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Schweizer Revue 4/2015

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SCHWEIZER REVUE Die Zeitschrift für Auslandschweizer August 2015 Der Streit über unsere Mythen und die Wahrheiten der Schweizer Geschichte Umfrage bei Schweizer Banken: Was bieten sie den Auslandschweizern? Vera Michalski, die reiche Erbin mit der grossen Liebe zur Literatur
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SCHWEIZER REVUEDie Zeitschrift für Auslandschweizer

August 2015

Der Streit über unsere Mythen und die Wahrheiten der Schweizer Geschichte

Umfrage bei Schweizer Banken: Was bieten sie den Auslandschweizern?

Vera Michalski, die reiche Erbin mit der grossen Liebe zur Literatur

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4

Das Wahldatum rückt näher und die Nervosität steigt spürbar – bei Parteien und Kandidaten. Die Aussagen werden pointierter – mit der Wahrheit wird sehr salopp umgegangen, politische Gegner werden diffamiert. Schon während der vergange-nen Jahre war diese Art des Politisierens in der Schweiz immer öfter zu beobachten. Für die schwei-zerische Konkordanzdemokratie ist das ungut,

bedeutet Konkordanz doch eigentlich, Entscheidungen werden durch Herbeiführung eines Konsenses getroffen.

Auch bei den Bundesratsparteien kann man den Willen und die Bereitschaft, tragfähige Lösungen zu suchen, immer seltener beobachten. Deutlich zeigt sich das in der Tatsache, dass noch nie so viele Vorlagen des Bundesrates bereits im Parlament gescheitert sind wie in dieser Legisla-tur. Eine «unheilige Allianz» habe das Geschäft zu Fall gebracht, wird da-nach jeweils beklagt. Doch das Debakel verantworten eigentlich jene po-litischen Parteien, die in der Regierung mittun und sich gleichwohl nach Belieben als Opposition aufführen. Besonders frustrierend ist das für un-sere Regierung, die Bundesräte und Bundesrätinnen. Denn sie haben in unserem System – mögen ihre Ideen und Vorlagen noch so gut sein – keine Möglichkeit, das Volk, die vielgelobte höchste Macht im Staat, direkt da-rüber entscheiden zu lassen. Ob wir als Wählerinnen und Wähler beim Ausfüllen des Wahlzettels etwas dagegen tun können, ist eine Frage, die ich nicht zu beantworten wage. Dass nicht jene Kandidaten, welche die andern am lautesten niederschreien, die besten Demokraten sind, da gibt es allerdings keine Zweifel.

Kein eigentliches Wahlkampfthema, aber ein auffallend politisch auf-geladenes Nebenprodukt des Wahlkampfs, die Auseinandersetzung um die Schweizer Geschichte und ihre Mythen, ist auch der Schwerpunkt in diesem Heft. Sehr anschaulich beschreibt unser Autor (ab Seite 8), wie Polit-Stars mit Historiker-Stars die Klingen kreuzen. BARBARA ENGEL, CHEFREDAKTORIN

Editorial

4 Briefkasten

5 GelesenEdgar Hilsenrath und Armenien

6 Gesehen Alois Carigiet und seine Kunst

8 SchwerpunktDie Debatte um die Mythen der Schweizer Geschichte

13 KolumneGeorg Kohler über unsere Zukunft

14 WirtschaftDie Banken und die Auslandschweizer

16 PolitikWahlen und Abstimmungen

17 LiteraturserieIna Jens und ihre Reisen im Kopf

19 PolitikLenin, Trotzki und Co. in Zimmerwald

22 KulturVera Michalski, die Mäzenin

25 ASO-Informationen

27 Aus dem Bundeshaus

30 Trouvaillen und Echo

Inhalt

Die Konkordanz und eine Regierung in Fesseln

Titelbild: Illustration von Andrea Caprez über den Streit um die Schweizer Geschichte

Der Streit über unsere Mythen und die Wahrheiten der Schweizer Geschichte

Umfrage bei Schweizer Banken: Was bieten sie den Auslandschweizern?

Vera Michalski, die reiche Erbin mit der grossen Liebe zur Literatur

SCHWEIZER REVUEDie Zeitschrift für Auslandschweizer

August 2015

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4

Briefkasten

Migration und Schweizer Tugenden In der letzten Zeit wird in der Schweiz viel über Einwanderung und Fremdarbeiter debattiert. Und oft vergisst man dabei leicht, wie po-sitiv es sich auf die Betroffenen und ihre Ursprungsländer auswirken kann, wenn diese Personen zurückkehren. Von 1973 an bis in die Neunzigerjahre haben viele Spanier in der Schweiz Arbeit gefunden. Allein aus dem Nachbardorf unseres Landwirtschaftsbetriebs bei Salamanca wanderten im Jahr 1973 fünfundsiebzig Personen in die Schweiz aus. Zum Beispiel einer unserer jetzigen Mitarbeiter, der 17 Jahre bei Borsary Co. verbrachte, ehe er nach Spanien zurückkam. Gerne denkt er an seine Zeit in der Schweiz, wie die meisten seiner Nachbarn auch. Und es ist erfreulich zu sehen, wie der Aufenthalt dort sie geprägt hat: In ihren gegenwärtigen Berufen sind sie zuverlässig, pünktlich und exakt, was sie auf ihre Ausbildung in der Schweiz zu-rückführen. BRIGITTE SANCHEZ-ARJONA , SPANIEN

Titelbild mit SymbolcharakterFür das Titelbild der «Schweizer Revue» vom Juni danke ich Ihnen. Der Symbolcharakter ist grossartig. Da schiebt sich von rechts ein mächtiges Schweizer Kreuz in die Szene und hinter das Euro-Sig-net der EZB. Ein wahres Zukunftsbild, denn die Kraft der Schweiz, der direkten Demokratie und der Mitbestimmung aller Bürger muss zunehmend ins Bewusstsein aller Europäer eindringen, da-

mit sich Europa von unten her, vom Willen der Bürger her, neu auf-bauen kann. EDGAR RUF, DÜSSELDORF

Lagerwahlkampf, das kennen wirProfessor Kohler schreibt im Heft von Juni von einem «Lagerwahl-kampf». Ich teile seine Aufregung und Kümmernisse nicht. Lager-wahlkampf? Das ist doch weiss Gott nichts Neues in den helveti-schen Landen. Denken sie vier Jahre zurück. Denken Sie acht Jahre zurück. War es damals anders? Und in den bewegten Jahren der so-genannten Jugendbewegung in den 1980-er Jahren? Oder nach 1968 zu Zeiten des Vietnamkrieges? Vom lange währenden Kalten Krieg gar nicht zu reden. Da wimmelte es ja nur so von Landesverrätern und Moskau-einfach-Empfehlungen. HEINZ MOLL, TSCHECHISCHE REPUBLIK

Eine AbtrünnigeAlso, um es einmal öffentlich zu machen, Widmer-Schlumpf ist eine Abtrünnige für mich. Ich persönlich halte sie verantwortlich für das Bankendesaster. Ich bin alles andere als ein Freund der USB, aber ich denke Widmer-Schlumpf hat die Schweiz und deren Bank-geheimnis schamlos verraten und dazu die SVP auch. Aber ich denke schon, dass wir eine nicht bürgerliche Partei brauchen. Ich selber bin aber nicht dabei. DORIS JOHO, PER E-MAIL

Ein 27. Kanton für die Auslandschweizer746 000 Schweizer wohnen im Ausland. Würden sie einen Kanton bilden, wäre es von der Einwohnerzahl her der viertgrösste.Stellt die Fünfte Schweiz den 27. Kanton der Eidgenossenschaft dar? Braucht es Auslandschweizer im Parlament?> Wie denken Sie darüber ? > Äussern Sie Ihre Meinung auf:

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4

Frauen sind FrauenMoment mal ... Ich schaue sehr gerne Frauenfussball, aber ich versuche nicht, ihn mit Männerfussball zu vergleichen. Allerdings ist der Artikel von Claudia Schumacher sehr klar und ehrlich. Ich glaube jedoch nicht, dass er den Frauenfuss-ball schlechtmacht, er zeigt einfach die Realitäten auf. Frauen sind Frauen, und wir mögen es so. Aloha! PAUL EGGEL, HAWAII

Verstärkt die KlischeevorstellungenIch bin Schweizer Bürgerin durch Heirat und wohne in den Vereinigten Staaten. Als ich die Titelzeile über die Schweizer Frauen-Fussballnationalmannschaft las, freute ich mich – denn immerhin spielt das Team zum ersten Mal im Weltcup mit. Doch der Artikel war ein Beispiel davon, wie voreinge-nommener «Journalismus» zu verhindern hilft, dass der Frau-ensport die Beachtung erfährt, den er verdient. Der Text gibt zwar vor, Informationen darüber zu liefern, warum das Team nicht die nötige Finanzierung und Anerkennung bekommt, um zu gedeihen. Tatsächlich verstärkt die Autorin aber immer wie-der Klischeevorstellungen und schreibt durchwegs in einem herablassenden Ton. Sie unterstützt offenbar die Vorstellung, dass Frauen auf dem Spielfeld Nagellack tragen, um einen bes-seren Eindruck zu machen! Ich bin erstaunt, dass dieser Arti-kel von der Chefredaktion genehmigt wurde. Schweizer Sport-lerinnen verdienen unsere Bewunderung und Unterstützung, nicht unsere Herablassung. CONSTANCE DEVANTHERY-LEWIS, CAMBRIDGE, USA

Viele Besucher beim FrauenfussballIch bin Schweizer, lebe aber in den USA. In Portland, Oregon spielt unser Frauenteam Thorns FC im selben Stadion wie die Männer, und die durchschnittliche Zuschauerzahl ist über 13 000 (21 000 für die Männer). Die Frauennational-mannschaft ist fast gleich populär wie die Männernational-mannschaft. Vor ein paar Tagen waren 27 000 Besucher bei einem Freundschaftsspiel der Frauennationalmannschaft in Los Angeles. Ich wünschte es könnte in anderen Ländern auch so sein. BEAT STAUBER, PORTL AND, USA

Guldimanns AbsichtenIch hoffe, dass Tim Guldimann seine guten Absichten auf-rechterhalten wird, die Interessen der Auslandschweizer wirklich zu vertreten, wenn er in die Politik geht. Es ist entmutigend, als Bürger zweiter Klasse behandelt zu wer-den, wie damals, als uns unsere Banken als Kunden aufge-geben haben, nur weil wir Auslandsadressen haben. Si-cherlich hätte man in unserem Fall eine Ausnahme machen können, sodass wir uns nicht alle als Verbrecher hätten fühlen müssen. JEANNETTE BRUMBAUGH, USA

Das in Französisch neu aufgelegte Buch «Das Märchen vom letzten Gedanken» von Edgar Hilsenrath wurde in Frankreich in den höchsten Tönen gelobt. Zu Recht! Der Autor – deutscher Jude, 1926 in Leipzig geboren – hat einen Roman in Form eines Märchens ge-schrieben. Dies als Hinweis auf die Tatsache, dass die meisten, die die Ereignisse 1915 in der Türkei erlebt haben, nicht mehr selbst davon erzählen können. Kurz vor seinem Tod erhält der 73-jährige Armenier Thomva Khatisian Besuch von dem Erzähler Med-dah, der ihm seine eigene tragische Ge-schichte erzählt.

Edgar Hilsenrath verwendet groteske und humoristische Elemente und lässt in

dieser Erzählung das Leben der türkischen Armenier vor der Katast-rophe von 1915 wieder aufleben. Der Autor versetzt uns in ein anato-lisches Dorf und lässt uns in das Leben der armenischen Gemeinde eintauchen. Die Höhenzüge werden von den Kurden kontrolliert, die Armenier zahlen ihnen Steuern, damit ihre Töchter nicht entführt werden. In den Städten sind die armenischen Handwerker für ihre Geschicklichkeit bekannt. So sehr, dass viele Türken nach dem Mas-saker ihr Verschwinden beklagen. Wo ist der Schneider? Wo der Ge-müsehändler? Die Armenier dienen wie die Juden in Deutschland als Sündenbock. In den Städten und Dörfern geht die Angst vor Massa-kern – «tebk» – um. Hilsenrath zeigt uns die Schutzlosigkeit dieser christlichen Bevölkerungsgruppe, die keine Waffen tragen darf. Als der türkische Staat das Zeichen zur Deportation gibt, sind die Arme-nier auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.

Wie in Hilsenraths anderen Werken ist die Welt in «Das Märchen vom letzten Gedanken» nicht schwarz-weiss. Es gibt Türken, die ih-ren armenischen Landsleuten zu Hilfe kommen. Die Bevölkerung befindet sich im Zangengriff eines Staates, der Ängste instrumenta-lisiert – die Angst vor einer fünften armenischen Kolonne, die mit den Russen gemeinsame Sache machen könnte. Der Roman ist bru-tal: schwangere Frauen, die auf endlose Märsche in die Wüste Meso-potamiens geschickt werden und verdursten. Aber nicht nur das, er zeigt auch das sinnliche Leben der armenischen Gemeinde vor der Katastrophe. «Hayastan? Dort wo die Berge die Wolken berühren (...). Wo es Fettschwanzschafe gab, Schaffleisch und Joghurt. Erinnerst du dich an diesen Joghurt, den Grossmutter madsoun nannte? (...) ». So geht das Märchen, das Thomva Khatisian kurz vor seinem Tod er-zählt wird. STÉPHANE HERZOG

EDGAR HILSENRATH «Das Märchen vom letzten Gedanken» ist 2006 in Deutsch bei dtv erschienen.

GelesenBriefkasten

Das Märchen vom letzten Gedanken

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4 / Bilder: Bilder: ZVG und Iwanami Shoten Publishers, Tokio

Gesehen

«Hoch oben in den Bergen, weit von hier, da wohnt ein Büblein so wie ihr.» Das Buch, das mit diesem Satz beginnt, wurde ein Welterfolg. Rund zwei Millionen Exemplare sind seit 1945 erschienen, in zehn Sprachen wurde das Buch übersetzt. Vater von «Schellen-Ursli» ist der Maler und Grafiker Alois Carigiet – die Reime zur Geschichte hat Selina Chönz geschrieben. Seit Generationen erzählen Schweizer Eltern

ihren Kindern und Enkeln die Geschichten vom Schellen-Ursli oder von Flurina – im Ausland haben die Geschichten das Klischee von der Schweizer Bergidylle mitgeprägt.

