmstoff
Nadelholz
Porenleichtbeton
Leichthochlochziegel
Hochlochziegel
Kalksandstein
Beton
18 mm
Abbildung 1.1.2: Äquivalente Bauteildicken bei gleichen Dämmeigenschaften.Zugrunde gelegte Wärmeleitfähigkeit in (W/m.K): Dämmstoff 0,035; Nadelholz 0,13; Porenleichtbeton 0,20;Leichthochlochziegel 0,33; Hochlochziegel 0,58; Kalksandstein 0,70; Beton 2,1.
Wahl geeigneter Baustoffe und deren vorteilhafte Schichtung optimiert
werden.
Die Wärmeleitung eines Baustoffes wird beschrieben durch die
Wärmeleitfähigkeit � in W/m.K. Die Wärmeleitfähigkeit ist die wesentliche
Ausgangsgröße für wärmeschutztechnische Berechnungen, den Wärme-
durchlasswiderstand und für die Bewertung der wärmeschutztechnischen
Qualität eines Materials. Ein Baustoff mit hoher Dichte, geringem
Porenanteil und geschlossenem Gefüge ist ein guter Wärmeleiter. Zur
Orientierung über die Größenordnung der Wärmeleitzahlen von Bau-
stoffen dienen folgende �-Werte: Gute Wärmeleiter, wie z. B. Metalle,
besitzen eine Wärmeleitfähigkeit größer 10 (W/m.K). Dichte Natur- und
Kunststeine haben eine Wärmeleitfähigkeit zwischen 1,0 und 6,0 (W/m.K).
Die Mehrzahl der gängigen Baustoffe besitzen eine Wärmeleitfähigkeit
zwischen 0,1 und 1,0 (W/m.K). Wärmedämmstoffe haben Wärmeleitfähig-
keiten in der Größenordnung von 0,040 bis 0,025 (W/m.K).
Die Wärmedämmung in Leichtbauweisen erfolgt in der Regel „integrativ“, das
bedeutet beispielsweise im Holzbau eine Dämmebene liegt in der Ebene der
tragenden Holzrahmenkonstruktion. Im Gegensatz erfolgt die Wärmedäm-
mung bei Massivbauweisen „additiv“, das bedeutet sie muss zusätzlich auf
der Mauerwerkswand oder Stahlbetonwand angeordnet werden. Daher sind
zur Erfüllung der Wärmeschutzanforderungen im Leichtbau geringere
Wanddicken als im Massivbau notwendig.
60 mm
100 mm
165 mm
290 mm
350 mm
1050 mm
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
12
Niedrigenergiehaus schon heute
Standard
Das Niedrigenergiehaus gehört heute gerade im Holzbau zum baulichen
Standard. Der erhöhte Wärmeschutz bewirkt die Verringerung der Trans-
missionswärmeverluste und damit Heizenergieeinsparungen sowie höhere
raumseitige Oberflächentemperaturen der Außenwände, wodurch ein behag-
liches Raumklima erreicht wird.
1972
U-Wert 0,54 W/m2K
1982
U-Wert 0,28 W/m2K
1992
U-Wert 0,28 W/m2K
2002
U-Wert 0,18 W/m2K
Passivhaus
U-Wert 0,10 W/m2K
Abbildung 1.1.3: Entwicklung von durchschnittlichen Außenwänden im Holzrahmenbauim Laufe von 30 Jahren (in Anlehnung an Winter/Kehl 2003)
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
13
Die Entwicklung der durchschnittlichen U-Werte von Außenwänden verdeut-
licht, dass die gesetzlichen Anforderungen für in Holzbauweise errichtete
Bauwerke schon immer einfach zu erfüllen waren. Gleiche Entwicklungen
und Standards sind auch bei Dächern und Decken zu unbeheizten Dach-
geschossen zu verzeichnen. Die Eigenschaften des guten Wärmeschutz-
verhaltens erfolgt durch das „integrative“ Dämmkonzept mit einem geringen
Flächenverbrauch der Konstruktion. In einem Einfamilienhaus mit ca. 150 m2
Wohnfläche und einem U-Wert der Außenwände von 0,25 W/(m2K) ergibt sich
im Vergleich zu Massivbauweisen ein Flächengewinn von ca. 10 m2 (Massiv-
bau: 240 mm Mauerwerk mit 140 mm WDVS).
In der nachfolgenden Tabelle sind die Dicke, der U-Wert, und das Gewicht
verschiedener tragender Außenwandkonstruktionen dargestellt. Zudem sind
die Kosten (Stand 11/2006) zueinander ins Verhältnis gesetzt. Neben dem
vergleichsweise niedrigen Primärenergiegehalt der Holzbauwände ist der
günstige U-Wert dieser Konstruktionen durch den dadurch bedingten gerin-
geren Heizenergieverbrauch ein weiterer ökologischer Vorteil.
1,60
1,40
1,20
1,00
0,80
0,60
0,40
0,20
0,00
1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000
U-Wert Holztafelbau U-Wert Ziegelbau einschließlich WDVS
U-Wert KS-Steineinschließlich WDVS
Abbildung 1.1.4: Entwicklung des Wärmeschutzes von Holztafel-, einschaligen Ziegel- und Kalksandsteinaußenwänden
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
14
Außenwand- Schichtenaufbau Dicke Rohdichte U-Wert Kostenkonstruktion [cm] [kg/m3] [W/m2K] [%]
Gewicht[kg/m2]
HOLZKONSTRUKTION
Stülpschalung, Lärche 2,00 600
Unterkonstruktion 2,50 600
Holzweichfaserplatte 2,50 300
Holzständer,Mineralwolledämmung 20,00 50
Holzwerkstoffplatte, Dampfbremse 2,00 700
Gipsbauplatte 1,25 900
Dispersionsfarbe - -
30,25 62 0,19 100
HOLZKONSTRUKTION
Außenputz (armiert, mineralisch) 1,00 1800
Mineralwolle 8,00 85
Holzweichfaserplatte 2,00 300
Holzständer, Mineralwolledämmung 18,00 50
Holzwerkstoffplatte, Dampfbremse 2,00 700
Mineralwolle 4,00 50
Gipskartonplatte 1,25 900
36,25 71 0,10 144
EINSCHALIGE
MAUERWERKSKONSTRUKTION
Außenputz (armiert, mineralisch) 2,00 1800
Porenbeton-Planblock GWP 2/0,5 36,50 500
Innenputz 1,50 1200
40,00 232 0,40 98
MAUERWERK MIT WDVS
Außenputz (armiert, mineralisch) 0,70 1100
Mineralwolle 8,00 85
Ansetzmörtel 0,50 2000
Ziegel 24,00 1400
Innenputz 1,50 1400
34,70 372 0,40 118
Tabelle 1.1.5: Bauteildicke, U-Wert, Kostenrelation und Primärenergiegehalt verschiedener tragender Außenwandkonstruktionen
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
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Außenwand- Schichtenaufbau Dicke Rohdichte U-Wert Kostenkonstruktion [cm] [kg/m3] [W/m2K] [%]
Gewicht[kg/m2]
MAUERWERK MIT WDVS
Außenputz (armiert, mineralisch) 0,70 1100
Mineralwolle 16,00 85
Ansetzmörtel 0,50 2000
Ziegel 24,00 1400
Innenputz 1,50 1400
42,50 379 0,20 126
MAUERWERK MIT WDVS
Außenputz (armiert, mineralisch) 0,70 1100
Mineralwolle 28,00 85
Ansetzmörtel 0,50 2000
Ziegel 24,00 1400
Innenputz 1,50 1400
54,50 222 0,10 143
ZWEISCHALIGE
MAUERWERKSKONSTRUKTION
Verblendmauerwerk Vmz 1,8 11,50 1800
Luftschicht gem. DIN 1053 4,00 -
Mineralwolleplatte 6,00 100
Hochlochziegel HLz 1,4 24,00 1400
Innenputz 1,50 1200
47,00 520 0,41 170
ZWEISCHALIGE
MAUERWERKSKONSTRUKTION
MIT METALLBEKLEIDUNG
Aluminiumbekleidung 1,50 2750
Luftschicht + Unterkonstruktion 3,50 -
Polyurethan-Hartschaumplatte 6,00 30
Hohlblocksteine Hbl 6 30,00 1000
Innenputz 1,50 1200
42,50 360 0,40 330
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
16
Luftdichtheit der Konstruktion von
enormer Bedeutung
Luftdichtheit als Qualitätskriterium
Bauteil NE-Haus 3-Liter-Haus Passivhaus
U-Wert [W/m2K] U-Wert [W/m2K] U-Wert [W/m2K]
Dach 0,19 0,15 0,10
Außenwand 0,21 0,17 0,10
Kellerdecke 0,29 0,25 0,10
Fenster/Tür 1,40 1,00 0,10
Tabelle 1.1.6: Typische U-Werte verschiedener Holzbauteile zu den einzelnen energetischen Standards.
1.1.2 LuftdichtheitDie Luftdichtheit einer Konstruktion ist für den Wärme-, Schall- und Feuchte-
schutz von Bedeutung. Kenngröße für die Luftdichtheit ist der sogenannte
n50-Wert, der die Anzahl der Luftwechsel des Gebäudevolumens je Stunde
bei 50 Pascal Unter- oder Überdruck angibt. Je kleiner der n50-Wert ist, desto
geringer die Gefahr von Feuchteschäden in Außenbauteilen und desto besser
ist der Wärme-, Schall- und Brandschutz (im Hinblick auf die Rauchdichtheit)
der Konstruktion. Durch die verbesserte Luftdichtheit sinken die Lüftungs-
wärmeverluste durch Leckagen.
Die Messung der Luftdichtheit ist heute ein gängiges Qualitätskriterium.
Untersuchungen zeigen, dass sich die Luftdichtheit von Holzbauten stetig
verbessert hat [Geißler/Hauser 1996] [Hall/Hauser 2003]. Die Luftdichtheits-
Eigenschaften von Gebäuden in Holzbauweise entsprechen denen von
Gebäuden in Massivbauweise.
