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Salafistische Propaganda im Internet Von der reinen Mission ... · hundert den Islam geprägt...

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Magdeburger Journal zur Sicherheitsforschung Gegründet 2011 | ISSN: 2192-4260 Herausgegeben von Stefan Schumacher und Jan W. Meine Meine Verlag – Wissenschafts-, Sach- und Fachbuchverlag, Magdeburg Dieser Artikel erscheint in der Serie „Informationstechnologie und Sicherheitspolitik. Wird der dritte Weltkrieg im Internet ausgetragen?“ Herausgegeben von Jörg Sambleben und Stefan Schumacher Salafistische Propaganda im Internet Von der reinen Mission bis zum globalen Jihad - Die wesentlichen ideentheoretischen Unterschiede unter den salafistischen Strömungen in Deutschland Dirk Baehr In Deutschland existieren zahlreiche salafistische Gruppierungen, die seit mehreren Jahren missio- nieren. Die Inhalte der salafistischen Propaganda, die mit Videos oder Büchern im Internet verbreitet wird, variiert zwischen dem puristisch-salafistischen Denken eines Hassan Dabbaghs bis zu der radikal-militanten Propaganda Eric Breiningers. In dem vorliegenden Aufsatz werden die verschiedenen Strömungen vorgestellt und darauf hingewiesen, dass es in Deutschland sowohl reine Missionsgruppen als auch militante Gruppierungen unter den Salafisten gibt. Da viele Salafisten im Internet anonym mit ihren Sympathisanten kommunizieren, gibt es Anhaltspunkte, welche salafistische Strömung nur Mission betreibt und welche den globalen Jihad propagiert. Anhand der Propaganda existiert eine der wenigen Möglichkeiten, die jihadi-salafistische Strö- mung von den anderen Strömungen zu unterscheiden. Denn bislang gibt es nur wenig offen zugängliches deutschsprachiges Material, welches die militante Intention aufzeigt oder verdeutlicht. Anhand der dreigliedrigen Typologie des Salafismus von dem amerikanischen Politikwissenschaft- ler Quentin Wiktorowicz werden die Aktivitäten der deutschen Salafisten im Internet analysiert. Zitationsvorschlag: Baehr, D. (2012). Salafistische Propaganda im Internet: Von der reinen Mission bis zum globalen Jihad - Die wesentlichen ideentheoretischen Unterschiede unter den salafistischen Strömungen in Deutschland. Magdeburger Journal zur Sicherheitsforschung, 2, 236–269. Zugriff am 20. November 2012, unter http://www.sicherheitsforschung-magdeburg.de/journal_archiv.html
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Magdeburger Journal zur Sicherheitsforschung

Gegründet 2011 | ISSN: 2192-4260Herausgegeben von Stefan Schumacher und Jan W. Meine

Meine Verlag – Wissenschafts-, Sach- und Fachbuchverlag, Magdeburg

Dieser Artikel erscheint in der Serie „Informationstechnologie und Sicherheitspolitik. Wird der dritteWeltkrieg im Internet ausgetragen?“ Herausgegeben von Jörg Sambleben und Stefan Schumacher

Salafistische Propaganda im Internet

Von der reinen Mission bis zum globalen Jihad - Diewesentlichen ideentheoretischen Unterschiede unter den

salafistischen Strömungen in Deutschland

Dirk Baehr

In Deutschland existieren zahlreiche salafistische Gruppierungen, die seit mehreren Jahren missio-nieren. Die Inhalte der salafistischen Propaganda, die mit Videos oder Büchern im Internet verbreitetwird, variiert zwischen dem puristisch-salafistischen Denken eines Hassan Dabbaghs bis zuder radikal-militanten Propaganda Eric Breiningers. In dem vorliegenden Aufsatz werden dieverschiedenen Strömungen vorgestellt und darauf hingewiesen, dass es in Deutschland sowohlreine Missionsgruppen als auch militante Gruppierungen unter den Salafisten gibt. Da vieleSalafisten im Internet anonym mit ihren Sympathisanten kommunizieren, gibt es Anhaltspunkte,welche salafistische Strömung nur Mission betreibt und welche den globalen Jihad propagiert.Anhand der Propaganda existiert eine der wenigen Möglichkeiten, die jihadi-salafistische Strö-mung von den anderen Strömungen zu unterscheiden. Denn bislang gibt es nur wenig offenzugängliches deutschsprachiges Material, welches die militante Intention aufzeigt oder verdeutlicht.Anhand der dreigliedrigen Typologie des Salafismus von dem amerikanischen Politikwissenschaft-ler Quentin Wiktorowicz werden die Aktivitäten der deutschen Salafisten im Internet analysiert.

Zitationsvorschlag: Baehr, D. (2012). Salafistische Propaganda im Internet: Von der reinen Missionbis zum globalen Jihad - Die wesentlichen ideentheoretischen Unterschiede unter den salafistischenStrömungen in Deutschland. Magdeburger Journal zur Sicherheitsforschung, 2, 236–269. Zugriff am 20.November 2012, unter http://www.sicherheitsforschung-magdeburg.de/journal_archiv.html

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Einleitung und Fragestellung

Der Begriff des Salafismus leitet sich vonden rechtschaffenden Altvorderen (al-salafal-salih) ab, die in der Frühphase des Islamsgelebt haben. Diese rechtschaffenden Alt-vorderen hatten unmittelbar Kontakt zumReligionsbegründer Mohammed oder sei-nen Nachfolgern. Aufgrund dieses direktenKontakts zum Propheten und dessen Nach-fahren waren sie im salafistischen Selbstver-ständnis einzig und allein in der Lage, diereinste Form der islamischen Glaubensleh-re auszuüben. Es gab drei Generationen derrechtschaffenden Altvorderen, die von 610n. Chr. bis zum Tode Ibn Hanbals im Jahre855 n. Chr. den islamischen Glauben maß-geblich formten. Sie gelten als die entschei-denden Vorbilder der Salafisten, weil sie an-geblich die einzigen Gläubigen waren, diefromm und gottesfürchtig lebten. Die Sala-fisten lehnen jegliche religiöse Veränderun-gen, die nach 855 n. Chr. in den Islam ein-gedrungen sind, als unislamische Neuerun-gen (bida) ab. Durch eine solche Interpreta-tion der Glaubenslehre werden große Teileder islamischen Rechtsauslegung von denSalafisten nicht geduldet. Dies resultiert ausder strengen Betonung der EinzigartigkeitGottes, die für alle Salafisten durch jegli-che Art von Neuerungen verteidigt werdenmuss, um die Einheit des Glaubens (tawhid)aufrecht zu erhalten.1 Dabei schrecken Sala-fisten nicht zurück, Jahrhunderte alte Lehr-meinungen der islamischen Rechtsgelehr-ten, die zwischen dem 9. und dem 19. Jahr-hundert den Islam geprägt haben, als unis-lamisch zu bezeichnen, weil diese angeb-lich zum Verfall des islamischen Glaubens

1 Vgl. Olivier Roy, Der islamische Weg nach Wes-ten - Globalisierung, Entwurzelung und Radikali-sierung, München 2006, S. 239.

und somit zum Niedergang der islamischenHerrschaft in der Welt geführt haben sol-len.2

Unter den Begriff des Salafismus verstehtdie heutige Wissenschaft zudem die glo-bale Variante der von Saudi-Arabien ver-breiteten religiösen Staatsdoktrin des Wah-habismus. Dies liegt darin begründet, dassdie heutige salafistische Ideologie insbeson-dere durch die saudi-arabische Missions-politik global verbreitet wird. Die Wurzelndieser religiösen Strömung liegen in denLehren Muhammad Ibn Abd al-Wahhabs,der im 18. Jahrhundert mit MuhammadIbn Saud das erste saudisch-wahhabitischeEmirat geschaffen hatte. Seitdem expandier-te der saudische Staat auf einem großenTeil der arabischen Halbinsel. Ein entschei-dendes Mittel zur Expansion war die stren-ge, wortgetreue Glaubensauslegung von al-Wahhab, die eine extreme Geschlossenheitder saudischen Gesellschaft förderte.3

Wesentlicher Kern des saudisch geprägtenSalafismus ist das Konzept der Einheit Got-tes (tawhid). Drei Arten der tawhid müssenvon jedem Salafisten berücksichtigt werden,um als wahrer Muslim akzeptiert zu wer-den. Die erste erfolgt aus dem Absolutheits-anspruch von Gott. Nur der eine Gott istder Schöpfer sowie der Souverän über dasganze Universum. Aufgrund seiner Einzig-artigkeit ist nur dieser Gott befähigt, Regelnund Gesetze zu erlassen. Von Menschengeschaffene Gesetze werden von Salafistennicht akzeptiert. Um die Einheit Gottes her-

2 Vgl. Verfassungsschutz NRW (Hrsg.), Salafismus -Entstehung und Ideologie, Eine Analyse der Ideo-logie durch den Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf 2009, S. 3.

3 Vgl. Madawi al-Rasheed, Contesting the SaudiState, Islamic Voices from a new Generation, NewYork 2007, S. 2.

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stellen zu können, werden jegliche neuenInnovationen (bida) von den Salafisten ver-boten. Nur der Koran und die Sunna gel-ten als Richtlinien im islamischen Glauben,um die Einheit wieder herzustellen. Für dieSalafisten ist der Koran die wortwörtlicheWiedergabe Gottes. Im Koran liegt die reins-te Form des Islams, wie sie Mohammed ge-predigt hat.4 Eine solche Wiedergabe be-darf keiner Interpretation; sie muss von denGläubigen befolgt werden. Die zweite Vari-ante der Einheit Gottes besteht darin, dassnur ein Gott verehrt werden darf. Alle Mus-lime, die jemand oder etwas anderes alsMohammed verehren, gelten als Polytheis-ten (shirk) und können aufgrund ihres Göt-zendienstes als Ungläubige bezeichnet wer-den.5 Als dritte Variante wird die Einheitder Gläubigen betont, durch die die Musli-me ihre Unterschiede überwinden und Ein-tracht gegenüber den Feinden demonstrie-ren sollen. Die Einheit zwischen allen Musli-men garantiert die Ehre gegenüber Anders-gläubigen wiederherzustellen.6

Da laut den Salafisten die Einheit Gottes(tawhid) in der heutigen Welt jedoch nichthergestellt ist und kein reiner Islam prakti-ziert wird, gilt die Verteidigung der tawhidals die wichtigste Aufgabe für die Salafis-ten. Nur in der Wiederherstellung der Ein-heit des Glaubens sehen sie die Möglichkeit,den Zerfall des islamischen Glaubens auf-zuhalten. Die Reinigung des Islams spieltsomit eine entscheidende Rolle für die sa-

4 Vgl. Mary Habeck, Knowing the Enemy, JihadistIdeology and the War on Terror, New Haven/ Lon-don 2006, S. 23.

5 Vgl. Quintan Wiktorowicz, Anatomy of the SalafiMovement, in: Studies in Conflict and Terrorism 29(2006), Issue 3, S. 207 - 239, hier S. 209.

6 Vgl. Jarret Brachman, Global Jihadism, Theory andPractice, New York 2009, S. 44.

lafistischen Glaubensausrichtung. Aus die-sem Grund streben alle Salafisten die Per-fektionierung der Einheit Gottes an.7 Hier-bei treten allerdings vermehrt unterschiedli-che Methoden (manhaj) auf, um dieses Zielzu erreichen.Daher handelt es sich nicht nur um eineStrömung, sondern um drei, die in puris-tische, politische und jihadistische Salafis-ten unterteilt ist8. Alle drei Strömungen be-sitzen eine unterschiedliche Methode (man-haj), die Einheit des islamischen Glaubenswieder herzustellen. Die Puristen strebendie Einheit nur durch Mission, Reinigungund Bildung an.9 Bei den politischen Sala-fisten überwiegt das aktive Handeln, um dieEinheit Gottes wieder herzustellen. Jihadis-ten sehen nur die Möglichkeit mit Gewaltdie Einheit zu schaffen. Von Bedeutung fürdie jeweilige salafistische Strömung ist dieBeziehung zu dem herrschenden Regime,die Einstellung zur Politik und die Anwen-dung von Gewalt.10

Auch in Deutschland existieren salafisti-sche Gruppierungen, die ihre Missionsar-beit betreiben. Insbesondere durch die star-ke Zunahme von deutschsprachiger sala-

7 Vgl. Wiktorowicz (Anm. 5), S.209.

8 Hierbei findet die Gliederung von Oliver Roy kei-ne Verwendung, welche von zahlreichen Verfas-sungsschutzämtern, Klaus Hummel und EkkehardRudolph angewandt wird; vgl. Analyse der Ty-pologie in Wiktorowicz, (Anm. 5), S. 208 & DirkBaehr, Kontinuität und Wandel in der Ideologiedes Jihadi-Salafismus, Eine ideentheoretische Ana-lyse der Schriften von Abu Musab al-Suri, AbuMohammad al-Maqdisi und Abu Bakr Naji, Bonn2009, S. 26 - 43.

9 Vgl. Wiktorowicz (Anm. 5), S. 217.

10 Vgl. Omayma Abdel-Latif, Trends in Salafism,in Michael Emerson/Kristina Kausch/RichardYoungs (Hrsg.), Islamist Radicalization, The Chal-lenge for Euro-Mediterranean Relations, Centre forEuropean Policy Studies, Brussels 2006, S. 70.

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fistischer Propaganda im Internet entstan-den in den letzten Jahren die unterschied-lichsten Gruppen, die Jugendliche zu ihrersalafistischen Auslegung des Islams bekeh-ren wollen. Die Inhalte der salafistischenPropaganda, die mit Videos und Büchernim Internet verbreitet wird, variiert zwi-schen dem puristisch-salafistischen Denkeneines Hassan Dabbaghs bis zu der radikal-militanten Propaganda eines Eric Breinin-gers. In dem vorliegenden Aufsatz werdendie verschiedenen Strömungen vorgestelltund darauf hingewiesen, dass es Missions-gruppen sowie militanten Gruppen unterden Salafisten gibt, die in Deutschland ak-tiv sind. Da viele Salafisten im Internet an-onym mit ihren Sympathisanten kommuni-zieren, gibt es Anhaltspunkte, welche sala-fistische Strömung nur Mission betreibt undwelche den globalen Jihad propagiert. An-hand der Propaganda besteht eine der we-nigen Möglichkeiten, die jihadi-salafistischeStrömung von den anderen Strömungen zuunterscheiden, da es ansonsten nur wenigdeutschsprachiges Material gibt, das offenzugänglich ist und die militante Intentionaufzeigt. In der folgenden Analyse werdenanhand der dreigliedrigen Typologie desSalafismus von dem amerikanischen Poli-tikwissenschaftler Quintan Wiktorowicz dieAktivitäten der deutschen Salafisten im In-ternet dargestellt.

Gliederung in drei salafistischen Strömun-gen

In dem Aufsatz »Anatomy of the Salafi Mo-vement« teilt Quintan Wiktorowicz den Sa-lafismus in drei Strömungen auf, weil sichin den vergangenen Jahrzehnten eine dyna-mische Entfaltung der salafististischen Ideo-logie entwickelt hat, die zu unterschiedli-

chen Positionen in der Methode (manhaj)der Glaubensausübung geführt hat.11 Diesliegt zum einen an der Politisierung derarabischen Welt, in dessen Folge in den1960er Jahren salafistische Gruppierungenentstanden, die nicht wie die ältere Ge-neration der Salafisten politisches Handelnausschlossen. Bei den politisierten Salafis-ten, die als al-Sahwa-Bewegung bezeichnetwird, handelt es sich hingegen nicht - wieKlaus Hummel schreibt - um die Netzwerk-bewegung von Nasir al-Din al-Albani. Erwar ein strikter Gegner des politisierten Sa-lafismus. Zwar mag al-Albani in den frühen1960er Jahren nach Saudi Arabien gezogensein, um dort zu missionieren. Seine Netz-werkbewegung hat aber keine Gemeinsam-keit mit der al-Sahwa-Bewegung, die durchMohammed Qutb, dem Bruder von SayyidQutb, in Saudi Arabien entstanden ist. 12

Andererseits entstand der Wandel der sa-lafistischen Ideologie aus der transnationa-len Entfaltung des Salafismus durch dieweltweite Missionspolitik der Saudis sowiedurch die globale Expansion von militan-ten Gruppen wie Al-Qaida. Dabei sind ver-

11 Vgl. Ekkehard Rudolph, Salafistische Propagan-da im Internet, Eine Analyse von Argumenta-tionsmustern im Spannungsfeld von missionari-schen Aktivismus, Islamismus und Gewaltlegiti-mation, in: Armin Pfahl-Traughber (Hrsg.), Jahr-buch für Extremismus- und Terrorismusforschung2009/2010, Brühl 2010, S.486 - 501, hier S. 488.

12 Klaus Hummel schreibt in seiner Analyse »Sa-lafismus in Deutschland«, dass sich die al-Sahwa-Bewegung zu einer größeren Mainstream-Bewegung entwickelt habe. Dies ist unzutreffend,denn die Mainstream-Bewegung hat sich nach densalafistischen Ideen Nasir al-Din al-Albanis orien-tiert. Die Ideen al-Albanis stehen den politisiertenIdeen der al-Sahwa Bewegung jedoch feindlich ge-genüber, da sie einen politischen Aktivismus wi-dergeben, den al-Albani strikt ablehnte, vgl. KlausHummel, Salafismus in Deutschland, Eine Gefah-renperspektive, unveröffentlichter Aufsatz, S.6.