Nun, zum 30. Todestag von Alois Carigiet (1902 – 1985) und zum 70. Geburtstag von «Schellen-Ursli» würdigt das Landes-museum in Zürich das Werk Carigiet. Der Titel der Ausstellung «Alois Carigiet. Kunst, Grafik und Schellen-Ursli» zeigt, dass der Bündner Maler für sein Werk als Grafiker, Bühnen-bildner und Maler ebenso grosse Beachtung verdient wie für seine Bilderbücher. Zur Ausstellung ist das Buch «Alois

Kunst und Idylle aus den Bündner Bergen

Die Bergbauernfamilie (1965), Öl auf Leinwand

Aus dem Buch «Flurina und das Wildvöglein»

Den «Schellen-Ursli» gibt es auch auf Japanisch

Aus «Schellen-Ursli»

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4

Garigiet – Kunst, Grafik, Schellen-Ursli» mit zahlreichen Beiträgen rund um das Leben Garigiets erschienen. BARBARA ENGEL

Schellen-Ursli auf dem Weg zur Alphütte

Alois Carigiet Plakat für die Landi 1939 in Zürich Plakat für PKZ (1935)

Ausstellung im Landesmuseum Zürich bis 3. Januar 2016Buch: «Alois Garigiet – Kunst, Grafik, Schellen-Ursli» von Hans ten Doornkaat (Hrsg); Verlag Orell Füssli, Zürich; CHF 19.80www.nationalmuseum.ch

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4

‘Schwerpunkt

JÜRG MÜLLER (TEXT)

ANDREA CAPREZ (ILLUSTRATIONEN)

Der Salon Rouge des Berner Staats­hotels Bellevue­Palace ist schon eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbe­ginn bis auf den letzten Platz besetzt. Das Boulevardblatt «Blick» ist «on tour», wie es in der Eigenwerbung heisst. Angesagt ist der Spitzenkampf, ein Rededuell zwischen Polit­Star und alt SVP­Bundesrat Christoph Blocher sowie Historiker­Star und Geschichts­professor Thomas Maissen. Man schreibt den 21. April des Jahres 2015 – und man streitet um weit zurücklie­gende Geschehnisse aus den Jahren 1315, 1515, 1815. Angereist war, nebst den Fans aus beiden Lagern, erstaun­lich viel Prominenz, unter ihnen Otto Lampe, deutscher Bot­schafter in der Schweiz, und einige Parlamenta­rier. Anderntags fasste der «Blick» das «Duell über Schweizer Mythen» sportlich zusammen: «4:3 für Maissen».

Wenn es auch nicht um Sport geht – das Inte­resse des Publikums an den wirkungsvoll inszenierten histo­rischen Debatten ist derzeit in der Schweiz fast so gross wie an Fussball. Nicht nur der «Blick», auch die «Welt­woche», die «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ) sowie Radio­ und Fernsehen veranstalteten in den vergangenen Monaten entsprechende Gesprächs­runden. Die Hauptdarsteller waren in unterschiedlicher Zusammensetzung immer etwa die gleichen: Neben Blo­cher und Maissen auch der spitzzün­gige SVP­Nationalrat und Medizin­ historiker Christoph Mörgeli,

«Weltwoche»­Chef und SVP­National­ratskandidat Roger Köppel, der SVP­nahe Chefredaktor der «Basler­Zei­tung», Markus Somm, der Berner Historiker André Holenstein und der Basler Historiker Georg Kreis.

Schlachtenlärm auf Podien

Dabei ist es nicht etwa so, dass die Po­litiker mit dem Holzhammer vorge­hen und die Wissenschaftler distin­guiert mit der feinen Klinge operieren. Thomas Maissen geht in seinem neus­ten Buch «Schweizer Heldengeschich­ten – und was dahintersteckt» für einen Historiker und Univer sitäts­professor erstaunlich konfrontativ vor: Die einzelnen Kapitel werden je­

weils mit einem Zitat von Christoph Blocher oder SVP­Bundesrat Ueli Maurer eingeleitet, um das Diktum dann lustvoll auseinander­zunehmen. Das Buch sei eine Reaktion «auf die geschickte und sehr erfolgreiche Erinne­r ungspolitik der

schweizerischen Nationalkonservati­ven in den letzten 25 Jahren». Blocher warf dem Historiker gemäss «Blick» vor, die Schweiz auflösen zu wollen, damit sie in die EU geführt werden könne: «Wenn man die Schweiz nicht ernst nimmt, sie entmystifiziert, ihre Geschichte entstellt und sagt, die Schweiz ist eigentlich gar nichts Rech­tes gewesen, will man die Nation weg­putzen.»

Der Schlachtenlärm auf Podien und in Publikationen ist laut, so laut, dass Innenminister Alain Berset die

Streithähne während einer Stände­ratsdebatte gar zur Mässigung aufrief. Die Art und Weise des Streits über das richtige Geschichtsbild spalte Land und Leute, sagte der SP­Bundesrat: «Ich bitte Sie zu bedenken, dass all diese Erzählungen zu einer grossen gemeinsamen Geschichte gehören. Unserer Geschichte.»

Dass Geschichte derzeit in der Schweiz so viele Emotionen freisetzt, hat vordergründig mit der Massierung von Gedenkjahren zu tun: Schlacht am Morgarten (1315), Eroberung des Aarg­aus durch die Eidgenossen (1415), Schlacht bei Marignano (1515), Wiener Kongress und die neuen Kantone Genf, Neuenburg und Wallis (1815). Das alles führt im Laufe des Jahres zu ungezähl­ten Feierlichkeiten und Veranstaltun­gen jeglicher Art. Auch die Medien sind voll von der Thematik. Die NZZ hat gar ein neues Magazin mit dem Titel

Wenn Geschichte den Wahlkampf befeuertDas helvetische Super-Jubiläumsjahr 2015 zeigt einmal mehr: Geschichte setzt Emotionen frei und hat viel mit Politik zu tun.

«Das Interesse des Publikums an wirkungsvoll insze-nierten historischen Debatten ist derzeit fast so gross wie an Fussball.»

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4

«NZZ-Geschichte» auf den Markt ge-worfen, das vierteljährlich erscheint. Titelgeschichte der ersten Ausgabe: «Napoleon – Erfinder der modernen Schweiz», Autor: Thomas Maissen.

Von 1315 bis 1815

Doch worum wird konkret gestrit-ten? Es ist eine Debatte mit mehreren Ebenen. Es geht erstens um das Ver-hältnis von nationalen Mythen und nationaler Erinnerungskultur zur wissenschaftlichen Geschichtsfor-schung, zweitens geht es um die un-terschiedliche Beurteilung der Be-deutung der historischen Ereignisse und drittens und vor allem geht es um Politik. Äusserer Anlass der Debatte sind die runden Gedenkjahre. Hier in stark verkürzter Form die Hauptkon-fliktlinien zu den einzelnen Ereignis-sen:

■ 1315: Die Schlacht am Morgarten hat in der helvetischen Erinnerungs-kultur eine prominente Stellung. Mit rollenden Steinen und Baumstäm-men hätten die tapferen Eidgenossen die hochgerüsteten Habsburger am Ägeri see in die Flucht geschlagen, wird erzählt. Wirklich bekannt ist al-lerdings einzig, dass das Ereignis in irgendeiner Art stattgefunden hat. Der genaue Ort ist umstritten, ebenso die Art des Konflikts und worum es genau ging; Die Quellenlage ist äusserst dürftig. Die meisten Exper-ten stufen die Bedeutung des Ereig-nisses als gering ein.

■ 1415: Die Bedeutung der Erobe-rung des Aargaus durch die Eidgenos-sen wird allgemein unterschätzt. Es handelte sich um eine Strafexpedition gegen die Habsburger, welche die Eid-genossen im Auftrag von König Sigis-

mund vom Haus der Luxemburger durchführten. Damit bildeten sich die ersten Gemeinen Herrschaften. «Ohne diese gemeinsame Aufgabe, ohne die Eroberung des Aargaus, wäre das oft strapazierte eidgenössische Bündnis ebenso wenig zusammengeblieben wie die (deutsche) Hanse», schreibt Maissen in der NZZ.

■ 1515: Die Schlacht bei Marignano hat ebenfalls einen hohen Stellenwert in der Erinnerungskultur. Die Nieder-lage der Eidgenossen wird als zentra-ler Wendepunkt der Schweizer Ge-schichte dargestellt, weil damit das Ende der aktiven Expansionspolitik eingeläutet worden sei. Zudem liege hier der Kern der später entwickelten Neutralitätspolitik. Bei dieser Inter-pretation geht vergessen, dass die Ex-pansionspolitik durchaus weiterging: Zwei Jahrzehnte später eroberte Bern

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4

Schwerpunkt

die Waadt und vorübergehend gar Teile Savoyens südlich des Genfersees. Zudem band sich die Eidgenossen­schaft mit Soldverträgen vor allem an Frankreich. Das Neutralitätsdenken, so lautet die Kritik der meisten Exper­ten, habe sich erst viel später heraus­gebildet.

■ 1815: Der Wiener Kongress, der das nachnapoleonische Europa ordnete, führte unter anderem zur Anerken­nung der dauerhaften Neutralität der Schweiz. Das lag aber vor allem im eu­ropäischen Interesse, weil die Schweiz eine Pufferzone an Frankreichs Ost­grenze bildete. Dazu brauchte es ein Diktat der Siegermächte: Die Schweiz, die in Wien äusserst zerstritten auftrat, musste als Preis die ihr gesetzten in­neren und äusseren Grenzen akzep­tieren und die neuen französischspra­chigen Kantone Genf, Wallis und Neuenburg integrieren.

Geschichtsbild als Polit-Botschaft

Wer diese Ereignisse allein in natio­nalgeschichtlicher Perspektive sieht, interpretiert sie als zielgerichtete, be­wusste Akte der Selbstbestimmung, des Unabhängigkeitsstrebens und der militärischen Verteidigung gegen Fremdbestimmung. Dieses Ge­schichtsbild wird als Hintergrund­musik für eine hochpolitische Bot­schaft eingesetzt: Wer die unter grossen Opfern erkämpfte Unabhän­gigkeit bewahren will, muss SVP wäh­len. Die Volkspartei habe diese De­batte «von langer Hand vorbereitet», sagt Hermann Strittmatter, der Doyen der Schweizer Werbewirtschaft, in ei­nem Interview mit der «NZZ am Sonn­tag». «Im Gegensatz zu anderen politi­schen Bewegungen planen die Nationalkonservativen solche Kampa­gnen langfristig.» Die Kampagne sei «professionell und kommunikativ in­telligent angezettelt». Der Werbefach­mann warnt deshalb davor, «diese Ma­rignano­Debatte zu belächeln».

Die vermeintlich historische Debatte ist also eigentlich ein Stellvertreter­krieg um die kulturelle Hegemonie, um die Deutungsmacht. Sie ist ein Identifikationsangebot an ein zutiefst verunsichertes Land – ein Land, das zwischen wirtschaftlicher Globalisie­rung und starker europapolitischer Integration einerseits und kultureller Rückwärtsorientierung, Renationali­sierung und Abschottungstendenzen anderseits hin­ und hergerissen ist. Thomas Maissen sagt, es sei im Kampf um Macht und Wähleranteile legitim, «veraltete Forschungsstände» zu nut­zen: «Es ist aber ebenso legitim und manchmal auch nötig, dass ein Wis­senschaftler die politische und volks­tümliche Deutung der Geschichte mit dem aktuellen Wissensstand unter Fachleuten vergleicht.»

Verflechtung und Abgrenzung

Nicht nur für Thomas Maissen, auch für seinen nicht minder prominen­ten Historikerkollegen André Holen­stein, Professor in Bern, ist das Ge­schichtsbild der Volkspartei ein Thema: Bereits Ende 2014 hat er ein vieldiskutiertes Buch mit dem Titel «Mitten in Europa: Verflechtung und Abgrenzung in der Schweizer Ge­schichte» publiziert. «Die Schweize­rische Volkspartei (SVP) verdankt ih­ren Aufstieg in den Kreis der wählerstärksten Parteien seit den 1990er­Jahren einer politischen Stra­tegie, die die Ängste der Schweizer Bevölkerung vor der kulturellen Ent­fremdung im eigenen Land aufgreift», schreibt Holenstein in der Einleitung. Die aktuellen Irritationen nationaler Befindlichkeiten seien zwar der An­lass, aber nicht die tiefere Motivation zu diesem Buch. Diese liege vielmehr in der Beobachtung, «wie ambivalent, widersprüchlich, mitunter geradezu schizophren das Verhalten des Klein­staats Schweiz anmutet, der seit je existenziell mit Europa und der Welt verflochten ist und sich gleichzeitig

Kein Interesse an MarignanoDie Geschichtsdebatte zu Marignano und um Wahrheiten und Mythen findet in der Romandie kaum Resonanz.

BARBARA ENGEL

Die sonst sehr debattierfreudigen West­schweizer beteiligen sich nur marginal an den Diskussionen um die Bedeutung der ge­schichtlichen Ereignisse, die in diesem Jahr in der Schweiz gefeiert werden. Das hat einen einfachen Grund: 1515 mit Marignano ist kein Datum der Westschweizer Geschichte, die Schlacht spielte in der welschen Geschichts­wissenschaft nie eine bedeutende Rolle. Das klassische Narrativ der Deutschschweiz in­teressiert die Romands wenig, denn sie

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waren damals nicht dabei: weder in den heroischen Gründungsjahren der Eidgenos-senschaft, noch bei der Erweiterung zur achtörtigen Schweiz im 14. Jahrhundert und auch nicht bei der darauffolgenden Phase der Expansion mit der Eroberung des Aargaus und des Thurgaus. Auch der Aufstieg der Eid-genossenschaft zu einem europäischen Machtfaktor geschah, bevor die Romands «Schweizer» wurden.

Die 1388 entstandene achtörtige Eidge-nossenschaft war ein durch und durch Deutschschweizer Gebilde. Die Ausdehnung der Eidgenossenschaft in die jetzige Roman-die begann erst mit den Burgunderkriegen (1476 – 1481), die mit dem Beitritt von Solothurn und Freiburg zur Eidgenossenschaft endeten. Das zweisprachige Freiburg war das erste wel-sche Element im Bund. Doch genaugenom-men entstand eine welsche Schweiz erst 1798 mit der Helvetischen Republik. Und erst 1848, bei der Gründung des Bundesstaates, wurden

auch die Genfer, Waadtländer, Neuenburger, Welschfreiburger, Welschwalliser und die Jurassier zu Bürgern eines einzigen Staates. Man könnte also auch 1848 zum Gründungs-jahr der Romandie erklären.

Im 19. Jahrhundert war die Romandie jedoch noch klar zweigeteilt: Es gab die Regionen mit liberaler und reformierter Tradition – Genf, Waadt, Neuen-burg und der südliche Teil des Berner Juras – und jene mit mehrheitlich katholisch-kon-servativer Prägung – Freiburg, Wallis und Nordjura. Die ideologischen und konfessionellen Gegensätze waren weit wichtiger als das verbindende Element der Sprache.

