+ All Categories
Home > Documents > Salz & Pfeffer - Press

Salz & Pfeffer - Press

Date post: 30-Mar-2016
Category:
Upload: andre-candeias
View: 238 times
Download: 1 times
Share this document with a friend
Description:
Intimität und Distanz charakterisieren das berufliche Dasein eines Hausangestellten. Das gilt auch für den Privatkoch. Wenn Madame über die Schulter in die Court-Bouillon guckt. Einblicke in die High Society.
6
Roundtable Privatköche 7/2009 96 Dienstbare Geister Intimität und Distanz charakterisieren das berufliche Dasein eines Hausangestellten. Das gilt auch für den Privatkoch. Wenn Madame über die Schulter in die Court-Bouillon guckt. Einblicke in die High Society. TEXT: DAVID HÖNER FOTOS: CHRISTIAN SCHWARZ 7/2009 96 W ir trafen uns auf der Burg Hohenklingen, impo- santes und malerisches Wahrzeichen von Herr- schaft, über dem Städtchen Stein am Rhein. Dort agiert der gelernte Koch Conrad Etzweiler seit Juni 2009 als Schlosswirt, als Burgherr. Der agile Jungunternehmer ist aber nicht nur gewitzter Pächter eines Ausflugszieles son- dern auch Gründer und langjähriger Geschäftsführer einer Ver- mittler-agentur, welche private Köche an vermögende Haus- halte vermittelt. Ich traf ihn und zwei Köche, die entsprechende Erfahrungen aus diesem Metier mitbringen. Doris Schwegler in Zermatt arbeitet für anreisende Gäste, die sich zum Chalet die Köchin mieten. Sie ist dabei selbständige Unternehmerin. Marcel Madzuré war bis vor kurzem für eine englische Familie tätig, das Familienoberhaupt ein Kunsthändler aus London mit verwandtschaftlichen Beziehungen zum britischen Königshaus. Salz&Pfeffer: Was sind dieVoraussetzungen, um in den Küchen der Reichen und Schönen dieser Welt am Herd zu stehen? Conrad Etzweiler: Es braucht qualifizierte, gut ausgebildete Leute, die neben der fachlichen auch noch eine soziale Kom- petenz mitbringen. S&P: Was steckt hinter der gefragten sozialen Kompetenz? Etzweiler: Die Nähe zum Arbeitgeber. Das Besondere ist, dass
Transcript
Page 1: Salz & Pfeffer - Press

R o u n d t a b l e P r i v a t k ö c h e

7/200996

Dienstbare GeisterIntimität und Distanz charakterisieren das berufliche Dasein eines Hausangestellten. Das gilt auch für den Privatkoch. Wenn Madame über die Schulter in die Court-Bouillon guckt. Einblicke in die High Society.

TEXT: DAVID HÖNER FOTOS: CHRISTIAN SCHWARZ

7/200996

Wir trafen uns auf der Burg Hohenklingen, impo-santes und malerisches Wahrzeichen von Herr-schaft, über dem Städtchen Stein am Rhein.

Dort agiert der gelernte Koch Conrad Etzweiler seit Juni 2009 als Schlosswirt, als Burgherr. Der agile Jungunternehmer ist aber nicht nur gewitzter Pächter eines Ausflugszieles son-dern auch Gründer und langjähriger Geschäftsführer einer Ver-mittler-agentur, welche private Köche an vermögende Haus-halte vermittelt. Ich traf ihn und zwei Köche, die entsprechende Erfahrungen aus diesem Metier mitbringen. Doris Schwegler in Zermatt arbeitet für anreisende Gäste, die sich zum Chalet die Köchin mieten. Sie ist dabei selbständige Unternehmerin.

Marcel Madzuré war bis vor kurzem für eine englische Familie tätig, das Familienoberhaupt ein Kunsthändler aus London mit verwandtschaftlichen Beziehungen zum britischen Königshaus.

Salz&Pfeffer: Was sind die Voraussetzungen, um in den Küchen der Reichen und Schönen dieser Welt am Herd zu stehen?Conrad Etzweiler: Es braucht qualifizierte, gut ausgebildete Leute, die neben der fachlichen auch noch eine soziale Kom-petenz mitbringen.

S&P: Was steckt hinter der gefragten sozialen Kompetenz?Etzweiler: Die Nähe zum Arbeitgeber. Das Besondere ist, dass

7/2009 97

der Koch oder die Köchin mit den Arbeitgebern zusammen-lebt. Es ist ein Prozess und es muss ein Vertrauen aufgebaut werden. Manchmal stimmt es von Anfang an, wie bei einer Liebe auf den ersten Blick, doch dann fangen auch die Dis-kussionen an. Was für Ansprüche sind da. Was für eine Stel-lung hat man. Das kann schwierig werden. Es braucht Fin-gerspitzengefühl. Da zeigt es sich, ob sich jemand für den Job eignet.

