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sammler-journal-0413

Date post: 01-Mar-2016
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April 2013· B 1309 | 5,90 Schweiz CHF 11,50 | Österreich 6,50 | Be/Ne/Lux 6,90 KUNST • ANTIQUITÄTEN • AUKTIONEN Möbel Rudolph Michael Schindler Gemälde Otto Modersohn Mode Figuren im Jugendstil Keramik Eva Stricker-Zeisel Dialog Leser & Experten Auktionen Berichte & Preise Ausstellungen Tipps & Termine 4 195488 705908 04 Über 2.000 Sammlertermine
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April 2013· B 1309 | € 5,90 Schweiz CHF 11,50 | Österreich € 6,50 | Be/Ne/Lux € 6,90

KUNST • ANTIQUITÄTEN • AUKTIONEN

MöbelRudolph Michael Schindler

GemäldeOtto Modersohn

ModeFiguren im Jugendstil

KeramikEva Stricker-Zeisel

DialogLeser & Experten

AuktionenBerichte & Preise

AusstellungenTipps & Termine

4195488705908

04

Über 2.000

Sammlertermine

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I N H A LT 3

DIALOG 4

MAGAZIN 12

MESSETERMINE 18

KUNSTMARKT 20

AUKTIONSNOTIZEN 40

AUKTIONSTERMINE 52

INSERENTENVERZEICHNIS 57

AUSSTELLUNGEN 70

AUSSTELLUNGSTERMINE 76

LITERATURTIPP 84

AUKTIONSPREISE 92

IMPRESSUM 98

VORSCHAU 98

TERMINE & KLEINANZEIGEN

IN DER BEILAGE

M Ö B E LRudolph Michael Schindler

Bettina Krogemann

P O RZ E L L A N / K E R A M I KModefiguren

Dieter Weidmann

K E R A M I K / D E S I G NEva Stricker-Zeisel

Wolfgang Hornik

G E M Ä L D EOtto Modersohn

Silke Köhn

Titelfotos: A. Laurenzo. Die Neue Sammlung

– The International Designmuseum Munich

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April 2013· B 1309 | € 5,90 Schweiz CHF 11,50 | Österreich € 6,50 | Be/Ne/Lux € 6,90

KUNST • ANTIQUITÄTEN • AUKTIONEN

MöbelRudolph Michael Schindler

GemäldeOtto Modersohn

ModeFiguren im Jugendstil

KeramikEva Stricker-Zeisel

DialogLeser & Experten

AuktionenBerichte & Preise

AusstellungenTipps & Termine

4195488705908

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Über 2.000

Sammlertermine

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SchindlerRudolphMichaelSchindlerBettina Krogemann

Porträt Rudolph Michael Schindler (Fo-to: Gebhard)

Armlehnsessel und Tisch aus der Resi-denz von Basia Gingold, Herman SachsManolo Court, Silver Lake, Kalifornien,um 1926-1940. Bemaltes Holz, Stuhl H67,3 cm, Tisch H 67,3 cm, B 137,8 cm.Schätzpreis Stuhl: 30.000-50.000 US-Dollar, Tisch: 20.000-30.000 US-Dollar.Sotheby’s Important 20th Century De-sign, New York, 15.12.2011, Lots 64 und 65(Foto: Sotheby’s)

Schreibtisch, entworfen für das J. L. Ar-mon House, 1946. Auktion am 6. Mai2012 bei Los Angeles Modern Auctions,Lot 314, Ergebnis (inkl. Aufgeld) 21.250US-Dollar (Foto: Los Angeles ModernAuctions)

1887-1953

Er hinterließ ein amerikanisches –oder genauer gesagt – ein auf Ka-lifornien maßgeschneidertes Werk,der Wiener Architekt und Innen-raumgestalter Rudolph MichaelSchindler. Schindler war künstle-rischer Einzelgänger und vertrat ei-nen Stil, der sich außerhalb derAvantgarde und der internationalenModerne der 1920er- und 1930er-Jahre bewegte. Auf der anderen Sei-te hinterließen auch die vielen eklek-tischen Stile des frühen 20. Jahrhun-derts keine Spuren in seinem Schaf-fen. Sein künstlerischer Alleingang,angesiedelt zwischen einer pragma-