Die Situation änderte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die wachsende Feindschaft zwischen Deutschland und Frankreich spie-gelte sich auch in Spannungen zwischen den

Schweizer Sprachgruppen. Die Romands wa-ren plötzlich nicht mehr nur Genfer, Waadt-länder und Neuenburger, sie definierten sich als Angehörige einer Sprachregion. In jener

Zeit tauchte auch erstmals der Begriff «Romandie» auf, als Er-satz für die herkömmlichen Be-griffe «Suisse romande» oder «Welschland». Die sprachliche Neuschöpfung drückte zwar ein neues Zusammengehörigkeit gefühl aus, der Begriff habe in der welschen Schweiz jedoch bis heute «einen eher schlech-

ten Ruf», schreibt Christophe Büchi, Korre-spondent der «Neuen Zürcher Zeitung» in Lausanne. Offiziell verwendet wird der Be-griff jedenfalls einzig im Namen des Velo-rennens «Tour de Romandie».

BARBARA ENGEL IST CHEFREDAKTORIN DER «SCHWEIZER

REVUE»

«Der Aufstieg der Eidgenossenschaft zu einem europäi-schen Machtfaktor geschah, bevor die Romands ‹Schwei-zer› wurden.»

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4

Schwerpunkt

STÉPHANE HERZOG

Von Christoph Büchi, 2001 bis 2014 Westschweiz-Korres-pondent der «Neuen Zürcher Zeitung», ist eine Neuauflage seines Buchs «Mariage de raison. Romands et alémaniques» erschienen. Es ist der richtige Zeitpunkt dafür. Wenn hoch-emotional über den Französischunterricht an den Deutsch-schweizer Primarschulen diskutiert wird, ist es Zeit, die Bin-dungen, aus denen die Schweiz hervorgegangen ist, näher zu betrachten – und damit auch die Gräben, die es zwischen den Regionen gibt – zum Beispiel jener, der im Anschluss an das Nein bei der Volksabstimmung zum EWR im Jahr 1992 entstand. Das Nein hat nach Einschätzung des Autors «zu einer tiefen Spaltung des Landes geführt».

Die «Vernunftehe» ist ein kluges, in sparsamer Sprache verfasstes und stellenweise komisches Buch. Es wimmelt von Ideen und macht seinen Leser schlau, da ein jeder Bruchstücke aus der Schweizer Geschichte kennt, die Büchi zusammenführt und so von der Schweiz von heute erzählt. Der Autor erzählt von den Eidgenossen und von den gewon-nenen Schlachten der Waldstätte gegen die europäischen Grossmächte, etwa jene am Morgarten (1315) und bei Sem-pach (1388). Er tut dies ohne nationalistisch zu werden, aber nicht ohne Emotionen – die Hartnäckigkeit, der Unabhän-gigkeitsdrang und der Mut unserer Vorfahren gebieten Respekt.

Jenseits der historischen Darstellung und der politi-schen Analyse ist das Werk des Deutschschweizer Journa-listen eine Hommage an die Mehrsprachigkeit. Er erklärt, warum die Deutschschweizer sich für das Deutsche als Schriftsprache entschieden (ein Vermächtnis der Reforma-tion) und gleichzeitig ihren Dialekt beibehalten haben, während die Romands das Frankoprovenzalische aufga-ben, um die von den französischen Königen gesprochene Langue d'oïl (das Hochfranzösische) anzunehmen. Mit die-ser Sprache und dem Ansehen Frankreichs kompensieren die Romands ihre Stellung als Minderheit in der Schweiz, schreibt Büchi. Bedingung dafür ist jedoch, dass die Deutschschweizer auch weiterhin Französisch lernen und bereit sind, Hochdeutsch statt Dialekt zu verwenden. Die Romands – die meisten haben etwas Hochdeutsch gelernt – erwarten, dass es von den Deutschschweizern im Gespräch mit ihnen verwendet wird. «Die Mehrsprachigkeit ist Sinn-bild für die Idee Schweiz», folgert der Journalist.

geistig und mental dagegen ab-grenzt».

Holenstein bringt nicht primär neue Fakten ins Spiel, schreibt aber die Schweizer Geschichte konsequent un-ter dem Gesichtspunkt von Verflech-tung und Abgrenzung. Seit dem aus-gehenden Mittelalter, als sich die Eidgenossenschaft ihrer Identität zu versichern begann, prägten die Gegen-satzpaare Partizipation und Abschot-tung, Einbindung und Einigelung, In-tegration und Abkapselung in unterschiedlicher Akzentuierung ihre Lebens- und Überlebens-strategien. Holenstein wertet nicht, er sieht in dieser Wechselbeziehung gar etwas Fruchtbares, das letztlich erkläre, «wes-halb die Schweiz die Wen-depunkte der Vergangen-heit überdauerte und es sie im frühen 21. Jahrhun-dert überhaupt noch gibt».

Linkes Gegensteuer ohne Chancen

Die nationalkonservativen Kräfte tra-gen ihre Position im Wahljahr derart dominant vor, dass die anderen Par-teien schwer ins Hintertreffen geraten sind. Die übrigen bürgerlichen Par-teien beteiligen sich kaum an der ge-schichtspolitischen Debatte. Die Lin-ken, vorab die Sozialdemokratische Partei, versuchen andere historische Bezugspunkte in Erinnerung zu rufen

– allerdings ohne grosses Echo. So hat die SP angeregt, im Gedenken ans Ende des Zweiten Weltkriegs im Mai vor 70 Jahren, Friedenslinden zu pflanzen – dies in Anlehnung an die 1945 verbreiteten, spontanen Aktio-nen. Einzelne Städte und Dörfer ha-ben diese Idee aufgenommen, jedoch mit bescheidener öffentlicher Reso-nanz. In der April -Nummer der SP-Zeitschrift «Links» wirft der Histo-riker Peter Hug der offiziellen Schweiz vor, sie habe die Erinnerung an den 8. Mai 1945 «sträflich vernachlässigt». In-

sofern gebe es einen engen Zusam-menhang zwischen der fehlenden Er-innerungskultur «und der in der Schweiz vorhandenen Stimmung, Eu-ropa stehe uns im Grunde genommen feindlich gegenüber».

Es ist kein schlechtes Zeichen für eine lebendige Demokratie, wenn un-terschiedliche Bezüge zur eigenen Vergangenheit hergestellt und unter-schiedliche Erinnerungskulturen ge-pflegt werden. Aber diese müssen sich an der wissenschaftlich aufgearbeite-ten Faktenlage messen lassen. Es gibt

ein «Vetorecht der Quellen.» Das heisst: Obschon die Ge-schichtswissenschaft keine exakte Wissenschaft ist, kann ein Fachhistoriker nicht etwas behaupten, das durch die Quellenlage nicht gestützt wird respek-tive falsifiziert ist. Aufgabe der Wissenschaft ist es, die Debatte über die Deutung

von Fakten zu führen, wobei vom ak-tuellen Wissensstand auszugehen ist. Problematisch wird es, wenn die Deu-tung der Vergangenheit an eine klare politische Botschaft für die Zukunft gekoppelt wird. Bundesrat Alain Ber-set kleidete diese Warnung am Schluss seiner Rede zur Eröffnung der Marignano-Ausstellung im Landes-museum in folgende Worte: «Wir ha-ben mehr als eine mögliche Sicht auf die Vergangenheit – und wir haben auch mehr als eine mögliche Zukunft. Wie sagte doch Winston Churchill: ‹Wenn wir einen Streit zwischen Ver-gangenheit und Gegenwart anzetteln, verlieren wir unsere Zukunft.›»

JÜRG MÜLLER IST REDAKTOR DER «SCHWEIZER

REVUE»

Eine Vernunftehe

«Wir haben mehr als eine mögliche Sicht auf die Vergangenheit

– und wir haben auch mehr als eine mögliche Zukunft.»

Zitierte Literatur:Thomas Maissen: «Schweizer Heldengeschichten – und was dahinter steckt». Verlag Hier und Jetzt, Baden, 2015. André Holenstein: «Mitten in Europa. Verflech-tung und Abgrenzung in der Schweizer Geschichte». Verlag Hier und Jetzt, Baden, 2014.

MARIAGE DE RAISON. ROMANDS ET ALÉMANIQUES. Une histoire suisse. Christoph Büchi; Editions Zoé, 2015; 455 Seiten; CHF 30.–.

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4 / Foto: Mara Truog

Kolumne

Schattenschlacht und GegenwartsdeutungGeorg Kohler, emeritierter Professor für politische Philosophie der Universität Zürich, beobachtet und analysiert für die

Auslandschweizer über das ganze Jahr 2015 den Wahlkampf in der Schweiz.

GEORG KOHLER

Beim Streit um die Bedeutung der Schwei-zer Geschichte, der zurzeit hochkocht, geht es im Grunde um die Zukunft. Es geht um die Frage, ob und wie sich die Schweiz an das gewandelte europäische Umfeld an-passen soll. Was wir sind, zeigt uns die Vergangenheit, durch sie wurden wir, was uns besonders macht. Dies die These derer, die die Schweiz in ihrem geistigen Kern bedroht sehen. Dieser Kern war jedoch im-mer nur in Zeiten grösster Krisenlagen scharf definiert. Ergo verliert er seine klare Gestalt, wenn wir, wie jetzt, in Zeiten friedlicher Neuorientierung leben. Dass die Schweiz schon seit dem Umbruch von 1989 ein Um-denken braucht, ist ein objektiver Tatbestand, bloss wollte man das nicht wahrhaben. Nun ist es, in diffuser Weise, ins Bewusstsein der Mehrheit gedrungen.

Es ist keine Überraschung, dass eine Neuorientierung schwierig zu finden sein wird. Ein Land wie die Schweiz, das zwar mitten in Europa liegt, spätestens seit 1914 aber die eigene politische Identität wesentlich über seine «An-dersheit» bestimmt, gerät in Nöte, wenn die «Andersheit» auf dem Spiel zu stehen scheint.

Aus verschiedenen Gründen ist im heutigen Europa die Chance der Schweiz sehr eingeschränkt, den Sonderfallsta-tus, den sie immer wieder reklamiert hatte, zu behaupten. Immerwährende, bewaffnete Neutralität, Kleinstaatlich-keit und auf direkte Bürgerbeteiligung ausgerichtete Ins-titutionen sind (oder waren) die Basiselemente des hiesi-gen Selbstbewusstseins. Sie hatten die hoch erfolgreiche Epoche des Landes vom Anfang bis gegen das Ende des letz-ten Jahrhunderts geprägt. Leider muss man heute über ihre tiefgreifende Revision nachdenken.

Wir sind umzingelt von Freunden; entsprechend schwierig ist es, die Rationalität eines Neutralitätsstatus zu rechtfertigen, der «die Anderen» als kriegsaffine Machtstaa-ten begreift. Und auch hierzulande ist niemandem verbor-gen geblieben, dass die «bewaffnete Neutralität» nur im Schutz der Nato gedeihen konnte. Zweideutig erscheint auch die diskursbeherrschende Figur des «Kleinstaates». Sie passt schlecht zum Faktum, einen der weltweit grössten Finanzplätze zu beherbergen und als Kapitalexporteur eine politökonomische Mittelmacht zu sein. Die Schweiz bemühte sich nicht grundlos um eine Art Beifahrersitz im

Klub der G20. Mindestens der diplomati-schen Funktionselite des Landes ist nie verborgen geblieben, dass die Schweiz un-entrinnbar verstrickt ist in die für die Ge-genwart bezeichnenden Ordnungs- und Verrechtlichungszwänge. Der unrühm-lich verlorene Kampf um das Bankgeheim-nis ist dafür das auffälligste Paradigma. Es belegt auch die Wucht weltpolitischer Strömungen, die dem zentralen Leitge-danken unserer Demokratie unmittelbar entgegenwirken; nämlich der Idee, das Po-

litische vom Ökonomischen trennen zu können. Die globalisierte Wirtschaft jedoch verlangt eine Orga-

nisation von Politik und Recht, die zu transnationalen Inte-ressenbündelungen und überstaatlichen Regulierungen führt. Dieses Modell ist dem bisherigen Operationsschema eidgenössischer Weltorientierung – bestehend aus Markt-globalismus plus politische Abschottung vor ausländischer Einflussnahme – diametral entgegengesetzt. Opfer dieser Tendenz, das ist nicht zu leugnen, ist auch die uneinge-schränkte Autonomie des direktdemokratischen Souveräns.

Fazit – in gesellschaftstheoretischer, nicht geschichts-mythischer Perspektive: Der Gedanke der machtpoliti-schen Neutralität hat an Bedeutung eingebüsst, weil nicht mehr die Möglichkeit der Kriege, sondern die Notwendig-keiten des organisierten Marktverkehrs die epochenspezi-fischen Faktoren sind.

Die nationalstaatliche Demokratie ist also nicht mehr in der Lage, allein und ohne Rücksichtnahme auf transna-tionale Interessen den soliden Boden für eine militärisch gesicherte und international als legitim akzeptierte Ord-nung und Entwicklung zu garantieren. Demzufolge sind für die aktuellen Identitätsprobleme des Landes nicht das mangelnde Gefühl für die alten Lehren der Geschichte, son-dern die neuen Fakten länderübergreifender Zivilisations-probleme verantwortlich. Nüchtern betrachtet liefern diese Fakten die Probleme, welche die schweizerische Iden-titätsdebatte zu bearbeiten hätte.

Stattdessen beobachten wir eine Schattenschlacht: Die Verteidiger der eidgenössischen Gründungsmythen gegen die historiografische Forschung, die sowohl Faktennähe wie Realitätstauglichkeit der traditionellen Narrative kri-tisiert. Es ist eine Schlacht um die Schatten der Geschichte, in der die Gegenwart nicht vergessen werden darf.