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schiedene religiöse und politische Einflüs-se in den Salafismus eingedrungen, die zueiner Aufspaltung der salafistischen Dok-trin geführt haben. Insbesondere das Ver-hältnis zum Herrscherregime sowie derenpolitisches Handeln führten innerhalb desSalafismus zu divergierenden Meinungen.Es kamen vermehrt Meinungsverschieden-heiten unter den Salafisten auf, ob sie ihreHerrscher als Apostaten bezeichnen dürfen.Da die Jihadisten die arabischen Herrscherals Apostaten ansehen, ergibt sich für siedie Legitimation, Krieg gegen diese Regimezu führen. Die anderen beiden salafistischenStrömungen lehnen dagegen strikt Gewaltab.Die Aufgliederung in drei salafistische Strö-mungen wird von Wiktorowicz nicht als ko-härent angesehen. Ihm ist bewusst, dass dieGrenzen der drei Strömungen fließend sind.In der folgenden Analyse geht es nicht dar-um, die drei salafistischen Strömungen alshomogene und unveränderliche Bewegun-gen darzustellen. Dennoch ist es für die wis-senschaftliche Forschung von Bedeutung,dass sich drei wesentliche Strömungen imSalafismus entwickelt haben, die es zu un-terscheiden gilt.

Puristischer Salafismus

Die erste Strömung wird von Wiktoro-wicz als puristischer Salafismus bezeich-net.13 Dieser puristische Salafismus ist qua-si die reinste Form des maßgeblich sau-disch geprägten Salafismus und die Reprä-sentanten dieser Strömung versuchen, jeg-liche westliche und andere Einflüsse ausder Ideologie fernzuhalten. Drei wesentli-che Methoden besitzen die puristischen Sa-

13 Vgl. Wiktorowicz (Anm. 5), S. 208.

lafisten um einen reinen Glauben auszuü-ben: Mission (da‘wa), Reinigung (tasfiya)und religiöse Bildung (tarbiya).14 Für diepuristischen Salafisten ist das Propagierenihrer Ideen entscheidend, da der ProphetMohammed in der erste Hälfte seines Le-bens nur missioniert hat. Um die junge mus-limische Bewegung nicht zu gefährden, gabMohammed die Anweisung, keinen Auf-stand oder Widerstand gegen die politi-schen Herrscher zu führen. Das Bestreben,den Islam zu einer Weltreligion zu beför-dern, sollte nicht gefährdet werden.15 Hier-in zeigt sich der apolitische Charakter derPuristen, der jegliche Einmischung in politi-sche Angelegenheiten ablehnt, um die reli-giöse Expansion nicht zu gefährden.In der aktuellen Forschung treten jedochvermehrt Irritationen bei dem von Oli-vier Roy geprägten Begriff Mainstream-Salafismus auf. Der Soziologe bezeichnetausschließlich den puristischen Strömungals Mainstream-Salafismus und sieht ihnebenfalls als missionarisch, friedfertig undapolitisch an.16 Dem ungeachtet wählen ei-nige Wissenschaftler17 denselben Begriff fürden politischen Salafismus. Dies ist aller-dings falsch, weil Roy definitiv den Main-stream als apolitische Strömung ansieht.Die puristischen Salafisten sind keine politi-

14 Ebenda, S. 217

15 Ebenda, S. 217.

16 Vgl. Olivier Roy (Anm. 1), S. 241 ff.

17 Ekkehard Rudolph und Klaus Hummel ver-wenden den Begriff des Mainstream Salafismusund bezeichnen aber zudem eine andere Strö-mung als puristisch. Die Bezeichnung Mainstream-Salafismus kann hingegen nur für den puristischenSalafismus verwendet werden, da nur diese Strö-mung laut Quentin Wiktorowicz auf den Ideen Na-sir al-Din al-Albani, Abd al Aziz ibn Baz und Mo-hammad ibn al-Uthaimin beruht. Siehe Wiktoro-wicz (Anm. 5), S. 208.

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schen Akteure, die planen, die Macht in ei-nem Staat zu übernehmen.18 Sie lehnen jeg-liche Aktivitäten gegen staatliche Instanzenab. Ihr Ziel ist es, soziale Veränderung nurdurch die Verbreitung ihrer Ideologie zu er-reichen.19

Außerdem sind die wichtigsten Religions-gelehrten der puristischen Strömung Nasiral-Din al-Albani, Abd al Aziz ibn Baz undMohammad ibn al-Uthaimin, die Politik alsunreines Betätigungsfeld ansehen, von demes sich fernzuhalten gilt. Institutionalisiertwurde die puristische Form des Salafis-mus durch al-Albanis Schüler, die saudi-schen Religionsgelehrten Rabi al-Madkhaliund Muhammad Aman al-Jami.20 Beide ge-hören ebenfalls der doktrinären Denkwei-se al-Albanis an. Sie sind nicht separat alseigenständige Strömung zu betrachten, wiees der Islamwissenschaftler Klaus Hummeldarstellt.21 Al-Albani ist dafür bekannt, dasser einer der größten Gegner des poltischenSalafismus war. So behauptet al-Albani, diebeste Politik sei, sich von der Politik abzu-wenden. Alle Formen der politischen Orga-nisation und des politischen Handeln sind

18 Vgl. Bernard Haykel, On the Nature of SalafiThought and Action, in Roel Meijer (Hrsg.), GlobalSalafism, Islam’s New Religious Movement, Lon-don 2009, S. 35.

19 Siehe in der Tabelle von Andreas Armborst, wie dieapolitische Strömung auch als Mainstream, Purists,Rejectionist oder Salafi Pietist bezeichnet wird, vgl.Andreas Armborst, A Profile of Religious Fun-damentalism and Terrorist Activism, in DefenseAgainst Terrorism Review 2 (2009), Nr. 1, S.45 - 65,hier S. 47.

20 Rabi al Madkhali behauptet, dass er sich so lan-ge von den politischen Salafisten trennen werde,bis diese wieder auf den richtigen Weg gekommenseien. Denn wenn sie mit den politischen Salafis-ten kooperieren würden, würden diese die Puris-ten korrumpieren, vgl. Wiktorowicz, (Anm. 5), S.221.

21 Vgl. Hummel (Anm. 12) , S. 12.

für al-Albani verboten, weil dies zu Unfrie-den (fitna) führen könnte.22 Jegliche politi-sche Aktivität führe unweigerlich zu Kor-ruption und Ungerechtigkeit. Dem entspre-chend wollen Puristen keine politische Be-wegung sein, die eine Partei gründet undaktiv am politischen Geschehen in einemStaat mitwirkt. Laut den Puristen sind sol-che Innovationen unerlaubte Neuerungen(bida), da sie aus den westlichen Demokra-tien stammen und den islamischen Glaubenverunreinigen. Die Puristen lehnen deshalbjegliche Parteien ab, ohne allerdings gewalt-tätig gegen diese vorgehen zu wollen. Fürdie puristischen Salafisten wird der Westenzwar als Feind angesehen, weil er ein al-ternatives System zum Islam darstellt, wel-ches die Muslime von ihrem Glauben fern-hält und somit den Glauben zerrüttet. Dersalafistische Auftrag besteht aber darin, alsVorhut das westliche System missionarischzurückzudrängen und den Menschen den»wahren« und »reinen« Glauben näher zubringen. Ihr Ziel ist es als Vorhut die EinheitGottes (tawhid) zu verteidigen und den Is-lam von schlechten Einflüssen zu reinigen(tasfiya). Entscheidend ist, dass das Glau-bensbekenntnis (aqida) wichtiger als die Po-litik und das Individuum bedeutsamer alsder Staat ist.23 Puristen wollen die »Reformder Seele«24 und nicht des Staates.Die dogmatischen Wurzeln des Purismusresultieren aus den Schriften Ibn Hanbals(780-855), Ibn Taymiyyas (1263-1328) undIbn Abd al-Wahhabs (1703 - 1792). Da

22 Vgl. Haykel (Anm. 18), S. 49.

23 Vgl. Stephen Lacroix, Between Revolution andApoliticism, Nasir al-Din al-Albani and his ImpactShaping of Contemporary Salafism, in Roel Mei-jer (Hrsg.), Global Salafism, Islam’s New ReligiousMovement, London 2009, S. 58 - 80, hier S. 70.

24 Vgl. Roy (Anm. 1), S. 244.

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Wiktorowicz in seiner Typologie nur aktuel-le salafistische Ideologen darstellt, ordnet erdie drei Religionsgelehrten nicht der puris-tischen Strömung zu, wie es einige Wissen-schaftler praktizieren. Denn die drei Gelehr-ten haben entgegen mancher Forschungs-ansätze nicht nur den Purismus, sondernauch die anderen beiden salafistischen Strö-mungen stark ideentheoretisch beeinflusst.Es ist sinnvoller, den drei Gelehrten die Be-zeichnung des doktrinären Salafismus zugeben, um Verwechselungen mit den aktu-ellen Strömungen zu verhindern.

Politischer Salafismus

Eines der zentralen Probleme des Salafis-mus besteht darin, wie eine salafistischeBewegung apolitisch in einer modernen,westlich-geprägten Welt handeln soll, in deres quasi unmöglich ist, nicht politisch zuagieren. Puristische Salafisten gehen demProblem des Politischen aus dem Weg, indem sie nur den Herrschern zusprechen,politisch aktiv zu werden. Für eine jungeGeneration von Arabern ist die Abstinenzvon den politischen Prozessen jedoch un-erträglich, weil sie die Politik nicht als et-was ansehen, dass nur die Herrscher an-geht. Insbesondere Fragen der internationa-len Beziehungen zwischen islamischen undwestlichen Staaten sieht eine junge Genera-tion von Salafisten als entscheidend an, umsich politisch einzumischen.25

In Saudi-Arabien entwickelte sich deshalbzwischen den 1960er und 1980er Jahrendurch die Ideologen Safar al-Hawali undSalman al-Auda eine politische Strömungim Salafismus, die von den Ideen derMuslimbruderschaft stark beeinflusst wur-

25 Vgl. Wiktorowicz (Anm. 5), S. 221 f.

de.26 Beide Ideologen waren Schüler desÄgypters Mohammed Qutb, der in den1960er Jahren nach Saudi-Arabien geflohenwar. Durch ihre Ideologie ist ein politisch-aktivistisches Element in die salafistischeStrömung eingedrungen, das zu einer neu-en Bewegung geführt hat, die al-Sahwa (Er-weckung) genannt wird. Prominent wur-de die al-Sahwa-Bewegung durch die Kri-tik von Safar al-Hawali am politischen Han-deln des saudischen Königshauses im Golf-krieg von 1990 bis 1991. Obwohl es unterPuristen nicht erlaubt ist, Herrscher für ihrHandeln zu kritisieren, griff al-Hawali be-wusst das Königshaus an, weil diese mitden USA im Golfkrieg kooperierte. Ausal-Hawalis Kritik geht hervor, dass gera-de aus der Dominanz der USA im Mitt-leren Osten eines der politischen Kernpro-bleme resultiert, dem sich die Herrscher inSaudi-Arabien eigentlich hätten widerset-zen müssen. Al-Hawali sieht in der saudi-schen Kooperation mit den USA ein globa-les Netzwerk agieren, das den Islam schädi-gen wolle. Seine These sieht er darin bestä-tigt, weil dieses globale Netzwerk von einerchristlichen Rechten aus den USA angeführtwird.27

Da die politischen Salafisten aus Saudi-Arabien einige Ideen der Muslimbruder-schaft adoptiert haben, sehen sie sich eben-falls gezwungen, eine nicht-gewalttätige,aber politisch aktive Rolle im Staat zu spie-len. Die Puristen lehnen die politische Be-tätigung (da‘wa hizbiyya) ab, weil es an-geblich im Widerspruch zur salafistischen

26 Weitere Ideologen des politischen Salafismus sind:Abdulaziz al-Qasim, Muhammad al-Hodhayf,Muhsin al-Awajy, Saad al-Faqih, Nasir al-Omarund Muhammad al-Masari.

27 Vgl. Mamoun Fandy, Saudi Arabia and the Politicsof Dissent, New York 2001, S. 61 f.

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Methode (manhaj) steht. Die politische Be-tätigung lenkt danach den gläubigen Mus-lim auf den falschen Weg, seinen Glau-ben richtig auszuüben, weil die hizbiyyaals unerlaubte Innovation (bida) angese-hen wird, die unweigerlich zu Fanatismusführen würde.28 Der entscheidende Unter-schied zwischen puristischen und politi-schen Salafisten liegt darin, dass die Pu-risten niemals beabsichtigen würden, dassherrschende Regime zu beseitigen. Auchwenn es keine gewalttätige Beseitigung desRegimes wäre, betrachten die Puristen diesals einen anarchischen Zustand (fitna), derdie Einheit des Islams (tawhid) gefährdenwürde. Jede politische Aktivität gegen dieHerrscher wird daher als unerlaubte In-novation angesehen, die die Reinheit desGlaubens (tazkiyya) gefährdet.Die politischen Salafisten kritisieren die Pu-risten wiederum, da die Reinheit des Islamsnicht allein daraus gewährleistet werdenkann, indem nur Mission betrieben wird.Um den Islam zu verteidigen, benötige je-der Salafist essentielle Kenntnisse über diepolitische Welt, in der er lebt. So unterstel-len die politischen Salafisten in ihrer Analy-se des Weltgeschehens, dass sich die islami-sche Welt aufgrund des westlichen Einflus-ses in einer Epoche der Unwissenheit undIgnoranz (jahiliyya) befinde. Entscheiden-des Ziel der politischen Salafisten ist es, dieReinheit des Islams wiederherzustellen, indem der Zustand der jahiliyya durch politi-sche Aktivitäten (harakis) beseitigt wird. Siewandeln die Idee der Reinheit des Glaubens(tazkiyya) um, in dem der Islam nur »rein«

28 Vgl. Noorhaidi Hasan, Ambivalent Doctrines andConflicts in the Salafi Movement in Indonesia, inRoel Meijer (Hrsg.), Global Salafism, Islam’s NewReligios Movement, London 2009, S. 169 - 188, hierS. 171.

gehalten werden kann, wenn die Salafistenpolitisch aktiv werden. Für politische Sala-fisten liegt in der politischen Aktivität einwesentliches Merkmal ihrer Bewegung, dasie den Islam nur verteidigen können, wennsie durch aktives politisches Handeln dieFeinde davon abhalten, die Einheit des Is-lams (tawhid) zu zerstören.29

Die bekannteste salafistische Gruppierung,die politisch agiert, ist die Muslimbruder-schaft. Bislang werden die Muslimbrüderals Islamisten bezeichnet. Allerdings kannder Begriff des politischen Salafismus so-wohl eng als auch weit ausgelegt werden.In der engen Auslegung wird die Muslim-bruderschaft nicht als salafistisch angese-hen, weil sie eine Islamisierung bzw. Re-form des Staates und dessen Institutionenanstrebt.30 Laut dem Sozialwissenschaft-ler Andreas Armborst besteht der Unter-schied zwischen der Muslimbruderschaftund dem politischen Salafismus darin, dassdie Muslimbrüder politische Partizipationin den staatlichen Institutionen akzeptieren.Die politischen Salafisten lehnen laut derengen Auslegung angeblich jegliche politi-sche Teilhabe im Staat ab.31 Dieser Thesekann nur bedingt zugestimmt werden, daerstens die Puristen jegliche politische Par-tizipation ablehnen, aber zweitens Ideolo-

29 Vgl. Wiktorowicz (Anm. 5), S. 223 f.

30 Vgl. Noah Salomon, The Salafi Critique of Isla-mism. Doctrines, Difference and the Problem of Is-lamic Political Action in Contemporary Sudan, inRoel Meijer (Hrsg.), Global Salafism, Islam’s NewReligios Movement, London 2009, S. 144.

31 Ich danke Andreas Armborst für den Hin-weis, dass es Wissenschaftler gibt, die zwi-schen politischen Islam/Islamismus und po-litischen Salafismus ein Unterschied machen;siehe auch den Hinweis in meinem Blog unter:http://jihadisalafismus.wordpress.com/2009/10/10/analyse-des-verfassungschutz-nrw-uber-den-salafismus-teil-2/.