S&P: Das braucht Zeit. Etzweiler: Es gibt Probezeiten. Ein halbes Jahr ist üblich. Marcel Madzuré: Ich war zuerst bei einer deutschen Fa-milie in Gstaad. Gerade mal für 10 Tage und dann merkten beide, dass wir nicht zusammenpassen.

S&P: Welche Angestellten arbeiten sonst noch in diesem Bereich? Etzweiler: Das kommt auf die Grösse des Haushalts an. Heute gibt es nur noch selten Orte, wo ein Butler und ein Koch zu finden sind. Oder man hat ein Dienstbotenpaar. Er macht den Garten, die Autos, ist Chauffeur. Sie ist die Haus-hälterin, serviert, macht die Wäsche, bügelt, organisiert. Dazu kommt das Reinigungspersonal.

S&P: Der Koch als Mädchen für alles?Etzweiler: Nicht unbedingt. Aber es kommt vor, dass der Koch noch andere Pflichten hat. Er muss die Hunde füttern, klei-ne Reparaturen ausführen, die Kinder von der Schule holen. Auch die reichen Leute sparen und die Aufgaben werden auf wenige verteilt. Die Hierarchie einer Dienerschaft, wie man sie vielleicht noch in königlichen Haushalten findet, ist sehr, sehr selten.

S&P: Hemden bügeln?Doris Schwegler: Das nicht. Aber ich gebe zum Beispiel Ski- und Snowboardunterricht. Daraus ergibt sich eine andere Ver-bindung, es wird persönlicher. Wenn man am Abend für sie kocht, fühlt man sich als Teil der Familie. Sie interessieren sich dafür, wer du bist. Aber an den Diskussionen am Tisch beteiligt man sich nicht. Ich sitze auch nicht an ihrem Tisch, das ist un-denkbar. Ich bin einfach der Koch, mache ein feines Essen und gehe wieder. Dazwischen werden die beruflichen Sachen abge-stimmt; wann, wie viele Gäste, wo wird gegessen, die gewünsch-ten Menus. Es ist ganz unterschiedlich, wie man angenommen und mit einbezogen wird.

S&P: Wie war der Job im englischen Galeristenhaushalt?Madzuré: Dort bin ich zwei Jahre geblieben, von 2007 bis 2009. Ich wurde in die täglichen Abläufe mit einbezogen. Das Leben mit der Familie unter dem gleichen Dach ist sehr an-spruchsvoll. Ich kann sagen, dass ich für alle im Haushalt auch ein Ansprechpartner, ein Bezugspunkt war. Ich war zuständig für Mittag- und Abendessen, Frühstück wurde von den House-keepern gemacht. Wir waren vier Vollzeitangestellte: Eine Gärt-nerin, ein Hausmeister und zwei Sekretärinnen.

S&P: Wie haben Sie gewohnt?Madzuré: Ich hatte in ihren Häusern meine eigenen Räume, eine Dreizimmerwohnung. Dort wohnte ich. Manchmal hört man Geschichten von wegen Zimmer im Keller oder unter dem Dach. Ich hatte es schön.

S&P: Haben Sie dort manchmal am selben Tisch gegessen?Madzuré: Nein, natürlich nicht. Wir hatten noch nicht mal das gleiche Geschirr und Besteck. Das ist klar getrennt.Etzweiler: Das ist eine der klassischen Familien.Madzuré: Der Standard war hoch. Der Room Service im Dol-der ist sicher gut. In meiner Familie war es noch drei Stufen höher. Wirklich königlich, so wie man es sich vorstellt. Stellen Sie sich vor, die Möbel, Bilder und Kunstwerke, die Sie im Ka-talog von Sothebys oder Christies finden. So ist das eingerich-tet, diese Dinge werden dort gebraucht.

S&P: Wo war das denn?Madzuré: Wir lebten in Gstaad und in Südfrankreich in der Gascogne. Richtige Feste fanden ausserhalb statt. Zum Bei-spiel im Eagle Club in Gstaad. Da hatte ich nichts mehr da-

Page 2: Salz & Pfeffer - Press

R o u n d t a b l e P r i v a t k ö c h e

7/200996

Dienstbare GeisterIntimität und Distanz charakterisieren das berufliche Dasein eines Hausangestellten. Das gilt auch für den Privatkoch. Wenn Madame über die Schulter in die Court-Bouillon guckt. Einblicke in die High Society.