WAHLEN 2015

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4

Wirtschaft

BANKEN

Aargauische Kantonalbank

Jurassische Kantonalbank

Luzerner Kantonalbank

Neuenburger Kantonalbank

Nidwalder Kantonalbank

Obwalder Kantonalbank

Schaffhauser Kantonalbank

Banca dello Stato del cantone Ticino

Thurgauer Kantonalbank

Urner Kantonalbank

KONTEN FÜR IM AUSLAND ANSÄSSIGE PERSONEN

Ja, in den angrenzenden Ländern sowie einigen anderen Ländern (keine Angaben)

Ja, ausser bei Embargoländern

Ja (Liste der von der Luzerner Kantonalbank anerkannten Wohnsitzländer nicht öffentlich)

Ja, ausser bei Wohnsitz in den USA oder amerikanischer Staatsangehörigkeit

Ja, bei in EU-/EFTA-Ländern, Australien und Neuseeland ansässigen Personen

Ja, ausser USA und GB

Ja

Ja, ausser Risikoländer

Ja, für in Deutschland und Österreich ansässige Personen (mögliche Einschrän-kungen bei anderen Ländern)

Nein. Ausnahmen möglich, aber Beziehung zu Uri und Rentabilitätsschwelle erforderlich

HYPOTHEKEN FÜR IMMOBILIEN IN DER SCHWEIZ

Ja

Ja

Ja

keine Informationen

Ja

Ja

Ja

Nein

Ja

MINDESTEINLAGE

Nein

Nein

CHF 250 000.–

Nein in EUCHF 10 000.– ausserhalb EU

Für die Kontoeröffnung: CHF 250 000.–Für die Kontoführung: CHF 50 000.–

Für die Kontoeröffnung: CHF 250 000.–Für die Kontoführung: abhängig von der Situation des Kunden

Nein

Nein

Nein

GEBÜHREN PRO MONAT

Zwischen 0 und 60.–, je nach Wohnsitz/Volumen/Produkten

5.–

Gebühren auf der Website der Bank veröffentlicht

Sondertarife

25.–

Keine Informationen

Sondertarife

Keine Sondertarife

30.–, keine Gebühren bei Vermögen über CHF 50 000.–

Seit 2008 ist es für Auslandschweizerinnen und Auslandschwei-zer schwierig, in der Schweiz ein Bankkonto zu eröffnen oder zu führen. Einige wurden von der Bank vor die Tür gesetzt, mit der sie von jeher eine Geschäftsbeziehung unterhielten. Mehrere In-stitute lassen die Herstellung einer Bankbeziehung zu, indem sie Gebühren anwenden, die sich danach unterscheiden, ob es sich

um in der Schweiz oder ausserhalb der Schweiz ansässige Perso-nen handelt. Bestimmte Banken verlangen eine Mindesteinlage auf dem Konto. Um Ihnen einen Überblick über das Geschäftsge-baren der Finanzinstitute in Bezug auf im Ausland lebende Kun-den zu verschaffen, hat die Auslandschweizer-Organisation (ASO)eine Umfrage durchgeführt.

Die Banken und die Auslandschweizer

Dienstleistungen und Konditionen der Banken

Berner Kantonalbank

Appenzeller Kantonalbank Nur für in Deutschland, Österreich und Liechtenstein ansässige Personen

Ja Nein 20.–, (ausser Liechtenstein)

Ja, ausser Kunden mit Sitz in bestimmten, nicht an er kannten Ländern

Ja Nein Variiert je nach Produkt

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4

BANKEN

Walliser Kantonalbank

Waadtländer Kantonalbank

Zuger Kantonalbank

Valiant Bank

Migros Bank

Raiffeisen

Swissquote

WIR Bank

PostFinance

Neue Helvetische Bank

KONTEN FÜR IM AUSLAND ANSÄSSIGE PERSONEN

Ja

Ja, ausser USA, Iran, Syrien, Nordkorea sowie Länder mit Devisenkontrolle

Nein (Ausnahmen bei vorüberge-henden Auslandsaufenthalten)

Ja, ausser bei Embargoländern

Ja (Unterscheidung zwischen 3 Gruppen: 1. Wohnsitz USA; 2. Wohnsitz EU; 3. Wohnsitz in der restlichen Welt)

Ja, mit Ausnahmen. Z.B. Argentinien, Kasachstan, Indien, Libyen, Malaysia, Marokko, Russland, Südafrika, USA

Ja, ausser USA und eventuell Kanada sowie weitere Länder

Ja bei EU-/EFTA-Ländern sowie einigen Ländern, die gemäss Korruptionsindex nur einen geringen Grad an Korruption aufweisen

Ja, ausser bei Embargoländern

Ja, jede Anfrage wird individuell geprüft

HYPOTHEKEN FÜR IMMOBILIEN IN DER SCHWEIZ

Keine Angaben

Ja

Ja

Ja

Ja

Nein

Ja

Nein

MINDESTEINLAGE

Nein

Nein

Nein

Nein

CHF 250 000.– für «Restliche Welt»-Kunden

CHF 50 000.–

Nein, Ausnahmen möglich

Nein

Nein

Nein

GEBÜHREN PRO MONAT

Keine Angaben

Keine Sondergebühren

Sondergebühren

5.– für in der OECD ansässige Personen10.– für ausserhalb der OECD ansässige Personen

Sondergebühren

Keine Sondergebühren

Keine Sondergebühren

15.–

Keine Sondergebühren

Die vorliegenden Angaben gelten zum Zeit-punkt der Umfrage, sie können Änderungen seitens der befragten Bankinstitute unterlie-gen. Die befragten Bankinstitute betonen, dass ihr Geschäftsgebaren nicht von der Staatsangehörigkeit ihrer Kunden, sondern von deren Wohnsitz bestimmt wird. Alle Bank institute verlangen bei Eröffnung eines

Kontos in der Schweiz persönliches Erschei-nen; eine Ausnahme bildet hier Swissquote, die von den Antragstellenden die Einrei-chung verschiedener Dokumente verlangt. In der Regel verlangen alle Bankinstitute eine Steuerkonformitätserklärung oder einen Nachweis, dass die betreffenden Vermögens-werte ordnungsgemäss deklariert wurden.

Die Eröffnung eines Kontos unterliegt bis-weilen zusätzlichen Konditionen, darunter etwa regelmässige Beziehungen und Aufent-halte im Geschäftsgebiet der Bank. Eine Ta-belle mit detaillierteren Ergebnissen finden Sie auf der Website der Auslandschwei-zer-Organisation www.aso.ch > Beratung > Leben im Ausland > Banken

37 Banken wurden kontaktiert, 15 haben auf die Anfrage nicht geantwortet: Julius Bär, UBS, Crédit Suisse, Bank Sarasin, Bank Coop, Bank Zweiplus, Basellandschaftliche Kantonal-bank, Basler Kantonalbank, Glarner Kantonalbank, St. Galler Kantonalbank, Schwyzer Kantonalbank, Graubündner Kantonalbank, Genfer Kantonalbank, Freiburger Kantonalbank, Bank Vontobel.

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4

Politik

IMPRESSUM: «Schweizer Revue», die Zeitschrift für die Auslandschweizerinnen und Ausland-schweizer, erscheint im 41. Jahrgang in deutscher, französischer, italienischer, englischer und spanischer Sprache in 14 regionalen Ausgaben und einer Gesamtauflage von rund 400 000 Exemplaren (davon Online-Versand:

165 000). Regionalnachrichten erschei-nen viermal im Jahr. Die Auftraggeber von Inseraten und Werbebeilagen tragen die volle Verantwortung für deren Inhalte. Diese entsprechen nicht zwingend der Meinung der Redaktion oder der Herausgeberin. REDAKTION: Barbara Engel (BE), Chefredaktorin; Marc Lettau (MUL);

Stéphane Herzog (SH); Jürg Müller (JM); Peter Zimmerli (PZ), Auslandschweizer-beziehungen EDA, 3003 Bern, verantwort-lich für die Seiten «new.admin.ch». ÜBERSETZUNG: CLS Communication AG GESTALTUNG: Herzog Design, Zürich DRUCK & PRODUKTION: Vogt-Schild Druck AG, 4552 Derendingen POSTADRESSE: Herausgeber/Sitz der

Redaktion/Inseraten-Administration: Auslandschweizer-Organisation, Alpenstrasse 26, 3006 Bern, Schweiz. Telefon +41 31 356 61 10 Fax +41 31 356 61 01, PC 30-6768-9. E-Mail: [email protected]

REDAKTIONSSCHLUSS dieser Ausgabe: 15.6.2015

Alle bei einer Schweizer Vertretung immatrikulierten Auslandschweizer erhalten das Magazin gratis. Andere inte-ressierte Personen können das Magazin für eine jährliche Gebühr abonnieren (Schweiz: CHF 30.–/Ausland: CHF 50.–). Abonnenten wird das Magazin manuell aus Bern zugestellt. Information auf www.revue.ch.

ADRESSÄNDERUNG: Bitte teilen Sie Ihre neue Adresse Ihrer Botschaft oder Ihrem Konsulat mit und schreiben Sie nicht an die Redaktion in Bern.

TIMGULDIMANNDer Internationalrat.

FÜR ALLESTATTFÜR WENIGEEidgenössische Wahlenvom 18. Oktober 2015

www.spschweiz.ch/international

Kandidiert im Kanton Zürich,wohnt in Berlin

Reiche Erben müssen nicht mehr zittern – dafür die SRGDas Volk sagte am 14. Juni 2015 zweimal Ja und zweimal Nein: Angenom­men wurden eine allgemeine Abgabe für Radio und Fernsehen und eine Ver­fassungsänderung zur Präimplantationsdiagnostik (PID). Abgelehnt hat das Volk die Erbschaftssteuer und eine Bundeslösung bei den Stipendien.

JÜRG MÜLLER

Das Resultat bei der Abgabe für Radio und Fernsehen war mit 50,1 Pro-zent Ja-Stimmen äusserst knapp – 3696 Stimmen gaben den Ausschlag. Dies, obwohl es bei der Teilrevision des Radio- und Fernsehgesetzes le-diglich um den Wechsel des Finanzierungssystems ging: Anstelle der bisherigen Empfangsgebühren für Gerätebesitzer wird nun eine allge-meine Abgabe für alle Haushalte eingeführt. Der Grund dafür: Heute kann jedermann auf Computern, Tablets und Smartphones Sendun-gen empfangen, auch ohne ein Radio- oder Fernsehgerät zu besitzen. Was eher technisch tönt und anfänglich wenig bestritten war, führte jedoch imAbstimmungskampf zu einer epischen Mediendebatte über Sinn und Umfang des Service Public der öffentlich-rechtlichen Schwei-zerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG). Die Gegner der Vor-lage bezeichneten die allgemeine Abgabe als «Mediensteuer». Das hat offenbar verfangen: Neue Steuern sind immer unbeliebt. Die Debatte über die SRG und ihre Dienste wird nun sicher weitergehen. Ob mit sachlichen Argumenten oder weiterhin so gehässig wie in den vergan-genen Wochen, wird sich zeigen.

Erbschaftssteuer ohne ChanceEinmal mehr hatte eine Initiative zum Themenkreis soziale Gerechtig-keit und Umverteilung keine Chance. Kurze Zeit nach der Mindestlohn-

und der 1:12-Initiative sowie der Initiative zur Abschaffung der Pauschalsteuer wurde am 14. Juni auch die links-grüne Erbschafts-steuerinitiative mit 71 Prozent Nein deutlich verworfen. Ziel der Initi-ative wäre es gewesen, Erbschaften in Zukunft mit 20 Prozent zu besteuern, wobei ein Freibetrag von zwei Millionen Franken gegolten hätte. Der Ertrag der neuen Steuer sollte zu zwei Dritteln der AHV zu-gutekommen, ein Drittel wäre an die Kantone geflossen; dafür hätten die Kantone keine eigene Erbschaftssteuer mehr erheben dürfen.

PID: Zweiter Akt folgtHeikle ethische Fragen wurden bei der Verfassungsvorlage zur Präim-plantationsdiagnostik (PID) diskutiert, die mit 61,9 Prozent Jastimmen angenommen wurde. Es geht darum, dass Paare, die sich einer künst-lichen Befruchtung unterziehen, die PID in Anspruch nehmen können. Sie dürfen die Embryonen vor der Einpflanzung bei der Frau auf Erb-krankheiten und Gendefekte hin untersuchen lassen, um anschlie-ssend nur jene Embryonen für das Fortpflanzungsverfahren zu ver-wenden, die nicht von diesen Krankheiten betroffen sind. Die Debatte ist noch nicht abgeschlossen, denn gleichzeitig mit der Verfassungsre-vision hat das Parlament das Ausführungsgesetz beschlossen. Und ge-gen dieses Gesetz wird die Evangelische Volkspartei das Referendum ergreifen. Dies hat sie im Abstimmungskampf angekündigt.

Stipendien: Kantone sind weiter zuständigKeine Chance hatte das im Abstimmungskampf wenig diskutierte Sti-pendiengesetz, das mit 72,5 Prozent Neinstimmen abgelehnt wurde. Die Initiative zielte auf eine Harmonisierung der Stipendienvergabe und damit eine Verlagerung der Rechtskompetenz von den Kantonen auf den Bund. Zudem hätten Ausbildungsbeiträge während der Aus-bildung einen minimalen Lebensstandard garantieren sollen.

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4 / Foto: ZVG

Bücher und Literaten der Fünften Schweiz

alpinen Erzählung. Waren die Heidi-Bücher von einer ro-mantisierenden Städterin geschrieben, so wirkte «Maja» als ein Zeugnis eigenen Erlebens und Erinnerns unmittelbar echt und authentisch.

Das Buch wurde zu einem vielbeachteten Erfolg, und schon zwei Jahre später setzte Ina Jens die Erzählung von Majas Kindheit mit dem künstlerisch ebenbürtigen Band «Rosmarin» fort. Dann, zwischen 1935 und 1941, ging sie dazu über, in Bänden wie «Mirasol», «Manuelitos Glücks-fall», «Unter chilenischem Himmel» oder «Hannelores Ur-waldwinkel» Stoffe aus ihrer südamerikanischen Wahlhei-mat zu bearbeiten und den kleinen europäischen Lesern nahezubringen. Aber obwohl ihr auch da ab und zu noch ein Glanz-stück gelang, erreichten diese chi-lenischen Erzählungen insgesamt die Dichte und Glaubwürdigkeit der Domleschger Erinnerungen nicht mehr. So exotisch der chile-nische Schauplatz daherkommt: Es fehlt den Texten jene Innigkeit und Leuchtkraft, wie sie das Heim-weh in die Geschichte vom Mäd-chen Maja hineingezaubert hat.

Ina Jens starb, durch den Tod des einzigen Sohnes innerlich gebrochen, am 17. Januar 1945 mit 65 Jahren völlig vereinsamt in Valparaíso, ohne ihre Heimat je wiedergesehen zu haben.

CHARLES LINSMAYER IST LITERATURWISSEN-

SCHAFTLER UND JOURNALIST IN ZÜRICH

CHARLES LINSMAYER

Das Beispiel der Bündner Schriftstellerin Ina Jens zeigt sehr schön, wie der Blick aus einem anderen Land, ja einem an-deren Kontinent dazu führen kann, dass die Heimat, die je-mand verlassen hat, auf eine ganz besonders intensive, von Sehnsucht genährte Weise zu Literatur wird. Am 22. Okto-ber 1880 in Thusis geboren, absolvierte Claudia Cadisch das Lehrerseminar Chur und fand nach einem Vikariat in Watt-wil ein erstes Betätigungsfeld an der deutschen Auslands-schule der bulgarischen Stadt Rustschuck. Dort heiratete sie den deutschen Lehrerkollegen Carl G. Werkmeister und wurde 1907 mit ihm zusammen an die Deutsche Schule im chilenischen Concepción verpflichtet. 1916 zogen die bei-den nach Viña del Mar bei Valparaíso, wo bis 1923 ihr Mann und danach 22 Jahre lang Claudia Werkmeister-Cadisch selbst die Deutsche Schule leitete.