Der Nachweis der Dichtheit der Gebäudehülle erfolgt durch Messung gemäß
ÖNORM EN 13829. Zur Erfüllung der Anforderung an die Dichtheit dürfen
folgende Grenzwerte nach ÖNORM B 8110-1 für den Luftwechsel bei der
Referenz-Druckdifferenz �p = 50 Pa nicht überschritten werden:
Niedrigenergie-Gebäude:
n50 < 3 1/h bzw. n50 < 1,5 1/h (bei mechanischer Lüftung)
Niedrigstenergie-Gebäude:
n50 < 0,6 1/h (bei Wärmerückgewinnung aus der Abluft)
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
17
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0,0-
0,5
0,5-
1,0
1,0-
1,5
1,5-
2,0
2,0-
2,5
2,5-
3,0
3,0+
3,5
3,5-
4,0
4,0-
4,5
4,5-
5,0
Abbildung 1.1.7: Häufigkeitsverteilung gemessener Luftdichtheit (n50-Werte) von 37 Holzhäusern in Holzrahmenbauweise vor
Bezug nach [11].
n50-Wert [h-1]
Häu
figke
it
1.1.3 WärmebrückenSowohl beim Energieverlust als auch bei der Vermeidung niedriger
Oberflächentemperaturen spielen Wärmebrücken eine entscheidende Rolle.
Im Bereich von Eckanschlüssen und Verbindungsstellen (geometrische
Wärmebrücken), Bauteilfugen und Durchdringungen besteht durch Bauteile
oder stehende Luftschichten mit erhöhter Wärmeleitfähigkeit (stoffliche
Wärmebrücken) sowie durch Undichtheiten (konvektive Wärmebrücken) die
Gefahr zusätzlicher Wärmeabflüsse und niedriger, raumseitiger Bauteil-
Oberflächentemperaturen während der Heizperiode. Wärmebrücken verur-
sachen einen höheren Wärmestrom im Bereich der Wärmebrücke gegen-
über dem übrigen Bauteil. Ein erhöhter Heizenergieverbrauch und die Gefahr
der Tauwasserbildung sind die Folgen von Wärmebrücken. Man unter-
scheidet dabei:
Wärmebrückenfreie Konstruktionen
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
18
Drei Arten von Wärmebrücken
Transmissionsverluste über
Wärmebrücken können bis zu
30 % betragen
Je mehr Wärmedämmung, umso
wichtiger die wärmebrückenfreie
Konstruktion
❙ Stoffbedingte (physikalische) Wärmebrücken entstehen durch einen
Wechsel der Wärmeleitfähigkeiten innerhalb einer oder mehrerer Bauteil-
schichten. Liegen bei einem Bauteil Stoffe verschiedener Wärmeleitfähig-
keiten nebeneinander, so bezeichnet man den Bereich der hohen Wärme-
leitfähigkeit als Wärmebrücke. Typische Wärmebrücken dieser Klasse sind
linienförmige Wärmebrücken, zum Beispiel Betonstürze in Mauerwerks-
außenwänden, Stahlträger und Stützen in Außenwänden und punktförmige
Wärmebrücken wie die Dämmebene durchdringende metallische Verbin-
dungsmittel. Als besonders gravierend sind Durchdringungen der Außenhülle
mit Stahl- oder Stahlbetonelementen zu bewerten.
❙ Geometrische Wärmebrücken entstehen, wenn die wärmeaufnehmende
Bauteiloberfläche kleiner ist als die wärmeabgebende Bauteiloberfläche. Bei
den geometrischen Wärmebrücken unterscheidet man wie bei den physikali-
schen Wärmebrücken zwischen
- linienförmigen geometrischen Wärmebrücken wie z. B. Außenwandecken
oder Traufkanten und
- punktförmigen Wärmebrücken, bei denen die Wärmestromlinien, wie bei-
spielsweise in Wand-Decken-Ecken oder bei Kragarmen, in alle drei Raum-
richtungen verzerrt werden.
❙ Konvektive Wärmebrücken entstehen durch Undichtheiten (z. B. Bauteil-
fugen, Durchführung von Installationsleitungen etc.) in raumabschließenden
Bauteilen, durch welche Wärmeenergie und Feuchtigkeit infolge konvektiver
Mitführung von Luft transportiert wird (→ Luftdichtheit).
Die Auswirkungen von Wärmebrücken stehen in unmittelbarem Zusammenhang
mit dem U-Wert der Bauteile. Die Transmissionswärmeverluste über material-
bedingte und geometrische Wärmebrücken können dabei 30 % betragen. Daher
sind Wärmebrücken auch bei der Energiebilanzierung zu beachten. Weiterhin
muss vermieden werden, dass im Bereich von Wärmebrücken die Oberflächen-
temperatur unter 12,6 °C absinkt. Hierbei wird der Entstehung von Schimmel-
pilzen vorgebeugt. Optimale Wachstumsbedingungen finden Schimmelpilze
bereits bei einer relativen Luftfeuchte von 80 % vor.
Die Begrenzung und Vermeidung von Wärmebrücken stellt nach den langjäh-
rigen Erfahrungen und wissenschaftlichen Untersuchungen [10] im Holzbau
kein Problem dar. Bei raumüblichen Temperaturen und Feuchtigkeiten gibt es
in Holzgebäuden kein Tauwasser an Innenoberflächen. Mit zunehmendem
Dämmstandard (z. B. Passivhaus-Standard) nimmt die Bedeutung von Wärme-
brücken im Hinblick auf die Transmissionsverluste zu. Bei einem Passivhaus ist
es von besonderer Bedeutung, die Wärmebrückenwirkung des statisch notwen-
digen Holzanteils in der Wand- und Dachkonstruktion zu reduzieren.
Bei der Leichtbauweise hat sich gezeigt, dass unter Beachtung konstruktiver
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
19
Möglichkeiten der wärmebrücken-
freien Bauweise
Maßnahmen bei fachgerechter Wahl der Bauteilaufbauten und der Anschlüs-
se erreicht werden kann, dass die mit dem Außenmaß bestimmten Trans-
missionswärmeverluste alle Wärmebrückenverluste bereits enthalten. Ist
dies der Fall, dann liegt definitionsgemäß eine im Ganzen „wärmebrücken-
freie Konstruktion“ im Leichtbau vor. In diesem Fall kann die explizite
Berücksichtigung von Wärmebrücken entfallen.
Als Kriterium des „wärmebrückenfreien Konstruierens“ hat sich die Anforderung
�a
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
20
Abbildung 1.1.10: Exemplarische Isothermenverläufe hochgedämmter Außenwände in Holzbauweise (Außenwandecke undGebäudetrennwand). Die raumseitige Oberflächentemperatur ist an keiner Stelle niedriger als 18,6 °C bei Innenraumtemperaturenvon 20,0 °C und Außentemperaturen von –10 °C.
Abbildung 1.1.11: Vergleich von Anschlüssen eines Passivhauses, Anschluss Außenwand an Keller
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
21
1. Massivbau (d = 51,50 cm)
A Außenwand Lambda Rt-Wert
1 Deckschicht des WDVS
2 30,0 Wärmedämmverbundsystem mit EPS-F 0,040 7,500
3 20,0 Wandbildner mit einem Lambda von 0,350 0,571
4 1,5 Innenputz 0,870
0,017
Summe Wärmedurchlasswiderstände 8,088
Wärmeübergangswiderstände 0,170
Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert) 0,121
1. Holzbau (d = 44,10 cm)
A Außenwand Lambda Rt-Wert
1 Deckschicht des WDVS
2 12,5 Holzwolle-Mehrschichtdämmung 0,044 2,841
3 1,6 Holzwerkstoffplatte, diffusionsoffen 0,290 0,055
4 Box-Träger, außen 6 x 4 cm, innen 6 x 12 cm, Achsabstand 62,5 cm
5 22,0 Wärmedämmung MW-W zwischen Trägern 91,00 % 0,039 5,133
6 1,5 Holzwerkstoffplatte als luftdichte Ebene 0,290 0,052
7 5,0 HW-Leichtbauplatte als gedämmte Installationsebene 0,090 0,556
8 1,5 Innenputz 0,870 0,017
Summe Wärmedurchlasswiderstände 8,654
Wärmeübergangswiderstände 0,170
Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert) 0,113
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
22
Schutz vor sommerlicher
Überwärmung
Große Speichermassen sind bei gut
gedämmten Häusern kein Schutz
1.1.4 Wärmespeicherung und Klimastabilität, sommerlicher Wärmeschutz
Neben dem winterlichen ist der sommerliche Wärmeschutz für die Behag-
lichkeit in Gebäuden von hoher Bedeutung. Im Sommer kann es durch von
außen kommenden Wärmeenergieeintrag zu erhöhten Wärmelasten in
Räumen kommen. Da oftmals mit dem sommerlichen Wärmeschutz fälschli-
cherweise primär Speichermassen assoziiert werden, wird das physikalische
Verhalten von Leichtbaukonstruktionen nachfolgend beschrieben.
Dabei werden die Innenraumtemperaturen im Sommer von vielen Randbe-
dingungen beeinflusst. Die Wärmedämmung der Gebäudehülle, die Speicher-
massen, die Nachtlüftung, aber vor allem die Verschattungen sind die maßge-
benden Faktoren. Die Temperaturverhältnisse unter einem hochgedämmten
Dach sind zum Beispiel mit den überhitzten Wohnräumen unter alten Dächern
mit geringer Dachdämmung nicht vergleichbar. Auch ohne direkte Sonnen-
bestrahlung können also die Bauteile aus diffuser und reflektierter Strahlung
erhebliche Wärmemengen empfangen. Die Temperaturerhöhung der Raum-
luft in Gebäuden wird von folgenden Größen bestimmt:
❙ Gesamtenergiedurchlassgrad der Verglasung (g-Wert)
❙ Größe und Orientierung der Fenster
❙ Sonnenschutz der Fenster (z. B. Markisen, Jalousien, Sonnenschutzver-
glasung)
❙ Lüftungsmöglichkeiten des Raumes, insbesondere Nachtlüftung
❙ Wärmespeicherfähigkeit der Bauteile (auch der der innen liegenden Bauteile)
❙ Temperaturleitzahl der Baustoffe in Außenbauteilen
❙ Phasenverschiebungsverhalten der Außenbauteile
Häufig werden große Speichermassen als Kennzeichen für energiesparen-
des Bauen aufgeführt. Dies ist, zumindest für gut gedämmte Häuser, irrefüh-
rend. Die Untersuchungen [Hauser/Künzel 1987] haben bereits 1987 gezeigt,
dass sich bei gedämmten Holzhäusern mit U-Werten der Außenwand von
ca. 0,46 W/(m2·K) und normaler Verschattung eine nur um 1,5 K höhere
Temperatur gegenüber der Innenraumtemperatur in einem vergleichbaren
Massivbau einstellt. Konstruktionen mit so geringen U-Werten gibt es im
Holzrahmenbau nicht.