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ken, öffentlichen oder von Privat-unternehmen beauftragten Bautenin seinem Oeuvre fehlen. Seine priva-ten Projekte,Wohnhäuser und Villen,waren in den Ausmaßen meist fastüberdimensional groß. Im Bereichdes Entwerfens stand für RudolphMichael Schindler eines ganz klar im Vordergrund, die dreidimensiona-le Komposition, die Gestaltung desRaumes, seines Gefüges mitsamtseiner Inneneinrichtung. Die Wahledler und langlebiger Materialien,einhergehend mit einer perfekten

handwerklichen Ausfüh-rung, wie es etwa derDeutsche Werkbund

postuliert hatte, beschäf-tigte ihn nur marginal oder garnicht. Er entwarf extrem kostengün-stige Möbel und ebensolche, näm-lich meist in Stahlbeton ausgeführ-te Architekturen. Dies hatte zurFolge, dass seine Architekturen inder Regel auch nicht sehr lang-

lebig waren. Durch die bevorzugte Verwendungvon Stahlbeton als Bau-

tisch gehaltenen Moderne, einemzeitgemäßen, bodenständigen Stilohne utopische Ansätze, wurde vonseinen Kollegen keineswegs ge-schätzt und ihm haftete als Archi-tekt eher ein uncharmanter Haut-gout an. Für die bahnbrechendenVorreiter waren seine Architekturund sein Möbeldesign zu wenig ra-dikal, fast jovial, der Front der aka-demisch-konservativen Baumeister

erschienen sie hingegen zuunkonventionell. In den

Medien fanden seineWerke kaum Nie-

derschlag, vielleichtauch deshalb, weiler nur mit Auf-tragsarbeiten fürprivate Residen-zen und Häuserbedacht wurdeund die gro-ßen, investi-

tionsstar-

stoff bei seinerzeit geringen Fertig-keiten der ausführenden, nicht guterprobten Firmen sind viele Gebäudevon Schindler bereits nach sechzigbis achtzig Jahren in schlechte, fastbaufällige Zustände gekommen.

WIENER WURZELN

Rudolph Michael Schindler hatteWiener Wurzeln, sowohl, was seinefamiliäre Herkunft anging, als auch,was das Fundament seines künstleri-schen Schaffens betraf. Sein Vaterwar ein Wiener Metallhandwerker,der seine Ausbildung in New York ab-solviert hatte und dann wieder zu-rück in die Donaumetropole wander-te, um dort ein lukratives Importge-schäft zu eröffnen. Mit 19 Jahrenbesuchte Rudolph Michael Schindlerdas Königlich Technische Institut inWien, 1910 erhielt er die Zulassung indie „Schule" von Otto Wagner an derWiener Kunstakademie. Schindlerstudierte sodann an beiden Institu-tionen, der Technischen Universitätund der Kunstakademie, schloss 1911

Armlehnsessel, entworfen für das Jan-son House, ausgeführt circa 1948. Auk-tion am 10.2.2008 im Los Angeles Mo-dern Auctions, Lot 60, Ergebnis inklusiveAufgeld 31.200 US-Dollar (Foto: Los An-geles Modern Auctions)

Stuhl, entworfen für das Janson House1948. Auktion am 6.3.2011 Los AngelesModern Auctions, Lot 1, Ergebnis inklu-sive Aufgeld 5.000 US-Dollar (Foto: LosAngeles Modern Auctions)