TEXT: DAVID HÖNER FOTOS: CHRISTIAN SCHWARZ

7/200996

Wir trafen uns auf der Burg Hohenklingen, impo-santes und malerisches Wahrzeichen von Herr-schaft, über dem Städtchen Stein am Rhein.

Dort agiert der gelernte Koch Conrad Etzweiler seit Juni 2009 als Schlosswirt, als Burgherr. Der agile Jungunternehmer ist aber nicht nur gewitzter Pächter eines Ausflugszieles son-dern auch Gründer und langjähriger Geschäftsführer einer Ver-mittler-agentur, welche private Köche an vermögende Haus-halte vermittelt. Ich traf ihn und zwei Köche, die entsprechende Erfahrungen aus diesem Metier mitbringen. Doris Schwegler in Zermatt arbeitet für anreisende Gäste, die sich zum Chalet die Köchin mieten. Sie ist dabei selbständige Unternehmerin.

Marcel Madzuré war bis vor kurzem für eine englische Familie tätig, das Familienoberhaupt ein Kunsthändler aus London mit verwandtschaftlichen Beziehungen zum britischen Königshaus.

Salz&Pfeffer: Was sind die Voraussetzungen, um in den Küchen der Reichen und Schönen dieser Welt am Herd zu stehen?Conrad Etzweiler: Es braucht qualifizierte, gut ausgebildete Leute, die neben der fachlichen auch noch eine soziale Kom-petenz mitbringen.

S&P: Was steckt hinter der gefragten sozialen Kompetenz?Etzweiler: Die Nähe zum Arbeitgeber. Das Besondere ist, dass

7/2009 97

der Koch oder die Köchin mit den Arbeitgebern zusammen-lebt. Es ist ein Prozess und es muss ein Vertrauen aufgebaut werden. Manchmal stimmt es von Anfang an, wie bei einer Liebe auf den ersten Blick, doch dann fangen auch die Dis-kussionen an. Was für Ansprüche sind da. Was für eine Stel-lung hat man. Das kann schwierig werden. Es braucht Fin-gerspitzengefühl. Da zeigt es sich, ob sich jemand für den Job eignet.

S&P: Das braucht Zeit. Etzweiler: Es gibt Probezeiten. Ein halbes Jahr ist üblich. Marcel Madzuré: Ich war zuerst bei einer deutschen Fa-milie in Gstaad. Gerade mal für 10 Tage und dann merkten beide, dass wir nicht zusammenpassen.

S&P: Welche Angestellten arbeiten sonst noch in diesem Bereich? Etzweiler: Das kommt auf die Grösse des Haushalts an. Heute gibt es nur noch selten Orte, wo ein Butler und ein Koch zu finden sind. Oder man hat ein Dienstbotenpaar. Er macht den Garten, die Autos, ist Chauffeur. Sie ist die Haus-hälterin, serviert, macht die Wäsche, bügelt, organisiert. Dazu kommt das Reinigungspersonal.

S&P: Der Koch als Mädchen für alles?Etzweiler: Nicht unbedingt. Aber es kommt vor, dass der Koch noch andere Pflichten hat. Er muss die Hunde füttern, klei-ne Reparaturen ausführen, die Kinder von der Schule holen. Auch die reichen Leute sparen und die Aufgaben werden auf wenige verteilt. Die Hierarchie einer Dienerschaft, wie man sie vielleicht noch in königlichen Haushalten findet, ist sehr, sehr selten.

S&P: Hemden bügeln?Doris Schwegler: Das nicht. Aber ich gebe zum Beispiel Ski- und Snowboardunterricht. Daraus ergibt sich eine andere Ver-bindung, es wird persönlicher. Wenn man am Abend für sie kocht, fühlt man sich als Teil der Familie. Sie interessieren sich dafür, wer du bist. Aber an den Diskussionen am Tisch beteiligt man sich nicht. Ich sitze auch nicht an ihrem Tisch, das ist un-denkbar. Ich bin einfach der Koch, mache ein feines Essen und gehe wieder. Dazwischen werden die beruflichen Sachen abge-stimmt; wann, wie viele Gäste, wo wird gegessen, die gewünsch-ten Menus. Es ist ganz unterschiedlich, wie man angenommen und mit einbezogen wird.

S&P: Wie war der Job im englischen Galeristenhaushalt?Madzuré: Dort bin ich zwei Jahre geblieben, von 2007 bis 2009. Ich wurde in die täglichen Abläufe mit einbezogen. Das Leben mit der Familie unter dem gleichen Dach ist sehr an-spruchsvoll. Ich kann sagen, dass ich für alle im Haushalt auch ein Ansprechpartner, ein Bezugspunkt war. Ich war zuständig für Mittag- und Abendessen, Frühstück wurde von den House-keepern gemacht. Wir waren vier Vollzeitangestellte: Eine Gärt-nerin, ein Hausmeister und zwei Sekretärinnen.