Moderne Holzhäuser verfügen über einen verbesserten Wärmeschutz sowie
ausreichende Speichermassen, um einen komfortablen sommerlichen
Wärmeschutz zu gewährleisten. Estriche, Einbauten, Gipsbauplatten und
massive Holzbauteile reichen aus, um die erforderlichen Behaglichkeiten
im Sommer sicherzustellen.
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
23
Eine geringere Wärmespeicherfähigkeit, wie dies bei Leichtbauweisen
gegenüber schweren Massivbauweisen der Fall ist, kann in Grenzen durch
einen erhöhten Wärmeschutz kompensiert werden. Bei Massivwänden ist im
Tag/Nachtrhythmus ohnehin nur eine Schicht von ca. 6 bis 10 cm speicher-
aktiv [RWE-Handbuch], und zwar mit abnehmendem Temperaturniveau von
der Oberfläche ins Wandinnere. Bei den geringen Temperaturunterschieden
zwischen Tag und Nacht in gut gedämmten Häusern halten sich die
Speichermöglichkeiten zusätzlich in Grenzen und werden überschätzt, vor
allem, wenn man zusätzlich die Einrichtung des Gebäudes (Mobiliar, Trep-
pen, Estriche u.s.w.) in die Betrachtung einbezieht. Weiterhin können große
Wandschränke, dicke Teppiche oder abgehängte Decken mit Dämm-
stoffauflagen die Wärmespeicherungsfähigkeit dahinter liegender massiver
Bauteile erheblich reduzieren.
Material Wärmespeicherkapazität [J/kg K]
Abbildung 1.1.12: Wärmespeicherkapazität in J/kg K verschiedener Natur- und Baustoffe
Wasser
Nadelholz
Kork, lose Zellulosefasern
Pflanzliche Fasern, Textilfasern, HolzwolleLeichtbauplatten
Polystyrol- und Polyuretan-Dämmstoffe
Luft
Anorganische Bau- und Dämmstoffe
Normalbeton
Mineralfaser
Aluminium
Sonstige Metalle
4200
2100
1600
1500
1480
1000
1000
1000
830
800
400
Speichermöglichkeiten vielfach
überschätzt
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
24
Abbildung 1.1.13: Speicherwirkung von Wänden in Abhängigkeit vom Wandaufbau1. Monolithisch gedämmte Wände
Die Wärmespeicherfähigkeit monolithischer Wände ist auf die ersten 8–10 cm begrenzt. Die theoretische Speicherkapazitätkann nicht genutzt werden.
2. Außengedämmte Wand3. Kerngedämmte Wand
Die Speicherfähigkeit wird maßgeblich durch die Lage der Dämmschicht bestimmt. Speicheraktiv ist nur der Bereich vor derDämmebene.
4. Innengedämmte WandRaumseitige Dämmschichten begrenzen die Speicherfähigkeit auf die raumseitige Bekleidungsschicht, ermöglichen jedoch eineschnelle Temperierung des Raumes.
5. Gefachgedämmte WandDie Speicherfähigkeit solcher Wände wird maßgeblich durch die raumseitigen Plattenwerkstoffe und durch die Ständer (Materialund Ständeranteil) bestimmt.
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
25
Weist ein Bauteil Wärmedämmschichten auf, so werden naturgemäß nur jene
Schichten zur Speicherfähigkeit beitragen, die zwischen beheiztem Innen-
raum und der Dämmschicht angeordnet sind. Eine außen liegende Dämm-
schicht einer Außenwand vergrößert beispielsweise die Wärmespeicher-
fähigkeit und dient dem Temperaturausgleich im Inneren, verringert aber die
Aufheizgeschwindigkeit temporär genutzter Räume. Eine innen liegende
Dämmschicht verringert zwar die Speicherkapazität, ermöglicht aber eine
raschere Temperierung der Räume und erzeugt höhere Innenoberflächen-
temperaturen.
Auch in massiven Gebäuden mit abgehängten Deckensystemen oder
schwimmenden Estrichen lassen sich die Speichermassen der Rohbau-
konstruktion nur in geringem Umfang aktivieren. Der Verzicht auf abge-
hängte Decken, z. B. durch Bauteilaktivierungssysteme, bedeutet Ein-
schränkungen in der Raumakustik durch die schallharten Betonoberflächen
sowie eine eingeschränkte konstruktive und gestalterische Veränderbarkeit
der Unterdecke. Flächenbündige Beleuchtungssysteme müssen vorab mit
einbetoniert werden und wirken dann als Restriktion bei nachträglichen
Raumveränderungen. Abgependelte Leuchtensysteme orientieren sich an
den Stromauslässen in der Rohdecke, um eine gestalterisch unbefriedigende
Elektroinstallation über die Deckenfläche zu verhindern. Additive funktionale
Unterdeckenelemente sowie die Nachintegration von gebäudetechnischen
Elementen sind unter speicheraktiven sichtbaren Rohdeckensystemen nur
begrenzt und unbefriedigend möglich.
Beim Auskühlen spielt das Verhältnis der Wärmespeicherfähigkeit Q zur
Wärmedurchlasszahl � eine Rolle. Je größer der Wert Q'/� ist, desto länger
dauert die Auskühlung. Bei geschichteten Wandaufbauten wird die Aus-
kühlung verzögert, wenn die Wärmedämmschicht an der äußeren Wand-
oberfläche angeordnet wird.
Bei Gebäuden mit großer Masse (Massivbauweise) und trägem Heizungs-
system wird eine Veränderung der gewünschten Temperatur erst mit größe-
rer zeitlicher Verzögerung erreicht. So entstehen in Massivhäusern häufig
„Wärmeüberhänge“, wenn die Nutzer die Wärme nicht mehr benötigen. Die
Bauteile geben verzögert über einen längeren Zeitraum die aufgenommene
Wärme, vorwiegend über Wärmestrahlung, an die Innenräume ab. Gerade
bei Gebäuden mit temporärer Nutzung, z. B. durch Berufstätigkeit nicht kon-
tinuierlich genutzten Wohnungen, wird Heizenergie in der Anheizphase auf
diese Weise nutzlos aufgewendet. Bauwerke mit geringer Masse und gleich-
zeitig geringen Aufheizzeiten („flinke Heizungssysteme“) lassen sich in kurzer
Zeit auf die gewünschte Raumtemperatur einstellen.
Entscheidend ist, wo die
Wärmedämmung angebracht wird
Auskühlen von Gebäuden
Zeitverzögerung bei der
Wärmeaufnahme und
Wärmeabgabe berücksichtigen
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
26
Als grundsätzliches Planungskriterium muss die Wärmeenergie am
Eindringen gehindert und eingedrungene Wärmeenergie wieder abgeführt
werden. Entscheidend für das Aufheizen ist primär der Anteil transparenter
Bauteile (z. B. Verglasungen) und deren Ausrichtung. Ein wesentlicher Ein-
flussfaktor unabhängig von der Bauweise – ob Massiv- und Holzbau – ist der
Sonnenschutz der süd- und westorientierten verglasten Flächen, da die direk-
te Sonneneinstrahlung unabhängig von der Bauweise die primäre Quelle der
Wärmelasten darstellt.
Mit steigendem Wärmeschutzniveau sinken die Sommertemperaturen im
Raum auf ein behagliches Maß. Die Simulation eines Einfamilienhauses
zeigt, dass bei zunehmendem Wärmeschutz die Temperaturüberschreitun-
gen immer seltener und schwächer ausfallen (Tab. 4, Hauser 2001). Auch
gesammelte Bewohnererfahrungen zeigen, dass die Behaglichkeit und das
Raumklima in Holzgebäuden auch im Sommer durchweg positiv beurteilt
werden [Bayern 2001].
Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchungen zeigen, dass der
sommerliche Wärmeschutz nur bedingt mit der Speicherfähigkeit der Bauteile
gleichgesetzt werden kann. Die in der Praxis üblichen Nachweisverfahren
sind dabei nicht auf geschichtete Leichtbauweisen zu übertragen, da sich bei
einer Veränderung der Schichtenfolge das gleiche Temperaturamplituden-
verhältnis ergibt. Untersuchungen zeigen, dass intelligent geschichtete Bau-
teile in Leichtbauweise die geringere Masse kompensieren.
Es zeigt sich, dass zur Optimierung des sommerlichen Wärmeschutzes von
Außenbauteilen bei außen liegenden Schichten, d. h. der Dämmstoffe, die Wär-
meleitfähigkeit und bei den innen liegenden Schichten, z. B. Gipsplatten, die
Wärmespeicherfähigkeit eine wichtige Rolle spielt. Die Wärmespeicherfähigkeit
einer Schicht hat also von innen nur bis zu einer bestimmten materialabhängi-
gen Grenzdicke einen Einfluss auf die Temperaturdämpfung, darüber hinaus
spielt die Wärmespeicherfähigkeit einer Materialschicht keine Rolle mehr.
Richtig konzipierte Außenwände und Dachkonstruktionen in Leichtbauweise
führen somit nicht zum Aufheizen des Gebäudes. Durch die richtige Schich-
tenanordnung der Funktionselemente an der Außenwand ist hinsichtlich des
sommerlichen Wärmeschutzes mit den derzeit möglichen Regelausfüh-
rungen wie auch in Massivbauten ein entsprechendes Wohnklima zu erhal-
ten. Im Durchschnitt liegen die Temperaturen um 0,6 bis 1,2 °C über den
Werten von Massivbauwerken. Von weit entscheidender Bedeutung für das
Raumklima sind die Orientierung, Größe und energetische Qualität sowie
Verschattungsmöglichkeiten von Fensterflächen. Schon durch die solare
Einstrahlung einer kleinen Glasfläche von ca. 2,5 m2 sind die erwarteten
Bauteileffekte messtechnisch nicht mehr erkennbar.