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gen wie al-Hawali definitiv nach politischerPartizipation in Saudi-Arabien gestrebt ha-ben. Dies wurde indessen nicht vom sau-dischen Staat geduldet. Die politischen Sa-lafisten aus Saudi-Arabien wollen ebenfallseine politische Beteiligung im Staate. Nurdas Regime verbietet jegliche politische Be-teiligungen am staatlichen Geschehen undverbannt deswegen auch jegliche politi-sche Parteien.32 Dem entsprechend sind al-Hawali und al-Auda in den 1990er Jahrenmehrere Jahre im saudischen Gefängnis in-haftiert worden, weil sie politisch aktiv wa-ren und das staatliche System gefährdeten.Und da sie sehr stark von der Muslim-bruderschaft - insbesondere von Moham-med Qutb - beeinflusst wurden, wird in derhier vorliegenden Analyse die weite Ausle-gung genutzt. Denn die Muslimbrüder be-ziehen sich ebenfalls auf die frommen Alt-vorderen und streben einen reinen Glau-ben an, den sie allerdings nicht nur durchMission, sondern auch durch politischenAktivismus erreichen wollen. Ideologischist die al-Sahwa-Bewegung eindeutig denIdeen der Muslimbruderschaft zuzuordnen.Seit den 1960er Jahren vermischen sichdie Ideen der Muslimbruderschaft mit demsalafistischen oder wahhabitischen IdeenSaudi-Arabiens.33 In Saudi-Arabien bildetesich zudem neben der al-Sahwa-Bewegungnoch ein Salafismus, der von den syri-schen Ideologen Mohammad Surur propa-giert und stark von den Ideen der Muslim-bruderschaft beeinflusst wurde. Innerhalbder ägyptischen Bewegung al-Gamaa al-Islamiyya entstand ab den 1980er Jahreneine ideologische Mixtur zwischen SayyidQutbs Ideen und dem salafistischen Glau-

32 Vgl. al-Rasheed (Anm. 3), S. 70.

33 Ebenda, S. 64.

bensbekenntnis (aqidah).34 Durch die globa-le Verbreitung salafistischer sowie islamis-tischer Ideen entwickelten sich in den letz-ten Jahrzehnten transnationale Strömun-gen, die hybrid und somit nicht mehr nureiner ideentheoretischen Wurzel zuzuord-nen sind. Dadurch gibt es mittlerweile aucharabische Gelehrte wie Muhammad Abedal-Jabir, die alle Islamisten auch als Sala-fisten ansehen. Folglich kann ein Islamistentweder als politischer Salafist oder wenner gewalttätig ist als jihadistischen Salafistbezeichnet werden. Heute wird der Begriffal-Salafiyia al-harakyia verwendet, um denAktivismus der nicht-militanten Islamistenzu charakterisieren, mit dem sie politischeReformen herbeiführen wollen.35

Jihadistischer Salafismus

Im Gegensatz zu dem puristischen und dempolitischen Salafismus sind die Anhängerdes Jihadi-Salafismus militant und gewalt-bereit. Für die jihadistische Strömung sinddas reine Missionieren und der politischeAktivismus nicht ausreichend, um die Ein-heit Gottes (tawhid) herzustellen. Sie sehensich als eine kleine Elite an, die die Muslimevom Unglauben reinigen müssen. Und diesist nur mit Gewalt möglich. So behaupteteiner der wichtigsten Ideologen, Abu Mo-hammad al-Maqdisi, dass der jihadistischeSalafismus den Monotheismus nur durch

34 Vgl. Roel Meijer, Introduction, in ders. (Hrsg.),Global Salafism, Islam’s New Religios Movement,London 2009, S. 1 - 32, hier S. 29.

35 Vgl. Abdel-Latif (Anm. 10), S. 69 f.

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den Jihad erfüllen kann.36 Nur mit dem Ji-had ließe sich die Einheit des Glaubens (ta-whid) wieder herstellen und die Muslimezum »richtigen Glauben« zurückführen. Socharakterisiert al-Maqdisi die Ideologie desJihadi-Salafismus in einem Interview mitden folgenden Worten: »Wir betreiben diegrößten Anstrengungen zur Förderung undweiteren Anleitung der Einheit Gottes (ta-whid), um die Menschen von der Verehrungdes Sklaventums zu entfernen und sich al-lein der Anbetung Allahs zuzuwenden. Un-ser Fokus ist auf dem Bereich ausgerich-tet, in dem wir die Herrschaft von allenAnderen ablehnen, die nicht Allahs Offen-barung folgen, weil sie ihre Erkenntnis invon Menschen gemachten Gesetzen suchenund ihr Ziel in der Zerstörung des islami-schen Rechts (sharia) liegt. Diese Anstren-gung bezeichnen wir mit dem Wort Souve-ränität (hakimiyyah) und in der hakimiyyahsehen wir einen grundlegenden Bestandteil,um die Einheit Gottes (tawhid) zu errei-chen.«37

Der Grund, weswegen jihadistische Salafis-ten nur im militanten Kampf die Lösung se-hen, liegt an ihrer Betrachtung der sozialenund politischen Realität (waqi) sowie demVerlangen diese Realität zu ändern. Im Ge-gensatz zu den Puristen, die ihren Glauben(aqida) an den Prinzipien des Wahhabismusorientieren und mit ihrer Glaubensmetho-de versuchen, die Realität zu umgehen und

36 Vgl. Thomas Hegghammer, Jihadi-Salafis or Revo-lutionaries? On Religion and Politics in the Studyof Militant Islamism, in Roel Meijer (Hrsg.), GlobalSalafism, Islam’s New Religios Movement, London2009, S. 244 - 266, hier S. 255.

37 Interview mit Abu Muhammad al-Maqdisi,in al-Asr Magazin, Januar 2010, unter:http://jihadisalafismus.wordpress.com/category/abu-muhammad-al-maqdisi/. (gele-sen am 21.04.2010)

sich von den politischen Gegebenheiten ab-zusondern, konzentrieren sich die Jihadis-ten gerade auf die politische Analyse, umStrategien zu entwickeln, die diese Reali-tät ändert.38 Für Jihadisten besteht kein Pro-blem darin, sich mit der Realität auseinan-der zu setzen, weil das buchstäbliche Lesendes Korans über politische Macht handeleund revolutionäres Handeln im Koran legi-timiert sei, um das Kalifat zu verteidigen.39

Die Wurzeln dieser revolutionären Ausle-gung liegen in den Schriften Ibn Taymiyyas,einem salafistischen Religionsgelehrten, derim 13. Jahrhundert in Damaskus lebte. Sei-ne Doktrinen dienen vielen jihadistischenSalafisten als Legitimationsmittel, um Krieggegen die heutigen Ungläubigen zu füh-ren. Ibn Taymiyya forderte die Reinigungdes Islams (takziyya), um die Muslime vondem schlechten Einfluss der mongolischenMachthaber zu schützen, die im 13. Jahr-hundert über große Teile des Mittleren Os-tens herrschten. Der Einfluss der Mongolenauf die Muslime würde laut Ibn Taymiy-ya zu unerlaubten Neuerungen (bida) füh-ren, die die Einheit Gottes (tawhid) gefähr-de. Um die Muslime von dem schlechtenEinfluss zu befreien, verkündete Ibn Tay-miyya seine Mongolen-Fatwa, in der eineReinigung des Islams vorgenommen wer-den müsse, die nur im Jihad gegen die un-gläubigen Mongolen gelingen könne. Dementsprechend sehen die heutigen jihadisti-schen Salafisten die Umsetzung eines gerei-nigten Islams nur dann für möglich, wennder Westen und das System des Unglaubens

38 Vgl. Roel Meijer (Anm. 34), S. 24.

39 Vgl. Samir Amghar, Salafism and Radicalisati-on of young European Muslims, in: Samir Am-ghar/Amel Boubekeur/Michael Emerson (Hrsg.),European Islam. Challenges for society and PublicPolicy, Center for European Policy Studies, Brüssel2007, S. 40.

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und der Barbarei (jahiliyya) zerstört und be-seitigt wird.40 Die Krise durch den Mongo-lensturm zu Zeiten Ibn Taymiyyas wird vonden heutigen Jihadisten mit der Bedrohungdurch die säkularisierte Moderne des Wes-tens gleich gesetzt. Mit der Argumentati-onslogik Ibn Taymiyya rechtfertigen die Ji-hadisten den militanten Kampf gegen denWesten.41

Ideengeschichtlich existieren im jihadisti-schen Salafismus drei wesentliche Ableger:Die erste Wurzel liegt in der ägyptischenMuslimbruderschaft, deren militanter Flü-gel maßgeblich von den Ideologen SayyidQutb beeinflusst wurde.42 Hinzu kommennoch die beiden Ägypter Abd al Salam Fa-raq und Abd al-Qadir ibn Abd al-Aziz, diebis heute die globale Ideologie stark prä-gen. Der zweite Ableger beruht auf der sau-dischen Staatsreligion: dem Wahhabismus.Extremistische Auslegungen gibt es in denSchriften der Religionsgelehrten bzw. Ideo-logen Nasir al-Fahd, Yusuf al-Uyairi, Abdal-Aziz al-Muqrin und Abu Jandal al-Azdi,

40 Vgl. Roel Meijer (Anm. 34), S. 25.

41 Vgl. Emmanuel Sivan, Radical Islam, MedievalTheology and Modern Politics, New Haven 1990,S. 101.

42 Es gibt vereinzelt Wissenschaftler, die die Ide-en der ägyptischen Muslimbruderschaft nicht alsjihadi-salafistisch bezeichnen, weil diese Ideolo-gie pragmatischer als der militante Salafismus sei.Dadurch gibt es in den Analysen teilweise ei-ne Unterscheidung zwischen dem traditionellenägyptischen Jihadismus und dem saudisch gepräg-ten Jihadi-Salafismus, siehe Thomas Hegghammer(Anm. 35), S. 253f. Trotzdem werden Ideologen wieSayyid Qutb und Abdallah Azzam oft als jihadisti-sche Salafisten bezeichnet, obwohl sie der Muslim-bruderschaft nahe standen. Aus diesem Grundwerden in der hier vorliegenden Analyse alle jiha-distischen Ideologen dem Jihadi-Salafismus zu ge-ordnet. Zudem kann die Muslimbruderschaft alsder Ausgangspunkt zur Entstehung des Jihadi-Salafismus bezeichnet werden.

die in den 1980er Jahren in Afghanistankämpften. Der letzte Ableger resultiert ausdem palästinensischen Zweig des Jihadi-Salafismus. Hier sind die Ideologen Abdal-lah Azzam, Umar Abu Umar Abu Qatadasowie der oben genannte Abu Muhammadal-Maqdisi von besonderer Bedeutung.43

In den letzten fünf Jahren sind zu denälteren ideentheoretischen Ablegern nochneue Einflüsse in die Ideologie eingedrun-gen. Resultierend aus dem drastisch stei-genden Ideologietransfer der Jihadisten imInternet, die durch eine zunehmende Pro-fessionalisierung der Propaganda intensi-viert werden konnte, gibt es vermehrt Pro-pagandabotschaften, die in europäischenSprachen vermittelt werden.44 So etablier-ten die Führungskader der Al-Qaida schon2001 eine Medienproduktionsfirma namens»as-Sahab« im Internet, die Propaganda-videos produziert, im Internet verbreitetund gezielt ein junges Publikum anspre-chen soll.45 In den darauf folgenden Jah-ren folgten zahlreiche weitere jihadistischeMedienproduktionsfirmen wie die GlobaleIslamische Medienfront (GIMF), die Propa-ganda für zahlreiche Al-Qaida Ableger be-trieb. Seit 2004 rückten dabei auch zuneh-mend jüngere Führungskader der Al-Qaidain den Vordergrund, die ideologisch neueAkzente setzten und teilweise bedeutend

43 Vgl. Reuven Paz, Debates within the Family, Jihadi-Salafi Debates on Strategy, Takfir, Extremism, Suici-de Bombings, and the Sense of the Apocalypse, inRoel Meijer (Hrsg.), Global Salafism, Islam’s NewReligios Movement, London 2009, S. 269f.

44 Vgl. Oliver Dengg, Der Dschihad und dasMitmach-Netz. Wie »virtuelle Dschihadisten« dasSocial Web nutzen, Schriftenreihe der Landesver-teidigungsakademie 6/2010, Wien 2010.

45 Vgl. Hanna Rogan, Al-Qaeda’s online media stra-tegies: From Abu Reuter to Irhabi 007, NorwegianDefence Research Establishment (FFI), Lilleham-mer 2007, S. 48ff.

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radikaler als die Al-Qaida-Führung auftra-ten. Abu Musab al-Zarqawi, der ehemaligeirakische Al-Qaida-Führer, gilt als ein her-ausragendes Beispiel für diesen neuen Typdes jihadistischen Ideologen. Dies resultiertinsbesondere aus seiner äußerst gewalttäti-gen und terroristischen Kriegsführung ge-gen Ungläubige im Irak. Da al-Zarqawi lan-ge Jahre der ideologische Ziehsohn von AbuMuhammad al-Maqdisi war, setzte er imIrak al-Maqdisis takfir-Interpretation (Ex-kommunizierung und Tötung von Ungläu-bigen) in die Tat um. Viele Amerikaner undIraker wurden in den darauf folgenden Jah-ren durch hunderte von Selbstmordanschlä-gen getötet, die die Al-Qaida im Irak um-gesetzt hatte. Die Terroranschläge erforder-ten enorm viele Opfer unter den Muslimen.Das brutale Vorgehen von al-Zarqawi, wel-ches er mit seinem Propagandazellen film-te und über das Internet verbreitete, führtezu einem auffälligen Rückgang der Akzep-tanz der jihadi-salfistischen Bewegung imIrak. Selbst Sympathisanten wendeten sichvom »Scheich der Schlächter« ab, weil er äu-ßerst brutal mit seinen Opfern umging.46 Inder Forschung wird diese ideologische Aus-richtung innerhalb des Jihadi-Salafismusals Extrem-Takfirismus bezeichnet oder als

46 Im April 2004 wurde der Amerikaner Nikolas Bergvon der Al-Qaida im Irak entführt und bestialischvon Abu Musab al-Zarqawi umgebracht. Am 11.Mai entdeckten Ermittler ein Video von der Hin-richtung von Nikolas Berg im Internet. Al-Zarqawischnitt Berg mit einem Säbel den Kopf ab, vgl. Pa-trick Wegner, Die neuen Krieger, Die Propagan-da der al-Qaida als Mobilisierungswerkzeug, Saar-brücken 2008, S. 64.

takfiri-Trend angesehen.47 Diejenigen unterden Jihadisten, die al-Zarqawis Jihad wei-terverfolgen, bezeichnen sich heute als Neo-Zarqawisten.Eine solche Strömung allerdings als nichtterroristisch zu bezeichnen, wie es Hum-mel aufwirft, in dem er behauptet, dass zwi-schen denjenigen, die eine Ideologie ver-breiten und denjenigen, die terroristischeGewalt praktizieren, unterschieden werdenmüsse,48 ist haltlos. Abu Muhammad al-Maqdisi gilt als der entscheidende Ideolo-ge des Jihadi-Salafismus und ist zudem derwesentliche Ideengeber des takfiri-Trends inden jihadistischen Bewegungen. Als solchesist die ideologische Strömung al-Maqdisiseine der wichtigsten Bestandteile der glo-balen jihadistischen Bewegungen, die wiedas Beispiel Abu Musab al-Zarqawi zeigt,gleichzeitig auch terroristisch aktiv war.Einer der bekanntesten unter den neuenPropagandisten der Al Qaida ist Abu Yah-ya al-Libi, den der Islamwissenschaftler Jar-ret Brachman schon als den nächsten Osa-ma bin Laden bezeichnet. Bis 2001 arbeite-te der Libyer als Webmaster für die Taliban.2002 wurde er von der pakistanischen Ar-mee in Karachi festgenommen und saß seit-dem im US-Gefängnis von Bagram (Afgha-nistan) ein. Durch seine spektakuläre Fluchtaus dem US-Gefängnis hat al-Libi Kultsta-tus unter den jüngeren Jihadisten erlangt.Außerdem gehört er einer kleinen Gruppevon jungen Jihadisten an, die effektiv dasInternet zur Indoktrination von Sympathi-

47 Allawi spricht von einem takfiri-Trend im sala-fistischen Denken, welcher wesentlich durch al-Maqdisis Schriften entstanden sei und von al-Zarqawi im Irak umgesetzt wurde; vgl. Ali A. Al-lawi, The Occupation of Iraq: Winning the War, Lo-sing the Peace, New York 2007, S. 239.

48 Vgl. Hummel (Anm. 12), S. 7.

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santen verwendet. Anhand der Propagan-daaktivitäten zeigt sich auch al-Libis kom-promisslose Haltung zur Umsetzung des Ji-hads. Allerdings gehört al-Libi zu den Geg-nern von al-Zarqawis takfir-Interpretation.Für al-Libi ist der »totale« Jihad jedoch un-entbehrlich, um den »nahen« sowie den»fernen« Feind zu bezwingen sowie gegenalle Gewalt auszuüben, die nicht hinter derjihadi-salafistischen Idee stehen.49

Unterschiede zwischen den salafistischenStrömungen in Deutschland

Puristischer Salafismus in Deutschland

In Deutschland gibt es eine stark anwach-sende Salafismus-Bewegung, über die seit2007 vermehrt in den Medien berichtetwird.50 Insbesondere durch den versuch-ten Umzug der salafistischen Gruppierung

49 Vgl. Jarret Brachman, The next Osama, in: For-eign Policy vom 10. September 2009, unter:http://www.foreignpolicy.com/articles/2009/09/10/the_next_osama (gelesen am 13. September2010).

50 Vgl. unter anderem Julia Gerlach, Die lässigen Ge-hirnwäscher, in: Die Zeit vom 7. Oktober 2007; Al-brecht Metzger, Unter strengen Brüdern, in: DieZeit vom 31. März 2008.