S&P: Wie haben Sie gewohnt?Madzuré: Ich hatte in ihren Häusern meine eigenen Räume, eine Dreizimmerwohnung. Dort wohnte ich. Manchmal hört man Geschichten von wegen Zimmer im Keller oder unter dem Dach. Ich hatte es schön.

S&P: Haben Sie dort manchmal am selben Tisch gegessen?Madzuré: Nein, natürlich nicht. Wir hatten noch nicht mal das gleiche Geschirr und Besteck. Das ist klar getrennt.Etzweiler: Das ist eine der klassischen Familien.Madzuré: Der Standard war hoch. Der Room Service im Dol-der ist sicher gut. In meiner Familie war es noch drei Stufen höher. Wirklich königlich, so wie man es sich vorstellt. Stellen Sie sich vor, die Möbel, Bilder und Kunstwerke, die Sie im Ka-talog von Sothebys oder Christies finden. So ist das eingerich-tet, diese Dinge werden dort gebraucht.

S&P: Wo war das denn?Madzuré: Wir lebten in Gstaad und in Südfrankreich in der Gascogne. Richtige Feste fanden ausserhalb statt. Zum Bei-spiel im Eagle Club in Gstaad. Da hatte ich nichts mehr da-

Page 3: Salz & Pfeffer - Press

R o u n d t a b l e P r i v a t k ö c h e

7/200998

mit zu tun. Ausserdem ist es nicht einfach. Du kannst nicht sagen, ich hätte da noch einen Kollegen, der mir mal aus-helfen kann. Das wollen sie nicht, sie wollen keine «Frem-den» im Haus.

S&P: Man ist also auf Gedeih und Verderb mit diesen Leu-ten zusammen?Schwegler: Vielleicht nicht ganz so krass. Aber du verkaufst dich, klar. Du lernst auch eine Welt kennen, hast Einblicke und Eindrücke, die du sonst nirgends hast. Man muss abwä-gen, ob einen diese Welt interessiert. Hast du eine Freundin oder einen Freund, dann lass es bleiben.Madzuré: Ich war sehr neugierig. Der Weg als Gastro-nom, als Hotelier bleibt immer in einer gewissen Distanz zum Gast. Dort bist du privat in diesen Kreisen. Im Cha-

let, im Landhaus, in der Wohnung. Ich bin so. Ich kann auch mal eine «Gala» lesen. All das Schickimicki-Zeugs finde ich spannend.

S&P: Was hatten Sie für Aufgaben, die nicht direkt mit dem Kochen zu tun hatten?Madzuré: Ich war ab und zu Chauffeur. Auf solchen Auto-fahrten kommt man ins Gespräch. Man fährt zu Rochat in Crissier und kann über diese Gespräche schon auch mal ei-nen Blick hinter die Kulissen dieser schillernden Welt werfen. Aber deine Freunde werden es natürlich nicht.

S&P: Würdest du sagen, dass es eine strenge Arbeit ist?Madzuré: Im Sinne von anstrengend nicht. Im vorgegebenen Rahmen war ich sehr selbstständig. Ich musste mich nicht um Budgets kümmern, hatte keine Vorschriften und relativ viel Freizeit. Ich hatte immer um zehn Uhr morgens Bespre-chung. Dann ging ich hoch, trank meinen Kaffee, Madame ihren Tee und wir organisierten den Tag. Sie gab mir die Me-nüs und daraufhin ging ich einkaufen. Oft gingen sie auch aus zum Lunch und ich hatte bis abends um sechs Uhr nichts zu tun. Nach dem Abendessen um spätestens zehn Uhr war wieder Freizeit. Ich musste auch nicht immer auf Abruf sein. Da sind sie absolut korrekt.

Doris Schwegler: Kochlehre in Zürich im Baur au Lac. Weitere Stationen: Victoria

Jungfrau in Interlaken, Riffelalp Zermatt, Dolder Grand Zürich,

Pontresina. Sprachaufenthalte in Petersburg und London.

Lebt in Zermatt als selbständige Privatköchin und Ski- und

Snowboardlehrerin.