Wesentlich ist der Anteil
transparenter Bauteile
Intelligente Schichtung von
Bauteilen in Leichtbauweise
kompensiert geringe Masse
Bedeutsamer als Bauweise sind
Orientierung, Größe, energetische
Qualität und Verschattungs-
möglichkeiten von Fensterflächen
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
27
Die Prioritäten in der Planung sind in der Reihenfolge der Wichtigkeit folgen-
der Einflüsse zu setzen:
❙ Größe der möglichen Einstrahlungsintensität (durch Glasflächen) in den
Raum reduzieren (Raumgeometrie, Entwurf, Verschattungsmaßnahmen)
❙ Größe der Heiz- und Kühlquellen im Raum optimieren (interne Wärme-
quellen im Sommer minimieren, Einsatz kombinierter Heiz-Kühlsysteme)
❙ Größe der Luftwechselzahl in Verbindung mit der Außenluft auf die Innen-/
Außenklimaverhältnisse anpassen (→ Nachtlüftung)
❙ Größe der Wärmedurchgangszahl und der Speicherfähigkeit in Verbindung mit
der Strahlungstemperatur durch die richtige Bauteilschichtung optimieren
Die sachgerechte Entscheidung für eine Bauart wird durch eine Vielzahl von
Gesichtspunkten bestimmt, u. a. Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit, Integra-
tion von Installationen und die Veränderbarkeit, dass sich die Bauweise an
sich ändernde Nutzungsbedürfnisse anpasst. Bei der Entscheidung für eine
Leicht- oder Massivbauweise spielt die Frage des sommerlichen Wärme-
schutzes keine Rolle.
Wärmespeichern ohne Masse im Leichtbau
Bei der Raumkonditionierung leichter Gebäude mit einer geringen flächen-
bezogenen Masse eignen sich im Besonderen Strategien in Kombination mit
dem Einsatz von Latentwärmespeichermaterialien (PCMs).
Das Funktionsprinzip eines PCM basiert auf der Ausnutzung seines
Phasenwechsels: Wird einem festen PCM Wärme zugeführt, so ändert die-
ser bei Erreichen der Schmelztemperatur seinen Aggregatzustand von fest
zu flüssig. Dabei wird Wärmeenergie aufgenommen und der Raumumgebung
entzogen, die dann dem Raum zur weiteren Erwärmung nicht mehr zur
Verfügung steht. Im umgekehrten Phasenwechsel von flüssig zu fest wird die
eingespeicherte Wärme wieder abgegeben. Der Phasenwechsel verläuft bei
nahezu konstanter Temperatur. Damit besteht die Möglichkeit große
Energiemengen bei gleich bleibender Temperatur zu speichern, Temperatur-
amplituden zu glätten und Wärmespitzen zu verhindern.
Prioritäten in der Planung
Einsatz von Latentwärmespeichern
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
28
Der Vorteil der Speicherung beim Phasenübergang liegt in einer um etwa
10- bis 20-fach größeren Speicherdichte im Vergleich zu konventionellen
Wärmespeichern über „Masse“ von Wänden und Decken im Massivbau
sowie der Einspeicherung bei konstanter Temperatur. Die hohe Speicher-
dichte reduziert das notwendige Speichermaterial und erhöht die Spei-
cherleistung, da die Eindringtiefe um ein Vielfaches geringer ist. So kann das
thermische Verhalten insbesondere im Holzbau im Sommer wesentlich ver-
bessert werden. Die eingespeicherte Wärmeenergie muss wieder entladen
werden, beispielsweise durch Nachtlüftung. In der Praxis ersetzt ein
Dämmstoff oder eine Gipskartonplatte, die mit PCMs versetzt sind, die
Speicherfähigkeit einer Mauerwerks- oder Betonwand.
Das zurzeit attraktivste Einsatzgebiet von Latentwärmespeichermaterialien
ist der Bereich der passiven Klimatisierung von Gebäuden. Durch den
Einsatz von PCM scheint hier eine Reduktion des Primärenergiebedarfes in
Gebäuden in Leichtbauweise theoretisch in einer Größenordnung von 80 %,
praktisch und zeitnah in einer Größenordnung von 65 % möglich und auch
wirtschaftlich.
Abbildung 1.1.14: Wirkprinzip von Latentwärmespeichermaterialien
Äquivalente Speicherkapazitäten von 5700 kJ (Temperaturerhöhung um 10 °C)
24 cm 33 cm 37 cm 2 cm
Beton Mauerwerk Holz PCM
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
29
Vor allem in leichten Gebäuden mit einer geringen Speichermasse wird das
Wärmeklima in den Behaglichkeitsbereich verschoben und die Temperaturen
um bis zu 6 K reduziert. Sinken die Raumlufttemperaturen unter den PCM-
spezifischen Schmelzbereich (in der Regel zwischen 21 und 23 °C) beginnt
der Verfestigungsprozess bei Paraffinen und bei Salzhydraten der Kristal-
lisationsprozess. Dabei wird die vorher aufgenommene Wärmeenergie an die
Umgebungsluft abgegeben und das PCM regeneriert sich für eine erneute
Energieaufnahme. Die Vorteile des Einsatzes von PCM im Leichtbau gegen-
über konventionellen aktiven Konditionierungssystemen sind weiterhin, dass
keine Zugluft durch Gebläse oder Ventilation und keine Geräuschemissionen
durch Luftströmungen entstehen. Durch den geringen Platzbedarf wird die
Raumnutzung nicht eingeschränkt.
Zu einer effizienten Umsetzung der in den vergangenen Jahren entwickelten
Theorien und Produkte ist es notwendig, die unterschiedlichsten Eigenschaf-
ten von Latentwärmespeichermaterialien, auch im Verbund mit den oberflä-
chennahen Baustoffen und raumauskleidenden Materialien, zu erfassen.
Hierbei sind folgende Kriterien von Bedeutung:
❙ Phasenübergangstemperatur und gespeicherte Wärmemenge
❙ Reproduzierbarkeit des Phasenübergangs
❙ Wärmeleitfähigkeit
Speziell die einheitliche Darstellung der gespeicherten Wärmemenge wurde
seit Jahren international intensiv diskutiert.
Die gespeicherte Wärmemenge wird gewöhnlich als Schmelzenergie bei
einer definierten Schmelztemperatur dargestellt. Dies ist jedoch bei den
meisten PCMs nicht möglich, da sie einen Schmelzbereich in Breite einiger
Kelvin aufweisen, welcher mit den Temperaturänderungen bei Anwendung
zur Gebäudeklimatisierung verglichen werden kann. Die vereinfachte
Annahme eines Schmelzpunktes führt so zu signifikanten Fehlern bei der
Auslegung von Klimatisierungssystemen auf PCM-Basis. Da wurde in einem
ersten Schritt zunächst nach einer technisch ausreichend genauen, aber
auch den Nichtspezialisten verständlichen Methode der Darstellung der
Wärmespeicherfähigkeit gesucht. Die Lösung ergab sich in der Darstellung
als gespeicherte Wärmemenge in festen Temperaturintervallen. Abbil-
dung 1.1.15 zeigt als Beispiel den Vergleich eines typischen PCM mit einem
Material mit einer Wärmekapazität von 2 J/(g·K) jeweils in Intervallen von
einem Kelvin. Aus dieser Grafik lassen sich für beliebige Bereiche der
Anwendungstemperatur die gespeicherten Wärmemengen einfach ablesen.
So würde z. B. im für die Gebäudeklimatisierung wichtigen Temperatur-
bereich von 23,5 °C bis 26,5 °C, obiges PCM 39 J/g speichern, im Vergleich
zu 6 J/g im Falle der sensiblen Wärmespeicherung (Wärmespeicherung
über die Speicherfähigkeit massiver Baustoffe).
PCMs ersetzen Gebläse oder
Ventilatoren; keine Zugluft, keine
Geräusche
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
30
Der Einsatz von PCMs erfolgt zurzeit auf verschiedenste Arten. So erreichen in
abgehängten Deckenkonstruktionen eingelegte Kühlkissen eine mittlere passive
Kühlleistung von 30 Watt/m2. Das entspricht in etwa der Leistung einer Beton-
kernaktivierung. Dabei erweist sich das System als ausgesprochen wirtschaft-
lich. Durch diese Form der passiven Kühlelemente, können die wirtschaftlichen
und ökologischen Nachteile von Klimaanlagen kompensiert werden. Dabei sind
diese Systeme wartungsfrei und erreichen nach derzeitigem technischen Stand
eine durchschnittliche Lebensdauer von über 25 Jahren.
Abbildung 1.1.15: Darstellung der gespeicherten Wärmemenge unabhängig von derWahl des Schmelzpunktes und der Integrationsgrenzen.
Abbildung 1.1.16: Vergleich der Innenraumtemperaturen eines Wohnhauses in Leichtbauweise, bei dem dieInnenraumbekleidungen aus Gipsplatten (GKB) mit und ohne PCM ausgerüstet wurden (Knauf/ZAE).
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
31
Für eine maximale Leistung muss die Wärmeabgabe durch ein natürliches
Nachtlüftungskonzept sichergestellt werden. Dann wird die eingespeicherte
Wärme nachts abgeführt und das PCM steht am Folgetag zur erneuten
Wärmespeicherung in vollem Umfang zur Verfügung. Extreme Wärmelas-
ten, wie beispielsweise direkte Sonneneinstrahlung, können mit PCMs nicht
ausreichend aufgenommen werden. Dies gilt entsprechend auch für massive
Speichermassen.
Die Anwendungen im Leichtbau sind vielfältig. PCMs werden in unterschied-
lichen Formen derzeit eingesetzt. Neben der Integration von mikroverkapsel-
ten Paraffinen in Gipsbauplatten (Gipsfaserplatten und Gipskartonplatten) für
Wandbekleidung, Unterdeckensysteme und Trockenestrichsysteme werden
derzeit weitere Formen der Verkapselung entwickelt sowie als Additive für
nahezu alle Baustoffe eingesetzt.