Hier nun, in der mondänen Stadt am Pazifik, erwachte in ihr das Heimweh nach Graubünden, und so verfasste sie unter dem Pseudonym Ina Jens ein Buch mit Erinnerungen an ihre Kindheit im Domleschg. Sie schickte das Manu-skript nach Basel zum Reinhardt-Verlag, wo der Erstling 1926 erschien.

Eigentlich kein Jugendbuch

Das Buch wurde sogleich der Jugendliteratur zugerechnet, obwohl es erst dem erwachsenen, für Nostalgie empfäng-lichen Leser seinen ganzen Zauber enthüllt. Unter dem schlichten Titel «Maja» war da in einprägsamen Bildern und Erlebnissen die Kindheit des gleichnamigen Bündner Mäd-chens dargestellt, das just in jenen Jahren im weltabgeschie-denen Domleschg heranwächst, als Johanna Spyris Hei-di-Bücher entstehen. Aber alles, was in jener Heidi-Welt an Sentimentalität und romantischer Beschönigung zutage tritt, findet hier sein Gegenstück in einer nüchtern gezeich-neten, eher prosaischen Atmosphäre, in einer glaubwürdi-gen, psychologisch einfühlsamen Figurencharakterisie-rung und in einem unverkrampften, selbstverständlichen Umgang mit den Bildern und Motiven der volkstümlichen

Wenn Heidi wirklich gelebt hätte ...Mit «Maja» und «Rosmarin» setzte Ina Jens dem Domleschg ein authentisches literarisches Denkmal – im fernen Chile.

«Da lachte die Grossmutter, fuhr noch einmal über den Rosmarin, sog den herben Geruch davon aus ihren Händen ein und sagte: ‹Das ist auch wieder so etwas Eigenes. Jedes Menschen Seele braucht ihren besonderen Duft, um die Vergangenheit lebendig zu machen, und der meine ist nun einmal Rosmarin. Wenn du älter bist, wirst du das auch noch erleben und verstehen.›»

(Aus: «Rosmarin», Basel, 1928, vergriffen)

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4 / Foto: ZVG

Politik

MARC LETTAU

Im Herbst des Jahres 1915 ertönte in Europa vielerorts fürchterlicher Ka-nonendonner. Auf den Kuppen des Längenbergs unweit von Bern hinge-gen war der Erste Weltkrieg weit weg. Zum Alltag gehörte hier Vogelgezwit-scher. Ganz gut ins Bild passten da die Ornithologen aus aller Welt, die am 5. September 1915 von Bern aus auf vier Pferdefuhrwerken durch die Wie-senlandschaft des Längenbergs kreuz-ten und am Abend in Zimmerwald einkehrten. Ihr erklärtes Ziel war, im Zimmerwalder Hotel Beau Séjour und in der benachbarten Pension einen or-nithologischen Kongress abzuhalten. Weil Zimmerwald zwar ein Fremden-verkehrsort sein wollte, aber nicht wirklich einer war, mangelte es an Ho-telbetten. Einige der Gäste nächtigten deshalb beim Tierarzt und beim Brief-träger des Dorfes.

Der weitere Verlauf der Geschichte ist rasch erzählt. Die gut drei Dutzend Gäste waren keine Vogelkundler. In Tat und Wahrheit versammelte sich hier – eingeladen vom Schweizer So-zialdemokraten Robert Grimm – die sozialistische Elite aus zwölf Ländern und brütete über die Frage, wie man Europas Arbeiterklasse dazu bewegen könnte, sich gegen die Kriegsmaschi-nerie zu stellen. Lange wurde an ei-nem Weckruf, dem «Zimmerwalder Manifest», gefeilt: «Proletarier! Seit Aus-bruch des Krieges habt ihr eure Tatkraft, euren Mut, eure Ausdauer in den Dienst der herrschenden Klassen gestellt. Nun gilt es, (...) für die Erlösung der geknech-teten Klassen einzutreten.» En passant wurde die Zimmerwalder Konferenz auch zum Gründungsmoment der Sowjetunion. Auf jeden Fall umriss der russische Revolutionär Wladimir

Iljitsch Uljanow alias Lenin hier, wie er die Verhältnisse in seiner Heimat umzukrempeln gedenke.

Zechende Sozialisten

Aus damaliger Sicht versammelten sich also in Zimmerwald hochgradig staatszersetzende Subjekte. Aber die Konferenz entging dem Blick der Ord-nungshüter. Zwar kreuzte Landjäger Meier auf und büsste den Wirt. Be-straft wurde er nicht für die im Hotel geschmiedeten Umsturzpläne; nicht akzeptabel war aus polizeilicher Sicht, dass im Beau Séjour «überwirtet», also zu lange gezecht, getanzt und gesun-gen wurde.

Für die Dörfler begann mit Verzö-gerung das eigentliche Drama. Als sie gewahr wurden, wie unbemerkt «die rote Gefahr» sich bei ihnen einge-schlichen hatte, machte sich Entset-zen breit. Dazu gesellte sich Scham, als die Spätfolgen der Konferenz

sichtbar wurden. 1917 erstarrte die Welt angesichts der von Lenin in die Wege geleiteten Oktoberrevolution. 1918 brachte der Landesstreik die Schweiz an den Rand des Zusammen-bruchs. An vorderster Front der Streikenden stand Arbeiterführer und Konferenz-Organisator Robert Grimm.

Zimmerwald erhielt Strahlkraft, ohne dies zu wollen: Es wurde welt-berühmt, zumindest in der sozialis-tischen Welt. Selbst im Putzger-Ge-schichtsatlas, einem unverdächtigen deutschen Standardwerk, war auf den Karten über die Zeit des Ersten Weltkrieges ein einziger historisch bedeutender schweizerischer Ort auszumachen: Zimmerwald.

«Der Name Zimmerwald erfuhr eine mythische Verehrung», konsta-tiert Julia Richers, Geschichtsprofes-sorin an der Universität Bern. Und so wuchs in Zimmerwald die Angst, zum Wallfahrtsort für Kommunisten

Die Lieder von Lenin, Trotzki, Grimm & Co. und die Ruhe in Zimmerwald In Zimmerwald trafen sich 1915 führende sozialistische Revolutionäre aus ganz Europa zu einer Geheimkonferenz. Als die Dorfbewohner dies arg verspätet merkten, reagierten sie entsetzt.

Hier trafen sich die als Ornithologen getarnten Sozialisten

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4 / Fotos: Keystone und ZVG

Politik

zu werden. Tatsächlich trudelten Briefe ein an den «Direktor des Lenin- Museums». Schulklassen aus der So-wjetunion schickten Postkarten. Auf Anfragen antwortete die Gemeinde-behörde meist sehr sec, manchmal so-gar grob. Post aus Leningrad ans «Lenin-Dorf» störte das bäuerliche Selbstverständnis Zimmerwalds.

Erinnerungsverbot

Zimmerwald kämpfte schliesslich gar per Gesetz fürs Vergessen. 1962 wur-den Gedenkstätten und Gedenkpla-ketten jeder Art verboten. Um linken Revoluzzern zum 50. Jahrestag der Konferenz jede Wallfahrtslaune zu vergällen, organisierten eingefleischte Kommunistengegner 1965 eine Ge-genkonferenz. 1971 doppelte Zimmer-wald nach und liess die Pension, in der Lenin gehaust hatte, abreissen.

Doch 1975 geschieht Ungeheuerli-ches: Im Weltall koppelten sich eine Apollo- und eine Sojus-Weltraumkap-sel aneinander. Die beiden höchst ge-gensätzlichen Supermächte USA und

UdSSR umrundeten verbunden die Erde. Die Erdenbürgerinnen und Er-denbürger staunten ob der technolo-gisch-pazifistischen Propagandamis-sion. Der Akt verrückte Weltbilder. Wenige Monate später kapitulierte auch Zimmerwald: Das Denkmalver-bot wurde im gleichen Jahr fallen ge-lassen.

Ein Lenin am Dorffest

Als das Dorf 1996 sein 700-Jahr-Jubi-läum feierte, bröckelten die Berüh-rungsängste weiter. Dutzende von ge-schmückten Wagen zogen durchs Dorf, die das ländliche Leben und die keltische Vorgeschichte illustrierten – integriert in den Umzug war ein Herr mit Bocksbärtchen, verkleidet als Lenin. Ein Dorf merkte, dass es die Ge-schichte nicht loswird. Mehr noch: Exakt aufs Fest hin formierte sich die Jazz-Band «Hot Lenin», eine Formation aus Musikern aus dem Dorf, die das folkloristische Grundrauschen Zim-merwalds mit Bossa Nova, Swing, La-tin und Funk aufpeppen wollten.

Grimm und Lenin in ZimmerwaldMit der sozialistischen Geheimkonferenz vom 5. bis 9. Septem-ber 1915 wurde im kleinen Bauerndorf Zimmerwald Weltge-schichte geschrieben. Die Vertreter aus zwölf Ländern – unter ihnen Lenin, Leo Trotzki, Grigori Sinowjew, Karl Radek und der Schweizer Sozialdemokrat Robert Grimm – erarbeiteten hier unter dem Eindruck der blutigen Kriegswirren ein Manifest, in welchem sie die internationale Arbeiterschaft dazu aufrief, sich gegen die Logik des Kriegs zu stellen. Nicht hinnehmbar war aus Sicht der in Zimmerwald Versammelten das Verhalten jener Sozialdemokraten und Sozialisten Europas, die aus nationalisti-schen Überlegungen die Kriegsanstrengungen ihrer Regierun-gen unterstützten und damit ihre pazifistischen und klassen-kämpferischen Forderungen aussetzten. Insbesondere Grimm wollte die sozialistischen Kräfte Europas neu bündeln und gegen den Krieg richten. In die Rhetorik der Zimmerwalder Konferenz übersetzt, hiess dies: Man erinnerte «die internatio-nale Arbeiterschaft an ihre Pflicht zum unversöhnlichen, proletarischen Klassenkampf». Erst die Wiedererweckung des Klassenkampfes, so die Überlegung, würde ermöglichen, umfassende Friedensaktionen einzuleiten.

Zimmerwald steht aber bis zu einem gewissen Grad auch für die Spaltung der Arbeiterbewegung in Sozialdemokraten und Kommunisten. Lenin machte in Zimmerwald klar, dass er sich mehr erhoffe als die blosse Antikriegspolitik Grimms. Als Vertreter einer radikalen, revolutionären Minderheit, der «Zimmerwalder Linken», sprach Lenin davon, die Verhältnisse müssten durch einen bewaffneten Aufstand der Arbeiterschaft umgekrempelt werden. Weil er diese Überlegungen, die letztlich zur bolschewistischen Revolution und zur Gründung der Sowjetunion führten, in Zimmerwald aufstellte, kam dem Bauerndorf die unfreiwillige Rolle als mythisch verklärte Wiege der UdSSR zu. (mul)

Wladimir Iljitsch Uljanow alias Lenin

Robert Grimm

Leo Trotzki

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4 / Fotos: ZVG

Ganz pragmatisch geht der heutige Gemeindepräsident Fritz Brönni­mann mit der Zimmerwalder Kon­ferenz um. Sie ist für ihn «ein histori­scher Fakt», den man zwar nicht feiern, aber auch nicht verdrängen muss, zu­mal das Dorf damals gar keine aktive Rolle gespielt habe: «Wir waren bloss Ort des Geschehens.» Nehmen es heute alle so locker? «Hot Lenin» ­Drummer Konrad Burri sagt, die Kon­ferenz sei nach wie vor «kein Thema für den Dorfklatsch». Aber ein Prob­lem sei die Vergangenheit auch nicht. Dann wär’s also inzwischen möglich, beim nächsten Auftritt die «Internati­onale» zu intonieren? Burri zuckt zu­sammen: «Potz verruckt!» Das sei doch etwas gar heikel und unwahrschein­lich. Unverdächtige Klassiker wie «fly me to the moon» liegen der Band definitiv besser.

Am 5. September 2015 wird sich die Zimmerwalder Konferenz zum hundertsten Mal jähren. Die Ge­meinde, die sich über Jahrzehnte ge­gen jede Erinnerung wehrte, betreibt jetzt selber umsichtige Erinnerungs­

pflege. Der Gemeindepräsident steckt seit Monaten zusammen mit einem Team in Vorbereitungsarbeiten für den Gedenkanlass. Und das Museum der Region setzt ganz auf die sozialis­tische Friedenskonferenz. Das ist auch gut so, sagt Kurator Urs Rohrbach: «Mit der Ausstellung feiern wir ja nicht den Sozialismus. Aber wir schauen die folgenreiche Geschichte des Ereignis­ses an.» Am wachsenden Interessse findet Rohrbach gar nichts falsch: «Wer genauer hinschaut, merkt ja auch, dass ‹Zimmerwald› nicht einfach Le­nins Ding war; es war vor allem Grimms Werk.»

Lehrer ohne ultimative Antwort

Der Zimmerwalder Lehrer Caspar Bie­ler, der in seiner Freizeit bei «Hot Le­nin» Geige spielt, sieht es ganz ähnlich. Obwohl er Geschichte unterrichte, könne er zwar nicht sagen, was genau Zimmerwald aus der ganzen Ge­schichte zu lernen habe: «Die ganz in­telligente Antwort auf diese Frage habe ich nicht.» Immerhin werde dank

der Aufarbeitung des historischen Er­eignisses sichtbar, dass «die Zimmer­walder Konferenz letztlich eine Frie­denskonferenz sein wollte». Es sei gut, hundert Jahre später die damalige Friedenssuche in den Mittelpunkt zu stellen. Und es schade nichts zu mer­ken, dass an der Konferenz «auch Her­ren dabei waren, die für uns langfris­tig den Acht­Stunden­Tag und das Frauenstimm­ und wahlrecht erstrit­ten haben».

Die neue Gelassenheit hat Gren­zen. Für den nahenden Gedenkanlass wurde «Hot Lenin» zunächst ein­, dann aber wieder ausgeladen. Eine Kommunikationsberaterin hatte den Organisatoren empfohlen, auf die Mit­wirkung der Combo, die so locker mit dem Namen Lenin umgeht, doch lie­ber zu verzichten. Hier schlägt die Ge­schichte einen schönen Bogen: Auch für Landjäger Meier war’s 1915 wich­tig, mässigend auf die klangliche Ku­lisse Zimmerwalds einzuwirken.