»Einladung zum Paradies«51 nach Mön-chengladbach informierten Tageszeitungenaus dem Rheinland sowie das Lokalfernse-hen von RTL und WDR zunehmend überdas Phänomen des Salafismus.52 Der Präsi-dent des sächsischen Verfassungsschutzes,Reinhard Boos, sieht solche Gruppierungenals gefährlich an, weil sie einen Ur-Islampredigen, der »mit den Grundwerten derdeutschen Verfassung nicht in Übereinstim-mung zu bringen ist.«53 Bei dieser Einschät-zung gilt es allerdings zu beachten, dass esnicht nur salafistische Gruppierungen gibt,

51 Die salafistische Gruppierung »Einladung zumParadies«, die in Braunschweig ansässig ist, hatsich Ende 2009 mit dem Verein »Massjid AsSunnah« aus Mönchengladbach zusammenge-schlossen und wollte daraufhin in ein größerausgebautes Moscheegelände der Massjid AsSunnah nach Mönchengladbach umziehen. DieUmzugspläne erzeugten eine Protestwelle un-ter der Mönchengladbacher Bevölkerung, sodass die Stadt keine Baugenehmigung für denAusbau der Moschee erteilte und der Um-zug verschoben wurde. Vgl. Wiljo Krechting,Islamschule zieht nicht nach Gladbach, in: Rhei-nische Post vom 30. September 2010 unter:http://www.rp-online.de/niederrheinsued/moenchengladbach/nachrichten/Islamschule-zieht-nicht-nach-Gladbach_aid_912806.html.

52 Vgl. Peter Seidel, Islamistengruppe zieht’s nachNRW, in: Kölner Stadtanzeiger vom 3. Oktober2010, unter: http://www.ksta.de/html/artikel/1280572143656.shtml; Burkhard von Pappenheim,Parallel zur Gesellschaft, in: Kölner Stadtanzeigervom 3. Oktober 2010, unter: http://www.ksta.de/html/artikel/1280572144070.shtml; Rolf Kiesen-dahl, Islamschule ist in NRW ein ungebetener Gast,in: Der Westen vom 4. Oktober 2010, unter: http://www.derwesten.de/nachrichten/Islamschule-ist-in-NRW-ein-ungebetener-Gast-id3410042.html;Salafisten bleiben unter Beobachtung, WDR vom6. Oktober 2010, unter: http://www.wdr.de/themen/politik/nrw/verfassungsschutzbericht/2010/verfassungsschutzbericht_erstes_halbjahr/index.jhtml?rubrikenstyle=islam_konflikte (gele-sen am 26. Oktober 2010).

53 Gotteskrieger radikalisieren deutsche Muslime, in:Die Welt vom 13. Oktober 2008, unter:

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die militant sind. Dies wird von Journalis-ten häufig nicht beachtet oder verschwie-gen. So weist die Sprecherin des nieder-sächsischen Verfassungsschutzes daraufhin,dass die Gruppierung »Einladung zum Pa-radies« gefährlich sei. Aber sie behauptet,dass sie gefährlich sind, weil ihre Mitglie-der die salafistische Glaubensrichtung desIslams propagieren. In mehreren Zeitungensowie in Fernsehbeiträgen weisen Journa-listen jedoch daraufhin, dass die salafisti-sche Gruppierung zu terroristischen Gewaltaufrufen würde.54 Diese Aussagen von denJournalisten sind falsch, da es genügend Vi-deos von diesen Salafisten gibt, in denengenau zum Gegenteil aufgerufen wird. Pi-erre Vogel, einer der führenden Köpfe derGruppe »Einladung zum Paradies«, ist de-finitiv nicht dem militanten Salafismus zu-zuordnen. Es gibt genügend Videos im In-ternet, auf denen er jegliche Form des Ter-rorismus verurteilt. Und trotzdem mehrensich die Medienberichte, in dem die Grup-pierung als eine terroristische Gefahr darge-stellt wird.Dabei handelt es sich um eine fundamen-talistische, aber friedlich agierende Grup-pe, die nur ihre Missionsarbeit betreibenwill. Der größte Teil der in Deutschland le-benden Salafisten konzentriert sich alleinauf die Missionierung ihres Glaubens (da-wa) und ist daher nicht als gewaltbereitzu bezeichnen. Sie werden dem puristisch-salafistischen Milieu zugeordnet, da sie sichan den Schriften Nasir al-Din al-Albanis,Abd al Aziz ibn Baz und Mohammad ibn al-

http://www.welt.de/politik/article2569806/Gotteskrieger-radikalisieren-deutsche-Muslime.html (gelesen am 20. Juni 2010

54 Vgl. RTL-Bericht über Einladung zum Paradiesvom 8. August 2010 unter: http://www.youtube.com/watch?v=PxjoI6vUCaA.

Uthaimins orientieren.Gab es bis 2000 nur wenige Städte, in de-nen sich solche salafistischen Gruppierun-gen bildeten,55 existieren heute in fast je-der größeren deutschen Stadt eine Moschee,in der der Islam salafistisch ausgelegt wird.Bis zu 40 von 2300 Moscheen in Deutsch-land stehen aufgrund drastischer Radika-lisierungstendenzen der Jugendlichen un-ter Beobachtung der Sicherheitsbehörden.56

Seit 2006 strömen zudem immer mehr jun-ge Menschen zu so genannten Islamsemi-naren, in denen salafistisches Gedankengutvon jüngeren Imamen vermittelt wird. ÜberVortrags- und Seminarveranstaltungen ver-breiten die Puristen bundesweit ihr dua-listisches Weltbild von den guten Gläubi-gen und schlechten Ungläubigen. Die Be-kanntheit der Jugendimame resultiert ausder Propagandaarbeit der verschiedenen sa-lafistischen Gruppierungen, die in regel-mäßigen Abständen Videomitschnitte ihrerVorträge auf Internetportalen wie YouTu-be stellen. Hierunter zählen Gruppierungenwie »Einladung zum Paradies«, »Die Flag-ge der Sunna«, »Die Wahre Religion« und»al-Tamhid«. Hinzu kommen immer mehrneue Gruppierungen wie die Bonner Sala-fisten »Dar ul Huda« oder »Schabannur«aus Wuppertal. Die bekannteren salafisti-schen Gruppierungen besitzen zudem eige-ne Internetportale, auf denen ihre Videos

55 In den 1990er Jahren entstanden die meisten sala-fistischen Gruppierungen in den deutschen Groß-städten, in denen bereits Moscheen existierten,die nur ein salafistisches Gedankengut predigten.Hierunter zählen u.a. die Al-Quds Moschee inHamburg, die später al-Taiba Moschee hieß undvor kurzem geschlossen wurde, und die Al-NurMoschee in Berlin.

56 Vgl. Martin Spiewak, Vorbeter aus der Fremde, in:Die Zeit vom 21. September 2006.

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abrufbar sind.57

Zu den bekanntesten salafistischen Predi-gern gehören Hassan Dabbagh, der Imamder Leipziger Al-Rahman Moschee sowieder Betreiber des Internetprotals »Die Flag-ge der Sunna« und Mohamed Benhsain,der ein Internetportal mit dem Namen »al-Tamhid« betreibt und zudem der Imamder al-Muhsinin Moschee in Bonn-Beuel ist.Ibrahim Abou Nagie und der JugendimanAbu Dujana sind die entscheidenden Ak-teure von der Gruppe »Die Wahre Reli-gion«. Einer der beliebtesten Vertreter derneuen Jugendimame ist der oben bereits er-wähnte Pierre Vogel, der die charismatischeFührungsfigur der Missionsgruppe »Einla-dung zum Paradies« ist. Der ehemalige Bo-xer konvertierte 2001 zum Islam. Nach ei-nem mehrjährigen Studium an der Univer-sität in Mekka schloss sich Vogel im Jah-re 2006 der Missionsarbeit der Gruppe »DieWahre Religion« an. Diese Gruppe entstandauf Initiative von Ibrahim Abou Nagie, dermit Pierre Vogel und Kai Lühr den Sala-fismus über das Internet verbreiten wollte.Ihre Missionsarbeit im Internet war so er-folgreich, dass innerhalb von 18 Monatenfünf Millionen zumeist jugendliche Besu-cher auf die Internetseite »Die Wahre Religi-on« zugriffen.58 Auf der Internetseite zeig-ten sie zumeist Videos von Vorträgen, dieauf verschiedenen Veranstaltungen in sa-lafistischen Moscheegemeinden aufgezeich-net wurden. Aufgrund des enormen Erfolgsder Gruppe »Die Wahre Religion« bildetensich in den darauf folgenden Jahren zahlrei-che weitere salafistisch geprägte Missions-bewegungen.Im Frühjahr 2008 verließ Vogel die Gruppe

57 Vgl. Ekkehard Rudolph (Anm. 11), S. 492.

58 Vgl. Gerlach (Anm. 50), S. 5.

von Ibrahim Abou Nagie und schloss sichMohammed Ciftcis Braunschweiger Missi-onsbewegung und Islamschule an, die denNamen »Einladung zum Paradies« trägt. Pi-erre Vogel nannte Streitigkeiten mit Nagieals Grund zum Austritt bei »Die Wahre Re-ligion«. Bis auf eine kurze Mitteilung vonNagie gab es jedoch keine weiteren Aus-künfte über die Gründe der Trennung. Trotzder Streitigkeiten strömen immer mehr Ju-gendliche zu Vogels Islamseminaren. DieJugendlichen finden den Rheinländer mitseinem kölschem Akzent »cool«. Bei seinenAuftritten wirkt er eher wie ein Moderatoreines Musiksenders als ein Missionar, derdie Menschen zum Islam bekehren will.59

Mit seiner lockeren Art, Vorträge über dieEinheit des Glaubens (tawhid) oder die Me-thoden der Glaubensausübung (manhaj) zuhalten, hat es Vogel innerhalb von kürzes-ter Zeit geschafft, dass junge Menschen ihnals religiöse Autorität anerkennen. Für Ju-gendliche scheint es wichtig zu sein, dasser ihre Sprache spricht. Vogel suggeriert sei-nen Anhängern, deren Probleme zu verste-hen. Aus diesem Grund respektieren sie ihnauch als Autorität. Viele Jugendliche wün-schen sich klare, eindeutige Zuordnungenim Leben. Er gibt seinen Anhängern mitseiner strikten Interpretation des Islams, ei-ne Orientierungshilfe, die in gut und bö-se oder islamisch und unislamisch trennt.Entscheidend ist bei der salafistischen In-terpretation, dass nicht vom »wahren« Is-lam abgewichen wird, der in der Frühphasedes Islams vorherrschte. Für Puristen liegtdas wesentliche Element der salafistischen

59 Vgl. Christoph Ehrhardt: »Ick bin ein Mus-lim jeworden«, in: FAZ vom 6. Septem-ber 2007, unter: http://www.faz.net/s/RubF359F74E867B46C1A180E8E1E1197DEE/Doc~E1AA3F13334DF48468316AD2A6AE87BF9~ATpl~Ecommon~Scontent.html (gelesen am 07.07.2010).

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Doktrin darin, dass »die Wiederherstellungder ursprünglichen Ordnung des Islams«60

als einziger Weg für die Salafisten in Be-tracht kommt. Alle anderen Wege der Glau-bensausübung sind für die Salafisten demUnglauben dienend (taghut). Hiermit ver-mitteln Salafisten wie Vogel eine klar vor-gegebene Lebensform, die für manche Ju-gendliche hilfreich zu sein scheint, um nichtwieder ins kleinkriminelle Milieu abzurut-schen.Anhand von Video-Vorträgen des LeipzigerImams Hassan Dabbaghs lässt sich der Un-terschied zwischen den salafistischen Strö-mungen deutlich aufzeigen. Am 21. Febru-ar 2009 hielt Dabbagh einen Vortrag überdie Diskriminierung von salafistischen Pre-digern, die von deutschen Medien diffa-miert werden, weil die Prediger angeblichGewalt verherrlichen würden.61 Dabbaghsieht aufgrund der vermehrten Medienbe-richte über den Salafismus eine Verschwö-rung gegen Muslime in Deutschland her-aufziehen. Interessant ist, dass er in seinemVortrag hervorhebt, dass die Kritik gegenMuslime gerichtet sei, die einen Ur-Islampraktizieren. Da Salafisten nur der islami-schen Glaubenslehre der drei Generationender rechtschaffenden Altvorderen (al-salafal-salih) folgen, die von 610 n. Chr. bis zumTode Ibn Hanbals im Jahre 855 n. Chr. prak-tiziert wurde und oft als Ur-Islam bezeich-net wird, gelten für Dabbagh nur Salafistenals die einzig wahren Muslime. Einen mo-dernen Islam, wie ihn heute die Mehrheitder Muslime praktiziert, existiert nach sei-

60 Vgl. Rudolph (Anm. 11), S. 491.

61 Vgl. Hassan Dabbagh, Eine Stellungnah-me zu den aktuellen Beschuldigungen undMedienangriffen, as-Sunna Verlag, unter:http://www.youtube.com/watch?v=C6Z-sPB_WKI&feature=related (21. Februar 2009).

ner Sichtweise nicht, weil sie ihren Glaubennicht nach den frommen Altvorderen (al-salaf al-salih) ausrichten. Zwar äußert sichDabbagh über die Mehrzahl der modernpraktizierenden Muslime nicht negativ, aberer sieht sie auch nicht als Gläubige an.Hieran lässt sich ein wesentlicher Unter-schied zum jihadistischen Salafismus fest-stellen. Für Jihadisten sind die Mehrheit derMuslime, die den modernen Islam ausüben,ebenfalls Ungläubige. Im Gegensatz zu denPuristen sehen sie diese Muslime allerdingsals Feinde an, weil sie in Barbarei und Un-wissenheit vor dem göttlichen Gesetz (ja-hiliyya) leben. Da sie ihr Leben nicht anden jihadi-salafistischen Glaubensrichtlini-en ausrichten, erklären Jihadisten die Mus-lime zu Ungläubigen (takfir). Die Ausru-fung des takfir gibt den Jihadisten die Legi-timität, sie auch umzubringen. Hassan Dab-bagh ist als Purist ein strikter Gegner diesertakfir-Interpretation. Denn nach seiner Aus-legung des Salafismus können nur Groß-gelehrte Muslime vom Glauben ausschlie-ßen. Dies geschieht aber erst dann, wennein Großgelehrter mit der Person gespro-chen hat, die sich angeblich ungläubig ver-hält. Dabbagh betont, dass es nicht möglichist, willkürlich jemanden für ungläubig zuerklären oder als Ungläubigen (kuffar) zubeleidigen.62

Trotz dieses eindeutigen Hinweises, dassDabbagh eine andere takfir-Interpretationhandhabt, wird er von verschiedenen Medi-en dem militanten Milieu zugeordnet. Dab-bagh sieht in der Berichterstattung eine Ver-schwörung gegen ihn und die puristisch-

62 Vgl. Hassan Dabbagh, Die Methodikvon Ahlus Sunna im Thema Takfir Teil1, unter: http://youtube.com/watch?v=ZwgAX3Xb7a0&feature=related (19. Januar2009).

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salafistischen Gläubigen. Seine Anschuldi-gungen führen teilweise so weit, dass er be-hauptet, der Westen wolle den Islam zer-stören.63 Gewisse Kritik von Seiten HassanDabbaghs gegenüber der Medienberichter-stattung mag zwar berechtigt sein. Darausindessen die Schlussfolgerung zu ziehen,dass eine Verschwörung gegen alle Musli-me in Gang gesetzt worden sei, ist maßlosübertrieben.Dabbaghs weitere Äußerungen in dem Vi-deobeitrag »Stellungnahme zu den aktu-ellen Beschuldigungen und Medienangrif-fen«64 zeigen seine eigene Haltung zum Is-lam. So behauptet er, der Islam sei nicht nurein Glaube, sondern auch eine besondereLebensart, in dem alle Menschen gleich be-handelt werden. Es gibt keinen Unterschiedzwischen Schwarzen und Weißen, zwischenReichen und Armen. »Alle sind gleich vorAllah«,65 behauptet Hassan Dabbagh. Aller-dings gibt es diese Gleichheit nur für dieje-nigen, die an Gott glauben. Anhand dieserÄußerung zeigt sich, dass der Islam nichtnur eine Religion im klassischen Sinne ist.Für Dabbagh bedeutet der Islam zugleichein ideales Gesellschaftssystem. Denn erstwenn alle Menschen gläubig sind, gibt esGleichheit und Gerechtigkeit in der Gesell-schaft. Nur wenn Gott die alleinige Sou-veränität besitzt, gibt es eine gerechte Ver-teilung des Wohlstands. Mit einer solchenInterpretation von Glauben zielen Salafis-ten auf eine absolut gerechte Gesellschaftim Diesseits. Richtige Gläubige streben al-lerdings nicht zu einem vollkommenen oder

63 Vgl. Wiktorowicz, (Anm. 5), S. 219.

64 Vgl. Dabbagh (Anm. 61).

65 Hassan Dabbagh, Was ist Islam? Eine klei-ne Einführung von Hassan Dabbagh, un-ter: http://www.youtube.com/watch?v=thAKdGrifEw&feature=related (kein Datum).

gar utopisch anmutenden Gesellschaftssys-tem, sondern suchen eine spirituelle Erlö-sung im Jenseits.Auch wenn Medien vermehrt darüber be-richten, dass Hassan Dabbagh zu Militan-ten Kontakte haben soll,66 ist eine Gewaltbe-reitschaft in seinen Videobotschaften nichtzu erkennen. Er ist strikt gegen Terrorismusund Extremismus.67 Mit seinen Anhängernwill er kein Unheil in der deutschen Ge-sellschaft stiften. Anhand Dabbaghs Ableh-nung jeglicher politischer Aktivitäten wirddeutlich, dass er dem puristischen Salafis-mus zuzuordnen ist. Für die Puristen ist esverboten, aktiv im politischen System einernicht-muslimischen Gesellschaft mitzuwir-ken.68 Entscheidend ist, dass Dabbagh einenpuristischen Salafismus praktiziert, in demParteien abgelehnt werden. Zudem strebt ermit seiner Bewegung keine politische Machtin Deutschland an. Puristen sehen sich nichtals eine politische Bewegung, die eine Ge-sellschaft verändern will. Zwar liegt in je-der salafistischen Strömung das Ziel, vieleAnhänger für ihre Bewegung zu gewinnen.Die Puristen bevorzugen aber ihr Ziel ledig-

66 Hassan Dabbagh wird von der StaatsanwaltschaftMünchen vorgeworfen, der führende Kopf einerkriminellen Vereinigung zu sein, vgl. u.a. Anklagegegen Missionare des Terrors, in: Focus vom29. August 2009, unter: http://www.focus.de/politik/deutschland/islamisten-anklage-gegen-missionare-des-terrors_aid_430708.html (gelesenam 19. Januar 2009).