PCM in Kombination mit
Nachtlüftungskonzept
Vielfältige Anwendung von PCM
im Leichtbau
Abbildung 1.1.17: Einsatzbereich von PCM im Holzbau mit mikroverkapselten Paraffinen in Gipsplatten.
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
32
1.1.5 Richtlinie 2002/91/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über die Gesamtenergie-effizienz von Gebäuden
In Bezug auf die nachhaltige Entwicklung im Bereich Energie hat sich die
europäische Gemeinschaft in Erkenntnis der Notwendigkeit einer ressourcen-
und energieeffizienten Politik folgende Ziele gesetzt:
❙ EU-Staaten müssen energieeffizienter werden: Sicherheit der Energie-
versorgung (ausländische Abhängigkeit bei 70 %) bis 2030
❙ Verbesserung der Energieeffizienz und Senkung der Energieintensität um
einen Prozentpunkt pro Jahr (Aktionsplan zur Verbesserung der Energie-
effizienz)
❙ EU Gebäuderichtlinie EPBD
Die EU Gebäuderichtlinie (Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von
Gebäuden/Energy Performance Buildings Directive EPBD) ist mit der gesetz-
lich bindenden Ausweisung von Energiekennzahlen ein bedeutender Ansatz
auf dem Weg zum energieeffizienten Bauen. Die Anforderung sind auf natio-
naler Ebene genau definiert und umfassen:
❙ Heizwärmebedarf
❙ Wirkungsgrad der Heizungsanlage
❙ Kühlwärmebedarf
❙ Wirkungsgrad allfälliger Klimaanlage
❙ Energiebedarf (optional)
❙ Primärenergiebedarf (optional)
❙ Verpflichtende regelmäßige Begutachtung von Heizkesseln und
Klimaanlagen
Weiterhin sind Vorschläge für Verbesserungen vorgesehen sowie die
Sensibilisierung des öffentlichen Bewusstseins für die Energieeinsparung im
Bauwesen, wie z. B. das „1,5 Liter-Haus“ bzw. der „Passivhausstandard“
(1,5 Liter Heizöl entsprechen etwa 15 kWh/m2/a). Diese werden in Österreich
zum Beispiel im Rahmen des klima:aktiv Programms des Lebensmittel-
ministeriums besonders gefördert.
Die geforderten Ziele lassen sich insbesondere mit der Leichtbauweise ver-
wirklichen. Sie bietet die Möglichkeit sehr gute Wärmedämmung und damit
geringe Transmissionswärmeverluste zu erreichen, wobei die Entstehung von
Wärmebrücken auf ein minimales Maß reduziert werden kann. Unter
Beachtung weiterer Planungskriterien (Gebäudevolumen, Orientierung des
Gebäudes, Fensterflächen) kann auch der sommerliche Wärmeschutz
gewährleistet werden. Somit lassen sich sowohl der Heizwärme- als auch der
Kühlenergiebedarf im Sinne der Richtlinie begrenzen. Zudem ist es möglich
Zur Sicherung der
Energieversorgung
Gebäuderichtlinie EPBD
Sensibilisierung des öffentlichen
Bewusstseins
Leichtbauweise eignet sich ideal zur
Erfüllung der geforderte Ziele
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
33
das Potential zur Wärmespeicherung für den Sommer- und Winterfall durch
den Einsatz von Latentspeichermaterialien noch erheblich zu steigern
(Glättung von Bedarfsspitzen).
Durch den verringerten Heizwärmeenergiebedarf eines in Leichtbauweise
erstellten Gebäudes lässt sich demzufolge die von der Richtlinie geforderte
Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz sehr gut erreichen. Zur geforder-
ten Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz auch bei bestehenden
Gebäuden leistet der Leichtbau einen bedeutenden Beitrag. Im Rahmen des
Ausbaus vorhandener Dachkonstruktionen und der Nachverdichtung durch
Aufstockungen und Anbauten lässt sich die Energieeffizienz bestehender
Gebäude wesentlich verbessern. Neben den in diesem Bereich geforderten
kurzen Bauzeiten liegt in der energetischen Aufwertung des Altbestandes ein
besonderer Vorteil der Leichtbauweise.
Leichtbau verbessert die
Gesamtenergieeffizienz
1.2 Feuchteschutz im Leichtbau
1.2.1 Grundlagen Der Feuchteschutz umfasst den Schutz vor Niederschlagsfeuchte und vor
Innenraumfeuchte. Er dient bei Gebäuden der Sicherstellung eines gesun-
den, hygienisch einwandfreien Nutzens und ist – unabhängig von der
Bauweise – wesentliche Voraussetzung für den Schutz der Baukonstruktion
vor Schäden durch Feuchtigkeitseinwirkungen wie
❙ Schimmelpilzbefall der innenseitigen Bauteiloberfläche,
❙ Algenbildung auf Fassaden,
❙ Abplatzungen durch Frosteinwirkung,
❙ Tauwasserschäden im Bauteilinneren,
❙ Minderung des Wärmeschutzes durch erhöhte Bauteilfeuchte.
In der Regel betreffen die Maßnahmen Außenbauteile. Von Relevanz sind
aber auch Bauteile im Gebäudeinneren, die die Räume mit unterschiedlichem
Raumklima (Temperatur, relative Luftfeuchtigkeit) trennen.
Unterschieden werden kann der Feuchteschutz in den Schutz vor Wasser-
dampfkondensation durch physikalische Vorgänge an den Bauteiloberflächen
und im Bauteilinneren und in den Schutz vor direkter Wasserbelastung.
Wasserdampfkondensation kann auftreten, wenn
❙ die innenseitige Oberflächentemperatur eines Bauteiles niedriger als die
Taupunkttemperatur der Raumluft ist,
❙ bei Wasserdampfdiffusion durch ein Bauteil im Inneren desselben an einer
Stelle der Wasserdampfdruck den Wert des Sättigungsdruckes erreicht,
❙ bei Luftströmungen (Konvektion) durch Undichtheiten in einem Bauteil im
Inneren desselben die lokale Bauteiltemperatur niedriger als die Taupunkt-
temperatur der eingeströmten Luft ist.
Der Schutz gegen Wasserdampfkondensation muss bei der Planung eines
Gebäudes beachtet werden. Entsprechende Planungsgrundlagen für den
Entwurf von Baukonstruktionen und für den rechnerischen Nachweis der
Gebrauchstauglichkeit werden in ÖNORM B 8110-2 gegeben.
Eine direkte Wasserbelastung erfolgt auf der Bauteilaußenseite (Fassade)
durch Niederschlag und in Innenräumen durch Spritzwasser in Feuchträumen
(z. B. Bäder) sowie beidseitig durch Hochwasser.
Insofern sind bei betroffenen Bauteilen
❙ der Wärmeschutz so zu bemessen, dass durch eine ausreichende Ober-
flächentemperatur eine Wasserdampfkondensation an der Bauteilober-
fläche nicht erfolgt (siehe Abschnitt 2.3),
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
34
Schutz vor Niederschlagsfeuchte
und Innenraumfeuchte
Maßnahmen innen und außen
Umgang mit
Wasserdampfkondensation
Umgang mit direkter
Wasserbelastung
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
35
Hygrisch-thermische Eigenschaften
von Baustoffen
Gipskartonplatten erlauben schnelle
Aufnahme und Abgabe von Wasser
❙ der Bauteilaufbau so zu gestalten, dass im Inneren des Bauteils keine
schädliche Wasserdampfkondensation infolge von Wasserdampfdiffusion
auftritt (siehe Abschnitt 2.4),
❙ Bauteile, Anschlüsse und Durchdringungen warmseitig luftdicht auszu-
führen, damit im Inneren des Bauteils keine Wasserdampfkondensation
infolge von Konvektion auftritt (siehe Abschnitt 2.5),
❙ Bauteile durch geeignete Maßnahmen (Fassadengestaltung, Abdichtung) vor
direkter Wasserbeaufschlagung zu schützen (siehe Abschnitte 2.6 und 2.7).
Daneben ist dafür Sorge zu tragen, dass es im Gebäudeinneren nicht zu
einer unzulässig hohen relativen Luftfeuchtigkeit kommt, z. B. durch unsach-
gemäßes Nutzerverhalten oder Baufeuchte (siehe Abschnitt 2.8).
Die genannten Maßnahmen werden in modernen Holzhäusern mängelfrei
umgesetzt. Die Anwendungs- und Ausführungssicherheit hat sich durch inno-
vative Produktentwicklungen zusätzlich verbessert.
1.2.2 Feuchtetechnische Eigenschaften von LeichtbaustoffenBei der Wahl des Baustoffes müssen dessen hygrisch-thermische
Eigenschaften im Hinblick auf die Nutzungsanforderung und die daraus
resultierenden bauphysikalischen Beanspruchungen abgestimmt sein.
Nachfolgend werden die feuchtetechnischen Eigenschaften der typischen
Leichtbauwerkstoffe betrachtet.
1.2.2.1 Gipsplatten (Gipskartonplatten, Gipsfaserplatten)
Die hohe Porosität von Gipsplatten (Makroporen) ermöglicht eine schnelle
Aufnahme und Abgabe von Wasser in flüssiger sowie in gasförmiger Form.
Diese gleichmäßige Feuchtigkeitsaufnahme von Wasserdampf (Sorption) ist
verantwortlich für die günstigen feuchtigkeitsregulierenden Eigenschaften der
Gipsplatten. Eine kurzfristige Feuchteanreicherung mit anschließender
Wiederabgabe ist unschädlich. Gipsplatten sind in der Lage, Feuchtigkeits-
spitzen, wie sie beispielsweise beim Duschen entstehen, schnell abzubauen.
Setzt man Gipsplatten zwei Stunden wasserdampfgesättigter Luft aus, pen-
delt sich bei ausreichender Raumentlüftung innerhalb eines halben Tages
wieder die Ausgleichsfeuchte der Platten ein.