MARC LETTAU IST REDAKTOR DER «SCHWEIZER

REVUE»

AusstellungDie Ausstellung im Regionalmuseum Schwarzwasser in Schwarzenburg ist bis am 22. November an Sonn- und Feiertagen von 14 bis 17 Uhr zugänglich. Sonderfüh-rungen auf Anfrage. www.regionalmuseum.com

Zimmerwald im Zentrum der Schweiz: aus dem deutschen Geschichtsatlas von damals

Der Bericht in der lokalen Zeitung der Sozialdemokraten

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4 / Foto: Keystone

Kultur

«Die kulturelle Dichte in der Schweiz ist beispiellos»Sie führt ein rastloses Leben, aber die Werte der Schweiz hat sie verinnerlicht. Die Verlegerin und Mäzenin Vera Michalski empfing die «Schweizer Revue» in Lausanne, um über ihre Heimat, die Literatur, zu sprechen.

STÉPHANE HERZOG

Verlegerin, Mäzenin, Erbin und Akti-onärin des Pharmaunternehmens Roche, viersprachig, Polin und Schweizerin, Mitglied in zahlreichen kulturellen Vereinigungen: Vera Michalski scheint mehrere Leben zu leben. Die Spuren ihres Engagements finden sich rund um den Globus. Wenn sie jedoch zum Interview emp-fängt, strahlt sie viel Ruhe aus. Es ist eine höflich zurückhaltende Ruhe, wie die Eisschicht auf einem See, die das Licht durchlässt und dabei Was-ser und Himmel voneinander trennt. Oder mit anderen Worten, sie wirkt im literarischen Sinn schüchtern. Die Heimat der Chefin der Verlagsgruppe Libella ist die Weltliteratur. Ihre Stellung als Intellektuelle und Kos-mopolitin hindert sie aber keines-wegs daran, sich als Schweizerin zu fühlen und die Qualitäten des Landes hervorzuheben. Ein Land übrigens, das ihr als Kind fremd war. «Als ich drei Wochen alt war, habe ich die Schweiz in Richtung Camargue ver-lassen und dort gelebt, bis ich 17 war», erzählt sie.

Sie ist die Urenkelin von Fritz Hoffmann-La Roche, dem Gründer des gleichnamigen Pharmaunterneh-mens, und verbringt die Kindheits-jahre «ein wenig abseits der Welt» im Ornithologischen Zentrum «La Tour du Valat», das ihr Vater Luc Hoffmann, Mitbegründer des WWF, leitet. Die Besucher dort sind zahlreich, und sie versorgen die Familie mit Neuigkeiten aus der Welt. Fühlte sie sich damals als Schweizerin? «Man liess mich spüren, dass ich keine Französin war», sagt sie. «Wir hatten Werte, die stark mit der Schweiz verbunden waren.» Auf die Frage, welches diese Werte seien, zö-

gert sie. Es sei eher etwas Atmosphä-risches gewesen. Die Weihnachtsfeste habe man zweigeteilt: Der erste Teil fand in der Camargue, der zweite in Basel, der Hochburg der Familie, statt. Im Winter fuhren die Kinder nach Lenzerheide in Graubünden. Am 1. Au-gust zündeten die Bewohner des Zen-trums in Frankreich ein Feuer an. «Für den Fall, dass Schweizer anwesend sind.»

Die Tante und die Sprache Goethes

Wenn Vera Michalski heute in Paris Buchhändler trifft, um die von ihr he-rausgegebenen, neuen Bücher zu prä-sentieren, betont sie stets, Schweize-rin zu sein. «Das ist Teil der Geschichte der Libella-Gruppe», sagt sie. Vera Michalski ist auch Gründerin der nach ihrem im Jahr 2002 verstorbe-

nen polnischen Ehemann benannten Stiftung Jan Michalski (siehe Kasten rechts). Zwischen Ausritten und Lek-türe begeistert sich Vera Michalski in jungen Jahren für politische Diskus-sionen und entdeckt die französische Kunst des Debattierens. «Ich fand es sonderbar, dass man sich in der Schweiz nicht anschreit», sagt sie la-chend. Damals konnten wir noch nicht per Brief oder elektronisch ab-stimmen und die Bücher kamen per Post, «nicht per E-Mail und im Zeh-nerpack, wie heutzutage im Verlags-wesen üblich», sagt sie. Eine Tante aus Österreich schickt ihr Bücher in Deutsch, «der Sprache Goethes». Jener Sprache, die Veras Mutter mit ihren Kindern spricht.

Der Wechsel von einer Sprache zur anderen, von einem Land ins an-dere bestimmt das Leben von Vera

Vera Michalski in der Stiftung Jan Michalski in Montricher

Im Innern des «Maison de l'écriture»

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4 / Foto: ZVG

Michalski. Sie besitzt starke Wurzeln sowohl in der Schweiz wie in Polen und in Frankreich. Sie veröffentlicht Bücher in Warschau und Krakau. Zu-dem arbeitet sie in Paris und in Arles. Dort besitzt sie eine Wohnung, auch eine ihrer beiden Schwestern arbei-tet dort. Viel Zeit verbringt sie auch in Lausanne und in Montricher im Kanton Waadt. Dort hat Vera Michal-ski ein Schriftstellerhaus errichten lassen.

Eine Schwäche für Comics

Auf die Frage, was sie an der Schweiz besonders mag, zählt sie auf: Tages-zeitungen, Theater, Kinos, Museen und Stiftungen. «Die kulturelle Dichte in diesem Land ist beispiellos», sagt sie. Eine «bedauerliche Verar-mung» der Presselandschaft, stellt sie

allerdings in letzter Zeit fest. «Es gibt immer weniger Zeitungen, sie ähneln sich Tag für Tag mehr und die Feuil-letons werden immer dünner.»

Die Schweiz habe der Welt grosse Künstler und Schriftsteller geschenkt, sagt Vera Michalski. Paul Klee nennt sie, Blaise Cendrars und Nicolas Bou-vier, aber auch die Walliser Schriftstel-lerin Noëlle Revaz, die Neuenburger Sängerin Olivia Pedroli oder die Foto-grafen Christian Lutz und Augustin Rebetez.

Vera Michalski ist besessen vom Lesen – sie ärgere sich sogar über Schreibfehler auf Speisekarten. Bei ihrer Arbeit als Herausgeberin geht sie jedoch über das Geschriebene hi-naus – zu Zeichnungen und Illustra-tionen. Als Jugendliche habe sie die verrückten und bisweilen schlüpfri-gen Comics des französischen Comic-zeichners Gotlib geliebt. Auch heute bei Libella haben die Illustrationen einen grossen Stellenwert. Der fran-zösische Zeichner und Schriftsteller Frédéric Pajak leitet die Reihe «Ca-hiers Dessinés». Dort werden zum Beispiel die Werte der Zürcher Zeich-nerin Anna Sommer veröffentlicht. Frédéric Pajak selbst wurde 2014 für den dritten Band seines «Manifeste incertain» mit dem Prix Médicis es-sai ausgezeichnet.

Pionierin in Polen

Plötzlich sprechen wir über Politik, über die Volksinitiativen von konser-vativer Seite, welche in den vergange-nen Jahren die Geschichte der Schweiz mitbestimmt haben: die Mi-narettsverbotsinitiative und die Volksinitiative gegen Masseneinwan-derung. Vera Michalski bedauert jede

Ein Heim für Schriftsteller«Die Erosion beim Lesen aufhalten» – dies ist das Ziel der Direktorin der Stiftung Jan Michalski. Ausdruck dafür ist insbesondere das Schriftstellerhaus der Stiftung. Es befindet sich in Montricher, ein Dorf am Fusse des Jura, hoch über dem Genfersee. Dieses Projekt, das ständig in Entwicklung ist, umfasst zahlreiche, der Öffentlichkeit zugängliche und der Literatur gewidmete Orte: eine Bibliothek, in der 80 000 Werke aus aller Welt Platz finden sollen; ein Auditorium mit 100 Plätzen, in dem Veranstaltungen rund um die Bereiche Kunst und Literatur stattfinden; einen Ausstellungsraum und schliesslich die von verschiedenen Architekten entworfenen «Hütten» für Autoren.

Diese Örtlichkeiten mit Blick in die Natur, angelegt wie die hängenden Gärten von Babylon, können von den Autoren voraussichtlich 2018 bezogen werden. Die Stiftung unterstützt zudem zahlreiche Projekte, so etwa die Herausgabe von Originalmanuskripten von Franz Kafka, durch den Verlag Stroemfeld in Frankfurt. «Solche Bücher», sagt Vera Michalski, «würden ohne Unterstützung niemals veröffentlicht.»

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4 / Foto: ZVG

Art von «Abkapselung». Sie ist der An-sicht, dass diese Bewegung «wichti-gen Werten widerspricht und in pragmatischer Hinsicht verheerende Auswirkungen hat». Die Metapher der Schweiz als eine Insel missfällt ihr nicht grundsätzlich. Brauche man sie im Sinne der Erhaltung der Schwei-zer Landschaften, die sie für einma-lig hält, finde sie das angebracht. «Doch solche Überlegungen sind nur in Verbindung mit der Welt möglich», sagt sie. «Wir sind ja nicht nur auf uns selbst angewiesen.»

Brücke über Eisernen Vorhang

Während ihres Studiums am Hoch-schulinstitut für Internationale Stu-dien in Genf trifft sie Jan Michalski. Die beiden heiraten. Seinetwegen richtet sie ihren Blick Richtung Osten. Damals war die Mauer noch beinahe undurchlässig. Es entstand die Idee, in der Schweiz und in Polen einen Verlag zu gründen (L’Oficyna Literacka Noir sur Blanc) und so Brücken über den Ei-sernen Vorhang zu bauen. Der Eiserne Vorhang ist unterdessen zwar gefallen, doch die Notwendigkeit kultureller Diplomatie zwischen Ost und West ist geblieben. Vera Michalski freut sich besonders, dass sie den Polen die ers-ten Übersetzungen von Charles Bu-kowski, Henri Miller oder Nicolas Bou-vier bringen konnte. Angesichts von Ereignissen wie dem Krieg in der Uk-raine oder der Wahl eines ultrakon-servativen Präsidenten in Polen Ende Mai seien solche Brücken notwendi-ger denn je, sagt sie.

Der mit 50 000 Schweizer Fran-ken dotierte Prix Jan Michalski wurde 2014 übrigens dem ukrainischen Schriftsteller Serhij Zhadan verliehen für sein Buch «Die Erfindung des Jazz im Donbass», das den Krieg in der Uk-raine zum Thema hat.

Die Literatur als kulturelle Diplo-matie nutzt Vera Michalski auch mal als Waffe. Sie hat sich beispielsweise an der letzten Buchmesse in Genf da-

für eingesetzt, dass russische Schrift-steller eingeladen wurden, die von der russischen Kulturorganisation Read Russia nicht berücksichtigt worden sind. «Schliesslich haben sich alle untereinander austauschen kön-nen», sagt sie.

Andere am Reichtum beteiligen

Vera Michalski ist reich, sehr reich. Das Vermögen der Familien Hoff-mann und Oeri beträgt nach einer Schätzung der Zeitschrift «Bilanz» aus dem Jahr 2014 zwischen 26 und 27 Milliarden Franken. Vera Michal-ski lässt auch andere am Reichtum des Roche-Konzerns partizipieren. Sie tut dies vor allem über ihre Stif-tung. Bringt dieser Reichtum auch Schuldgefühle mit sich? Und ist die Pharmabranche moralisch sauber? Die Antwort der Erbin und Aktionä-rin darauf ist ziemlich konventionell. Für die Dividenden sei sie dankbar: «Es ist fantastisch, diese Mittel zur Verfügung zu haben, um all die Dinge tun zu können, von denen auch an-dere profitieren.» Sicher ist sie der Fa-milie zu Dank verpflichtet. «Die einen sind Gründer, die anderen eben Er-ben.» Aber man müsse sich wegen dieses Reichtums «auch nicht schä-men. Roche stand in puncto Ethik und sozialer Verantwortung stets ganz vorn», sagt Vera Michalski. Sie sitzt als Aktionärin – anders als ihr Bruder André und ihr Vater Luc – zwar nicht im Verwaltungsrat von Roche, aber sie weist entschieden da-rauf hin, dass auch «Pharmaprodu-zenten Wirtschaftsunternehmen sind und nicht die Heilsarmee». Da-mit ist die Diskussion über das Geld beendet.

STÉPHANE HERZOG IST REDAKTOR BEI DER

«SCHWEIZER REVUE»

Ein grenzüberschreitendes VerlagshausVera Michalski steht der Verlagsgruppe Libella vor, die jährlich etwa 360 Bücher veröffentlicht, die Hälfte davon auf Französisch, der Rest auf Polnisch. Dieses Projekt begann 1986. Zusammen mit Jan Michalski gründete sie den Verlag Noir sur Blanc, von dem 1991 in Polen eine Zweigniederlassung eröffnet wurde. Kürzlich hat dieser Verlag «Adieu aux illusions» des russisch-amerikanischen Journalisten Wladimir Posner veröffentlicht. (Deutsch unter dem Titel «Abschied von Illusionen» in den Neunzigerjahren erschienen.)

Libella hat im Lauf der Jahre auch Akquisitionen getätigt. Dazu gehört der 1929 gegründete Pariser Verlag Buchet/Chastel. Die Gruppe besitzt auch Libretto (Taschenbücher), Le Temps Apprivoisé (kreative Hobbies) sowie die polnische Buchhandlung in Paris am Boulevard Saint-Germain. Vera Michalski hält ferner den Verlag Photosynthèses in Arles, der Essays über Fotografie und bildende Kunst veröffentlicht.

www.libella.fr www.fondation-janmichalski.com/de

Die Stiftung Jan Michalski am Fusse des Waadtländer Juras

Kultur

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4 / ASO

Alfred Weber ist gestorbenAlfred Weber, zwischen 1976 und 1981 Präsident der Auslandschweizer-Organisation, ist am 26. März im Alter von 91 Jahren gestorben. Der FDP-Politiker aus Uri gehörte dem Nationalrat von1963 bis 1979 an, 1970 / 71 war er Nationalratspräsident. Weber bekleidete zahl-reiche politische Ämter: So vertrat er von 1952 bis 1958 die Gemeinde Altdorf im Landrat, gleichzeitig war er im Gemeinderat, ab 1958 im Urner Regierungsrat. Zwei Mal wurde er auch zum Urner Landammann gewählt.