67 Es gibt mehrere Videobotschaften, in denenDabbagh jegliche Form des Extremismus undTerrorismus ablehnt. Als puristischer Salafistist Dabbagh kein Islamist und deswegen nichtdem islamistischen Extremismus zuzuordnen. Pu-risten sind Fundamentalisten. Ein Beispiel fürDabbaghs Ablehnung des Extremismus ist derBeitrag »Unsere Haltung zum Extremismus«,vgl. unter: http://www.youtube.com/watch?v=xAIJEvU8NrY&feature=related (26. Juli 2008).

68 Vgl. Amghar (Anm. 39), S. 45.

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lich durch das Missionieren ihres Glaubens(dawa) oder durch Bildung zu erreichen.69

Sie lehnen jegliche unerlaubten Neuerun-gen (bida) ab, die nicht der Salafiyya entspre-chen. Daher müssen sie ihren Glauben vonwestlichen Einflüssen »rein« halten (tazkiy-ya). Dies bedeutet jedoch nicht, dass Puris-ten den Westen bekämpfen wollen. Für pu-ristische Salafisten ist der westliche Lebens-stil inakzeptabel. Sie lehnen die Integrati-on in die westliche Gesellschaft ab. Assi-milieren möchten sie sich erst recht nichtin die deutsche Gesellschaft. Aber sie stre-ben keine politischen oder sogar gewaltbe-reiten Methoden an, um das deutsche Ge-sellschaftssystem zu zerstören. Darin zeigtsich der wesentliche Gegensatz zum politi-schen Salafismus. Die Politicos, wie sie Wic-torowicz nennt, streben einen Kampf durchdie Institutionen an, um die politische Herr-schaft in der Gesellschaft zu erlangen. Unddabei bedienen sie sich ebenfalls der Partei-arbeit, um die politische Macht zu erlangen.Parteien gehören aber laut den puristischenSalafisten zu solchen unerlaubten Innova-tionen, die sie nicht dulden, weil deren Ur-sprung in westlichen Einflüssen liegt. Ausdiesem Grund lehnt auch Dabbagh die Bil-dung einer politischen Partei ab.70

Aufspaltung und Radikalisierung despuristisch-salafistischen Milieus

Pierre Vogel verließ 2008 die Gruppe »DieWahre Religion« wegen Meinungsverschie-denheiten mit dem führenden Kopf Ibra-him Abou Nagie. Lange Zeit äußerte sichVogel nicht zu der Trennung, bis er auf ei-nem Vortag in Leverkusen sein Schweigen

69 Vgl. Wiktorowicz (Anm. 5), S. 217 f.

70 Vgl. Dabbagh (Anm. 61).

beendete und über Nagies salafistische An-sichten berichtete.71 Nagie soll gegenübereinem kleinen Personenkreis gesagt haben,dass Muslime, die nicht alle Führer der is-lamischen Länder zu Ungläubigen (kuffar)erklären, ebenfalls Ungläubige sind. Für Vo-gel löst eine solche Aussage eine schwereKontroverse (fitna) innerhalb der salafisti-schen Gemeinschaft aus. Daher sieht er esals seine Pflicht an, gegen solche, für ihn alsfalsch angesehenen Aussagen, Stellung zubeziehen. Die Aussage ist für Vogel in derHinsicht auch als besonders kritisch anzuse-hen, weil es sich um jihadi-salafistisches Ge-dankengut handelt. Der Gedanke, politischeFührer als Ungläubige zu diffamieren, re-sultiert aus den Schriften Sayyid Qutbs, derals Schlüsselfigur bei der Entstehung des ji-hadistischen Salafismus bezeichnet werdenkann. Qutbs Ziel war es, alle Regierungen,»die auf der Herrschaft des Menschen überden Menschen und die Dienerschaft einesMenschen über einen anderen basieren«,72

zu zerstören. Als Rechtfertigung verweistQutb darauf, dass die tyrannischen Herr-scher das System der jahiliyya (Unwissen-heit vor dem göttlichen Gesetz) unterstüt-zen würden, was in seinen Augen einerRebellion gegen Allahs Herrschaft gleich-kommt. Solche Tyrannen müssen aufgrundihres Unglaubens bekämpft werden.Nagie fordert zwar nicht direkt die Bekämp-fung der Ungläubigen. Dennoch orientierter sich bei seiner Interpretation der Apo-stasie sehr nah an den Ideen von Abu Mo-hammad al-Maqdisi. Dieser erweitert Qutbs

71 Vgl. Videobeitrag, warum Pierre Vogel gegen Ibra-him Abou Nagie arbeitet, unter: http://www.youtube.com/watch?v=GsPB4Knz-_s (29. Dezem-ber 2009).

72 Vgl. Sayyid Qutb, Zeichen auf dem Weg, Istanbul2005, S. 108.

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Interpretation, in dem er von allen Gläu-bigen verlangt, sich vollkommen von Re-gierungssystemen zu distanzieren, die vonMenschen gemachte Gesetze durchsetzen.Die Souveränität kann nicht der Mehrheitder Menschen zukommen, da nur Gott alsSouverän angesehen wird. Wenn Muslimeaber arabische, säkulare Herrscher akzep-tieren und nicht als Ungläubige diskredi-tieren, sieht al-Maqdisi dies als Verrat an.73

Er fordert eine offene Feindseligkeit gegen-über den ungläubigen Staaten der arabi-schen Welt.74 In Nagies Äußerungen liegtebenfalls die Intention, gegenüber allen Un-gläubigen feindlich gesinnt zu sein.Mohammed al-Maqdisis Denken ist zurzeitunter europäischen Sympathisanten sehrpopulär. Im April 2010 hielt Abu Dujana,einer der populärsten Prediger der Grup-pe »Die Wahre Religion«, auf einem Islam-seminar in Hamburg einen Vortrag über»al Walaa«. Unter »al Walaa« verstehen Sa-lafisten die absolute Ergebenheit zu Gott.Abu Dujana fordert eine sehr rigide Formvon Loyalität von seinen Anhängern, diedahin führt, dass Juden und Christen kei-ne Verbündete der Muslime sein dürfen.Als Begründung behauptet er, dass Judenund Christen versuchen würden, Muslimevon ihrer Religion abzubringen.75 Mit sei-ner Aussage unterstellt er denjenigen, die

73 Vgl. Abu Muhammad Al-Maqdisi, Die Me-thode und die verschiedenen Abschnit-te in der Dawah der Gesandten, unter:http://attibyaan.wordpress.com/category/abu-muhammad-al-maqdisi-3/(kein Datum).

74 Vgl. Guido Steinberg, Der nahe und der ferneFeind, Die Netzwerke des islamistischen Terroris-mus, München 2006, S. 135.

75 Vgl. Der Landesverfassungsschutz Hamburg ver-weist auf die Rede Abu Dujanas in SalafistischesIslamseminar in der Taiba-Moschee vom 9. bis 11.April 2010,

mit Juden oder Christen zusammenleben,sich vom Glauben loszulösen (al-baraa). Ei-ne solche Interpretation ist fast identischmit dem Deutungsschema von Abu Mo-hammad al-Maqdisi. Das Konzept der »al-Walaa wal-Baraa« (Loyalität und Loslö-sung) wird ebenfalls in einigen Schriftenvon al-Maqdisi behandelt. So behauptet al-Maqdisi, dass kein »wahrer« Gläubiger mitPolytheisten zusammenleben kann, weil sieansonsten die Einheit Gottes (tawhid) ge-fährdeten. Dadurch, dass viele MuslimeUngläubige nachahmen würden, lösen siesich vom Glauben und gefährden dabei dieEinheit Gottes (tawhid), was unweigerlichzum Zerfall des islamischen Glaubens füh-ren würde. Deswegen fordert al-Maqdisivon allen »wahren« Muslimen, immer ih-ren Hass gegenüber den Anhängern des Po-lytheismus zu demonstrieren, solange die-se nicht ihrem Unglauben abschwören undzum richtigen Glauben umkehren.76 AbuDujana folgt in seinem Vortrag einer ähn-lich strengen Auslegung der Ergebenheit zuGott, wie sie al-Maqdisi verbreitet. In sei-nem Vortag »al-Walaa - Liebe und Hass umAllahs Willen«, welcher auf der Internetsei-te »SalafiMedia«77 veröffentlicht wurde, for-dert Abu Dujana, sich nicht mit den Un-gläubigen zu verbünden, da diese nie zu-frieden mit den Muslimen sein werden. Erstwenn die Muslime ihre Religion aufgebenund Christen oder Juden würden, wären

unter: http://www.hamburg.de/schlagzeilen/2231544/salafismusseminar-fhh-hamburg.html (gelesen am 19. April 2010).

76 Vgl. Steven Brooke, The Preacher and the Jihadi,in: Current Trends in Islamic Ideology 3 (2006),S. 1, unter: http://www.futureofmuslimworld.com/(gelesen am 19. April 2010).

77 Vgl. SalafiMedia.de - Unterstützer von Ad-Dinil-Haq, unter: http://salafihd.com/salafimedia.de/website/ (gelesen am 23. April 2010).

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die Ungläubigen zufrieden. Für Abu Duja-na gibt es aber nur eine richtige Rechtslei-tung im Glauben und die ist von Allah vor-gegeben. Die Ungläubigen sind untereinan-der verbündet, um den Islam zu schädigen.Alle, die die Rechtsleitung Allahs nicht be-folgen und sich vom Glauben loslösen, wer-den Allah als Verbündeten verlieren. Es gibtkeine Loyalität für diejenigen, die nicht Gottals den einzigen Gott akzeptieren, weil siesich mit dessen Gegner verbünden.78 DieseAussage von Abu Dujana verdeutlicht dieNähe zu al-Maqdisis These, Gläubige dür-fen nicht mit Polytheisten zusammenleben,weil sie die Einheit Gottes und somit denGlauben gefährden, deutlich.Der Islamwissenschaftler Joas Wagema-kers bezeichnet al-Maqdisis ideologischesDeutungsschema als puristischen Jihadi-Salafismus.79 Denn al-Maqdisis Deutungs-schema bezieht seine Ideen sowohl aus dempuristischen als auch aus dem jihadistischenSalafismus.80 Aus diesem Grund lässt sichder puristische Salafismus nur schwer vonder stark wahhabitisch geprägten Form desmilitanten Salafismus unterscheiden. Den-noch ist es ersichtlich, dass Nagie und AbuDujana bedeutend radikalere Ansichten alsHassan Dabbagh oder Pierre Vogel vertre-

78 Vgl. Abu Dujana, al Walaa - Liebe und Hass umAllahs Willen, Video-Vortrag (kein Datum), un-ter: http://salafihd.com/salafimedia.de/website/(gelesen am 19. April 2010).

79 Vgl. Joas Wagemakers, A Purist Jihadi-Salafi.The Ideology of Abu Muhammad al-Maqdisi, in:BritishJournalofMiddleEasternStudies 2 (2009), S.281-297, hier S. 283 ff..

80 In der Analyse des NRW-Verfassungsschutzeswird diese Strömung als Mainstream-Salafismusbezeichnet. Der Begriff Mainstream-Salafismus hatin der Wissenschaft zu Irritationen geführt, weilunterschiedliche salafistische Strömungen demMainstream zugeordnet werden; Vgl. Verfassungs-schutz NRW (Anm. 2), S. 8.

ten. Nagie versucht zwar in einer Klarstel-lung zu den Vorwürfen von Pierre Vogel,seine Aussage über ungläubige Führer inden islamischen Ländern zu korrigieren.Diese ist jedoch nicht glaubwürdig, weilsich »Die Wahre Religion« auch im Inter-net immer radikaler präsentiert. So koope-rieren die Betreiber der jihadistischen Web-seite »SalafiMedia.com« mit Nagies Grup-pe »Die Wahre Religion«. Bei den Betreibernhandelt es sich unter anderem um ehemali-ge Mitglieder der britischen Al-Muhajiroun-Bewegung von Omar Bakri Mohammed,die seit Mitte der 1990er Jahre militantessalafistisches Gedankengut im Internet ver-breiten. Ein weiterer Betreiber scheint derjihadi-salafistische Ideologe Abdullah Faisalzu sein,81 der in einem Audio-Vortrag mitdem Titel »Jihad« sagt, militanten Salafis-ten »sei es nur erlaubt, Atombomben in denLändern zu nutzen, in denen zu 100 ProzentUngläubige leben würden.«82

Auf der deutschen Internetseite von »Salafi-Media«, die ebenfalls von jemand aus demUmfeld von Naji und Abu Dujana betrie-ben wird, ruft der Webadministrator zu ei-nem Kampf der Herzen und des Verstan-des auf. Hierunter verstehen sie einen Me-dienkrieg gegen die westlichen Feinde. Sieschreiben, ihre Feinde würden Lügen überden Islam in den Medien verbreiten. West-liche Medien starteten Kampagnen im Na-men der Demokratie, um ihre falschen An-sichten zum Islam zu verbreiten. Der Betrei-ber von »SalafiMedia« fühlt sich dadurch

81 Bei YouTube betreibt Faisal einen Videokanal un-ter dem Logo von SalafiMedia, Vgl. unter: http://www.youtube.com/user/TheSheikhfaisal (ge-lesen am 29. April 2010).

82 Vgl. Hate preaching cleric jailed, BBC vom 7. März2003, unter:

http://news.bbc.co.uk/2/hi/uk_news/england/2829059.stm (gelesen am 7. April 2010).

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genötigt, den Irreführungen des Westensentgegenzuwirken, um die Wahrheit wie-derherzustellen und die falsche Propagan-da des Westens auszulöschen.83 Alle die-se Hinweise deuten daraufhin, dass sich ei-ne ursprünglich nicht-militante Missionsbe-wegung stark radikalisiert hat und sich inZukunft zu einem wachsenden Sicherheits-problem in Deutschland entwickeln könnte.Die Akteure von »Die Wahre Religion« nei-gen vermehrt zu ideologischen Deutungs-mustern, die eindeutig jihadi-salafistischsind. Dabei handelt es sich um einen pu-ristischen Jihadi-Salafismus, der den radika-len Ideen Abu Mohammad al-Maqdisi nahesteht.

Randgruppe im politisch-salafistischenMilieu?