Gipsplatten unterliegen nur sehr geringen Formänderungen bei Änderung der
relativen Luftfeuchtigkeit (Schwind- und Quellmaß). Dies ist die Voraus-
setzung dafür, dass auch verhältnismäßig große Flächen fugenlos, d. h. mit
Verspachtelungen oder Verklebung, ausgeführt werden können. Die Form-
änderungen von Gipsplatten betragen nur ca. 10 % bis 20 % der Schwind-
und Quellmaße von Flachpressplatten. Bei sachgerechter Ausführung von
Trockenbausystemen treten keine feuchtebedingten Formänderungen wie
Aufwölben oder Rissbildung auf.
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
36
Holz hält kurzfristiger Befeuchtung
stand; konstruktive Maßnahmen
schaffen unproblematische
Randbedingungen
Als anorganischer Baustoff werden Gipsbaustoffe nicht durch biotische
Schädlinge bedroht. Bei dauernder Feuchtebeanspruchung werden jedoch die
mechanischen Eigenschaften der Platten negativ beeinflusst. Bei zweckentfrem-
detem Einsatz, z. B. bei länger währendem, direktem Kontakt mit Wasser, wird
ihr Gefüge zerstört. Imprägnierte Gipskartonplatten (GKBI und GKFI) und
Gipsfaserplatten verzögern die Wasseraufnahme, gänzlich verhindert wird diese
durch Schutzanstriche oder Bekleidungen (Fliesen etc.). Deshalb werden diese
Platten im Wesentlichen im Innenausbau verwendet, beim Einsatz im Freien
werden sie durch geeignete Maßnahmen (Putz, WDVS, Fassadenbekleidung,
Anstrich u.s.w.) gegen direkte Wassereinwirkung geschützt. Eine nur vorüber-
gehende Einwirkung von Feuchte ist unproblematisch, solange die Gipsbau-
teile immer wieder die Gelegenheit haben auszutrocknen. Gipsplatten sind bei
Lagerung, Transport und Einbau vor Durchfeuchtung zu schützen. Feuchte
Platten dürfen nicht eingebaut werden, nach dem Trocknen erhalten sie ihre
ursprünglichen Eigenschaften zurück und können wieder verwendet werden.
Alle wesentlichen Hinweise zur Anwendung von Gipskartonplatten können
der ÖNORM B 3415 und für Gipsfaserplatten den Herstellerunterlagen ent-
nommen werden.
1.2.2.2 Holz und Holzwerkstoffplatten
Holz ist ein organischer, nachwachsender Baustoff. Die jahrhundertelange
Erfahrung zeigt, dass eine kurzfristige Befeuchtung von Holzbauteilen voll-
kommen unschädlich ist, solange eine Austrocknung der Hölzer gewährleistet
ist. Viele historische Holzbauwerke belegen dies. Wird Holz unsachgemäß
eingebaut und ist längerfristig mit einer Holzfeuchte deutlich über 20 %
(Fasersättigungsbereich) zu rechnen, kann es jedoch zu Schäden kommen.
Um dies zu vermeiden sind sowohl bei der Auswahl der Holzart als auch bei
der Planung und Ausführung entsprechende Regeln zu beachten.
Für das Holz unproblematische Randbedingungen werden durch baulich-
konstruktive Maßnahmen (ÖNORM B 3802-1) erreicht. Daneben werden
natürlich dauerhafte Holzarten (ÖNORM EN 350-2) und, falls erforderlich,
Maßnahmen des vorbeugenden chemischen Holzschutzes (ÖNORM B 3802-
2) eingesetzt. Baulichen Holzschutzmaßnahmen wird heutzutage gegenüber
dem vorbeugenden chemischen Holzschutz der Vorzug gegeben. In der
Abb. 1.2.1 Verformungsverhalten von Flachpressplatten in Abhängigkeit von derFeuchteverteilung �u
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
37
Unterschiedliches Verhalten von
Holz und Holzwerkstoffplatten
umfassenden Literatur werden vielfältige Maßnahmen und Konstruktions-
details für den baulichen Holzschutz beschrieben, die sich dauerhaft bewährt
haben. Zudem erfolgt bei Verzicht auf chemische Holzschutzmaßnahmen
und Einstufung der Holzbauteile in die Gebrauchsklasse 0 bei der Vorferti-
gung von Holzbauteilen eine Güteüberwachung (werkseigene Produktions-
kontrolle und Fremdüberwachung) der Bauteile (ÖNORM B 3804), was die
Ausführungssicherheit zusätzlich erhöht.
Durch Veränderung der Holzfeuchte kommt es zu einer Formänderung von Holz
und Holzwerkstoffen. Relevant sind Verformungen beim Austrocknen feuchten
Bauholzes und dessen feuchteabhängiges Schwinden und Quellen quer zur
Faserrichtung. Bei dem heute üblichen und baurechtlich geforderten Einsatz
technisch getrockneten Bauholzes (z. B. Konstruktionsvollholz KVH) und bau-
physikalisch richtig aufgebauten Holzbaukonstruktionen können derartige
Formänderungen nicht auftreten, da die Holzfeuchte keiner wesentlichen
Schwankung unterliegt. Dies wird durch die schadensfreien Holzrahmen-
bauhäuser und die Dachstühle im Massivbau seit Jahrzehnten belegt.
Da das feuchtebedingte Schwinden und Quellen von Holzwerkstoffplatten
im Vergleich zu Vollholz gering ist, können geeignete Platten auch in der
Fassade eingesetzt werden. Zum Einsatz kommen in der Regel Dreischicht-
platten, Fassadensperrholz, Furnierschichtholz und zementgebundene
Flachpressplatten der Werkstoffqualität Klasse 100. Zudem sind vielfältige
Holzschalungen für den Einsatz in der Fassade geeignet. Bei Berücksichti-
gung der Maßnahmen des konstruktiven Holzschutzes (z. B. Hinterlüftung,
Tropfkanten, ggf. Kantenschutz) ist ein chemischer Holzschutz gegen
holzzerstörende Pilze nicht erforderlich. In Abhängigkeit der Holzart, des
Plattentyps und der Oberflächenqualität erfolgt ggf. eine Behandlung gegen-
über Oberflächenbefall und Bläue. [Holzfassadenbroschüre HFA]
Die Verwendung von Holz oder Holzwerkstoffen als direkten Untergrund für
keramische Beläge (Fliesen) ist baupraktisch nicht üblich.
Abb. 1.2.2 Relative feuchtebedingte Längendehnung unterschiedlicher Plattenwerkstoffe
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
38
1.2.2.3 Dämmstoffe
Die gebräuchlichsten Dämmstoffe sind Mineralwolledämmstoffe und Hart-
schaumstoffe. Im Gegensatz zu organischen Faserdämmstoffen sind diese
Baustoffe wasserunempfindlich, sie verrotten nicht und werden von bioti-
schen Schädlingen nicht angegriffen. Eine Durchfeuchtung ist jedoch zu
verhindern, da diese zur Reduzierung der Wärmedämmeigenschaften und
ggf. zu einer Feuchteanreicherung in den benachbarten Bauteilen aufgrund
des längerfristigen Wasserhaltevermögens bestimmter Dämmstoffe führt.
Durch einen bauphysikalisch korrekten Schichtenaufbau und insbesondere
durch handwerklich saubere Ausführung der raumseitigen Dampfbremse wird
eine Durchfeuchtung der Dämmstoffe durch eindiffundierenden Wasser-
dampf oder Wasserdampfkonvektion zuverlässig verhindert.
1.2.2.4 Kaltgewalzte Stahlprofile
Kaltgeformte Profile sind Stahlprodukte, die aus beschichteten oder unbe-
schichteten, warm- oder kaltgewalzten Stahlblechen hergestellt werden. Die
Querschnittsform wird durch Umformen der Bleche mittels Ziehen, Abkanten
oder Walzen in kaltem Zustand erreicht. Einen Überblick über die Eignung
von Konstruktionsstählen zur Kaltumformung gibt Tabelle 3.1 des EC 3.1-3.
Die Streckgrenzen dieser Stähle liegen zwischen fy = 220 und 500 N/mm2,
zum Einsatz kommen überwiegend kontinuierlich feuerverzinkte Bleche mit
fy,k = 320 oder 350 N/mm2.
Metallprofile bilden die übliche Unterkonstruktion in fast allen nichttragenden
Trockenbausystemen und für tragende Systeme der Stahl-Leichtbauweise.
Die Profile sind leicht, verwerfungsfrei, passgerecht und nichtbrennbar.
Im Allgemeinen haben die Profile einen U-förmigen Querschnitt, der durch
Sicken ausgesteift ist.
Metallprofile für nichttragende Anwendungen im Trockenbau (Regelblech-
dicke 0,6 mm) sind mit einer Verzinkungsauflage von mindestens 100 g/m2
versehen. Das entspricht einer einseitigen Schichtdicke von 7 µm. Profile für
tragende Zwecke (Regelblechdicke 1,5 mm bis 2,0 mm) weisen eine Zink-
schichtdicke von 20 µm auf, das entspricht einem Zinkgewicht von 275 g/m2.
Die Feuerverzinkung stellt über die Lebensdauer eines Bauwerkes einen
guten Korrosionsschutz dar, wenn die Konstruktionsdetails und Schichtungen
korrekt geplant und ausgeführt werden. Die ernsthaftesten Angriffe auf die
Schutzschicht entstehen durch Transport und Lagerung. Daher ist sicherzu-
stellen, dass die Transportverpackung mechanische Schäden so weit wie
möglich ausschließt. Die Profile müssen so gelagert werden, dass sich weder
Schmutz noch Wasser in ihnen ablagern können. Wird eine starke
Korrosionsbeanspruchung erwartet, z. B. bei Gebäuden, die in besonderem
Maße dem Seeklima ausgesetzt sind oder in Schwimmbädern mit
Chloratmosphäre, kann zusätzlich zur Verzinkung noch eine organische
Beschichtung aufgebracht werden.
Mineralwolle- und
Hartschaumdämmstoffe sind
wasserunempfindlich
Metallprofile halten Stand, bei
Sonderanwendungen wie etwa
Schwimmbädern mit
Chloratmosphäre sind
Beschichtungen erforderlich
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
39
1.2.3 Wasserdampfkondensation an Bauteiloberflächen Wasserdampfkondensation an inneren Bauteiloberflächen kann durch einen
zu hohen Wassergehalt der Innenluft aus Neubaufeuchte (siehe Abschnitt
2.8), Wohnfeuchte oder durch einen mangelhaften Wärmeschutz der
Außenbauteile, vor allem im Bereich von Wärmebrücken, begründet sein.