M Ö B E L 25

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MODE ALS PROZESS

In der Mode bekennt man sich zurgesellschaftlichen und kulturellenEntwicklung, die mit jedem Tag, je-dem Monat, jedem Jahr, jedem Jahr-zehnt, jedem Jahrhundert und je-dem Jahrtausend voranschreitet. Sietut dies teilweise spektakulär sicht-bar, meist aber eher im Verborgenen,langsam, doch in der Summe kraft-voll und unaufhaltsam. So spürtman schon nach wenigen Jahren ei-nen gewissen Unterschied, eine Ver-änderung des Meinungsklimas, desDenkens im Allgemeinen, der Ge-wohnheiten, in der Kunst der Stilfor-men. Diese Gesamtveränderung derKultur – bzw. die Summe all der Ein-zelveränderungen in den unzähligenKulturbereichen – ist einerseits zulangsam, als dass man sie direktwahrnehmen könnte – so wie maneinem Baum nicht beim Wachsenzusehen kann –, doch andererseitsim Rückblick erstaunlich stark. Daswar in der abendländischen Ge-schichte schon immer so. Auch wennsich das Tempo in den letzten Jahr-hunderten wohl noch etwas be-schleunigt hat. Doch auch im Mittel-alter finden wir diese Veränderun-gen. Wir sehen eine Kathedrale, de-ren Chor noch in frühgotischem Stilgebaut wurde. Und dann, kaum 50Jahre später, ist das Langhaus schonin einem deutlich anderen Stil wei-tergebaut worden. Wer die Oeuvresvon Malern selbst im 14. Jahrhundertüberblickt, kann oft nicht mehr er-kennen, dass die Werke der Frühzeitund die der Spätzeit von ein und

ModeModefigurenDieter Weidmann

Thekla Harth (1887-1968), Modedame,Rosenthal, um 1912, Unterglasurbema-lung, Porzellan, H 21 cm. Gegenüber denweiten Reifröcken der Gründerzeit be-deutet dieses dunkle, eng geschnitteneKostüm eine enorme Versachlichungder Frauenkleidung und eine teilweiseAnnäherung an die Männermode (Foto:Auktionshaus Dr. Fischer)

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zellan- und Keramikfiguren durch-forstet, ergibt sich vereinfacht fol-gender Befund: Figuren mit zeitge-nössischer Mode finden wir gehäuftin der Zeit des Jugendstils bis in diedes Art déco. Demgegenüber sind sieim ganzen 19. Jahrhundert eher sel-ten. Stattdessen finden wir sie aberim Rokoko, also in der Zeit, in der dasPorzellan in Europa erfunden undkünstlerisch kultiviert wurde, d.h. im18. Jahrhundert, besonders in dessenMitte. Während das Rokoko es aus-gesprochen liebte, Frauen und Män-ner der eigenen Zeit in der jeweilszeitgenössischen Mode regelrechtzu zelebrieren, lässt diese Neigungim Zeitalter des Klassizismus, also imletzten Drittel des 18. Jahrhunderts,schlagartig nach. Diese Abstinenzhält sich dann durch die Zeit des Bie-dermeier und des Historismus. Aller-dings hatte man in dieser Zeit nichtsdagegen, die Modelle des Rokokoneu auszuformen: also Figuren ineiner Mode, die nicht die eigene war.Dies ändert sich dann, wie gesagt,mit dem Aufkommen des Jugend-stils, in dem in der keramischen Figurein gesteigertes Interesse an derzeitgenössischen Mode festzustellenist. Doch dieses neu erwachte Inter-esse an der Mode erstreckt sich nichtnur auf aktuelle Kleidung, Frisuren,Körperhaltungen, Accessoires undGesten, sondern auch auf vergange-

dem gleichen Maler stammen. Diesführt in der Zuschreibungspraxis da-zu, dass nicht urkundlich gesicherteWerke den Oeuvres verschiedener„Meister" zugeschrieben werden. DieMode ist ein Thema, über das sichdie etablierten Geisteswissenschaft-ler reflexartig erhaben dünken, weilsie es nicht verstehen. Denn die Mo-de ist eine komplexe Angelegen-

heit. Das aber macht sieauch so interessant,wobei es geraten ist,sich hier überschauba-

re Themenbereichezu suchen, um nicht

in den Fluten derKomplexität zu er-trinken.

MODEFIGUREN

Wenn man sich inder Zeit des Ju-gendstils im Be-

reich Keramik undPorzellan umsieht,

stößt man unver-meidlich auf Frauen-

figuren, die entwederin demonstrativer Wei-

se die Kleidermode derZeit präsentieren odersogar explizit als Mo-defiguren bezeichnetwerden. Wenn man,

durch diese Beob-achtung sensibili-

siert, das weiteFeld der Por-

Annie Offterdinger (1894-1980), Mode-dame, 1914, Wächtersbacher Steingutfa-brik, Schlierbach, farbig glasierter Stein-gutscherben, H 27 cm. Lange, schwin-gende Linien und gerundete Formensind für diese Mode typisch. Die Figurentstand für die Ausstellung des Deut-schen Werkbundes 1914 in Köln, die we-gen des fatalen Kriegsbeginns unter kei-nem guten Stern stand (Foto: Auktions-haus Quittenbaum)