Schwegler: Es gibt schon welche, bei denen ich immer auf Abruf sein musste. Aber auch solche, die mir Freiheiten las-sen. Sie sagen mir vielleicht ein erstes Menu, später mache ich Vorschläge. Preise spielen meist keine Rolle. Nur wenige wollen es genauer wissen und fragen, was der Hummer kostet. Es gibt aber sehr reiche Leute, die auf jeden Franken schau-en. Oder sie gehen überraschend weg und du stehst da mit deinem Hummer. Ich hatte ein paar mal die Situation, dass ich alles vorbereitet hatte und sie mich um sechs Uhr an-riefen, um zu sagen, sie kämen nicht. Regeln gibt es kei-ne. Sie zahlen was sie bestellen und sie sind auf jeden Fall der Boss.

S&P: Bestellen kann man den Koch über die Agentur von Conrad Etzweiler?Etzweiler: Es gibt nicht viele Vermittler. Es ist ein sehr indi-vidueller Job. Alles geht über Beziehungen, persönliche Be-kanntschaften, unter der Hand. Irgendwo hat jemand von dir gehört. Ein Filmproduzent, ein Industrieller. Dann klin-gelt das Telefon. Es geht über sieben Ecken, eine Baronesse in Genf erzählt einem Schauspieler und dieser seinem Regis-seur, der dann dem Produzenten und so weiter. Weil alles im privaten Rahmen und «unter Freunden» läuft, wird man am Schluss vom ersten Glied der Kette kritisiert, wenn es nicht geklappt hat.

S&P: Immer ein wenig Glatteis?Etzweiler: Sicher, man muss genau aufpassen. In diesen Kom-munikationsketten spielen Tratsch, Halbwahrheiten und falsche Lobreden die gleiche Rolle wie harte Fakten. Einmal rief mich eine Dame aus Gstaad an und erzählte mir, dass mich bald je-mand kontaktieren würde. Dann kam der Anruf aus New York. Der Sekretär des Mannes kam nach Zürich. Wir trafen uns im Baur au Lac in der Lounge. Ich hatte einen jungen Koch aus Österreich kommen lassen, ein kultivierter Mensch. Das passte gleich und er ging nach New York, wo er die Welt von Martha’s Vineyard, die Welt der schwerreichen Witwen und Filmstars betrat. Später gab es Visaprobleme mit den Amis und auch dort löste sich das Verhältnis nach zwei Jahren wieder auf.Madzuré: Ich hatte nach zwei Jahren genug. Ich war nicht gefordert und es gab keine Entwicklung. Am Anfang war ich wie geblendet von dem Ganzen, doch dann lebt man damit. Ich habe versucht, mein eigenes Leben trotzdem zu behalten. Doch nach zwei Jahren begann ich mich einsam zu fühlen. Lo-gisch, man gehört nicht dazu.

S&P: Und konnten Sie Ihr eigenes Leben weiterführen?Madzuré: Das ist das Schwierige. Ich konnte keine Freun-din oder Freunde zu mir einladen. Strikte verboten. Das wur-de mir am Anfang bereits gesagt. Wollte mich meine Freundin besuchen, musste ich ein Hotelzimmer buchen. Sicher war die Arbeit keine Hölle, aber du verkaufst dich selbst, du verkaufst wirklich deine Seele. ʇ

Gesucht:sensibler Spezialist für Wein- und Bier-gläser

Gefunden:meine Wunschmaschine – die neue Winterhalter UC-Serie. Die Untertischspül-maschine mit VarioPower findet für jedes Glas die richtige Umgangsform.

www.meinewunschmaschine.chGewinnen Sie eine von 25 Wunschmaschinen!

Anz

eige

:

Page 4: Salz & Pfeffer - Press

R o u n d t a b l e P r i v a t k ö c h e

7/200998

mit zu tun. Ausserdem ist es nicht einfach. Du kannst nicht sagen, ich hätte da noch einen Kollegen, der mir mal aus-helfen kann. Das wollen sie nicht, sie wollen keine «Frem-den» im Haus.

S&P: Man ist also auf Gedeih und Verderb mit diesen Leu-ten zusammen?Schwegler: Vielleicht nicht ganz so krass. Aber du verkaufst dich, klar. Du lernst auch eine Welt kennen, hast Einblicke und Eindrücke, die du sonst nirgends hast. Man muss abwä-gen, ob einen diese Welt interessiert. Hast du eine Freundin oder einen Freund, dann lass es bleiben.Madzuré: Ich war sehr neugierig. Der Weg als Gastro-nom, als Hotelier bleibt immer in einer gewissen Distanz zum Gast. Dort bist du privat in diesen Kreisen. Im Cha-

let, im Landhaus, in der Wohnung. Ich bin so. Ich kann auch mal eine «Gala» lesen. All das Schickimicki-Zeugs finde ich spannend.