Auf die meist nutzungsbedingte Wohnfeuchte, die von der Bauweise
unabhängig ist, wird hier nicht weiter eingegangen.
Die Bedeutung der Wärmedämmung für die Vermeidung der Wasserdampf-
kondensation an Bauteiloberflächen sowie der Einfluss von Wärmebrücken
werden im Kapitel 1 „Wärmeschutz“ behandelt.
Die Berechnung zur Vermeidung von Kondensation an der inneren Bauteil-
oberfläche erfolgt nach ÖNORM B 8110-2, Abschnitt 7. Bei dem heute aus den
Gesichtspunkten der Energieeinsparung erforderlichen Wärmeschutz von
Außenbauteilen tritt bei üblicher Raumluftfeuchte keine Wasserdampf-
kondensation an Bauteiloberflächen auf. Durch die bei Leichtbauweisen übli-
chen Dämmstoffdicken >– 16 cm und die stoffbedingte niedrige Wärmeleit-
fähigkeit von Holz, die geringer als die der meisten Massivbaustoffe ist, ergeben
sich raumseitige Oberflächentemperaturen, die deutlich über der Taupunkt-
temperatur der Raumluft liegen. Im Besonderen werden diese Vorteile der
Leichtbauweise bei geometrischen und stofflichen Wärmebrücken, wie sie z. B.
im Bereich von Raumecken oder Balkon-Auskragungen anzutreffen sind, deut-
lich. Allseitig gedämmte Gebäude in Holzleichtbauweise sind im Allgemeinen
wärmebrückenfrei konstruiert. Zur Vermeidung von Wärmebrücken im Massiv-
bau ist auf die Überdämmung von Bauteilen hoher Wärmeleitfähigkeit in
Außenbauteilen (z. B. Betonbauteile als Stürze oder Stützen in Außenwänden)
zu achten. Nach außen auskragende Betonbauteile müssen vollständig über-
dämmt oder aufwändig getrennt („Iso-Korb“) werden.
Bei Bauweisen mit tragenden, kaltgeformten Stahlprofilen mit einer Blech-
dicke
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
40
Definition von
Wasserdampfdiffusion
Wasserdampfkondensation in
Bauteilen ist unschädlich, wenn sie
im Sommer austrocknen kann
Unkritische Konstruktionen
1.2.4 WasserdampfdiffusionWasserdampf ist in wechselnden Mengen immer in der Luft enthalten. Zu
beiden Seiten eines Bauteils, insbesondere bei Außenbauteilen, herrschen
gewöhnlich unterschiedliche Klimabedingungen. Infolge des hierdurch
bedingten Druckgefälles wandern Wasserdampfmoleküle von der warmen
zur kalten Seite eines Bauteils durch die luftgefüllten Poren und die dazwi-
schen liegenden Kapillaren der Baustoffschichten. Diesen Vorgang, also den
Ausgleichsprozess zwischen Orten höherer und niedrigerer Wasserdampf-
konzentration, nennt man Wasserdampfdiffusion.
Bei der Wasserdampfdiffusion stellen sich im Inneren je nach Temperatur-
verlauf und Wasserdampfdichte der Stoffschichten bestimmte Wasserdampf-
teildrücke ein. Erreicht der Dampfteildruck den Sättigungsdruck, so bildet
sich dort Tauwasser. Ob es durch Wasserdampfdiffusion zu einer Konden-
sation im Bauteil kommt und wie gegebenenfalls die Feuchtigkeitsverteilung
und die anfallende Wassermenge sind, lässt sich theoretisch abschätzen.
Das Rechenverfahren ist in ÖNORM B 8110-2, Abschnitt 8, beschrieben.
Eingangsgrößen für den Nachweis sind die normativ vorgegebenen
Innenluftbedingungen sowie die Außenlufttemperatur sowie der geplante
Bauteilaufbau mit den Eigenschaften der einzelnen Bauteilschichten
(Schichtdicke, Wärmeleitfähigkeit, Wasserdampfdiffusionswiderstand).
Eine Wasserdampfkondensation in den Bauteilen gilt als unschädlich, wenn
das während der Befeuchtungsperiode (z. B. im Winter) durch Kondensation
im Innern des Bauteils anfallende Wasser in der Austrocknungsperiode (z. B.
im Sommer) wieder vollständig entweichen kann. Dabei darf
❙ die Kondensatwassermenge höchstens 500 g/m2 betragen,
❙ der Wärmeschutz der betroffenen Bauteilschicht nicht um mehr als 10 %
vermindert werden,
❙ sich der massenbezogene Feuchtegehalt von Holz- und Holzwerkstoffen um
nicht mehr als 3 % vergrößern.
Unkritisch sind in der Regel Konstruktionen, deren Bauteilschichten von innen
nach außen abnehmende Wasserdampfdiffusionswiderstände besitzen
(siehe Abb. 1.2.3). Im Allgemeinen können Leichtbaukonstruktionen (z. B.
Holzrahmenbauwände, zimmermannsmäßige Dachkonstruktionen) als
unbedenklich gegen Tauwasserausfall angesehen werden, wenn
❙ ein ausreichender Wärmeschutz vorhanden ist,
❙ die innenseitige Schicht (z. B. Beplankung, Dampfbremse) einen ausrei-
chenden Diffusionswiderstand aufweist und
❙ die Außenbekleidung hinterlüftet oder diffusionsoffen ist.
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
41
Insofern kann nach ÖNORM B 8110-2, Abschnitt 10, für folgende Leichtbau-
konstruktionen der diffusionstechnische Nachweis entfallen:
❙ Außenwände in Holzbauart mit innenseitiger Bauteilschicht, deren diffusi-
onsäquivalente Luftschichtdicke sd > 10 m ist und einer äußeren Beplan-
kung aus Holz oder Holzwerkstoffen (inklusive Wetterschutz) mit einer
diffusionsäquivalenten Luftschichtdicke, die höchstens die Hälfte der innen-
seitigen betragen darf. Diese Bedingungen lassen sich mit Außenwänden in
Holzbauart einfach erfüllen. Innenseitig genügt die Anordnung einer
Dampfbremse (sd = 8–10 m), im Gefach wird ein diffusionsoffener Mineral-
wolledämmstoff angeordnet, die Bauteilaußenseite wird durch eine Holz-
werkstoffplatte unter hinterlüfteter Fassade, eine verputzte Holzwolle-
leichtbauplatte oder ein Wärmedämmverbundsystem gebildet.
❙ Decken gegen durchlüftete Dachböden (auch Spitzboden) ohne diffusions-
hemmende Abdeckung, bei denen unterhalb der Wärmedämmschicht
gelegene Bauteilschichten eine diffusionsäquivalente Luftschichtdicke von
sd > 8 m aufweisen. Diese Bedingungen lassen sich ebenso wie bei den
Außenwänden durch eine innenseitige, relativ diffusionsoffene Dampf-
bremse, eine Gefachdämmung mit Mineralwolledämmstoff und eine ober-
seitige Bekleidung mit Holzwerkstoffplatten leicht erfüllen.
❙ Kaltdächer mit einer Dachneigung > 15 ° mit unterlüfteter Dachhaut, wenn
die diffusionsäquivalente Luftschichtdicke der raumseitig der Wärme-
dämmung liegenden Bauteilschichten sd > 10 m beträgt und die Überlüftung
der Wärmedämmung gesichert ist.
Abb. 1.2.3 Einfluss der diffusionsäquivalenten Luftschichtdicke sd auf dieWasserdampfkondensation im Bauteil
Außenwände in Holzbauart
Decken gegen durchlüftete
Dachböden
Kaltdächer
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
42
Warmdächer
Atmende Wände oder
atmungsaktive Bauteile
gibt es nicht
Vorteile diffusionsoffener
Konstruktionen
Arbeiten mit Klimamembranen
❙ Warmdächer mit außen liegender Wärmedämmschicht, wenn die diffusi-
onsäquivalente Luftschichtdicke der unterhalb der Dämmschicht liegenden
Schichten sd >– 90 m ist. Diese Bedingungen werden von annähernd jedem
Dachquerschnitt erfüllt, wenn innenseitig als Dampfbremse eine übliche
PE-Folie (sd = 100 m) angeordnet wird.
Für davon abweichende Konstruktionen muss der diffusionstechnische
Nachweis nach ÖNORM B 8110-2, Abschnitt 8, erfolgen.
1.2.4.1 Diffusionsoffene Bauweise
Der umgangssprachlich verwendete Begriff des „atmenden“ bzw. „atmungs-
aktiven“ Außenbauteils ist irreführend. Es findet auch bei diffusionsoffener
Konstruktionen – unabhängig von der Bauweise – kein Luftaustausch durch
geschlossene Bauteile hindurch statt, egal wie diffusionsoffen die Bauteile
sind. Allenfalls findet ein Feuchtigkeitstransport infolge Wasserdampfdiffusion
statt. Für das Abführen von der in der Raumluft enthaltenen Feuchte ist die
Wasserdampfdiffusion von völlig untergeordneter Bedeutung. Zu hohe Luft-
feuchtigkeit oder Schadstoffkonzentration im Inneren von Räumen können
nur durch gezielte Lüftung vermieden werden.
Diffusionsoffene Konstruktionen, deren Verbreitung durch die Entwicklung
extrem diffusionsoffener Folien, feuchteadaptiver Dampfbremsen, armierter
Baupappen und diffusionsoffene Holzwerkstoffe unterstützt wurde, erlauben
feuchtetechnisch sehr robuste Konstruktionen. Der Vorteil diffusionsoffener
Konstruktionen besteht darin, dass im Bauteil auftretende Feuchtigkeit
schnell wieder austrocknen kann. Dabei kann die Feuchtigkeit sowohl nach
außen wie auch nach innen abgeführt werden, da die jeweiligen
Bauteilschichten relativ diffusionsoffen ausgeführt sind. Dieser Vorteil wird
bei der so genannten „diffusionsoffenen Bauweise“ bewusst genutzt und
optimiert. Hierbei wird bei Außenbauteilen die außenseitige Bauteilschicht so
diffusionsoffen gestaltet (sd 0,3 m), dass raumseitig auf eine Dampfsperre
verzichtet und durch eine Dampfbremse ersetzt werden kann, wenn z. B.