Dame mit Hund, Fraureuth, 1919, Unter-glasurbemalung, Porzellan, H 30 cm. Dieschlanke, elegante Linie war hier nichtnur für den Entwurf der Kleidung, son-dern auch für die Auswahl des passen-den Hundes ausschlaggebend (Foto:Auktionshaus Dr. Fischer)

Konrad Hentschel (1872-1907), Modeda-me mit Muff, 1906, Meißen, Untergla-surbemalung, Porzellan, H 31 cm. Ty-pisch für Jugendstil-Porzellanfigurensind nicht nur die schlanke Linienfüh-rung, sondern auch die zarten Pastelltö-ne (Foto: Auktionshaus Dr. Fischer)

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1865-1943

Die Maler der Worpsweder Künstler-kolonie – allen voran Heinrich Voge-ler, Fritz Overbeck, Hans am Endeund das Ehepaar Modersohn – ge-hören seit Jahrzehnten zu den Pub-likumslieblingen der deutschenKunst. Ausstellungen über ihr Schaf-fen sind bis in die jüngste Zeit gutbesucht. In diesem Jahr jährt sich der70. Todestag von Otto Modersohnund gleich an mehreren Orten, da-runter Karlsruhe, Hagen und Fischer-hude, sind große Werkschauen zusehen. Stand die Dresdnerin PaulaModersohn-Becker (1876-1907) zuLebzeiten mit ihren naiv anmuten-den Frauen- und Kinderbildern imSchatten ihres Mannes Otto, so ist esheute umgekehrt, allein die Publi-kationen der vergangenen drei Jahr-zehnte belegen das größere Interes-se an der jung verstorbenen Malerin,die sich in Paris mit der Malerei vonCézanne und Gauguin auseinander-setzte. Dies spiegelt sich gleicherma-ßen in Auktionsergebnissen: Werdendie attraktiven Worpsweder Moor-landschaften von Otto Modersohnmit seltenen Ausnahmen im unterenfünfstelligen Eurobereich gehandelt,so erzielen die Kinder- und Frauenbil-der Paula Modersohn-Beckers zu-meist das Zehnfache. Trotz ihres kur-zen Lebens schuf sie in nur wenigenJahren über 750 Gemälde und annä-hernd 1.000 Zeichnungen, die zu ih-ren Lebzeiten eher kritische Beach-tung fanden und als „unfertig" ange-sehen wurden. Das Oeuvre von OttoModersohn umfasst dagegen einVielfaches, denn es umspannt vonseiner Düsseldorfer Akademiezeit1884 bis in die letzten Lebenstagedes Künstlers in Fischerhude imMärz 1943 sechs Dekaden. Die Inter-net-Datenbank Artprice verzeichnetnur für die vergangenen zwei Jahr-zehnte Auktionsangebote von mehrals 500 Gemälden und annähernd100 Zeichnungen, letztere wurdendurchschnittlich mit 1.000 bis 2.000Euro gehandelt. Nach eigenen Anga-

ModersohnOttoModersohnSilke Köhn

Mädchen am Birkenstamm, ca. 1901/03, Öl/Karton, 57,6 x 40,6 cm. Hauswedell &Nolte, Hamburg 2009, Zuschlag bei 98.000 Euro – bei einem Schätzpreis von 40.000Euro

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buch, dass ihn die Gebirgsnatur imHarz nicht so reize, wie die schlichteEbene. Im darauffolgenden Sommer1887 malte der Student in seinerwestfälischen Heimatstadt Münsterdas detailreiche, fast impressionis-tisch anmutende Gemälde „Sonni-ger Herbsttag" (Van Ham 2007). Eszeigt die etwas karge LandschaftWestfalens mit tiefem Horizont, einGehöft mit Wegstock und steil em-por weisende Pappeln. Die Wiesenringsherum sind saftig grün und vonbunten Sommerblumen übersät. Zudieser Idylle passen spielende Kinder,eine träge im Schatten lagernde Kuhund zum Trocknen auf einer Heckeausgebreitete Wäsche. Nur wenigeMonate später hatte sich Moder-sohn bereits in eine andere künstle-rische Richtung weiterentwickelt,exemplarisch für diese neue Ausrich-tung ist ein kleines, in das Jahr 1888zu datierendes, auf Karton gemaltesWinterbild (Lempertz 2008): Es zeigtschwarz gekleidete Kirchgänger imSonntagsstaat unter blauem Frost-himmel auf einem verschneitenDorfweg der Kirche mit spitzemTurm zustrebend, das manchenallenfalls an eine Kinderbuchillustra-tion denken lässt. Vieles ist zu lesenüber die Enttäuschung des angehen-den Malers, der insgeheim etwas