S&P: Was hatten Sie für Aufgaben, die nicht direkt mit dem Kochen zu tun hatten?Madzuré: Ich war ab und zu Chauffeur. Auf solchen Auto-fahrten kommt man ins Gespräch. Man fährt zu Rochat in Crissier und kann über diese Gespräche schon auch mal ei-nen Blick hinter die Kulissen dieser schillernden Welt werfen. Aber deine Freunde werden es natürlich nicht.

S&P: Würdest du sagen, dass es eine strenge Arbeit ist?Madzuré: Im Sinne von anstrengend nicht. Im vorgegebenen Rahmen war ich sehr selbstständig. Ich musste mich nicht um Budgets kümmern, hatte keine Vorschriften und relativ viel Freizeit. Ich hatte immer um zehn Uhr morgens Bespre-chung. Dann ging ich hoch, trank meinen Kaffee, Madame ihren Tee und wir organisierten den Tag. Sie gab mir die Me-nüs und daraufhin ging ich einkaufen. Oft gingen sie auch aus zum Lunch und ich hatte bis abends um sechs Uhr nichts zu tun. Nach dem Abendessen um spätestens zehn Uhr war wieder Freizeit. Ich musste auch nicht immer auf Abruf sein. Da sind sie absolut korrekt.

Doris Schwegler: Kochlehre in Zürich im Baur au Lac. Weitere Stationen: Victoria

Jungfrau in Interlaken, Riffelalp Zermatt, Dolder Grand Zürich,

Pontresina. Sprachaufenthalte in Petersburg und London.

Lebt in Zermatt als selbständige Privatköchin und Ski- und

Snowboardlehrerin.

Schwegler: Es gibt schon welche, bei denen ich immer auf Abruf sein musste. Aber auch solche, die mir Freiheiten las-sen. Sie sagen mir vielleicht ein erstes Menu, später mache ich Vorschläge. Preise spielen meist keine Rolle. Nur wenige wollen es genauer wissen und fragen, was der Hummer kostet. Es gibt aber sehr reiche Leute, die auf jeden Franken schau-en. Oder sie gehen überraschend weg und du stehst da mit deinem Hummer. Ich hatte ein paar mal die Situation, dass ich alles vorbereitet hatte und sie mich um sechs Uhr an-riefen, um zu sagen, sie kämen nicht. Regeln gibt es kei-ne. Sie zahlen was sie bestellen und sie sind auf jeden Fall der Boss.

S&P: Bestellen kann man den Koch über die Agentur von Conrad Etzweiler?Etzweiler: Es gibt nicht viele Vermittler. Es ist ein sehr indi-vidueller Job. Alles geht über Beziehungen, persönliche Be-kanntschaften, unter der Hand. Irgendwo hat jemand von dir gehört. Ein Filmproduzent, ein Industrieller. Dann klin-gelt das Telefon. Es geht über sieben Ecken, eine Baronesse in Genf erzählt einem Schauspieler und dieser seinem Regis-seur, der dann dem Produzenten und so weiter. Weil alles im privaten Rahmen und «unter Freunden» läuft, wird man am Schluss vom ersten Glied der Kette kritisiert, wenn es nicht geklappt hat.

S&P: Immer ein wenig Glatteis?Etzweiler: Sicher, man muss genau aufpassen. In diesen Kom-munikationsketten spielen Tratsch, Halbwahrheiten und falsche Lobreden die gleiche Rolle wie harte Fakten. Einmal rief mich eine Dame aus Gstaad an und erzählte mir, dass mich bald je-mand kontaktieren würde. Dann kam der Anruf aus New York. Der Sekretär des Mannes kam nach Zürich. Wir trafen uns im Baur au Lac in der Lounge. Ich hatte einen jungen Koch aus Österreich kommen lassen, ein kultivierter Mensch. Das passte gleich und er ging nach New York, wo er die Welt von Martha’s Vineyard, die Welt der schwerreichen Witwen und Filmstars betrat. Später gab es Visaprobleme mit den Amis und auch dort löste sich das Verhältnis nach zwei Jahren wieder auf.Madzuré: Ich hatte nach zwei Jahren genug. Ich war nicht gefordert und es gab keine Entwicklung. Am Anfang war ich wie geblendet von dem Ganzen, doch dann lebt man damit. Ich habe versucht, mein eigenes Leben trotzdem zu behalten. Doch nach zwei Jahren begann ich mich einsam zu fühlen. Lo-gisch, man gehört nicht dazu.