ASO-Informationen

Worin liegt Ihrer Meinung nach die besondere Attraktivität des Ausbildungs­landes Schweiz?Ich sehe die ganzheitliche Bildung, die Sprachendidaktik und die Ver-mittlung von (Schweizer) Werten als wichtigste Eckpfeiler der Schwei-zer Bildung und als Differenzierungsmerkmale unserer Auslands-schulen gegenüber anderen internationalen Schulen. Die Berufsbildung erachte ich als weiteres Attraktivitätsmerkmal des Ausbildungslandes Schweiz. Dieser Aspekt wurde bis anhin aber noch zu wenig expor-tiert und stellt sicherlich ein Potenzial für die Zukunft dar.

Sind Absolventen von Schweizer Schulen im Ausland genügend gerüstet für ein Studium in der Schweiz?Grundsätzlich ja. Die Schweizer Top-Unis, etwa die ETH, sind aber auch für Studenten aus der Schweiz eine grosse Herausforderung. Oft kennen die Absolventen der Schweizer Schulen und ihre Familien nur diese Top-Unis und wollen unbedingt dort studieren, obwohl eine andere Hoch-schule, vielleicht auch ein anderer Ausbildungsgang, geeigneter wäre.

■ Unter www.educationsuisse.ch finden Sie Informationen rund um das Thema Ausbildung in der Schweiz und zu den Schweizer Schulen.

Die zwei Abteilungen von educationsuisse erreichen Sie wie folgt:Schweizer Schulen im Ausland, Telefon +41 (0)31 356 61 20, [email protected]

Ausbildung in der Schweiz, Telefon +41 (0)31 356 61 04, [email protected]

Neue Leiterin bei educationsuisseAm 1. Juni hat Barbara Sulzer Smith die Leitung der Geschäftsstelle von educationsuisse übernommen. Sulzer Smith studierte an der HSG in St.Gal-len und leitete zwischen 2010 und 2014 die Schweizer Schule Barcelona. Während zwei Jahren war sie auch im Vorstand von educationsuisse tätig. Sie leitet bei educationsuisse die beiden Abteilungen, Schweizer Schulen und Ausbildung in der Schweiz.

Vier Fragen an Barbara Sulzer Smith

«Schweizer Revue»: Was hat Sie bewogen, die Aufgabe bei educationsuisse zu übernehmen?Barbara Sulzer Smith: Die Schweizer Schulen im Ausland liegen mir sehr am Herzen und ich sehe für diese grosses Entwicklungspoten-

tial. Ich habe aus familiären Gründen die Schweizer Schule Barcelona im Sommer 2014 verlassen und freue mich nun sehr, künftig für alle Schweizer Schulen tätig sein zu können und die Entwicklung in den nächsten Jahren mitzugestalten.

Welche Bedeutung haben die Schweizer Schulen im Ausland? Sie haben eine grosse Ausstrahlung im Gastland und unterstützen den Bund idealerweise bei der Umsetzung der aussenpolitischen Ziele. Einerseits wird durch die Schulen unser Bildungssystem, ein erfolg-reiches Schweizer Produkt, exportiert und anderseits sind die Schu-len durch Schüler, Eltern, Lehrer und lokale Institutionen hervorra-gend vernetzt. Das fördert die Beziehungen zwischen dem Gastland und der Schweiz.

26 ASO-Informationen

Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4 / ASO

Gratis ins Juskila!600 Kinder zwischen 13 und 14 Jahren verbringen vom 2. bis 9. Januar 2016 gratis eine Schneesportwoche an der Lenk im Berner Oberland – und das bereits zum 75. Mal! Unter den 600 Ausgelosten werden in der Jubiläums-ausgabe auch 75 Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer sein.

Am 2. Januar 2016 werden wieder 600 Mädchen und Knaben im Alter von 13 und 14 Jahren aus der ganzen Schweiz per Extrazug an die Lenk im Simmental reisen: Einmal mehr findet das Jugendskilager statt. Be-reits zum 75. Mal laden Swiss-Ski (Schweizerischer Skiverband) und seine Partner zum grössten Schneesportlager der Schweiz ein. Als Vertreter der Fünften Schweiz dürfen auch in diesem Jahr Ausland-schweizer Kinder am Jusikla teilnehmen. Zum 75. Jubiläum werden diesmal 75 statt wie üblich 25 Plätze unter den Auslandschweizer

Kindern ausgelost. Wer im Jahr 2001 oder 2002 geboren wurde, kann sich mit dem untenstehenden Talon für die Auslosung anmelden. Anmeldeschluss ist der 15. September 2015.

Wer am Jugendskilager teilnehmen möchte, sollte sich mindes-tens in Deutsch, Französisch oder Italienisch verständigen können. Der Gewinn eines ausgelosten Platzes beinhaltet die Teilnahme am Lager inklusive Schneesportunterricht, Essen, Unterkunft. Die Or-ganisation und die Finanzierung der Hin- und Rückreise liegen in der Verantwortung der Eltern. Für die Auslandschweizer Familien, die sich aus finanziellen Gründen mit der Anmeldung zurückhalten, hat die Stiftung für junge Auslandschweizer einen Fonds eingerich-tet, um eine finanzielle Unterstützung für die Reisekosten anbieten zu können.

Wer einen der 75 Plätze für Auslandschweizerinnen und -schwei-zer gewonnen hat, wird Ende September bekannt gegeben.

Talon für Auslosung Juskila Lenk (2. bis 9. Januar 2016)Bitte in gut lesbarer Druckschrift ausfüllen.

Vorname: Name: Strasse:

PLZ, Ort: Land: Geburtsdatum:

Name der / des Erziehungsberechtigten:

❏ Mädchen ❏ Knabe

Heimatgemeinde in der Schweiz (siehe Pass / ID):

E-Mail Eltern: Telefon Eltern:

Sportart: ❏ Ski alpin ❏ Langlauf ❏ Snowboard

Nur ein Feld ankreuzen! Nach der Verlosung kann die Sportart nicht mehr gewechselt werden.

Sprache Kind: ❏ Deutsch ❏ Französisch ❏ Italienisch

Unterschrift der / des Erziehungsberechtigten:

Unterschrift des Kindes:

Einsendung des Talons zusammen mit einer Kopie des Schweizer Passes eines Elternteils oder des Kindes bis 15. September 2015 (Datum des Eingangs) an: Stiftung für junge Auslandschweizer (SJAS), Alpenstrasse 26, 3006 Bern, SCHWEIZAuskünfte und Informationen: Stiftung für junge Auslandschweizer (SJAS), Alpenstrasse 26, 3006 Bern, SCHWEIZTelefon +41 31 356 61 16, Fax +41 31 356 61 01, E-Mail: [email protected], www.sjas.ch

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4 / Fotos: ZVG

ASO-Informationen

Der Jugenddienst der Auslandschweizer -Organisation organsiert am Ausland-schweizer-Kongress in Genf ein Seminar.

«Bürgerbildung: Garantie für eine le-bendige Demokratie» lautet das Thema des diesjährigen Ausland-schweizer-Kongresses. An einem Se-minar des Jugenddienstes setzen wir uns mit diesem Thema auseinander und werden uns die Frage stellen: «Wie können wir die politische Parti-zipation der Auslandschweizer Jugend gezielt fördern?» Die Teilnehmer er-halten die Chance, bei der Gründung des ersten Auslandschweizer Jugend-parlaments mitzuwirken. Zusammen mit dem Dachverband Schweizer Jugendparlamente (DSJ) gründen wir dieses Parlament und erarbeiten gemeinsam einen Aktionsplan zur

« Vision 2036» der Auslandschweizer -Organisation (ASO).

Die Teilnehmenden lernen im Seminar wie eine politische Debatte funktioniert, das heisst, wie anhand einer Sachfrage Informationen be-schafft und eigene Standpunkte vertreten werden können. Dieser Workshop wird von der Stiftung Dialog geleitet, welche den jährli-chen Wettbewerb «Jugend debattiert» lanciert.

Das erlernte Wissen und Können werden anschliessend am Ausland-schweizer-Kongress auf der Bühne unter Beweis gestellt.

Wer sich gerne international und für die Auslandschweizer Jugend enga-gieren möchte, wird eingeladen, sich auf unserer Webseite anzumelden: www.swisscommunity.org.

Last-Minute-Buchung Letzte Gelegenheit, sich für den 93. Ausland-schweizer-Kongress vom 14. bis 16. August 2015 in Genf einzuschreiben.

Kongressprogramm Freitag, 14. AugustDelegiertenversammlung des AuslandschweizerratsWahldebatte mit Vertretern der wichtigsten Schweizer ParteienOffizielle Kongresseröffnung, die dem internationalen Genf gewidmet ist, mit anschliessendem Willkommens-aperitif.

Samstag, 15. August Thema des Tages: «Bürgerbildung: Garantie für eine lebendige Demokratie»Bundesrätin Doris Leuthard, Manon Schick, Generaldi-rektorin von Amnesty International Schweiz, und Arthur Honegger, derzeitiger Auslandskorrespondent von SRF, werden ihre Vorstellungen zu einer lebendigen Demokra-tie äussern und Fragen hierzu beantworten.

Abschlussabend auf dem Gut Domaine du Château de Penthes

Sonntag, 16. AugustZwei Ausflüge stehen zur Auswahl

Thema, Programm, Anmeldung und Unterkunft: www.aso-kongress.ch

Angebote der Auslandschweizer-Organisation und der Partnerinstitutionen

Die Auslandschweizer-Organisation (ASO) ist als privatrechtliche Stiftung ein Kompetenzzentrum zur Wahrung der Interessen der im Ausland lebenden Schweizer Bürger. Nebst der Herausgabe der «Schweizer Revue» bietet sie in Zusammenarbeit mit ihren Partnerorgani-sationen verschiedene Dienstleistungen für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer.

■ Rechtsberatung. Kostenlose Beratung bei Emigration ins Ausland oder Rückwanderung in die Schweiz. www.aso.ch > Rubrik «Beratung»

■ Netzwerk. Kontakte mit Schweizerin-nen und Schweizern in aller Welt dank der Internet-Plattform. www.swisscommunity.org

■ Angebote für Kinder und Jugend­liche. Organisation von Ferienlagern,

Sprachkursen usw. für junge Ausland-schweizer, die ihre Heimat besser kennenlernen möchten. www.aso.ch > Angebote

■ Beratung für Ausbildungen in der Schweiz. Junge Auslandschweizer und -schweizerinnen, die in der Schweiz eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren möchten, werden bei der Auswahl von Ausbildungsplätzen und bei

Anträgen für Stipendien unterstützt und begleitet. www.educationsuisse.ch

Auslandschweizer­Organisation ASO, Alpenstrasse 26, 3006 Bern, SCHWEIZ, Telefon +41 31 356 61 00, [email protected]

Ein Auslandschweizer- Jugendparlament ist das Ziel

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4

Seit mehr als zehn Jahren treiben Bund und Kantone die Einführung der elektronischen Stimmabgabe voran. Wichtige Meilensteine wurden er-reicht – der Weg zur kompletten Digitalisierung der politischen Rechte ist hingegen noch lange und birgt einige Herausforderungen. Diese können nur im Dialog mit allen beteiligten Akteuren gemeistert werden.

Anlässlich des eidgenössischen Urnengangs vom 8. März 2015 hat das Projekt zur Einführung der elektronischen Stimmabgabe eine neue wichtige Etappe erreicht. Zum ersten Mal wurden Systeme der zwei-ten Generation eingesetzt. Die Systeme der ersten Generation wur-den um die individuelle Verifizierbarkeit erweitert. Diese erlaubt es den Stimmberechtigten zu überprüfen, ob ihre Stimme korrekt über-mittelt worden ist. Damit können die Stimmberechtigten allfällige auf ihrem Gerät oder im Internet erfolgte Manipulationen erkennen.

Der erstmalige Einsatz der neuen Systeme war nicht die einzige Neuigkeit anlässlich des Urnengangs vom letzten März. Der Kanton Glarus hat seinen Auslandschweizer Stimmberechtigten den elekt-ronischen Stimmkanal zum ersten Mal angeboten. Der Kanton Zü-rich hat die Versuche mit dem E-Voting nach der Sistierung von 2011 wiederaufgenommen.

Dank der Einführung der elektronischen Stimmabgabe in den zwei Kantonen können neu etwa 100 000 der 142 000 schweizweit registrierten Auslandschweizer Stimmberechtigten vom neuen Stimm-kanal profitieren. Bund und Kantone haben damit das 2011 festgelegte Ziel erreicht, der Mehrheit der Auslandschweizer Stimm berechtigten bis zu den Wahlen 2015 den elektronischen Stimm kanal anzubieten.

Sicherheit ist die zentrale HerausforderungDie neuen Technologien werden bei den politischen Rechten behut-sam eingesetzt. Für Bund und Kantone ist die Sicherheit die zentrale Herausforderung bei der Digitalisierung der politischen Rechte. Des-wegen wird die Einführung der elektronischen Stimmabgabe nach dem Ansatz Sicherheit vor Tempo vorangetrieben.

In der Schweiz können die für Wahlen und Abstimmungen zustän-digen Behörden auf das Vertrauen der Bevölkerung zählen. Diese po-sitive Ausgangslage darf nicht einfach als gegeben erachtet werden. Die neuen Technologien sollen die Instrumente der direkten Demokratie

fit für die Zukunft machen. Den Bedürfnissen einer im-mer mobileren Gesellschaft soll Rechnung getragen werden. Gleichzeitig dürfen die neuen Technologien nicht die Glaubwürdigkeit der Institutionen und des guten Funktionierens der Demokratie unterminieren.

Vor diesem Hintergrund hat der Bundesrat 2013 seine Strategie für die Ausdehnung des elektronischen Stimmkanals definiert. Erst wenn die Kantone die neuen, noch höheren Sicherheitsanforderungen um-gesetzt haben, werden sie dem Bundesrat eine Erhöhung der bestehen-den Limiten betrefffend die Inlandwählerschaftbeantragen können.

Die Meinungen sind get eiltIn den letzten Jahren wurden wichtige Meilensteine bei der Einfüh-rung des dritten komplementären Stimmkanals erreicht. Die Meinun-gen zu diesen Entwicklungen gehen jedoch weit auseinander. Während für die einen das Projekt der elektronischen Stimmabgabe noch schnel-ler vorangetrieben werden sollte, wähnen andere die Demokratie in Gefahr und verlangen den sofortigen Abbruch des Projektes.