ben malte Otto Modersohn circa6.000 Gemälde, hinzu kommen 78Skizzenblöcke à 36 Seiten und20.000 erhaltene Zeichnungen, wo-mit er zweifellos zu den produktiv-sten Künstlern Deutschlands zählt.Otto Modersohn lässt sich stilistischin keine der üblichen Ismen-Schubla-den einsortieren. Weder konnte erden zeitgenössischen Strömungenvon Impressionismus, Symbolismusoder gar dem versponnenen Ju-gendstil etwas abgewinnen, nochhegte er große Sympathien für dieThemen des Naturalismus. Botani-sche Genauigkeit und anatomischeRichtigkeit vernachlässigte er geflis-sentlich und seine Werke warennicht im üblichen Sinn schön, dennsie widersprachen in ihrer Anlageder romantischen oder realistischenVorstellung einer durchkomponier-ten Landschaft.

„GERADE ENTGEGENGESETZT"

1884 kam der 19-jährige Otto Mo-dersohn von Münster an die Düssel-dorfer Kunstakademie und ent-schied sich nach der Grundausbil-dung, in der Klasse von Eugen Gu-stav Dücker (1841-1916) Landschafts-malerei zu studieren. Allerdings kamModersohn zunehmend weniger mitder Präzision und Perfektion in derLandschaftsauffassung seines Aka-demieprofessors zurecht und är-gerte sich über dessen „Glätte" und„Trockenheit", obwohl er ihr anfangskräftig nacheiferte. Nach einer Stu-dienreise in den Harz, die im Lehr-plan vorgesehen und vermutlich vonDücker begleitet wurde, schrieb derStudent am 13. 8. 1886 in sein Tage-

trotzig formulierte: „Ich werde esgerade entgegengesetzt machen"(zit. n. Ausst.-Kat. 1977, S. 300). Ausseinen Tagebuchaufzeichnungen istauch zu erfahren, dass sich seinekünstlerischen Ziele mit den Begrif-fen „Einfachheit",„Intimität" und „In-nerlichkeit" verbanden und er daraufhoffte, seine kreative Kraft aus der„geistigen Versenkung" in die Naturzu heben. Geradezu ein Topos – aller-dings nicht nur in der Modersohn-Literatur – ist sein „Revoltieren ge-

Sonniger Herbsttag, 1887, Öl/Lwd., 46 x38 cm. Van Ham Kunstauktionen, Köln2007, Zuschlag 30.000 Euro

Winterlandschaft mit Kirchgängern,1888, Öl/Karton, 26 cm x 33,2 cm. Lem-pertz, Köln 2008, Zuschlag 19.000 Euro