S&P: Und konnten Sie Ihr eigenes Leben weiterführen?Madzuré: Das ist das Schwierige. Ich konnte keine Freun-din oder Freunde zu mir einladen. Strikte verboten. Das wur-de mir am Anfang bereits gesagt. Wollte mich meine Freundin besuchen, musste ich ein Hotelzimmer buchen. Sicher war die Arbeit keine Hölle, aber du verkaufst dich selbst, du verkaufst wirklich deine Seele. ʇ

Gesucht:sensibler Spezialist für Wein- und Bier-gläser

Gefunden:meine Wunschmaschine – die neue Winterhalter UC-Serie. Die Untertischspül-maschine mit VarioPower findet für jedes Glas die richtige Umgangsform.

www.meinewunschmaschine.chGewinnen Sie eine von 25 Wunschmaschinen!

Anz

eige

:

Page 5: Salz & Pfeffer - Press

S&P: Conrad Etzweiler, haben Sie auch mal in einer solchen Stelle gearbeitet oder sind Sie nur der Vermittler?Etzweiler: Nicht über längere Zeit, aber natürlich habe ich Störaufträge gemacht, habe Infrastrukturen vermittelt. Ich bin über die Cateringseite an diese Leute herangeraten. Später wurde ich als Vermittler angefragt.

S&P: Was sind denn die grössten Schwierigkeiten für Sie?Etzweiler: Wenn man sich trennt, ist immer der andere schuld, denn es findet ja alles in der Privatsphäre der Leute statt. Ein Junger bleibt im Schnitt vielleicht zwei Jahre, interessiert sich, nimmt die Herausforderung an. Aber nach zwei Jahren wollen sie wechseln. Das ist für die Herrschaft unangenehm. Sie müssen sich an jemanden Neuen gewöh-nen. Sie bekommen Stress und oft merken sie gar nicht, dass es an ihnen liegt, dass sie diesem Menschen gar keinen Platz gegeben haben. Nach dem dritten Mal ist man auch als Ver-mittler einer der Sündenböcke. Es gibt Arbeitgeber, die ei-nen schlechten Ruf haben. Zum Beispiel das ehemalige Mo-dell, jetzt Witwe, die alleine auf der Yacht sitzt. Obacht! Das ist schwierige Kundschaft. Das lernt man mit der Zeit.

S&P: War es für Sie auch ein Ansporn, in diese Kreise zu kom-men, oder ist es einfach ein Job?Etzweiler: Es ist eine Herausforderung. Da gibt es genug jun-ge Leute, die nach einem solchen Leben streben. Grosses Haus, grosse Yacht, keine Bürozeiten und, und, und. Dann kochen sie mal da und sehen ihre Probleme. Viel Geld macht nicht per se glücklich, es ist überall ein Haar in der Suppe und es wird immer mit Wasser gekocht. Das sind wertvolle Erfahrungen. Und ist es nicht immer interessant, Dinge zu wissen, die nicht jeder weiss.

S&P: Gibt es eigentlich so etwas wie eine Pflicht zur Ver-schwiegenheit, zur Diskretion?

Marcel Madzuré: Lehre als Koch und Kellner, absolvierte die Hotelfachschule in

Zürich. Diverse Arbeitsstellen, unter anderem auch im Dolder

Grand Zürich. Zuletzt F&B Assistant im Kursaal Bern. In den

letzten Jahren Privatkoch.

KINDERMAX NR. 6/2008 | 15. JULI 2008 | ERSCHEINT 9-MAL PRO JAHR | CHF 4.20

www.kindermax.ch

SEITE 10

SEITE 4

Max freut sich

Max entdeckt

SEITE 28

Hilf auch du den Strassenkindern!

auf Olympia!

«Olympiasieger»!

CONNY-LAND: GEWINNE EIN FAMILIEN-WEEKEND! SEITE 18

Comic und WETTBEWERBENMal- & Bastelseiten

mit ERLEBNISGESCHICHTEN

KIN

DE

RM

AX

KIN

DE

RM

AX

KIN

DE

RM

AX

Mit grossemDelfi n-Poster!Seiten 16 und 17

RÖMERFEST: GEWINNE EINTRITTSKARTEN FÜR DIE GANZE FAMILIE! SEITE 22

KINDERMAX NR. 5/2009 | 1. JULI | ERSCHEINT 9-MAL PRO JAHR | CHF 15.–

www.kindermax.ch

ENGLISCH und WETTBEWERBEN

SEITE 4

KIN

DE

RM

AX

KIN

DE

RM

AX

KIN

DE

RM

AX

SEITE 58

SEITE 40

Wettbewerb: Gewinne den Plüsch-SpongeBob! Seite 27

mit ERLEBNISGESCHICHTEN

Max und Mona tanzen!

MAX auf dem

Comic, Bastelseiten

Weltmusik: Max verlost CDs! Seite 37

Bildergeschichte:Max im Zirkus!Seite 16

ik M l t CDik M l t CD !