Membranen oder Plattenwerkstoffe mit einem ausreichenden Diffusions-
widerstand zum Einsatz kommen.
Wegen ihrer geringen raumseitigen diffusionsäquivalenten Luftschichtdicke
erfüllen diffusionsoffene Leichtbauweisen nicht die Anforderungen der
ÖNORM B 8110-2, Abschnitt 10. Deswegen ist ein diffusionstechnischer
Nachweis nach ÖNORM B 8110-2, Abschnitt 8, erforderlich, der problemlos
geführt werden kann.
Eine Variante der diffusionsoffenen Bauweise stellen Konstruktionen dar, bei
denen raumseitig eine Folie mit „feuchteadaptivem Wasserdampfdiffusions-
widerstand“ („Klimamembran“) eingesetzt wird. Der Diffusionswiderstand
dieser Folien variiert mit der Luftfeuchtigkeit, bei hoher Raumluftfeuchte und
Temperatur steigt der Widerstand und verhindert dadurch das Eindringen von
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
43
Möglichkeit der Austrocknung nach
innen
Moderne Leichtbaukonstruktionen
sind diffusionsoffener als
Massivwände
Feuchtigkeit in die Konstruktion, bei niedriger Raumluftfeuchte sinkt er und
ermöglicht damit den Feuchtigkeitstransport aus der Konstruktion heraus.
Durch den Einsatz von Folien mit feuchtigkeitsadaptivem Wasserdampf-
diffusionswiderstand können diffusionsoffene Bauweisen auch mit innenseitig
angeordneten Gipsplatten (ohne Holzwerkstoffplatten) realisiert werden. Zudem
ist eine Diffusionsoffenheit nach innen auch bei außenseitigen diffusionsdichten
Bauteilschichten gegeben. Forschungsergebnisse (z. B. Fraunhofer Institut Holz-
kirchen) sowie die inzwischen langjährige Praxiserfahrung zeigen, dass durch
den Einsatz von Folien mit feuchtigkeitsadaptivem Wasserdampfdiffusionswider-
stand es auch bei außenseitig diffusionsdichten Bauteilschichten (z. B. Bitumen-
bahnen als Dachdichtung) zu keiner schädlichen Wasserdampfkondensation im
Bauteilinneren kommt. Obwohl der diffusionstechnische Nachweis für diese
Konstruktionen durch ÖNORM B 8110-2, Abschnitt 10, nicht möglich ist (hier
ergäbe sich die Notwendigkeit der innenseitigen Anordnung einer diffusions-
dichten Dampfbremse) sind die so ausgeführten Konstruktionen mangelfrei und
weniger schadensanfällig als die „Normkonstruktionen“. Dies ist durch die
Möglichkeit der Austrocknung der Konstruktion nach innen bedingt, die Feuch-
tigkeit wird nicht zwischen zwei diffusionsdichten Schichten eingesperrt. Der
rechnerische Nachweis kann mit Hilfe von moderner Simulationssoftware, z. B.
des vom Fraunhofer Institut für Bauphysik entwickelten Programms Wufi
(www.wufi.de), durchgeführt werden.
Die Summe der diffusionsäquivalenten Luftschichtdicken der einzelnen Bau-
teilschichten von diffusionsoffenen Leichtbaukonstruktionen liegt ca. 30 % unter
denen von verputzten, massiven Außenwänden. Außenwände in Holzbau-
weise sind – bei der heutzutage häufig ausgeführten diffusionsoffenen
Bauweise – damit deutlich diffusionsoffener als Massivwände und besitzen
dadurch die oben genannten Vorteile in besonderem Maße.
Beispiele für diffusionsoffene Außenwandaufbauten sind:
Systeme mit Holzfassade
Aufbau Holzschalung 24 mm Holzschalung 24 mm
Holzlattung 30 mm Holzlattung 30 mm
MDF-Platte 15 mm Windbremse sd – 2 m
Gipsfaserplatte 12,5 mm
Wärmeschutz U-Wert 0,21 W/m2K 0,22 W/m2K
Schallschutz Rw 48 dB 46 dB
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
44
Luftdichtheit verhindert
Luftströmung von innen
nach außen
Winddichtheit verhindert
Luftströmung von außen
nach innen
Vermeiden von
Lüftungswärmeverlusten
(30–50 % des Heizenergiebedarfs)
1.2.5 Konvektion und Luftdichtheit1.2.5.1 Gründe für die Forderung nach luftdichten Gebäudehüllen
Unter Luftdichtheit wird die Verhinderung von Luftströmungen durch ein
Bauteil verstanden, in der Regel in Richtung des Dampfdruckgefälles von
innen nach außen. Luftdichtheitsebenen werden auf der Innenseite von
Außenbauteilen angeordnet. Dagegen wird unter Winddichtheit die Verhin-
derung der Einströmung von Außenluft in ein Bauteil verstanden. Wind-
sperrschichten werden auf der Außenseite der Gebäudehülle angeordnet,
um das Durchströmen und Auskühlen der Dämmebene zu verhindern.
Die Luftdichtheit von Bauteilen und Gebäudehüllen ist, unabhängig von der
Bauweise, aus den nachfolgend beschriebenen Gründen von grundlegender
Bedeutung für ein Gebäude:
Vermeidung von Energieverlusten (Lüftungswärmeverluste)
Räume müssen aus hygienischen Gründen gelüftet werden, um die in der
Luft enthaltenen Schadstoffe abzuführen. Bei dem geforderten Luftaustausch
zwischen innen und außen entsteht im Winter ein Lüftungswärmeverlust, da
warme Raumluft durch kalte Außenluft ersetzt wird. Die in der Raumluft
gespeicherte Wärmeenergie geht nach außen verloren, nachströmende
Kaltluft muss auf Raumtemperatur aufgeheizt werden. Durch Undichtheiten
(konvektive Wärmebrücken) findet ein unkontrollierbarer Luftaustausch
zwischen innen und außen statt. Dadurch können erhebliche Wärmemengen
aus dem Gebäude transportiert werden (bis zu 30–50 % des Heizenergie-
bedarfs). Je besser ein Gebäude wärmegedämmt ist, desto höher ist der
Anteil der Lüftungswärmeverluste am Heizenergiebedarf. Damit die
Lüftungswärmeverluste so gering wie möglich gehalten werden, sind Fugen
und Bauteilanschlüsse luftdicht auszuführen. Eine hohe Luftdichtheit ist
ebenso wichtig wie eine ausreichende Wärmedämmung. Hochgedämmte
Niedrigenergie- oder Passivhäuser erreichen ihren prognostizierten niedrigen
Beispiele für diffusionsoffene Außenwandaufbauten sind:
Systeme mit Putzfassade
Aufbau Putz 7 mm Putz 4 mm
Holzfaserdämmplatte 60 mm Holzwolleleichtbauplatte 50 mm
Glaswolle/Ständer 160 mm Glaswolle/Ständer 160 mm
OSB-Platte 18 mm Spanplatte 19 mm
GKF-Platte 18 mm Dampfbremse sd >– 3 m
Glaswolle/Querlattung 40 mm
GKF-Platte 12,5 mm
Wärmeschutz U-Wert 0,20 W/m2K 0,19 W/m2K
Schallschutz Rw 49 dB 52 dB
(Quelle www.dataholz.com)
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
45
Luftströmung transportiert
Feuchtigkeit
Energieverbrauch nur bei ausreichend luftdichter Ausführung. Zudem muss
beachtet werden, dass Lüftungsanlagen ihre vorgesehene Funktion nur bei
ausreichend dichter Gebäudehülle erfüllen können.
Vermeiden von feuchtebedingten Bauschäden
Die von Luftströmungen konvektiv mitgeführten Feuchtemengen können bis
um den Faktor 10 größer sein als der Feuchtetransport durch Wasser-
dampfdiffusion. Infolge von Undichtheiten der raumseitigen Bekleidungs-
schichten kann mit Wasserdampf angereicherte warme Raumluft vor allem
im Winter in das Außenbauteil transportiert werden (Konvektion). Innerhalb
des Bauteils kühlt sich die Luft ab und kondensiert als Tauwasser. Die
dadurch verursachte Durchfeuchtung des Bauteils führt einerseits zu einer
Reduzierung der Wärmedämmwirkung des Bauteils (vor allem bei durch-
feuchteten Dämmstoffschichten) und kann zudem Bauschäden, Frost-
schäden, optische Mängel an der Oberfläche etc. zur Folge haben.
Voraussetzung für ein behagliches und gesundes Raumklima
Abb. 1.2.4: Zusätzlicher Lüftungswärmebedarf durch Undichtheiten bei einem Gebäudemit Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung [8].Im völlig dichten Gebäude hat die Heizung nur den Lüftungswärmebedarf zu decken,um den sich der ideale Wärmerückgewinn (100 %) vom tatsächlichen Wärmerückgewinn(hier 65 %) unterscheidet. In „realen“ Gebäuden kommt für die Heizung noch dieErwärmung des Luftwechsels durch Undichtheiten hinzu.
Abb. 1.2.5. Wasserdampftransport infolge Diffusion und Konvektion
Schwerpunkt Bauphysikalische Eigenschaften von Leichtbauweisen
46
Luftdichtheit der Gebäudehülle ist
Voraussetzung für gute
Inenraumluftqualität
Anzahl von Fugen und
Durchdringungen gering halten
Die durch Undichtheiten verursachte Durchströmung in der Gebäudehülle
von außen nach innen kann zu unangenehmen Zuglufterscheinungen führen.
Kalte Luft sammelt sich im Fußbodenbereich und führt neben Fußkälte zu
großen vertikalen Temperaturdifferenzen.
Die Luftdichtheit der Gebäudehülle ist eine Voraussetzung für eine gute
Innenraumluftqualität, die Einströmung von störenden Geruchstoffen aus
benachbarten Wohnungen, von evtl. mit Schimmelpilzsporen belasteter
Kellerluft, von Feinstaub