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SUCHE NACH SCHÖNHEIT

Durchschnittlichkeit und Mittelmaßwaren nie ihr Ziel. Das spiegelt sichschon in ihrer extremen Biografie wi-der, in der sie nahezu kein politischesSystem ausgelassen hat. Geborenund ausgebildet in der österrei-chisch-ungarischen K. u. K. Monar-chie, weiter entwickelt in der fragilenDemokratie der Weimarer Republik,politischen Idealen folgend in diekommunistische UdSSR ausgewan-dert, hat sie schließlich ihre endgülti-ge Heimat im Kapitalismus der USAgefunden. Dort zählt sie inzwischenzu den wichtigsten Industrie-Desig-nerinnen des 20. Jahrhunderts, wasin Deutschland, einer der prägendenStationen ihres 105 Jahre langen Le-bens, noch nicht der Fall ist. Dies sollsich mit der Ausstellung der NeuenSammlung – The International De-sign Museum Munich (StaatlichesMuseum für angewandte Kunst) imInternationalen Keramik-Museum inWeiden vom 14. April bis 21. Juli 2013nachhaltig ändern. Die Ausstellungzeichnet ihre künstlerische Entwick-lung von den 1920er-Jahren, in denensie stark vom Bauhaus und franzö-sischen Art déco beeinflusst wurde,hin zu dem von ihr entwickelten or-ganischen Keramikdesign nach. Vonbesonderem Interesse dürfte hierbeidas Schlaglicht sein, das auf ihre Ar-beit in Deutschland, genauer gesagtin Hirschau, zu Beginn der 1930er-Jahre gerichtet wird. Dabei konnteneinige bisher noch namenlose Ent-würfe eindeutig Eva Stricker-Zeiselzugeordnet und datiert werden.Am 13. November 1906 wurde EvaPolanyi Stricker in Budapest in eineweltoffene ungarische Unterneh-merfamilie geboren. Die Mutter, einepromovierte Historikerin und poli-tisch engagierte Feministin, arbeite-te als Bibliothekarin und Herausge-berin, der Vater leitete eine Textilfa-brik. Kunst- und Geschäftssinn wur-de ihr somit in die Wiege gelegt. Dererste Schritt der 17-Jährigen in Rich-tung künstlerischer Karriere war das

StrickerEva Stricker-ZeiselWolfgang Hornik

Eva Stricker-Zeisel, Vase (Form 3228, Dekor Futura), 1929, Herst.: Schramberger Majo-likafabrik, Schramberg, Sammlung Volker Hornbostel

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halbes Jahr für die „Hansa Kunst-keramik" von Martin Zerkowski ar-beitete. Da sie ihre Kreativität demAuftrag, nur vorgegebene Modellezu wiederholen, nicht unterordnenkonnte, verließ sie Hamburg bereitsim Frühjahr 1928 wieder. Trotz ihrernur geringen, bei der Kispester Ma-nufaktur gesammelten Erfahrungauf dem Gebiet der industriellen Fer-tigung erhielt sie im Herbst 1928eine Anstellung als Keramikdesigne-rin bei der Schramberger Majolikafa-brik im Schwarzwald, was für sie denSchritt vom Handwerk zum Designbedeutete. Ein befreundeter Ar-chitekt lehrte sie das Zeichnen vonEntwürfen, da für die industrielleHerstellung maßhaltige Zeichnun-gen sowohl für die 1:1-Schnittmodel-le aus Papier als auch für die dreidi-mensionalen Modelle aus Ton oderGips, nach denen schließlich dieGussformen erstellt wurden, benö-tigt wurden. In Schramberg lerntesie vom Entwurf über die Ausfüh-rung bis hin zum Merchandising alleBereiche moderner industrieller Pro-duktion kennen. Werbeprospekteund -anzeigen gestaltete sie selbst –mit von ihr selbst gemachten Fotosendloser Reihen an Kannen und Krü-gen. Diese persönliche Weiterent-wicklung zusammen mit ihrem Wis-sen um die Entwicklungen am Bau-haus und in Frankreich schlug sich inder Folge in der geometrischen For-mensprache ihrer sachlichen Ent-würfe nieder. Nach dem Besuch derAusstellung des Deutschen Werk-bundes in Paris schrieb sie, dass derGestalter den Zusammenhang zwi-schen Funktion, Material und Pro-duktionsbedingungen genau ken-nen muss. Sie fordert in der Zeit-schrift „Die Schaulade" (8. Jg, 1932, H.3/4, 174) Einfachheit für die Produk-tion besonders im Hinblick auf preis-günstige Ware: „So wenig also bis andie Grenze der Geschicklichkeit desArbeitspersonals gegangen werdenkann, so wenig können die letztenGestaltungsmöglichkeiten, die demMaterial inne wohnen ausgenützt