Wenn der Begriff des politischen Salafis-mus eng ausgelegt wird und Bewegungenwie die Muslimbruderschaft nicht dieserStrömung zugeordnet werden, kann fest-gestellt werden, dass es eine solche Be-wegung in Deutschland nicht gibt. Da dieMuslimbruderschaft jedoch mit primär ausSaudi-Arabien finanzierten Organisationenwie der »Islamische Weltliga« (WML) undder »Weltvereinigung der Muslimjugend«(WAMY) zusammenarbeiten und diese inEuropa aktiv agieren, sollte trotzdem davonausgegangen werden, dass ein politisch-salafistisches Milieu im weiteren Sinne inDeutschland existiert. Dieses Milieu magsich zwar nicht direkt auf Safar al-Hawaliund Salman al Auda berufen. Sie stehendieser ideologischen Strömung aber ziem-

83 Vgl. in der Rubrik »Sei einer der Ansar (Helfer)für den Din (Religion) der Wahrheit« unter: http://salafihd.com/salafimedia.de/website/ (gelesenam 23. April 2010).

lich nah, weil ägyptische sowie syrischeMuslimbrüder aktiv für die transnationa-len Organisationen arbeiten und Propa-ganda betreiben. Vereinzelt treten in Euro-pa Salafisten in Erscheinung, die eindeutigder politisch-salafistischen Strömung zuge-ordnet werden können. Hierzu gehört derSchweizer Youssouf Ibram, der als Imam inGenf arbeitet.84

In Deutschland entstanden mit der Eta-blierung der »Islamischen Gemeinschaftin Deutschland« (IGD) und dem »Islami-schen Zentrum Aachen« (IZA) zwei wich-tige Organisationen, die als deutsche Fi-lialen der Muslimbruderschaft bezeichnetwerden können. Diese deutschen Akteu-re sind ebenfalls in internationalen Or-ganisationen der Muslimbruderschaft so-wie den saudischen Nichtregierungsorga-nisationen (WML, WAMY) aktiv. In die-sem politisch-salafistischen Milieu existier-te mehrere Jahre eine kleine Randgruppe,die sogar Kontakte zu Jihadisten besaß. Obdiese Gruppe direkte Kontakte zur Muslim-bruderschaft hatte, ist indessen nicht be-kannt. Einige Experten behaupten, dass derführende Kopf dieser salafistischen Grup-pe, der Ägypter Yahia Yusuf, dem politisch-salafistischen Milieu in Deutschland ange-hört habe. Yusuf war ursprünglich Mitgliedder islamistischen Bewegung al-Gamaa al-Islamiya, einer ägyptischen Bewegung un-ter Führung des blinden Scheichs Omar Ab-derrahman. Unter Experten gilt diese Be-wegung als jihadi-salafistisch, weil sich inihrer Bewegung die Ideen Sayyid Qutbsmit wahhabitischen Ideen vermischt haben.Aufgrund der Fahndungen der ägyptischenSicherheitsbehörden flohen viele Mitgliederder al-Gamaa al-Islamiya in den 1980er Jah-

84 Vgl. Amghar (Anm. 39), S. 45 ff.

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ren nach Europa. Ende der 1980er Jahrenkam Yahia Yusuf mit seiner Familie nachDeutschland und promovierte an der Uni-versität Freiburg im Fach Medizin.85 Durchden Bosnien-Krieg erhielt er vermehrt Kon-takte zur Aktivisten der militanten Sze-ne in Deutschland. Unter ihnen war auchder Deutsch-Ägypter Reda Seyam, mit demYusuf ein Hilfswerk für Bosnien gründe-te. Er war jedoch kein Kämpfer, der dieMudschahideen in Bosnien direkt unterstüt-ze. Sein Operationsgebiet scheint nur inDeutschland gewesen zu sein.Da Yusuf der jihadi-salafistischen Bewe-gung al Gamaa al Islamiya aus Ägypten an-gehörte, ist es nicht richtig, ihn als politi-schen Salafisten zu bezeichnen. Al Gamaaal Islamiya war in den 1990er Jahren dieentscheidende Bewegung, die in Europa ji-hadistische Zellen aufbaute. Deshalb soll-te man den Ägypter Yahia Yusuf dem ji-hadistischen Milieu zuordnen, auch wenner selber keine terroristischen Gewalttatenin Deutschland umsetzte. Die Sicherheits-behörden neigen dazu, Jihadisten, die nichtmilitant agieren, als politische Salafisten zubezeichnen. Dies ist allerdings falsch, weiles einige jihadistische Ideologen gibt, dieaus taktischen Gründen nicht selber terro-ristisch aktiv werden. Diese Aktivisten sindideologisch jedoch eindeutig dem jihadisti-schen Milieu zuzuordnen.Yusuf propagierte mehrere Jahre sein mi-litantes Gedankengut in der Neu-UlmerMoschee mit dem Namen »Multikultur-haus«. Dabei radikalisierten sich einige jun-ge Salafisten so intensiv, so dass sie immertiefer in die jihadistische Gedankenwelt ein-

85 Vgl. Annette Ramelsberger, Der Deutsche Dschi-had. Islamistische Terroristen planen Anschlag,Berlin 2008, S. 94

drangen.86 Zu Yusufs bekanntesten Schü-lern gehörte Fritz Gelowicz, der mit Da-niel Schneider und Adem Yilmaz die so ge-nannte Sauerland-Gruppe bildete, um An-schläge auf amerikanische Einrichtungen inDeutschland zu verüben.2005 floh Yusuf aus Deutschland. Bis heu-te lebt er unbehelligt in Medina (Saudi-Arabien) und gilt angeblich weiterhin alsMittelsmann, um deutsche Sympathisantenin terroristische Ausbildungslager nach Af-ghanistan zu vermitteln oder zu schleu-sen.87 Der Vorwurf, dass er ein wichtigerMittelsmann war, konnte Yusuf jedoch bisheute nicht nachgewiesen werden und auchdiverse Hinweise in den Gerichtsverhand-lungen gegen die Sauerland Gruppe deutennicht daraufhin.Nach dem Verbot des »Multikulturhauses«suchten einige Salafisten einen neuen Treff-punkt. Sie fanden in dem »Islamischen In-formationszentrum« (IIZ) in Ulm eine idea-le Begegnungsstätte, in der sie ihre Tref-fen fortführen konnten. Das Islamische In-formationszentrum wurde 1999 von meh-reren politisch-salafistischen Vereinen ge-gründet, die der »Islamischen GemeinschaftMilli Görüs« (IGMG) nahe stehen. Seit 2005trafen sich lokale Funktionäre der MilliGörüs mit jüngeren Aktivisten, die demmilitanten Milieu des »Multikulturhauses«zuzuordnen waren.88 Es wurden vermehrtVorträge über salafistisches Gedankengutgehalten. Regelmäßig erschienen bis zu

86 Vgl. Guido Steinberg, Im Visier von Al-Qaida.Deutschland braucht eine Anti-Terror-Strategie,Hamburg 2009, S. 36.

87 Vgl. Saudi-arabische Gelder für deutsche Islamis-ten, in: Spiegel-Online vom 6. Januar 2010, unter:http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,676300,00.html (gelesen am 10. Juni 2010).

88 Vgl. Steinberg (Anm. 86), S. 36.

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dreißig Sympathisanten zu den so ge-nannten Islamseminaren. Für den baden-württembergischen Verfassungsschutz galtdas Zentrum als Rekrutierungs- und Pro-pagandabüro für junge Salafisten. Unterihnen war auch Fritz Gelowicz, der sichspäter in Pakistan in einem Trainingsla-ger terroristisch ausbilden ließ. David Mit-terhuber war langjähriger Vorsitzender derIIZ. In Mitterhuber sahen die Verfassungs-schutzbehörden einen »deutschen Intellek-tuellen des Islams«. Er lebte längere Zeit inSaudi-Arabien und ließ sich an einer Uni-versität zum Imam ausbilden. Die NeueZürcher Zeitung schreibt, Mitterhuber ha-be sich stets »von Gewalt und verfas-sungsfeindlichen Umtrieben«89 distanziert.Laut dem baden-württembergischen Ver-fassungsschutz predigt allerdings jemandwie Mitterhuber keinen Hass, weil er dafürviel zu klug sei.90 Im Gegensatz zu YahiaYusuf agierte Mitterhuber nicht im Verbor-genen. Der Konvertit war der Herausgeberder Zeitschrift »Denk mal islamisch«. Mitdieser Zeitschrift versuchte er salafistischesGedankengut in der deutschen Öffentlich-keit zu verbreiten. Die Publikation »Denkmal Islamisch« war jedoch mit der profes-sionellen Medienarbeit der Al-Qaida nichtzu vergleichen. Im Internet präsentierte sichdie IIZ äußerst unspektakulär. Es galt, in derÖffentlichkeit nicht negativ aufzufallen. Sosuggerierte das Zentrum der deutschen Öf-fentlichkeit, dass es ein militantes Gedan-

89 Vgl. Islamisten aus der schwäbischen Provinz, in:Neue Zürcher Zeitung vom 21. Juni 2006,

unter: http://www.nzz.ch/2006/06/21/al/articleE8A2C.html (gelesen am 2. Mai 2010).

90 Vgl. Ramelsberger (Anm. 85), S. 110.

kengut nicht akzeptieren würde.91

Seit der Veröffentlichung von »Denk mal Is-lamisch« stand Mitterhuber indes vermehrtim Visier der Ermittler des Verfassungs-schutzes, die in der Zeitschrift eine hetze-rische Kampagne gegen Juden und Chris-ten sahen. Mehrmals wurde das Informa-tionszentrum durchsucht und Mitterhuberfestgenommen. Allerdings konnte ihm nieetwas Verfassungsfeindliches nachgewiesenwerden. Aufgrund der vielen Ermittlun-gen entschied sich Mitterhuber Deutschlandzu verlassen und lebt seit dem in Saudi-Arabien. Von dort betreibt er weiterhin sei-ne Propaganda. So übersetzt Mitterhuberbeispielweise Texte ins Deutsche, die demsalafistischen Gedankengut nahe stehen.

Neue Internationalisten - Deutsche Jiha-disten im Ausland

Seit 2006 gibt es vermehrt das Phänomen,dass sich deutsche Jugendliche nach Pakis-tan absetzen, um aktiv am Jihad am Hin-dukusch teilzunehmen. Der Islamismus-Experte Guido Steinberg nennt diese jiha-distischen Kleingruppen »neue Internatio-nalisten«, weil sie ins Ausland reisen undsich dort internationalen Bewegungen an-schließen, die sie terroristisch ausbilden.92

Meistens schließen sich die Deutschen we-gen sprachlicher Barrieren der »Islamische

91 So gab es auf der Internetseite www.denkmalislam.de Beiträge, die sich gegen Terror und Gewalt anUnschuldigen richteten. Die Internetseite existiertseit August 2007 nicht mehr im Netz.

92 Vgl. Steinberg (Anm. 86), S. 16-21.

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Jihad Union« (IJU)93 oder der »IslamischeBewegung Usbekistan« (IBU)94 an, weil siedie einzigen sind, die in Türkisch mit denDeutschen kommunizieren können. Einigeder deutschen Jihadisten haben einen tür-kischen Migrationshintergrund, so dass siesich problemlos mit den usbekischen Füh-rer auf Türkisch unterhalten können. Zu-dem wird auch der größte Teil der Propa-ganda der IJU auf Türkisch verbreitet. DieWebseite www.sehadetzamani.com, die lan-ge Zeit die offizielle Internetseite der IJUwar, wurde primär in türkischer Spracheverfasst.95

Seit ihrer Gründungen gibt es in der IJU undIBU usbekische Führer, die die Bewegun-gen leiten. In den letzten Jahren sind hin-gegen Jihadisten mit den unterschiedlichs-ten Nationalitäten in die Bewegungen auf-genommen worden, so dass Türken eine im-mer größer werdende Bedeutung innerhalbder Führung erhalten haben. Vereint kämp-fen sie gegen die ISAF-Truppen in Afghanis-tan oder gegen die pakistanische Armee in

93 Die »Islamische Jihad Union« (IJU) ist 2002 vonJuma Namangani und Tahir Yoldashev gegründetworden, weil sie eine internationalere Terrorgrup-pe als ihre Mutterorganisation »Islamische Bewe-gung Usbekistan« (IBU) bilden wollten; siehe wei-tere Informationen zur IJU in Guido Steinberg, TheTurkish al-Qaeda: The Islamic Jihad Union and theInternationalization of Uzbek Jihadism, StrategicInsights, Center for Contemporary Conflict, Mon-terey, Juli 2008, S. 3 -8.

94 Nähere Informationen zur IBU in Einar Wigen, Is-lamic Jihad Union: al-Qaida’s Key to the TurkishWorld?, Norwegian Defence Research Establish-ment (FFI), vom 23. Februar 2009, S. 10 f.

95 Vgl. Guido Steinberg, The Threat of Jihadistterrorism in Germany, in Real Instituto Elca-no, 6. November 2008, unter: http://www.realinstitutoelcano.org/wps/portal/rielcano_eng/Content?WCM_GLOBAL_CONTEXT=/elcano/Elcano_in/Zonas_in/ARI142-2008 , S. 5(gelesen am 13. August 2010).

Waziristan, wo ihr Hauptstützpunkt zu seinscheint. Neuerdings kommen noch kleine-re Splittergruppen der IJU oder IBU hinzu,die sich »Deutsche Taliban Mudschahide-en« oder »Taifatu’l Mansura« nennen.Unter den neuen Internationalisten gibt eskleine Mediengruppen, die im afghanisch–pakistanischen Grenzgebiet deutschspra-chige Videos produzieren, um neue Anhän-ger an den Hindukusch zu locken. Hier-bei handelt es sich um Mediengruppen wie»Elif Medya« oder »Badr al Tawhed«, die ei-genständig jihadi-salafistische Beiträge pro-duzieren, in denen sie für den militantenKampf in Afghanistan werben. Deutsch-land wird von den globalen Jihadistenbewusst als neues Rekrutierungsfeld aus-gewählt, um weitere Anhänger zu errei-chen.96 Aufgrund der vermehrten Internet-Propaganda beginnt der Radikalisierungs-prozess unter den jungen Sympathisantenmeistens schon in Deutschland. Nach ei-ner gewissen Zeit versuchen die radikali-sierten Jugendlichen, Kontakte zu terroris-tischen Organisationen in Pakistan aufzu-nehmen, um sich dort dieser Gruppierunganzuschließen, die sie dann in Trainings-lagern ausbildet. Für Steinberg sind dieseneuen Internationalisten bedeutend gefähr-licher als die in Deutschland unabhängigagierenden Jihadisten, weil sie eine terroris-tische Ausbildung durchlaufen haben, dieihnen die Möglichkeit gibt, gezielt Terror-anschläge in Deutschland umzusetzen. Dadie Zahl der aus Deutschland stammendenJihadisten, die in den Trainingslagern derIJU oder IBU seit 2006 ausgebildet wurden,sprunghaft angestiegen ist, wird die Gefahrvon diesen Gruppierungen als besonders

96 Vgl. Stefan Meining/Ahmed Senyurt, The Case ofthe Bavarian Taliban, in: Current Trends in IslamistIdeology 7 (2009), S. 105 - 123, hier S. 112.

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ernst genommen.97

Die bis heute bekannteste Gruppierung derneuen Internationalisten war die so genann-te Sauerland-Gruppe um Fritz Gelowicz,die Anschläge auf amerikanische Einrich-tungen in Deutschland plante und derenMitglieder im September 2007 im Sauer-land festgenommen wurden.98 Im Frühjahr2006 reisten Fritz Gelowicz, Daniel Schnei-der und Adem Yilmaz über den Iran in denNordwesten Pakistans, um sich der »Islami-schen Jihad Union« anzuschließen. In derNähe der Stadt Mir Ali erhielten sie eineAusbildung, in dem sie militärisch gedrillt,ideologisch indoktriniert sowie in den Bom-benbau unterwiesen wurden. Ursprünglichwollten die drei gegen die ISAF-Truppenin Afghanistan kämpfen. Jedoch beauftrag-te sie der Führer der IJU, Najmiddin Jalo-lov, Terroranschläge in Deutschland auszu-führen.99 Nach einer mehrmonatigen Aus-bildung reisten sie zurück nach Deutsch-land, um Anschläge gegen amerikanischeMilitäreinrichtungen zu organisieren. Auf-gefallen sind die drei unter anderem, weilsie den US-Stützpunkt in Hanau am 31.Dezember 2006 als möglichen Anschlagsort

97 Vgl. Steinberg (Anm. 86), S.17 f.

98 Vgl. Guido Steinberg, Wandel des Terro-rismus, Die neuen Internationalisten, in:The European vom 22. Januar 2010, un-ter: http://www.theeuropean.de/guido-steinberg/2118-wandel-des-terrorismus (gele-sen am 25. Juni 2010).

99 Vgl. Paul Cruickshank, The Militant Pipeline, Bet-ween the Afghanistan-Pakistan Border Region andthe West, Counterterrorism Strategy Initiative Po-licy Paper, New American Foundation, Februar2010, S. 16 f.

inspizierten.100 Das US-Militär muss demCIA auf diesen Vorfall hingewiesen haben,so dass diese daraufhin dem Bundeskrimi-nalamt einen Tipp über das Fahrzeug derGruppe um Gelowicz gab. Nach fast einemJahr der Observierung verhafteten Beamtedes Bundeskriminalamts die deutschen Ji-hadisten im September 2007.Trotz der Inhaftierung der Sauerland-Gruppe hat das Phänomen der Reisetätig-keiten junger Deutscher nach Pakistan nichtabgenommen, sondern sogar drastischzu genommen. Im Nordwesten Pakistanssoll sich mittlerweile eine größere Gruppevon Deutschen aufhalten, die den Kon-takt zur Heimat aufgegeben hat und dortmit Gleichgesinnten am Krieg gegen die»Ungläubigen« teilnimmt. Die Zahl der Ver-dächtigen, die in den vergangen Jahren ineinem terroristischen Trainingslager bzw. ineiner Terrorgruppe aktiv waren oder heutenoch sind, schätzt der Verfassungsschutzauf bis zu 170 Personen. Allein die Gruppeum Fritz Gelowicz soll bedeutend größergewesen sein und bis zu 30 Mitgliedergehabt haben.101 Der Spiegel spricht voneiner dritten Generation von Jihadisten, dienach Mohammed Atta und Fritz Gelowicznun das entscheidende Sicherheitsrisikofür die Nachrichtendienste darstellt. ImGegensatz zur ersten und zweiten Gene-ration sind die heutigen »homegrown«

100 Vgl. Meining/Senyurt (Anm. 96), S. 112; dies hatsich im Nachhinein als falsch erwiesen, da FritzGelowicz zwar mit zwei anderen Personen an derKaserne vorbei fuhr, allerdings nicht plante, dorteinen Anschlag zu begehen.

101 2010 wurden die Frau von Fritz Gelowicz und zweiweitere Verdächtige wegen der Finanzierung ter-roristischer Organisationen verhaftet und im Ok-tober begann des Gerichtsverfahren am BerlinerKammergericht; Schätzungen über die Anzahl derMitglieder in Steinberg (Anm. 98), S. 4.