Die Debatte rund um die elektronische Stimmabgabe wird nicht nur in der Öffentlichkeit und in den Medien geführt. Auch die Politik befasst sich damit. Allein während der Frühlingssession 2015 der eid-genössischen Räte wurden drei Vorstösse zur elektronischen Stim-mabgabe eingereicht: von Maximilian Reimann (SVP) und Carlo Som-maruga (SP) je eine Frage sowie eine Parlamentarische Initiative von Lukas Reimann (SVP). Während der Sondersession von Mitte Mai de-ponierte Christophe Darbellay (CVP) eine Motion und Christian Levrat (SP) eine Interpellation in der Sommersession.

Die Debatte zeigt, dass das Projekt der Digitalisierung der politi-schen Rechte zentrale Aspekte unseres Zusammenlebens tangiert: die Demokratie und die Ausgestaltung ihr zugrunde liegender Inst rumente. Sorgen und Befürchtungen rund um die Digitalisierung der politischen Rechte sollen ernst genommen und der Dialog mit den Skeptikern und Kritikern gefördert werden. Nur eine offene und konstruktive Zusam-menarbeit mit allen Kreisen kann das nötige Vertrauen schaffen, um die Digitalisierung der politischen Rechte vorantreiben und so die In-

Telefon Schweiz: 0800 24-7-365Telefon Ausland: +41 800 24-7-365E-Mail: [email protected]: helpline-eda

Reisehinweisewww.eda.admin.ch/reisehinweise Helpline EDA +41 (0)800 24-7-365 www.twitter.com/travel_edadfae

Online-Registrierung für Schweizerinnen und Schweizer auf Auslandreisenwww.eda.admin.ch/itineris

Die kostenlose App für iOS und Android

Plane gut. Reise gut.

…Vote électronique: Der lange Weg der Digitalisierung der politischen Rechte

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4

VolksinitiativenDie folgenden eidgenössischen Volksinitiativen wurde bis Redak­tionsschluss neu lanciert (Ablauffrist der Unterschriftensammlung in Klammern):

■ «Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsent­wicklung (Zersiedelungsinitiative)» (21.10.2016)

■ «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt» (21.10.2016)

Die Liste der hängigen Volksinitiativen finden Sie unter www.bk.admin.ch > Aktuell > Wahlen und Abstimmungen > Hängige Volksinitiativen.

Verantwortlich für die amtlichen Mitteilungen des EDA:Peter Zimmerli, AuslandschweizerbeziehungenBundesgasse 32, 3003 Bern, SchweizTelefon: +41 800 24 7 365 www.eda.admin.ch, mail: [email protected]

HinweiseMelden Sie Ihrer schweizeri­schen Vertretung Ihre E­Mail­Adresse(n) und Mo­biltelefon­Nummer(n) und/oder deren Änderungen und registrieren Sie sich bei www.swissabroad.ch, um keine Mitteilung («Schweizer Revue», Newsletter Ihrer Ver­tretung usw.) zu verpassen.

Die aktuelle Ausgabe der «Schweizer Revue» sowie die früheren Nummern können Sie jederzeit über www. revue.ch lesen und/oder ausdrucken. Die «Schweizer Revue» (bzw. die «Gazzetta Svizzera» in Ita­lien) wird kostenlos als Druckausgabe oder elektro­nisch (via E­Mail bzw. als iPad­/Android­App) allen Auslandschweizer Haushal­ten zugestellt, die bei einer Botschaft oder einem Gene­ralkonsulat registriert sind.

strumente der Demokratie langfristig stärken zu können. Dafür setzen sich Bund und Kantone ein.

Zahlen und Fakten zur elektronischen StimmabgabeHeute bieten 14 Kantone die elektronische Stimmabgabe an. Insgesamt können jeweils rund 194 000 Stimmberechtigte elektronisch abstimmen. Die Kantone Genf und Neuenburg beziehen neben ihren Auslandschweizerinnen und ­schweizern auch Stimmberechtigte, die im Kanton wohnhaft sind, in die Versuche mit der elektronischen Stimmabgabe ein. Die weiteren zwölf Kantone (Zürich, Bern, Luzern, Glarus, Frei­burg, Solothurn, Basel­Stadt, Schaffhausen, St. Gal­len, Graubünden, Aargau und Thurgau) beschrän­ken sich auf Auslandschweizerinnen und ­schweizer.

Auf der Internetseite der Bundeskanzlei (www.bk.admin.ch > Themen > Politische Rechte > Vote électronique) finden Sie eine Vielzahl an Informationen über das Projekt, wie zum Beispiel die Bedingungen für die Einsätze der elektronischen Stimmabgabe oder die Zahlen zur Beteiligung an den Urnengängen mit dem elektronischen Stimm kanal.

Nationalratswahlen mit der elektronischen Stimmabgabe13 Kantone beabsichtigen, den elektronischen Stimmkanal bei den Nationalratswahlen vom 18. Oktober 2015 anzubieten. Der Einsatz der elektronischen Stimmabgabe bei den Nationalratswahlen 2015 muss vom Bundesrat bewilligt werden. Ein Entscheid diesbezüglich wird im Sommer 2015 erwartet. Auf der Wahlplattform der Bundes­kanzlei und der Parlamentsdienste www.ch.ch/wahlen2015 finden Sie alle Informationen zu den Wahlen sowie zum Einsatz des neuen Stimmkanals. NADJA OBRESCHKOW UND GEO TAGLIONI, BUNDESKANZLEI

Neue Broschüre der Bundeskanzlei zu Vote électronique

Die Bundeskanzlei hat eine neue Broschüre zum Projekt Vote électronique veröffentlicht. Im Zentrum der neuen Publikation steht die Strategie des Bundesrates zur Einführung und Ausdehnung des elektronischen Stimmkanals. Die Versuchs­phase 2006 – 2012 wird evaluiert und die neuen Sicherheits­anforderungen werden erläutert. Ausserdem wird das Projekt in Kürze erklärt und der Stand der Umsetzung in den einzelnen Kantonen präsentiert. Ziele und wichtige Meilensteine sind ebenfalls abgebildet. Die neue Broschüre zum Projekt Vote électronique existiert auf Deutsch, Französisch und Italienisch und kann auf der Internetseite der Bundeskanzlei herunter­

geladen werden.

Vote électroniqueUn progetto comune della Confederazione e dei Cantoni

L’estensione del voto elettronico

Vote électroniqueUn projet commun de la Confédération et des cantons

Extension du vote électronique

Vote électronique

Ein gemeinsames Projekt von Bund und Kantonen

Die Ausdehnung der elektronischen Stimmabgabe

30 Rubrik

Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4 / Fotos: ZVG

Trouvaillen

Landeshymne gesuchtSchön und herzergreifend sind sie, die feierlichen Momente, wenn am 1. August oder bei Sportanlässen der Schweizer­psalm, unsere Nationalhymne, erklingt. Nicht selten sind die fei­erlichen Momente auch ein biss­chen peinlich, denn die Schwei­zer Hymne ist schwierig und schwülstig und die grosse Mehr­heit der Schweizerinnen und Schweizer kennt den Text kaum weiter als bis zur dritten Zeile. Das soll sich nun ändern: Ein Wettbewerb für eine neue Hymne ist am Laufen, bei dem alle mitbestimmen können, bei welchem Text zu welcher Melo­die die Herzen der Schweizer künftig höher schlagen sollen.

Ganze 208 Beiträge sind für die erste Wettbewerbsrunde einge­gangen, drei davon sind nun in der Endrunde. Auf dem Internet kann man sie hören – wunderbar interpretiert vom Schweizer Jugendchor. Das Online­Voting, an dem sich auch die Ausland­schweizer beteiligen können, läuft noch bis zum 6. September. Am 12. September findet dann, anlässlich des Volksmusikfests in Aarau, das Finale statt. (BE)

Abstimmung unter: www.chymne.ch

Dichter und BücherwürmerDie Gassen Solothurns sind Mitte Mai jeweils bevölkert von vielen Besucherinnen und Be­suchern von nah und fern: Die Literaturtag esind ein Treffpunkt für Autoren und Autorin­nen, Leseratten, Journalisten, Kulturbeflissene und Politiker. Sie reisen aus der Schweiz und dem Ausland an. In vie­len, oft parallel laufenden Veranstaltungen stellten in diesem Jahr über 70 Schriftstellerinnen und Schriftsteller ihre neuesten Werke

vor. Unter ihnen waren auch Gäste aus dem Ausland. Begeistert war das Publi­kum vom Deutschen Ralf Rothmann und dem isländischen Autor und Musi­ker Sjón. Nebst den Lesungen und Dis­kussionsrunden treffen sich Autoren, Verleger und Publikum auch ganz un­

Quiz-App zur Politik und zu den WahlenWer es liebt, sein Wissen spiele­risch zu verbessern, der wird viel Freude haben an der App «polit­box». Nach dem Motto «Alles ist Politik, und du bist der Experte!» hat die Schweizer Radio­ und Fernsehgesellschaft (SRG SSR) eine App kreiert – gratis natürlich und sowohl für Android als auch für iOS erhältlich. Themen sind unter anderem: Sport, Geografie, Sprachen, Umwelt, Politik, Un­ruhige Jugend, Europa oder Politskandale. Ge­spielt wird zu jedem Thema auf vier Levels. Unter Politskandalen wird auf dem ersten Level beispielsweise nach dem Namen der ersten Bundesrätin der

Schweiz gefragt … In jedem Be­reich muss man sich von unten hocharbeiten, als Besserwisser gleich bei Level 4 einsteigen geht nicht. Neben den Wissensfragen werden auch Meinungsfragen zu aktuellen Themen gestellt. Diese Umfrageform erlaube es, sagen die Verantwortlichen, den Puls der Interessierten zu fühlen und ihre Anliegen aufzudecken. Die App gibt es in den vier Landes­sprachen und in Englisch. (BE)

www.politbox.ch

gezwungen in den Beizen der Altstadt. In diesem Jahr nahm sogar Bundesrat und Kultur­minister Alain Berset an einer Diskussionsrunde teil – ste­hend und mit Bier.

Auf der Webseite der Solothurner Literaturtage findet man Kurz­porträts aller Autoren (in mehreren Sprachen), man kann im Archiv stöbern und auch Gutscheine für das nächste Festival er­stehen. Für Bücherliebhaber eine Seite mit Suchtpotenzial. 2016 findet das Festival vom 6. bis 8. Mai statt. (RG)

www.literatur.ch

Bundesrat Alain Berset im Gespräch mit dem Autor Lukas Bärfuss

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Schweizer Revue / August 2015 / Nr. 4 / Foto: ZVG

Echo Zitate

Mehr ZuwandererDie Zuwanderung in die Schweiz hat zugenommen. Ende März lebten laut dem Staatssekretariat für Migration 22 942 Ausländerinnen und Ausländer mehr in der Schweiz als Ende 2014. Total waren es 1 967 844 Menschen ohne Schweizer Pass – 3,4 Prozent mehr als ein Jahr zu-vor. Über zwei Drittel davon stammen aus EU / EFTA-Staa-ten. Der grösste Teil der Zuwanderer kommt wegen ei-ner Arbeit oder als Familiennachzug in die Schweiz. Relativ klein ist der Anteil der anerkannten Flüchtlinge (4,8 Prozent) und der Ausländer ohne Erwerbstätigkeit (4,5 Prozent).

Mehr Geld für die KulturförderungDas Parlament hat in der Sommersession die Kulturpoli-tik des Bundesrates unterstützt. National- und Ständerat haben der Kulturbotschaft für die Periode 2016 bis 2020 zugestimmt. Diverse Anträge für Kürzungen blieben chancenlos. 3,4 Prozent mehr soll in den nächsten Jahren in die Kultur fliessen, insgesamt 1,12 Milliarden Franken will der Bundesrat in den Jahren 2016 bis 2020 für die Kul-turförderung ausgeben.

Steuern für Grenzgänger nicht ändernDer Kanton Jura wird die Grenzgänger auch künftig nicht selber besteuern. Eine Initiative der SVP für eine Quellen-besteuerung ist mit einem Neinanteil von über zwei Drit-teln verworfen worden. Mit 63 % angenommen wurde der Gegenvorschlag von Regierung und Parlament, gemäss dem der Kanton 4,5 % der Bruttolöhne von den Nachbar-staaten zurückerstattet erhält.

Protest wegen AusstellungEine Ausstellung der israelischen Organisation Breaking the Silence in Zürich hat für viel Aufregung gesorgt. Brea-king the Silence, 2004 von einem israelischen Offizier ins Leben gerufen, zeigt Berichte von Armeeangehörigen über ihre Einsätze vor allem in den Palästinensergebie-ten. Die Armeeangehörigen er-zählen vom brutalen Vorgehen, von willkürlichen Tötungen, Menschenrechtsverletzungen – und von den Folgen für die Moral in den Streitkräften. Die israeli-sche Botschaft in Bern hat auf di-plomatischem Weg gegen die Ausstellung protestiert, die auch vom Schweizer Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) finanziell unterstützt wurde.

«Politik ist die Kunst, nach Problemen zu suchen, sie überall zu finden, sie nicht korrekt zu diagnostizieren und schliesslich die falschen Rezepte anzuwenden.» Groucho Marx (1890 – 1977), US-amerikanischer Komiker

«Wir haben vier sehr schwierige Jahre hinter uns mit einer Mitte-links-Regierung und einem Mitte- links-Parlament.» Toni Brunner, SVP-Präsident

«Erstaunlich, die Behauptung von einer Mitte- links-Regierung: Ich zähle jeden Mittwoch vor der Bundes-ratssitzung nach – es stimmt nicht.» Bundesrat Alain Berset

«Mit falschen Worten mehrt man das Unheil in der Welt.» ALBERT CAMUS (1913 – 1960), FRANZÖSISCHER SCHRIFTSTELLER

«Der Fussball kann diejenigen, die sich zu ihm hingezogen fühlen, zu besseren Menschen machen.» SEPP BL ATTER, FIFA-PRÄSIDENT

«Die Schweiz ist nicht die Fifa.» BUNDESRAT DIDIER BURKHALTER

«Wir erreichen 1,6 Milliarden Leute. Die Fifa ist einflussreicher als alle anderen Länder oder Religionen auf der Welt.» Nochmals Sepp Blatter

«Ein Langweiler ist einer, der seinen Mund aufmacht und seine Heldentaten hinein-steckt.» Henry Ford (1863 – 1947), Gründer der Ford Motor Company

Ueli MaurerWortlos verliess Bundesrat Ueli Maurer am 18. Juni den Nationalratssaal: Eben hatte ihm das Parlament seine Armeereform abgeschmettert. Die Hauptrolle im «national-rätlichen Poker» um die Weiterentwicklung der Armee habe Ueli Maurers Partei, die SVP, gespielt, schrieb tags darauf die «Neue Zürcher Zeitung». In der Tat verlangte die SVP eine weit grössere Armee und weit mehr Geld – plus 400 Millionen Franken –, als die vorberatende Kommissi-on vorgeschlagen hatte.

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