Studium an der Kunstakademie(Képzomuveszeti Academie) in Bu-dapest, das sie schon nach drei Se-mestern wegen des BerufswunschesKeramikerin und ihres Strebens nachUnabhängigkeit beendete. Bereitsmit achtzehneinhalb Jahren gründetsie nach einer kurzen Ausbildung inder traditionellen Budapester Töpfe-rei von Jakob Karapancsik ihr eigenesAtelier, wo sie noch unter dem Ein-fluss der Wiener Werkstätte und dertraditionellen Töpferkunst Ungarnssteht. Rasch findet ihr SchaffenAnerkennung bis hin zur ungari-schen Regierung, die sie in Philadel-phia ausstellt. Erste Erfahrungen mitder industriellen Produktion sam-melte sie 1926 mit einigen sehr ver-spielten Entwürfen für Aschenbe-cher und Schälchen in Tierform inder 1922 gegründeten Keramikma-nufaktur in Kispest. Dem Eigentü-mer der Manufaktur war die mitStrickers Anstellung einher gehen-de künstlerische Ausrichtung desUnternehmens bald zu betont, wes-halb bereits nach einem Jahr dieKunstabteilung schloss und die Fa-brik nur noch Sanitärkeramik produ-zierte.

DEUTSCHLAND

Ihr Weg führte sie nicht zurück in ih-re eigene Werkstätte, sondern nachHamburg, wo die erst 22-Jährige ein

Eva Stricker-Zeisel, Vase (Form 3393),1930, Herst.: Schramberger Majolikafa-brik, Schramberg, Sammlung Volker Ze-linsky

Eva Stricker-Zeisel, Krug (Form 3287, De-kor Gobelin 13), 1929, Herst.: Schramber-ger Majolikafabrik, Schramberg, Samm-lung Wienecke-Zuschlag

Eva Stricker-Zeisel, Likörkanne (Form3366, Dekor Schottland), 1930, Herst.:Schramberger Majolikafabrik, Schram-berg, Sammlung Werner Steinecke

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AU K T I O N S P R E I S E96

€ 3.000,-Bodenvase, Entwurf AdrienAuguste Leduc, Sèvres, Frank-reich, um 1935, Weißporzellan,polychrom bemalt, außen gla-siert, mit umlaufendem Land-schaftsdekor, Ritz-Nr. „12-32“,Künstlersignatur, H 50 cm HAG

€ 3.600,-Henkelvase, Ernst Barlach, Aus-führung Mutz, Altona, 1903/1904, Steinzeugscherben, dun-kelblaue Scharffeuerglasur, da-rüber alkalisch-weiße und grü-ne Fließglasur, Nummer „1448“,Vasenhöhe 31,6 cm QUI

€ 3.250,-Dose, Entwurf Fritz Dietl (geb. 1880), um 1909/1910, AusführungWiener Keramik, naturweißer Scherben, glasiert und im Deckel buntstaffiert mit Nikolomotiv, runde Form mit kannelierter, zylindrischerWandung, Monogramm„FD“, Höhe 7,5 cm, D 12,5 cm DOR

€ 3.300,-Deckelvase, Meißen, Knauf-schwerter (bis 1924), 1. Wahl,Unterglasurblau floral bemaltmit Türkenbundlilien auf denFlächen alternierend mit Nel-ken auf den Kanten, auf Schul-ter und Stand Schuppenfond-zwickel, Form-Nr. „Q 165“, For-mer-Nr. „33“, H 43,5 cm WEN

€ 3.000,-Vase mit Pferdereigen, Entwurf Franz von Zülow, um 1930, Ausfüh-rung Schleiss, Gmunden, Austria, Keramik, farbig staffiert, auf derWandung signiert, Unterseite mit Pressmarke und altem Firmen-etikett, Höhe 28 cm DOR

€ 3.000,-Vase mit floraler Metallmon-tierung, Vilmos Zsolnay, Pécs,hergestellt gefertigt um 1902/1904, Keramik, Balusterform,umlaufend marmorierte, grün-violette Eosinglasur, Modell-Nummer „7024“, Montierungbezeichnet „Orion“, Vasenhöhe28 cm SBL

€ 2.750,-Bunte Vase, Entwurf MichaelPowolny (Form), Franz vonZülow (Dekor), gefertigt um1925, Porzellanfabrik Augarten,Wien, vor 1938, farbig und gold-staffiert mit Dekor „Land-schaftsbilder und groteskeFiguren“, an der Mündungrestauriert, Höhe 36 cm DOR