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Terroristen jünger, ethnisch heterogenerund es befinden sich nicht nur junge Män-ner in den Reisegruppen, sondern auchFrauen und Kinder. Zudem haben sichdiese Sympathisanten bedeutend schnellerals ihre Vorgänger radikalisiert. Es gibt lautMedienberichten vereinzelt Fälle, bei deneneine Radikalisierung innerhalb wenigerMonate stattfand.102

Eines der bekanntesten Beispiele für einenenorm schnellen Radikalisierungsprozessist der Saarländer Eric Breininger. Der 22-jährige war mit Daniel Schneider befreun-det, der ihm geraten hatte, Deutschland zuverlassen, um mögliche Konflikte mit denSicherheitsbehörden aus dem Weg zu ge-hen. Schneider deutete seinem Freund an,dass er mit Fritz Gelowicz und Adem Yil-maz einen Anschlag plane.103 Daher reis-te Breininger 2007, nur vier Monaten nachdem er zum Islam konvertiert war, nachÄgypten in die Arabisch-Schule »MarkazTaqniya at-Talimi«. Ziel war es Arabisch zulernen und Gleichgesinnte in Kairo zu fin-den, die ihm eine Wegbeschreibung für ei-nes der Ausbildungslager der IJU in Pakis-tan geben könnten. Da Breininger sich mitdem Deutsch-Libanesen Hussain al-Malla,den er aus Neunkirchen im Saarland kann-te und der seit 2004 mit der IJU in Kontaktstand, im Herbst 2007 in Kairo treffen konn-te, gab es die Möglichkeit, einen Weg in dieStammesgebiete im Nordwesten Pakistanszu kommen. Al-Malla hatte Informationenund Kontakte, um über den Iran nach Wa-

102 Yassin Musharbash/Marcel Rosenbach/HolgerStark, Die dritte Generation, in: Spiegel vom 14.Juli 2010, S. 21 ff.

103 Abdul Ghaffar El-Almani (Pseudonymvon Eric Breininger), Mein Weg nachJannah (d.h. Paradies), S. 76, unter:http://de.ansar1.info/showthread.php?t=4368( gelesen am 3. Mai 2010).

ziristan/Pakistan zu gelangen. Allerdingshielten sie sich in Waziristan nur für kur-ze Zeit auf, weil sie eine Zusage für eineAusbildung in einem Trainingslager im Sü-den Afghanistans erhielten. Unter den an-deren Teilnehmern befanden sich auch Tür-ken, Tadschiken und Usbeken, die für denGuerillakampf trainierten.104

Breininger gehörte ebenfalls der relativneuen Gruppierung der Deutschen Tali-ban Mudschahideen an, die seit Februar2009 durch jihadistische Propaganda in dendeutschen Medien für Aufsehen sorgte. Ur-heber dieser Propaganda war der Deutsch-Türke Ahmed Manevbasi (Pseudonym: Sa-lah al-Din al-Turki), der schon unter demMedienlabel »badr al tawhed« Videos fürdie IJU im Internet verbreitete. Für die Deut-sche Taliban Mudschahideen gründete erden Medienarm »Elif Medya« und produ-zierte zahlreiche Videos und Texte, mit de-nen er neue Rekruten für pakistanische Ter-rorlager gewinnen wollte. Anfangs wur-de die Propaganda in dem Blog elifmed-ya.wordpress.com publiziert. Ab Mitte 2009veröffentlichte sie ihre Beiträge unter an-derem in dem deutschsprachigen Ansar al-Jihad Forum. Das erste Video unter demMedienlabel »Elif Medya« erschien am 11.September 2009, welches den Titel »Die Ka-rawane geht weiter« hatte.Wegen seiner Verständigungsprobleme in-nerhalb der IJU entschloss sich Breiningerim Frühjahr 2009 dieser neuen deutschenGruppe von Jihadisten anzuschließen, derca. sechs Männer angehörten. Kennenge-lernt hatte er die deutschen Jihadisten imTrainingslager der IJU. Ursprünglich plantediese Gruppe, sich der Taliban anzuschlie-ßen. Da die Taliban es den deutschen Ji-

104 Ebenda, S. 85.

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hadisten erlaubte, eine eigene Gruppe zubilden, gründeten Ahmed Manevbasi, EricBreininger, Danny Reinders und drei weite-re Personen die Deutsche Taliban Mudsch-ahideen. Breininger hebt in seinem E-Buch»Mein Weg nach Jannah« hervor, dass sodie erste deutsche Jihad-Gruppe der Weltentstanden sei.105 Mittlerweile sollen sichlaut Bundesverfassungsschutz bis zu 15 Ji-hadisten aus Deutschland der Gruppe an-geschlossen haben. Im September 2009 ha-ben sich sogar drei Paare aus Berlin auf denWeg in die deutsche Kolonie nach Waziris-tan begeben.106 Anhand der regen Reisetä-tigkeiten ist ersichtlich, dass die Propagan-daarbeit von Ahmed Manavbasi in der Ver-gangenheit ziemlich erfolgreich war.Erstmalig am 25. September 2009 erschi-en ein von Manavbasi produziertes Videosmit dem Titel »Der Ruf der Wahrheit« un-ter dem Logo der »Deutschen Taliban Mud-schahideen«, in dem ein Berliner Jihadistmit dem Pseudonym Ayyub al-Almani mitKrieg und Anschlägen gegen Deutschlanddroht. In dem Video wurde auf möglicheAnschlagsziele in Deutschland hingewie-sen, die sie angreifen wollten. Die Gruppewählte Bilder vom Brandenburger Tor, demHamburger Hauptbahnhof, dem MünchnerOktoberfest sowie dem Kölner Dom unddem Frankfurter Bankenviertel. Kurze Zeitspäter kam der Hinweis der »Deutschen Ta-liban Mudschahideen«, dass ihr Anführerein in Deutschland aufgewachsener jungerMann sei, der sich das Pseudonym AbuIshaq al-Muhadschir gegeben habe. In ei-

105 Ebenda, S. 102.

106 Vgl. Wolf Schmidt, Terrorkolonie mit Kinder,in: Die Tageszeitung vom 20. April 2010, un-ter: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/terrorkolonie-mit-kindern/ (gelesen am22. April 2010).

nem Interview weist er darauf hin, dass die»Deutsche Taliban Mudschahideen« unterdem Kommando der afghanischen Talibanstehen. Sie kämpft für das Islamische Emi-rat Afghanistan, wie das Land auch unterder Herrschaft der Taliban hieß.107

In einem weiteren Propagandavideo mitdem Titel »Im Namen Allahs« rufen die»Deutschen Taliban Mudschahideen« auf,sich dem Krieg in Afghanistan anzuschlie-ßen. So behauptet die Gruppe, dass »diedeutschen Besatzer ihre Unterschrift unterviele blutige Massaker, die in Afghanistanangerichtet wurden, gesetzt [haben]«.108 InAnspielung auf den Luftangriff vom 4. Sep-tember 2009 in der Region Kunduz ver-suchen sie der Bundeswehr grausame Ver-brechen zu unterstellen. Das Video zeigtmehrere deutsche Jihadisten, die an einemKampftraining teilnehmen. Unter ihnen istauch Eric Breininger. Ende April 2010 starbBreininger gemeinsam mit dem Chef derGruppe, dem Deutsch-Türken Ahmed Ma-navbasi, bei Kämpfen in der Nähe der pa-kistanischen Stadt Mir Ali. Wenige Tagespäter wurden Breiningers Memoiren indem E-Buch »Mein Weg nach Jannah« im

107 Vgl. Yassin Musharbash, Deutsche Taliban-Kämpfer melden sich zu Wort, in: Spiegel-Onlinevom 4. Januar 2010, unter: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,673776,00.html (gele-sen am 12. April 2010). In der Gerichtsverhandlunggegen Filiz Gelowicz am Kammergericht in Berlinwies die Angeklagte daraufhin, dass der Anführerder DTM Ahmed Manavbasi war, mit dem siein regelmäßigen Mail-Kontakt stand; Aussagevom 22.12.2010 in der Gerichtsverhandlung gegenAlican Tufan und Filiz Gelowicz am Kammerge-richt Berlin. Seit Januar 2011 ist der Berliner FatihTemelli (Abd al-Fattah al-Almani) der Chef derDTM, der mit Yussuf Ocak (Ayyab al-Almani)Ende 2009 nach Waziristan reiste.

108 Vgl. Video von Elif Medya, Im Namen Allah’s,unter: http://www.youtube.com/watch?v=

oE5oz0zQxeg&feature=related (22. April 2010)

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Internet veröffentlicht.In Breiningers Memoiren weist der Saarlän-der explizit auf den Nachwuchs der deut-schen Jihadisten hin, die in den Lagern der»Deutschen Taliban Mudschahideen« auf-wachsen. Mit Euphorie lobt er die Kinderals eine ganz besondere Generation von Ter-roristen, die in keiner Datenbank der westli-chen Geheimdienste erfasst sind und daherin Zukunft viele Anschläge erfolgreich imWesten durchführen können. »Sie sprechendie Sprache der Feinde, beherrschen ihreSitten und Bräuche und können sich auf-grund ihres europäischen Aussehens her-vorragend tarnen [...], um dort [..] eine Ope-ration nach der anderen gegen die FeindeAllahs auszuführen [sowie] Angst und Ter-ror in ihren Herzen zu sähen.«109

Deutsche Jihadisten und das neue Phäno-men des Online-Jihadismus

Neben den Medienproduktionen der neuenInternationalisten gibt es bedeutend mehreinzelne Aktivisten, die im Netz zumeistVideos über YouTube veröffentlichen odereigene Webseiten gründen, um die Inhal-te des jihadistischen Salafismus zu verbrei-ten. Sie geben sich die Pseudonyme »saiful-maslul«, »OsamaDeutsch« oder »the Scha-ria«. Im Gegensatz zu den offiziellen In-ternetseiten von radikalen Terrororganisa-tionen besitzen diese Sympathisanten kei-ne oder nur lose, virtuelle Verbindungenzu jihadistischen Bewegungen. Sie verbrei-ten in der Regel Videos, die meistens erstauf offiziellen Webseiten der Terrorgrup-pen veröffentlicht wurden. Die Professio-nelleren unter ihnen versuchen darüber hin-aus die Ideologie auf Weblogs bekannt zu

109 Vgl. Ghaffar El-Almani, (Anm. 103), S. 104.

machen, in dem sie Publikationen, Videosund Nachrichten, die von den offiziellenWebseiten oder Webforen kommen, über-setzen und veröffentlichen. Seit 2006 gibtes auch vermehrt deutschsprachige Blogs,in denen übersetzte Texte von den Ideolo-gen und andere Informationen zu findensind. Der Blog der »Globalen IslamischenMedienfront« (GIMF) ist einer der erstendeutschsprachigen, der hierzu gezählt wer-den kann. Im Mai 2006 bildete sich ein »ho-megrown«- Netzwerk von mehreren Inter-netaktivisten, die die GIMF in deutscherSprache betrieben. Sie veröffentlichten inKooperation mit der arabischen Mutteror-ganisation der GIMF im März 2007 einVideo, in dem erstmalig Deutschland mitTerroranschlägen bedroht wurde, weil diedeutsche Bundeswehr die USA in Afgha-nistan unterstütze. So behauptete der Spre-cher in der Videobotschaft, dass Deutsch-land mit seiner grenzenlosen Unterstützungfür die USA, die Mudschahideen motivie-ren würde, sie anzugreifen. Wenige Wochennach der Veröffentlichung des Videos wur-den die verantwortlichen Internetaktivstenin Österreich festgenommen. Der Anfüh-rer der Propagandazelle war der 23-jährigeWiener Mohammed Mahmoud. Mit seinerFrau Muna S. betrieb er die deutschsprachi-ge Internetseite. Aufgrund eines Interviewsmit einem deutschen Fernsehsender konn-ten Mahmoud und seine Frau von der Po-lizei überführt werden. Im Frühjahr 2008wurde er zu vier Jahren Haft verurteilt. Sei-ne Frau erhielt eine Haftstrafe von 22 Mo-naten.110 Trotz der Festnahme erschien imNovember 2007 ein weiteres Video, in dem

110 Austrian Al-Qaeda cell watched for three years,in: Austria Times vom 8. April 2009, unter: http://www.austriantimes.at/index.php?id=12395 (gele-sen am 12. April 2010).

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erneut Deutschlands »Kreuzzug gegen dieMuslime« angeprangert wurde. So äußer-te sich der Sprecher erneut mit den Wor-ten: »Die deutschen Soldaten besetzen im-mer noch Afghanistan und wir wiederho-len den Aufruf aus dem letzten Video, dassDeutschland seine Truppen aus Afghanis-tan abziehen soll, dies dient nur zu eu-rer eigenen Sicherheit in eurem Land.«111

Falls sie die Drohung nicht ernst nähme,kündigten die Jihadisten mit einem ähnli-chen Terroranschlag, wie dem Anschlag aufdas World Trade Center vor sechs Jahren,welches sie als eine gesegnete Operationgegen das Herz der Kreuzfahrer und ih-rer Verbündeten bezeichnen. Erst Ende 2008konnte mit der Verhaftung des 26-jährigenDaniel P. und des 23-jährigen Harun CanA., die in Biberach und Schlangen lebten,die komplette Propagandazelle zerschlagenwerden.112 Bundesweit wurden noch zwölfweitere Wohnungen durchsucht. Seit En-de 2008 gibt es von der deutschsprachigenGIMF keine weiteren propagandistischenAktivitäten im Netz.113

Durch die Propagandatätigkeiten der »Glo-balen Islamischen Medienfront« wurdenzahlreiche weitere Versuche unternommen,

111 Zitiert nach Yassin Musharbash, Neues Droh-video gegen Deutschland und Österreich, in:Spiegel Online vom 20. November 2007, un-ter: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,517533,00.html (gelesen am 12. April 2010).

112 BKA verhaftet Terrorverdächtige in Biber-ach, in: SZON vom 26. November 2008, un-ter: http://www.schwaebische.de/lokales/laupheim/laupheim_artikel,-BKA-verhaftet-Terrorverdaechtigen-in-Biberach-_arid,2557535.html (gelesen am 12. April 2010).

113 Peter Fuchs, Salafismus - Eine Betrachtung desPhänomens Salafismus mit Schwerpunkt auf des-sen Ausprägung in Deutschland, Masterarbeitvom WS 2009/2010, Ruhr Universität Bochum2010, S. 72.

im Internet eine deutschsprachige Agitati-on zu verbreiten. Erst diese virtuelle In-itialzündung der GIMF bewirkte scheinbareine drastische Radikalisierung des deut-schen salafistischen Milieus. Seitdem ver-mehren sich die radikalen Internetseiten,die sich an den globalen Propagandastra-tegien der Al-Qaida orientieren. Es folgtenBlogs wie DschihadNews.wordpress.comund Al-Azr.wordpress.com, die allerdingsseit längerem wieder gesperrt sind. Beson-ders auffällig ist, dass sich seit der GIMFgrößere virtuelle Netzwerke gebildet ha-ben, die bedeutend professionellere Web-seiten gründeten, um jihadi-salafistische In-halte auf Deutsch zu propagieren. Aaza-ra.net gehörte zu einer der professionells-ten Webseiten, die von deutschen Sympa-thisanten in den letzten Jahren gegründetwurde. Die Webseite existierte nur von Ja-nuar bis August 2008. In dieser kurzen Zeitwaren die Online-Jihadisten allerdings äu-ßerst produktiv, da sie zahlreiche jihadisti-sche Texte in Deutsch veröffentlichten. Au-ßerdem gehörten dem virtuellen Netzwerkinnerhalb kürzester Zeit 62 Mitglieder an.Von diesem Mitgliedern waren hingegennur drei aktive Administratoren des Fo-rum: Osama, Omar Salahuddin und Abdul-Baary.Die Begründung für den Aufbau der Inter-netseite aazara.net erklärten die drei Betrei-ber darin, eine Plattform zu schaffen, aufder Vorträge und Schriftstücke der heutigenund auch der früheren Gelehrten, die denSpuren der frommen Altvorderen folgen,ins Deutsche zu übersetzen. Dabei würdensie Texte auswählen, die auf die heutigeislamische Situation in der Welt einginge,um somit zu verdeutlichen, was das heutigeZiel eines Muslims sein sollte. Die Haupt-aufgabe lag für sie darin, die Dawa (Missi-

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on) der Gelehrten der Ahl as-Sunna wal-Jama’a (Anhänger der Sunna und der Ge-meinschaft) zu unterstützen. Die Betreibersahen in dem Aufbau von aazara.net dieAufgabe, Muslime vor dem Shirk (Götzen-dienst) und Kufr (Unglauben), welcher sichüberall verbirgt, zu warnen. Sie riefen dazuauf, sich vom Taghut (Götzen) zu entledi-gen - egal, ob es sich um ein politisches Sys-tem der Kufr oder ein dem Kufr dienenderHerrscher handelt. Zudem war von Bedeu-tung, nicht vor den Tyrannen und unrecht-mäßigen Machthabern zurückzuschrecken.Für aazara.net galt der Aufruf: »Im NamenAllahs die Hijjra [Migration] von hier zuvollziehen und den Ausbau und die Vertei-digung des Dar al-Ìslam [Haus des Islams],dessen Fragmente in jüngster Zeit wieder inErscheinung getreten sind, zu unterstützenund zu fördern, um somit zur Hoheit deswahren Tawhid: La ilaha illa Allah beizutra-gen!«114

Die Betreiber von aazara.net veröffentlich-ten unter anderem bereits bekannte undim Internet schon erhältliche Texte wieAbu Hamza al-Masris Übersetzung von»Das Herrschen mit von Menschen er-fundene Gesetzen«. Darüber hinaus publi-zierten die virtuellen Aktivisten allerdingsauch eine Vielzahl von ideologischen Tex-ten, die vorher nicht ins Deutsche übersetztwurden. Unter ihnen waren Übersetzun-gen von Abu Muhammad al-Maqdisis »Ad-Dîmuqrâtiyya Dîn - Die Religion der Demo-kratie« und Ibn Tamiyyas »Al-’Aqîdat Al-Wâsitiyya - Das Glaubensfundament«. Al-Maqdisis Schrift kommentierten die Betrei-ber mit folgenden Aussagen: »Jedes Zeit-alter hatte seinen eigenen großen Taghut

114 Selbstbeschreibung der Betreiber von Aazara.net;ursprünglicher Inhalt auf der seit August 2008 ge-sperrten Webseite www.aazara.net.