Hannah Montanaim Cowgirl-Stil!

WERBENWERBEN

HICHTENHICHTENlseitenlse telseiten

Trampolin!

JAHRE KINDERMAX!!

www.gourmesse.ch

Anzeige:

www.gourmesse.ch

Page 6: Salz & Pfeffer - Press

R o u n d t a b l e P r i v a t k ö c h e

7/2009 101

Madzuré: In meinem Vertrag gab es eine dementsprechende Klausel. Keine Namen der Gäste, keine Ereignisse, weder im Haus noch ausser Haus, dürfen weitererzählt werden. Das gilt auch nach Ablauf des Vertrages, sonst ist eine Geldstrafe vereinbart.Schwegler: Ich hatte bisher keine solche Abmachungen schriftlich, aber es ist selbstverständlich, dass Diskretion ge-wahrt wird. Ich habe jetzt eine Russin, die mich für drei Mo-nate gebucht hat. Den Vertrag habe ich noch nicht gesehen, kann sein, dass dort eine solche Klausel enthalten ist. Madzuré: Was sie sich untereinander erzählen, hat wenig mit dem realen Leben zu tun. Es gibt Eifersüchteleien, Macht-kämpfe, Wertungen, Reiche und Superreiche, die nichts mit-einander zu tun haben wollen. Aristokraten halten zusammen. Da siehst du keine neureichen Russen am Tisch. Es ist nicht an-ders als bei uns, das ist es, was man letztendlich lernt. Nur haben sie eben Geld und das entfremdet von der Wirklichkeit.Schwegler: Bei mir sind viele Geschäftsleute, die sehr viel Geld haben. Sie gehören in eine andere High Society und blei-ben auch unter sich. Ob man sich zum Abendessen umzieht, spielt hier weniger eine Rolle. Es ist erlaubt, nach der Sauna im Trainer zum Essen zu kommen. Ich erlebe auch Familien, die sich den Koch nur in den Ferien leisten. Die sind neugie-rig und umgänglicher. Sie stellen sich neben dich und schau-en dir in jeden Topf, fragen, wie man etwas macht.

S&P: Was bringt einem Koch eine Stelle bei Superreichen?Etzweiler: Eine solche Referenz im CV bringt einen weiter. Sie zeigt, dass du jemand bist, der auch eine soziale, persön-liche Seite entwickelt, selbständig arbeitet und integrationsfähig ist, und dies im hohen Masse. Ich werte eine solche Erfahrung hoch. Auch für Mitarbeiter in einem normalen Betrieb. Schwegler: Für einen selbst, nicht unbedingt im fachlichen, ist es eine grosse Erfahrung. Es gibt keinen Küchenchef über dir. Madame oder Monsieur beurteilen dich nicht nur, wie

du kochst, sondern auch, wie du bist, auf einer ganz persön-lichen Ebene.Etzweiler: Die meisten Köche und Chefs, die ich kenne, sind offen für solche Aufträge. Heute gehen auch Sterneköche mal auf Stör, es liegt im Trend.Madzuré: Man ist als Koch in der Hierarchiestufe eines Haus-haltes ganz oben. Nach der Privatsekretärin kommt der Privat-koch, auch als Statussymbol. Als solches wird man auch respek-tiert. Natürlich muss die Chemie stimmen, aber deine Fähigkeiten werden respektiert, angesehen. Dann fühlt man sich ok.

S&P: Doris Schwegler, könnten Sie sich vorstellen, zwei Jah-re für die gleiche Familie zu arbeiten?Schwegler: Früher vielleicht, jetzt nicht mehr. Wenn eine Fa-milie zu mir kommt, die mich für eine überschaubare Zeit

Conrad Etzweiler: Koch und Unternehmer, Caterer und Gründer von Private Chefs,

einer Vermittlungsagentur für Privatköche (www.private-chefs.

com). Seit Juni 2009 Schlossherr, Gastgeber und Pächter der Burg

Hohenklingen in Stein am Rhein. www.burghohenklingen.ch

braucht, wenn wir auf Reisen sind oder umherziehen. Drei, vier Monate, sonst wird es mir zu lang.

S&P: Und Sie, Marcel Madzuré, würden Sie wieder in pri-vate Dienste treten?Madzuré: Nein, jetzt habe ich’s gesehen, da kann auch Mick Jagger anrufen. Sir oder nicht Sir. Ob der Prinz Alexander von Belgrad auch mal bei Tisch war, spielt für mich keine Rolle mehr. Ich habe es erlebt, war da und möchte jetzt mein nor-males Leben weiterführen. ʄ


Recommended