€ 2.730,-Henkelvase, Haagsche Plateel-bakkerij Rozenburg, 1901, „Eier-schalenporzellan“, polychromeMalerei von Willem P. Hart-gring, Motiv zwei Fasane undBlumen, Nr. „594“, H 18 cm SHU

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AU K T I O N S P R E I S E 97

ACN AUKTIONSHAUS CITY NORD | Hamburg, 06./07. Dezember 12ALL ALLGÄUER AUKTIONSHAUS | Kempten, 19.-21. April 2012DOR DOROTHEUM | Wien, 08. März + 21. Mai + 25. September 2012FIS FISCHER DR. | Heilbronn, 16. März 2012HAG HARGESHEIMER & GÜNTHER | Düsseldorf, 10. März 2012HEN HENRY’S | Mutterstadt, 24. November 2012HER HERR | Köln, 24. November 2012HHM HERMANN HISTORICA | München, 18./19. Oktober 2012IKY IM KINSKY | Wien, 21. Juni 2012KAR KARRENBAUER | Konstanz, 05. Mai 2012KAS KASTERN | Hannover, 22. September 2012KAU KAUPP | Schloss Sulzburg, 14.-16. Juni 2012LBE L & B KUNSTAUKTIONEN | Essen, 26./27. Oktober 2012MEH MEHLIS | Plauen, 24.-26. Mai + 23.-25. August 2012NAG NAGEL | Stuttgart, 10./11. Oktober 2012QUI QUITTENBAUM | München, 24. April 2012SBL SCHEUBLEIN | München, 29. Juni 2012

SHA SCHLOSS AHLDEN | Ahlden, 05. Mai 2012SHU SCHULER | Zürich, 19.-23. März + 10.-13. September 2012SMD SCHMIDT | Dresden, 15. September 2012VHA VAN HAM | Köln, 12. Mai 2012VZE VON ZENGEN | Bonn, 09. Juni 2012WEN WENDL | Rudolstadt, 14.-16. Juni + 18.-20. Oktober 2012ZEL ZELLER | Lindau, 12.-14. April + 06.-08. Dezember 2012ZOF ZOFINGEN | Zofingen, 07.-09. Juni 2012

€ 4.000,-Jugendstil-Salonofen, um 1900,Eisen mit vernickeltem Dekor,bez. „Oestr. Prid. Nr. 49/1065Automat No. III“, Porzellangriff,bez. „Emil Krämer Installateur,Lenaugasse 1“, Höhe 145 cm ZEL € 12.000,-

Geschenkvase mit Porträt Wil-helm II. und Ansicht des NeuenPalais in Potsdam, KPM, Berlin,um 1900, polychr. u. Gold be-malt, Goldrelief/-rand, durchMetallring drehbar, Blumenbe-krönung, Monogr. „JM“ (JuliusMentzel), „MD“ (Max Dürsch-ke), Nr. „6779“, H 65,5 cm KAS

€ 8.125,-Vase mit vier Atlanten, Goldscheider, Wien, um 1900, Keramik, farbigstaffiert, kleine Randscharten, Unterseite mit eingeprägtem Fir-menstempel und Modell-Nummer „1500/7/27“, Höhe 33,5 cm DOR

€ 10.500,-Vase, Entwurf Galileo Chini,Arte della Ceramica, Florenz,um 1900, Steingutscherben,cremefarben engobiert, poly-chrome Glasurmalerei auf grü-nem Grund, Darstellung mitzwei Mädchenköpfen zwischenRosenzweigen, H 26,7 cm QUI

€ 3.600,-Wasserspeier, Julius Scharvogel, Großherzogliche keramischeManufaktur Darmstadt, um 1910, Modell-Nummer „194“, hellesSteinzeug mit verlaufender Glasur in grauen und braunen Tönen,stilisiertes Froschgesicht, Wandaufhängung, Höhe 18 cm MEH

€ 3.800,-Bodenvase, Entwurf wohlLucien Alaurent, Sèvres, datiert1926, auf dunkelblauem Unter-glasurfond stilisierte Sonnen-blumen-Blütenrosetten in Po-liergold, Fuß- & Mündungsrandvergoldet, Höhe 91 cm SHA

92_97_Preise 12.03.2013 14:30 Uhr Seite 7


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