(Götzen), [...] und sie alle hatten ihr eige-nes System, wodurch sie sich zum Gott ne-ben Allah (’awj) erklärten und die Men-schen zu ihrer Dienerschaft zwangen. Wiees damals war, so hat sich heute nichtsgeändert, nur der Taghut und sein Sys-tem sind andere. [...] Mit dem Buch [Ad-Dîmuqrâtiyya Dîn - Die Religion der Demo-kratie] wird auf das wohl schwerwiegends-te Taghut-System der heutigen Zeit einge-gangen.«115 Zudem veröffentlichten die Be-treiber auch Artikel wie »At-Tawhîd Al-’Amalî - Tawhîd der Handlung« von Abdal-lah Azzam und »Palast Gelehrte - Gelehrte,die sich mit Tyrannen befreunden«, ein un-ter Jihadi-Salafisten sehr populärer Text, dasich die islamischen Religionsgelehrten ver-mehrt den Herrschern zuwenden würden,und folglich ihre Rechtsurteile nicht nachdem Koran und der Sunna, sondern nachden Vorstellungen der Herrscher ausrichte-ten.Ab März 2008 wurde die Webseite zu einemhöchst professionellen Webforum erweitert.Diese Form der Diskussionsforen hatte seit2005 international an Beliebtheit in der jiha-distischen Szene gewonnen, so dass es zum»häufigsten verwendeten Typus von Inter-netangeboten avanciert«116 ist. Der zentraleVorteil gegenüber anderen Webseiten liegtdarin, dass die Administratoren der Web-foren angeblich strafrechtlich nicht belangtwerden können, weil sie sich von Beiträgen

115 Selbstbeschreibung der Betreiber von aazara.net,unter der gesperrten Webseite www.aazara.net.

116 Judith Tinnes, Internetnutzung islamistischerTerror- und Insurgentengruppen unter besondererBerücksichtigung von medialen Geiselnahmen imIrak, Afghanistan, Pakistan und Saudi-Arabien,Saarbrücken 2010, S. 261.

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der Nutzer distanzieren können.117 In vielenInternetforen wird von den Betreibern ange-geben, dass sie nicht für die Inhalte verant-wortlich sind. Zudem ist es schwieriger, denBesitzer eines Webforums auszumachen alsbei individuellen Webseiten, die sich teil-weise sehr einfach dem Besitzer zuordnenlassen. Die Webforen sind die beliebtesteForm der »Kommunikation und Interak-tion zwischen terroristischen Gruppierun-gen und deren Sympathisanten und An-hängern. Es ist offenkundig, dass radikal-islamische Foren als kommunikatives Sam-melbecken der unterschiedlichsten terroris-tischen Gruppierungen dienen und sich so-mit zu einem Treffpunkt von sowohl virtu-ellen als auch realen Jihadisten entwickel-ten.«118 Der Unterschied zu aazara.net magallerdings darin liegen, dass das Webforumnicht von einer terroristischen Gruppierungins Leben gerufen wurde, sondern wahr-scheinlich von deutschen Anhängern, dielediglich ihre Propaganda betrieben.Das Webforum von aazara.net hatte einegeordnete Struktur in Form einer thema-tischen Untergliederung in Rubriken. Beiaazara.net gab es drei Hauptrubriken, diein aktuelle Informationen, Kategorien desGlaubens und Schriften von Persönlichkei-ten aufgeteilt wurde. In der ersten Rubrikder aktuellen Informationen wurde zwi-schen den Übersetzungsarbeiten, internen

117 Im Juli 2010 wurde der Online-Jihadist Hussam S.aus Rheinland-Pfalz verhaftet, der angeblich auchAdminstrator des bekannten Webform al-AnsarMudschahideen war. Diese Verhaftungen zeigt,dass Betreiber von Webforen doch strafrechtlichbelangt werden können; siehe Al-Qaida Helfer inRheinland Pfalz festgenommen, in: Die Welt vom7. Juli 2010, unter: http://www.welt.de/politik/deutschland/article8351900/Al-Qaida-Helfer-in-Rheinland-Pfalz-festgenommen.html (gelesen am22. April 2010).

118 Dengg (Anm. 44), S. 71.

Informationen sowie Medien und Nachrich-ten unterschieden. Fast alle jihadistischenForen veröffentlichen Beiträge aus den Mas-senmedien, die über den jihadistischen Ter-rorismus oder den Islam handeln. Oft wer-den auch eigene Nachrichten produziert,die z.B. Informationen über die Kriegshand-lungen in Afghanistan beinhalten. Für dieBetreiber von aazara.net war dies allerdingsnicht von Bedeutung, da sie grundsätzlichkeine eigenen Nachrichten, wie die offizi-ellen Terrororganisationen, veröffentlichten.Der Schwerpunkt bei aazara.net lag eherdarin, jihadistische Texte oder Videos insDeutsche zu übersetzen. So fragte der Mo-derator Abdul Baary in der Unterrubrik derÜbersetzungsarbeiten nach, ob jemand In-teresse hätte, an der Übersetzung des Buch»Millat Ibrahim« von Abu Muhammad al-Maqdisi mit zu helfen. Da es bis heute kei-ne deutsche Übersetzung von »Millat Ibra-him« im Netz gibt, ist der Versuch von Ab-dul Baary wahrscheinlich gescheitert.Die zweite Rubrik des Webforums hießKategorien des Glaubens und wurde vonOmar Salahuddin moderiert. Sie beinhaltetedie verschiedenen Einordnungen in aqidah(Glaubensfundament), tawhid (Einheit), fi-qh (islamisches Recht), dawa (Mission) so-wie den Jihad und seine verschiedenen For-men. In der Unterrubrik Jihad wurden Tex-te empfohlen, die sich mit diesem Themabefassen. So veröffentlichte Omar Salahud-din am 12. Juni 2008 den Text »Al-Jihad undseine linguistische Bedeutung.« Bei dem Na-men des Moderators handelt es sich umein Pseudonym, dass der Online-Jihadistauch für sein YouTube-Portal nutzte. Be-kannt ist Omar Salahuddin durch seine ei-gene Webseite www.imam.net, die erst imJuni 2010 gesperrt wurde. Auf der jihadisti-sche Webseite, die in den letzten Jahren häu-

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fig ihr Mediendesign änderte, wurde schonin den Jahren 2003/2004 aktiv Propagan-da betrieben. Unter anderem veröffentlich-te Omar Salahuddin schon 2003 das Buch»Jihad - Die vergessene Pflicht« von Ab-dul Salam Farag. Der Betreiber gibt auf sei-ner Internetseite an, dass er Yachya Joyceheißt und in Bonn-Bad Godesberg wohnhaftsei.119 Seltsamerweise wurde die Webseiteerst gesperrt, als der IslamwissenschaftlerEkkehard Rudolph in seinem Aufsatz »Sa-lafistische Propaganda im Internet« auf dieInternetadresse hinwies.120

In der letzten Rubrik des Webforumswerden Schriften und Artikel von jihadi-salafistischen Ideologen veröffentlicht. Diesist ein Hauptanliegen aller Betreiber von ji-hadistischen Webforen. Auch hier wird dieRubrik unterteilt in Koran, Sunna, Tafsir so-wie das Verhältnis und die Unterschiedezwischen Muslimen und Ungläubigen - frü-her, heute und in der Zukunft. Dann gibtes noch die Unterrubrik Ahl ash-Shirk, Ahlal-Bid’a, Ahl ad-Ðalal121, die darüber Aus-kunft geben, dass der Glauben nicht durchFalschheiten mit der Wahrheit vermischtwerden darf.Innerhalb von wenigen Monaten entwickel-te sich ein reger Schriftverkehr unter denMitgliedern des Webforums. Es wurde 358Beiträge verfasst, die zumeist über jihadis-tische Inhalte handelten. Ziel der Betrei-ber von aazara.net war es Sympathisantender salafistischen Bewegungen, Begründun-gen für terroristische Aktionen zu liefern.Sie sollten verstehen, warum die Jihadisteneinen Krieg gegen die Menschen im Wes-

119 Selbstbeschreibung des Betreibers von imam.net,unter der gesperrten Webseite: www.imam.net

120 Siehe Ekkehard Rudolph (Anm. 11), S. 493.

121 http://web.archive.org/web/20080531232922/http://forum.aazara.net/viewforum.php?f=8

ten führen und warum sie gerade durchdie jihadistischen Texte in das Inneren derGedankenwelt der militanten Salafisten ge-langten, um deren Gewalttaten zu verste-hen und somit angestachelt werden, selbstaktiv am Jihad teilzunehmen.122

Nachdem aazara.net gesperrt wurde, ent-standen neue jihadistische Webforen, dieuntereinander kooperierten und denselbenNamen sowie dasselbe Design für ihre Fo-ren benutzten. So entstanden erstmalig einenglisch-, arabisch- und deutschsprachigesWebforum im gleichen Layout, womit fürden Beobachter deutlich wurde, dass diedeutschen Propagandisten mittlerweile glo-bal mit anderen Jihadisten zusammenar-beiteten. Die deutschen Online-Jihadistenprofessionalisierten durch die internationa-le Zusammenarbeit ihre Propagandatätig-keit. Vermutlich hat sich seit 2008 der Emp-fängerkreis durch die Aktivitäten des jiha-distischen Webforums nochmals drastischerhöht.Die enorme Zunahme von deutschsprachi-ger Propaganda wird langfristig die Ge-fahr der Selbstradikalisierung von jugend-lichen Sympathisanten vergrößern. Es istheute schon festzustellen, dass der Emp-fängerkreis der jihadistischen Propagandastetig steigt.123 Zudem besteht die Gefahr,dass sich jihadistische Internetaktivisten inDeutschland weiter drastisch entfalten undeine spezifisch deutsche Ideologie hervor-bringen werden, die noch mehr junge Men-schen in ihren Bann ziehen wird. Für die-se neue Form des Internetaktivisten habenWissenschaftler der Jihadismus-Forschung

122 Vgl. Gilles Kepel, Al-Qaida - Texte des Terrors,München 2006, S. 16.

123 Vgl. Innenministerium NRW (Hrsg.): Verfassungs-schutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalenüber das Jahr 2009, Düsseldorf 2010, S. 103 f.

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Begriffe wie »jihadi pundits«124, »Entre-peneur of Jihad«125 oder »internet jihadischolars«126 geschaffen, da sie keine Ideo-logen sind, aber enorme propagandistischeWirkung auf Jugendliche haben. Die eif-rigsten Propagandisten erhalten durch ih-re Aktivitäten in den Video- und Webpor-talen »eine einflussreiche Position in derInternet-Jihadisphäre«.127 Gerade diese Ak-tivisten agieren als Administratoren vonjihadi-salafistischen Foren oder Blogs undkönnen dadurch in Zukunft eine entschei-dende Rolle in den jihadistischen Bewegun-gen spielen, weil sie Modernisierungsverlie-rern einen neuen Sinn und somit eine neueOrientierung im Leben geben, die unabseh-bare, fatale Auswirkungen haben kann, dadie Propaganda der »jihadi pundits« infol-gedessen die Hauptrolle bei der Aufrechter-haltung weltweiter Terroroperationen seinwird.

Schlusswort und Zusammenfassung

Deutschland spielte eine wichtige Rolle beider Planung der Terroranschläge vom 11.September 2001 in den USA, weil Moham-med Atta einer der wichtigsten Akteurebei der Organisation der Flugzeugentfüh-rungen war. Allerdings kann Deutschlandnicht zu den Ländern gezählt werden, in

124 Jarret Brachman, Al-Qaeda’s Army of One,in: Foreign Policy vom 22. Januar 2010, unter:http://www.foreignpolicy.com/articles/2010/01/22/al_qaedas_armies_of_one (gelesen am 13.August 2010).

125 Siehe Evan Kohlman, Interview in dem BBC-Dokumentarfilm »Generation Jihad«, unter: http://www.youtube.com/watch?v=PPpdhdcWIHo(gesehen am 13. August 2010).

126 Paz (Anm. 43), S. 273.

127 Brachman (Anm. 123).

denen sich in den 1990er Jahren die wich-tigsten Führungskader der arabischen Mud-schahideen niederließen. Laut Guido Stein-berg waren sogar von den Führungskadernder Al-Qaida keine in Deutschland ansäs-sig.128 Dies hatte zufolge, dass in den darauffolgenden Jahren nur wenig deutsche Pro-pagandaaktivitäten erfolgten, die eine neuedeutsche Generation von Jihadisten hättehervorbringen können. Es gab keine deut-sche Ideologen des Jihadi-Salafismus, diein der Lage gewesen wären, ein professio-nelles Netzwerk zu etablieren und aktivPropaganda zu betreiben. Bis heute existie-ren dadurch keine jihadistischen Bewegun-gen in Deutschland, die in der Lage wä-ren, eine ähnliche Propaganda zu betrei-ben, wie es die britischen Gruppierungen»al-Muhajiroun« oder »Supporters of Sha-riah« jahrelang in London umsetzten. Esgibt keine deutschen Ideologen, die ansatz-weise mit den Propagandisten Abu Ham-za al-Masri, Omar Bakri Mohammed oderAbu Qatada al-Filistini vergleichbar wären.Der einzige jihadi-salafistische Prediger, derinternational Beachtung fand, war Moham-med Fazazi. Er war marokkanischer Staats-bürger, hielt seine Vorträge auf Arabischund lebte nur kurze Zeit in Hamburg. Indieser kurzen Zeit konnte sich immerhinkeine neue deutsche Generation von jiha-distischen Salafisten organisieren.Seit 2006 entsteht dagegen in Deutschlandein virtuelles Netzwerk von Sympathisan-ten, die vermehrt die Ideologie der Al-Qaida ins Deutsche übersetzen und eigenePropagandavideos verbreiten. Der einzigedeutsche Text, der den jihadi-salafistischenIdeen eindeutig zuzuordnen ist, ist dasim Mai 2010 erschienene E-Buch »Mein

128 Vgl. Steinberg (Anm. 98), S. 2.

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Weg nach Jannah« von Eric Breininger. Esist anzunehmen, dass in Zukunft weiteredeutschsprachige Publikationen mit jihadi-salafistischem Inhalt veröffentlicht wer-den. Durch die rasant wachsenden virtuel-len Netzwerke werden wahrscheinlich ver-mehrt deutschsprachige »jihadi pundits«hervorgerufen, die eine deutsche Ideologiedes Jihadi-Salafismus in den Webforen pro-pagieren werden. Der Empfängerkreis fürdie Ideologie wird sich dadurch in Deutsch-land enorm erhöhen.Noch ist der Zulauf von Jugendlichen al-lerdings eher in die puristisch-salafistischenBewegungen zu erkennen. Dies hängt mitden charismatischen Jugendimamen despuristischen Milieus zusammen, deren Pre-digten enorm viele Jugendliche anzie-hen. Zwar sind die puristisch-salafistischenIdeologen nicht militant, aber auch in die-sem Milieu wird es zukünftig zu Proble-men kommen. Einerseits gibt es Gruppie-rungen wie »Die Wahre Religion«, die im-mer mehr ins militante Milieu abrutschen.Zum anderen wird die Auseinandersetzungmit den puristisch-salafistischen Gruppie-rungen kompliziert, weil sie von den Jiha-disten als »Durchlauferhitzer«129 und »In-kubatoren«130 genutzt werden. Hierunterverstehen Experten, dass es extremistischeGruppen gibt, die in nicht-militanten Bewe-

129 Vgl. Lars Töme, In verdächtiger Nähe zumTerror, in: Tagesspiegel vom 25. August 2006,unter: http://www.tagesspiegel.de/berlin/in-verdaechtiger-naehe-zum-terror/744156.html(gelesen am 12. April 2010).

130 Vgl. Zitat von Ayman al-Zawahiri: »A jihadist mo-vement needs an arena that would act like an incu-bator where it seeds would grow and where it canacquire practical experience in combat politics, andorganizational matters«, in Johnny Ryan, Counte-ring Militant Islamist Radicalization on the Inter-net. A User Driven Strategy to Recover the Web,Dublin 2007, S. 33.

gungen Mitglieder rekrutieren. Da die jiha-distische Szene verdeckt agiert, nutzen siegerne Islamseminare und andere Treffpunk-te der nicht-militanten Salafisten, um insbe-sondere Jugendliche für den Jihad anzuwer-ben. Für die meisten Jugendlichen sind dieverschiedenen Gruppierungen in den sel-tensten Fällen zu unterscheiden, weil dieGrenzen zwischen den salafistischen Strö-mungen fließend sind. Es gibt nur wenigeAnhaltspunkte, um zu registrieren, welcheStrömung militant und welche gewaltfreiagiert. Dadurch können junge Menschenin die militante Szene hineinrutschen. Unddie militanten Salafisten nutzen die Bewe-gungen als Inkubatoren, um innerhalb desfriedlich agierenden Milieus die Jugendli-chen weiter zu radikalisieren.

Über den Autor

Dirk Baehr, Jahrgang 1971, ist Politikwis-senschaftler und schreibt derzeit seineDissertation über die De-Legitimierungdes Geschichts- und Weltbildes des ji-hadistischen Salafismus. Er arbeitet alsfreier Publizist und betreibt den Bloghttp://jihadisalafismus.wordpress.com.


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